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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225, S. 323--334 (1955). Aus dem Physiologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universitat zu Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. P. HOFF~A~¢~). Die Bewegungen yon Kiirpertemperatur und Sauerstoffaufnahme beim Weehsel zwischen normalen und erniedrigten Sauerstotlspannungen. Von J. PICHOTKA~O. {~REUTZFELDTund W. H(}FLER. Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 12. Oktober 1954.) Erniedrigungen der Sauerstoffspannung bei normaler Umgebungs- temperatur ftihren beim Meerschweinchen zu charakteristischen gesetz- mi~Bigen Verstellungen der Rectaltemperatur 14.Beinormaler 02- Spannung ist eine Erniedrigung der KSrpertemperatur irmerhalb eines bestimmten Bereichs mit einer zunehmenden Steigerung der 02-Aufnahme verbunden, beim Meerschweinchen im allgemeinen bis zu einem Maximum bei 34°C 13. Die Senkung der KSrpertemperatur im O2-Mangel kSnnte in gleicher Weise einen Mechanismus enthalten, durch den wieder eine hinreichende 02-Aufnahme ermSglicht wird. Um diese MSglichkeit zu priifen, mul3te zun/~chst festgestellt werden, ob das Verhalten der 02-Aufnahme bei Er- niedrigung der O2-Spannung eine Beziehung zu den beschriebenen ~n- derungen der KSrpertemperatur erkennen l~l~t. In der Literatur waren uns keine Ergebnisse zug~nglich, die eine Korrelation yon KSrper- temperatur und 02-Au/nahme unter diesen Bedingungen betrafen. In der folgenden Untersuchung ist daher das gleichzeitige Verhalten yon KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme beim ~bergang yon normaler zu erniedrigter O2-Spannung und umgekehrt beim 1L~bergang yon erniedrigter zu normaler O2-Spannung dargestellt. Methodik. Die zu den Messungen benutzten Meerschweinchen waren vor Versuchsbeginn li~ngere Zeit unter kontrollierten Bedingungen. Alle Versuche erfolgten bei Normal- druck mit entsprechenden N2--O2-Gemischen. Die Gemische stellten wit jeweils aus dem handelstibhchen Stickstoff und Sauerstoff mit Hiffe eines genauen Mano- meters selbst her. Im wesentlichen wurde das Verhalten beim Wechsel zwisehen Gemischen mit 20% und 8~o 02 untersucht. Zum Vergleich wurde eine kleinere Zahl yon Messungen beim Wechsel zu geringeren oder hSheren Sauerstoff- spannungen (5,5 und 10% 02) herangezogen. Zur Messung des Gasaustausches befanden sich die Tiere in einer kleinen Kupferkammer mit einem aufschraubbaren Deckel aus Plexiglas. Die Kammer war so bemessen, da$ Tiere yon 360--440 g Gewicht bequem darin sitzen konnten,

Die Bewegungen von Körpertemperatur und Sauerstoffaufnahme beim Wechsel zwischen normalen und erniedrigten Sauerstoffspannungen

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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225, S. 323--334 (1955).

Aus dem Physiologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universitat zu Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. P. HOFF~A~¢~).

Die Bewegungen yon Kiirpertemperatur und Sauerstoffaufnahme beim Weehsel zwischen normalen und erniedrigten Sauerstotlspannungen.

Von J. PICHOTKA~ O. {~REUTZFELDT und W. H(}FLER.

Mit 3 Textabbildungen.

(Eingegangen am 12. Oktober 1954.)

Erniedrigungen der Sauerstoffspannung bei normaler Umgebungs- temperatur ftihren beim Meerschweinchen zu charakteristischen gesetz- mi~Bigen Verstellungen der Rectaltemperatur 14. Beinormaler 02- Spannung ist eine Erniedrigung der KSrpertemperatur irmerhalb eines bestimmten Bereichs mit einer zunehmenden Steigerung der 02-Aufnahme verbunden, beim Meerschweinchen im allgemeinen bis zu einem Maximum bei 34°C 13. Die Senkung der KSrpertemperatur im O2-Mangel kSnnte in gleicher Weise einen Mechanismus enthalten, durch den wieder eine hinreichende 02-Aufnahme ermSglicht wird. Um diese MSglichkeit zu priifen, mul3te zun/~chst festgestellt werden, ob das Verhalten der 02-Aufnahme bei Er- niedrigung der O2-Spannung eine Beziehung zu den beschriebenen ~n- derungen der KSrpertemperatur erkennen l~l~t. In der Literatur waren uns keine Ergebnisse zug~nglich, die eine Korrelation yon KSrper- temperatur und 02-Au/nahme unter diesen Bedingungen betrafen.

In der folgenden Untersuchung ist daher das gleichzeitige Verhalten yon KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme beim ~bergang yon normaler zu erniedrigter O2-Spannung und umgekehrt beim 1L~bergang yon erniedrigter zu normaler O2-Spannung dargestellt.

Methodik. Die zu den Messungen benutzten Meerschweinchen waren vor Versuchsbeginn

li~ngere Zeit unter kontrollierten Bedingungen. Alle Versuche erfolgten bei Normal- druck mit entsprechenden N2--O2-Gemischen. Die Gemische stellten wit jeweils aus dem handelstibhchen Stickstoff und Sauerstoff mit Hiffe eines genauen Mano- meters selbst her. Im wesentlichen wurde das Verhalten beim Wechsel zwisehen Gemischen mit 20% und 8~o 02 untersucht. Zum Vergleich wurde eine kleinere Zahl yon Messungen beim Wechsel zu geringeren oder hSheren Sauerstoff- spannungen (5,5 und 10% 02) herangezogen.

Zur Messung des Gasaustausches befanden sich die Tiere in einer kleinen Kupferkammer mit einem aufschraubbaren Deckel aus Plexiglas. Die Kammer war so bemessen, da$ Tiere yon 360--440 g Gewicht bequem darin sitzen konnten,

324 J. PICItOTKA, O. CREUTZFELDT und W. HOFLER:

aber ihre Stellung nicht zu /mdern vermochten. Der Teil des Bodens, der dem Abstand yon den Vorderpfoten bis zur Nasenspitze entspricht, war gegenfiber dem fibrigen Boden so erh6ht, dab in der normalen I-Ialtung der Kopf leieht auflag. Diese Bodenform verhindert erfahrungsgem/~B Aussteigversuche der Tiere. Die Innenseite der Kammer war mit paraffiniertem dfinnen Karton ausgekleidet, um den W/~rmefibergang herabzusetzen. Die Tiere wurden ohne Widerstreben in die Kammer gese~zt und diese verschlossen.

Aus den Vorratsflasehen wurde ein konstanter Gasstrom dureh die Kammer geschickt. Im allgemeinen wurde eine Durchstr6mungsgr61]e yon 700--800 em3/min gew/~hlt. Dabei l~g die O2-Aussch6pfung des Gesamtstromes zwischen 1 und 2%. In den Extremlagen wurde dieser Wert naeh beiden Seiten fiberschritten. Die Luftzufuhr lag unmittelbar vor der Schnauzenspitze, w/~hrend die Ableitung beiderseits auf der H6he der Kieferwinkel erfolgte. Dadurch lag nur der Kopf im Frischluftstrom und es konnte auch durch abnorme Stellungen keine Behinderung des Luftstromes erfolgen. Eine meBbare Rfickatmung lieB sich bei der verwandten DurchstrSmungsgr6Be ~usschlieBen.

Die Bestimmung der O2-Aufnahme und der CO~-Abgabe erfolgte mit dem Stoff- wechselger/~t yon HARTMANlq und BRAUN. Das Ger~t warde ffir unsere Zwecke etwas modifiziert. Auf unsere Bitte hin prfifte das Herstellerwerk noch einmal die Genauigkeit der Anzeige bei geringen AusschSpfungsgraden, wie sie im Verlauf dieser Untersuchung vorkamen. Dabei lieB sich feststellen, dab auch bei den ge- ringsten in dieser Arbeit berficksichtigten AusschSpfungen keine Abweichungen eintreten, die die Ablesegenauigkeit iiberschreiten. Die O~-Aufnahme und die CO~- Ausscheidung wurde alle Minuten abgelesen. Die Konstanz des Durchstromes konnte an der laufend mitregistrierten Ablesung der Gasuhr kontrolliert werden. Die Einstellzeit betrug etwa 2 ~ Min.

Alle Versuche wurden bei normater O~-Spannung eingeleitet. (N2-O~-Gemisch mit 20% 0~.) Rectaltemperatur und O~-Aufnahme wurden dabei registriert, bis fiir ~ Std eine konstante O~-Aufnahme bei konstanter Rect~ltemperatur vorlag. Dann wurden Tierkammer und Analysengerat getrennt. Die Tierkammer wurde weiterhin mit dem gleichen Gemisch durchstrSmt, das Analysengerat dagegen mit dem fiir die nachste Versuchsphase bestimmten Gemisch mit niedriger 02-Spannung, d. h. zumeist mit 8% 02. Erst wenn der Analysator bei dem neuen Gemisch eine zuverl/issige Konstanz des Nullpunkts erreicht hatte, wurde auch die Tierkammer damit beschickt und die O~-Aufnahme bei der niedrigeren 02-Spannung fortlaufend gemessen. Beim (~bergang auf die h6here O~-Spannung wurde in gleicher Weise verfahren. Auf diese Weise wurde jeweils vor dem Umschalten auf eine andere 02-Spannung ftir etwa 20 rain die O~-Aufnahme nicht registriert. Aus der allgemeinen Erfahrung in dieser Versuchsanordnung und aus dem Verhalten tier Rectaltem- peratur konnte geschlossen werden, dab sich die O~-Aufnahme in dieser Periode nicht wesentlich anderte.

Durch die in den Leitungen und in der Tierkammer enthaltene Gasmenge kormte in der ersten Phase nach dem Umschalten ein falscher Weft tier Sauerstoff- aufnahme vorget/~uscht werden. Obwohl der Totraum aufs engste bemessen war, konnte der dadurch bewirkte Fehler in den ersten Minuten nach dem Umschalten betrachtlich sein. Das war urn so wesentlicher, als die dadurch vorget/~uschte Xnderung der O~-Aufnahme in die gleiche Richtung ging, wie die dutch die Ver- suchsbedingungen verursachte. Zweiminutiges schnelles Durchstr6men der Anord- nung mit dem neuen Gemisch schien in Kontrollversuchen diese Fehlerm6glichkeit v611ig zu beseitigen. In der Auswertung der Versuche ist aus Vorsichtsgriinden die O2-Aufnahme jewefls in den ersten 10 min nach dem (~bergang auf die neue O 2- Spannung nicht mitbenutzt. Aus Kontrollmessungen ergab sich, dab am Ende der

Die Bewegungen von KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme. 325

10min-Periode auch ohne Xnderung der DurchstrSmung der dutch Zumischung entstandene Fehler 3--5~o der Anzeige nicht fiberschreiten konnte und dab dieser Fehler weiterhin schnell abnahm. In Anbetracht der in diesen Versuchsphasen tat- s~chlich beobachteten J~nderung ist dieser mSgliche Fehler sehr klein und zu ver- nachl~sigen.

Es erwies sich als notwendig, bei diesen l~nger dauernden Experimenten in regelm~13igen Intervallen die Nullpunktskonstanz des Analysators zu fiberprfifen und gegebenenfalls die entsprechenden Korrekturen der Nullpunkte vorzunehmen. Die dabei manchmal beobachteten geringen Abweichungen lieBen sich dutch rech- nerische Korrekturen leicht ausgleichen. Bei einem l~ngeren unkontrollierten Gebrauch des Analysators kSnnen dagegen Nullpunktsverschiebungen auftreten, die die Experimente wertlos machen. Die Umstellung des Analysators auf Batterie- betrieb brachte ffir die Nullpunktskonstanz keine Vorteile.

Die Registrierung der Rectaltemperatur geschah wie in friiheren Unter- suchungen 14 fortlaufend w/~hrend des ganzen Versuchs.

Ergebnisse.

Die Eins te l lung der Sauers tof faufnahme nach Anderung der Sauer- s tof fspannung wurde in 63 E x p e r i m e n t e n verfolgt . Die hier angegebenen VerlKufe beziehen sich ausschlieBtich au f eine R a u m t e m p e r a t u r yon 20 bis 22 ° C und einen Wechsel zwischen O2-Spannungen der A t e m l u f t yon ]50 und 60 m m Hg O 2 (20~o und 8% 02) in be iden Rich tungen . Die Sauers tof faufnahme bei den in diesen E x p e r i m e n t e n bes tehenden Be- d ingungen der Wi~rmeabgabe und bei normale r O2-Spannung l iegt weit fiber den bei e twa 30°C U m g e b u n g s t e m p e r a t u r gemessenen Minimal- ums/~tzen. Sic bet r / ig t im Durchschn i t t e twa 2,8 cm a O2 pro 100 g und Minute gegenfiber Minimalums~tzen yon 1 ,0--1 ,25 cm a O2 pro 100 g und Minute s , 15

Das Verha l t en der Sauers tof faufnahme un te r den beschr iebenen ex- per imente l len Bedingungen ist in d e r A b b . 1 in e i n e m ~ b e r s i c h t s d i a g r a m m zusammengefa[3t. Dem D i a g r a m m liegen 14 gleiche Versuche an 14Tieren von durehschn i t t l i ch 400 g (360--445 g) zugrunde. Der Ver lauf der 02- Aufnahme ist nach dem ~ b e r g a n g au f die niedr igere O2-Spannung ffir 100 min darges te l l t . I n dieser Zei t wird im Mi t te lwer t und in allen Einzel- verl~ufen der O2-Aufnahme ein kons t an t e r W e r t erreicht . Nach der Wiederhers te l lung der normalen O2-Spannung is t die Regis t r ie rung fiber wei tere 80 min durchgeff ihr t . Die charakter i s t i sche Bewegung der Sauer- s tof faufnahme nach dem Umscha l t en auf die hShere O2-Spannung ende t innerha lb dieser Per iode ebenfal ls in einen kons t a n t e n Wer t , der mi t dem Ausgangswer t der O2-Aufnahme bei normale r O2-Spannung ident i sch ist.

Die dargestellten Experimente sind nicht alle nach dem gleichen zeitlichen Schema gefiihrt. Die Dauer der Periode erniedrigter O2-Spannung ist in den ver- schiedenen Experimenten verschieden und in den meisten F~llen erheblich l~nger als 100 min. Daher sind die Ergebnisse als Ausschnitte aus Experimenten mit ver- schiedenem zeitlichen Verlauf an den Umschaltpunkten zur niedrigeren und wieder zur normalen O~-Spannung synchronisiert. Die in dem Diagramm benutzten "~Verte

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der 02-Aufnahme sind alle Einzelablesungen, die auf die geraden Minuten fallen. Sie stellen also die H~Mte der in den abgebildeten Versuchsabsehnitten abgelesenen Werte dar. Die Mittelwertskurve der O~-Aufnahme ist dureh tibergreifende Mittelung fiber drei Werte ausgeglichen. Die Mittelwerte der O2-Aufnahme vor Versuchs- beginn sind nicht ausgeglichen und stellen somit ein Mal3 ffir die spontane Streuung der Mittelwerte unter konstanten Bedingungen dar. Wegen der geringen Differenz im Gewicht der Tiere (360--445 g) ist die Sauerstoffaufnahme fiir das ganze Tier angegeben und die fibliche Umrechnung auf ein Einheitsgewicht unterblieben.

Vor dem Beginn des Versuches betr~gt die durchschnittliche O~-Auf- nahme in der Abb. 1 11,7 cm 3 02 pro Tier und Minute. Nach dem Um- schalten auf 8% 02 stellt sich ein mel~barer stetiger Wert ffir die O~-Auf- nahme friihestens nach 5 min, in einigen F~llen aber aueh erst nach

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Abb. 1. Dars te l lung der O..-Aufnahme aus 14 Versuchen be im Wechsel yon 20% O~ nach 8% O.0 und wieder nach 20% O~. Die einzelnen P u n k t e des S t r eud i ag ramms bedeuten die minut l iche O2-Anf- nahme . Die eingezeichneten Linien stellen den Mi t te lwer t sver lauf dar . Nach d e m Umscha l t en a u f 8 % O2 is t die O, -Aufnahme zuniichst a u f p r a k t i s c h unmeBbare Wer t e abgefal len und s te ig t dann in exponentiel ler Bewegung wieder an. Der entgegengesetz te Ver lauf finder sich be im erneuten 1)bet- g a n g a u f 20% Oz. In den Mi t te lwer t skurven wird jeweils nach 50 min eine ann~ihernd kons tan te

O2-Aufnahme erreicht.

10--15 min ein. In den bier dargestellten Experimenten erreichte die O2-Aufnahme nach 10 min einen durehschnittlichen Wert yon 4,3 cm 3 02 pro Minute. Das ist wenig mehr als ein Drittel der 02-Aufnahme bei normaler 02-Spannung. Die 02-Aufnahme steigt dann im weiteren Ver- lauf zun~chst steil und dann zunehmend flacher an. In einem Teil der Versuche wird 40--50 min nach dem Umschalten auf die niedrigere O2- Spannung eine praktisch konstante O2-Aufnahme erreicht, in einem anderen Teil erst naeh 80---100 min. Die Mittelwertskurve der 02-Auf- nahme in der Abb. 1 l~l~t die Zusammensetzung aus diesen Gruppen erkennen. Sie erreicht nach etwa 50 rain eine zun~chst konstante H6he der O2-Aufnahme von 8,7 cm a 02 pro Minute. Bei 80 min erfolgt ein geringer, aber deutlicher Anstieg auf 9,1 cm a 02 pro Minute. Dieser Wert liegt um etwa 20% unter dem Ausgangswert, der bei sonst gleichen Be- dingungen und normaler O2-Spannung registriert wurde.

Die Bewegungen von KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme. 327

Nach dem erneuten Umschalten auf die normale 02-Spannung liegt die O~-Aufnahme zun~chst bei welt iibernormalen Werten. Zumeist ist schon 5 min nach dem Umschalt~n eine stetige 02-Aufnahme erreicht. 10 min nach dem Umschalten betr~gt die 02-Aufnahme der hier dar- gestellten Versuche im Mittel 17,3 cm a 02 pro Minute. Sie liegt damit mit 90% fiber dem Wert, der gerade vorher bei der niedrigeren 02- Spannung erreicht wurde und auch noch erheblich fiber der 03-Auf- nahme zu Beginn des Versuches (11,7 cma). Im weiteren Verlauf sinkt die 02-Aufnahme mit einer steilen Exponentialbewegung ab und miindet schliei]lich in den gleichen Wert, der zu Beginn des Versuches bestand. Die zeitlichen Verh~ltnisse des Abfalls der 03-Aufnahme beim (~bergang auf die hShere 02-Spannung sind yon der gleichen GrSl~enordnung, wie die des Anstiegs der 03-Aufnahme nach Erniedrigung der O3-Spannung. Im ganzen scheint die Einstellung der 03-Aufnahme auf einen stetigen Weft nach ErhShung der O3-Spannung etwas schneller zu erfolgen als nach Erniedrigung. Das wfirde mit der Erfahrung iibereinstimmen, da[~ die Einstellung der Temperatur auf einen konstanten Weft bei ErhShung der 03- Spannung meist schneller eintritt als bei Erniedrigung ~4.

Die statistische Realit~t der Bewegungen der 03-Aufnahme nach Anderung der O3-Spannung - - wie sie in den Mittelwerten der Abb. 1 dargestellt sind - - l~Bt sich leicht nachweisen. Zu diesem Zweck warden die ~'IeBwerte fiir die Sauerstoffaufnahme in den verschiedenen charakte- ristischen Phasen der Einstellbewegung vergliehen. Die Wahrscheinlich- keit ffir die Identit~t der Mel~werte in den versehiedenen Perioden war nach der t-Verteilung in allen verglichenen Gruppen au~erordentlich gering. (In allen F~llen P ~ 0,001.) Die beschriebenen Bewegungen der 03-Aufnahme sind also statistisch real. Weiterhin ist die im Gleichgewicht erreichte O~-Aufnahme bei 8~o 03 mit hoher Wahrscheinliehkeit niedriger als bei gleichen Umgebungsbedingungen und 20~o 03. In der Abb. 2 ist der gleichzeitige Verlauf yon 02-Aufnahme und Reetaltemperatur bei Anderung der Oe-Spannung in einem Einzelexperiment dargestellt.

Die in der Abb. 2 dargestellte gegenl~ufige Bewegung yon O2-Auf- nahme und Rectaltemperatur land sich in alien Experimenten olme Aus- nahme. Wie in der voraufgehenden Untersuchung erreichten die Rectal- temperaturen konstante Werte entweder im Intervall zwischen 36 und 37 ° oder zwischen 34 und 35 °. Der mit diesem Temperaturabfall verbundene Anstieg der O2-Aufnahme ging grSI~enordnungsm~]ig auf gleiehe Werte, unabh~ngig davon, auf welcher HShe sich die Rectaltemperatur einstellte. Bei der Einstelinng der Temperatur im tieferen Intervall land sich zu- meist eine deutliche Zweistufigkeit der Einstellbewegungen yon O~-Auf- nahme und Rectaltemperatur (siehe Abb. 2). Wenn sich die l~ectal- temperatur im hSheren Intervall einstellte, erfolgte dies fiir beide GrSBen mit einer einfachen Bewegung.

Arch. exper. Path. u. Pharmakol . , Bd. 2"25 2 3

328 J . P ICHOTKA, O . CREUTZFELDT u n d W . I-~6FLER:

In ehler Reihe von FKllen wurden bei 8% O~ keine konstanten Rectal- temperaturen mehr eingestellt, vielmehr fiel die Temperatur stetig weiter, ohne die Tendenz zur Einste]lung auf einen festen Wert erkennen zu lassen. Die Experimente mit diesem Verlauf der Reetaltemperatur zeigten charakteristische gemeinsame Ziige im Verhalten der O~-Aufnahme. Die Tiere dieser Gruppe wiesen bereits unter den Ausgangsbedingungen bei 20% 0 2 die niedrigsten beobaehteten O2-Aufnahmen auf. Naeh dem Urn-

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Abb. 2. Verlauf yon Sauerstoffaufnahme und Rec ta l t empera tu r unter gleichezl Bedingungon wie it.z Abb. 1. Einzelexperiment. Bei der Einstel lung auf die erniedrigte 02-Spannung f~illt die Reeta l tem- pe ra tu r mi t einer charakteris t ischen Bewegung ab, w~hrend gleiehzeitig die zun~ichst erniedrigte Ot-Aufnahme fast spiegelbildlich dazu ansteigt. Beide GrSgen erreichen zur gleichen Zeit Kons tanz au f dem neuen Niveau. Eins tenung der Ree ta l t empera tu r fiir 8 % O~ bei 34,8 °. Nach Wiederhcrstel lung

der normalen O~-Spannung flndet sich das umgekehr te Verhalten.

schalten erfolgte ein relativ schneller Anstieg auf konstante Werte der O~-Aufnahme, aber diese Werte waren ebenfalls die niedrigsten, die be- obachtet wurden. Die Steilheit des Temperaturabfalles verminderte sich, solange die O2-Aufnahme anstieg. Die beim Erreichen der konstanten O 2- Aufnahme bestehende Geschwindigkeit des Temperaturabfalls blieb im weiteren Verlauf des Experiments praktiseh unver~tndert bestehen. Das ganze Verhalten deutete darauf hin, dab die hier erreichte O2-Aufnahme fiir das betreffende Tier unter dell bestehenden Umst/~nden die maximal mSgliche war. Eine Einstellung auf eine Gleichgewichtslage war nicht mehr mSglich, weil die Mechanismen fiir die O2-Aufnahme an diesem Punkt ]imitiert waren. Ffir diese Auffassung spricht auch, dab der

Die Bewegungen yon KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme. 329

erreichte maximale Wert der O2:Aufnahme in diesen Experimenten mit einer aul~erordentlich geringen Schwankung aufrechterhalten wurde, im Gegensatz zu den meist deutlich periodischen Schwankungen der 02-Auf- nahme bei vollsti~ndiger Einstellung auf eine Gleichgewichtslage. Bezeich- nend fiir dasVerhalten dieser Gruppe war weiterhin die geringe Steigerung der 02-Aufnahme nach WiederhersteUen der normalen 02-Spannung. Ein Beispiel fiir dieses Verhalten finder sich in Abb. 3.

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Abb. 3. Gleiche Bedingungen wie in Abb. 1 und 2. O~-Aufnahme unter Ausgangsbedingungen 9,9 cmS/min gegentiber einem :Mittelwert ftir 400 g schwere Tiere von 11,7 cm3/mim Nach dora Um- schalten auf 8 % O~ steigt die zun~chst erniedrigte O:Aufnahme auf etwa 8 cm~/min. Der anf~inglich steile Temperaturabfan flacht sich etwas ab, geht abet nach Erreichen der konstanten O~-Aufnahme mit einer stetigen Neigung welter. Tiere dieser Gewichtsklasse erreichten bei 8% 02 im Temperatur-

gleichgewicht eine O~:hufnabme yon 10--11 cma/min.

Bespreehung der Ergebnisse. Anderungen der 02-Spannung der Atemluft bedingen an sich kt/rz-

fristige Xnderungen der 0s-Aufnahme, bis der 0 c Gehalt der Alveolarluft und des Blutes sich auf die neue Situation eingestellt hat. Diese Ande- rungen bestehen in einer verminderten 02-Aufnahme bei Herabsetzung der O2-Spannung und in einer vermehrten Aufnahme beim Ubergang auf erhShte O2-Spannungen. Richtungsm~flig stimmen also diese Vergnde- rungen mit den yon uns beobachteten iiberein, und sie sind auch zu ihrer Erkl~rung herangezogen worden. Quantitativ sind dagegen die durch Xnderung des 02-Gehaltes von Alveolarluft und Blut bedingten

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330 J. PICHOTKA, O. CREUTZFELDT und W. HSFLER:

Verschiebungen der 02-Aufnahme ftir die in dieser Un te r suchung dar- gestell ten Bewegungen der 02-Aufnahme bedeutungslos.

Das ergibt sieh ffir das Blur aus der folgenden (~berlegung: Ein Meerschweinchen yon 400 g Gewicht hat etwa 30 cm a Blut. Der O,-Gehalt des vollgesattigten Blutes betr~gt etwa 6 cm a. Um diesen Betrag yon 6 cm a kSnnte maximal die 02-Aufnahme durch die ~nderung der S~ttigung des Blutes beeinfluBt werden bei ~nderungen der O,-Spannung zwischen 0 und 150 mm Hg. Tats~chlich kommt in unseren Versuchen nur ein Bruehteil dieses Wertes in Frage. Die dureh die Xnderungen des 02-Gehaltes der Alveolarluft bedingten ~mderungen der O2-Aufnahme sind von der gleiehen GrSSenordnung. In den in der Abb. 1 dargestellten Mittelwerten der O.~-Aufnahme liegt das Defizit bis zur 50. min bei mindestens 150 cm a O,, wenn alle Faktoren zuungunsten unserer These gerechnet werden. Der Anteil an der verminderten O~-Aufnahme, der durch die ~nderung des O~-Gehaltes yon Alveolar- luft und Blur bedingt ist, ist somit in den hier dargestellten Experimenten zu ver- nachl~ssigen. Gegen eine Bedeutung dieser Gr6Ben fiir die beobachteten Be- wegungen der O2-Aufnahme spricht au$erdem der ausgedehnte zeitliehe Verlauf.

Die Einstellung unserer Analysenapparatur erfolgte in etwa 21~ min. Diese Einstellzeit ist in Anbetraeht der beobaehteten langsamen Bewegungen der Sauer- stoffaufnahme von keiner Bedeutung ffir den gemessenen Verlauf. Das gilt ins- besondere, da jeweils die ersten 10 min nach dem Ubergang auf die geanderte O,-Spannung nicht beriicksichtigt sind. Eine rechnerische Korrektur des Verlaufs unter Berficksichtigung der Einstellzeit bringt keine Vorteile.

Die in dieser Un te r suchung beschriebenen Bewegungen der 02-Auf- n a h m e nach dem Ubergang auf niedrigere oder hShere O2-Spannungen zeigen formal das charakterist ische Verhal ten von Einste l lbewegungen geregelter GrSBen. Das Ergebnis dieser Eins te l lbewegungen ist eine 03- Aufnahme, die innerha lb eines bes t immten Bereichs weitestgehend un- abh~ngig yon der 02-Spannung ist. Diese unabh~ngige kons tan te oder ann~hernd kons tan te 02-Aufnahme ist zweifellos das Resul ta t eines ak t iven Vorgangs. Die O.~-Aufnahme ist n icht an sich spannungsunab- hi~ngig. Das erweist sich aus ihrer GrSSe unmi t t e l ba r nach der ~ n d e r u n g der 02-Spannung. I n einer ers taunl ich langsamen Exponent ia lbewegung stellt sich d a n n in einem Zei t raum von 40--100 mi n ehl zumindes t fiir S t u n d e n kons tan te r Wer t der 02-Aufnahme ein. Die GrS$e der 02-Auf- nahme, die als Resu l ta t der Eins te l lbewegung erreicht wird, spielt ffir das bier behandel te Problem nu r eine unwesentl iche Rolle. Hier ist der Ein- stellvorgang yon wesentl ichem Interesse.

Es mu$ bei der Atmung des 20%igen 02-Gemisehes eine Einstellung des Organismus bestanden haben, die nach dem Ubergang auf 8% O 2 zun~ehst eine v611ig unzureichende O2-Aufnahme mit sich brachte. Durch diese unzureichende O2-Aufnahme werden Mechanismen in Gang gesetzt, die die O2-Aufnahme mit einem eharakteristischen zeitliehen Verlauf wieder auf Gr6I]en bringen, die zu- mindest ffir eine bestimmte Dauer eine Gleiehgewichtslage erm6glichen. Am Ende dieses Einstellvorganges ist in bezug auf die O,-Aufnahme eine v611ig andere Situation erreieht, als sie im Yloment des (~berganges yon der normalen zur er- niedrigten O2-Spannung bestand. Das erweist sich beim erneuten Ubergang auf normale O,-Spannung. Hier finder sich jetzt eine O~-Aufnahme, die sowohl weir fiber den Werten liegt, die gerade zuvor bei der erniedrigten 02-Spannung

Die Bewegungen yon KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme. 331

bestanden, als auch fiber den Werten tier 0~-Aufnahme bei normaler O~-Spannung vor der Einstellung auf die niedrigere O~-Spannung. In haufigen Beispielen ist die O~-Aufnahme naeh dem Zurfickschalten auf die normale 02-Spannung mehr als doppelt so hoeh wie in den beiden vorhergehenden Versuehsphasen. Mit diesem Vorgang der Einstellung auf die erniedrigte O~-Spannung, der zu einem eharak- teristisehen Anstieg der O~-Aufnahme bei erniedrigter 02-Spannung geffihrt hut, ist also ein Zustand eingetreten, in dem bei normaler 02-Spannung die O~-Auf- nahme viel hSher ist als normal. Dieser Zustand fiberdauert die Periode der er- niedrigten 02-Spannung betraehtlich, wenn schon die erhShte 02-Aufnahme ins- gesamt mit einer Exponentialbewegung auf die normalen Werte abf/tllt. Der End- wert tier O~-Aufnahme, der durch diese Einstellbewegung erreieht wird, ist identiseh mit der 02-Aufnahme bei gleiehen Bedingungen zu Beginn des Versuehs.

Die E ins te l lung einer kons t an t en 02-Aufnahme bei ~ n d e r u n g der 02 -Spannung in be iden R ieh tungen ist also ein Vorgang, der erhebl iche Zeit e r forder t und der fiir den Organismus als Ganzes die Bedingungen fiir die Sauers to f faufnahme ver~nder t .

In der voraufgehenden Untersuchung 1~ wurde besehrieben, da$ bei Xnderungen der O~-Spannung die KSrpertemperatur charakteristische Verstellungen erfahrt. Diese Verstellungen der KSrpertemperatur ersehienen sinnvoll unter der Annahme, dab bei erniedrigter ebenso wie bei normaler 02-Spannung eine Erniedrigung der KSrpertemperatur innerhalb eines bestimmten Intervalles unterhalb der Normal- temperatur mit einer ErhShung der 02-Aufnahme einherginge. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen die Berechtigung der Annahme. Es finder sieh in allen Fallen eine gegenti~ufige Bewegung yon O~-Aufnahme und KSrpertemperatur. Eine Xnderung der O~-Aufnahme ohne gleichzeitige ~nderung der KSrpertemperatur haben wit in mehr als 60 Beobachtungen der Einstellung des Organismus auf eine veranderte 0~-Spannung nieht gefunden. In der Phase der erniedrigten O~-Spannung sinkt die KSrpertemperatur und steigt gleichzeitig die anfanglieh stark erniedrigte 02-Aufnahme; in der Phase der wiedererhShten 02-Spannung steigt die KSrper- temperatur und sinkt gleiehzeitig die im Beginn stark erhShte O~-Aufnahme.

Die Koppe lung der Xnderungen der 02 -Aufnahme und der KSrper - t e m p e r a t u r is t im i ibr igen n ieh t absolut . A b e t gerade die beobach te t e F o r m der Divergenz dieser be iden GrSl~en - - niimlich, dal~ t ro tz des Wiederans t i egs der 02-Aufnahme auf einen k o n s t a n t e n W e r t keine kon- s t an te T e m p e r a t u r mehr er re icht wird - - , spr ieh t ffir einen Regelzu- s ammenhang .

Wenn wir voraussetzen, da]~ die 02-Aufnahme eine geregelte GrSBe ist, so ist damit zugleich festgestellt, dab sie in einer bestimmten Situation einen dutch die Eigensehaften des Regelsystems bedingten maximalen Wert hat. Wenn diese maximale Leistung des Regelsystems unzureichend ist, so ist kein stabiler Zustand mehr mSglich 1~. Diese ffir ein geregeltes System charakteristische Situation besteht z. B. bei einem Thermostaten, dessen Heizleistung unzureiehend ist, um in einer bestimmten Situation den Warmeentzug zu decken. Die Temperatur dieses Thermo- staten fallt, obwohl das Regelsystem intakt ist und mit maximaler Leistung arbeitet 12.

Die s ta t i s t i sche Pr i i fung des Ergebnisses is t gegenstandslos . I n mehr als 60 Beobach tungen l a n d sich in allen F~l len die beschr iebene eindeu- t ige nega t ive Kor r e l a t i on von J~nderung der 02-Aufnahme zu ~ n d e r u n g

332 J . PICHOTKA, O. CREUTZFELDT und W. HOFLER:

der KSrper tempera tur . Diese Beziehung ist s tat ist isch sicher real. Dazu ist gleich einschr~nkend zu sagen, dab diese statist ische Fests te l lung lediglich eine Paral lel i t~t der beiden Ereignisse begrfindet, aber keine Kausal i t~t . Zudem ist aus der Tatsache der Korre la t ion yon KSrper- t empera tu r und 02-Aufnahme kein Schlu~ auf die Mechanismen mSglich, die dieser Korre la t ion zugrunde liegen.

Die Ergebnisse der Untersuchung von GOEBEL U. Mitarb. 5 sind mit den unseren nicht vergleichbar. In dieser Untersuchung wurde an Ratten 02-Aufnahme und KSrpertemperatur im 02-Mangel (7% 0~) gemessen. Aber die Senkung der 02-Auf- nahme wurde durch Rfickatmung kontinuierlich herbeigefiihrt, wodurch die in unserer Arbeit beschriebenen Einstellbewegungen der 02-Aufnahme im wesent- lichen verwischt werden mfissen. Darfiber hinaus ist in den ersten 30 rain - - , in denen der entscheidende Tell der EinsC~Ubewegung liegt - - , keine Messung der 02-Aufnahme erfolgt. Der ffir die Interpretation der Beziehung zwischen O2-Auf- nahme und KSrpertemperatur wesentliche Anstieg der 02-Aufnahme mit fallender Temperatur zu Beginn des 02-Mangels ist in dieser Untersuchung nicht erfaBt. Die vor dem Versuch fiir 12 Std hungernden Tiere erreichen aui3erdem im 02- Mangel keine Konstanz yon O~-Aufnahme und KSrpertemperatur ffir wesentliche Perioden. GOEBEL U. Mitarb. kommen zu dem Ergebnis, dal] im Sauerstoffmange| der O~-Verbrauch mit der KSrpertemperatur nach der RGT-Regel abfaUe. Dieser SchluB ist zweifellos falsch, wie sich aus unseren Experimenten, aber auch aus grunds~itzlichen Erwiigungen ergibt.

Aus zahlreichen experimentellen Untersuchungen geht hervor, daft zumindest fiir eine Reihe yon Warmbliitem eine weitgehende Unabh~ngigkeit der 02-Auf- nahme yon der 02-Spannung besteht. Diese Erfahrung gilt unter bestimmten Ein- schriinkungen selbst noch ffir 02-Spannungen, die zu schweren Mangelerschei- nungen oder zum Tode ffihren 4, n. Im Rahmen der Diffusionstheorie wird dieses Verhalten so in~rpretiert, dai~ das durch die Transportmechanismen unterhaltene I)iffusionsgef~lle am Verbrauchsort immer hinreichend sei, um die erforderliche O2-Menge zu transportieren, und dab damit der Verbrauch im Gewebe zur limi- tierenden GrS~e werde.

Aus den in dieser Un te r suchung ber ichteten Expe r imen ten geht her- vor, dal~ ~ n d e r u n g e n der 02-Spannung zu charakteris t ischen und gesetz- m~fligen Bewegungen der 02-Aufnahme ffihren, die schlieBlich in einen k o n s t a n t e n Wer t mfinden. Die Kons tanz oder ann~hernde Kons t anz der 02-Aufnahme bei verschiedenen O2-Spalmungen ist mi th in das Resu l ta t yon ak t iven Eins te l lbewegungen des Organismus. Dieser SchluB steht n icht in E ink lang mi t der i iblichen Auffassung. Die experimentel len Be- obachtungen, auf denen dieser Schlufl aufgebaut ist, sind aber schon in einer Reihe yon frfiheren Un te r suchungen enthal ten , ohne dab sie eine wesentliche Beachtung gefunden ha t ten .

MmsiuRO u. Mitarb. 1° sowohl als auch JOVE 7 beobachteten am Menschen, dab nach dem l~bergang auf eine erniedrigte O2-Spannung eine zun~chst erniedrigte O2-Aufnahme in charakteristischer Weise wieder anstieg. Auch in der Darstellung yon FaANK U. WEZLER a scheint ein solcher Anstieg der O~-Aufnahme bei st~rkeren Erniedrigungen der O~-Spannung enthalten zu sein, wenn auch der erste hier gemessene Wert 15 rain nach dem Umschalten bereits hSher ist als normal. Die zeitliche GrSflenordnung der Einstellung einer konstanten 02-Aufnahme nach

Die Bewegungen von KSrpertemperatur und Sauerstoffaufnahme. 333

_~;~nderung der Os-Spannung scheint in den zitierten Arbeiten unseren am Meer- schweinchen erhobenen Wertcn (50--100 min) zu entsprechen. Es ist bemerkens- wert, dab WEZLER U. FRANK 16 im Sauerstoffmangel beim Menschen ~nderungen der KreislaufgrS~en beobachtet haben, die in etwa gleichen Zeiten ablaufen, wie die hier beschriebene Einstellung der O~-Aufnahme. Die iimderungen bestanden vor allem in einer Zunahme des Minutenvolumens und einer Abnahme des peri- pheren Widerstandes. Dutch dicse ~nderungen kSnnen die Bedingungen ffir die O2-Aufnahme im O2-Mangel zweifellos vorteilhaft beeinfluBt werden. Ob allerdings dadurch die grol3en beobachteten Differenzen im Verlauf dieser Einstellbewegung der O2-Aufnahme erklRrt werden kSnnen, erscheint zweifelhaft.

Die erhShte O2-Aufnahme nach dem ]~bergang yon der erniedrigten auf die normale O2-Spannung stellt in ihrer Summe die Sauerstoffschuld nach Hypox~mie in der Literatur dar. Es wird zumeist angenommen, da~ dieser Mehrverbrauch an Sauerstoff bedingt sei durch die Anh~ufung yon Stoffwechselprodukten eines durch O2-Mangel unvollstKndigen Ab- baues, insbesondere yon Milchsi~ure. Diese einfache Form der Auffassung dieses Ph~nomens ist sicherlich nicht riehtig. Wie aus experimentellen Untersuchungen hervorgeht, kann eine erhebliche O2-Schuld bestehen, ohne dab eine me,bare ErhShung der Mflchs~ure eingetreten ist 1, ~, s, 9 In der allgemeinsten Form kann man feststellen, dal~ die Sauerstoffschuld bedingt ist dutch die im O2-Mangel erfolgte Ver~nderung yon GrSBen, die bei normaler O2-Versorgung vom Organismus auf bestimmten Werten gehalten werden. Dazu muB dem Betrag nach vor allem die Herabsetzung der KSrpertemperatur im O2-Mangel gehSren. Wie aus unseren I)ar- stellungen hervorgeht, dient der erhShte 02-Verbrauch nach dem ~ber- gang auf die normale O2-Spannung dazu, die normale KSrpertemperatur wiederherzustellen. Der Abfall der erhShten O2-Aufnahme geht direkt proportional der Ann~herung an die normale KSrpertemperatur. Eine erhShte O2-Aufnahme nach Erreichung der normalen KSrpertemperatur haben wir nicht beobachtet.

GOEBEL U. Mitarb. berechneten ftir ihre Messungen an Ratten, dab die abge- tragene Sauerstoffschuld ihrem Betrag nach gerade die Wiederaufwamung des KSrpers deckte ~. Die Sauerstoffschuld nach Abkfihlung miiBte eine ahnliche oder gleiehe Situation darstellen und hier die Vergleiehsmai3e liefern. Unabhangig davon, welches Gewicht man den einzelnen Faktoren im Gesamtbetrag der O~-Schuld zuteilt, ist es bemerkenswert, daI3 der Abfall der O2-Aufnahme yon dem stark erhShten Weft, der nach der Wiederherstellung der normalen O~-Spannung besteht, mit einer gleichen Bewegung und in gleichen Zeiten erfolgt wie der Anstieg der O2-Aufnahme im Verlaufe der Einstellung auf eine erniedrigte 02-Spannung.

Zusammenfassung. An Meerschweinchen wurde das Verhalten yon O2-Aufnahme und

~ectaltemperatur beim Ubergang yon normaler zu erniedrigter (8°/oO2) und yon erniedrigter zu normaler O2-Spannung untersucht.

Nach dem ]~bergang auf die niedrigere O2-Spannung land sich zu- nachst eine pr~ktisch unmeBbare Sauerstoffaufnahme, die mit einer

334 PICHOTKA, CREUTZFELDT U. HOFLER: Die Bewegungen yon KSrpertemperatur.

Exponent ia lbewegung auf einen ffir S tunden kons t an t en Wer t anstieg. Die Zeit ffir diesen Anstieg lag in den einzelnen Exper imen ten zwischen 50 und 100 rain. Nach dem erneu ten Ubergang auf normale O~-Spannung l and sich zun~chst eine O2-Aufnahme , die fiber dem Doppel ten der nor- malen Werte ]iegen konnte . Diese hohe 02-Aufnahme fiel ebenfalls mi t einer Exponent ia lbewegung ab auf den normalen Anfangswert .

Gleichzeitig mi t den Bewegungen der 02-Aufnahme fanden sich Ver- s te l lungen der Recta l tempera tur . Der Wiederanst ieg der erniedrigten O2-Aufnahme in der Phase erniedrigter 02 -Spannung war begleitet yon einem Abfall der Recta l tempera tur , der in gleichen Zeiten in einen kon- s t an ten Wer t mfindete wie die ansteigende O~-Aufnahme. I~ach Wieder- erhShung der 02-Spannung l and sich das umgekehrte Verhalten.

Aus diesen Messungen ergibt sich, dab die beobachtete Unabh~ngig- kei t cler 02-Aufnahme bei verschiedenen 02-Spannungen Resul ta t einer Regelung ist.

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Dozent Dr. J. PICHOTKA, Freiburg/Br., Physiolog. Institut d. Albert-Ludwigs-Universit~t.