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E. Bredy, Die Behandlung des 5[esialbisses mit dem Aktivator naeh Friinkel 329 Aus der kieferorthopgdischen Abteilung (Leiter: Dr. E. Bredy) der Jugendzahnklinik Jena Die Behandlung des Mesialbisses mit dem Aktivator nach Friinkel 1) Yon Dr. Edmund Bredy, Jena Mit 15 Abbildungen Die Modifil~ation des Aktivators dureh H. Wunderer, der die Einffihrung der medianen Distalssehraube empfohlen hat, erleiehtert wesentlieh die Behand- lung der Progenie. Dureh eine Trennung des Aktivators in einen Oberkiefer- und einen Unterkieferanteil und die Verbindung beider Teile dureh eine in der Sagit- talen wirkenden Sehraube kann die Versehiebung des Unterkiefers naeh distal leiehter und kontinuierlieher erfolgen. Von versehiedenen Autoren wurde fiber Behandlungserfolge mit diesem Oergt beriehtet. Als Naehteil des Wunderer- Aktivators ist seine gesehlossene Form anzusehen, die ein Tragen am Tage nieht oder nut fiber eine kurze Zeit gestattet. Aueh der Brtiekenanteil, in dem die Sehraube liegt, wirkt sieh in einigen F/illen st6rend aus. Er ragt als mehr oder weniger groBer Kunstsgoffbloek in den sehon ohnehin dureh den Aktivator ein- geengten Zungenraum ein. Hinzu tritt noeh der Umstand, auf den Korkhaus hingewiesen hag, dab bei Progenikern oftmals hypertrophisehe Tonsillen vor- liegen. Beide Faktoren k6nnen dazu f/ihren, dab der Zungen-Raehenraum weiter eingeengt wird und der Patient das Gergt naehts verliert. Diesem Naehteil hat Weise dureh die Konstruktion einer neuen Sehraube, bei deren Anwendung der Kunstsgoffbrfiekenanteil wesentlieh verkleinert wird, zu begegnen versueht. Jedoeh aueh die Modifikation naeh Weise 1/iBt ein Tragen des Gergtes nut naehts und wenige Stunden am Tage zu. Es kommt dadureh zu einem Tagesrezidiv, das sieh gerade bei der Progeniebehandlung sehr ungiinstig auswirken und die Behand- lungszeit erheblieh verl/tngern kann. -a[hnlieh verlguft aueh die Behandlung mit dem dureh Hoffmann modifizier- ten Aktivator. I-Iierbei entfgllt der Br/iekenanteil vollkommen und die Distalver- sehiebung des Unterkiefers wird dureh zwei im Seitenzahngebiet angebraehte sagittal wirkende Sehrauben herbeigefiihrt. K 1 am m t hat den offenen Aktivator aueh fiir die Behandlung progener Zwangs- bisse empfohlen. 1956 ersehien dann eine Mitteilung yon Frgnkel, der eine Modi- fikation des Aktivators, den sog. Distalsehraube-Biigelaktivator, zur Behandlung von Progenien empfahl. Aueh dieser Aktivagor ist in der Horizontalen getrennt. In seinem distalen Teil ist ein Stahlbiigel (Unterzungenb/igel) einpolymerisiert, der den Unterkieferanteil und das Segment des Oberkiefers mit der Sehraube verbindet. Dieses Gergt hat folgenden Vorzug: Es ist im vorderen Absehnitt der Mundh6hle often und entsprieht dem Aktivator naeh Klammt, wobei die Distal- sehraube am Gaumenanteil des Aktivators eingelagert ist ohne die Zunge zu be- hindern. Frgnkel hat das Gergt ausffihrlieh besehrieben und auf Einzelheiten in der teehnisehen Herstellung hingewiesen. -- Von Blau st ammt eine Mitteilung im franz6sisehen 8ehrifttum fiber gute Ergebnisse bei der Behandlung yon Pro- genien mit dem Distalsehraube-B/igelaktivator. 1) Vortrag, gehalten auf der Wissensehaftliehen Tagung der Deutsehen Gesellsehaft far Kieferorthopgdie in Frankfurt/M. am 26.5. 1959.

Die Behandlung des Mesialbisses mit dem Aktivator nach Fränkel

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Page 1: Die Behandlung des Mesialbisses mit dem Aktivator nach Fränkel

E. Bredy, Die Behandlung des 5[esialbisses mit dem Aktivator naeh Friinkel 329

Aus der kieferorthopgdischen Abteilung (Leiter: Dr. E. Bredy) der Jugendzahnklinik Jena

Die Behandlung des Mesialbisses mit dem Aktivator nach Friinkel 1)

Yon Dr. Edmund Bredy, Jena Mit 15 Abbildungen

Die Modifil~ation des Aktivators dureh H. W u n d e r e r , der die Einffihrung der medianen Distalssehraube empfohlen hat, erleiehtert wesentlieh die Behand- lung der Progenie. Dureh eine Trennung des Aktivators in einen Oberkiefer- und einen Unterkieferanteil und die Verbindung beider Teile dureh eine in der Sagit- talen wirkenden Sehraube kann die Versehiebung des Unterkiefers naeh distal leiehter und kontinuierlieher erfolgen. Von versehiedenen Autoren wurde fiber Behandlungserfolge mit diesem Oergt beriehtet. Als Naehteil des W u n d e r e r - Aktivators ist seine gesehlossene Form anzusehen, die ein Tragen am Tage nieht oder nut fiber eine kurze Zeit gestattet. Aueh der Brtiekenanteil, in dem die Sehraube liegt, wirkt sieh in einigen F/illen st6rend aus. Er ragt als mehr oder weniger groBer Kunstsgoffbloek in den sehon ohnehin dureh den Aktivator ein- geengten Zungenraum ein. Hinzu t r i t t noeh der Umstand, auf den K o r k h a u s hingewiesen hag, dab bei Progenikern oftmals hypertrophisehe Tonsillen vor- liegen. Beide Faktoren k6nnen dazu f/ihren, dab der Zungen-Raehenraum weiter eingeengt wird und der Pat ient das Gergt naehts verliert. Diesem Naehteil hat W e i s e dureh die Konstrukt ion einer neuen Sehraube, bei deren Anwendung der Kunstsgoffbrfiekenanteil wesentlieh verkleinert wird, zu begegnen versueht. Jedoeh aueh die Modifikation naeh W e i s e 1/iBt ein Tragen des Gergtes nut naehts und wenige Stunden am Tage zu. Es kommt dadureh zu einem Tagesrezidiv, das sieh gerade bei der Progeniebehandlung sehr ungiinstig auswirken und die Behand- lungszeit erheblieh verl/tngern kann.

-a[hnlieh verlguft aueh die Behandlung mit dem dureh H o f f m a n n modifizier- ten Aktivator. I-Iierbei entfgllt der Br/iekenanteil vollkommen und die Distalver- sehiebung des Unterkiefers wird dureh zwei im Seitenzahngebiet angebraehte sagittal wirkende Sehrauben herbeigefiihrt.

K 1 am m t hat den offenen Aktivator aueh fiir die Behandlung progener Zwangs- bisse empfohlen. 1956 ersehien dann eine Mitteilung yon F r g n k e l , der eine Modi- fikation des Aktivators, den sog. Distalsehraube-Biigelaktivator, zur Behandlung von Progenien empfahl. Aueh dieser Aktivagor ist in der Horizontalen getrennt. In seinem distalen Teil ist ein Stahlbiigel (Unterzungenb/igel) einpolymerisiert, der den Unterkieferanteil und das Segment des Oberkiefers mit der Sehraube verbindet. Dieses Gergt hat folgenden Vorzug: Es ist im vorderen Absehnitt der Mundh6hle often und entsprieht dem Aktivator naeh K l a m m t , wobei die Distal- sehraube am Gaumenanteil des Aktivators eingelagert ist ohne die Zunge zu be- hindern. F r g n k e l hat das Gergt ausffihrlieh besehrieben und auf Einzelheiten in der teehnisehen Herstellung hingewiesen. - - Von B l a u st ammt eine Mitteilung im franz6sisehen 8ehrifttum fiber gute Ergebnisse bei der Behandlung yon Pro- genien mit dem Distalsehraube-B/igelaktivator.

1) Vortrag, gehalten auf der Wissensehaftliehen Tagung der Deutsehen Gesellsehaft far Kieferorthopgdie in Frankfurt/M. am 26.5. 1959.

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In der Abbildung 1 ist der Aktivator yon distal zu sehen, wobei das Ger/it zur besseren Darstellung auf dem Gaumenteil zu liegen kommt. Deutlieh ist die Lage der Sehraube und des B/igels erkennbar. Ebenfalls sind die Sehnittffihrung an der Verbindungsstelle Schraube-Bfigel und die Trennungslinie des Oberkiefer- und Unterkieferanteils auff/tllig. Wir mfissen noeh darauf himveisen, dab die Herstel- lung des Aktivators in einem Block mit sp~terer Durchtrennung sich nicht so

Abb. 1. Der Distalsehraube-Bfigelaktivator yon distal

Abb. 2. Oberkieferteil des F r ~ i n k e l - A k t i v a t o r s Abb. 3. Der F r ~ i n k e i - A k t i v a t o r im Munde

gut bew/ihrt hat wie die Herstellung in zwei Teilen. Es ist schwierig, die Schnitt- f/ihrung auf beiden Seiten parallel auszuffihren. Es empfiehlt sich deshalb, den Oberkieferanteil des Aktivators mit der Schraube, dem Biigel und allen anderen Drahtteilen in Kunststoff fertigzustellen (Abb. 2) und danach den Unterkiefer- teil mit der schon fertigen Oberkieferplatte zu polymerisieren.

Die Mundaufnahme (Abb. 3) zeigt die Lage des Gers Deutlich ist der frei~ Raum im vorderen Teil der Mundh6hle siehtbar, der der Zunge gr613ere Bewe- gungsfreiheit erm6glicht. Die Aussprache der Patienten ist gut. Dieses Gerfit lassen wir Tag und Nacht - - auch in der Sehule - - tragen und yon dem Patienten alle 5 Tage die Schraube um eine viertel Umdrehung verstellem um in eine Neutral- biBlage zu gelangen. Beim progenen Zwangsbig versuchen wir m6gliehst schnell

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E. Bredy, Die Behandlung des Mesialbisses mit dem Aktivator naeh Frfinkel 331

einen normalen UberbiB der Schneidez~hne zu erreichen und verstellen die Schraube jeden 3. Tag um eine viertel Umdrehung. In der Endphase, besonder,s bei Anzeiehen eehter Progenie, gehen wit langsamer vor. Eine bestimmte Norm kann nicht festgelegt oder empfohlen werden.

Abb. 4 bis 7. Pa t ient in Anneliese Z.

Abb. 4 und 5. Gebil,~zustand vor tier Behandlung Abb. 6 mid 7, Xaeh ~'berstelhmg

Abb. 8 his 11. Pat ient t te inhard St.

Abh. 8 und 9. Oebifiverhiiltrdsse vor der Behan~llung Abb. 10 und 11. Naeh | -berstel lung

An einigen Fallen sollen nun die Behandlungsergebnisse demonstriert werden. Bei diesen Patienten wurde der KonstruktionsbiB in maximaler Biieklage des Unterkiefers genommen.

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Fall I : Anneliese Z. (Abb. 4 bis 7), 8 Jahre, MesialbiB, progener ZwangsbiB. L'berstellung in 10 Woehen.

Fall II : geinhard St. (Abb. 8 bis 11), 9 Jahre, 5Iesialbil], progene Verzahnung. Ana- mnese: Vorkommen der Progenie in der Familie. LTberstellung in 7 Woehen.

Fall l I I . Werner S. (Abb. 12 bis 15), 10 Jahre, MesialbiB. Anamnese: Familii~res Vor- kommen der Progenie. Aueh der Waehstumsvorsprung des Unterkiefers kann als Anzeiehen echter Progenie gelten, l)berstellung in 9 Woehen.

Abb. 12 bis 15. Pat ient Werner S.

Abb 12 und 13. Gebigverhii l tnisse vor tier Behandlung. Abb. 14 und 15. Nach 0berstel lung.

Die Uberstellung ist in allen F~llen ohne Kopf-Kinnkappe gelungen. Die demonstrierten Patienten waren ungef~hr gleiehaltrig (8--10 Jahre). Auf dieses giinstige Alter ist wahrscheinlich die rasche Reaktion zuriickzuf/ihren. Bei ~lteren Patienten mit einem vollst~ndigen bleibenden GebiB ist. mit einer langeren Zeit bis zur Umstellung in den Neutralbig zu rechnen.

Es ist selbstverst~tndfieh, dab jeder Mesialbig aueh nach Uberstellung in einen vollkommen gesicherten Neutralbig mit ausreichendem Uberbig in Beobachtung bleiben mug. Bis zur Uberstellung wird das Seitenzahngebiet beim Distalschraube- Bfigelaktivator nicht eingeschliften. Nach der Uberstellung wird das Kaufl~chen- relief eingeschliffen und das Ger~tt wie ein oftener Aktivator weitergetragen. Ein Rezidiv haben wir bei unseren Fgllen bis heute nieht beobaehten k6nnen. - - Ist naeh Uberstellung in den NeutralbiB noch eine Dehnung in der Transversalebene notwendig, so kann der Distalsehraube-Biigelaktivator dureh eine Reparatur in einen offenen Aktivator mit Mittelsehraube umgewandelt werden.

Eine Umstellung in den RegelbiB erreieht man beim Aktivator, indem man den KonstruktionsbiI3 bei maximaler R/ieklage des Unterkiefers nimmt. Beim Distal- sehraube-Bfigelaktivator kann man den KonstruktionsbiB aueh in tier Mesialbil3- lage nehmen. Dabei ist yon Anfang an eine einwandfreie PaBf/ihigkeit des Ger&tes gewghrleistet. Der Patient gew6hnt sieh leieht an das Ger~t und die maximale Riieklage wird dureh Verstellen der Sehraube in wenigen Tagen sieher erreieht.

AbsehheBend ist noeh darauf hinzuweisen, dab eine Ver/inderung in der Trans- versalen mit dem Frfinkel-Aktivator genau so wie mit dem Wunderer-Aktivator

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nicht m6glich ist. Der zeitliche Aufwand bei der technischen Hers te l lung ist bei beiden Ger~ten etwa gleieh grol3. Aueh sind Bes t rebungen im Gange, den Bfigel und die Schraube in einem Tell und in versehiedenen Gr6gen fabr ikm/igig heraus- zubringen, um den Zei taufwand im Labor abzuk/irzen.

Schrifttum Blau, P.F. , L'Evolution de L'orthop6die dento-faeiale fonctionel|e. Intbrm. dent.,

Paris 1957, 38. - - Fr/i, nkel , g. , Distalsehraube-Biigelaktivator: Eine Kombination zur ]?ehandlung der Progenie. ])t. Stomat. 1956, 113. - - K l a m m t , G., Der offene Aktivator. Dt. Stomat. 1955, 322. - - Weise, W., Vereinfaehte Herstellung yon Progenieaktivatoren dureh Verwendung einer neuen Schraube. Fortsehr. Kieferorthop. 19,265 (1958).

Ansehrift d. Verf.: Jena (Thiir.), Saalbahnhofstr. 12a

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