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Zeitsehrift flit die gesamte experimente]leMedizin 142, 123--131 (1967) Die Beurteilungsmiigliehkeiten der Revascularisation yon Hauttransplantaten mit Hilfe der Infrarot.Thermometrie W. E. VAU]3EL,G. MAT~ mid C. BI~WZIN Institut de Canc6rologieet d'Immunog~ngtique, Paris (Direktor: Prof. G. MATTr~) Eingeg~ngenam 2. Dezember 1965 Die Hauttransplantation client im Experiment als Modell zum Stu- dium der •bertragungsm5gliehkeit yon Geweben zwischen genetiseh differenten Individuen. Zu den praktisehen Problemen der Immunologie geh6rt also die Aufgabe, die naeh der Transplantation auftretenden Histoinkompatibilitats-IZeaktionen exakt zu verfolgen. AufsehluB fiber den Grad der immunologisehen Toleranz des Empfgngers gegenfiber dem implantierten Gewebe gibt in erster Linie der Ablauf der l~evaseulari- sierung und der genaue Zeitpunkt der TransplantatabstoBung. Da sich aber das fibertragene Hautstfick -- ern/ihrt dutch die ,,plasmatische Zirkulation" (GOLDMANN)-- tagelang unauffi~llig gegenfiber der Um- gebung verhalten kann, ergibt die Beurtei]ung dureh Inspektion mid Palpation keine sicheren Aufsehltisse. ttistologische Untersuehungen er- lauben nur selten Verlaufsbeobaehtungen am selben Objekt. AuBerdem konnte mit I-Iilfedes Stereomikroskopes gezeig~ werden, dab Zirkulations- st6rungen innerhalb des Transplantates sehon vor histologiseh nachweis- baren Ver/inderungen an den Gef~Ben auftreten k6nnen (TAYLOI~U. I~EItI~FELD). Unter den angegebenen Methoden zur Beobaehtung der Revascularisierung ist die Sandison-Algire-Kammer wohl die i~lteste. tlier wird eine l~fickenfalte des Versuchstieres in einen Rahmen ein- gespannt und das Transplantat im durchscheinenden Lieht unter dem Mikroskop beobaehtet. Die Resultate differieren sowohl im Beginn der Durehblutung als auch im Zeitpunkt der Transplantatabstogung yon den Befunden mit Hilfe des Stereomikroskops (90faehe Vergr613erung bei auf- fMlendem Lieht). Diese Methode wurde deshalb insbesondere yon TAYLOl~ als unphysiologiseh angegriffen. Andererseits erlaubt die stereomikro- skopisehe Beobaehtmig nur eine Beurteilung der obersten Haugschiehten. Gef/igeinsprossungen vom pannieulus adiposus her sind nur sehwerlieh siehtbar. F/irbe- mid Markierungsteste erm6gliehen ebenfalls eine Beur- teilung der Vascularisierung. So kann man beispielsweise Fluorescein dem Transplantat injizieren und das Versehwinden der Quaddel im UV-Licht

Die Beurteilungsmöglichkeiten der Revascularisation von Hauttransplantaten mit Hilfe der Infrarot-Thermometrie

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Page 1: Die Beurteilungsmöglichkeiten der Revascularisation von Hauttransplantaten mit Hilfe der Infrarot-Thermometrie

Zeitsehrift flit die gesamte experimente]le Medizin 142, 123--131 (1967)

Die Beurteilungsmiigliehkeiten der Revascularisation yon Hauttransplantaten mit Hilfe der Infrarot.Thermometrie

W. E. VAU]3EL, G. MAT~ mid C. BI~WZIN

Institut de Canc6rologie et d'Immunog~ngtique, Paris (Direktor: Prof. G. MATTr~)

Eingeg~ngen am 2. Dezember 1965

Die Hauttransplantation client im Experiment als Modell zum Stu- dium der •bertragungsm5gliehkeit yon Geweben zwischen genetiseh differenten Individuen. Zu den praktisehen Problemen der Immunologie geh6rt also die Aufgabe, die naeh der Transplantation auftretenden Histoinkompatibilitats-IZeaktionen exakt zu verfolgen. AufsehluB fiber den Grad der immunologisehen Toleranz des Empfgngers gegenfiber dem implantierten Gewebe gibt in erster Linie der Ablauf der l~evaseulari- sierung und der genaue Zeitpunkt der TransplantatabstoBung. Da sich aber das fibertragene Hautstfick - - ern/ihrt dutch die ,,plasmatische Zirkulation" (GOLDMANN) - - tagelang unauffi~llig gegenfiber der Um- gebung verhalten kann, ergibt die Beurtei]ung dureh Inspektion mid Palpation keine sicheren Aufsehltisse. ttistologische Untersuehungen er- lauben nur selten Verlaufsbeobaehtungen am selben Objekt. AuBerdem konnte mit I-Iilfe des Stereomikroskopes gezeig~ werden, dab Zirkulations- st6rungen innerhalb des Transplantates sehon vor histologiseh nachweis- baren Ver/inderungen an den Gef~Ben auftreten k6nnen (TAYLOI~ U. I~EItI~FELD). Unter den angegebenen Methoden zur Beobaehtung der Revascularisierung ist die Sandison-Algire-Kammer wohl die i~lteste. tlier wird eine l~fickenfalte des Versuchstieres in einen Rahmen ein- gespannt und das Transplantat im durchscheinenden Lieht unter dem Mikroskop beobaehtet. Die Resultate differieren sowohl im Beginn der Durehblutung als auch im Zeitpunkt der Transplantatabstogung yon den Befunden mit Hilfe des Stereomikroskops (90faehe Vergr613erung bei auf- fMlendem Lieht). Diese Methode wurde deshalb insbesondere yon TAYLOl~ als unphysiologiseh angegriffen. Andererseits erlaubt die stereomikro- skopisehe Beobaehtmig nur eine Beurteilung der obersten Haugschiehten. Gef/igeinsprossungen vom pannieulus adiposus her sind nur sehwerlieh siehtbar. F/irbe- mid Markierungsteste erm6gliehen ebenfalls eine Beur- teilung der Vascularisierung. So kann man beispielsweise Fluorescein dem Transplantat injizieren und das Versehwinden der Quaddel im UV-Licht

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beobachten (EGDAHL U. WARCO) oder den Radioaktivit~tssehwund naeh Injektion yon 131J-markiertem Protein messen (Wv, ATH]~RLY-WHIT~). Sehr einfaeh ist die i.v.-Applikation yon Vitalfarbstoffen mit kurzer Eli- minationsdauer (M~3LL]~I~-RUCHHOLTZ U. GUND~R~A~N). Enzymatische Teste oder die Bestimmung des Glykogen- und RNS-Gehalts erwiesen sich als nur wenig spezifiseh.

Die Untersuchungsergebnisse der angegebenen Methoden differieren oft erheblieh untereinander, teils, weft ~anipulationen am Transplantat erforderlieh sind, teils, weft die Beobachtung unter unphysiologisehen Bedingungen erfolgt. Da in jfingster Zeit sehr empfindliche Infrarot- strahlungsmeSgers entwickelt warden, die eine exakte Distanztempe- raturmessung erlauben, soll die AnwendungsmSgliehkeit dieser Mel3- methode zur Beurteilung des Vascularisierungszustandes yon Hauttrans- plantaten untersueht werden.

Hierzu ist zuns eine physikalische Vorbemerkung erforderlieh: Energie in Form infraroter Strahlung wird yon jedem KSrper emittiert, dessen Temperatur fiber dem absoluten Nullpunkt liegt. Intensits und Wellenls des Emissionsspektrums sind abhs yon der Temperatur und der Oberfls des K6rpers. Im Gegensatz zu einem transparenten KSrper oder einem Reflektor ist ein guter Absorber - - weft er sieh aufws - - ebenfalls ein guter Emitter. Stehen Absorption und Emission im Verhs 1:1, dann besitzt das untersuehte Material die Eigensehaft eines ,,perfekten sehwarzen KSrpers". In diesem Fall ist die emittierte Strahlung direkt ein MaB ffir die Temperatur des K6rpers, was z. B. bei einem Reflektor nieht der Fall ist. COBET U. B~A~IGK sowie HARDY U. MUSCHENItEIM konnten naehweisen, daS unter normalen Be- dingungen die menschliche Haut das gleiche Emissionsverhalten wie ein perfekter schwarzer KSrper aufweist. D~rait besteht die MSgliehkeit, das Temperaturverhalten der Haut an Hand der emittierten Infrarotstrah- lung zu messen. Naeh den Untersuchungen yon K~O~BEL wird dabei die mittlere Temperatur einer strahlenden Hautsehieht erfal3t, die sich bis zu einer Schiehtdicke von 0,3 mm in die Haut hinein erstreekt. Damit erseheint diese Methode durehaus geeignet, Untersehiede im thermisehen Verhalten mehr oder minder durehbluteter Hauttransplantate zu objek- tivieren und Kficksehlfisse auf den Vaseularisierungszustand zu ziehen.

Methodik

Unter Nembutal-Ather-Anaesthesie wurden weil3en Kaninchen (Gewieht ca. 2,5 kg) kreisfSrmige Transplantate (r 2,5 cm) aus der Rfickenhaut entnommen und nach sorgfs Abtrennung des Pannieulus adiposus re-implantiert (EinzeL knopfns 4--0 Seide). Dabei erhielt jedes Tier ein Auto- und ein Homotransplam tat. Nach der 0bertragung wurden in Absts yon 1 bis 2 Tagen die Transplan- tare kurzfristig abgekfihlt und ihr thermisehes Verhalten in der Phase der Wieder- aufws registriert. Die Abb. 1 zeig% die IIaltung der 1KeBsonde. Um die Tiere

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l~evaseularisation yon Hauttransplantaten 125

wahrend der Untersuchung ruhigzustellen und m6gliehst konstante und damit vergleiehbare Zirkulationsverh/iltnisse zu erzielen, wurde ihnen 5 rain vor Beginn des Versuehes 1 mg/kg Dehydrobenzperidol (1~ 4749 - - Forschungslaboratorium Dr. Janssen, Beerse, Belgien) und 0,2 mg/kg Phenoperidin i.v. injiziert. Naeh un- seren Erfahrungen bewirken Nembutal wie auch _~ther eine Verlangerung der Auf- warmungszeit dutch eine Vasoconstriction, wEhrend nach den Untersuchungen von

Abb. 1. t I a l t u n g tier MeBsonde ztrr B e s t l m m u n g der Infrarotemiss ion der t t a u t

JANSSElV Dehydrobenzperidol als Adrenalinant~gonist eine Vasodilatation ver- Llrsaoht.

Orientierende Messungen an Kr~nken des tt6pital Paul Brousse, P~ris, hatten ergeben, dab die normalerweise bestehende Temperaturdifferenz zwischen Haut- transpl~ntat und Umgebung zu gering ist, um sie mit Durehblutungs~nderungen in Beziehung setzen zu k6nnen. Aus diesem Grunde wurden im Tierversuch Auto- und Homotranspl~ntate zu verschiedenen Zeitpunkten naeh der Ubertragung kurz- fristig abgek~hlt und d~s the~znisehe Verhalten w~hrend der Wiederaufw~rmung verfolgt. Zur Kiihlung legten wir den Transplantaten 25 sec Plastikbeute] mit einer waBrigen L6sung yon Natriumcarboxymethylcellulose (Coleman K/~Iteakku C--20) in gefrorenem Zustand auf und erreiehten dabei einen Temperaturabfall auf +28 bis ~-30~ Die Messungen wurden in AbstEnden yon 30 sec f/ir eine Dauer yon 20 rain vorgenommen, d. h. bis zur Stabilisierung der Transplantattemperatur. Um die MeBergebnisse mi~ dem Vascularisierungszusfand in Beziehung setzen zu kSnnen, erhielten die Tiere t~glich eine i.v. In~ektion yon Disulphinbl~u (0,3 m]/kg). ])ieser Vitalfarbstoff fiihrt sofort zu einer intensiven blaugriinen Verfarbung aller dureh- bluteten Gewebe und wird innerhalb yon 4 bis 6 Std vollstandig wieder aus- geschieden.

Fiir unsere Untersuehungen stand uns ein InfrarotstrahhmgsmeBger/it der Physikaliseh-Technisehen-Werkst~ttten, Wiesbaden, zur Verf~gung. Es handelt sich hierbei um ein Bolometer mit entspreehendem Verstarker und Anzeigesystem.

9a Z. ges. exp. Med., Bd. 142

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126 W.E. VAIIBEI,, G. MA~Jz~ und C. Bl~ZI~:

Ergegnisse

Insgesamt wurden an elf Versuehstieren 43 Kiihlexperimente vorge- nommen. Nit jeweils drei bis vier Messungen konnte so bei jedem Tier die Phase des 0dems, der Revascularisierung und der AbstoBung des Transplantates verfolgt werden. Dabei ergaben sieh folgende gesultate. Unversehrte Haut erreicht nach 6--7 min wieder die Ausgangstempera- tar. Abb. 2a zeigt einen typisehen Kurvenverlauf. Am I. und 2. Tag

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A b b . 2 . A T e m p e r a t u r v e r h a . l t e n n o r m a l e r H a u t ( . . . . ) n a e h k u r z f r i s t i g e r A b k i i h l u n g , B T e m p e r a t u r v e r h a l t e n e ines A u t o t r a n s p l a n t a t s ( - - ) n a c h k u r z f r i s t i g e r A b k i i h l u n g a m

e r s t e n T a g n a c h der l ~ b e r t r a g u n g

A b b . 3 . A T e m p e r a t m w e r h a l t e n e i n e s 5 d e m a t S s e n H o m o t r a n s p l a n t a t s a m 5. T a g n a c h der L ~ b e r t r a g u n g , B e i n e s I - I o m o t r a n s p l a n t a t s z u B e g i n n tier A b s t o B u n g , j e w e i l s n a c h k u r z - f r i s t i ger A b k i i h l u n g . Z u m V e r g l e i c h T e m p e r a t u r v e r h a l t e n n o r m a l e r I-Iaut n a c h k u r z f r i s t i g e r

A b k f i h l u n g ( . . . . )

A b b . 4 . A T e m p e r a t u r v e r h a l t e n e i n e s n e k r o t i s c h e n H o m o t i . a ~ s p l a n t a t s , B e i n e s g u t v a s c u - l ~ r i s i e r t e n A u t o ~ r ~ n s p l a n t ~ t s ( 1 8 . T a g ) , j e w e i t s n a c h k u r z ~ r i s t i g e r A b k i t h l u n g . Z u m V e r g l e t c h

T e m p e r a t u r v e r h M t e n n o r m a l e r H a u t n a c h k u r z f r i s t i g e r A b k i i h l u n g ( . . . . )

nach der Transplantation ist das Temperaturverhalten nur geringfiigig verandert (Abb. 2B), d. h. die Kurve zeigt nur eine leichte Abflachung. Durch W~rme]eitung teilt sich die Temperatur des Wundbettes rasch dem noch d/innen, morphologisch unver~nderten Transplantat mit. Mit dem Auftreten eines Odems ver/~ndert sich aber das Temperaturverhalten in charakteristiseher Weise. Abb. 3 A zeigt die Kurve eines Homotrans- plantates am 5. Tag mit starkem 0dem. Die Aufws ist auf 18 rain verl/ingert ; abgesehen yon den Ver/~nderungen der physikalischen Eigensehaften einer 5dematSsen ttaut wirkt das geschwollene Trans- plantar offensiehtlieh ~ls isolierendes Polster. Nit beginnender Revascu- larisierung vom 5. bis 7. Tag versehwindet die Sehwellung wieder und die Kurven zeigen nahezu normalen Aspekt (Abb. 3B, 4B). Trotzdem er-

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Revascularisation yon tIauttransplantaten 127

reieht aueh ein gut eingeheiltes Autotransplantat nieht ganz den Vaseu- larisierungsgrad der unversehrten Haut. Durch das umgebende Narben- gewebe wird die Durehblutungsrate etwas vermindert, die Karve bleibt geringffigig abgefiaeht (Abb. 4B).

Am 8. und 9. Tag war mit Hilfe der Disulphinf/Lrbung ein AussehluB des Homotransplantats aus der Zirkulation zu beobaehten. Zu diesem Zeitpunkt begann sieh das Temperaturverhalten aueh wieder zu ver- /tndern. Auffallenderweise kiihlten sich nekrotisehe tIauttransplantate unter den beschriebenen Versuehsbedingungen nur geringfiigig ab, er- reiehten aber nieht wieder die Ausgangstemperatur (Abb. 4A).

Diskussion

W~hrend die Kontaktthermometrie nur eine punktf6rmige Messung erlaubt, repr~Lsentiert die in einem bestimmten Abstand yon tier Haut registrierte Infrarotstrahlung den Temperaturmittelwert eines t taut- bezirkes, dessert Gr6Be vom Abstand der Megsonde bestimmt wird. So- lange der erfagte Bezirk eine homogene Temperatur aufweist, spielt der Abstand des Bolometers keine I~olle. Der dureh die gr66ere Distanz be- dingte Energieverlust wird ausgeglichen durch den Anstieg der Gesamt- energie, die yon tier gr613eren Megfl/~ehe ausgestrahlt wird. Da Histoin- kompatibilit/~tsreaktionen, wie perivasale Infiltrate, Vasodilatation oder Unterbrechung der Blutzirkulation stets das gesamte Transplantat er- fassen (EDGERTON), ist besonders die Temperatm'mittelwertbestimmung geeignet, Aufsehlfisse fiber den Zustand des Transplantats zu geben. Diese Megmethode hat gegeniiber der Kontaktthermometrie au6erdem den Vorteil, dab sie keine reflektorisehe Vasoconstriction und damit eine Durchblutungss durch den Berfihrungsreiz des Mel3ffihlers ver- ursacht.

In dem ffir die Haut physiologischen Bereich zeigte das yon uns be- nutzte Ger/~t eine hohe MeBgenauigkeit (d= 0,1 ~ mit einer ,,standard deviation" yon ~ : 0,026 (VAuBEL).

Um vergIeichbare Ergebnisse zu erzielen, ist eine Prgmedikation der Tiere vor der Untersuehung erforderlich. Nembutal und Xther sind un- geeignet, da unter ihrer Wirkung eine Verlgngerung der Wiederaufw/~r- mungszeit beobaehtet wird. Dagegen lgl3t sieh mit Dehydrobenzperidol eine Verminderung des peripheren Widerstandes erzielen. Diese vasodila- tatorisehe Wirkung ist erwfinseht. Unter Neuroleptanalgesie 1/~13t sich so am vSllig passiven Tier die Vaseutarisierung eines Hauttransplantates bei optimal durehblutetem Wundbett untersuehen. Die Angaben zahl- reieher Autoren fiber den Beginn der durch die Histoinkompatibilit/~ts- reaktiort beding~en Zirkulationsst6rungen im Transplantat differieren sehr stark untereinander. Nie aber ist berficksiehtigt worden, dab in einem sehwach vaseularisierten Transplantat auch dureh reflektorisehe

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128 W.E. VAU~L, G. MATHI~ und C. BREZI~:

Vasoconstriction in der Peripherie die Durchblutung ganz zum Stillstand kommen kann.

Die ersten systematischen Untersuchungen unternahm 1874 THIE~SCH. Er beobachtete bereits 18 Std nach der Hautiibertragung blutgeffillte Gefgge im Transplantat. Dieser Befund scheint den Ergebnissen anderer Autoren zu widersprechen, die den Beginn der Revascularisierung zwi- schen dem 4. und 6. Tag angeben (TAYLOI%; WAKSMAN; CONWAY; MOKHASrN), frfihestens aber am 2. oder 3. Tag beobachteten (EDGERTON ; CO~VE~S]~). Er finder abet in der Arbeit yon ttY~Es eine Erklgrung, der nachweisen konnte, dab Erythrocyten mit einer fibrinogenfreien Fltissig- keit schon vor der Bildung yon GefgBbr/icken in das blutleere Trans- plantat einwandern.

Bei den yon uns durchgeftihrten Untersuchungen konnte mit der Disulphinfgrbung der Beginn der I~evascularisierung der Auto- wie aueh der Homotransplantate zwisehen dem 5. und 7. Tag beobachtet werden. Dies stimmt mit den Angaben der meisten Autoren, so z .B. mit den Adhgrenzuntersuehungen von M c K ~ A ~ , iiberein. Thermometrisch 1/~gt sich die Phase der ,,plasmatisehen Zirknlation" von dem Beginn der Revaseularisierung leicht abgrenzen. Vom 3. Tag an tr i t t bei den meisten Transplantaten eine 5dematSse Sehwellnng auf, die mit der Revaseulari- sation wieder versehwindet. W/~hrend dieser Tage ist die Wiederauf- w/~rmungszeit deutlieh verl/~ngert.

CoNwAu beobachtete vom 3. Tage an mit der Sandison-Algire-Kammer ein visc6ses, leukoeytgres Exsudat bei gleichzeitiger Kontraktion der Arteriolen des Transplantatbettes. W/~hrend dieser Periode ist im Ver- gleich zur normal durchbluteten Haut der extravasale Fliissigkeitgehalt des Transplantates stark erh6ht. Damit sind abet aueh die physikalischen Eigenschaften der Haut vergndert und es ist nieht wahrscheinlich, dab sich alas Transplantat unter diesen Bedingungen noeh wie ein ,,perfekter sehwarzer KSrper" verh/~lt. Die Megergebnisse wtirden damit allerdings aueh nicht mehr ganz den realen Temperaturverhgltnissen entsprechen.

Das gleiehe Problem besteht in der Periode der Transplantatabsto- Bung. Von zahlreichen Autoren wird als erstes Zeiehen der Histoin- kompatibilit/itsreaktion gegen das t tomotransplantat eine extreme Vaso- dilatation bei gleichzeitig verminderter Zirkulation beobaehtet (7.--8. Tag). Die dann auftretenden Thrombosen und massiven perivenSsen In- filtrate ver/tndern die morphologisehe Struktur des Transplantats ebenso wie die yon DEMPST~.R beschriebene reaktive tIypertrophie anf Grund mangelhafter Zirkulation. W/ihrend dieser Phase ist die Wiederaufw/~r- mungszeit deutlich verl/~ngert. Mit dem AussehluB des Transplantats aus der Zirkulation (9.--10. Tag) und der damit beginnenden Austroek- nung ver/~ndert sieh das Temperaturverhalten grundsgtzlich. Das nekro- tisehe Gewebe k/ihlte sieh unter den besehriebenen Bedingungen nur

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l%evascularisation yon Hauttranslolantaten 129

geringffigig ab, erreiehte aber nicht wieder die Ausgangstemperatur. Hier besteht kein Zweffel, dab die Ver/inderung der physikalisehen Eigenschaf- ten des Transplantats verantwortlich ist ffir den ver/inderten Kurven- verlauf w/thrend der Wiederaufw~Lrmungsperiode.

Es ist demzufolge anzunehmen, dab das Emissionsspektrnm im Infra- rotbereich fiir die versehiedenen pathologisehen Zust/inde der tIaut unter- schiedliche Maxima aufweist. Dutch geeignete Filtervors/itze liege sich die Leistungsf/~higkeit dieser Megmethode also siehcr noch steigern.

~ A~/oteaesp/~,:,~

,ge~kulansiePun] i r i i i i i i i i i i i

g 1 2 3 O 5 8 7 8 ,9 I0 // 12 13 Tage

Abb. 5. Graphische Darsi~ellung der in Abs t~nden yon 2 Tagen b e s t i m m t e n Tempera tu r - differenzen zwischen den Transp lan ta tml und der normalen I-Iaut 7 rain n~ch der Abki ihlung

Da Hauttransplantate entsprechend den morphologischen Ver/inde- rnngen ein in eharakteristischer Weise weehselndes Temperaturverhalten aufweisen, bes~ehg die M6gliehkeit, Rfieksehlfisse anf den Vaseularisie- rungszustand zu ziehen. Unter den besehriebenen Bedingungen erreicht normale Haut naeh 7 min wieder die Ausgangstemperatur. Bestimmt man zu diesem Zeitpnnkt die Temperaturdifferenz zwisehen normaler Haut und dem Transplantat (in den Kurven dutch Pfeile marMert), so ergeben diese Werte graphisch zusammengestellt eine Kurve, die sehr deutlich die Phase des 0dems, der gevascnlarisation und der Abstognng des Trans- plantats erkennen 1/~gt (Abb. 5).

Zusammenfassung Da die menschliehe Haut die physikalisehe Eigenschaft eines ,,perfek-

ten schwarzen K6rpers" anfweist, besteht die MSglichkeit, die Hauttem- peratur (lurch Messung der Infrarotemission zn bestimmen. Die neuent- wickelten MeBgeritte besitzen ausreichende Empfindlichkeit, um auch geringf/igige Temperaturver/tnderungen der Haut nachzuweisen. Diese Methode hat gegenfiber der Kontaktthermometrie entscheidende Vor- teile. Kurzfristig abgekiihlte Hauttransplantate weisen ein den morpho- logischen Ver/inderungen entsprechendes Temperaturverhalten auf, das i~fickschl/isse auf den Vascularisierungszustand erlaubt.

Summary As human skin possesses the physical properties of a ,,perfect black

body" it is therefore possible to determine the skin temperature by means

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130 W. E, VAUBEL, Cv. MAT]~ und C. BR]~ZIN:

of the measuremen t of inf ra- red rad ia t ion . The rad iomete rs recen t ly bui l t have grea t sens i t iv i ty to follow also smal l the rmica l var ia t ions of the skin. This m e t h o d presents decisive advan tages compared to the con tac t t h e r m o m e t r y .

Skin graf ts cooled dur ing a shor t per iod show a charac te r i s t ic behavior of the t e m p e r a t u r e following the morphologic changes of the t issue. This allows a de t e rmina t ion of the revascular i sa t ion . A special r ep resen ta t ion is p roposed which will pe rmi t a quan t i t a t i ve analysis of the results .

R f i s u m ~

Comme la peau humaine, & une t emp6ra tu r e comprise ent re 32 et 37 ~ possbde les propri6t@s phys iques d ' u n corps noir par fa i t , il est possible de d6 te rminer la t emp6ra tu r e de la peau pa r la rad iom6t r ie directe des infra-rouges.

Les rad iom~tres r6cemment const ru i t s ont une grande sensibi l i t6 pour suivre les var ia t ions the rmiques de la peau au cours des r6act ions endo- cutan6es. Cet te m6thode poss~de des avan tages d6 te rminan t s pa r r a p p o r t

la rad iom6t r ie de contact . Des greffes de peau refroidies p e n d a n t une courte dur@e m o n t r e n t un

compor t emen t t he rmique cor respondan t s des changements morpho- logiques. Cela nous pe rme t de conclure ~ un 6 ta t de revascular i sa t ion . Pour l ' ana lyse quan t i t a t i ve des rgsul ta ts , nous proposons une repr6senta- t ion part icul i~re.

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Dr. E. VAV~EL Chirurgische Universit/~tsklinik und Poliklinik 1 Berlin 19, Spandauer Datum 130