21
Zeitschrift f. d. gesamte experimentelle Medizin, ]~d. 116, S. 216~236 (1950). Aus der Medizinischen Universit~ts-Poliklinik Heidelberg. Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. Von tI. SCItW~6K und G. BETZIEN. Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 18. Juli 1950.) Im Jahre 1888 haben C0~sTEIN und Zv~Tz zum ersten Male bei der Untersuchung yon Atemproblemen die Begriffe Reiz und Erregbar- keit verwendet. In der Folgezeit sind zahlreiche Faktoren entdeckt und diskutiert worden, die als Reize oder Antriebe der Atmung zu betrachten sind: CO 2- und 02-Spannung , p~, nervSse Impulse, die yon Presso-, Chemo- und Thermoreceptoren, Lungen, Gelenken, Zwerchfell und Atemmuskulatur ausgehen ; dazu kommen die willkfirlichen Antriebe und die Mitinnerva~ion, z. B. be~ Muskelarbeit. Mit GESELL kann man sie in chemische und synaptische Antriebe einteilen. Bei dieser Vielzahl der kaum iibersehbaren Atemantriebe erscheint es schwierig, im Einzel- falle etwas fiber die Erregbarkeit des Atemzentrums auszusagen. Bei der Niehrzahl der sog. ,Zentren" sind wir heate der Ansicht, dal~ es sich eigentlich nur um Schaltste]len handelt, an denen Nerven- bahnen mit Ganglienzellen zusammentreffen, yon denen aus Einwir- kungen auf bestimmte Funktionen ausgelSst werden kSnnen. Das Atemzentrum nimmt aber doch eine Sonderstellung ein, da hier ab- gegrenzte Gruppen yon Ganglienzellen vorliegen, dig trotz verschiedener Funktion im einzelnen (PITTS, MAGOV~und RA~so~) offenbar als Einheit reagieren und spontane rhythmische Erregungen yon wechselnder Fre- quenz und wechselnder St~rke aussenden, die eine vitale Funktion, n~mlich dig VentilationsgrSl~e, ~n weitgehender Ubereinstimmung mit den :Bedfirfnissen des Organismus regulieren. Es entspricht unserem Denken und erscheint zum mindesten als brauchbare Arbeitshypothese, die Summe der l~eize, die den] Atemzentrum zufliel~en, in Beziehung zu setzen gur Intensifier der Atmung und den sich daraus ergebenden zentralen Anteil der Atmungsregulation als Ausdruck der Eigent~tigkeit des Atemzentrums zu betrachten. Wendet man auf diese Verh~ltnisse die Begriffe Reizintensit~t einerseits und l~eizschwelle und Erregbarkeit des Atemzentrums andererseits an, so kommt man zu Beziehungen, die einigermal3en konstant und verst~ndiich sind. Die ganzen Schwierig- keiten des Problems werden in der kiirzlich erschienenen Arbeit yon Lo~sc~]~E (1949) dargestellt.

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken

Embed Size (px)

Citation preview

Zeitschrift f. d. gesamte experimentelle Medizin, ]~d. 116, S. 216~236 (1950).

Aus der Medizinischen Universit~ts-Poliklinik Heidelberg.

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. Von

tI. SCItW~6K und G. BETZIEN.

Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 18. Juli 1950.)

I m Jahre 1888 haben C0~sTEIN und Zv~Tz zum ersten Male bei der Untersuchung yon Atemproblemen die Begriffe Reiz und Erregbar- keit verwendet. In der Folgezeit sind zahlreiche Faktoren entdeckt und diskutiert worden, die als Reize oder Antriebe der Atmung zu betrachten sind: CO 2- und 02-Spannung , p~, nervSse Impulse, die yon Presso-, Chemo- und Thermoreceptoren, Lungen, Gelenken, Zwerchfell und Atemmuskulatur ausgehen ; dazu kommen die willkfirlichen Antriebe und die Mitinnerva~ion, z. B. be~ Muskelarbeit. Mit GESELL kann man sie in chemische und synaptische Antriebe einteilen. Bei dieser Vielzahl der kaum iibersehbaren Atemantriebe erscheint es schwierig, im Einzel- falle etwas fiber die Erregbarkeit des Atemzentrums auszusagen.

Bei der Niehrzahl der sog. ,Zent ren" sind wir heate der Ansicht, dal~ es sich eigentlich nur um Schaltste]len handelt, an denen Nerven- bahnen mit Ganglienzellen zusammentreffen, yon denen aus Einwir- kungen auf bestimmte Funktionen ausgelSst werden kSnnen. Das Atemzentrum nimmt aber doch eine Sonderstellung ein, da hier ab- gegrenzte Gruppen yon Ganglienzellen vorliegen, dig trotz verschiedener Funktion im einzelnen (PITTS, MAGOV~ und RA~so~) offenbar als Einheit reagieren und spontane rhythmische Erregungen yon wechselnder Fre- quenz und wechselnder St~rke aussenden, die eine vitale Funktion, n~mlich dig VentilationsgrSl~e, ~n weitgehender Ubereinstimmung mit den :Bedfirfnissen des Organismus regulieren. Es entspricht unserem Denken und erscheint zum mindesten als brauchbare Arbeitshypothese, die Summe der l~eize, die den] Atemzentrum zufliel~en, in Beziehung zu setzen gur Intensifier der Atmung und den sich daraus ergebenden zentralen Anteil der Atmungsregulation als Ausdruck der Eigent~tigkeit des Atemzentrums zu betrachten. Wendet man auf diese Verh~ltnisse die Begriffe Reizintensit~t einerseits und l~eizschwelle und Erregbarkeit des Atemzentrums andererseits an, so kommt man zu Beziehungen, die einigermal3en konstant und verst~ndiich sind. Die ganzen Schwierig- keiten des Problems werden in der kiirzlich erschienenen Arbeit yon Lo~sc~]~E (1949) dargestellt.

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. 217

Es mag vielleicht verfrfiht erscheinen, die Erregbarkeit des Atem- zentrums bei Herzkranken zu untersuehen, wenn Definition und Be- s t immung dieser Funkfion bereits unter physiologischen Bedingungen so groBen Schwierigkeiten begegnet. Tats/~chlich ist bisher bei der Untersuehung der Dyspnoe der t Ierzkranken fast immer nut der eine Anteil berficksichtigt worden, n/~mlich die Ver~nderung der Antriebe der Atmung (CO2-02-Spannung, PH, Alkalireserve usw.), nicht aber die Erregbarkeit des Atemzentrums in dem exakten Sinne, wie sie weiter unten dargelegt wird. Der Grund mag in den groBen methodischen

�9 Schwierigkeiten liegen, gerade bei Herzkranke.n zuverl/s Unterlagen ffir die Bestimmung der Erregbarkeit des Atemzentrums zu gewinnen. Es erscheint uns aber doeh notwendig, wenigstens den Versueh zu machen, auch fiber diesen zentralen Anteil der Atmungsregulation bei Herzkranken etwas auszusagen.

WIZCTE~ST~IZr hat schon 1915 ausgeffihrt, daft man theoretisch zur Prfifung der Erregbarkeit des Atemzentrums aus der Vielzahl der auf das Atemzentrum wirkenden Antriebe jeden beliebigen - - bei Konstant- haltung aller fibrigen - - variieren und das Verh~ltnis zwischen St/irke des Reizes und GrSl3e der Atmung als Ausdruck der Erregbarkeit des Atemzentrums betrachten kSnne. Da die CO 2 zweifellos der biologisch wichtigste Atemreiz ist, liegt es am n~chsten, das Verh/~ltnis yon CO 2- Spannung im Atemzentrum zur VentilationsgrS$e als Mal~ der Erregbar- keit des Atemzentrums zu betraehten, unabh~ngig davon, ob man eine direkte Wirkung der Kohlens/~ure oder eine indirekte fiber Ver~nderung des p~ im Atemzentrum annimmt.

Nun ist die CO2-Spannung im Atemzentrum nicbt meBbar; diesem Wert am n~chsten kommt zweifellos die COz-Spannung im ven6sen t t irnblut . Das aus dem Atemzentrum abflief3ende Blur kSnnen wit aber beim Mensehen nicht untersuehen. Setzt man C02-Produktion und Durchblutung im Atemzentrum als konstant, dann ist auch die C02- Spannung im arteriellen Blur der im Atemzentrum a]s parallel verlaufend anzunehmen. (Die erste Annahme mag zutreffen, die zweite ~st sicher nicht immer riehtig, da nach dan Untersuchungen yon NO~LL und SC~_W~ID~ Zunahme der C02-Spannung im arteriellen Blut die Durch- blutung der A. earotis interna steigert.) Aber auch die Bestimmung der CO2-Spa.nnung im arteriellen Blur mittels h~tufiger Arterienpunktionen erschien uns bei unseren langdauernden Versuehen bei Herzkranken nicht ang/~ngig und so haben wir die Methode yon LIZCD~A~D zur Prfifung der Erregbarkeit des Atemzentrums verwendet, bei der die Ver/~nderung der C02-Spannung der Alveolarlu/t naeh Einatmung CO2-haltiger Luft- gemische zum Atemvolumen in Beziehung gesetzt wird. Unter normalen Verh~ltnissen sind alveolare und arterielle CO2-Spannungen identisch. Auch bei t Ierzkranken kSnnen wir diese Annahme maehen, soweit

218 H. SCI-~VIEGK und G. BETZIEN:

ke ine Lungens tauung bes teh t (MEAKI~S, DAVTt~EBANDE und FETT~I~ 1923; K~o~Tz 1930).

Mit der Methode der Kohlensi~ureatmung s ind bisher fas t alle physio- logischen Unte r suchungen zur Bes t immung der E r regba rke i t des Atem- zen t rums ausgeffihrt worden. Sie k a n n auch heute noch, t ro tz aller Einschri*nkungen, als die bes te gelten.

Nun wirkt ja die CO 2 nieht nut direkt erregend auf das Atemzentrum, sondern auch indirekt fiber die Chemoreceptoren (HEYMA~CS). Wie groB normalerweise der Anteil des direkt chemischen und des indirekt synaptischen Antriebes bei der CO~-Wirkung beim Menschen ist, liiBt sieh nur vermuten, da die bei Tierversuchen notwendige Narkose die Empfindlichkeit des Atemzentl~ms fiir CO 2 herabsetzt oder auch ganz beseitigen kann (BE~ZI~rGER, OPITZ und SC]~OEDEL). Wenn man also bei CO~-Atmungsversuchen eine gegenfiber der Norm gesteigerte oder ver- minderte Atmungsreaktion findet, kSnnte an sich nicht nnr die Erregbarkeit des Atemzentrums, sondern auch die der Chemoreceptoren veri~ndert sein. Die vor- liegenden tierexperimenteUen Untersuchungen spreehen jedoch ffir die erste An- nahme: nach Denervierung des Carotissinus erfolgt die Atmungssteigerung auf CO2-Atmung nieht anders als in der Norm (GEMILL und R~.Ev~s 1933); der mini- male no~wendige Reiz ffir das Ansprechen des Atemzentrums betrfigt 3 mm Hg CO~-Spannung, dagegen ffir die Chemoreceptoren 10 mm Hg (DuMK]~ und Dnn'es 1939/40). GOLLWITZER-MEI~R land nach Ausschaltung der Chemoreceptoren filer- dings eine Verminderung der Atmungszunahme auf CO~-Atmung um etwa 20%. Vor allem sprechen gewisse Eigenschaften der Erregbarkeitskurven sehr daffir, dab beim Menschen mit dieser Methode tatsiichlich die Erregbarkeit des Atem- zentrums selbst geprfift wird (s. S. 220).

Lgl3t m a n die Versuchsperson Gemische yon Luf t mi t verschiedenen CO2-Konzentra t ionen e ina tmen und bes t immt dabe i A t e m v o l u m e n (Ordi- na te) und a lveolare CO2-Konzentra t ion (Abszisse), so erhis m a n in mi t t l e r cn Bcre ichen anni~hernd gerade K u r v e n (NII~LSEN 1936)i Bei hohen CO~-Konzentra t ionen biegt die K u r v e nach rechts ab, wohl deshalb, weft bei der hohen CO~-Spannung die b e k a n n t e narkot i sche W i r k u n g der CO s al lmiihl ich h e r v o r t r i t t (NIeLSen) oder weft bei den ex t r emen W e r t e n H e m m u n g e n anderer Ar t auf t re ten . Der Ver lauf der K u r v e unterhalb des Ruhewer tes is t p roblemat i sch , da eine Senkung der alveo- la ren CO~-Spannung im aku t en Versuch nu t durch willkfirl iche Hyper - ven t i l a t ion miSglich ist, die schliel~lich zur Apnoe ffihrt, d. h. zum Auf- h/Sren der Atemti~tigkeit .

LI~CD~D (1933) und qNI~Lsmv (1936) haben ffir ihre Definition der Erregbarkeit des Atemzentrums den sog. Apnoepunkt herangezogen, d.h. die alveolare CO 2- Spannung, bei der nach langerer willkfirlicher I-Iyperventilation der erste Atemzug einsetzt. Diese Werte liegen angeblich nur um ein weniges tiefer, als der gradlinigen Verli~ngerung tier Kurve bis zur Abszisse entsprich~. Sie haben fiir ihre Berech- nungen daher den Apnoepunkt durch ]gxt.rapolgtion ermittelt. Es erscheint abet zweifelhaft, ob der Augenblick des ersten Atemzuges nut durch die COa-Spannung bestimmt ist, da im Apnoezustand die grterielle CO~-Sp~nnung sinkt und so der O~-Mangel als Atemantrieb hinzukomm~. Aul~erdem ist der Reiz zum ersten Atemzug nach der Apnoe so schwach, dab die psyehische Einstellung und der Wille der Versuchsperson eine ganz entscheidende Rolle spielt; wir halten es daher nieht

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. 219

ftir zweckmal]ig, wie LINDEARD den Apnoepunkt ftir die Berechnung der Erregbar- keit des Atemzentrums heranzuziehen, besonders, wenn es sich um nichtgeiibte Versuchspersonen handelt.

Die Berechnungsmethode yon LINDI~ARD (1933) und NIELSEN (1936) fiihrt au~erdem, wie LOESCHKE und SOMM~ (1944) gezeigt ha~en, zu Werten der Erregbsrkeit, die unmSglich richtig sein kSnnen. Dazu kommt, dab die Bestimmung des Apnoepunktes sehr nnsicher ist und die ganze l~erechnung sich auf der Differenz der CQ-Spannung zvdschen extrapoliertem Apncepunkt und Ruheatmung aufbaut. Wir sind scgar noch weitergegangen und haben bei nnseren ~erechnungen auch die Werte bei Ruheatmung ausgeschieden, da besonders bei untrainierten Ver- suchspersonen die Ruheatmung noch stark durch die psychische Einstellung der Versuchspersonen beeinflul]t wird, und haben nur die t~estimmung bei Atmung yon 4 verschiedenen CO~-Gemischen ftir die Erregbarkeitskurven verwertet. Hier unterdriickt der Impuls dei C02-Atmung die Unregelmg~igkeiten, die yore Willen und yon psychische~ Einfliissen der Versuchspersonen ausgehen, so dab die 1Reak- tionen des Atemzentrums selbst unverfglschter hervortreten und der Kurven- verlauf einheitlicher wird als bei Atmungsversuchen frfiherer Untersucher.

I-IAss~L]~ALC~ (1911), I~AlgKE (1941), LO~SCHXv, und SOMMS~R (1944), sowie }I)IBISCH (1949) und Sc~XF]sR (1949) kommen zu einer anderen Definition fiir die Erregbarkeit des Atemzentrums, namlieh dem Quo- tienten: Zuwachs an Atemvolumen zu Zuwaehs an elveolarer CO 2- Sp~nnung, d. h. Zunahme der Ventilation in Liter je 1 mm Hg Sloannungs- zuwaehs der CO 2 in der Alveolarluft (eigentlieh im Atemzentrum). Die Erregbarkeit des Atemzentrums wird hier durch die Steilheit der Atem- volumen-C02- Spannun gskurve dargestellt.

Aul~erdem findet sieh bei Vergleieh versehiedener Kurven aueh eine ParaIlelverschiebung. In diesem Falle ffihrt der gleiehe Zuwaehs an COe-Slcannung znm gleichen Zuwaehs an Atemvolumen, man kann daher nicht annehmen, da~ sieh die Erregbarkeit des Atemzentrums ge~ndert hat, obwohl die Atemvolumina im ganzen hSher oder niedriger liegen. Eine Perallelverschiebung nach links bedeutet, dab die Reiz- schwelle ffir CO 2 gesunken, die Erregbarkeit aber konstant geblieben ist.

In der bereits erw~hnten Studie fiber 1qeiz und Erregbarkeit der zentra]en Atmnngsregulation kornmt LOESCHK]S (1949) auf Grund der Analysen der yon ihm selbst und der yon anderen Autoren (NIELSEN 1936, HASSEL:BALCH und LINDHARD 1911, OST~nGAAnD 1944) be- stimmten Volnmen-Spannungsknrven zu folgenden Sehliissen: Bei Acidose (durch ~I-t~C1), Arbeit, m~!3igem O2-Mangel , im Schlaf, unter der Wirkusg der weiblichen Sexualhormone tritt im wesentlichen eine Parallelverschiebung, nicht aber eine Anderung des Steilheitsgrades der Kurven ein. ,,Eine Verschiebung dieser Art ist mathematisch als addi- tive Konstante zu schreiben." Die untersuchte Beeinflussung, sei sie chemiseher oder synaptischer Art, addiert sich also einfach zur CO 2- Wirkung. Die Vergnderung der Atmung nnter diesen Bedingungen wird als Summativn verschiedener Reize betrachtet, eine Anderung der Erreg- barkeit des Atemzentrums kann aus diesen Kurven nicht abgelesen

220 tt. Se~EOK und G. ]~ETZIEN:

werden. Eine Anderung der Erregbarkeit kann nur angenommen werden, AV

wenn sich der Quotient APCO~' d .h . die Steilheit der Kurve gndert.

Man muft also unterscheiden zwisehen Anderung der lgeizschwelle, bei des die Kurve z.B. nach links parallel verschoben ist und das Atemzentrum bereits auf niedrigere C02-Spannungen anspricht, die Steilheit der Erregbarkeitskurve aber nnvergndert bleibt, und Xnderung der Erreg- barkeit selbst, bei denen sich die Steilheit gndert.

Wenn naeh dieser wohlbegrfindeten Auffassung die synaptischen Antriebe, zu denen auch' die yon den Chemoreeeptoren ausgehenden geh6ren, nnr Xnderungen der l~eizschwelle, nicht abet der Erregbarkeit des Atemzentrums verursachen, wiirde eine Xnderung im Steilheits- grad cler Kurve beweisen, daft nicht etwa eine vergnderte Erregbar- keit der Chemoreeeptoren, sondern des Atemzentrums selbst vorliegt (s. 8.218).

1)ie Angabe NIELSEIVS, dab man -- im vereinfachten Verfahren -- schon aus

der Bereohnung yon Atemvolumen und alveolarer C02-Spannung bei Ruheatmung etwas tiber die Erregbarkeit des Atemzentrums aussagen kSnne, scheint uns ebenfalls nicht gerecbtfertigt, da sich aus einem Punkt nichts iiber Lage und Steilheit der Erregbarkeitskurve aussagen litgt. Es wird hierbei vernachlgssigt, dal] es nicht auf die CO~-Spannung in der Alveolarluft, sondern auf die im Atem- zentrum ankommt. Xnderung der Steilheit der C02-Bindungskurve, (speziell abhgngig veto Hb-Gehal~) oder der Durohblutung des Atemzentrums kSnnen dazu ftihren, dag C0a-Spannung im Atemzentrum nnd in der Alveolarluft differieren, auBerdom kSnnen zusgtzliche synaptische Antriebe eine l~olle spielen. Eine l~eihe der in der Literatur mittels dieser Methode gefundenen Anderungen der Erregbarkeit des Atemzentrums sind daher nieht als bewiesen zu betraehten. Nach unseren Erfahrungen kann man tiber Lage und Steilhoit der Erregbarkeitskurve erst dann eine einigermagen zuverl/~ssige Aussage machen, welm man wenigstens 4 Bestim- mungen mit versckiedenen CO~-Konzentrationen gemaeht hat. Erst dann ist wegen der vielfachen methodischen und biologisehen Fehlerm6gliehkeiten der Verlauf der Kurve einigermal]en gesichert und vergMchbar.

Wit kommen also auf Grund der angefiihrten l~lberlegungen im An- sehluft an ]~ANKE, LOESCHKE und ~OMME~, SCHXFER, HXmSCH zu dem Schlug, daft die Bestimmung der Erregbarkeit des Atemzentrums gegen- wgrtig praktisch tiberhaupt nur dureh Einatmung yon CO~-Gemischen versehiedener Konzentrationen mSglich ist, daft man streng unter- seheiden mug zwisehen Parallelversehiebung und SteilheitsgTad der Atemvolumen-CO2-Spannungskurve. Parallelverschiebungen lassen an- nehmen, daft zus~tzliehe, oft unerkannte ehemische oder synaptisehe Reize das Atemzentrum beeinflussen, wghrend allein J~nderungen des

AV Steilheitsgrades, also des Quotienten A ~ 2 einen Sehluft auf eine

vergnderte Erregbarkeit des Atemzentrums erlauben. :Die Erfahrungen zeigen, daft sieh )~nderungen der Reizsehwelle und der Erregbarkeit gleiehsinnig und gegensinnig kombinieren k6nnen. Auf Grund dieser

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei tterzkranken. 221

Definit ion haben wir die Erregbarkei t des Atemzen t rums bei Normalen und Herzkranken mi te inander vergliehen. Wegen der relat iv grogen St reuung der E inze lkurven ist es notwendig, eine grSBere Zahl yon Gesunden u n d Herzkranken zu untersuehen, u m statist iseh gesieherte Werte zu erhMten.

Dis Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken ist bisher noeh nieht naeh exakten Kriterien untersueht worden. Ans~itze dazu finden wit bei P~ABODu und BUTTER~IELD (1915) (zit. nach ST~AVB), die bei Herzkranken mit dauernd erniedrigter CO2-Spannung in der Alveolarluft eine stS, rkere Ventilation bei CO s- Atmung fanden als bei Gesunden. PnTERS und BAleR (1920) (zit. naeh FIS~BERG) stellten dagegen lest, dab Herzkranke bei Rfickatmungsversuehen wesentlieh geringere Volumina als Gesunde atmeten. Um~B~VCK und M~ ECK (1930) beriehten ebenfMls in einer kurzen Mitteilung, daB'eyanotisehe Herzkranke bei Einatmung yon Gemisehen verschiedener C0s-Konzentration mit reinem Oe eine geringere Ventilation aufwiesen als Gesunde und sehlossen daraus auf eine Unter- erregbarkeit des Atemzentrums. Dagegen ist einzuwenden, dab Einatmung yon reinem 02 an sieh bei Herzkranken oft die VentflationsgrSge herabsetzt. In allen diesen ~Iteren Versuchen bei tIerzkranken wird keine strenge Definition der Erreg- barkeit des Atemzentrums verwandt, so dab mehrfaehe Deutungen offenbleiben.

Methodik.

Respirationssystem. Ein Dreiwegehahn auf der Inspirationsseite erm5glicht die wahlweise Zuffihrung yon NormMluft oder yon CO2-Gemischen. Die fertigen, selbst hergestellten Gasmischungen befinden sich in 4 (40 Liter) fassenden Stahl- flaschen (40 Atfi). Zwischen die Gasflaschen und das Atemventil sind 2 Atem- s~ckchen (Kapazit~tt insgesamt 6 Liter) geschaltet, so dab die Gaszufuhr auch bei hohen Ventflationen unter Bedienung der I~eduzierventile dem Bedarf entsprechend und unter gMchem Druck erfolgt. Die verwendeten 4 CO~-Q-Ns-Gemisehe ent- halten 3,6--3,8% CO s (GI), 4,5--4,8% CO~ (G II), 5,2--5,3% CO s (G III) und 5,7--5,9% COs (G IV) mit einigen unerhebliehen Schwankungen; der O.~-Gehalt betri~gt 20,8--21,8 %.

Da Gasuhren nur in einem beschr~nkten Bereich genau messen, wird die Ex- spirationsluft mittels einer 20-Liter-Gasuhr fiir die niedrigeren und einer 209 Liter- Gasuhr fiir die hohen Ventflationsgr5Ben gemessen. Da die h~ufige Gewinnung yon Alveolarluft nach ~TIALDANE-~)RIESTLEY den Verlauf der Atmungsversuche immer wieder stSrend unterbrieht und ftir unsere Zwecke zu groBe Streuungen der Mveolaren COs-Spannung ergibt - - so dab fiir jeden Punkt mindestens 4 Be- stimmungen notwendig waren - - sind wir naeh l~ngeren Versuehen zur kon- tinuierlichen automatischen Gewinnung der Alveolarluft tibergegangen. Hierzu stellten wir uns ein Atemventil nach einem einfaehen, yon t~A~ und O~m (1949) angegebenen Prinzip her (Abb. 1).

Die dutch die Atmung bedingten Druekschwankungen im Raum V werden dureh die Schlauchverbindung S auf die Augenseite des aus diinnem Gummi bestehenden Fingerling G iibertragen. Der Fingerling saugt sich dementsprechend w/~hrend der Inspiration mit dem letzten Tell der Atmungsluft roll, die im Rohr R hinter der Exspirationsklappe des Ventils liegt. Dies ist bei hinreichender Atem- tiefe reine exspiratorisehe Alveolarluft. Wi~hrend der Exspiration wird durch den ~berdruck in V der Fingerling wieder ausgepregt und verhindert dadurch den Eintritt der in diesem Augenbliek vorbeikommenden mit Totraumluft vermischten

222 H . SCtIWIEOK und G. BETZZEN:

Exspirationsluft in die Saugleitung r, durch die kontinuierlieh 0,3 cm~/see in eine Sammelbtirette gesaugt werden. Auf diese Weise gewinnt man aus dieser Saug- leitung reine ez~spirat0rische Alveolar]uft. Dermit einem Hahn versehene Stutzen a dient zur Messung der Drucksehwankungen im Atemventil.

Der gesamte Totraum des Atemventils mit Gummistfick betr/igt nur 30 em3; wenn das einzelne Atemvolumen 600 cm a tibersteigt, gewinnt man sicher reine exspiratorische Alveolarluft, wie zahlreiche Kontrolluntersuchungen ergeben haben. Lediglieh die C02-Werte bei Ruheatmung sind durchschnittlich zu niedrig, da das Atemvolumen in der Ruhe bei vielen Versuehspersonen zu gering zur t/einspiilung des Totraumes ist. Aus diesen und den in der Einleitung angeftthrten Grtinden haben wir die Ruhewerte nicht ftir die Erregbarkeitskurve verwendet.

f

Insp. Exsp.

~?lundsfb'ck

/R /

Abb. 1. A t e m v e n t i l zur au toma t i s chen Alveo la r lu f t abnahme (Erlf iuterung s. Text) .

Der in- und exspiratorische Atemwiderstand des Ventils betr~gt bei ruhiger Atmung 0,3--0,5 em H20, bei den hohen VentilationsgrSgen 3,0--4,0 cm H20.

Zwischen Ventil und Gasuhr ist ein Mischgef~13 eingescha]tet, aug dem dureh 5 rain wi~hrend des Atemversuches eine Teflprobe der gemischten Exspirationsluft zur Bestimmung des Gaswechsels entnommen wird. Die CO 2- und 02-Analysen erfolgen in der tibliehen Weise naeh HALDANE.

Versuchsablau]: S/imtliehe Versuchspersonen werden im Liegen morgens ntieh- tern nach 15 min Ruhelage untersucht. Nach weiteren 10--15 rain Ventilatmung mit Zimmerluft wird durch 5 rain Ruheventilation und Atemfrequenz gemessen, Alveolarluft und Ausatmungsluft gesammelt. Anschliel3end werden die COs-Gas- gemische G I - -G IV hintereinander einge~tmet, und zwar jedesmal zun~ehst l0 rain, damit die Ventilation einen konstanten Wert erreicht, und weitere 5--6 rain, in denen die ]~estimmung yon A~emvolumen und Atemfrequenz, sowie Abnahme -/on Alveolarluft und gemisehter Ausatmungsluft erfolgt. Einige NIinuten naeh Ende der tteatmung mit dem hSehsten C02-Gemiseh wird dureh eine 1 rain dauernde freiwillige maximale Hyperventilation das maximale Atemvolmnen bestimmt, das die Versuchsperson atmen kann.

Die La.ge der C02-Bindungskurve wird im venSsen Blur durch S~ttigung mit 4 versehiedenen CO~-Sparmungen im Tonometer nach vA~ SLY~]~ bestimmt.

Die Erregbarkei~ des Atemzen~rums bei Herzkranken. 223

Auswertu~gstechni]c. Die gemessenen Atemvolumina werden nach Addition yon 0,2 Liter (ffir die in die l~ezipienten abgesaugte Luftmenge) aufMinutemvert , 0 ~ 760 mm und Treekenhei t fiir den gesamten 0~- und C02-Austauseh, sowie auf 38 ~ vorherrsehenden Druek und Wasserd~mpfs~ittigung ffir die Erregbarkeits- kurve umgereehnet; ferner wird aus Minutenvelumen und Frequenz die mittlere Atemtiefe fiir jede MeBperiode best immt.

Zur Kontrolle der mittels der Alveol~rgasanaly~e direkt bes t immten C O : Spannungen wird au~erdem der alveolare C02-Gehalt mi t tIilfe der Bom~schen Formel aus der Kohlens~urekonzentration der Gesamtausatmungsluft errechnet. Die hierzu notwendige TotraumgrS~e wurde aus einer yon S C ~ o ~ L verSffent- l ichten Kurve abgelesen. Als Gegenkontrolle bereehneten wir ~us den Resultaten unserer Alveotargas- und Ges~mtausatmungsluftanalysen die Totr~ume. Unsere

500

~00

700

~ 7oo0 :500 /I / e ::: //de

Abb. 2. Totraum in Beziehung zur Atemtiefe bei Gesunden (1) und Herzkranken (2), verglichen mit der yon SCttOEDEL angegebenen K~rve (3), berechnet nach BOHR unter

Verwendung exspiratorischer Alveolarluft.

I J

. ~ _ f . . . . . o ~ -

era 200g

Mittelkurve st imrat - - auch hinsichtlich der Steigungscharakteristik - - gut mit der Sc~o~sD~Lsehen Kurve ttberein (Abb. 2).

Obwohl das Totranmvolumen nur gesehatzt wurde, erhielten wir in der Mehr- zahl der Versuche eine aberraschend gute lJbereinst immung z~wischen berechneter und direkt bes t immter alveolarer CO~-Konzentration. 85 % der Differenzen waren kleiner als 0,11% (durchschnittliehe absolute Differenz unter Einbeziehung der extremen Abweichungen). Dies war fttr uns ein weiterer Beweis, dal3 die ver- wendete Methode zur Alveolarluftbestimmung zuverl~ssige Werte ergibt. Bei der Aufstellung der X, rregbarkeitskurven werden - - wie in der Einleitung e r w g h n t - - nur die unter C O : A t m u n g erhal tenen Werte verwendet. Bei der niedrigsten CO 2- Konzentra t ion betrug die mittlere Atemtiefe 888 cm 3, in keinem Falle war sie ge- ringer als 600 cm 3. Dies reich~ einerseits sicher zur direkten Gewinnung reiner exspiratorischer Alveolarluft aus und gestat te t andererseits eine gewisse GroB- ziigigkei~ bei der Einsetzung der Totraumwerte in die Bo~d~sehe Formel, da sie bei waehsender Atem~iefe gegen Totraumfehler unempfindiich wird. Bei einigen Versuehen t r a t eine systematische Abweichung der beiden alveolaren CO s- Spannungswerte in der Weise auf, da~ die resultierenden Kurven geringfiigig gegeneinander um ein Sttickchen parallel versehoben waren (Fehlschgtzung des Totraumes). Die s die Bereehnung der Erregbarkei t maBgebliche 8teilheit der Kurven wurde dadureh prak~isch nicht beeinftuBt. Allgemein wurden nur solehe Versuehe verwertet, bei denen die Kurven in ihrem Verl~nfseharakter iiberein- s t immten oder sieh im Falle einer unsystematisehen Differenz zwischen einer bereehneten und direkt bes t immten CO.~-Konzentration die Richtigkeit der direkten

224 I-I. SC~'~VlEC.K und G. B~TZlEI,~:

Alveolargasanalyse, z. B. dutch das Verhalten der Stoffwechselwerte oder anderer Kri~erien hinreiohend wahrscheinlich maehen lieB.

Zum Vergleieh und zur statistischen Beurteilung der Erregbarkeitskurven wurden verschiedene rechnerische Wege eingeschlagen:

1. Zunichst wurden si~mtliche Ventilations- und alveolaren Spannungs- zunahmen, getrennt fiir Gesunde und Herzkranke, in folgender Weise gemittolt: a) der mittlere Ventilations- und Spannungszuwachs, den der Ubergang yon GI a u f G II zur Folge hatte; b) der nfittlere Ventilations- und Spannungszuwachs, der - - wieder yon den unter Beatmung mit G I erhaltenen GrSBen ausgehend gerechnet - - dutch Zufiihrung yon G II I und e) durch Zufiihrung yon G IV ent- standen war. Die bei diesem Vorgehen fiir Normalpersonen und Herzkranke jeweils erhaltenen 3 Wertepaare fiir die verschiedenen Ventilations-CO S- Spannungs- zunahmen ergeben, ins Koordinatensystem yore Nullpunkt ausgehen4 eingetragen (Abb. 3), die ,,Mittleren Erregbarlceitskurven ,]~r Herzkranke und ]4r Gesunde".

Um die absolute Lage im Achsensystem der beiden mittleren Erregbarkeits- kurven zueinander vorgleichen zu kSnnen, werden die absoluten Mittelwerte der bei ]~eatmung mit den versehiedenen Gasgemischen gefundenen Ventilations- grgl~en und C02-Spannungen - - also nicht ihre Differenz - - gegenein~nder auf- getragen. So entsteht die ,,Mittlere VoIumenspannungsl~urve" (Abb. 5), die natiirlich den gleiehen Verlaufscharakter zeigt, wie die ,,mittlere Erregbarkeitskurve".

2. Um die Erregbarkeitskurvo der Einzelf~Ue miteinander vergleichen zu kSnnen, haben wir folgendes Rechenverfahren angewandt: Die Erregbarkeits- kurven (oder Volumen-Spannungskurven) der einzelnen Versuchspersonen zeigen praktisch alle leichte Knicke in ihrem Verlaufi Wie spiter erliu~ert wird, zeigte es sich, dab die mitfleren Erregbarkei~skurven fitr Normalpersonen und tterz- kranke in ihren unteren 2 Dritteln praktisch exakte Gerade sind, und dab in ihrem oberen Tell eine nur geringfiigige Tendenz zur Abnahme der Steilheit besteht. Daher betraehten wir auch die Einzelkurven ~ls prinzipiell gerade Linien. Die Knicke deuteten wit als dutch zuf~llige Erregbarkeitsschwankungen w~hrend des Versuehes oder dutch andere ~ufMlige Faktoren bedingt. Dementspreehend bereehneten wit als wahrseheinlichsten Ausdruck der mittleren Erregbarkeit des Atemzentrums w~hrend des Versuches im Einzelfalle den ,,mittleren Gradienten" der Kurve nach foJgender Formel:

VGH-- VGI VGIII-- VoI V O I v ~ VGI

p G t x _ p G I -- joGiii__PG I + PGIV--PGI mittlerer Gradient. 3

(Warum wir gerade dieser Formel gegentiber anderen rechnerischen M6glichkeiten den Vorzug gaben, kann hier nicht diskutiert werden.) Wie man aus der Formel sieht, ergib~ sieh der mittlere Gradient jeder Knrve aus 3 ,,Einzelgradienten", die den jewefligen Steigerungsgrad zwischen dem durch Beatmung mit G I erhMtenen Kurvenpunkt und den folgenden 3 Punkten darstellen, die mit Hiffe der 3 Gas- gemische hSheren C02-Gehalts gewonnen warden.

Dureh den ,,mittleren Gradien~en" erhM~ man fiir jede Erregbarkeitskurve einen einzigen Zahlenwert, der den Vergleioh der Versuche untereinander und die statistisehe -Oberarbeitung auBerordentlich erleichtert.

Die 4 Bezeichnungen ,,mitt]ere Erregbarkeitskurve" und ,,mittlere Volumen- Spannungskurve ~176 ,,Einzelgradient" und ,,mi~tlerer Gradient" werden in der Folge entsprechend den bier dargelegten Verh~ltnissen gebraucht werden. Der ,,mittlere Gradient" einer Erregbarkeitskurve driiekt also aus, um wieviel Liter die Ventilation im Mitre1 je Millimeter I-Ig alveolarer CO~-Druekanstieg (yon dem durch G I gewonnenen Kmwenpunkt ab gerechnet) zugenommen hat.

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. 225

Versuchsergebnisse. Wir haben insgesamt 98 Versuche bei Normalpersonen, davon bei

8 Sportstudenten, und 55 Versuche bei Herzkranken durchgeffihrt. Da wir erst im Laufe der Zeit zu der oben beschriebenen Versuchsanordnung gckommen sind, die unseres Erachtens die hauptsgchlichsten metho- dischen Einw/inde gegen die Zuverlgssigkeit der Bestimmungen be- seitigt, k6nnen wir 22 Versuche an Normalpersonen und 12 Versuche bei Herzkranken statistisch auswerten. Aber auch die nichtverwerteten Versuche ergaben grundsgtzlich dieselben Ergebnisse. Bei den tterz- kranken handelt es sich um Vitien und Myodegeneratio cordis, die s~mtlich leicht dekompensiert waren. F~lle mit deut]icher Lungen- s tauung muf3ten ausscheiden, da ungleichm/~l~ige Luftmischung in der Lunge (SIEBECK 1911) und Diffusionsst6rungen (K~oETZ 1930) die Brauchbarkeit der alveo]aren C02-Bestimmungen in Frage stellen. Bei schwer Dekoml3ensierten war es fiberhaupt nicht m6glich, die Atmungs- versuche durchzuffihren, da schon allein die Ventilatmung yon Zimmer- ]uft, wie yon Grundsatzbestimmungen bekannt ist, trotz d e r n u r geringffigigen Erh6hung des Atemwiderstandes eine unertr/~gliche Be- l~stigung bedeutet. Das gleiche gilt ffir i~ngstliche und erregte Personen. Die CO~-Atmung ist s Herzkranke oft unbehaglich, ffihrt zur Puls- beschleunigung und eventuell zum Auftreten yon E:~trasystolen. Bei Herzkranken konnte daher nur etwa jeder zweite Versuch exakt bis zum Ende durchgeffihrt werden. Tabellen 1 und 2 gcben eine ~Tbersicht fiber die Versuchsergebnisse und deren statistische Auswertung.

Tabelle 1. Normalpersonen (einschliefllich Sp6rtstudenten).

ers.-Ispar:[~lons - ~1 u " a " Atem- Nr. luft -o~u~en

I % CO~ l/mln(38 G)

96/i 3,83 [ 14,19 4,64 ] 20,84 5,16 27,51 5,93 34,80

104/2 3,78 13,13 4,89 20,74 5,24 23,92 5,84 30,73

103/1 3,69 13,95 4,63 20,34 5,18 24,28 5,89 37,69

109/1 3,64 11,22 4,56 13,59 5,22 18,78 5,89 24,05

Alveo]are CO2-

Spannung ]3am ttg

38,8 40,6 43,1 45,7 41,2 43,6 45,1 47,5 42,4 43,9 44,9 47,7 42,8 44,9 45,7 48,5

A t e m - VoluInen- s t e i ge rung

l/rain (38")

6,65 13,32 20,61

7,61 10,79 17,60

6,39 10,33 23,74

2,37 7,56

12,83

S t e i g e r a n g de r a lveo- la ren CO :- S p annu n~

m m H g

1,8 4,3 6,9

2,4 3,9 6,3

1,5 2,5 5,3

2,1 2,9 5,7

:Einzel- g r a d i e n t

3,69 3,10 2,99

3,17 2,77 2,79

4,27 4,14 4,48

1,13 2,61 2,25

Mit t l e re r Grad i en t

3,26

2,91

4,30

2,00

226 H. Sc~wI~GK und G. BETZIEN:

Vers.- ~r,

110/1

119/2

117/1

120/1

128/1

136/1

138/1

147/1

15o/i

142/1

149/1

151/1

I In- spirations-

luft % CO2

3,64 4,56 5,22 5,89

3,76 4,74 5,26 5,87 3,76 4,74 5,26 5,87

3,76 4,74 5,26 5,74

3,77 4,64 5,25 5,76 3,78 4,60 5,31 5,90 3,78 4,60 5,31 5,90

3,87 4,67 5,45 5,93 4,04 4,65 5,24 5,84 4,33 4,72 5,15 5,86 3,87 4,67 5,45 5,93 4,04 4,65 5,24 5,84

A.tem- volumen

l/rain (38 ~ )

Tabelle 1. (FortseSzung.)

Alveolare I Atem- k

Steigerung C02- ~i volumen- der alveo-

Spannung steigerung larenspannungCO2- mmHg ll/min(38 ~ mmHg

12,61 19,94 27,60 38,37 12,71 20,27 27,60 35,80

9,04 11,92 14,51 17,40

11,47 17,81 20,48 21,90

10,18 13,67 19,23 23,81 15,14

39,3 41,2 42,3 45,8

39,9 42,1 42,7 46,2

46,7 48,0 49,8 50,7

41,0 43,2 44,9 47,5 41,9 44,0 45,8 47,8 42,2 43,3 46,4 48,1

41,8 42,8 44,2 46,9 44,4 45,8 46,5 47,8 42,6 44,1 45,4 48,0 42,6 43,5 44,1

E i n z e l - g r a d i e n t

47,0 40,6 43,9 47,2 49,2 46,0 46,7 48,4 50,5

7,33 14,99 25,76

7,56 14,89 23,09

2,88 5,47 8,36

6,34 9,01

10,43

3,49 9,05

13,63

5,13 10,63 18,8I

4,81 14,24 20,24

5,83 15,38 20,31

5,37 13,42 19,40

3,65 8,14

16,07

10,74 15,47 20,36

3,53 7,97

11,93

1,9 3,0 6,5

2,2 2,8 6,3

1,3 3,1 4,0

2,2 3,9 6,5

2,1 3,9 5,9

1,1 4,2 5,9

1,0 2,4 5,1

1,4 2,1 3,4

1,5 2,8 5,4

0,9 1,5 4,4

3,3 6,6 8,6

0,7 2,5 4,6

3,86 4,99 3,96

3,44 5,32 3,67

2,22 1,76 2,09

2,88 2,31 1,61

1,66 2,32 2,31

4,66 2,53 3,19

4,81 5,94 3,97

4,16 7,32 5,98

3,58 4,79 3,59

4,06 5,43 3,65

3,26 2,34 2,37

5,04 3,32 2,65

Mittlerer Gradient

4,27

4,14

2,02

2,27

2,10

3,46

4,91

5,82

3,99

4,38

2,66

3,67

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. 227

Vers. - Nr.

153/1

154/1

155/1

156/1

157/1

158/1

In- sp i ra t ions-

lu f t

% CO~

Tabelle 1. (Fortsetzung.)

) ] S t e ige rung Atem- Alveolare I Atem- der alveo-

volumen S Cs [volumen- steigerun~ Spannung I p gt laren CO2~

I/rain (38 ~ mm Hg [ l/rain (38 ~ mm ]=Ig

40,9 [ 43,2 45,7 48,0

40,2 42,2 45,2 47,6

41,9 43,0 45,7 48,4

41,5 43,1 46,3 48,9

44,0 45,1 47,0 49,3

41,5 43,1 45,7 48,2

3,80 16,95 4,78 26,03 5,49 34,81 5,96 42,74

3,80 17,20 4,78 26,87 5,49 33,90 5,96 41,71

3,75 9,78 4,49 14,31 5,31 19,78 5,86 24,38

3,75 11,64 4,49 17,55 5,31 25,92 5,86 30,07

3,75 13,05 4,49 17,78 5,31 26,22 5,86 30,69

3,75 11,83 4,49 16,24 5,31 23,95 5,86 31,54

Mittel der mittleren Gradienten: Mittelwertstreuung:

9,08 17,86 25,79

9,67 16,70 24,51

4,53 10,00 14,60

5,91 14,28 18,43

4,73 13,17 17,64

4,41 12,12 19,71

2,3 4,8 7,1

2,0 5,0 7,4

1,1 3,8 6,5

1,6 4,8 7,4

1,1 3,0 5,3

1,6 4,2 6,7

Einzel- g r ad i en t

3,95 3,72 3,63

4,84 3,34 3,31

4,]2 2,63 2,25

3,69 2,98 2,49

4,30 4,39 3,33

2,76 2,89 2,94

3,49 0,20

3 a-~quivalent der Mittelwertstreuung X Mittelwertstreuung : Mittlere Streuung der mittleren Gradienten:

Mittlere Einzelgradienten :

Mittlere VentilationsgrSBen: Mittlero C02-Sparmungen:

Mittlere Ventflationszunahmen : Mittlerer CO2-Spannungszunahmen : Einzelgradienten der mittleren Erregbarkeitskurve : Mittlerer Gradient der mittleren Erregbarkeitskurve:

Mit t le rer Grad ien t

3,77

3,83

3,00

3,05

4,01

2,86

Besprechung der Ergebnisse. Vergleicht man die mit t leren Erregbarkei tskurven yon 22 Normal-

personen und 12 Herzkranken (Abb. 3), so ergibt sich, dab die Kurve der Herzkranken wesentlich niedriger verl/iuft, was einer Herabse tzung der Erregbarkei t im Mittel um etwa 50 % entspricht. Der Herzkranke steiger~ im Mittel seine Venti lat ion bei einem Reizzuwachs von I mm Hg alveolarer CO 2- Spannung nur um dig H/~lf~e gegenfiber dem Gesunden.

0,70 0,96

G I - - I I G I - - I I I G I - - IV 3,62 3,68 3,16

G I G I I GI I I GIV 13,03 18,84 25,07 31,39 42,0 43,7 45,6 48,0 G I - - I I G I - - I I I G I - - IV

5,81 12,04 18,36 1,7 .3,5 6,0 3,42 3,44 3,06 3,31

228 H. SC~WIEGK und G. BETZIESI:

Vers . - ~qr.

97/1

98/1

lOO/2

125/3

106/1

113/1

116/2

115/1

123/1

131/1

145/1

148/1

l u f t

I % COs

3,83 4,64 5,16 5,93

3,83 4,64 5,16 5,93

3,69 4,63 5,18 5,89 3,76 4,66 5,17 5,80

3,78 4,89 5,24 5,84 3,68 4,58 5,26 5,74

3,68 4.58 5,26 5,74

3168 4,58 5,26 5,74

3,76 4,66 5,17 5,80 3,70 4,63 5,16 5,92 3,71 4,75 5,37 5,92 3,87 4,67 5,45 5,93

50,7 52,0

1,87 2,8 4,79 4,1

18,57

10,88 13,10 :14,90 16,73 13,03 15,16 15,88 18,68 12,37 19,44 24,76 32,37 13,19 i8,27 22,89 26,57 11,37 15,95 20,56 24,33

13,12 17,10 21,77 26,07 15,85 19,92 22,46 26,88 17,75 23,54 28,80 35,11 15,20 20,11 29,90 35,93 17,60 22,78 26,79 29,52

55,7 49,1 51,2 52,3 55,1

44,3 45,7 50,5 53,5 40,5 43,5 44,8 48,0

39,8 42,8 45,4 47,7 39,9 42,0 44,5 47,0

42,7 44,7 47,4 48,9 38,9 41,4 44,7 47,9

39,7 43,0 44,4 48,7 42,3 43,5 46,0 48,4 38,4 42,0 47,1 49,9

i 7,12

2,22 4,02 5.85

2,13 2,85 5,65

7,07 12,39 20,00

5,08 9,70

13,38

4,58 9,19

12,96

J i 3,98 ; 8,65

12,95

4,07 6,61

11,03

5,79 11,05 17,36

4,91 14,70 20,73

5,18 9,19

11,92

7,8

2,1 3,2 6,0

1,4 6,2 9,2

3,0 4,3 7,5

3,0 5,6 7,9

2,1 4,6 7,1

2,0 4,7 6,2

2,5 5,8 9,0

3,3 4,7 9,0

1.,2 3,7 6,1

3,6 8,7

11,5

Einzel- gra4ient

2,66 2,54 1,82

0,67 1,17 0,91

1,06 1,26 0.98

1,52 0,46 0,61

2,36 2,88 2,67

1,69 1,73 1,69

2,18 2,00 1,83

1,99 1,84 2,09

1,63 1,14 1,23

1 ,75 2,63 1,93

4,09 3,97 3,40

1,44 1,06 1,04

Mittlerer Gradient

2,34

0,92

1,10

0,86

2,64

1,70

2,00

1,97,

1,33

2,10

3,82

1,18

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei I-Ierzkranken. 229

Mit~el der mittleren Gradienten: Mittelwertstreuung : 3 a-Xquivalent der Mit~elwertstreuung • Mittelwertstreuung: Mittlere Streuung der mi~tleren Gradienten:

Mit~lere Einzelgradienten:

Mittlere Ventilationsgr6gen : Mittlere CO -Spannungen:

1,83 0,24 0,92 0,82

G L - I I G I - - I I I G I- - IV 1,92 1,89 1,68

G I G I [ GII I GIV 13,88 18,14 22,34 26,55 42,2 44 ,6 47 ,1 50,1

Mittlere Ventila~ionszunahmen: Mitflere CO~- Spannungszunahmen : Einzelgradienten der mittleren Erregbarkeitskurve: Mittlerer Gradient der mittleren Erregbarkeitskurve:

G I ~ I I G I - - I I I G I- - IV 4,26 8,46 12,67 2,4 4,9 7,9 1,78 1,73 1,60 1,70

Dieses Ergebnis war ftir uns zun~chst tiberraschend, da man gewShnt ist, bei einem Herzkranken bei leichter Arbeit eine stgrkere Ventilations- steigerung zu sehen als bei einem Gesunden, gleiche Arbeit vorausgesetzt, so dag man auf die Vermutung kommen k6nnte, dab auch die Erregbar- keit des Atemzentrums bei Herzkranken grSger ist als bei Normalen. Dabei wiirde man natiirlich iibersehen, dab die Erregbarkeit des Atem- zentrums durch das Verh~ltnis yon Volumsteigerung zu C02-Spannungs- steigerung best immt wird, und dag bei einem Herzkranken die che- mischen oder synaptischen Antriebe starker sein kSnnen, fJberpriift man diese Verh~ltnisse genauer, so ergibt sich, dab die COs-Spannung bei den t terzkranken im Mittel relativ starker zunimmt, n~mlich um 1,7 ram, 3,5 ram, 6,0 mm bei Gesunden und um 2,4 mm, 4,9 mm und 7,9 ram bei Herzkranken, w~hrend die Ventilationszunahme umgekehrt, besonders bei hSheren Werten, bei Normalen grSger ist (5,81; 12,04; 18,36 Liter) als bei t Ierzkranken (4,26; 8,46; 12,67 Liter), so dag tat- s~chlich einwandfrei eine t terabsetzung der Erregbarkeit bei Herz- kranken (ira Mittet) angenommen werden mug.

Die Betrachtung der beiden Kurven zeigt weiter, dab bei der h5chsten C02-Konzentration eine leiehte systematische Abknickung nach rechts vorhanden ist, die einer Verminderung der Erregbarkeit um 11% bei Gesunden, um 9% bei Herzkranken entsprich~. Diese Ver~nderung ist zwar statis~isch nicht signifikant, aber wahrscheinlich doch als reell zu betrachten. Wir m5ehten annehmen, dab sich hier eine leichte An- l~hmung des Atemzentrums durch die ]aohen CO2-Konzentrationen anzeigt (bei 5,7--5,9% CO2-Einatmungslnft), die sich in einem ganz leichten Absinken der Erregbarkei~ des Atemzentrums ~ugert, worauf auch schon NI~LSE~ hingewiesen hat. Bei der therapeutischen Ver- wendung yon C02-Gemischen zur Anregung der Atmung, z .B. bei Narkosezwischenfgllen, w~re das z u beriicksichtigen. Andererseits schlieBen wir aus dem Kurvenverlanf, dab die darunterliegenden CO s- Spannungen die Erregbarkeit des Atemzentrums nicht beeinflussen,

Z. exDer. ~Ied., Bd. 116. 16

230 I t . SCJ~WI~GK u n d G. BETZIEN:

was ja auoh ftir die yon uns angewand~e Methode der Erregbarkeiis- bestimmung grundsgtzlieh yon Bedeutung ist. Befunde yon GOLL- WITZER-MEIER und PI?COTTI (1945), dag naeh C02-Atmung im Tier- versueh eine naehdauernde Erregbarkeitssteigerung des Atemzentrums

(Hysterese) gefunden wird, hat

Herz /

I

2

0 2 q G ram Hg 8 C02-2pannungszuwaehs

Abb. 3. Mitt lere Er regb~rke i t skurven yon Gesunden und Herzk ranken .

SCHOEDEL (1949) dureh den erst im Laufe einiger Minut en erfolgen- den C0~-Spannungsausgleieh im Atemzentrum erklgrt. In unseren Versuehen wurde jedes Gemisch 10--15 rain eingeatmet, so dag derartige Einwgnde wegfallen.

Abb. 5. ~[itt lere S t reuung tier m i t t l e r e a Grad ien ten yon Gestmden und

Herzkranken .

Der gerade Verlauf der mitgleren Erregbarkeitskurven, die keinerlei systema~isehe Abweiehung yon der Geraden bei bestimmten CO 2- Spannungen zeigen, gibt nns weiterhin die Bereehtignng, aueh bei den Erregbarkei~skurven der einzelnen Versuehspersonen prinzipiell den geraden Verlauf zu nntersteilen, wie wit es bei der Bereehnung des mitt- leren Gradienten durehgefiihrt haben. Da die eben besehriebene syste- matisehe Abweiehung im obersten Kurventeil so geringfiigig ist und sowohl bei Gesunden als auch bei Kranken in der gleict}en GrSgen- ordnnng liegt, haben wit bei der Bestimmung des mittleren Gradienten der Einzelkurven die obersten Punkte mitverwendet. Wir glauben also

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei tIerzkranken. 231

bereehtigt zu sein, die Erregbarkeit des Atemzentrums im Einzelfall durch den mittleren Gradienten zu eharakterisieren.

Die in Abb. 4 dargestellten Streukegel geben die mittlere S~reuung der Gradienten der einzelnen Kurven wieder. Der Streukegel der Herz- kranken iibersehneidet sich zu einem Meinen Teil mit dem der Gesunden, liegt aber zum grSGten Tell erheblieh darunter. Nur 4 Werte unserer Normalpersonen liegen unterhalb dieses personen, nur 1 Wert der Herz- s2 kranken liegt oberhalb des be- ~, treffenden Streukegels. Der mitt-

28 lere Gradient der 8 Sportstu- denten (3,47) ist praktiseh iden- tiseh mit dem der weniger trai- 2 ~ - nierten VersuehslOersonen (3,51). Wir haben deshalb beide Gruppen 20 als Normalpersonen zusammen- gefagt. Die dutch Multiplikation "~ der Mittelwertstreuungen mit den ~ 18 3 a-]4quivalenten erhaltenen Zu- ~" fallsbereiehe liegen gerade eben ~ 72 noeh auseinander. Die Differenz ~ der Mittelwerte ist 5,12 real gr6Ber als die Streuung der Differenzen; ffir die Signifikanz wird unter Bertieksiehtigung unserer Ver- suehszahl nur ein Quotient yon 3,3 gefordert.

Naeh NI~LSE-~ sind die Vo- lumenspannungskurven aueh in ihrem unteren Bereieh gerade Linien. Tragen wir die Mittel-

Streukegels

8 ,t/-:

i l l ! / i Z~ i i /

l I I / I/ I / I i

, / i/ 05 3~ z 38

r Cesunde

i i

der Normal

L I

~2 ~/E ~mHg" 50 ~zlveota:e C02- Sponnun~

Abb. 5. Mit~lere A temvo lumen-CO~-Span- nungskurven yon Gesunden und Herzkranke~t

(gestrichelte Linien extrapoliert),

werte der Atemvolumina und der dazugeh6rigen CO~-Spannungen, die dureh Beatmung mit G I - - G IV gewonnen wurden, als Ordinate und Abszisse auf, so erhalten wit die mittleren Volumenspannungs- kurven sowohl aller Normalpersonen als aueh aller Herzkranken (Abb. 5). Verlgngerlb man diese naeh NIELSEN his zur Abszisse, so treten 2 Beziehungen der beiden Kurven zueinander deutlieh hervor. Die Kurve der Herzkranken verlguft 1. flaeher, was der herabgesetzten Erregbarkeit des Atemzentrums entsprieht, 2. ist der Sehwellenreiz ftir CO 2 naeh links versehoben, d .h . gesenkt. Man kann sieh also die Kurve der Herzkranken, Yon der Abszisse aus be- traehtet, dureh eine -&nderung des Steilheitsgrades und eine gleieh- zeitige Parallelversehiebung gegeniiber der Norm entstanden denken.

16"

232 H. SCI[WIEGK und G. BETZIEN:

Damit soll nichts fiber die hypothetische Lage des Apnoepunktes ausgesagt werden.

Nach den in der Einleitung gemachten Ausffihrungen ware die zen- trale Atmungsregulation der Herzkranken also charakterisiert 1. durch eine verminderte Erregbarkeit des Atemzentrums und 2. durch eine Herabsetzung der Reizsehwelle, was dem Vorhandensein vermehrter ehemischer und synaptischer Antriebe entsprechen wfirde. Wenn die Sehwellenwerte auch nur durch Extrapolation erhaltea und nicht yon uns bestimmt sind, der untere Ver]auf der beiden Kurven also hypo- thetisch ist, so scheinen uns doch die daraus abgeleiteten Schlfisse sowohl theoretiseh fundier~ zu sein, als auch gut iibereinzustimmen mit dem Bilde, das die Atmung bei Herzkranken zeigt.

Es handelt sieh bei unseren Versuchen am die Auswertung yon Mittelwerten. Einzelne Herzkranke kSnnen auch eine normale Erreg- barkeit des Atemzentrums besitzen, ebenso wie wir bei 4 normalen Versuchspersonea auffallend niedrige Gradienten gefunden haben. Unsere Versuehe ergeben aber trotz der relativ kleinen Zahl im Mittel eine statistisch gesicherte Verminderung der Erregbarkeit des Atem- zentrums bei m~$ig dekompensierten Herzkranken verschiedener Ur- sache. Ob sich bei verschiedenen Typen und Stadien der Kreislauf- dekompensation Uutersehiede ergeben, mfissen noeh weitere Versuche zeigen. Unser Material stellt allerdings insofern eine gewisse Auswahl dar, als schwer dekompensierte und erregte Patienten ausgeschaltet wurden, da sich die Untersuehungen bei ihnen nicht durchffihren liel~en.

Wir haben bei einem Tell der Versnehspers0nen die Kohlens~ure- bindungskurve bestimmt nnd keine Beziehungen zur Erregbarkeit des Atemzentrums gefunden (mittlere Strenung der Alkalireserve: Gesunde 44,6--51,2, Herzkranke 46,7--51,9 Vol-% COs). Auch friihere Unter- suchungen haben ergeben, dab die HShenlage der Kohlens~urebindungs- kurve bei leieht dekompensierten Herzkranken nicht einheitlich ver- ~ndert ist.

Die in den meisten F~llen durchgeffihrt, e Berechnung der CO~-Auf- nahme und C0e-Ausscheidung w~hrend der Atmungsversuche ergab keine systematischen Untersehiede zwischen Gesunden und Herz- kranken (Tabelle 3).

Es war ffir uns wiehtig, den Einwand zu berfieksichtigen, dal~ die yon uns untersuchten Herzkranken aus atmungsmechanischen Grfinden vielleieh~ nieht imstande sind, unter CO~-Atmung dasselbe Atemvolumen zu ]eisten wie Gesunde. Wir haben daher naeh jedem COz-Atmungs- versuch die Versuehspersonen aufgefordert, 1 min freiwillig maximal zu hyperventilieren. I~atfirlieh sind die Versuchspersonen, insbesondere die Sportstudenten, imstande, grS~ere maximale Atemvolumina zu pro- duzieren als Herzkranke, aber die freiwillige Hyperventilation der Herz-

Die Erregbarkeit des Atemzentrums bei Herzkranken. 233

Tabelle 3. Gaswechsel der Normalpersonen und Herzkran!cen unter COg-Atmung.

�9

Mittlere prozentuale Xnderung der O2-Auf-

nahme gegeniiber Ruhe- atmung

Mittlerer Ventilations- zuwachs gegen Ruhe

Mittlerer RQ

Mittlere prozentuale Anderung der O2-Auf-

nahme gegenfiber Ruhe- atmung

1VLit'tlerer Ventilations- zuwachs gegen Ruhe

Mittlerer RQ

Ruhe- atmuag

100 %

0

0,789

100%

0

0,835

GI

102,7 %

6,93 ]

0,759

109,3 %

7,14 1

0,740

G II

108,2 %

12,12 1

0,730

109,7 %

11,45 l

0,735

G III G IV

l 114,1% 114,5%

18,11 1 23,941

0,714 0,674

115,8% 118,8%

15,771 19,671

0,731 0,664

kranken lag mit 38,5 Liter im Mittel immer noeh h6her als die Atmung bei Gesunden unter der Einwirkung der hSehsten CO~-Konzentration (31,39 Li~er). Es erscheint uns daher nieht die Annahme bereehtigt, daA~ eine Insuffizienz des A~mungsapparates (Lungenstarre, herabgesetzte Vitalkapazit~t, Zwerehfellhoehstand usw.) eine ausreiehende Steigerung des Atemvolumens bei unseren Herzkranken unm6glieh maeht und so eine Herabsetzung der Erregbarkeit des Atemzentrums vort~uscht.

Die Versuehe yon K~JPPI~G und seiner Sehule haben sehon gezeigt, dab der Atemgrenzwert bei maximaler Arbeit bei Herzkranken herab- gesetzt ist, die Atmung kann also trotz offensiehtlieh st~rkster Antriebe nieht zu denselben Maximalwerten gesteigert werden wie bei Gesunden. Dies ist zum Teil darin begriindet, dab die I)ulmonalen und thorakalen Ver~nderungen eine Begrenzung der Atmung herbeifiihren, zum Teil wird aber aueh die Untererregbarkeit des Atemzentrums hierbei eine Rolle spielen.

Uber die Pathogenese dieser Erregbarkeits~nderung k5nnen wir nur Vermutungen aufstellen. Wit mSehten sie im ganzen so deuten, dag es sieh um eine GewShnung und Anpassung an dauernd vermehrte ehemisehe und synaptisehe Antriebe handelt. Aus Versuehen an Ge- sunden im langdauernden Sauerstoffmangel (tt6henaufenthalt) ergibt sieh, dal3 sehlieBlieh eine Untererregbarkeit des Atemzentrums eintrit t , die besonders in den ersten Tagen naeh der Riiekkehr zu normalem O2-Gehalt der Luft auffiillt (HAss~L~ALCg und LI~D~ARD 1911). S c ~ X ~ (1949) und HXBISC~ (1949) haben bei 8 Tage dauerndem Aufenthalt in einer Atmosphere mit 3% C02-Gehalt ebenfalls eine Senkung der Erregbarkeit des Atemzentrums festgestellt, die sie als

234 I~I~ SCI-I~WIEGK und G. B~TZIE~:

Anpassung auffassen und die gemeinsam mit einer allgemeinen herab- gesetzten Erregbarkeit des Nervensystems, einer Vagotonie, Itypo- sekretion der Hypophyse, des Nebennierenmarks und der Nebennieren- rinde auftreten soll (ScI~XrER, KLEIN und ZINK). Es kSnnte also sein, dab der ehronisehe O~-Mangel, den man bei Herzkranken wohl an- nehmen darf, schlieglich zur Untererregbarkeit des Atemzentrums ffihrt. Ob man auch eine CQ-Uberladung annehmen darf, mug offenbleiben. O2-Mangel wirkt ja im Tierversuch fiberhaupt nur fiber die Chemo- receptoren als Antrieb der Atmung, die Einwirkung auf das Atem- zentrum selbst ffihrt zu Verminderung der Ventilation.

In ~hnlicher Weise kSnnten die dauernd vermehrten synaptisehen Antriebe, die yon der gestauten Lunge (HARRISON) und yon anderen Ste]len ausgehen, schlieBlich dutch GewShnung zu einer tterabsetzung der Erregbarkeit des Atemzentrums ffihren. Hierffir liegen" aber keine Beweise vor.

Auch eine Ver~nderung der Durchblutung des Atemzentrums bleibt ein zu berficksiehtigender Faktor, da wir ja nicht die CO2-Spannung im Atemzentrum, sondern nur in der Alveolarluft messen kSnnen.

Betraehtet man diese verminderte Empfindliehkeit des Atemzentrums bei Herzkranken vom Standpunkt der biologischen Zweekm/~13igkeit, so erscheint sic wohl verstiindlich. Die Atemnot der Herzkranken ist ja letzten Endes kreislanfm~Big bedingt. Eine Steigerung der Ventilation kann diese Sehwierigkeiten nur zum Tell kompensieren. Es soll hier nieht die sehr komplexe Pathogenese der Dyspnoe des Herzkranken in extenso diskutiert werden. Eine der Hauptursachen der Atemnot des tterzkranken ist die Lnngenstauung, die zu verminderter Dehnbarkeit der Lunge, herabgesetzter Vitalkapazit~t, flacher Atmung mit geringerem Nutzeffekt ffihrt. In schweren F~llen tritt eine DiffusionsstSrung hinzu, die besonders den Sauerstoff betrifft, w~hrend die Verh~ltnisse fiir die Kohlensiiure wegen der 30real grSBeren Diffusionsgesehwindigkeit gfinstiger liegen. Durch die Atmungssteigerung k6nnen diese St6rungen nur zum Teil kompensiert, keineswegs aber beseitigt werden. Eine Senkung der alveolaren CO~:Spannung ist ferner erwfinseht, wenn eine Acidose vorliegt, das ist aber keineswegs regelm~gig der Fall. Soweit eine Durchblutungsst6rung der Atemzentren mitspielt, ist die dadureh ausgelSste Atmungssteigerung iiberhaupt kaum kOmpensatoriseh wirk- sam. Andererseits hat dauernd gesteigerte Ventilation vermehrte Atem- arbeit, Vergr6Berung der Widerst~nde im kleinen Kreislauf zur Folge, so dag sieh sehr wohl denken li~gt, dab es fiir die Gesamtsituation zweekm~13ig sein kann, die dureh versehiedenartige ehemische und synaptisehe Antriebe dauernd fibermi~Big gesteigerte Atmung dureh Untererregbarkeit des Atemzentrums zu di~mpfen. Es sei hier daran erinnert, wie auffallend gfinstig oft Morphium auf den Allgemeinzustand

Die Erregbarkeit des Atemzentrllms bci Herzkranken. 235

yon I te rzkranken mit s tarker Atemnot wirkt. Bemerkenswert ist ferner die re]ativ geringe Dyspnoe bei sehwer cyanotischen Kranken mit an- geborenen tterzfehlern. Wir m6ehten hier auch eine erhebliche Herab- setzung der Erregbarkei t des Atemzentrums vermuten.

Zusammen/assung. 1. Es wird die Erregbarkei t des Atemzent rums bei Gesunden und

Herzkranken verglichen. Als MaB der Erregbarkei t dient das Verh~tltnis yon Zmvachs yon Atemvolumen zu Zuwachs an alveolarer CO 2- Spannung bei E ina tmung yon verschieden konzentr ier ten CO~-Luftgemischen bei kons tan tem 02-Gehalt . Die alveolaren C02-Spannungen werden durch automatische Gewinnung der exspiratorischen Alveolarluft best immt.

2. Zum rechnerischen Vergleich der zentralen Atmungsregulat ion bei Gesunden und Herzkranken werden die Begriffe: ,,mittlere Volumen- spannungskurve" und ,,mittlere Er regbarke i t skurve" bei Gesunden und Herzkranken, sowie ,,mittlerer Gradien t" des Einzelfalles definiert.

3. Die statistische Auswertung bei 22 Versuchen an Normalpersonen und 12 Versuchen an leicht dekompensier ten Herzkranken ergibt folgende Schlugfolgerungen :

a) Die mitt lere Erregbarkei t des Atemzent rums bei Herzkranken ist vermindert gegenfiber der der Gesunden (statistisch gesichert).

b) Die mitt leren Erregbarkei t skurven And gerade Linien. Lediglich in ihrem oberen Tell ist eine leichte, wahrseheinlieh reelle, aber nicht signifikante Abknickung nach rechts festzustellen (narkotische Wirkung hoher CO2-Konzentrationen ).

c) Es bestehen keine Beziehungen zwischen Erregbarkei t des Atem- zent rums und Lage der CO2-Bindungskurve im Vergleich yon Gesunden und Herzkranken.

d) Die Oa-Aufnahme und CO~-Abgabe unter C02-Atmung ist bei Herzkranken und Gesunden nieht versehieden.

4. Die I te rabse tzung der Erregbarkei t des Atemzentrums bei Herz- k ranken wird als Anpassung und Gew6hnung gedeutet .

Wir danken Dr. N. LA~G und Dr. CI=IRISTINECK ftir zeitwei]ige Mithilfe bei der Durchftihrung der Versuche.

Literatur. ~ Z I ~ E ~ , Tin, E. OrITZ u. W. Se~OED~L: Pfltigcrs Arch. 241, 71 (1938). - -

CO~NST~I~, J., u. N. Z~ ' r z : Pfltigers Arch. 42, 366 (1888). - - D6RI~C, G. K., 11. H. H. LoEsem~E: Pfliigers Arch. 249, 437 (1947). - - DVMKE a.nd I)RI~PS : Amer. J. Physiol. 128, 1 i1939/40). - - GESELL, R. : Erg. Physiol. 43, 477 (1940). - - GOLZ- WITZEt~-MEIER, K1. : Pfliigers Arch. 251,335 (1949). - - GOLLWITZEI%-~EIER, I~L., 11. O. PINOTTI: Pfiiigers Arch, 249, 143 (1945). - - HXmscm Pfltigers Arch. 251, 594 (1949). --FIA~ISON: Failure of the Circulation. Baltimore 1939. Zito nach FISH- ~ . - - HaSS~L~ALCH, K. A.: Biochem. Z. 46, 406 (1912); 74, 18, 48 (1916). - -

236 R. SCR--WIEGK, G. BETZIEN : Erregbarkeit des Atcmzcntrums bei Herzkranken.

HASSELBALCH, K. A., ll. J. LINDHARD: Skand. Arch. Physiol. (Berl. u. Lpz.) 26, 361 (1911). --HEYM•NS, C., J . J . BONCKAERT u. L. DAVTREBAN~E : Pfltigcrs Arch. 280, 283 (1932). - - KROETZ, C~.: Dtsch. Arch. ldin. Med. 169, 257 (1930). - - Verb. dtsch. Ges. inn. IVied. 43, 105 (1931). - - LIND~_~RD, J . : J . of Physiol. 42, 337 (1911); 48, XLIV (1914). - - Skand. Arch. Physiol. (Berl. u. Lpz.) 26, 221 (1912). - - Pfltigers Arch. 161, 233 (1915). - - Arb.physiol. 7, 72 (1933). - - LOESCm~E, H. H. : Klin. Wschr. 1949, 761. - - LoESC~HE, H.H. , u. K .H . S O ~ E R : Pfliigors Arch. 248, 405 (1944). - - MEAKIN, DAUTR]~BANDE and FETTER: Hear t 10, 153 (1923). - - NIELSEN, M.: Skand. Arch. Physiol. (Berl. u. Lpz.) Suppl. 10 zu 74, 83 (1936). - - •OELL U. SCHNEIDER: ~fliigers Arch. 2~[}, 35 (1948).--OSTER- GAARD, T.: Acta physiol, scan& (Stockh.) 8, 1 (1944). - - PEABODY, F. W., and E. E. BUTTEI~FIELD: Arch. int. Mcd. 16, 846 (1915). Zit. nach STRAUE, Erg. inn. Med. 26. - - PETERS and BARR: Amer. J . Physiol. 54, 307 (1920/21). Zit. nach FISHBERG, Hear t failure. Philadelphia ]946. - - PITTS, MAGOUN and HANSON: Amer. J . Physiol. 127, 654 (1939). - - RAn~, H., and A. B. OTIS: J. Applied Physiol. 1 9 4 9 . - - RANKE, 0. F. : Arbeits- und Wehrphysiologie. Leipzig 1941. - - SCJ~X- FER, K. E.: Pfliigers Arch. 2~1, 689 (1949). - - SCH)IFER, K. E., KLEIN u. ZINK: Klin. Wschr. 19~0, 179. - - SCHOEDEL, H. H. : Erg. Physiol. 89, 450 (1937). - - U]tLENBRUCK U. MESBECK: Z. klin. Med. 114, 256 (1930). - - W I N T E R S T E I N , H.: Bioehem. Z. 79, 45 (1915).