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85 neff 4] 593 Die biologische Bedeutung der ,,tierischen Hypnose,, bei VOgeln. Von Fritz Steiniger, Insti~ut fi~r Vererbungswissenschaft; Greifswald. In seinem Aufsatz ,,Die Akinese bei VSgeln ein Instinkt?" wendet sieh J. PErrZ~EIER (Orn. Monatsber. 1936, S. 110) gegen meine Auffassung der Reaktionshemmung, der sog. ,,tierisehen Hypnose". Wenn ich diesen Zustand und alas mit ibm verbundene Verhalten des Tieres als einen Instinkt bezeiehnete, so maeht PEITZMEIEIt dagegen geltend, dag ein Instinkt zweekmN~ig sein miisse, was flit die Reaktionshemrnung nieht zutreffe. Es fragt sich also, ob der Begriff ,,Instinkt" heute alIgemein nur ~uf gerhaltensweisen bezogen wird, deren Zweekmitgigkeit ersichtlieh ist. Die Auffassungen des Instinktbegriffs sind bis heute keineswegs einheitlich, und es ist darehaus zu billigen, wenn K. LO:RE~z (1932) bei der Behandlung ererbter tieriseher Handlungsbereitsehaften diesen Aus- druek mSgliehst vermeidet, ,,aus dem Grunde, daft das Wort Instinkt sehon in so vielen versehiedenen Bedeutungen gebraueht wurde, um nieht zu Migverstiindnissen Anlag zu geben". Stammt der Ausdruek doeh aus tier Zeit des kirehliehen Dogmatismus und diente dazu, auf Grund tier herrsehenden religi6sen Auffassung das zweekm~Bige Verhalten der Tiere gegenfiber dem verst~ndigen Tun des Mensehen abzugrenzen. Heute ist in der wissensehaftliehen Betraehtung die strenge Grenze zwisehen mensehlieher und tieriseher Psyehologie gefallen und man be- zeiehnet als Instinkte ,,ererbte Tiitigkeitsbereitsehaften" (AJav~Es), die sozusagen eine Art Mittelstellung zwisehen den Reflexen einerseits und den Vernunfthandlungen andererseits einnehmen. KOH~ definiert die Instinkte sis ,,komplizierte Verhaltensweisen mit unbedingt reflektoriseher Grundlage". Den Instinktea stehen auf der einen Seite die Dressuren (,,erworbene Automatismen" naeh ALvJ~m)ES) und die einsiehtigeri Handlungen gegeniiber, auf der anderen Seite die Reflexe, die sieh allerdings yon den Instinkten nieht prinzipiell, sondern mehr graduell, dareh ihre weit grSl~ere Ninfaehheit unterseheiden und aueh dadureh, dag sie mit dem Gebiete des Psyehisehen nut geringfiigige Zusammen- h~nge erkennen lassen. In unserem Zusammenhange interessiert, dal3 die ZweekmN3igkeit n~eh den heutigen Definitionen keineswegs allgemein als KJ'iterium eines fnstinktes gilt, vielmehr war dies in der Hauptsaehe nur bei der alten kirehlieh dogmatisehen Instinktlehre der Fall, wiihrend heute die namhafteren Untersueher dieses tierisehen VerhMtens bei ihren J-ourm f, Orn. 85. Jahrg, Okt;ober 1937, 39

Die biologische Bedeutung der „tierischen Hypnose“ bei Vögeln

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Die biologische Bedeutung der ,,tierischen Hypnose,, bei VOgeln.

Von Fritz Steiniger, Insti~ut fi~r Vererbungswissenschaft; Greifswald.

In seinem Aufsatz ,,Die Akinese bei VSgeln ein Instinkt?" wendet sieh J. PErrZ~EIER (Orn. Monatsber. 1936, S. 110) gegen meine Auffassung der Reaktionshemmung, der sog. ,,tierisehen Hypnose". Wenn ich diesen Zustand und alas mit ibm verbundene Verhalten des Tieres als einen Instinkt bezeiehnete, so maeht PEITZMEIEIt dagegen geltend, dag ein Instinkt zweekmN~ig sein miisse, was flit die Reaktionshemrnung nieht zutreffe. Es fragt sich also, ob der Begriff ,,Instinkt" heute alIgemein nur ~uf gerhaltensweisen bezogen wird, deren Zweekmitgigkeit ersichtlieh ist.

Die Auffassungen des Instinktbegriffs sind bis heute keineswegs einheitlich, und es ist darehaus zu billigen, wenn K. LO:RE~z (1932) bei der Behandlung ererbter tieriseher Handlungsbereitsehaften diesen Aus- druek mSgliehst vermeidet, ,,aus dem Grunde, daft das Wort Instinkt sehon in so vielen versehiedenen Bedeutungen gebraueht wurde, um nieht zu Migverstiindnissen Anlag zu geben". Stammt der Ausdruek doeh aus tier Zeit des kirehliehen Dogmatismus und diente dazu, auf Grund tier herrsehenden religi6sen Auffassung das zweekm~Bige Verhalten der Tiere gegenfiber dem verst~ndigen Tun des Mensehen abzugrenzen. Heute ist in der wissensehaftliehen Betraehtung die strenge Grenze zwisehen mensehlieher und tieriseher Psyehologie gefallen und man be- zeiehnet als Instinkte ,,ererbte Tiitigkeitsbereitsehaften" (AJav~Es) , die sozusagen eine Art Mittelstellung zwisehen den Reflexen einerseits und den Vernunfthandlungen andererseits einnehmen. KOH~ definiert die Instinkte sis ,,komplizierte Verhaltensweisen mit unbedingt reflektoriseher Grundlage". Den Instinktea stehen auf der einen Seite die Dressuren (,,erworbene Automatismen" naeh ALvJ~m)ES) und die einsiehtigeri Handlungen gegeniiber, auf der anderen Seite die Reflexe, die sieh allerdings yon den Instinkten nieht prinzipiell, sondern mehr graduell, dareh ihre weit grSl~ere Ninfaehheit unterseheiden und aueh dadureh, dag sie mit dem Gebiete des Psyehisehen nut geringfiigige Zusammen- h~nge erkennen lassen.

In unserem Zusammenhange interessiert, dal3 die ZweekmN3igkeit n~eh den heutigen Definitionen keineswegs allgemein als KJ'iterium eines fnstinktes gilt, vielmehr war dies in der Hauptsaehe nur bei der alten kirehlieh dogmatisehen Instinktlehre der Fall, wiihrend heute die namhafteren Untersueher dieses tierisehen VerhMtens bei ihren

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Definitionen yon ganz anderen Kriterien ausgehen. Da~ Inst inkte in den Mlermeisten Fallen unter natiirlichen Bedingungen z w e c k m ~ i g sind, ist eiae allenthalben erwiesene Tatsache~ ohne da~ deshalb der Begriff des Inst inktes nur auf zweckm~il3iges Handeln beschr~nkt werden mii~te. I (ennen wir doch bei Insekten and Spinnen ererbte Verhaltensbereit- schaften, fiir die sieh keinerlei ZweckmfiBigkeitsbeziehungen naehweisen lessen, und die nnr durch kausal geriehtete phylogenetische Betraehtungen verstgadlich werden, wenn man erkennt, dal~ die gIeichen Auspr~gungen der KSrperform and des erblich bedingten Verhaltens bei verwandten Arten in best immter Kombinat ion hSchste Zweckmg,$igkeit erreiehen ( J u s t 1934). Auch in der fiir die Instinktauffassnng in der Ornithologie grundlegenden Arbei t yon LOI~ENz (1932) fiber arteigene Triebhandlungen wird das Postulat der Zweckmgl~igkeit nicht in die Definition der erb- lichen Tr iebhandhmg aufgenommen, wenn aueh LORENZ die Frage, wie welt bei VSgeln nichtzweckmg$ige Triebhandlungen vorkommen, nieht eigens diskutiert. ~)

Wenn nun PEITZM~ER die MSglichkeit, die Reakt ionshemmnng als Ins t inkt aufzufa.ssen, in Abrede stellt, so griindet er seine Ansicht uuf unter ausgesprochen e x p e r i m e n t e l l e n Bedingungen gewonnene Beobachtungen, n~mlich auf Versuehe am Haushuhn. Dal~ bei in Ge- fangensehaft lebenden Hgustieren viele Inst inkte zweek- und sinnlos werden, kann man gllgemein voraussetzen, da die natfirlichen Bedingungen~ unter denen ihre wilden Stammeltern lebten, ja in keiner Weise ein- gehalten werden kSnnen. Es ist somit aueh erkl~trlich, daI3 die Antoren

1) Ob die ,tierische Hypnose" der VSgel sich der von LORENZ gegebenen Definition der ,,urteigenen Triebhandhng" unterordneL ist fraglich. Denn schon rein ~ui]erlich ist ja die ,,tierische Hypnose" weniger dureh eine Handlang, uls vielmehr durch den Ausf~ll yon eigentlieh zu erw~rtenden Triebh~nd]ungen (Flueht, Abwehr, Umdrehbewegung) gekennzeiehnet. Ferner zeigen in bezug aaf die ,~tierisehe Hypnose" nicht setten AngehSrige der gleichen Art innerhalb gewisser @renzen Versehiedenheiten, w~hrend naeh LoRE~xz die Auffhssung als arteigene Triebhandlung nur zul~ssig ist, wean sich ,,alle Einzeltiere der Art darin gleieh verhalten". Aueh entsprieht die Starrheit des Ablaufes nicht der yon L o ~ z ffir solehe Triebhandlungen vorausgesetzten, denn der Ablauf der ,tierisehen Hypaose" kann leicht modifiziert werden, besonders dureh Dressur (,,Zahmheit"). Um ira strengen Sinne der Definition yon LoREnz gereeht zu werden~ wird man die ,tierisehe Hypnose" wohl als eine Verschr~nkung yon Triebhandlungen mit ein- faehen l~eflexen~ smch mit erworbenen Automatismen und mSglieherweise auch mit einsichtigen Handlungen bezeichnen mfissea (z. B. Aui~eben der Reaktions- hemmung bei M6wen im geeigneten Augenblick?). - - In meinem yon PEITZMSlSR kritisierten Aufsatz hatte ich eine allgemeiner gehaltene Definition des Instinktes - - etwa die yon AnV~DES -- zugrundegelegt.

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des vorigen Jahrhunderts, die vor PEITZMEIER hinsichtlich der ,,tierischen Hypnose" nur mit Haustieren experimentierten, ebenfMls eine biologisehe Bedeutung dieses Zustandes nicht entdecken konnten. Die Reaktions- hemmung erschien im Lichte eines interessanten, fast mit einem mystisehen F~tktor versehenen, abet 5kologisch bedeutungslosen Ver- suchsergebnisses, und zwar deshalb, weil man sie nur unter unnattirliehen, ausgesproehen experimentellen Bedingungen kennen lernte. Doch ist die experimentelle Beobachtung bier nieht entseheidend, zumal wenn sie an Haustieren durchgefi~hrt wird, vielmehr mug man oft; wenn man Instinkte in ihrer wirkliehen bioIogisdlen Bedeutung verstehen will, auf das Verhalten wildlebender Tiere zuriickgreifen.

Wenn PE1TZMEIER dem Sicbdriicken der VSgel den Charakter eines Instinktes zubilligt, der experimentell ausge!Ssten Reaktionshemmnng indessen nieht, so kgnn ieh demgegenfiber nur erneut darauf hinweisen~ dab zwisehen dem Verhalten eines sichdri]ckenden und eines ki]nstlieh in Reaktionshemmung versetzten Vogels sehr oft keinerlei Untersehied nachzuweisen ist. Beobaehtungen, die dies belegen, h~be ich ausfiihrlieh mitgeteilt (1935, 1936 a, b, c). Es dfirfte in vieIen F~tllen unmSg]ich sein, Mlein dureh die Untersuchtmg z. B. einer in Reaktionshemmung befindlichen jungen MSwen zu entscheiden, ob das Tier diesen Zustand info]ge einer experimentellen Behandhmg oder spont~n, nach der Art des Siehdriickens, angenommen h~t. Die Unterschiede zwischen Reaktions- hemmung und SichdrScken, die PEITZME1ER anfiihrt, sind nicht solehe zwischen diesen beiden Verhaltensweisen an sich, sondern zwischen dem Verhalten eines Huhnes unter experimentellen Bedingungen und dem eines freilebenden Vogels. Es sei auf einige Argumente ~EITZMEIERS bier ngher eingegangen:

Fiir die AuslSsnng des Sichdriiekens sollen optisehe und akustisehe Reize, Nr die Erzeugung der Reaktionshemmung jedoeh liinger dauernde taktisehe bzw. kin~isthetisehe Reize erfordertich sein. Doeh aueh experi- mentell geniigen zur Hervorrufung der Reaktionshemmung zuweilen optische und akustisehe Reize ohne jede Beriihrung, freilieh nieht bei zahmen hlaustieren, sondern bei wildlebenden VSgeln. Eine friseh ge- fangene Sehleiereule konnte ieh mehrmals daAureh in Reaktionshemmung versetzen , dal~ ieh mieh ihr niiherte (vgl. STE~maER 1936 a, S. 127), junge LaehmSwen dadureh, dal~ ieh sie auf freiem Wasser mit einem Boot verfblgte (vgl. S'r~INIaER 1936 e, S. 138). L~ingere Reizeinwirkung ist bei der experimentell ausgelSsten Reaktionshemmung sehr oft i]ber- fliissig. Beim Sichdriieken soll der Vogel gespannteste Aufmerksamkeit zeigen, bei der Reaktionshemmung dagegen die Augen sehliegen. Doeh

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sah ich gar nicht selten, dal3 der spontan sich driickende Nestfliichter ebenfalls die Augen schliel3t. [ch werde dies in einer sp~iteren Ver- 5ffentlichung durch fotografische Aufnahmen belegen. Andererseits ist das Schliel3en der Augen aueh fiir experimentell ausgel5ste Reaktions- hemmung nicht allgemein charakteristisch, vielmehr zeigen sich gerade in dieser Beziehung starke artliehe Verschiedenheiten. Ebenso wie beim Siehdriicken ist der Vogel auch bei der experimentell ausge]Ssten Reaktionshemmung oft in der Lage, sehnell and in einer dem Beobaehter als zweckmiit3ig erscheinenden Weise zu entfliehen (vgl. S~EI~:m~R 1336 c, S. 139). Wenn PEI~ZM~IEa angibt, die Reaktionshemmung kSnne im Gegensatz zum Sichdriieken nicht bei normaler KSrperlage des Tieres eintreten, so widersprechen dem die Angaben nahezu aller Autoren, die jemals die sog. ,,tierisehe Hypnose" behandelt haben (z. B. hat in neuerer Zeit Dl~osT (O. Mber. 41, 1933) hierzu positive Angaben gemacht). Selbst das Haushuhn kann leicht in dieser Ste]lung ,,hypno- tisiert" werden (fotografische Abbildungen bei MA~GoL]), HA]~E]~LA~]), ~VE:t'I~AUCE). Ebensowenig hat die Angabe PEITZMEIERS Allgemein- giiltigkeit, dab die Haltung bei Reaktionshemmung und Sichdriieken verschieden sei. Die Verschiedenheiten sind bier vielmehr artlich bedingt, erstrecken sieh dann nicht nur auf die Haltung, sondern auf das Ge- samtverhalten des Tieres. Ein Haushuhn z.B. verh~lt sich anders als eine MSwe, jedoch ist das Verhalten der MSwe gleieh, sei es dal] sie dureh experimentelle Behandhmg oder spontan in Reaktionshemmung ger~it.

Ich glaabe somit die Annahme gereehtfertigt zu haben, da[,/ ein Sichdriicken oft einen der Reaktionshemmung identischen Zustand dar- stellt. Die Reaktionshemmung kann die Grundlage eines anerkannt niitzlichen Instinktes darstellen. Doeh da man nicht si~mtliche Fiitle des Siehdriickens auf eine ausgesprochene Reaktionshemmung zuriick- fiihren kann, vielmehr (dies besonders bei JungvSgeln an den ersten Lebenstagen) bestimmte Symptome der Reaktionshemmung beim Sich- driicken auch fehlen kSnnen, so geht es nieht an, das Sichdriicken ganz Mlgemein als Reaktionshemmung zu bezeichnen. Feststellen l~gt sieh vielmehr nur, dab yon bestimmten Formen des Sichdriickens, die der Reaktionshemmung identisch sind, alle Ueberg~nge zu anderen Formen des Sichdrtiekens, die mehr oder weniger stark von typischen Reaktions- hemmung abweiehen, gegeben sind (vgl. O. Mber. 44, S. 137).

Ich halte ca an meiner yon PEITZMEIER kritisierten Darstellung der Reaktionshemmung nicht fiir so iiberaus wichtig, auf diesen Zustand nun den immerhin leicht migverst~ndlichen Ausdruck ,Instinkt" an-

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zuwenden, l) Worauf ieh besonders hinweisen wollte, ist der Umstand, da[3 die Reaktionshemmung eine ganz andere Betrachtnng verdient, als ihr im al]gemeinen zuteil wird. Man beschr~nkt sich nur zu oft auf ihre rein experimente]le Seite, studiert sie in der Form des ,,E~Terimentum mi~'abite" Pater Elnc~zRs, w~ihrend ihre eigentlich interessante Seite doch vietmehr ihre allgemeinbiologiseh-Skologisehen Beziehungen sind. Ihre einseitig experimentelle Betrachtung ffihrt zu einem Uebersehen der vielen Seitenverbindungen, die yon ihr aus zu anderen Instinkt- handlungen wie auch zum normal-beweglichen Verhalten des Tieres offensichtlieh bestehen. Ist doch eine Akinese~)~ eine vSllige Be- wegungslosigkeit, mehr charakteristisch fiir die als Sichdriicken zusammen- gefaSten Verhaltensformen als gerade fiir die experimentelle Reaktions- hemmung, w~hrend der bei vielen Vogelarten Bewegungen aller Ar L Abwehrhandlungen und Angstrufe, ja sogar Nahrungsaufnahme mSglieh sin& Wir erkennen den Uebergang zum normal-bewegliehen Verhalten in der Abwehrhandlung yon in die Enge getriebenen Er~ihen und Raub- vSgeln, die sieh auf den Riieken werfen und in dieser Lage den An- greifer erw-trten, sich aus der Riickenlage auch sehr wirksam verteidigen kSnnen (vergl. Anmerkung 3 S. 601).

Zwischen allen diesen Verhaltensweisen steht das dureh zum Tell recht ktinstliche Definitionen aus dem Erscheinungenkomplex heraus- getSste Experimentum mirabile, dessen atleinige engsichtige Betrachtung natiirlich keine biologischen Beziehungen aufdecken kann, da diese bei den angewandten rein experimentellen Untersuchungsmethoden nicht in Erscheinung treten kSnnen.

Natiirlich ist es n6tig, bei diesen gleitenden Uebergingen irgendwo eine Grenze zu ziehen. Diese ist zur Zeit noch recht willktirlich, viel- leicht gelingt es einer spiteren Untersuchung, irgendwelche durch Tat- sachen gegebene, nicht durch Definitionen kiinstlich geschaffene Grenzen zu zeigen. Indessen darf man, wie auch diese Grenze angenommen

1) Wenn man dem tierischen und menschlichen Verhalten nur die drei Kate- gorien Re f l ex , In s t ink t , Ve rnunf thand lung zugrundelegt, wird man die Reaktionshemmung wohl notwendigeizna~en in die Gruppe tier Instinkte einreihen miissen.

9) B~ITZH~I~ benutzt den Ausdruck ,Akinese" anscheinend als mit dem der ,,tierisehen Hypnose :' gleichbedeutend. Eine solehe Verwendung des Wortes ,,Akinese" ist nieh~ gerade zu empfehlen, da einmal unter ,,Akinese" sgmtliehe bewegungs]osen Verhaltensweisen fferechnet werden miissen, wie Ruhe, Lauerstellung, Tod: und well iiberdies die ,,tierisehe Hypnose" oft nicht mit einer Akinese verbunden ist, sondern weitgehende Bewegungen gestattet.

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wird, wegen der g le i tenden Ueberg~I~ge auch dem auileHlalb dieser

Grenze l iegenden die Augen nicht verschliefien.

W e n n PEI~ZMnlEI~ d~ts spontane E in t r e t e n der R e a k t i o n s h e m m u n g

bei e iner a l lgemeinen Beur te i lung dieses Zus tandes als uubet r~cht l ich

erscheinen ]iiBt, so muff dem durcha.us widersprochen werden, E i n -

schlSgige Beobach tungen sind zu h~ufig und ouch zu leicht zu wieder-

holen, Ms dab man sic i ibergehen kSnnte. Ich babe an ~nderer Stelle

(1936 b) eine Dars te l lung mir bekana te r A n g a b e n aus der Li ter~tur

gegeben, auf welche hier nu r verwiesen werden so]l. 1) I n seiner Kr i t i k

1) Ich nehme Gelegenheit, an dieser Stelle auf einige Ausffhrungen von E~o~I,- ~A~ (1928) hlnzuweisen, die in der genaanten zusammenfassencIen Dsrstellung noeh nieht beriioksichtigt wurden, and die in unserem Zusammenhgnge sehr eindrueks- yell sind. Vom r o t e n M i l a n sagt der genannte Antor: ,Besonders eigentfimlich verhalten sieh Nestlinge: deren Horst man bes~eigt, and oft aueh frisch gefangene Gabelwelhen. Sie nehmen eine eigentiimliche ,Schreekstellung" ein, legen sich krampfartig: wie tot, steii hin~ lassen Fliigel and Sehwanz sehl~ff hgngen, 5ffnen den Sehnubel, strecken wohl ouch die Znnge vor. Man kann sic d~nn manchmal ~m Sehwanz, an der Ftiigelspitze oder am Fang hoehheben~ sic bewegen sich nieht und lassen sieh ruhig wieder hinlegen~ yon der Stange oder aus der Hand lassen sie sich wie tot hinfallen. Naeh einigen Tagen geben sic diese ManSver ~uf, wenn sie nichts genntzt haben". ENGEL~IANlg gibt ferner foIgende Beobaehtung wieder: ,Vor elnigen Jahren h~tte ich Mitre Oktober auf freiem Felde eine Rattenfalle unmittelb~r vor ein Humsterloeh gestellt. In dieses Eisen gorier friihmorgens eine Oabelw.eihe, und zwar so, da~ nur etwa ein Dutzend Brustfedern gefal]t waren. Daes jedoch kurz nach der Mouser war, sailer die Federn i~st Iund die ungestiimen Befreinngsversuehe derWeihe waren vergeblieh. Ein Gespannfiihrer~ der in niichster NiChe pfliigte, hatte denVorgang beobachtet and denVogel in einem Sack gesteekt. Zehn Minuten sparer war ich an Ort nnd Stelle, uud der Oespannfiihrer teilte mir die Saehe mit. Ieh ging zu dem Wagen~ auf den er den Sack gelegt hat~e~ 5ffnete ihn und fond den I~aubvogel darin verendet liegen. Zun~ehs~ machte ieh 'dem Manne schwere Vorwiirfe~ weshalb er dos sehSne Tier getStet hi~tte~ war abet er- staunt, a]s ieh hSren mui]te, doll der Gefangene vorsichtig befreit worden sei and sich gar nieht zur Wehr gesetzt babe. Nlm nahmen wir den Vogel vorsichtig uus dem Sack, and seheinbar ohne jedes Lebenszeichen lag oder besser gesagt hing er in meiner H~nd. Wir breiteten ihm die Fl[igel ~us. steekten ihm die Finger in den SchnabeI~ schwenkten ihn an den F~ngen bin und her - - vergebl~ch, er gab kein Lebenszeichen yon sich.

Mich machte jedoeh dos starr geSffnete Auge sh~tzig, nnd ich nahm deshalb den Vogel mit nach Hause, indem ich ihn an den Schwingen bezw. Fi~ngen trug~ doch immer noch hing der Kopf sehlaff herab. Zu ttause legte ich den Milan in eine zur I~iihneraufzucht benutzte kleine Voliere~ und k~nm war er meinen H~nden entglitten, ats er auela sehon die Sehwingen breitete und im niiehsten Augenbliek an den Maschendrahtwiinden seines Kiifigs hing! Als ich jedoeh eine heftlge Be- wegung maehte, um die Tiir zu schliel]en~ fielder Kopf des Vogels hinteniiber~ die Fgnge llellen den Draht langsam los~ and wie leblos lag der Bursehe am Boden.

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sagt PEI:rzMEIEt~: ,,Beriicksiehtigen wir schlieNich noeh, dag die Akinese n u t 1) eintritt bei vorsiehtiger, ruhiger Ueberftihrung in eine dem Tier ungewohnte KSrperlage unter Vermeidung aller hastigen Bewegungen, so miissen wir annehmen, dag derartig gtinstige Vorbedingungen fiir das Eintreten der Starre in der Natur zu den grSgten Seltenheiten gehSren, d. h. dag aueh aus diesem Grunde die Akinese praktiseh bedeutungslos ist". Dieses ablelmende Urteil seheint dutch eine nieht ohne weiteres zu rechtfertigende Uebertragung der speziellen Befunde am Haushuhn auf VSgel im allgemeinen bedingt zu sein. W~hrend die Angaben ftir das Haushutm im grol]en und ganzen zutreffen dtirften, verliert das , ,nur" ftir eine Reihe anderer Vogelarten seine Otiltigkeit. Gerade heftige pl6tzliehe Reize sind es vielfaeh, die ein Eintreten der Re~ktionshemmung besonders begiinstigen2), wie sie aueh z. B. beim Angriff eines Raubtieres auf ein Beutetier ausgeiibt werden (vergl. hierzu aueh die Beobachtung I7IEINROTttS an Katze and Sperling Orn. Mber. 41, 1933). Aueh beweisen die tatsiiehliehen Beobaehtnngen, dag der- artig sehoekartige Reize ein in Freihei t befindliehes Tier in Reaktions- hemmung versetzen k5nnen, sei es dab sie meehaniseher oder aueh nut optiseh-akustiseher Ar t sind. Es liegt also keinerlei Veranlassnng vet, die yon DRos% HEI~I~OT~ und anderen vertretene Ansieht, der ,,tierischen Hypnose" komme eine Sehutzfunktion zu, aufzugeben.

Um Migverstiindnis zu vermeiden, sei besonders darauf bingewiesen, dab hier keineswegs an eine absolute Sehutzwirkung dieses Verhaltens gedaeht wird. Diese wiire ebenso unvorstellbar, wie sie es ganz allge- mein bei Sehutzanpassnngen irgendweleher Ar t ist. Gerade die Unter- suehung der allerspezialisiertesten Sehutzanpassungen (z. B. bei Insekten) Zeigt wieder and wieder, dab einmal diese Anpassungen in einem grogen

Ich llel] ihn in Ruhe and konnte zu meiner Freude feststetlen, dal] der Milan eine Viertelstunde sio~ter aufgeblockt war und sein Gefieder gliittete. Nachmittags nahm er bereits ]~ral~ zu sich, and naeh einigen T~gen krSpfte er ohne Seheu vor meinen Augen. Diesen Milan habe ieh zwei Woehen besessen und viel Freude an seinen ,,SeheintodmanSvern", die er bei jeder Gelegenheit ausfiihrte, gehabt. Ich gab ihm die Freiheit zuriiek¢'

Veto S p e r b e r sagt E~G~L~a~: ,Der in schon reeht fliiggem Zustande ge- fangene Nestling iibt nieht setten die angeborene List~ sieh in der Hand tot zu stellen~ er streckt sieh steif und lang wie in Totenstarre, um pl5tzlieh mit einem Rack fortzufliegen. Auch alte Frisehf~nge handeln oft so; der wehrhafte Habieht manehmal aueh, aber seltener nnd unvollkommener".

1) Gesperrt veto Verfasser. 2) Gerade die besondere Wirkung des schoekartigen l~eizes flihrte aueh zur

Konstruktion des bekannten tIypnoseapparates yon MASGOLD und Esl~ST~:I~.

[J. Orn. 6 0 0 F~I~cz S~EI~mER: I_ 1937

Teil der Fglle vSllig versagen, und ferner, dab die gleiehen Eigenschaften, die bei der einen Art eine sehr weitgehende Schutzanpassung entstehen lassen, bei einer anderen Art als ganz bedeutungslose Merkmale auf- treten. ZweckmgBigkeiten scheinen allgemein bei dem erstrualigen Ent- stehen einer Schutzanpassung keine Rolle zu spielen, viehnehr gelingt ein Verst~tndnis von deren Zustandekommen besser, wenn man sich an streng kausale Gesichtspunkte hSlt. Eine Uebertragung dieser allge- meinen Erfahrung auf die Reaktionshemmung diirfte klar legen, dab trotz tier allgemeinen Auffassung dieses Zustandes als Schutzanpassung (,,Anpassung" hier im Sinne eines Zustandes, nicht eines Vorganges) bestimmte ihrer Erscheinungen auch unter natiirlichen Bedingungen 8kologisch bedeutungslos sein d~irfte~. Dies gilt jedoch fiir Schutzan- passungs-Instinkte wohl ganz altgemei,~.

Die auBerordentlich hohe Zaht yon ~ms als zwecklos erscheinenden Organbildungen oder auf unbedingt-reflektorischer Grundlage sieh ~mf- bauenden l~Iandlungen warnt uus geradezu davor, die ZweckmgBigkeit in eine Definition mit einzubeziehen. Denn wir seheI~ die gleichen Organe und Vertmltenswe{sen bei anderen Arten wiederum hSchste 8kologische Bedeutung gewinnen. Eine Definition, die nach Zweck- m~Bigkeit - - Zwecklosigkeit trennt, wiirde also oft Identisches ausein- anderreiBen und ersehwert die Betrachtung. Viel geeigneter sind solche Definitionen, die sich an Symptomkomplexe halten und weniger yon teleolo- gisehen Betrachtungen als vielmehr yon kausalen Erwiigungen ausgehen.

Was das S i c h l a h m s t e l l e n tier V6gel am Nest anbelangt, so ist dessen Beziehung zur Reaktionshemmuug lediglich vermutet (BUAESS, SWRESJ~AN~, Verf.) und auch yon mir nut als Vermutung dargestellt worden. Beweisende Beobachtungen, wie bei der Beziehung Reaktions- hemnmng-Sichdriicken, liegen bier nieht vor. Indessen entbehrt P]siTzMEmus Argumentation, das Sichlahmstellen sei mit der Reaktions- hemmung nicht in Verbindung zu bringen, ,,weil es sich bei ibm um einen Brutpflegeinstinkt handelt", der logischen Grundlage, denn es ist nicht einzusehen, warum gerade Brutpflegeinstinkte eine 5hnliche kausale Erklgrung wie anders~trtige Iustinkte a priori ausscblieBen sollten. Vielmehr liegt die Annahme einer Beziehung zwischen beiden Ver- haltensweisen deshalb sehr nahe, weft die Hemmung des sichlahm- stellenden Vogels zuweilen so stark ist, dab es tats~iehlich gelingt, den Vogel einzufangen; der Instinkt nimmt also eiue sehr unzweckmiiBige Form an.

PEITZ~EIER gibt folgende Erkl~rung der ,,tierischen Hypnose": ,Es handelt sieh bei der Akiaese um eine Lage~ die dem Tier nicht

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aus Erfahrung bekaant ist. Ebenso wenig hat das Tier davon eine V o r s t e l l u n g , wie es sieh aus dieser ibm g~mz fremden Lage befreien kSnnte. Irgendwelche Reize, die ibm Kenntnis fiber die Lage des KSrpers und damit tiber die erforderlichen Muskelbewegungen ver- mittetn kSnnten, werden durch die erzwungene Ruhelage des KSrpers ausgesehaltet. Ohne V o r s t e t l u n g aber keine B e w e g u n g ! " Diese psycho|ogische Erkliirung kann zumindestens keine Allgemeingiiltigkeit haben, i) Versagt sie doeh bereits beim Hahn, mit dem PEITZMEIIm experimentierte, in allen denjenigen F~llen, bei denen das Tier in Bauchlage in Reaktionshemmuug versetzt wird. Bereits die Nteste Abbildung der Hiihner-Hypnose yon A~ASTUASlUS KI~CHEa aus dem J~hre 1646 stellt das Versuehstier in dieser Lage dar, entsprecJ~ende Fotografien findet man bei MANGOLI) (1914) und bei WE~raAucu (1934). Die Bauchlage diirfte dem Huhn jedoch durchaus aus der Erfahrung bekannt sein, wird sie doeh aul~erordentlieh h~ufig, beim Sitzen und beim Scharren, eingenommen. ~)

DasVersetzen des Tieres in Riiekenlage, wie es bei den bekannten Sehulversuehen an Itaustieren allgemein iiblieh ist, spielt fiberhaupt Nr den Eintritt der Reaktionshemmung keine so ansehlaggebende Rolle. Fehlt es doeh stets, wenn dieser Zustand yon freilebenden JungvSgeln in Form des Siebdriickens spontan angenommen wird. Aueh die An- nahme P~rrzMEi~s, dag VSgeln, die beim Klettern eft die Rtiekenlage einnehmen, ,,die Vorstellungsbilder ftir die Ueberwindung der Riieken- lage leiehter zur Verffigung stehen" and sie daher nieht in Reaktions- hemmung versetzt werden kSnnten, hat keine Allgemeingtiltigkeit. Denn gerade bei )~Ieisen, die wohl yon allen einheimisehenVSgeln am h~ufigsten in Rtiekenlage klettern, tritt dieser Zustand spont'm ein and wird aueh leieht experimentell ausgelSst, wie besonders die Beobaehtungen Waa~:~s gezeigt haben, die ieh aus eigener Ansehauung best~tigen kannS).

1) Es soll hier nieht auf die psyehologische Bereehtigung diesel' Annahme eingegangen werden, da ihre Diskussion iiberfliissig erseheint, well ihre tatsaehen- mii~igen Grundlagen unzutreffend sind.

2) Beil~ufig sei erwiihnt, dal~ die Verstellangs-lcIypothese PI~IWZ~im~Rs wohl sehon dureh die vielen und bekannten Beobaehtungen an grol~hirnlosen Tieren als grundsgtzlich widerlegt gelten mull

3) Aueh auf flachem Bodc, n nehmeu V5gel gar nieht so se]ten spontan eine Riiekenlage ein, z. B. die in die Enge getriebene Nebelkriihe (Verf. 1936) und der tlauhfutlbussard (Scntiz 1934) werfen sich auf den t~iieken und verteidigen sieh mit dea Fgngen. LoaENz (193~) beobaehtete, dal] Kolkrabea 7 die etwas mit beiden Fiil]en geschlagen hatten, ,,auf den :P~ileken fielen". Die t~aben verharrten d~nn l~ingere Zeit in dieser Stellung vollkommen bewegungslos, was wohl den Sinn hat~

[ J. Orn. 602 FRi~rz S~En~IC~E~ : L 1937

Wenn P Et~rZt~IEIER eine Parallelsetzung der , ,Akinese" mit der mensehlichen Hypnose vertritt, so sei - - da neue Argumente nicht angefiihrt werden --- auf meine Auseinandersetzungen fiber Ntere derartige Anm~hmen im Biol. Zbl. 5b, S. 139 verwiesen (gegentiberstellende Tabelle). Ich habe dort gezeigt, dab die Reakt ionshemmung welt grSgere Aehn- lichkeit mit bestimmten psycho- und neuropathisehen Zust~nden des Menschen aufweist, als mit der mensehtichen tfypnose. Wenn PEITZMEIER als Paral lelpunkt zwisehen menschlieher Hypnose und Reaktionshemmung anfiihrt, ,,dag hEufiges ,,Einschl~fern" den Eintr i t t der Akinese erleichtert", so stehen dem die iibereinstimmenden Beobaehtungen yon P~Y~R, SZYMA~SKI und Verf. (an Hiihnern) entgegen, nach denen eine hSufige Wiederhotung des Versuehs den Eintri t t der Reakt ionshemmung er- schwert, wahrscheinlich well durch GewShnung an die Versuchsbe- dingungen das Aags tmoment beim Versucbstier herabgemindert wird.

P~I~Z~EI~R bemerkt iibrigens, meine Auffassung der Reaktionshemmung als Instinkt habe you vornherein den Naehteil, ,,d~ sie jede weitere Untersuehung als iiberfliissig erseheinen lgl~t". Diesen Einwand mull ieh als unbereehtigt zuriiek- weisen. Im Gegenteil, wegen des ungeheuer komplizierten Brides dieser Er- seheinung~ wegen der gleitenden UebergEnge zu anderen Verhaltensweisen habe ieh stets auf die Netwendigkeit ins einzelne geheader hirnphysiologiseher und psyehologiseher Untersuehungea hia,,,.ewiesea und aueh solche uaeeraommea ~).

Zusamlnenfassend sei festgestellt: 1. Beobachtungen an Haustieren, die unter ausgesprochen experi-

mentellen Bedingungen ausgeNhrt werden, sind nieht geeigne L allgemein- gtiltige Aussagen tiber die biologische Bedeutung yon Instinkten frei-

lebender Tiere zu gestatten.

2. Das ,,Experime~tum mirabile" des Pater Kmcttm~ am Huhn, welches allein die Grundlage der Betrachtung yon P~.aTZMEI~m bildet, ist die unter ausgesprochen experimentellen Bedingungen als biologiseh bedeutungslos erscheinende Form einer welt verbreiteten ererbten Ver- h~ltensweise, die (bei freilebeaden VSgeln) in der Form des Sich- drtickens arterhMtende Bedeutung bekommen kann.

die Beute ermiiden zu lassen. Aueh beim Habieht bcobachtete Lolcl~Nz ,,das beid- fiil]ige Zupaeken mit dem wie absichtlieh aussehenden Umfulten in ganz gleicher Weise". Also auch diesen VSgeln ist die t{iiekenlage bekannt~ oder sie mill]ten undernfalls - - naeh Pm~.z~I~Rs Annahme - - dabei in ,tierisehe Ilypnose" verfallen.

1) Leider war I?EI¢Z~'I~R YOn melnen VerSffentliehungen nur die vorlgufige Mitteilung (1935) bekannt, anseheinend auch sonst nur wenige der iiber 200 im Schrifttnm vorliegenden Arbeiten fiber ,,tierisehe Hypnose", so dal~ er deshalb wiehtige Ergebnisse fl.iiherer Arbeiten unberiieksiehtigt liiI~t.

s5 ] Heft 4- ,,Hypnose" bei VSgeln. 603

3. Die Identit[tt der Reaktionshemmung mit dem in beschreibender Weise ~ls Sichdriieken bezeichneten Verhalten bei VSgeln l~l~t sich in e inem Tei l de r F ~ l l e tats~chenm~l~ig fests tel len.

4. D ie K r i t i k PEITZ~IS.~S an der Auf fassung des Ver i~sse r s geht

yon unr ich t igen Voraus se t zungen aus, die auf eine n icht be r eeh t i g t e

U e b e r t r a g u n g yon B e f u n d e n am Haushuhn auf V6gel im a l lgemeinen

zur i ickzuf t ihren sind.

5. Die Bewe i spunk te PEt~z~IV,~S fiir seine A n n ~ h m e , d~13 die

, ,Ak inese" de r mensch l ichen H y p n o s e we i tgehend gleiche, gehen auf die

gle iehen A e h n l i c h k e i t e n von n n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g zurfiek, wie

al le f r i iheren de ra r t i gen Pa ra l l e l se t zungen .

Literatur.

I~]~GEL~A~, F.: Die R~ubvSgel Europas. Neudamm 1928. LOREnz, K.: Betrachtungen fiber d~s Erkennen der arteigenen Triebhandlungen der

VSgel; Journ. f. Ornithol. 1932. Psi~z~iEis, n, J. : Die Akinese bei VSgeln ein Insti~kt? Orn. Mber. 44 (1936). ST~i~m~a, F. : Ueber l~eaktionshemmung bei V6geln; Orn. Mber. 43 (1935): - - N e u e Beobachtungen fiber Re~ktionshemmung (sog. ,,tierisehe ttypnose") bei

VSgeln; Biol. Zbl. 56 (19~6 @ - - Die Biologie der sog. ,,tierischea ttypnose"; Erg. d. Biol. 13 (1936 b).

Ueber Reaktionshemmung bei jungen Mgwen und Seeschwalben; Orn. Mber. 44 (1936 e).

Hinsichtlich aller sonstigen hier erw~hnten Arbeiten sei der Kfirze halber auf des Literaturverzeiehnis, meiner zusammenfassenden Darstellung (1936 b) verwiesen.

N ~ c h t r ~ g . In einer naeh Fertigstellung dieses Aufsatzes ersehienenen Ab- hsndlung (,Zur Akinese bei jangen Mgwen und StSrehen". Zool. Anz. 118, 1937) nimmt WA~KS~ ebenfalls zu den hier behandelten Ausfiihrungeu PEI'iPZMEIERS Stellung und kann ~us eigener Beobachtung noch weitere Beispiele ffir d~s Ein- treten der ,tierischen Hypnose" ohne Einwirken mechaniseher Reize beibringen (,,Spont~n-Akinese")~ ebenso auch das Vorliegen einer 5kologischen Bedeutung der ,tierischen Hypnose" wahrseheinlieh maehen. In einigen Punk~en der theoretisehen Auswertung seiner Beobachtungen ksnn der Verfasser ihm jedoeh nieht folgen. Es sei bier nur knrz fo]gender Punkt gestreift: WAn~KE Sagt (1. e. S. 17): ,3. interes- siert die Frage~ wieviel die Akinese mit' dem in ihrem Verlauf h~ufig eintretenden S c h l a f - der allerdings yon ST~t~m~a nieht beobaehtet werden konnte - - d e r menschliehen Hypnose g]eiehzusetzen ist, bei der ja ebenfalls ein sehlafdhnlieher Zustand einzutreten pflegt;'. Und auf S. 29 : ,Daffir, dal] t~otsEchlich Sch]af ein- treten kann, ein Beispiel" nsw. Ich mul~ in Abrede stel]en, dell ieh den yon WAn~K~ als ,Schlaf" bezeiehneten Zustand mit Erschlaffung der Muskula.tur und Sehlie~]en tier A~gen bei VSgeln nieht beobachtet h~tte, vielmehr habe ieh ihn unter eiaer anderen Bezeichnung, n~mlieh als h y p o t o n i s e h e A k i n e s e (z. B. fiir des Blau- kehlchen) besehrieben. Was ieh nicht beobachtet babe, ist irgendeine Tatsache,

604 FRITZ S~EI~IG~R: ,,Hypaose" bei VSgeln. [ J 'Orn" k 1937

die den Schtul~ aufzwingf, dab es sieh hier um Schlaf handelt. Dean es muff doeh zugegeben werden, dal] die Situation, in der die hypotonische Akinese eintritt, eine weitaus andere ist, als dal] man ohne weiteres an ein Einsehlafen denken kgnnte. Um einen Vergleieh anzuwenden: Sollte ein Menseh in die CrewMt eine~ @rol~- raubf.ieres geratea und bewegungslos niedersinken, so wtirde doeh niemand auf den Gedanken kommen, er sei eingeschlafen. Ich will nicht etwa yon vornherein behaup~en, ein Einschlafen in der ,tierischen tIypnose" sei unmSglieh, sondern wilt nur sagen, dal~ bei der immerhin reeht hohen Ungew~Shnliehkeit dieser Aus- sage ein tatsaehenmgl]iger Beweis fiir ihre I~iehtigkeit n~;tig is~. Dieser ist meines Wissens bisher noeh nieht erbraeht worden, und ieh halte es daher fiir ratsam~ die hypotonische Akinese his dahiu nieht als Sehlaf ~u bezeiehnen. Dean das hiel~e ja, die Behauptung in die Voraussetzung aufnehmen.