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Heft 2S. ] Die Entstehung zo, 7, x925 J Die Entstehung In der Rev. ggn6rale 1) ist eine CIbersicht fiber die verschiedenen Theorien der Petroleumentstehung ge- geben worden. Die nachfolgenden Ausfiihrungen silld im wesentlichen dieser umfassenden Zusammenstellung entnom/mell, Nach den gttesten Theorien sollte zwisehen der Ent- stehung des l~etroleums und der Steinkohle und der Bildung anderer Mineralien kein grundsgtzlicher Untersckied bestehen, Da mindestens filr die Steillkohle auf Grund ihrer Mikrostruktur ihre Entstekung aus organischen Gebilden heute sichergestellt ist und der Zusammenhang zwischen Steinkohle und Erd61 ~uBerst wahrscheinlich ist, so kommt derartigen ]3etrachtungen heute keine Bedeutung mehr zu. ALEXANDI~R V. HUM- n OLDT, obwohl auck in der Meinung yon der anorgani- schen I-Ierkunft des Petroleums befangen, wies schon -- in 1Jbereinstimmung mit manchen Theorien der neuesten Zeit -- darauf hin, dab die Flilchtigkeit des Erd6ts ft~r die Bildung der Erd611ager yon Bedeutung gewesen sein miisse, indem er yon einem Destillations- prozeB aus ungeheuren Tiefen des Urgesteins unter dem EinfluB vutkanischer Kr~fte sprach. In neuerer Zeit sind die Vorstellungen fiber die anorganische t-Ierkunft des Petroleums in Form der Carbidtheorien wieder aufgetaucht (BI~RTHELOT 1866, ~¢II~NDELEJEFF 1897, MolssAN I9O2). Anf Grund der Laboratoriumsbeobachtung, dab 5{etallcarbide mit Wasser verschiedene Kohlenwasserstoffe zu bilden verm6gen, gelangte man zu der Vorstellung, dab in frflheren geologischen Epochen Eisencarbid mit Wasser- dampf bei hohen Temperaturen reagiert h~tte. Ffir das Auftreten groBer Mengen Eisencarbid in der Erd- elltwieklullg sah man einen Hinweis in dem Kohlenstoff- gehalt der Eisenmeteoriten. SchlieBlich haben die Theorien der anorganischen Herknnft des Erd61s ix dem Auftreten yon Kohlen- wasserstoffen in den vulkanischen Gasen nook eine scheinbare StStze gefunden (Ross 1891). Ein entscheidender Einwand gegen die anorgani- schen Theorien liegt in der Unm6glichkeit, aus ihnen die wahrscheinlich alien Erd61en eigentamliche optische Aktivitlit zu erkl~iren. Der frfiher gemachte Hinweis auf einen EinfluB des magnetischen ErdfeIdes auf ihre Bildung in diesem Sinne kann heute als unzutreffend abgelehnt werden. Ferner finder sich im Erd61 in den weitaus meisten F~illen auch Schwefel und Stickstoff, deren Hilleinkommen die anorganischen Theorien framer besonders erkl~ren mtissen, wi~hrend bei der Entstehung des Erd61s aus organischer Substanz das Auftreten dieser beiden Elemente sehr plausibel ist. Schliet31ich geben die anorganischen Theorien keinen Hinweis auf den sehr wahrscheinlichen Zusammen- hang zwischen Erd61 und Steinkohle. Festzuhalten ist aber, dab sehr wollI orgallisch gebildete Leicht61e dutch Einwirkung anorganischer Substanz, n~mlich Nickel- oder Eisenkatalysatoren, in die schwereren (31e, Ms die man sie heute findet, flbergefflhrt sein k6nnen. Die ~ilteren organischen Entstehungstheorien neh- men einen DestillationsprozeB aus verwesten pflanzlichen oder tierischen Resten an (CARLSSON1854). Auf Grund des geologischen Befundes yon H6FER, dab Erd611ager mit tierischen {)berresten zusammenzuhXngen scheinen, und der chemischen ]3eobachtung yon ENGLm~, dab es ~) PERCI E. SPIELMANN, Rev. g6n6rale des sciences 36, 47--53 u. iII--II9. Die Arbeit enth~lt ein Ver- zeichnis der Originalliteratur. des Petroleums. 62 3 des Petroleums. m6glich ist, durch Druckdestillation yon Proteinen und Fetteu tierischen und pflanzlichen Ursprungs petroleum~kntiche Stoffe zu erzeugen, l~gt sick etwa tolgendes Bildungsschema entwerfen. Die organischen Reste zersetzen sick ullter dem Einflug yon Bakterien unter Bildung gasfSrmiger und wassertSslicher Substanzen. Die Fette werden durch das Wasser und durch die Einwirkung yon Fermenten in Glycerin und unl6sliche Fetts~iuren gespalten. Die Wachsstoffe werden in irgendeiner analogen Weise zersetzt. Unter dem EinfluB besonderer Bedingungen yon Druck und Temperatur wandeln sick die Fette und Fettsiiuren in sehr langer Zeit in ges~ittigte und ungeslittigte Kohlenwasserstoffe um, m6glicherweise nach Art einer Destillafion unter Druck, vielleicht abet auch in einem geschlossenen System. Die hierbei entstehenden Substanzen werden wohl sp~terhin noch Komplexverbindungen eingehen. Man muB wahr- sckeintick diese ursprgngliche Englersche Tkeorie noch in geeigneter Weise auf eine Umwandlung yon Harzen und Terpenen ausdehnen. Die speziellere Fragestellung lXuft darauf hinaus, ob das Petroleum aus tierischen oder pflanzlichen IJberresten, und wenn aus letzteren, ob es aus See- oder Landpflanzen entstanden ist. Der Zusammen- hang mit der Steinkohle weist ullmittelbar auf eine pflanzliche Entstehung kin. Man kann tats~chlich durch Vakuumdestillation und dutch l?;xtraktion aus der Steinkohle petrolenm~ihnliche Stoffe gewinnen. Ob abet in der Natur bei der Bildung yon Petroleum- lagern hltufiger Ms in seItenen Ausnahmef~illen Desfil- lationsprozesse wirMich aufgetreten sind, ist zweifel- haft, denn man kann in keinem einzigen Falle die Giinge der Dampfphase und den Destillationsriickstand naeh- weisen. Fflr die kMifornischen und auch einige asia- tische Petroleumfetder kann man nackweisen, dab der petroleumbildenden geologischen Epoche eine beson- dere f3ppigkeit der Pal~oflora vorangegangen ist. Selbst die sehr verschiedenen Petroleumarten, die auf dem kleinen Gebiet der Insel Trinidad vorkommen, scheinen s~imtlich pflanzlichen Ursprungs zu sein. Eine sehr wichtige Beobachtung, nEmlich gleichsam ein Petroleumvorkommen im Entstehen, ist in Magde- burg gemacht worden. In den zerfallenden Wurzeln yon etwa 6o--7ojt~kr. Fichten, die in einer leichten Vertiefung des Bodens angepflanzt waren, hat man etwa ein Meter unterhalb des Bodens sckwefelhaltiges Wasser und eine paraffin~ihnliche Flfissigkeit gefunden, die auck Spuren yon Schwefel und Stickstoff enthielt. Aus dem Sande des ]3odens konnte man Harzsubstanzen auslaugen. Offenbar wXre aus dem sehr langen Zu- sammenwirken des VCassers, des Kohlenwasserstoff- gemisches und der Harzsubstanzen allmiihlich Petro- leum entstanden. Ein Petroleumlager in Maholling (Ohio) steht in so engem Zusammenhang mit einem Steinkohlenlager, dab die Vermutung naheliegt, dab beide aus denselben oder sehr ~ihnlichen Ausgangssubstanzen entstanden sind und sich vielleicht erst spiiter getrellnt haben. Fiir die Entstehullg des Petroleums sind sehr wahr- scheinlich in vielen FXllen Mikroorgallismen das Aus- gangsmateriM. So kOnnte z. B. der aus Pflanzen und mikroskopiscken Tieren bestehende, ,,Faulschlamm'" (Sapropel) genannte submarine Schlamm als Ausgangs- material in Frage kommen, der unter dem Einflug des ~vVassers ein kolloidales Fett abscheiden k6nnte. Aus diesem Fett k6nnte sich im Sinne der frfiher dar- gestellten Theorie Petroleum b'ilden.

Die Entstehung des Petroleums

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Page 1: Die Entstehung des Petroleums

Heft 2S. ] Die En t s tehung zo, 7, x925 J

Die Entstehung In der Rev. ggn6rale 1) ist eine CIbersicht fiber die

verschiedenen Theorien der Pe t ro leuments tehung ge- geben worden. Die nachfolgenden Ausfiihrungen silld im wesentlichen dieser umfassenden Zusammenste l lung entnom/mell,

Nach den gttesten Theorien sollte zwisehen der Ent - s t ehung des l~etroleums und der Steinkohle und der Bildung anderer Mineralien kein grundsgtzlicher Untersckied bestehen, Da mindestens filr die Steillkohle auf Grund ihrer Mikrostruktur ihre En t s tekung aus organischen Gebilden heute sichergestellt ist und der Zusammenhang zwischen Steinkohle und Erd61 ~uBerst wahrscheinlich ist, so k o m m t derartigen ]3etrachtungen heute keine Bedeutung mehr zu. ALEXANDI~R V. HUM- n OLDT, obwohl auck in der Meinung yon der anorgani- schen I-Ierkunft des Petroleums befangen, wies schon -- in 1Jbereinstimmung mi t manchen Theorien der neuesten Zeit -- darauf hin, dab die Flilchtigkeit des Erd6ts ft~r die Bildung der Erd611ager yon Bedeutung gewesen sein miisse, indem er yon einem Destillations- prozeB aus ungeheuren Tiefen des Urgesteins unter dem EinfluB vutkanischer Kr~fte sprach.

In neuerer Zeit sind die Vorstellungen fiber die anorganische t-Ierkunft des Petroleums in Form der Carbidtheorien wieder aufgetaucht (BI~RTHELOT 1866, ~¢II~NDELEJEFF 1897, MolssAN I9O2). Anf Grund der Laborator iumsbeobachtung, dab 5{etallcarbide mi t Wasser verschiedene Kohlenwasserstoffe zu bilden verm6gen, gelangte m a n zu der Vorstellung, dab in frflheren geologischen Epochen Eisencarbid mi t Wasser- dampf bei hohen Tempera turen reagiert h~tte. Ffir das Auft re ten groBer Mengen Eisencarbid in der Erd- elltwieklullg sah man einen Hinweis in dem Kohlenstoff- gehalt der Eisenmeteoriten.

SchlieBlich haben die Theorien der anorganischen Herknnf t des Erd61s ix dem Auftreten yon Kohlen- wasserstoffen in den vulkanischen Gasen nook eine scheinbare StStze gefunden (Ross 1891).

Ein entscheidender Einwand gegen die anorgani- schen Theorien liegt in der Unm6glichkeit, aus ihnen die wahrscheinlich alien Erd61en eigentamliche optische Aktivitlit zu erkl~iren. Der frfiher gemachte Hinweis auf einen EinfluB des magnet ischen ErdfeIdes auf ihre Bildung in diesem Sinne kann heute als unzutreffend abgelehnt werden. Ferner finder sich im Erd61 in den weitaus meisten F~illen auch Schwefel und Stickstoff, deren Hil leinkommen die anorganischen Theorien framer besonders erkl~ren mtissen, wi~hrend bei der En t s t ehung des Erd61s aus organischer Substanz das Auftreten dieser beiden Elemente sehr plausibel ist. Schliet31ich geben die anorganischen Theorien keinen Hinweis auf den sehr wahrscheinlichen Zusammen- hang zwischen Erd61 und Steinkohle.

Festzuhal ten ist aber, dab sehr wollI orgallisch gebildete Leicht61e du tch Einwirkung anorganischer Substanz, n~mlich Nickel- oder Eisenkatalysatoren, in die schwereren (31e, Ms die man sie heute findet, flbergefflhrt sein k6nnen.

Die ~ilteren organischen Ents tehungstheor ien neh- men einen DestillationsprozeB aus verwesten pflanzlichen oder tierischen Resten an (CARLSSON 1854). Auf Grund des geologischen Befundes yon H6FER, dab Erd611ager mi t tierischen {)berresten zusammenzuhXngen scheinen, und der chemischen ]3eobachtung yon ENGLm~, dab es

~) PERCI E. SPIELMANN, Rev. g6n6rale des sciences 36, 47--53 u. i I I - - I I 9 . Die Arbeit enth~lt ein Ver- zeichnis der Originalliteratur.

des Petroleums. 62 3

des Petroleums. m6glich ist, durch Druckdestil lation yon Proteinen und Fet teu tierischen und pflanzlichen Ursprungs petroleum~kntiche Stoffe zu erzeugen, l~gt sick etwa tolgendes Bi ldungsschema entwerfen.

Die organischen Reste zersetzen sick ullter dem Einflug yon Bakterien unter Bildung gasfSrmiger und wassertSslicher Substanzen. Die Fet te werden du rch das Wasser und durch die Einwirkung yon Fermenten in Glycerin und unl6sliche Fetts~iuren gespalten. Die Wachsstoffe werden in irgendeiner analogen Weise zersetzt. Unter dem EinfluB besonderer Bedingungen yon Druck und Tempera tur wandeln sick die Fe t te und Fettsiiuren in sehr langer Zeit in ges~ittigte und ungeslittigte Kohlenwasserstoffe um, m6glicherweise nach Art einer Destillafion unter Druck, vielleicht abet auch in einem geschlossenen System. Die hierbei ents tehenden Substanzen werden wohl sp~terhin noch Komplexverbindungen eingehen. Man muB wahr- sckeintick diese ursprgngliche Englersche Tkeorie noch in geeigneter Weise auf eine Umwandlung yon Harzen und Terpenen ausdehnen.

Die speziellere Fragestellung lXuft darauf hinaus, ob das Petroleum aus tierischen oder pflanzlichen IJberresten, und wenn aus letzteren, ob es aus See- oder Landpflanzen ents tanden ist. Der Zusammen- hang mi t der Steinkohle weist ul lmit telbar auf eine pflanzliche E n t s t e h u n g kin. Man kann tats~chlich durch Vakuumdest i l la t ion und dutch l?;xtraktion aus der Steinkohle petrolenm~ihnliche Stoffe gewinnen. Ob abet in der Na tur bei der Bildung yon Petroleum- lagern hltufiger Ms in seItenen Ausnahmef~illen Desfil- lationsprozesse wirMich aufgetreten sind, ist zweifel- haft, denn ma n kann in keinem einzigen Falle die Giinge der Dampfphase und den Destil lationsriickstand naeh- weisen. Fflr die kMifornischen und auch einige asia- tische Petroleumfetder kann ma n nackweisen, dab der petroleumbildenden geologischen Epoche eine beson- dere f3ppigkeit der Pal~oflora vorangegangen ist. Selbst die sehr verschiedenen Petroleumarten, die auf dem kleinen Gebiet der Insel Trinidad vorkommen, scheinen s~imtlich pflanzlichen Ursprungs zu sein.

Eine sehr wichtige Beobachtung, nEmlich gleichsam ein Pet ro leumvorkommen im Ents tehen, ist in Magde- burg gemacht worden. In den zerfallenden Wurzeln yon etwa 6o--7ojt~kr. Fichten, die in einer leichten Vertiefung des Bodens angepflanzt waren, h a t m a n etwa ein Meter unterhalb des Bodens sckwefelhaltiges Wasser und eine paraffin~ihnliche Flfissigkeit gefunden, die auck Spuren yon Schwefel und Stickstoff enthielt . Aus dem Sande des ]3odens konnte ma n Harzsubs tanzen auslaugen. Offenbar wXre aus dem sehr langen Zu- sammenwirken des VCassers, des Kohlenwasserstoff- gemisches und der Harzsubs tanzen allmiihlich Petro- leum ents tanden.

Ein Petroleumlager in Maholling (Ohio) s t eh t in so engem Zusammenhang mi t einem Steinkohlenlager, dab die Vermutung naheliegt, dab beide aus denselben oder sehr ~ihnlichen Ausgangssubs tanzen en t s t anden sind und sich vielleicht erst spiiter getrellnt haben.

Fiir die Ents tehul lg des Petroleums sind sehr wahr- scheinlich in vielen FXllen Mikroorgallismen das Aus- gangsmateriM. So kOnnte z. B. der aus Pflanzen und mikroskopiscken Tieren bestehende, ,,Faulschlamm'" (Sapropel) genannte submar ine Schlamm als Ausgangs- material in Frage kommen, der unter dem Einf lug des ~vVassers ein kolloidales Fe t t abscheiden k6nnte . Aus diesem Fe t t k6nnte sich im Sinne der frfiher dar- gestellten Theorie Petroleum b'ilden.

Page 2: Die Entstehung des Petroleums

624 Besprechungen.

Ftir die marine En t s t ehung des Petroleums spricht der Umstand , dab sich bei vielen Petroleumlagern salzhaltige Grundw~sser finden, die nait konzentrlerteln Meerwasser ~hnl ichkei t haben.

Zahlreiche Argumente Iassen sich auch ffir die Bil- dung des Petroleums aus tierischer Substanz anffihren. Die groBen Lager yon Wyoming scheinen tierischen Ursprungs zu sein, weil man das Vorkommen grol3er Mengen yon Fischfossilien in den begleitenden Ton- schichten k a u m als Znfall bet rachten kann.

Auf Borneo nnd einer Nachbarinsel sind zwei Be- obachtungen gemacht worden, die entsprechend dem schon erw~hnten Magdeburger Befund das Petroleum in der En t s t ehung ans tierisehen Resten zeigen. Man land ein klares, petroleum~ihnliehes 01 in einem Sande, der s tark mi t postplioc~inen Resten yon Mollusken, Korallen und Muscheln dnrchsetzt war, und zwar war das 01 in den animalischen Resten angereichert. Dieses Petroleum war vOllig x, erschieden yon dem dunklen, im Terrier en ts tandenen Petroleum yon ]3orneo. In Mnem anderen Falle konnte m a n zeigen, dab bei einem groBen Block aus Xorallenkalk eine Olbildung ans der Zersetzung des Polypenk6rpers in situ s ta t t fand.

X a n m in irgendeinem Falle darf man annehmen, dab der heutige Ort eines Petroleumfeldes anch der Ort der En t s t ehung des Petroleums ist. VCahrsehein- lich ist das Petroleum durch andere geologische Schieh- ten unter ~Vechselwirkung mi t ihnen hindurchgegangen. Unter dem EinfluB yon Schwefel und Sauerstoff ent- s teht hierbei das Bi tumen.

Der einzige schwerwiegende Einwand gegen die organische Herkunf t des Petroleums ist der: da das Petroleum h~ufig und immer streng lokalisiert auf der

Die Natur- wissenschaften

Erde vorkommt, and da ma n nicht annehmen darf, dab sich lebende Substanz zu mehr als einem Bruch- teil in Petroleum verwandelt haben kann, miissen un- geheure Mengen belebter Materie auf der Erde vor- handen gewesen nnd an einzelnen Stetlen abgesetzt worden sein. Gegen diesen Einwand kann auch auf die Alge Macrocystis pyrlfera hingewiesen werden, die heute die verbreitetste Pflanze der Erde sein soll and insbesondere im Golf yon Mexiko in so ungeheuren Mengen vorkommt, dab sie wohl ein Petroleumfeld ergeben kSnnte. Auch bei den Falklandsinseln sollen sehr groBe Mengen yon Algen sein. Gelegentlich k6nnten in frfiheren geologischen Epochen katastrophale Ver- giftungen durch Vulkangase zum gleichzeitigen Ab- sterben sehr groBer Mengen belebter Substanz gefiihrt haben.

Allgemein scheint demnach die Petrolemnbildung folgendermaBen verlaufen zu sein:

Die angesammelten organischen Reste wurden zunAchst dnrcll aerobe Bakterien zersetzt, die Fet te in Glycerin a n d Fetts~ure gespatten. Die Anwesenheit yon Salzwasser ffihrte bei der Anh~ufung yon Fet t - s~nre unter dem EinfluB besonderer Temperaturen nnd Drucke zur Bildung yon Petroleum.

Die Steinkohle en ts teh t auf einem anderen Zweig des Abbaues der organischen Substanz, abet oft aus dem gleiehen Ansgangsprodukt . Die ganze Verschieden- artigkeit der ErdSIvorkommen h a t in der Verschieden- heir der Entwieklungsg~nge ihren Grand, indem die Muttersubstanz, der Bildungsprozel3 nnd schlieBlieh die Sehicksale w~hrend der \ ¥ande rung zu den heutigen Lagerst~tten and natfirlich das geologische Alter des Entstehnngsprozesses d as Prodnkt ver~ndern. P .G .

Besprechungen. GOEBEL, K., Die Entfaltungsbewegungen der Pflanzen

und deren teleologische Deutung.. Erg~nzungsband der Organographie der Pflanzen. Zweite, neu- bearbeitete Auflage. Jena: G. Fischer 1924. X, 565 S. and 278 Abbild. 16 × 24 cm. Preis geh. 20, geb. 22 Goldmark.

Schon nach 4 Jahren erseheinen GOEB~LS Ent~al- tungsbewegungen in 2. Auflage, nachdem die I. kurze Zeit nach ihrem Erscheinen vergriffen war. Aui eine ausfiihrliche \Viedergabe des Inhal ts kann hier mi t iRficksicht anf die eingehende ]3esprechung der I. Auf- lage in Bd. 8, Jg. 192o, S. 746/47 dieser Zeitschr. ver- zichtet werden. Nnr der Xnderungen des \Verkes, dessen Abbildungen yon 229 auf 278 nnd dessen Seiten yon 483 aui 565 gestiegen sind, sei bier gedacht. Diese J~ndernngen bestehen nicht nur in kleineren, dem neuen Stand der Forschnng entsprechenden ZusAtzen and ErgXnzungen, vielmehr sind eine ganze Reihe yon Paragraphen (Einrollungs- und Entfa l tungsbewegnngen ausgewachsener Grasbl~tter, l~lankennutation, Abw~rts- bewegung yon Bl~ttern infolge yon _~nderungen in der Wasserzufuhr, Drehung in der Knospenlage oder nach dem Aufblfihen usw.), sowie ein ansgedehnter Abschni t t fiber die Verschiedenheiten in der Blflten- gestal tung der Papilionaeeen und ihre biologische Be- deutung neu eingefflgt. Hier verfolgt G. den B a u d e r Papilionaceenblfiten in seinen verschiedenen Abwand- lungen and stellt lest, dab die zahlreichen beobachteten Bau typen nicht etwa in einer fortschreitenden Linie der Anpassnng an die ]~efruchtnng liegen, dab viM- mehr nebeneinander mannigfache gleieh zweckmaBig funktionierende ]3aupt~ne zu verzeichnen sind, deren En t s t ehung somit nicht auf stets gleichgerichtete

Selektion zurfickgefiihrt werden kann. Und somit gelangt G. auch in diesem Abschni t t zn einer v611igen Ablehnung jener Auffassung, nach der der Kampf urns Dasein als sch6pferische Macht hinter den Gestal- tungsvorg~ngen steht . Es ist dies ja gewissermaBen der rote Faden, der sich durch das gauze VCerk zieht. ,,Die Na tur arbeitet also anders als der Zflehter -- der Anthropomorphismus, der in der Selektionstheorie liegt, ha t versagt, sie kann weder die En t s tehung der Arten, noch die Mannigfaltigkeit der Anpassungen erkl~ren" (S. 62). ]:)as ist ein Gedanke, der auch in der Einleitung yon allgemeinerer Vc'arte aus beleuchtet ist. , ,Wit k6nnen auch sagen: die reine Nfltzlichkeitslehre l~13t die Na tur schaffen wie einen Handwerker, der nur das herstellt, was unmit te lbar gebraucht wird, Sie verhMt sich aber wie ein Ki~nstler, der sich yore ~ u r

Nfitzlichen nieht beschr~nken l~13t" (S. 35). Hier stoBen wit auf einen Punkt , der naturwissenschaft l icher Analyse unzug~nglich ist. ]~s sei nnr noch darauf hingewiesen, dab G. auch die teleologisch- vitalistische Betrachtungsweise, soweit sie Zielstrebigkeit in die Organismen selbst hineinverlegt, grunds~tzlich ablehnt und vielen Zweckdeutnngen mi t recht groBer Skepsis gegenflbersteht. Auch diese Stel lungnahme gelangt in dem Abschni t t fiber die Papilionaceen deutlich znm Durchbruch (angeblicher Pollenschutz durch das Schiffchen usw.). Selbstverst~ndlich darf ma n bier das Kind nicht mi t dem "Bade ausschfit ten und den beobachteten St rukturen jeden 6kologischen Sinn ab- spreehen, nur ist gerade ani dem Gebiete der Bliiten- biologie vielfach mit sehr groBer Voreiligkeit und mangelnder Kri t ik gearbeitet worden und deshalb die kfihle Reserve, mi t der G. in solchen Fragen vorgeht,