7
Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn Author(s): Imre Sulyok Source: Studia Musicologica Academiae Scientiarum Hungaricae, T. 36, Fasc. 1/2 (1995), pp. 27- 32 Published by: Akadémiai Kiadó Stable URL: http://www.jstor.org/stable/902390 . Accessed: 09/12/2014 23:52 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Akadémiai Kiadó is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Studia Musicologica Academiae Scientiarum Hungaricae. http://www.jstor.org This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

Die einzige Mozart-Handschrift in UngarnAuthor(s): Imre SulyokSource: Studia Musicologica Academiae Scientiarum Hungaricae, T. 36, Fasc. 1/2 (1995), pp. 27-32Published by: Akadémiai KiadóStable URL: http://www.jstor.org/stable/902390 .

Accessed: 09/12/2014 23:52

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

Akadémiai Kiadó is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Studia MusicologicaAcademiae Scientiarum Hungaricae.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

Imre SULYOK Budapest

In der Musikabteilung der Nationalbibliothek Szechenyi, Budapest wird seit 6. Mai 1977 das einzige in Ungarn sich befindliche Mozart-Au- tograph bewahrt (Signatur: Ms.mus. 6341).

Das Autograph besteht aus einem, in der Breite gefalteten Blatt in der GrolSe von 20,5x31,5 cm, auf beiden Seiten mit je 16, mit brauner Tinte rastrierten Systemen. Das Blatt ist ursprunglich allem Anschein nach das letzte eines Heftes, oder aber die Halfte eines groSeren Bogens gewesen. Der Rand der zwei kurzeren-Seiten und einer der langeren Seiten ist namlich gewellt, wie es bei geschopften Papieren zu sein pflegt, der andere langere Rand ist dagegen gerade geschnitten. Wir nehmen die, auf das Heft blickende Seite als erste an (recto); mit dem geschnittenen Rand links, der so an den Rucken des Heftes kommt. Das Heft (bzw. die fehlen- den Halfte des Bogens) durfte zum Uben des sogenannten >>bezifferten Basses<< gedient haben, dessen Fortsetzung und Schlu13, mit brauner Tinte geschrieben, auf dieser Vorderseite in den ersten vier und, nach Auslassen einer Zeile, in den funf weiteren Systemen zu finden ist. Am Anfang der ersten Zeile stehen nach dem F-Schlussel auf der 4. Linie und im 2. Zwi- schenraum Auflosungszeichen, die nur dann einen Sinn haben, wenn sie fruhere Vorzeichnungen, in diesem Falle zwei Kreuze auflosen. Auch das weist auf den vorangehenden Notenteil hin. Die weiteren Notenzeilen sind leer. Zwischen den untersten zwei Zeilen steht mit dunklerer Tinte die An- schrift: >>Vienne le 23 de Juillet 1846. / Autographe de l'imortel W. A. Mozart. / offert a MSelte Luise Branca par / J. Baroni Castiglione<<.

An der anderen Seite des Blattes (verso), an der Schlul3seite des Heftes (oder des gefaltenen Bogens), in der rechten oberen Ecke steht die

St"zlicl M".vicolo,^,yiccl AcJemiae Scientiaram H"ngaricae 3(i/1-2, 1tJ95, pp. 27-32 ()t)3W3266s5/$ 5.(X) o 95 Akazle'micli Kiaxlo, Bu(lapest

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

28 I. Sulyok: Mozart-Handschrift in Ungarn

Abb. 1. Ms.mus. 6341, recto

Stuelia Musicologica Acaelemiac Scientiarum Hungaricae 36/1-2 1995

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

I. Sulyok: Mozart-Handschrift in Ungarn 29

Abb. 2. Ms.mus. 6341, verso

Stublia Mu.sicolcgica Avablemiae Scientiarum liungaricae 36/1-2, 1995

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 5: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

30 I. Sulyok: Mozart-Handschrift in Ungarn

schwarze, kalligraphische Inschrift: Mozart. Im ersten Liniensystem sind ein Bal3-Schlussel und hinterher sechs Dreiklange mit Graphitbleistift ge- schrieben. In den nachsten (7x2=) 14 Systemen folgt in Wolfgang Amadeus Mozarts eigener Handschrift, mit brauner Tinte, das Preludium. Das letzte System ist leer. Rechts in der unteren Ecke steht: C. Mozart, Autograph von Carl Mozart. l Ein Wasserzeichen ist nicht vorhanden.

Dal3 die Handschrift und das Stuck von Mozart stammt, bestatigt auch Professor Dr. Wolfgang Plath, der beruhmte Mozart-Forscher und Editionsleiter der Neuen Mozart Ausgabe. Nach seiner Meinung ist das Manuskript, nach der Schrift und Papier zu urteilen, ungefahr in den Jahren 177S1777 entstanden. Auf Seite recto wurde der bezifferte Bal3 wahrscheinlich von der Hand von Mozarts Schwester geschrieben. Die sechs Dreiklange am verso von Mozarts Vater: Leopold Mozart.

Das Preludium war bisher der Forschung unbekannt und ist daher auch im Kochel-Verzeichnis nicht enthalten. Musikalische Analogien sind jedoch, obzwar verloren, bekannt. Der Typus durfte mit jenen vier Pralu- dien verwandt se in , die Mozart fur Nannerl kompon ierte (KV . 2 84a aus dem Jahre 1777). Es ist aber nicht wahrscheinlich, dal3 es einer dieser Stucke ware, da a) das Blatt nur einmal gefaltet ist und nicht doppelt in der Form eines Briefes; b) da es auf dem Wege der Wiener Tradition er- halten blieb und es unwahrscheinlich scheint, dal3 Nannerl das fur sie komponierte Stuck nach Wien zuruckgeschickt hatte.

Der Musikgelehrte Dr. Friedrich Schnapp hatte mich nach eienigen Jahren nach dem Erscheinen der Facsimile-Ausgabe2 aufmerksam gemacht, dal3 Josephine Grafin Castiglione sich etwa 1802 mit dem Gu- bernialrat von Baroni-Cavelcabo in Lemberg3 vermahlte. Im Hause Baroni-Cavelcabo verkehrte seit 1823 Mozarts Sohn Franz Xaver Wolf- gang, der sich wie sein Vater >>Wolfgang Amadeus<< nannte und seit 1808 in Lemberg lebte.4 Er unterrichtete die aul3erordentlich begabte Tochter Julie 1813-1887) und vermutlich auch die Mutter, die eine sehr schone Stimme hatte. In 1838 siedelte Josephine nach ihrer Tochter nach Wien um, wohin sie noch in dem selben Jahr auch Wolfgang Amadeus Mozart

l Vergl. mit dem Facsimile in Walter Hummel: 1M A. Mozcirts Sohne. Hrsg. von der Internationalen Stif- tung Mozarteum, Salzburg, Barenreiter-Verlag Kassel und Basel, 1956. S. 241.

2 W A. Mozart: Preludium. Hrsg. mit einem Vorwort von Imre Sulyok. Budapest, 1977, Editio Musica 3 Hummel, S. 281. 4Ebda. S. 61,69, 70,72.

Stuzlia Mu.sicologica Acatlemiae Scientiorum ffunguricae 36/1-2, 1995

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 6: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

I. Sulyok: Mozart-Handschrift in Ungarn 31

folgte.5 Wie die Briefe beweisen, muBte noch wahrend seines Aufenthal- tes in Lemberg seine in Salzburg lebende Mutter, Constance mit seiner Gonnerin Josephine und Schulerin Julie in guter Beziehung gestanden haben.

Mit Carl Mozart wird Josephine im Herbst 1840 bekannt geworden sein, als Carl, der in Mailand lebte, seinen Bruder in Wien besuchte.6 Zwei Jahre spater, nach dem Salzburger Mozart-Fest, anlaSlich der Ent- hullung des Mozart-Denkmals, verweilte Carl vierzehn Tage lang in Wien.7 Vermutlich schenkte er damals, als ein Zeichen der Verehrung und Dank die Handschrift des Praludium seines Vaters der Josephine Baroni- Cavalcabo. Sie hatte offenbar tatkraftig zur ExTichtung des Salzburger Denkmals beigetragen: sie wurde zum Ehrenmitglied des >>Dom-Musik- Vereins und Mozarteum Salzburg<< ernannt und teilte diese Ehre mit Mozarts Sohnen.8 Es ist anmerkenswert, daS Josephine an diesem Auto- graph den gleichen Ausdruck schrieb, den sie auch an den KV. 61g, als Erbschaft von Wolfgang ihr zugefallenen Mozart-Handschrift9 als Rand- bemerkung verwendet: >>Autograph der unsterblichen Mozart<<.

Josephine Baroni-Cavalcabo geb. Grafin Castiglione beschenkte am 13. Juli 1846 Luise (Luigia) Branca (1815?-1891) mit dem Manuskript. Das Haus Branca war in den 1830er Jahren ein Treffpunkt der Mailander Kunstler und Kunstliebhaber.l° Die vier Tochter von Paolo Branca haben seinerzeit bei Rossini Musik studicrt. Die Geschwister Branca erwShnt auch Liszt in einem, im Jahre 1838 in Mailand geschriebenen Brief.ll Die alteste, Cirilla war eine vorzugliche Pianistin, spatere Gattin von Isidoro Cambiasi (1811-1853), der zusammen mit Giovanni Ricordi die Zeit- schrift Gazzetta Musicale grundete. Emilie wurde die Gattin des Dichters und Librettisten Felice Romani (1788-1865). Die dritte Schwester, Matilde, war Liebling Rossinis und eine hervolTagende Sangerin. Die vierte, schon genannte Luigia sang ebenfalls sehr schon. Die letzteren

sEbda.S. 174,175, 177,281. 6 Ebda. S. 178. 7 Ebda. S. 189. 8Ebda.S. 193,210. 9 Ebda. S. 182, 209, 210. ° Emilia Branca: Felice Romani ed i piu riputati maestri di musica del suo tempo cenni biografici ed

anecdotici raccolti e pubblicati da sua moglie.... 1883 Loescher, Torino, Firenze e Roma, S. 235.

Correspondence de Liszt et de la comtesse d'Agoult 184044, publiEe par M. Daniel Ollivier. Editions

Bernard Grasser, Paris 1934.

Stutlia Mu. icol )zgico Aczlemioe Scientiorum Bungaricoe 36/1-2, 1995

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 7: Die einzige Mozart-Handschrift in Ungarn

32 I. Sulyok: Mozart-Handschrift in Ungarn

zwei Schwestern hatten wahrscheinlich eine schone Sammlung von Auto- graphen. Ein Stuck der Sammlung ist das in der Musiksammlung der Na- tionalbibliothek Szechenyi, Budapest aufbewahrte Lied Quand tu chantes bercee (Ms.mus. 5108) von Liszt (aus der Sammlung von Matilde Branca). Das vorliegende Mozart-Autograph befand sich dagegen in der Sammlung von Luigia. Die kalligraphische Inschrift Mozart in der rechten oberen Ecke der Vorderseite stammt vermutlich aus dieser Zeit.

Luigia Branca war die Gattin von Carlo Weber (geb. 1814 in Triest). Er lebte spater in Mailand und Como, mittlerweile eine Zeitlang auch in Wien. Laut Aufzeichnungen der Familie hatte er auch zu Liszt gute Bezie- hungen. Ihre Bekanntschaft hat zur Zeit der Geburt Cosimas, 1837 begon- nen, als sie sich in Como trafen. Liszt begleitete in Gesellschaften wieder- holt den Ges ang de s begabten und gut au sgebil deten Weber.

Carlo Webers Schwester Carolyne (1822-1914) war die Gattin des Budapester Grol3kaufmanns Rudolf Fuchs (1809-1892). Weber und seine Frau, nach ihrem Tode auch er alleine, hielten sich wiederholt in Budapest bei den Verwandten auf. Er ist auch am 23, Juni 1898 in Budapest, bei seiner Schwester Carolyne gestorben.

Die jungste Tochter der kunstliebenden und kunstunterstutzenden Familie Fuchs, Melanie (1857-1913) war eine ausgezeichnete Pianistin, Schulerin von Karoly Thern. Spater heiratete sie Dr. Vilmos Schulek, Pro- fessor der Ophthalmologie, der nicht nur sehr gut Klavier spielte, sondern in seinen jungeren Jahren auch komponierte. Luigia Branca und Carlo Weber hatten keine Nachfolger. So kam das Mozart-Manuskript vermut- lich unmittelbar zu den meist Musik treibenden Familienmitgliedern, zu meinem Grol3eltern Vilmos Schulek und Melanie Fuchs. Diese Annahme wird von Luigia Branca in an ihre Nichte Melanie geschriebenen Briefe bestatigt, in denen die herzliche Verbindung der beiden sich ergibt und in einem von dem Schenken eines Mendelssohn-Autographs geschrieben wurde (dessen weiteres Schicksal aber z.Z. unbekannt ist). Das Mozart- Autograph gelangte aus dem Nachlasse meines GroSvaters sSusammen mit seinen Handschriften zu mir und endlich in die Nationalbibliothek Sze- chenyi, Budapest.

Studia Musicologica Acaclemiae Scientiarum Hungaricae 3fVl -2, 1 'J'JS

This content downloaded from 128.235.251.160 on Tue, 9 Dec 2014 23:52:09 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions