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Die Beziehungen der weiblichen Keimdriisen zum renalen Diabetes~). Von Dr. Heinz Kiistner. Assistent an der univ. Frauenklinik in Halle. Mit 3 Kurven. Seitdem bekannt ist, dM~ die sogen~nnten Driisen mi~ innerer Sekre- tion einen bedeutenden Einflu8 auf den geordneCen physiologischen Ablauf des Stoffwechsels und aller damit in Zusammenh~ng s~ehenden Funktionen haben, sind alle die in Betracht kommenden Blutdrfisen aufs gen~ueste in ihrer Beziehung zuein~nder und zum Gesamtorganis- mus studiert worden. Die Erscheinungen, die der AusfM1 solcher Organe im KSrper hervorru~t, sind zum Teil schon lange bekannt. Wohl die ~ltesten Kenntnisse ~uf diesem Gebiet erstrecken sich aufdie Gesehleehts- drfisen. Bereits im Altertum wuBte man, dab die Kastr~ten -- es kamen meist nur mhnnliche Individuen zur Beobachtung -- eine auffMlende Umstellung in ihrem Stof~wechsel zeigten. Vor der Pubert~t kastrierte m~nn]iche Wesen behielten den iniangten Habitus, es fehlte die Aus- bildung der sekund~ren GeschlechtsmerkmMe. Bei Tieren, die nach der Gesehleehtsentwiaklung kastrier~ wurden, tritt eine ~nderung des Stoff- wechsels ein, die sieh besonders in der ~Teigung zum Fettansatz kenn- zeiehnet. Abet erst in den letzten Dezennien wurde dieses umfangreiche Gebiet der Drfisen mit innerer Sekretion genauer erEorscht. Fiir uns Ms Gyn~ko- logen stehen die weiblichen Keimdriisen im Mittelpunkte des Interesses, wenn natfir]ieh aueh die Kenntnis der Funktionen der anderen Drfisen (Nebennieren, Thymus, Thyreoidea, ttypophyse) gerade in der letzten Zeit aueh ffir die Gyn~kologie und Geburtshitfe an Bedeutung gewonnen h~t. Wie bereits gesagt, geht ~us dem Zurfickbleiben in der Entwicklung bei den Kastraten hervor, dub die Keimdrfisen nieht nur Ms Fortp~lan- zungsorgane eine Bedeutung haben, sondern dM~ sie fiir die ganze Eat- 1) Die folgenden Untersuchtlngcn warden in der Breslauer Unlv.-Frauen- klinik veto Oktober 1921 bi~ ~ r z 1923 gemucht. Ich m6chte nicht verfehlen; ~n dieser Stelle He~n Oberarzt Dr. A. P]eiffer, der mir bei den Oper~tionen an den K~ninchen half, und besonders Frl. Dr. ,Eva Schmldt aus Danzig, die in stets un- ermiidlicher, hilfsbereiter Weise reich bei ~]|en Un~ersuchungen unterstfitzte, meinen Mlerherzlichsten Dank auszusprechen.

Die Beziehungen der weiblichen Keimdrüsen zum renalen Diabetes

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Page 1: Die Beziehungen der weiblichen Keimdrüsen zum renalen Diabetes

Die Beziehungen der weiblichen Keimdriisen zum renalen Diabetes~).

Von

Dr. Heinz Kiistner. Assistent an der univ. Frauenklinik in Halle.

Mit 3 Kurven.

Seitdem bekannt ist, dM~ die sogen~nnten Driisen mi~ innerer Sekre- t ion einen bedeutenden Einflu8 auf den geordneCen physiologischen Ablauf des Stoffwechsels und aller damit in Zusammenh~ng s~ehenden Funktionen haben, sind alle die in Betracht kommenden Blutdrfisen aufs gen~ueste in ihrer Beziehung zuein~nder und zum Gesamtorganis- mus studiert worden. Die Erscheinungen, die der AusfM1 solcher Organe im KSrper hervorru~t, sind zum Teil schon lange bekannt. Wohl die ~ltesten Kenntnisse ~uf diesem Gebiet erstrecken sich aufdie Gesehleehts- drfisen. Bereits im Altertum wuBte man, dab die Kastr~ten -- es kamen meist nur mhnnliche Individuen zur Beobachtung -- eine auffMlende Umstellung in ihrem Stof~wechsel zeigten. Vor der Pubert~t kastrierte m~nn]iche Wesen behielten den iniangten Habitus, es fehlte die Aus- bildung der sekund~ren GeschlechtsmerkmMe. Bei Tieren, die nach der Gesehleehtsentwiaklung kastrier~ wurden, t r i t t eine ~nderung des Stoff- wechsels ein, die sieh besonders in der ~Teigung zum Fettansatz kenn- zeiehnet.

Abet erst in den letzten Dezennien wurde dieses umfangreiche Gebiet der Drfisen mit innerer Sekretion genauer erEorscht. Fiir uns Ms Gyn~ko- logen stehen die weiblichen Keimdriisen im Mittelpunkte des Interesses, wenn natfir]ieh aueh die Kenntnis der Funktionen der anderen Drfisen (Nebennieren, Thymus, Thyreoidea, ttypophyse) gerade in der letzten Zeit aueh ffir die Gyn~kologie und Geburtshitfe an Bedeutung gewonnen h~t. Wie bereits gesagt, geht ~us dem Zurfickbleiben in der Entwicklung bei den Kastraten hervor, dub die Keimdrfisen nieht nur Ms Fortp~lan- zungsorgane eine Bedeutung haben, sondern dM~ sie fiir die ganze Eat-

1) Die folgenden Untersuchtlngcn warden in der Breslauer Unlv.-Frauen- klinik veto Oktober 1921 bi~ ~ r z 1923 gemucht. Ich m6chte nicht verfehlen; ~n dieser Stelle He~n Oberarzt Dr. A. P]eiffer, der mir bei den Oper~tionen an den K~ninchen half, und besonders Frl. Dr. ,Eva Schmldt aus Danzig, die in stets un- ermiidlicher, hilfsbereiter Weise reich bei ~]|en Un~ersuchungen unterstfitzte, meinen Mlerherzlichsten Dank auszusprechen.

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wieklung des KSrpers mit verantworflich zu machen sind. Wenn wir beim weiblichen GeschleCht keine so pragnanten Erscheinungen des Kastratentums zu sehen gewohnt sind, wie beim mannlichen, so haben die Gynakologen leider haufig genug dig unangenehmen Folgen frfih- zeitiger Kastration bei ihren Pa$ienten zu beobaehten Gelegenheit gehabt. AuSer den psychischen sehweren Ver~inderungen nach der Entfernung der Keimdrtisen deutet der haufig Libermal~ige Fettansatz bei solche~ Individuen darauf bin, dab im Organismus eine fundamen- tale Umstellung im Stoffweehsel stattgefunden hat. Dieselben Er- seheinungen sehen wir auch naeh der ZerstOrung des Keimplasmas dutch RSntgenstrahlen, wenn es sich um noch normal funktionierende Ovarien handelte.

Abgesehen yon diesen Beobachtungen bei path01ogischen Ver- anderungen der Ovarien, wozu ich das kiinstliehe Klimakterium pr~tcox reehne, sind die wichtigen Funktionen dieser Organe als Blutdriisen in der t~hysiologie des Weibes bekannt, und zwar hauptsachlich w~hrend der Graviditat. Die EierstScke habeu nicht nur die Aufgabe, befrueh- tungsfahige Eier zu liefern, sondern ihnen liegt auch ob, die wiehtigen Umstellungen des gesamten weibLichen Organismus nach erfolgter Befruchtung auszulOsen und zu regulieren; Beziehungen miissen in den ersten Monaten der Graviditat zwischen Keimdriisen und befruchtetem Ei bestehen. Tierversuehe und klinische Beobaehtungen deuten jeden- falls auf einen Zusammenhang zwischen Corpus luteum und Schwanger- schaft bin, denn die Entfernung des Ovariums, das das Corpus luteum enthalt, hat racist, wenn auch nicht immer, Abort nach wenigen T~gen zur Folge.

Eine weitere Beobachtung, die bisher nur als Ta*sache bekannt war und ffir die ich die Erklarung gefunden zu haben glaube, ist die yon He~bauer zuerst gemaehte. Er fand, dal~ bei einer grol~en Anzahl yon Sehwangeren, tells spon*an, tells naeh etwas gesteigerter Zufuhr yon Kohlenhydraten Zucker im Harn auftrat. Dieser Diabetes hiel* aber nur wahrend einer kurzen Zeit der Schwangersehaft an und versehwand vollkommen nach der Entbindung. Eine :Erkl~rung daftir konnte He/bauer zun~chst nieht angeben; er vermutete einen nut w/~hrend der Schwangersehaft in Erscheinung tretenden, vorfibergehenden, echten Diabetes.

Die Liter~tur fiber diese Frage ist gerade in der letzten Zeit enorm grof~ und dutch die vielen, znm Teil widerspreehenden Ansiehten u n d Theorien etwas unfibersichtlich geworden. Alle Ungersuchungen, die ohne Bestimmu~g der Blutzuekerwerte gemacht wurden, diirfen nicht als beweisend angesehen werden, so Wertvoll sie fttr die Feststellung der Tatsaehe einer Zuckerausseheidung wghrend der Schwangersehaft sind. Die Begrfindung dafiir gebe ieh welter unten. Novak, Porges

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und Strisover waren die ersten und kurz nach ihnen E. Frank, die durch systematische Blutzuckerbestimmungen feststellen konnten, dal~ der Zuekergehalt in Blur der Schwangeren, auch wenn eine Zuekeraus- scheidung im Urin beobachtet wurde, nieht erhSht ist. Mit dieser Ein- sehr~nkung des Begriffes ,,Diabetes" und der Schaffung eines ~leuen Diabetes, n~mlich des renalen, war fiir die Klarung der Schwanger- schaftsglykosurie viel gewonnen. Es war damit dieser Glykosurie alles schwer Pathologisehe genommen; es war also eine StSrung, die mit dem Dilde des echten Diabetes nichts zu tun hatte.

Da die Zuckerausseheidung auch ohne krankhafte Steigerung des Blutzuekers bereits bei physiologiseher HyperglykEmie auftrat, mul~te diese Erseheinung auf einer grSfteren Durchli~ssigkeit der Nieren ftir Zueker wi~hrend der Schwangerschaft bernhen. Es folgten nun diesen ersten Arbeiten eine grolte Reihe anderer, und besonders in den le~zten 2 Jahren wurde die l~'rage yon neuem wieder aufgegriffen. Von Ver- schiedenen Seiten wurde in dem renalen Diabetes eine konstante physio- logische Begleiterscheinung der Graviditgt gesehen und dies zun~ehst vermutungsweise zuriiekgefiihrt auf einen Ausfall der lVunktion der Ovarien. Stolper nahm an, daft dureh die t typofunktion einer Blntdriise das Gleichgewicht im innersekretorischen Stoffwechselsystem gest/Srt wiirde und so ein ~berwiegen der anderen Driisen, die den Kohlenhydrat- stoffwechsel regulieren, eintrate. XWach den Versuehen Stolpers and aueh Christo]olettis an kastrierten Tieren seheint man dutch Analogie- schlul~ auch wahrend der Graviditgt eine Funktionsherabsetzung der Ovarien annehmen zu kSnnen. Mit der Frage der Sehwai~gerschafts= glykosurie beschgftigen sich in der letzten Zeit eine grof]e Reihe yon Arbeiten, abet ]eider sind sie yell der widersprechendsten Ansiehten. Zum Teil mag dies an den verschiedenen Versuchsanordnungen liegen. .Frank und Nothmann untersuctiten 30 Frauen, indem sie 100 g Trauben- zueker niiehtern gaben, und fanden bei sgmtlichen untersuehten Frtih- graviden bis zum 4. Monat eine Glykosuriel). Zu einem ghnlichen Re- sultat kam auch Ni~rnberger; er hut sogar bei Aborten, wenn die Placenta noch mit dem Uterus in Verbindung stand, einen Diabetes beobachtet. Seitz und Je~s hatten nur in 50% aller Fiille positive l~esultate und lehnen daher die Methode als brauchbares Schwangersehaftsdiagnosti- cure ab. Lembke und Lindig spraehen sieh ffir die Methode aus. Auf die anderen Arbeiten einzugehen, wiirde reich zu weir fiihren.

1) Aueh bei anderen Krankheiten, die eine Labilitgt im Zuekerstoffweehsel mit sich bringen ~ Leberaffektionen, thyreotoxischen Zustgnden, Hypophysen- erkrankungen usw. ~ finder sieh eine alimentgre Glykosurie, diese beruht aber naeh Franks Untersuehungen auf der Reaktion des Organismus mit einer patho- logischen ErhShung des Blutzuckers nach gesteigerter Kohlenhydratzufuhr, dem- naeh sind diese Erlc~ankungen durch die Blutzuckerbestimmung leieht veto renalen Diabetes zu trennen.

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Der renale ])iabetes ist dadurch charakterisiert, dab eine Ausschei- dung yon Zueker im Harn auftritt, die nur aul einer )~nderung der Nierenfunktion beruht. ])as Charakteristicum des echten, hepatogenen Diabetes ist der stets vorhandene pathologiseh erhShte Blutzucker- gehalt, d. h. wir haben es mit einer krankhaften Veranderung des Stoff- wechsels zu tun, bei der dauernd zu vie! Zucker in die Blutbahn geworfen wird, bei der die Leber nieht genfigend Glykogen aufzuspeichern vermag. ])al] bei eiliem erhShten Blutzueker eine G]ykosurie auitritt , ist nut ein Symptom des Diabetes. Die Ursaehen dieser pathologischen I-Iyper- glykhmie n~her zu erSrtern, wfirde fiber den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Wenn wir nun den normalen Blutzueker betraehten, so hat jedes Wesen nie einen konstanten, sondern einen yon der K0hlenhydrat- zufuhr abh~ngigen, dauernd ~ schwankenden Blutzuckergehalt; wir bezeichnen eine geringe ErhShung als physiologische Hyperglyk~mie, eine solche finden wit nach der Nahrungsaufnahme. Die Blutzucker- werte bewegen sieh zwisehen 0,08% und 0,2% als Maximum; scheide~ nun ein Patient bereits bei einer derartigen Blutzuckerko!nzentratioli Zucker im t Iarn aus, so spreehen wit yon einem renalen Diabetes, weil die Nieren das VermSgen verloren haben, so]chef geringen Erh6hung des Blutzuckers standzuhalten, sie sind durchl~ssiger geworden.

Meine Untersuchungen bezogen sich nun Zun~chst auf den renalen Diabetes w~hrend der Schw~ngerschaft. Die in der letzteli Zeit ge- ~uSerten Ansichten fiber dieses Thema lassen an der Tatsaehe, dab ein solcher besteht, keinen Zweifel. Fast ulle Autoren konnten feststelleli, dab bei einer geringen Erh6hung des Blutzuckers bereits Zucker im Harn w~hrend der Gravidit~t, besonders w~hrend der ersten Monate, auftrat. Es handelte sich nun zun~chst um die Frage: wie kSnnen wir am besten und einfachsten eine physiologische I-Iyperglyk~mie experi- ment.ell erzeugen. Die Traubenzuckermenge, bei der wir bei normalen Melischen eine Steigerung des B]utzuckers innerha]b der physiologisehen Breite erzielen kSnnen, betragt 100 g (Frank.Notmannsche Methode). Am besten gibt man den Zueker in etwa 3/~ 1 Tee, 2--3 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme. Nun ist aber infolge des hohen Preises des Traubenzuckers die Versuchsanordnung in dieser Weise kaum mehr durchzufiihren; augerdem erregt aueh die gro~e Menge Zueker leieht Ube!keitsgef~hl ulid bei den an und fiir sieh empfindliehen sehwangeren Frauen Erbreehen, wodurch natfirlieh der Versueh gest6rt wird. Es wurde darum yon Brinnitzer und'Roubitschelc eine Methode ausgearbeitet, die die Steigerung des Blutzuckers yon Adrenalin sich zunutze maeht. Durch Reizung der Sympathicus wird das Glykogen der Leber mobili- siert und als Zucker in die Blutbahn ~usgestol]en. Wenn n/an 0,5 nag Adrenalin etwa 15--20 Minuten nach ])urreichung yon l0 g Trauben- zucker per os subkutan injiziert, so bekommt man nach etwa 1/~--1 Std.

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eine Erh6hung des Blutzuckers auf 0,15--0,19%. DaB vet der Injektion l0 g Traubenzueker gegeben werden, verfolgt nur den Zweek d~s Gly- kogendepot der Leber gut anzureiehern. RoubitscheIc gibt in seiner Arbeit an, man solle den Versuch friih niiehtern anstellen. Ich halte dies nicht ffir zweekmgl~ig, da wir bei dieser Methode uns ja den Glykogenvorrat der Leber zunutze machen. In vollkommen nfichternem Zustand kann dieser so gering sein, dab eine Reizung des Symps*hieus dureh Adrenalin und die dadurch bedingte Aussehwemmung yon Traubenzueker aus dem G]ykogendepot der Leber ins ]31ut nieht den genfigenden Effekt, d. h. keine physiologische Hyperglyk~mie zur Folge zu haben brancht. Ieh habe den Versuch daher nie bei nfichternen Patienten angestellt, sondern meist in den Vormittagsstunden etwa 1--3 Stnnden nach dem ersten Frfihstfick. Ist kurz vor dem Versueh yon der P~tientin etwas genossen worden, so ist meist der primate Blutzueker sehon so hoch, da$ aIlein die Injektion yon Adrenalin genfigt und kein Traubenzueker zu Beginn des Versuehes zu geben werden braueht. Bei sehr empfindlichen Pat. kommt es dann gelegentlich zur spontanen Glykosurie.

Der Blutzucker ist bei allen untersuchten Frauen bestimmt worden. Es ist meines Eraehtens unbedingt notwendig, sieh fiber den jeweiligen Zuckergehalt des Blutes zu unterrichten. Bei mancherlei Erkrankungen kann eine vermehrte Kohlenhydratzufuhr resp. eine Adrenalininjektion eine Glykosurie im Gefolge haben, die aber dann mit einer pa, thologisehen Hyperglykamie einhergeht. Auf der anderen Seite ist es aber auch mSglich, da~ aus irgendwelehen Grfinden eine Steigerung des Blut- zuckers wghrend des Versuches gar nicht erfolgt, oder umgekehrt, der Wert fiber die obere Grenze yon 0,2% ansteigt. Fiir eine zu geringe ErhShung kann :nicht mehr einwandfreies Adrenalin, zu tieie oder zu flaehe Injektion, besondere Disposition der Patientin die Ursache sein; Versuche, die in dieser Weise zunaehst unbrauehb~r waren, babe ich stets wiederho]t und oft einen renalen Diabetes bei der 2. Untersuchung gefunden, der sonst unentdeekt geblieben ware. Die Blutzuekerwerte habe ich bei Beginn des Versuches. 1/~--a/4, und 11/4--11/2 Stunden und evtl. noch spgter nach der Injektion des Adrenalins bestimmt.

Bei Reihenbestimmungen ist jede Makromethode nicht zu brauchen, weft man schon aus Rfieksicht auf den Patienten im Verlauf von zwei Stunden nieht 3--4 Venenpunktionen maehen kann. Dureh die Ent- deckung und Ausarbeitnng einer Mikromethode durch J. v. Bang sind diese Schwierigkeiten beseitigt. Diese Methode ermSglieht uns beliebig oft die Wirkung der Adrenalinlnjek~ion anf den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Aus der Fingerbeere .wird ein kleiner Blutstropfen ent- nommen hnd auf einem vorher gewogenen FlieBpapierbl&ttchen yon etwa 1 mat 2 cm Gr58e aufgesogen. Das noeh feuchte Pls wird sofort aUf tier Torsionswa~ge gewogen, die Differenz zwisehen dem

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trocknen und dem mit Blur getr~nkten Papier ist die zum Versuch verwandte Blutmenge. Da in Breslau nur in dar Medizinischen Klinik eine Torsionswage vorhanden ist, ich meine Untersuchungen abet in der Frauenklinik anstellen muBte, habe ich mir die yon Pinkussen vor- geschl~gene Vereiniaehung ftir die Messung des Blutes zunutze gemaeht. Pipatten aus Thermometerrohr, die an dem einan Ende zu einar Spitze ausgezogen sind, habe ich mir auf eine bestimmte Menge Blur geeieht. Des yon dem Blutstropfen in die Pipette aufgesogene Blur wird, naeh- dem mit einem Oiamanten angezeiehnet ist, wie hoeh die Bluts~u]e reichte, auf e in vorher gewogenes PlEttchen ausgeblasen und dieses auf der Torsionswage gewogen. Durch einiges Probieren und Ab- sch~Ltzan habe ieh dann die Stelle bastimmt, bei der gerade 100 mg Blur zum Versuch aus der Pipette ausflieBen. Die Eichung mit einer anderen Flfissigkeit oder mit Quecksilber und die Umrechnung auf Blur gibt meiner Ansicht nach Fehler; denn des Blur beginnt salbst in der kurzen Zeit, die es in der Pipette bleiben muB, an den W~nden schon etwas zu gerinnen. Infolgedessan ist die ausgeblasene Mange Blur kleiner a]s die au/gesogene; bei Queeksilbar dagegen wiirden die beiden Mengen gleich sein. Wir rechnen nun abet bei der Mikromethode mit Milli- grammen, und so wiirde ein solcher Eichungsfehler schon groBe Diffe- renzen und falsehe l~esultate geben, die gefundenen Blutzuckerwerte w~ren immer zu niedrig, da die untersuehte Blutmenge grSBer ange- nommen wiirde als sie in Wirkliehkeit ist. Es kommt mit anderen Worten nicht darauf an, ob des Volumen der Pipette gerade 100 mg Blur entspricht, sondern nur darauf, dub die bei der Entleerung der Pipette zum Versuch gewonnene Menge Blur I00 mg ist. Selbstver- st~ndlieh miissen die Pipetten stets peinliehst sauber gehalten werden; es ist dies sehr einfaah durch Waschen in Kahlauge und destilliertem Wasser und Troeknen mit AlkohoI und ~ther zu erreichen. Hat man die Marke ,,100" gefunden, so vereinfacht sich die Ausrechnung der Blut- zuckerprozente aus den gafundenen Werten aueh noeh wesentlieh.

Die mit Blur baschickten F]ieBpapierpl~ttchen werden dann wenig- stens 30 Minuten im Reagensg]as in 6,5 ccm einer Lgsung yon 400 g Chlorkalium, 3 g Uranylaeetat und 1~5 cam einer 25 proz. Salzs~ure in 2000 ecru Aqua destillata extrahiert, dann wird di e Fliissigkeit in ein ErIenmeyerkOlbchen gegossen und des Reagensg]as mit 6,5 ecm dieser LSsung ausgespiilt. Zu diesen 13 ccm Fliissigkeit werden je 2 cem einer Alkali- und Jodatl6sung (s. v. Bang: Mikromethoden, dort sind auch die Einzelheiten der Versuehsanordnung nachzulesen ) zugesetzt und 5 Min. indirekt gekoeht. Zu der kochenden LSsung werden dann 2 ecru 20 vo]. proz. Schwefels~ure zugesetzt und naeh dem Abkiih]en mittels Jodkali und St~rke als Indikator mit 1/100 oder 1/20~ n 3~atriumthiosulfatlSsung titrier~. Die Titration geschieht aus einer Mikr0biirette , die ein Hundertste] ccm

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abzulesen gestattet: Bei jedem Versuch isf dureh eine Leertitration die Brauchbarkeit der LSsungen und die riehtige Konzentration zu kontrvtlieren; besonders leicht verderblich und daher sehr oft zu er- neuern ist nach meinen Erf~hrungen die Joda~16sung.

Die Berechnung der Bluizuckerwerte geht dann schlieBlieh folgender- mal~en vor sieh. Der Verbrauch bei der Leertitration ist nach v. Bang 3,96 cem einer 1/2oo n N~triumthiosulfa$15sung. Nehmen wir an, dag beim Versuch, um den Umschlag der blauen in weige St~rke zu bewirken, nur 3,56 ccm notwendig gewesen sind, also 0,40 ccm weniger. Es ent- sprieht nun naeh v. Bang 5,60 ccm einer 1/200 n NatriumtiosulfatlSsung 1 mg Zueker . Wir h ~ t e n demnach in dem Beispie] in der untersueh~en Blutmenge 0 ,40 :5 ,60 = 0,0714rag Zucker. Da ich nun aber stets 100 mg Blu~ in der Pipette verarbeite, so ist die gefundene Zah] die ProzentzahI, also haben wit 0,0714% Zueker im Blut. Ich habe bei jeder Untersuchungsreihe jeden Blutzuckerwert dureh 3 Besiimmungen er- mittelt und so versucht, irgendwelehe Fehlerquellen mSgliehst zu ver- meiden. Wenn auch die Versuchsanordnung der Mikromethoden auBer- ordentlieh einfaeh isr so isb doch ein sehr sorgfaltiges Einarbeiten not- wendig, ehe man sie so beherrscht, dal~ man exakte einwandfreie Werte bekommt. Bei den geririgen Blutmengen und den kleine~l Quantit~ten yon Chemik~lien laufen dem nicht in der Methode Gefibten zuerst Fehler unter, die nur dutch ~lbung ~rermieden werden k6nnen. Bei den vielen Tausenden yon Blutzuckerbes~immungen, die ich zu dieser Arbei~ gemacht babe, babe ich gefunden, d~13 mir bei den Vorversuehen als gleichgii]$ig erscheinende Umsti~nde erhebliche Differenzen und Fehler in den Resultaten naeh sich ziehen kSnrten.

So~ort nach jeder Blutentnahme mu{~ die Patientin Urin ]assen. Da in kurzen Abst~nden die Blase envleert werden mull, empfiehlt es sich, eine gr6gere Menge Flfissigkeit bei ]~eginn des Versuches zu geben, d~ bei etwas nervSsen Patienten das h~ufige Urinlassenmfissen auf Schwierigkeiten stol]en und die Untersuchung dadureh gest6rt werden kann. Der Harn wurde naeh dela Proben yon Nylander, Haine und T~ommer untersucht. Es ist besser, die verschiedenen Zuckerproben und nicht nut eine yon diesen anzuwenden und sich auf diese eine zu verl~ssen, da z. B. IYylander8 Reaktion gewisse nicht ~uszuschaltende Fehlerquellen hat. AIs loosi~ive Reaktion wurde bei der Nylanderschen Probe nnr die sehon naeh ziemlieh kurzem Kochen auftretende Schwarz- fi~rbung mi~ einem Stieh ins Blguliehe, bei der Trommerschen und Haineschen Probe der sehon beim Erwgrmen enCstehende Umsehlag des klaren, ultramarinblauen Gemisehes in eine zinnoberrote Trfibung angesehen. Wenn es ratsam ersehlen, wurde um eine etwaige t~eduktion dureh Milchzueker auszusehlieBen, die Ggrungsprobe angestellt. Eine quuntita~ive Bestimmung des ausgesehiedenen Zttckers wurde nich~

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vorgenommen. Diese Untersuchung fort zu lassen, hielt ich reich ~uf Grund folgender f)berlegung ftir bereehtigt. Die Zeit, in der der Blut- zucker eine derartige H6he erreicht and beh~lt, dab die wi~hrend der Gravidit~t empfindIiehen Nieren Zueker passieren lassen, ist bei den einzelnen Frauen verschieden lang; ebenso sind die wi~hrend dieser Zeit ~usgeschiedenen Urinmengen versehieden groB. w i t k6nnen d~her auch dureh die quantitative Bestimmung des ausgesehiedenen Zuekers nie einen Gradmesser ~tir die Funktion de~ Nieren bekommen, d~ z. B. eine bereits bei sehr niedrigen glyk~misehen Werten Zueker im I-[arn ausscheidende Frau quantitativ nut deswegen wenig Zueker verliert, weft die Nieren w~hrend der Zeit der ErhShung des Blutzuekers nut wenige ecru Urin sezernieren; umgekehrt kann bei einer Frau, die groge Mengen yon Urin ~bsondert eine wesentlieh gr613ere Menge yon Trauben- zueker ausgesehieden werden, obwohl der Beginn der Ausseheidung bei einem h6heren Blutzuekerwert liegt. Die Nieren der 2. P~tientin sind trotz des gr6geren Verlustes an Kohlehydraten resistenter gegen diese, Ms die der ersten.

In der geschilderten Weise habe ieh zun~ehst Gravide, zum Tell ~us der Gyngkologisehen Poliklinik, zum Tell ttaussehwangere unter- sueht. In Tab. I sind die Untersuehungsresultate aufgefiihrt.

Aus der T~belle geht hervor, dab bis zum 42. Tage vor der Ent- bindung bis auf einen Fall, auf den ieh welter unten noeh zuriiekkommen werde, s~mtliehe yon mir untersuehten F~lle naeh der Injektion yon 0,5 mg Adrenalin deutlieh Zueker im Ham aussehieden. Bei weiterem Fortsehreiten der Gravidit~tt werden die F~lle, die keinen Diabetes melar aufzuweisen haben, hgufiger, und in den letzten Woehen ist nur noch bei etwa dem 4. Tell aller Untersuchten tin renaler Diabetes vorhanden. Wenn man die positiven FS~lle in Proz. auf der Ordinate eines Koordinaten- systems einzeiehnet, die Zeitintervalle folgendermaBen: 250--100, 100--60, 60--50, 50--40 usw. T~ge vor der Entbindung zusammenfagt und auf der Abszisse eintr~tgt, so bekommt man die Kurve 1. Sie ist vielleieht noeh ins truktiver, als die Tabelle and zeigt, wie gegen Ende der GraviditS~t die F~lle mit renalem Diabetes bedeutend ~b- nehmen. Wenn wit das Fehlen eines soIehen, oder AufhSren, wenn er bestanden hut, als Anzeiehen fiir die bald bevorstehende Entbindung verwerten wollen? wie es naheliegen kSnnte, so ist dies leider nieht m6glieh, denn eine Frau kann bei negativem Ausfall der Probe wohl kurz vor der NiederkunIt sein, kann aber auch bis zu dieser noeh mehrere Woehen Zeit haben, und umgekehrt besagt der positive AusfM1 aueh noeh niehts. Die Kurve 2 bezieht sieh auf die durehsehnittliehen Blut- zuekerwerte in den einzelnen Schwangersehaftszeiten. In die Ordinate habe ieh die Blutzuekerwerte yon 0,I0--0,i7 % eingetragen; die ~usge- zogene Kurve stellt die auf den Durehsehnitt bereclmeten Blutzueker-

Archly f. Gyn~kol.ogie. Bd. 1~2. 19

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1.--26. Schwangerschaftswoche 26.--30. 30.--33.

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werte bei den positiven F~llen dar. Sie soll nur so viel zeigen, dab kern wesentlicher TJnterschied in dieser Beziehung zwisehen den Friih- und Sp~tgraviden bestehr Die punktierte Kurve gibt die Durehsehnitts, werte bei den negativen Fgilen an. der beiden Kurven, fiir den ieh o/~

i'O0 vorl~ufig eine Erkl~rung nicht ~ anzugeben vermag. ~)er negative Ausfall der Probe gegen Ende ee der Schwangerseh~ft ist also ~ol nieht dutch eine geringere Blur- eol zuckererh6hung bedingt, sondern ~! muB andere Momente Ms Ursache ~ haben, z~

Weiterhin geht aus der Tab. I 20 hervor, dab wit in dem Auftreten und dem Nachweis eines renMen Diabetes ein gutes diagnostisehes

Au~fMlend ist der Parallellismus

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250-100 fO0-?O 70-60 dg'-~ 5g"~ 4~-3g 3g'-F.O 20-4"0 gQ-t7 ~Ve ~'~,r #e~ s

Kurve 1. Das u des renalen Diabetes w~hrend der Schwangerseha~t in %.

ttilfsmittel zur Feststellung ganz friiher Graviditgten besitzen. Die ersten 3 I~gLle sind nut wenige T~ge naeh dem Ausbleiben der men- struellen Blutung untersucht und haben doch sehon deutliehe Symptome des renalen Diabetes. I)er Gyni~kologe wird ja h~ufig genug sehon kurze Zeit nach dem Ausbleiben der t~egel o,r yon der Patientin befragt, ob wohl eine Graviditgt bestehen kSnnte o , ~ s - \ / , ])ie Wahrseheinliehkeitsdi~gnose, \ / \ die wir aus anderen Symptomen zu stellen verm6gen, kann dutch den .~0,z positiven Ausfail bei der Prtifung ~ I auf einen renMen Diabetes erheb]ich I O, r gesr werden. Abet nieht nut zur Befriedigung der Neugier der Pat. o,r ist eine mSglichst friihzeitige Siche- rung der Diagnose einer Graviditgt o, I0 erwiinscht, sondern dies kann bei fortgesehrittener Lungentuberkulose

Kurve 2. eine grote Bedeutung fiir die Patien- tin gewinnen. Es is~ wohl ein Unter- schied, ob wit eine Schwangersehaft

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Durch~chnlt~liche ]Mu~zucker- e rhShung in den einzelnen Ze i t abschn i t t ea . bei den posi t iven ( } und negat iven

�9 ( - - - - - - ) ~/itlen.

in der 5.--6. Woehe unterbrechen, wobei der Eingriff sich kaum yon einer gyni~kologischen Abrasio unterscheidet, oder ob wir im 2.--3. ~onat die Unterbrechung vornehmen, bei der dann eine Erweiterung des Mutter. mundes mittels Laminaria meist nicht zu umgehen ist. Nine Patientin mit Lungeatuberkulose, die mir deswegen yon auswgrts zugeschiekt wurde,

19"

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292 H. Kttstner:

schied, obwohl sie, Me sieh spgter heraussteilte, in der 5. --6. Sehwanger- sehaftswoehe war, keinen Zucker aus. Ieh m6ehte diesen Fall trotzdem nicht zu den Fehlsehlggen der Methode reehnen, da der Blntzueker nur yon 0,123~ auf 0,150% gestiegen war. Ieh zweifle nieht daran, dab sieh bei dieser Patientin bei einer weiteren ErhShung dureh Inj ektion yon etwas mehr Adrenalin doeh ein renaler Diabetes hgtte naehweisen lessen. Ieh hat te sie gebeten, noeh einmal zur Un~ersuehung zu kommen. Aber leider erschien sie nieht wieder. Da ieh die UntersueJaung des l~alles aus diesen Griinden nieht fiir abgesehlossen und ausreiehend eraehtete, babe ieh ihn in der Tebelle nieht aufgefiihrt.'

Der Zeitpunkt des ersten Auf~retens yon Zueker im Harn naeh der Injektion des Adrenalins is~ versehieden, Jedoeh w~ren meist die ersten Spuren im Urin naeh etwa 3/r Stunde naehzuweisen. Wenno keine Glykosurie vorhanden ist, kann man n~eh etwa 21/= Stunden den Ver- such als negativ bezeiehnen. Weiterhin zeigt die Tabelle, dab die Methode yon ~Roubischelc die ursprt(ngliehe Fran]c-2gothmannsehe Versuehs- anordnung (100 g Traubenzueker per os) gut zu ersetzen geeignet ist, ins0fern der Blutzueker bei Mlen 150 Frauen hie fiber die yon E. Frank Ifir den ren~len Diabetes festgesetzte tISe.hstgrenze yon 0,2% gestiegen ist. Es ist dies fiir die Pr~xis yon aul~erordentlieher Bedeutung. De: naan such ohne Bestimmung des Blutzuekers bei zweifelha*ten F~llen aus der Olykosurie n~eh 0,5 mg Adrenalin eine Wahrscheinlichkeita- diagnose anf Graviditgt zu stellen berechtigt is~. Es sei aber betont, dab netfirlieh die dann auftretende Zuekerausseheidung in diagnostiseher :Beziehung nieht gleieh zu stellen ist, einer Untersuehung, bei der dutch ]~lutzuekerbes~immung die herabgesetzte Zuekertolleranz der Nieren erwiesen ist. Bei wissenseh~ftliehen Untersuchungen ist die Blutzueker- bestimmung unerlgglieh.

Wie wit einen bestimmten It6ehstwert (dieser wurde naeh Injektion yon 0,5 mg Adrenalin hie iibersehritten) angeben kSnnen, bis zu dem der Blutzueker steigen darf, ohne dab die renale Natur einer auftretenden Glykosurie in Frage ges~ell~ ist, so dfirfen wir bei fehlender Zuekeraus- seheidung, bei einer gewissen Blutzuekererh6hung bei der Roubitschelc- sehen Methode nieht einen renalen Diabetes and d~mit evtl, eine Gra- viditgt anssehliegen. Die individuellen Versehiedenheiten sloielen dabei eine zu gTol3e Rolle; es wgre z. B. m6glieh, dab bei einer Freu infolge irgendweleher Momente, sei es, dab zu wenig Glykogen in der Leber gespeiehert ist, oder dab des Adrenalin nieht geniigend gewirkt hat, weil es verdorben war, bei einmaliger Untersuehung nut eine Blutzueker- erhShung auf 0,15% auftri t t und dab sie trotz Besgehens eines renalen Diabetes nur deswegen keinen Zueker ausseheidet, well ihre Nieren erst bei 0,16% Blutzuekerkonzentration Zaeker passieren lessen. Das ist ein Naehteil der Adrenalinmethode, der bei negativem Ausfall nut

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Die Beziehungen der weibliehen Keimdrnsen zum renalen Diebetes. 293

durch mehriache Untersuchung beseitigt werden kann (of. den oben ange- fiihrten Fall yon Lungentuberkulose). Unter den negativen t~esultaten, die aus anderen Kliniken gegen die Adrenalinmethode geltend gemgeht werden, sind solche FMle zu finden. Wenn man die Adrenalinmenge nnd damit die Hyperglykgmie etwas steigert, so wird man einen Dia- betes finden kSnnen, bei Patientinnen, bei denen die erste Untersuehung negativ ausgefallen war. Andererseits ist nich~ yon der Kand zu weisen, dab die Injektion yon Adrenalin infolge der gef~gverengernden Wirknng des Nebennierenpr&parates sieher such eine starke Kontraktion der NierengefM~e bei empfindlichen Menschen zur Folge hat, und dab da- durch die bestehende Durchl~ssigkeit der Nieren verschleiert wird. Bei der Frank-Nothmannsehen Methode bestehen keine solchen Sehwierig, keiten; denn ]00 g Trau. e

benzucker rcichen wohl ?__ | immer aus, um den ]~lut,- 5 /

zucker auf eine geniigende ~ a H6he zu treiben. ~ ~

DaB die lehlende Gly-o ~.z kosurie bei den Sp~tgra- 4

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viden nioh~ auf einer -mangelhaften Erh6hung 1 des Blutzuckers beruhen konnte, zeigt ~uger der Knrve 2, eine Gegen- fiberstellung des Grades

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o,or u, u2 ~o3 qor o, o5 o, os o,0~ ~os o,o# o,r o,r B,~2 Blufzuck~'huM# i,'~

Kurve 8. Die Erh5hung des Blutzuckers vom Anfangs- zum t][Schstwert bei 40 positiv ( ) uud 40 ne~t~iv ( - - - - - - )

reagierenden ~chwangeren.

der Blutzuckersteigerung yore Anfangswert bis zum H5chstwer~. Um einen brauehbaren Vergleieh zu hubert, w~hlte ich 40 positiv reagierende und 40 negativ reagierende, sicher gravide Frauen und habe in der Kurve 3 die ErhShung um die jeweiligen Blutzuckcrprozen%e eingetragen. Man sieht, dug bei dem negativen durchschnittlich der Grad der Erh5hung yore Anfangswert his zum Kulminationswert grOBer war, Ms bei den posi- Liven, obwohl bei letzteren nicht der Weft genommen wurde, bei dem das erstemal Zucker im Ham auftrat, sondern der absolute I-I6ehstwert.

Ich kann also nach meinen Untersuchungen die Behauptung auf- stellen, dab mit ganz wenigen Ausnahmen, jede Erau in den ersten 2110- naten der Schwangerscha/t, bis etwa zur 34. Woche eine herabgesetzte Tole- ranz der Niere gegen Zucker hat, und dM~ man daher umgekehrt bei jeder Fran, die auf gesteigerte Traubenzuckerzufuhr, resp. ErhShung des ]~lutzuckerspiegels in der physiologisch hyperglykgmischen Breite durch AdrenMininjektion mit einem Diabetes reagiert, gravid ist, wenn nicht Anhaltspnnkte fiir andere Erkrankungen bes~ehen. Aui~erordentlich interessant war der negative Fall Nr. 6. Es war eJne verheiratete Frau, die sich sehnlichst ein Kind wfinsehte, nachdem sie 2 real abortiert hatt.e.

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294 H, Kastner:

Sie kam in unsere Klinik, weft sie annahm, schwanger zu sein, und Ver- haltungsmatregeln haben wollte, damit es nicht wieder zum Abort kame. Gyn~kologiseh war die Frau sieher etwa ira 2. bis 3. Mortar gravid und wurde mir zur Untersuehung gesehiekt. Irgendwelehe Lageanomalien waren am Uterus nicht vorhanden, ebenso keine Zeiehen einer be- ginnenden Sehwangersehaftsunterbrechung. Ich stellte bei ihr meine fibliehe Versuchsanordnung an und konnte trotz zweimaliger Wieder- holung keinen renalen Diabetes bei einem Blu~zuckerwerte v~ 0,18% nachweisen. Aus gewissen Erw~gungen injizierte ich der Patientin jeden 2. Tag 2 Spritzen Luteo-Glandol. Es trot kein renaler Diabetes a u f . Etwa 14 Tage sparer abortierte die Patientin. Sie ist leider nie wiedergekommen. Ich mfehte nun vorweg die Erkl~rung zu diesem vermeintliehen Milterfolg geben. Wie welter unten gezeigt wird, is t tier renale Diabetes wahrseheinlieh hervorgerufen dureh innersekretorische Funktionen des Corpus luteum. Ich nahm nun an, da$ aus irgendeinem Grunde bei der Frau sieh em funktionstiiehtiges Corpus luteum gravi- ditatis nieht gebildet und d~$ deswegen die Patientin erstens kelnenrenalen Diabetes hatte und zweitens nun schon zum 3. Male abortierte, ohne dab yon gyn~kologischer Seite ein Grund daffir zu linden gewesen w~re. Ich versuchte daher die T~ttigkeit eines vielleicht verkiimmerten Corpus luteum dureh Luteoglandolinjektionen anzuregen, aber leider ohne Er- folg. Vielleicht ware dies ein Weg, maneher Frau, die habi~uell jedes. m~l im 3.--4. Monat oder friiher ~bortiert, ohne dab gyn~kologiseh etwas Pathologisehes zu linden w~re, dutch Injektion eines Corpus- luteum-Pri~parates zu he[fen.

Ist die Schwangersehaft durch Jrgendwelehe Momente vorzeitig unterbroehen, handelt es sieh also um einen Abort, so fehlt aueh der renale Diabetes, wenn die Frueht sehon einige Tage abgestorben ist. Ieh babe verschiedentlieh Frauen, die wegen inkompletten Abortes in die Klinik kamen, und bei denen Placentarreste aus dem Uterus noch entfernt wurden, vor dem Curettement untersueht und hie eine Gly- kosurie dutch Adrenalin erzeugen k6nnen. Aueh diese Tatsache hat grebe praktische Bedeutung. Handelt es sich um die Frage, ob bei einer in den ersten Monaten der Gravidit~t blutenden l~rau dutch Bettruhe und Narcotica der imminente Abort au~gehalten, werden soil, so wird man sich zu einem solehen therapeutischen Vorgehen nur dann ent- schliegen, wenn noch ein renaler Diabetes naehzuweisen ist, nicht aber, wenn er fehlt. Denn dann k6nnen wir mit Bestimmtheit annehmen, dab unsere konservative Therapie zwar vielleicht die Biutung fiir einige Tage zum Stehen bringen ~4rd, dab aber damit der Pa~ientin nich$ gen~itzt wird.

Ebenso liegen die VerhKltnisse bei der Differentia]diagnose zwischen e~em ~rfihzeitigen immiuenten Abort und einer ]~ndometritis post

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Die Beziehungen der weiblichen Keimdrtisen zum renalen Diabetes. 295

abortum. Emen Full dieser Art, bei dem auf Grund des Fehlens eines Diabetes der riehtige therapeutische Weg eingesehlagen wurde, konnte ich beobaehten, und m6ehte ihn hier anfiihren. Eine 30j~hrige Frau, die aufter 5 ausgetragenen Sehwangersehaften 4 Aborte durchgemacht hatte, kam wegen angeblich starker Blutung in die Klinik. Bei der Aufnahme war keine Blutung vorhanden, nut et~was b]utig tingierter Ausflul~. Der Uterus war etwas vergr6ftert, ziemhch welch, der Mutter- round feet geschlossen, das ttegarsche Zeichen nieht deuthch. Es konnte sieh um eine Endometritis post abortum wie um sine Gravidit~t yon 6--8 Woehen handeln. Ieh land bei 2 maliger Untersuchung auf renalen Diabetes keinen Zueker im Ham. Die auiterdem noch gemachte Injek- tion yon ,,Maturin" (Schwangerschaftsdiagnostieum n~ch Kamnitzer und Joseph) bewirkte eine dcutliche Glykosurie. Trotzdem hie]t ich, da ieh zur Adrenalinmethode mehr Vertrauen hatte, an meiner Diagnose Endometritis post abortus feet und Patientin wurde naeh Dilaga~ion des Muttermundes kiirettiert. Es wurden ganz wenig Placentarreste, die mikroskopisch schon Degenerationserseheinungen aufwiesen, heraus- bef6rdert.

Wit sind nach diesen Versuchen also weiterhin bereehtigt, die Be- hauptung aufzustellen, dal~ sin renaler Diabetes nut bei unge~tdrter Gra- viditgt vovlcommt und daft das iVehlen sines 8olchen stets au/ sine Unter. brechung der Schwangerscha/t hindeutet. Dieser Satz schliegt in sich, d~l~ wit bei alter, bereits lgngere Zeit abgestorbener ectopischer Gravi- ditgt und beiH~tmatocele hie sine Glykosurie linden werden, und dag sine diagnostisehe Auswertung der Methods in dieser Riehtung nie Aussieht auf Erfolg haben wird.

Eine Beobachtung mSchte ich ganz kurz bei Getegenheit der Unter- suehungen yon Schwangeren noch erw~hnen, die zwar auf etwas ~nderm Gebiete liegt, aber fiir die Frage der inneren Sekretion yon Bedeutung zu sein seheint. Wenn wir einen normalen gesunden Individuum Adre- nalin injizieren, so bekommt der Betreffende nach etwa 1/2 Stunde sehr unangenehme, 5--10 Minuten anhaltende Sens~tionen. Eine merk- wfirdige Unruhe, verbunden mit (~belkeit und Schwindelerscheinungen tritt-auf, die H~nde zittern, Schwei[~ bricht an der Stirr~ und an den H~nden ~us. Diese sehr charakteristisehen, eigenttich bei jedem Men- sehen zu beobaehtenden Erseheinungen fehlen fast vollstgndig, manch- real iiberhaupt ganz bei Schwangeren: Worauf dies beruht, ist noch nicht zu sagen. Aller Wahrscheinlichkeit naoh auf einer schon yon anderer Seite beobaehteten Vagotonie, die bei jeder Sohwangerea bestehen soil. Andererseits nimmt Aschner an, dag ,,die Schwangerschaftsglykosurie mit ihren verschiedenen Formen, die leichter auszulSsende Adrenalin- Glykosurie bei Gr~viden und noch manches andere auf sine erh5hte Reizbarkeit des sympathischen Nervensystems, hinweist, wenn auch

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296 K. K~stner :

vielleioht die dabei mitspielende vermehrte Adrenalinmenge. nieht in freiem Zustand nachweisb~r sein diirfte '~ Ieh mOehte mioh d~her jeder Entscheidung fiber die Ursache dieser Adrenalinwirkung vorl~tufig ent: halten und ]ediglieh diese Beobaehbung anfiihren, die vie]leicht einen Anhaltspunkt tiir Untersuehungen in anderer Richtung darstel]t.

Es handelte sieh nur weiterhin datum, festzustellen, wor~uf diese Empfhldlichkeit der Nieren wghrend der Sehwangerschaft beruht und welche Faktoren als Ursaohen fiir den renalen Diabetes anzusprechen sin& Wir kSnnen natiirlich den Zusammenhang vor]gufig nut bis zu einem gewissen Punkt erklgren und miissen uns dumit beseheiden, Momente zu linden, die einen Vergleich zwischen dem Zustand einer graviden Frau und einer Nichtgr~viden zulassen. 0b anatomisehe Vergnderungen der Nieren die Ursache sind, l~ftt sich nich~ so ohne weiteres sagen, d~ dazu geeignetes Sektionsmaterial schwer zu bekommen ist und alle Sektionen, bei den6n irgendwelche StSrungen der Kreislauf- organe in vivo bestanden batten und bei. denen Veranderungen an den Nieren gefunden werden, ohne weiteres auszuschalten sind. A]ler Wahr- scheinlichkeit naeh sind es keine mikroskopisehen Vergnderugnen, da die Erseheinungen nach der Unterbreohung der Sehwangerschaft sehr schnell wieder verschwinden. N~eh den Untersuehungen Werners besteht vie]leicht eine gewisse Empfindtichkeit der G]omeruli, die eine Glyko- surie erklgren k6nnte, jedenfalls sind die Tubuli nicht ver~ndert.

Bei den Erscheinungen des renalen Diabetes mfissen wit 2 Begriffe streng voneinander soheiden. Primer trit~ eine ~nderung der inneren Sekretion ein, die sekundKr erst wieder eine Wirkung auf die Nieren aus- iibt und in dieser :Form sieh ffir uns manifestiert. Warum die Nieren durch den Ausfall der Funktion einer Blutdrfise oder vie]teieh~ dureh die Oberfunktion, wie die weiteren Untersuehungen zeigen werden, gegenfiber einem normalen oder nut in der physiologischen Breite er. h6hten Blutzucker derartig reagieren, entzieht sich unserer Kenntnis. Ebenso wie eine St5rung der Nierent~tigkeit resultiert, w~re aueh denk- bar, d~f$ ein Funktionswechse] an einem anderen Organe die :Fo]ge ware; wiohtig, und far meine Untersuehungen ffihrend war nut die Frage, ob wir elne Jl'nde~'ung der Blutdri~senjun/ctio~ -- Ms Indikator fungiert der renale Diabetes -- der Mutter anzunehmen Berechtigung haben, oder ob wires mit einer direkten Einwirkung der ]Stalen Sto]]wechsd- vorgginge zu tun haben, ohne daI~ die innere Sekretion bei der Mu~ter eine wesentliehe ~nderung erf~hrt.

Wit wollen also im folgenden nnr gleichwirkende biologisehe Um- stellungen des 0rganismus ~nfiihren, die Schlfisse zulassen, ob der renale Diabetes mit der Graviditgt als soleher, oder mit J~nderungen des Stoff- wechsels, resp. der inneren Sekretion des miitterliehen Organismus im Zusammenhang steh~.

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Die Beziehungen der weiblichen Keimdriisen zum renalen Diabetes. 297

Gewisse Anhaltspunkte boten Gruvide, bei denen wegen Tuber- kulose oder aus anderen Ursaehen die Schwangersehuft in einem friihen Monut unterbrochen werden muSte. Ich untersuchte versehiedene solcher Fglle und fund bei allen ttbpreinstimmend, dug erst 72 Stunden naeh der Unterbreehung der renale Diabetes verschwund. Da nun die Unterbreehung a n der Breslauer Klinik damals in den friihen Monaten, um solehe handelte es sieh immer, in der WeJse uusgeffihrt wurde, dab mittels Hegarscher Dilatatoren der Muttermund so welt dilatiert wurde, daf~ mit dem Abortl6ffel und mit der Curette das Ei in einer Sitzung entfernt werden kann, so legten sehon diese Untersuchungen es nahe, nieht an Stoffwechselprodukte des Foetus oder der Placenta alsUrsaehe ftir den renalen Diabetes zu denken. Man kann kuum annehmen, dub noch naeh 72 Stunden solche Mengen dieser Stoffe im Organismus kreisen, dab sie eine derartig fundamentule _~nderung der Nierenfunktion er- zeugen k5nnten. Ieh vermute duher eine Xnderung der Ovarialfunktion, die in einer Hyper- oder Hypofunktion gegeniiber dem Chromaffinen Adrenulsystem bestehen kann. Die Ver~nderungen des Eierstoekes w~hrend der Graviditgt, sind einmal die Bildung eines Corpus luteum -- eine Funktion, die gegeniiber dem unbefruehteten Zustand ein Plus bedeutet -- und dumit zusammenh~tngend dgs vollst~ndige Sistieren der 0vulat ion -- eine Funktionsverminderung. Also entweder konnte e8 die Wirkung der inneren Sekretion des Corpus luteum oder das Au/h6ren der eigentlichen Ovarial/unktion, resp. der Reifung yon Follikeln sein.

Ich untersuchte daher sicher nichtschwangere Frauen. Die Resultate sind zum Teil publiziert, aber ich mu8 der Vollst~ndigkeit wegen sie noeh einmal kurz erw~hnen. In der Tab. I I sind die Untersuchungen zusummengestellt.

Es war auSerordentlich fiberraschend, wie bei fast allen Franen bis auf wenige Ausnahmea vor dem EintriSt der menstruellen Blutung auf Adrenalininjektion eine Zuekerausscheidung auftrat, die vorher und nachher trotz gleicher, meist sogar st~irkerer Steigerung des Blut- zuekergehaltes gefehlt butte. Die Zuekerreaktionen im Harn waren derartig ek]utunt, d. h. die Konzentration des Zuekers so hoch, dub manchmal ein Tropfen genfigte, um etw~ l0 ccm Haines Reagens beim Erw~rmen zum Umsehlag yon B]au in Ziegelrot zu bringen. Die Proben erinnerten an solche, wie wit sie bei schweren F~llen yon eehtem Diabetes sehen. In der Literatur babe ieh Angaben fiber eine derartige Beobachtung nicht gefunden; am zweckmi~Sigsten mSehte ich in Anlehnung an den Ausdruek ,,Schwangerschaftsglykosurie" diese Erscheinung uls ,,Men- struationsglykosurir oder ,,prdimenstruellen renalen .Diabetes" bezeichnen. Was die wenigen negativen FMle betrifft, so ist sehr w0hl m6glieh, dab es Fehlschl~ge sind. Ich mSchte aber rScht verschweigen, dab ieh diese Frauen nut sehr widerwil]ig zum Versuch bekommen habe, und daf$

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298 H. Kiistner :

Tabelle II.

Name

A.T. S.A. E.W. M.E. IV[. B.

]4. L.B. E.N. S.H. A.K. M.E. B.S. L.D. B.K. P.K. C.N. A.P.

P. K.E. A.M. K.R. A. St. L .F .

10--6 Tage vor der Menstruation

Blutzueker Urin

5--4 Tage vet dot Menstruation

0,18 0,19 0,19

0,17

0,15 0,19

0,12 0,18

0,17 0,11

0,15

0,16

Blutzucker Urin

+

+

8--1 Tage vet der 1HenstrnaMon

Blutzucker Urin

1. Tag der 3~enses

Blutsueker I Urin

0,16

0,14 0,14

§ 0,17

0,13 0,14

0,16 0,14

- - 0,17 T 0,13

0,11 - - 0,14

0,16 0,t4 0,15 0,17

-s- 0,15

§

+

0,17 -- 0,18 0,13 §

0,17 + 0,17 +

0,14 0,14 0,17 0,15 0,11 0,19 0,16

0,11 0,13 0,15 0,15 0,15 d: 0,16

0,16 0,17 0,17 0,13 0:17 0,18 0,18 0,18 0,15 0,15 0,15 0,16 0,t8 0,17 0,19 0,17 0d4 0,14 0,16 0,17 0,15 0,16 Od8 0,16

ieh sie vielteicht nicht hgufig genug unSersucht he.be und so den Tgg, an dem ihre Nieren empfindlich ftir h6here Blutzuckerwerte waren, gerade verpal~t habe. Die Glykosurie hMt n~mlieh unter Umsti~nden nur ein bis zwei Tsge an. Allerdings habe ieh aueh F~lle gesehen, bei

denen 3 Tage lang eine physiologische Hyperglyk~tm~e mit einer Zueker- ausscheidung beantwortet wurde. Sie tri t t frfihestens 6--7 Tage vor dem 1. Tuge der Blutung auf und versohwindet sp~testens an diesem T~ge. Es ist dies individuelI versehieden.

Die g~ngbarste Erklgrung ffir das Auftreten eines renalen Diabetes scheint mir folgende zu sein. Im Ovarium bildet sioh naeh dem Follikel- sprung ein Corpus luteum und naeh der ~llgemeinen Ansicht bleibt dieses bestehen, his die Blutung einsetzt. Sein Zeri~ll triflt etwa mit dem 1. Tage tier Periode zusammen. Wenige Tage vor tier Periode ist die Bliitezeit dos Corpus luteum, das ist die Zei% in der der ren~le Diabetes besteht. Die pri~menstruellen Veranderungen des Uterus, besonders seiner Sehleimhaut, als die Ursache anzusehen, erscheint mir gezw~mgen, d~ nut die wuehernde Sehleimh~ut wohl schwerlich eine solche Ver~nde- rung im Organismus zustande bringen k6nnte.

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Die Beziehungen der weib]ichen Keimdrtissn zum renalen Diabetes. 299

Wenn wir die Beobaehtungen bis hierher noch einmal zusammen- fassen, so k6nnen wit sagen, dab ein renaler Diabetes bei einer Frau vor der Menstruation und in den ersten Woehen und Monaten der Schwanger- schaft besteht. Es lassen sich beide Beobachtungen nut dann unter einem Gesichtspunkt vereinigen, wenn wit annehmen, daft die Ver- schiebung des innersekretorisehen Gleichgewiehts dureh die Bildung sines Corpus luteum die Ursache ffir diesen Diabetes ist. SowohI vor der Menstruation, als aueh w~hrend der Sehwangersehaft spielt das Corpus luteum eine nicht unbedeutende l~olle. Die anderen Momente, die eine solche Ver~nderung im weiblichen Organismus verursachen k6nnten, Iehlen entweder bei der Menstruation oder bei der Sehwanger- sehaft: bei ersterer der Foetus und die Placenta und bei der Gravidit~t der reifende Follikel. Man kann aber aus diesen Versus, hen noch nicht den bindenden SchluB ziehen, daft es ein {Jberwiegen der normalen .Funktion des Corpus luteum wirklich allein is~; mir sehien zuerst bei- nahe die Wal/rscheinlichkeit eines physiologischen Nachlassens der Funktion des Keimepithels, ein Ausfall der sich nicht entwiekelnden Eianlagen, ngher zu liegen, un4 zwar in Anlehnung an die friiheren Unter- suchungen und Arbeiten yon Christo/oletti, Stolper n. a. Diese Autoren konnten feststellen, dab kastrierte Tiere sine I-Ierabsetzung der Toleranz der Nieren gegen Zucker hatSen, und dab diese Empfindliehkeit nach kurzer Zeit den normalen VerhMtnissen Platz maehte, wenn man den Kastraten Ovarialsubstanz zufiihrte. Dies seheint eher darauf hinzu- deuten, dab wires aueh bei der Schwangersehafts. und Menstruations- glykosurie mit einer Unr der inneren Sekretion der Ovarien zu tun haben. Eine a, ndere MSglichkeit der Erkt~rung w~re schlieglieh noeh darin zu sehen, dab beide Erscheinungen ilberhaupt vollkommen versehiedener ii_tiologie sind und nut das gleiche Symptom, den renalen Diabetes haben.

SchlieBlieh kSnnte man aul Grund frfiherer Untersuchungen anderer Autoren (Aschner, Ascho]], Kolbe, St6rk u. a.) daran denken, dab gar nicht die Vorg~nge im Ovarium das wirksame Agens bilden, sondern daft die Nebennieren diese Intolleranz der Nieren bewirken. Es wurden die Nebennieren bei der Brunft der Tiere, bei der Menstruation und in besonders hohem Grade w~hrend tier Schwangerschaft vergr6Bert ge. funden; ebenso waren die Nebennieren bei Kasbraten gegenfiber der Norm vergr6ftert. Analog dieser anatomischen Hypertrophie, aueh eine funktionelle anzunehmen und damit das Auftreten sines renalen Diabetes zu erkl~ren, liegt nahe, aber die im folgenden behandelten Tierversuche 'demonstrieren, dab sicher nieht ein direkter Zusammen- hang besteht, vielleieht ein indirekter auf dem Wege fiber die Fnnktionen der Ovarien. Ahnlieh liegen:die Verh~ltnisse in bezug auf die Vergr6fte, rung der Hypophyse.

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300 It. Kfistner:

Beim Mensehen sind Versuehe, experimentell den renalen Diabetes bei Graviden zu beseitigen, vollkommen fehlgeschlagen. Bei normalen Frauen konnte dureh Injek~ion yon tIypophysenvorderlappenextrakt eine leiehte Gtykosurie naeh Zufuhr yon 100 g Traubenzueker per os erzeugt werden (Niirnberger). Jedoeh m6ehte ieh glauben, dag vielleieht diese ]3efunde in einem ,,pr~menstruellen renMen Diabetes" ihre Er- klarung finden.

Tierversuche. Wie liegen nun die Verhgltnisse beim Tier und kSnnen wir dnrch

geeignete Tierversuche die Frage einer weiteren Kl~rung entgegen- bringen. Zu den Versuehen eignen sich nur grol]e Tiere, wie Kaninehen oder gunde, da bei den kleineren die halbstfindliche oder stttndliehe Gewinnung yon Urin Schwierigkeiten maeht. Ieh habe nur Kaninehei~ verwandt.

Bei den Tieren eine konstante, stets mSgliehst gleiehe, kttnstliche ErhShung des Blutzuekers auf einen physiologisch hypergiyk~misehen Weft bei den einzelnen Versuehen zu erzielen, ist nicht so leicht zu er- reiehen wie beim ~[ensehen. Die Injektion yon Adrena]in eignet sich hierzu nicht. Einmal wird beim Kaninchen die obere Grenze der znm Versuch notwendigen Erh6hung des Blutzuekers leicht iiberschritten, da die Tiere nach den Erfahrungen frttherer Untersuehungen zuerst augerordentlich empfindlich gegen Adrenalin sind. Diese anf~ngliehe Sensibilitgt aber macht nach wenigen Injektionen einer erh6hten Un, empfindlichkeit Platz. Man mttBte also dauernd willkiirlich mit den Injektionsmengen variieren. Bei meinen Untersuchungen hat sich die direkte Zu~uhr von Traubenzucker durch die Magensonde a]s die prak, tischste Methode erwiesen, Das festgesehnallte Tier bekommt einerL Kiefersperrer zwisehen die Backenz~hne nnd nun wird mit einem Gummi- katheter der Magen sondiert. Naeh einiger Ubung gelingt dies Ieieht. Die bestimmte Menge Traubenzueker wird in mSgliehst wenig Wasser gelSst und mit einem Triehter eingegossen, dann wird mit gewShnliehem Wasser naehgespiilt. Die Traubenzuekermenge, mit der man eine gute Erh6hung des Blutzuekers erreieht, ohne dal~ im normalen Zustand eine Glykosurie auftritt, mug fiir jedes Tier bestimmt werden. Bei mittel' groBen Kaninehen sehwankt sie zwisehen 15--30 g. Ferner empfiehlt es sieh, w~hrend der Versuehstage den Tieren nur Heu als Futter, aber reiehlieh Wasser zu geben, da jedes andere Futter, wie Kartoffeln, Gerste, Hafer usw. die Anfangswerte des Blutzuckers leieht zu sehr erh6ht.

Den Urin gewinnt man dureh leiehten Druek fiber der Symphyse beim aufgesehnallten Tier. tIi~ufig sind es nur wenige Tropfen, aber zur Zuekeranalyse reiehen sie meistens aus. Die Untersuchung des Urins verlangt beim Tierversueh grebe Exaktheit, da man sonst leicht

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Die Beziehungen der weibliehon Keimdrtisen zum renalen Diabetes. 301

Tguschungen unterlegen ist. Der Kaninehenurin ist h~ufig sehr hoch- gestellt und dunkelbierf~rben, meist ~uch triibe. Diese dunkle Ver, fiirbung kunn beim Trommer oder Hgne leieht eine schmutzig braun- grfine Verfgrbung hervorrufen, ohno d~fi eine Reduktion des Kupfers durch Zucker eingetreten ist, ebenso kann beim Nyl~nder eine dunkel- m~hugonibr~une T6nung entstehen. Als positive Zuckerre~ktion darf man nut die or~nge-ge]b-rote F~rbung beim Trommer und Haine und die st~hlb]ausehw~rze beim Nylander ~nsehen. Im Zweifelsf~lle empfiehlt es sich immer, die Ggrungsprobe unzustellen, wie ieh d~s bei meinen Versuchen gemacht habe.

Zun~chst wurden nun die Tiere getrennt geh~lten, um sicher eine Gravidi~gt ~ussehtieBen zu kSnnen. Ich untersuchte sie d~nn im unbe- fruehteten Zust~nde und stdl te den Schwdlenwert lest, bei dem kein Zueker durch die Nieren ausgesehieden wurde. D~nn wurden die Tiere gedeekt und hgufig danach untersueht. Einige dieser Befunde sollen den Unterschiecl zeigen (Tab. III) .

Tabelle I IL Kaninchen 1. Kanlnchen 2.

II :rr~u'oe~- T r a u b e l > [Bh t t zucke r ] Urin D~tUnl z u c k e T . o s �9 ]:Blutzuckel: Urin Da tum zucke%p osm t tochs twer t Sacc. �9 .. in t ISchstwer t 8acc.

% . m . . o , lso I - i s . iv . l / 12 I O,lVO I - 27.HI.' 25 0,205 [ -- 20. IV. wird gedeckt

IV. 12 0:143 schw.+ 27.III. wird gedeckt 21. IV. 1.IV. 25 0,143 + 22. 12 0:150 + 3.IV. 25 0,114 + + 25.IV./ 12 0,145 + 4.IV. 15 0,168 + + 29. IV.[ 12 0:143 + +

ll .IV. 25 0:112 + +

K~nhmhen 3. K~ninchen 4.

I Trauben- Bhttzucker Urin Trauben- . Blutzucker Urin Datura zuekor p . o s i n IKSchstwer~ Sacc. D a t u m zucker2 .os m tIOchstwert 8ace. g

a o . n I . ! 3o o , u a + o,l o - 3. IV. 30 0:232 -- 19. IV. 20 [ 0,200 + 4. IV. 25 I 0:220 -- 20.IV. wird gedeckt 5.~[V. Wird gedeckt 21.IV. 12 0:125 + 6. IV. 25 0:143 + 25. IV. 12 0:137 + 7.IV. 20 0,122 sohw.+ 26, tV. 12 �9 0,110 + 9. IV. 20 0,125 ~ 29. IV. 1~ 0:120 + +

l l . IV. 25 0,143 ~ ' 1. V. 19= 0:094 + genaler Diabetes beim Kaninehen wghrend der Gravidit~t.

Aus diesen Versuchen geht hervor, daft ebenso wie beim Menschen auch beim Tier wghmnd der Gravidit~it eine herabgesetzte ToIeranz d~r ~Vieren gegen Zucl~er beeteht. Diese Empfindlichkeit der Nieren t r i t t

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302 H. Ktistner ;

sofort naeh der Befruchtung auf, ja kann sogar bestehen, ohne dab eine Konzeption stattgefunden hat, Bei dem ersten Kaninchen konnte ich an dem Tage, an dem es gedeckt wurde, sehon einen renalen Diabetes nach- weisen, und ein weiterer Fall, bei dem keine Befruehtung eingetreten war, sell dies demonstrieren (Tab. IV).

In diesem Falle war eine renal bedingte Glykosurie in dem Augen- bliek zu konstatieren, we dureh die Unruhe angezeigg wurde, dab irgend- welehe Vorg~nge sieh im Bereieh der GenitMspNire abspietten. Des Tier hat te eine sehr starke Libido, wie sieh beim Zusammensperren mit dem Beck zeigte. Dieser Zustand tr i t t beim weiblichen Tier aber nut

Tabdle IV. ,,Brun~tglykosurie" bei einem weibliehen K~ninchen (Kaninehen 5).

D a t u m T r a u b e n z u c k e r B lu t zucke r ]grin pe r os in g JcI6chstwert Sacc.

30. IIL 0,220 + 1.IV. 0d90 3. v. i - 5.IV. ,hefl~ , wird gedeckt 6. IV. 0,128 schw. + 7. IV. 0,143 + 8.IV. 0,145 -i-

ll.~V. 0~163 -- 13.IV. Laparotomie; n0rmaler nicht ver- gr0gerter Uterus; keine Graviditat; keine

reifen Fol]ike].

30 20 25

sehr unruhig, 25 25 25 25

dann auf, wenn die M6glichkeit einer Befruehtung vorliegt, d. h. wenn sprungfertige Follikel oder schon reife, ~usgestogene Eier v0rhanden sind. Da es nun aus irgendwelchen Grtinden nieht zur Befrnehtung kam, so blieb auch de r renMe Diabetes nicht bestehen, und wit fanden naeh wenigen Tagen wieder die nor- malen Zusti~nde. Ieh m6ehte diese Beobaehtung ant die gleiche Stufe mit der Menstruations- glykosurie des Weibes stellen und aus dieser Para]lele auf eine Ova-

rialfunktion als Ursaehe fiir die renale Glykosurie sehlieBen. Diese ,,Brun]tglylcosurie", wenn men den Ausdruek lor~gen darI, war bei der Vornahme der Versuehe h~ufig reeht stSrend, da ieh aueh noch bei anderen Tieren gelegentlich eine so]che zufgllig enfdeekte, wenn ieh die Voruntersuchungen vornahm. Sie hielt oft nur 1--2 Tage an, meist waren an diesen Tagen die Scheide und die ~tul3eren Genitalien etwas stgrker durehblutet und feuehter.

An den Kaninehen hatte ieh also ein geeignetes Untersuehungstier, bei dem es m6glich war die Ursache ftir den renalen Diabetes wghrend der Schwangerseh~ft n~her zu ergriinden. Es kam mir darauf an bei einer Grnppe yon Tieren die Gravidltat zu unterbrechen, d. h. ich be- seitigte nieht nut die Sehwangersehaft, sondern entfernte den ganzen Uterus and lieB nur die Ovarien. Bei der 2, Gruppe wurde das Umge- kehrte vorgenommen, die Ovarien wurden exsfirpiert uud die Gravi- dit~t belassen: Ieh nahm diese Operationen ungef~hr am 10.--12. Tage naeh der Begat~ung vor. Das K~ninchen trggt 28--30 Tage, d. h. es setzt 28--30 Tage n~eh der Begattung. Am 10.--12. Tage ist also etw~ ein Drittel der Tragezeit vor/iber, das wiirde beim Menschen dem 32 bis

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Die Beziehungen der weiblichen Keimdrtisen zum renalen DiaMtes. 303

4. Schwangerschuf tsmonat entspreehen. Die folgenden Tab. V a u n d V b sind die For t se t zungen der Tab. I I I . Die Tiere sind ebenso nume- r iert .

Die Versuche der Tab. V a und V b scheinen mir in die Frage fiber die Ursache des rena]en Diabetes einiges L ich t zu bringen. Dazu noeh ein paar erl i iuternde Si~tze. :Die beiden Kaninchen 1 u n d 2 (Tab. Va) , denen die Ovarien exstirpiert wurden, verloren bereits am 2. Tage naeh der Operation die Erscheinungen eines renalen Diabetes. Obwohl der Blu tzueker immer solehe W e r t e erreichte, bei denen vor der Operat ion in gravidem Zu- s tand eine Glykosurie eintrat , war n~eh En t f e rnung der Ovarien keine solehe

Tabelle Vs. Kaninchen 1. Kaninchen 2.

13. IV. Laparotomie: Der Uterus ist 2. Y. Laparotomie: Der Uterus ist in beiden HSrnern mehrfach gravid, mehrfach gravid. Exsti~patioa beider Exstirpatlon beider Ovarien, die Cor- Ovarien, die zahlreiehe Corpora lutes

pora lutes enthalten, enthalten.

Datum, Urin Sacc.

14.1-V. 15.IV. 16.IV. 17.IV.

Trauben- Blat~,ucker zucker p.os in ttfchstwert

g

25 0,178 25 0,144 25 0,140 25 0,134

D a t u m U~in t~aCC.

+ 3, V. - - 4 . V .

5. V. - - 6 . V .

T r a u b e n - :Blutzucker zucker p. o5 i a ]{Schs twer t

g

12 0,132 12 0~145 14 0,153 14 0,148

schw. +

Wirkung der Exstirpation der Ovarien anf den renalen Diabetes beim viden Kaninchen (Vergl. dazu Tab. I I I , Nr, 1 und 2).

Tabelle Vb. Kaninehen 3.

13. IV. Laparotomie: Der mehrfaeh gmvide Uterus wird unter Zurtick-

]asstmg der Ovarien exstir)iert.

D a t u m Ur in Sacc.

14.IV. 15.IV. 16.IV. 17.IV.

Trauben- Blutzucker zueker p. os in ]~6ehstwert

g

25 0,143 25 0,164 25 0,174 25 0,132

gra-

FortsetzungwegenBildung einerBauch- deckenblasenfistel nicht m6glich.

Kaninchen 4. 2. V. Laparotomie : Der gravide Uterus wird unter Zurtick]assung beider Ova-

rien exstirpiert.

D a t u m Urin Sa te .

+ + 3. V. + + 4. V.

+ 5. V. sehw.+ 6. V.

8. V.

Trauben- Blutzueker zucker 1~. qs in Hfchs~wert

g

12 0,144 12 0,132 12 0,130 1~ 0,124 14 0,168

+ + +

sohw.~-

Wirkung der ]~xs~irpation des Uterus auf den renalen Diabetes beim gra- viden Kaninehen (Vergl. dazu Tab. III, Nr. 3 und 4).

mehr vorhanden , N u n k6nn t e man annehmen, dab infolge des Fehlens des Corpu~ ]u teum das Zugrundegehen der Gravidi~i~ eine derar t ige Wirkung he rvorgebrach t h~tte. Aber dagegen ist ~olgendes e inzuwenden. In diesen Tagen der Tragzei t k o m m t es beim Kan inchen nicht zum A b o r t

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304 H. Kastner:

im Sinne der Pathologie der menszhlichen Schwangerschaft, sondern die Friichte bilden sich zuriick, d. h. sie sterben ab und werden wieder resorbier& Ich m/~chte annehmen, daB, wenn es placentare Stoffe w~ren, die den renalen Diabetes erzeugten, ger~de die Resorption der Placenten durch den miitterlichen Organismus das Weiterbestehen eines renalen Diabetes zur Folge haben mfiBte. Zweitens is~ ein Beweis gegen die Annahme einer placentaren Theorie und Entstehung der Versuch an den Kaninchen 3 und 4 (Tab. Vb).

Diese haben noch mehrere Tage nach der Totalexstirpation des graviden Uterus einen renalen Diabetes aufzuweisen. Es mugte also die Ursache im Ovarium ]iegen. Durch diesen Versuch war die bisher noch oflen gelassene Frage beantwortet, ob die in der herabgesetzten Toleranz der Nieren gegen Zucker zum Ausdruek kommende J~nderung der inneren Sekretion des Ovarium als eine ttyper- oder Hypofunktion zu deuten ist. Die Tatsache, dab kastrierte Mensehen und Tiere einen renalen Diabetes bekommen, sprach eher fiir eine Hypofunktion, und doch ]ehren diese Versuche, dab die Ursache fiir den Diabetes der Sehwan- geren eine I-Iyperfunktion der Eierst6eke ist. Denn wenn eine gypo. ~unktion der Grund w~re, also ein Uberwiegen der anderen Blu~drusen, so dtirfte die Exsth'p~tion der Ovarien keine Wirkung gehabt haben. Wahrend der Graviditgt setzt nun aber eine gesteigerte Funktion des Bestandteiles der Keimdrfise e!n, de rmi t der Produktion weiterer Eier nichts zu tun hat. Nicht der Follikelapparat, sondern das Corpus luteum hypertrophiert. Wir kommen also dureh diese Versuche wieder zu demselben Resultat, wie wh" es schon bei der Besprechung der Men- struationsglykosurie fanden: der renale Diabetes ist bedingt dutch eine innersekretorieche Hyper/un]ction des Ovarium oder des Corpus luteum gegeni~ber den anderen Blutdris

Um diese Beweiskette zu schliel~en, implantierte ich die bei Kanin- chen 1 und 2 exstirpierten Ovarien anderen, sicher nieh~ graviden Tieren. Es macht sich die Implantation ziemlich teicht in das Fettgewebe des Uterusmesenteriums, das meist sehr reich entwickelt ist. Tab. VI zeigt die Resultate dieser Versuche.

Dieser plStzlich au/tretende renale Diabetes, der nur wenige Tage anhie]t, scheint mir doch die Noise der implantierten Ovarie~ 2u 8ein. Noch ganz ausdriicklich mSchte ich bemerken, dab die Tiere in den Tagen sieher nicht ,,heil~" waren, da[3 es also nieht etwa eine Brunft- glykosurie gewesen sein kann. Ich sperrte sie mit einem Bock zusammen, worauf das weibliche Tier sich energisch gegen die Begattungsversuehe des mgnnlichen wehrte, was bei einem befruchtungsfghigen Weibchen, wie ich oben erw~hnge, eigentlich nie der Fall ist. Beinahe mSchte ich glauben, dab bei den weiblichen Tieren eine Abneigung gegen den Bock bestand, die vielleicht durch dieselben innersekretorischen Vor-

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Die Beziehungen der weiblicben Keimdrtisen zum renalen Diabetes. R05

P abelle V1. Kaninchen 5.

13. IV. Laparotomie und Implantation der Ovarien yon Kaninchen 1.

Datum Urin 8acc

14.IV. 15./u 16.IV. 17. IV. 22.IV.

Tranben- Blu tzucker ! zucker p .os in HSchs twer t I

g

25 0,148 25 0,135 25 0,121 25 0~154

�9 25 0,154

Kaninchen 6.

2. V. Laparotomie und Implantation beider Ovarien yon Kaninchen 2.

D a t u m Urin Sacc

-4- 1. V. + + 3. V. + + 4. V.

5. V. - - 6 . u - - 9 , V .

Trallben- ]~lutzucker zuckerp , os in HSchs twer t

g

18 0,170 �9 12 0,120

12 0,110 1 2 0~095 12 0~I16 15 0,150

+ + + +

Wirkung der Implantation der Ovarien graviden Tiere auf die Entstehung eines renalen Diabetes bei nizht graviden Tieren (Vgl, zu Nr. 5 die Tabelle IV).

g~nge bedingt war, die nach Eintri t t der Empfgngnis die yorker be- stehende Libido schnell zum Sehwinden bringen.

Im AnsehluB hieran m6ehte iCh nooh kurz ein Wort fiber die Zeit des ersten Erscheinens einer Glykosurie w~ihrend der S~hwangerscha]t sagen. Es war mir auffallend, dag beim Tier bereits kaum 24 Stunden nach der Beg~ttung ein renMer Diabetes auftrat und dab ich beim Mensehen nut b ei einem Fall ganz ~rfihzeitig einen s'olehen beobachten konnte. Von andere~ Kliniken wird sogar beriehtet, daft erst nach Ablauf des ersten Gravi- ditgtsmonats, a]so etwu 3--4 Wochen nuch dem Ausbleiben der Menstruation eine Glykosurie renaler Natur gefunden wurde. Am deut- lichsten ist dieser auch zweifellos yore 3.--5. Schwangersehaftsmon~t. .])as frfihe Au~treten des Diabetes beim befruehteten Kaninchen hgngt vielleicht mit der groBen Zahl der gleichzeitig entstehenden und wach- senden Corpora :lutea zusammen, denn im Verh~ltnis zum Gewicht des Organismus is~t die Menge der Corpus luteum-Substanz beim Tier un- gleieh viel gr6Ber als beim Mensehen, allein sekon dadurch, dab beim mehrtr~chtigen Tier aueh meh~ere Corpora lutea gebildet werden. Oaher mag es kommen, dug der renale Diabetes beim Tier so viel eher zu beob- uehten ist, als beim Mensehen.

Diese frfihzeitige Manifestation der renal bedingten Glykosurie beim Tier deutet ebenfa]ls darauf kin, duBdieser Diabetes mit der inneren Sekretion der Ovarien im Zusammenhang stehen mug und schwerlieh yon den befruchteten Eiern ubkangen dfirfte. Beim Kaninchen ver- g ehen na~h dem Tage der Begattung etwa 4--6 Tuge, bis die befruchteten Eier im Uterus sick festgesetzt haben; in den ersten Tagen bleiben sic noch beweglich nnd werden an die riehtigen Ste]len im Tragsack transportiert. Es ist nun wenig wahrseheinlich, dab ein derartig mobfler K6rper eine so bedeutende Wirkung auf ein entfernt ]iegendes Organ- system des Muttertieres haben sollte, eS liegt viel n~her, anzunehmen,

Archly f. Gyn~ikelogie. ]3d. 122. 2 0

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306, H. Kiistner :

dab eine Reaktion auf die zu dem haupts&ehlich in Anspruch genomme- nen Orgunsystem geh6renden Ovarien eintritt. Diese werden a m schnell2 sten yon den Veritnderungen im KSrper nach erfolgter Befruehtung in ihrem Funktionsabluuf in eine neue Buhn gelenkt und geben ihrer- seits den fibrigen Orgunsystemen den Impuls, ihre Funktionen auf eine Weiterentwicklung einzustellen. Dazu reehne ieh die Ver~nderungen an der Milchdrtise und yon den vielen anderen weniger wiehtigen Um- stellungen, die Entstehung eines renMen Diabetes. Fiir die Gruvidi~Et- erscheinungen am Genitale ist vielleicht eine direkte Wirkung der Plucentarstoffe verantwortlich zu machen; d a dutch Injektion verschie. dener Extrakte aus der Placenta, eine Hyper~mie, tIyperplusie, kurz eine tier Schwangersehuftsvergr6Berung ghnliehe Wirkung erzielt werden konnte. Aber dutch solche Injektionen uueh einen renMen Diabetes zu erzeugen, gelung bisher nicht. Insofern seheint es sieh hierbei urn eine sehwerer auszulSsende Umstellung zu hundeln. VorlEufig belinden wir uns ja noch in den Anf~ngen der Erforsehung des Stoffweehsels und seiner Vergnderung wghrend der Schwangersehuft. Aber wir miissen ~ns bei allen Ersel~einungen, die wit nieht nut beim Menschen, sonderh such beim Tier beObaehten, Von dem Gedunken frei maehen, dub diese etwas Pathologisehes bedeuten. Aus diesem Grunde mSehte ieh enneh- men, dug der renale Diabetes w~hrend der Gravidit i t niehts Patholo- gisehes darstellt, sondern mit zu den w~hrend dieses Znstandes not- wendigen Funktionsvergnderungen gehSrt.

Aus diesen Tierexperimenten kSnnen wir den letzten Sehlu$ ziehen, dab das Au/treten eines renalen Diabetes ausgelSst wird, dutch die Fur&. tion der Ovarien, und zwar des Corpus luteum. Wiire es ein Ausfull de r Ovarialfunktion, dann wgre durch die Implantation yon Keimdrfisen gravider Tiere bei nichtgruviden nie ein renaler Diabetes zu erzeugen gewesen. Denn bei diesen w/ire ja, da sie im Besitz ihrer normal funk- tionierenden EierstSeke waren, eine Minusfunktion sofort ausgegliehen worden. E,~ Boll aber damit nicht behauptet werden, dal? eine direkte Beziehung zwisehen 0varien und Schwangerschaftsfunktion der Niere besNinde, es ist wohl m6g]ich, dug erst auf dem Wege fiber andere Drfisen mit inneren Sekretion dieser renule Diabetes erzeugt wird. Das zu entscheiden, mug weiteren Untersuehungen vorbehMten bleiben. Aber so viel k6nnen wir sugen, daf~ den Impuls zu dieser Zuekeraus- seheidung sieher die dureh die Gravidit/~t anders eingeriehtete Ovuriul- funktion gibt. Auger den Keimdrtisen verursaehen vielleicht such noch undere Blutdrfisen eine derartige Ver&nderung im Orgunismus, wie die !-Iypophyse oder die Schilddrfise. Wir k6nnen wohl am ehesten uns in dab Geheimnis dieser Vorg/~nge hineindenken, wenn wit uns stets ve t Augen halten, dab jeder Vorgang in einem Organ -- im weitesten Sinne des Wortes -- eine Vergnderung im ganzen K6rper and in anderen.

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Die Bezlehungen der w6iblichen Keimdrttsen zum renalen Diabetes. 3(}7,

Organen auslSsen muB. Dieses trifft ganz besonders zu bei den Driisen mit innerer Sekretion. Die Funk~ion einer Drfise ist in einem ganz be- st immten Gleichgewicht eirigestellt auf die Funktionen der fibrigen, und jeder J~nderung der T~tigkeit dner Blutdrfise muI] eine solehe der anderen folgen. Desh~lb kann man ~ueh nicht behaupten, daft lediglioh die Um- stellung der OvariMfunktion w~hrend der Gr~vidit/~t den renMen Dia- betes bewirkt, sondern es ist ebensogut mSg]ieh, dub erst die andern Drfisen zur Verst~rkung, oder Absehw~ehung ihrer Funktion dutch die neue Eierstocksfunktion ~ngeregt werden nnd dM] dieses den ren~len Diabetes zur Folge hat.

M~n kann Mso nur s~gen, dub der Ablauf dieser Funktionswelle bei den Ovarien anf~ngt. Der F6t allein k~nn keinen renMen Diabetes ausl6sen, wenn die EierstScke fehlen oder entfernt werden, wie meine Untersuchungen zeigen konnten. Wohl abet kSnnen dies die dureh das Vorhandensein eines befruehteten Eies zur Gravidit~tsver&nderung angeregten Ovarien. Ieh m6chte, um diese Theorie deutlieher zu m~chen, die Vorg~nge ~n den Nieren mit einem kleinen Beispie] illustrieren. Nehmen wir an, dab d~s befruehtete Ei die gespannte Sehne einer Arm- brusL d~s Ovarium dam Pro]ektil ist; um eine Wirkung ~n entfernter Stelle auszul6sen, m/issen beide Faktoren ,,gesp~rmte Sehne" and ,,GesehoB" vorhanden sein. Entferne ich das G.esehoB, so kann die An- spannung und das Sehnellenlassen der Sehnen nie eine Wirkung am Zielpunkte ausiiben. Ist aber einmM alas GeschoB dutch die Sehne in Bewegung gesetzt, so kSnnen wit seine Wirkung nut/~ndern, indem wir das fliegende Projektil in seiner Laufbahn aufhalten -- Exstirpabion der Ovarien -- nieht abet dadureh, daft wir die Sehne der Armbrust zerschneiden -- Entfernung des Gravidit~. Augerdem k6nnen wit abet aueh die dem Geschog dutch die Entspannung der Sehne iibertragene Energie, in Form der Bewegung, dureh geeignete Mittel yon seiner Flugbahn ablenken und sind in der Late, an einer anderen, Ms der ur- spriingtich beabsiehtigten Stelle einen Efiek~ auszuiiben. Das wiirde im Versueh der Wirkung der transplantierten Ovarien gravider Tiere bei niehttr~ehtigen entspreehen. Wghrend der Gr~vidit~t werden nun, bildlieh gesproehen, d~uernd solehe Projektile abgesehossen, wogegen bei dem aus seiner Bahn gebraehten Geseho[t keine weiteren in der l%iehtung der Ablenkung folgen k6nnen. D~her hglt die Wirkung nur kurze Zeit an.

Da diese Versuehe nun den BeweJs gebracht haben, dub die Xnderung des Blutdriisengleiehgewiohtes den renMen Diabetes hervorrnft, so ver- suehte .ieh dutch In,elation von Ovarialprgparaten beim Tier kiinstlieh einen 2Vierendiabetee zu erzeugen.

Die Versuel/e wurden in der gleichen Weise wie die anderen ausge- fiihrt. Bei den Tieren wurde zun~chst die vertr~gliche HSchstgrenze des Blutzuekerspiegels bestimmt und dann einige Tage hintereinander

20*

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308 I-I. Ktistner:

groge Mengen der verschiedenen Ovarialpriiparate injiziert. Ich spritzte sowoM die Gtandole der Grenzachschen Werke, Ovo nnd LuteogI~ndoI als auch die naeh den Angaben yon ProE Abderhalden hergestellten Merekschen Optone, Ovoopton und Corpusluteum-Opton. Die Injek- tionsmengen waren weir grSller, als wir sie beim Menschen in thera- peutiseher Beziehung anzuwenden gewohnt sind. T~glich wurden bis 6 ccm der einzelnen Praparate injiziert und doch konnte ich bet den GIandolen nie einen renalen Diabetes erzeugen. Bet den Optonen war vielleicht eine minimale Herabsetzunff der ToIeranz der Nieren gegen Zucker nach In]ektion des Corpusluteum-Opton zu verzeichnen. Eine ErhShung der Resistenz bet normalen Tieren dutch In]ektion yon Ovoopton trat nicht ein. Ich mSchte aber diesen t~esult~ten nicht allzuviel ]~edeutung beimessen, da ieh sie aus aui~eren Griinden nich~ fortffihren konnte. Oer negative Ausfa]! dieser Versuche kann zweierlei Grfinde haben. Entweder wirken alle diese Pr~parate zu wenig spezifiseh und vermSgen wohl einen pathologisehen Zustand beim ~ensehen zu korrigieren, abet nicht einen normalen Zustand beim Tier so weir zu iindern, dal~ eine an der Grenze des Physiologisehen liegende Ersehei- nung resu]tiert. Andererseits ware es mSglieh, dab die Mengen, die wir injizieren, vergliehen mit denen, die dureh die natfirlichen Vorgange dauernd in den Organismus fibergehen, doeh noeh zu gering sind. Nach den Zondecksehen Untersuehungen scheint den Organpraparaten ja ziemlich wenig spezifisehe Wirksamkeit zuzukommen, und so ware die erste Erklarung wolff die richtigere.

Ich mSehte aber die Entscheidung, woran der negative Ausfall der Versuche gelegen hat, noch often lessen. Den Exstirpations- und Trans- p]antationsversuchen messe ieh mehr Bedeutung bet und gIaube, auf Grund meiner Untersuehungen, zusammenfassend zu folgenden Be- hauptungen eine gewisse Bereehtigung zu haben.

1. Wghrend der Gravidit~t besteht beim Menschen nnd Tier ein renMer Diabetes.

2. Bet der schwangeren Frau verschwindet gegen Ende der Sehwan- gersehaft diese Empfindliehkeit der Nieren. Nur noeh etwa bet 20% finder m~n zur Zeit der Entbindung einen renalen Diabetes.

3. Diese Zuekeraussoheidung finder sieh ferner bet niehtsehwangeren Frauen einige Tage vor der Periode (Menstruationsglykosurie) und aueh beim Tier znr geit der Brnnfg (Brunftglykosurie).

4. Die Unterbreehung der Schwangersehaft hat ein AufhSren der Glykosurie naeh etwa 2--4 Tagen zur Folge. D~her kommt die Methode zur Diagnose der Extrauteringravidithb nieh~ in Betracht.

5. Bet Tieren konnte w~hrend der Gravidit~t dutch Entfernung der Ovarien, nieht abet dureh die Exstirpation des Uterus, der renale Diabetes sofort zum Sehwinden gebracht werden.

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Die ]3eziehungen der weiblichen Keimdriisen zum renalen Diabetes. 309

6. [Durch I m p l a n t a t i o n y o n O v a r i e n g r av ide r Tie re be i n i c h t g r a -

v i d e n konn~e e in e inige Tage a n h a l t e n d e r D i a b e t e s e rzeug t werden .

Aus a l l en d iesen B e o b a e h t u n g e n s e h e i n e n w i t zu der A n n a h m e

B e r e e h t i g u n g zu h a b e n , d~g der r ena l e [Diabetes a b h ~ n g i g is t y o n d e m

V o r h a n d e n s e i n u n d F u n k ~ i o n i e r e n e ines Corpns l u t e u m .

Literaturverzeiehnis. Aschner, Blutdrtisenerkrankungen des Weibes. Wiesbaden 1918. - - Asehner,

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