5
698 KLINISCHE WOCHENSCH Einzelheitell eillzugehell, sei bier nut bemerkt, dab die am 21. VI. ausgeftihrte serologische Untersuchulig eilien positivell Weil- Befund ergab; die Agglutiliatioli fiel noch in der Serlimverdfiliiiung I : 800 angedeutet positiv aus, wi~hrelid die Komplemelitbiliduligs- reaktion bei I : 16o deuflich (++) und bei I : 320 schwach posi- tiv (+) war. Gleichzeitig ergab aber die in der Bakteriologischen Abteilulig des Hygienischen Staatsinsfituts ausgeftihrte Blutkultur Paratyphus-B-Bakterieii. Die Krallke wurde darauf dem All- gemeineli Kralikeiihaus Barmbeck tiberwiesen, wo ebelifalls Para- typhus-B-Bakterieli im Stuhl ulid Sputum IIachgewiesen werdeii koliiiteli. Am I. VII. Exitus. Die voii I-Ierrn Prof. GI~s aus- geffihrte Sektion ergab eine braune, feuchte Leber, kleilie, rote, feste Milz (75 g), lobuli~re Pneumonie des linken Unterlappens mit teil- weiser Eilischmelzulig, fibriliSse Pleuritis, etwa 15 kirschgroBe Gallensteine und Hydrops der Galleliblase. Bakteriologisch in der Milz kein Wachstum, in der Lunge Paratyphus-B-Bakterieli (Bakteriologische Abteilulig: Prof. Dr. GRA~Tz). Aiihaltspunkte ftir eilie Weil-Erkralikung wurden IIicht gefunden. Der Fall er- inliert also an die ~3eobachtung yon FROMME [Weichardts Erg. 4, 23 (I92O)], der ebellfalls bei einer mit Ikterus einhergeheliden Para- typhus-B-Erkranklmg Weil-Antik6rper nachweiseli konnte. IIIdes li~13tsich die Ni6glichkeit, dab es sich in dem oben beschriebenen Fall vielleicht doch um eilie echte Weil-Erkralikulig gehandelt habeli k6nlite, welche beim Eintritt der Paratyphussepsis im weselit- lichen bereits abgelaufen war, IIicht ohne weiteres ausschliegeli. Zugulisten dieser Auffassung wfirde IIebeli der Anamliese lind dem anfaligs Weil-verd~ehtigen kliliischen Bilde das eiiiwandfrei positive Resultat der serologischen Untersuchulig sprechen, wie ich es in diesem Ausmal?e IIur bei echteli Weil-Infektioliell, IIiemals aber bei andersartigeI1 Erkrankungen gefundeli habe. Die weitgehende Spezi]it~t der serologisehen Weil-Reaktionen trat ganz besonders eindrucksvoll zutage bei den Untersuchiin- gen yon 41 F/~llen, bei welchen der anf~ngliche Weil-Verdacht sich angesichts des weiteren klinischen Verlanfes nicht anf- rechterhalten lieB. Bei allen diesen Patienten ]iel sowoh~ die Agglutination als aueh die Komplementbindung ausnahmslos negativ aus. In gleicher Weise ergaben sich bei der Unter- suchulig yon rund 200 Weii-iinverd~chtigen Kontrollfiillen, die verschiedene Arten yon Ikterus, Nierenerkrankungen, Paratyphus, Lnes mit positiver und negativer WaR. n.a. umfaBten, Itir beide Reaktionen durchweg negative Befullde. Die Komplementbindungsreaktion erwies sich bei diesen Untersuchungen der Agglufinationsprobe ilisofern fiberlegen, als sie die Ablesung der Resultate mit grSBerer Sicherheit er- m6glichte. Die Agglutiliation zeigte zuweileii in h6heren Serumkonzelitrationen (1/1 o, 1/50) zweifelhafte Befunde, n~m- lich stellenweise eine geringe Zusammeliballuiig einzelner Spiroch~ten, wie sie IIicht niir als Ausdruck schwacher Ag- glutination, sondern gelegenflich such in gewShnlichen NuN turen aligetroffen wird. Erst der eindeutig negative Ausfall der Komplementbindungsreaktion erm6glichte in solchen F~llen die richtige Bellrteilung nnd die zutreffelide negative serologische Diagnose. Erg~ilzelid sei noch bemerkt, dab die 29 Weil-positiven Sera mit einer Ausliahme v511ig negative Lllesreaktiolien ergaben. Nur bei einem sicher luesfreieli Weil-Pafieliten fiel die WaR. fast maxi- mal positiv (+ ++) alls, w~thrend die verschiedenen Flockungs- reakti0nen (SGR., Meinickes DM. ulid IZliirungsreaktioli, Kahn) ein negatives Ergebliis lieferten. Bemerkeliswerterweise reagierte such das aus Syphilisspiroch~ten hergestellte w~sserige Pallidaantigen, im Gegelisatz zu den alkoholischen Wassermanli-Extrakten, absolut negativ. Zusammen]assend Igifit sieh also sagen, daft es gelungen ist, aus Kulturen der Spirochaeta icterogenes ein Antigen herzustel- len, dessen hohe Erap]indlichlceit und weitgehende Spezi]itiit die Kom/plementbindungsreaktion als glelchwertiges Ver]ahren der Agglutinationsprobe an die Seite stellt. Beide Reaktionen ergiinzen und kontrollieren einander in wirksamster Weise, k61inen aber IIattirlictl alich ftir sich allein verwelidet werden. Ihre Bedeutung liegt darin, daft einmal mit ihrer Hil]e die Weilsehe Kranlcheit sieh mit Sieherheit, und zwar auch 8chon am 7. his 8. Kranlcheitstage, serologiseh best~itigen 15fit, und daft ]erner such atypisehe Fiille, bei welehen der Weil-Verdacht zu- niichst wenig begri~ndet erscheint, als echte Weil-Erlcrankungen erkannt r k6nnen. Anf diese Weise ist es in diesem Herbst gelun en, eine Reihe yon Weil-Erkranknligen festzustellen, die sonst der Beobachtung entgangen w~tren. Die bisherigeli RIFT. 12. JAHRGANG. Nr. 18 6. MAI 1933 Erfahruiigen machen es wahrscheinlich, dab die Weilsche Krankheit in Hamburg und Umgebiing h/iufiger vorkommt, als bisher angenommen wlirde. Demliach ist dringend zu empfehleli, bei allen Erkrankungen, bei delien ein auch IIoch so geringer Weil-Verdacht vorliegt, yon der serologischen Uiitersuchung zur Sicherung der Diagnose weitestgeheliden Gebauch zu machen. DIE HYPOCHROME GASTROGENE ANAMIE UND DIE HYPOCHROME ENTEROGENE ANAMIE. (Zwei Aniimieformen.) Won Dr. H. C. VAN LEEUWEN, ehemaliger Assistent. Aus der MedizinischenUniversiffits!dhfik hi Leiden (Vorstand: Professor Dr. W. A. KUENEN). Seit 19o9 ist dutch die Forschungen yon IZNUD FABER bekalint, dab Mensehen mit Achylia gastrica h~ufig eine An~mie hypoehromen Charakters aufweisen k6nlien. •OLEN (1925)sowie KAZNELSON, REIMANN und WEINER (1929) besehrieben diese An~mieform als Krankheit sui generis. Meiner Meinulig nach wird diesem oft vorkommeliden Krankheitsbilde IIoch immer zuwenig Beachtung geschenkt. So vermiBt man eine Er6rterung dieser An~mie such in den modernsten Lehrbtichern der inneren Medizin. Symptomatologie. Die wichtigsten Symptome dieser Erkrankulig siiid: a) Eine chronisch verlaufende hypochrome AnS~mie, bei welcher keine spolitaneli Remissioneli angetroffen werden. Dieser chronische Verlauf kommt bei einigen meiner Falle besonders deutlich zllm Ausdruck. In eiliem Falle bestalid die Ani~mie schon Ii, in einem anderen 18 Jahre. Diese letztere Pat. war schon wiederh01t mit Bluttransfusionen behandelt worden, ohne dab diese Therapie ein bleibendes gfinstiges Ergebnis erbracht h~tte. Als sie zu ulis in l~ehandlung kam, betrug der H~moglobin- gehalt nut noch I I Sahli (unkorr., die Zahl der Erythrocyteli 1 65 ~ ooo, der F~rbeilidex 0,43 ). Das rote Blutbild ist gekennzeichnet dutch das Auftreten yon Poikilocytose und Anisocytose; die Erythrocyten sind bei dieser An~mie kleiner als normal, wie die Kiirven IIach PRICE-JoNEs zeigten. Im Gegensatz zu WlTTS beobachtete ich nut sp~rliche Regenerationserscheinungen im Btiit. So land ich die Zahl der Retieulocyten imliler niedrig, u. a. o,2% bei einem Hb.-Gehalt voli 38 S. (ulikorr.) ulid 357oooo Erythro- cyteli; o,52% bei einem Hb.-Gehalt yon 35 S. (unkorr.) ulid 3823ooo Erythrocyten; o,84% bei einem t-Ib.-Gehalt yon 38 S. (unkorr.) ulId 3 o5 ~ ooo Erythrocyteli. (Bei der von mir aligewandteli Methode betri~gt die Reficulocytellzahl helm Gesulideli o,o9--1% .) In ~bereinstimmung damit finder man ~ul3erst selten Normo- blasteli im periphereli Blute. Ich selbst koliiite nut in einem Falle vor der Behandlung eilien einzigen Normoblasten im peripheren Blut finden. Das seltelie Vorkommeli yon kerlihaltigen roteli Blut- k6rpercheli entspricht den t3eobachtuligen der meisteli anderen Verfasser. Nach gut fibereinstimmenden Angaben in der Literatur besteht bei dieser An~mie im altgemeinen eine Leukopenie, selten eine Lenkocytose. Auch meine Erfahrung stimmt damit fibereili. Die niedrigste voli mir beobachtete Leuko- cytelizahl war 32oo. Das weil3e Blutbild ist weiterhin gekenn- zeichnet dllreh eine relative Lymphocytose (die hSchste Lympho- cytose betrug in meinen FXllen 38 %). In mehreren FXllen sah ich daneben alich eine Rechtsverschiebung, eine Hyper- segmentierling der Kerne der neutrophilen Granulocyten. Man kann also bei dieser An~tmie das gleiehe weil3e Blutbild Iinden wie bei der Anaemia perniciosa. Zu erw~hnen ist noch, dab in den daraufhin untersuchten F~tllen die Zahl der Blutpl~tttchen stets normal war. f i h l i l i c h wie I~AZ1N-ELSON sowie DAVIES land ich Jn keiliem meiner Fi~lle Zeichen einer gesteigerten H~molyse.

Die Hypochrome Gastrogene Anämie und die Hypochrome Enterogene AnÄmie

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Hypochrome Gastrogene Anämie und die Hypochrome Enterogene AnÄmie

698 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Einzelheitell eillzugehell, sei bier nu t bemerkt, dab die am 21. VI. ausgeftihrte serologische Untersuchulig eilien positivell Weil- Befund ergab; die Agglutiliatioli fiel noch in der Serlimverdfiliiiung I : 800 angedeutet positiv aus, wi~hrelid die Komplemelitbiliduligs- reaktion bei I : 16o deuflich ( + + ) und bei I : 320 schwach posi- t iv (+) war. Gleichzeitig ergab aber die in der Bakteriologischen Abteilulig des Hygienischen Staats insf i tuts ausgeftihrte Blutkul tur Paratyphus-B-Bakteriei i . Die Krallke wurde darauf dem All- gemeineli Kralikeiihaus Barmbeck tiberwiesen, wo ebelifalls Para- typhus-B-Bakteriel i im Stuhl ulid Sputum IIachgewiesen werdeii koliiiteli. Am I. VII . Exitus. Die voii I-Ierrn Prof. GI~s aus- geffihrte Sektion ergab eine braune, feuchte Leber, kleilie, rote, feste Milz (75 g), lobuli~re Pneumonie des linken Unterlappens mi t teil- weiser Eilischmelzulig, fibriliSse Pleuritis, etwa 15 kirschgroBe Gallensteine und Hydrops der Galleliblase. Bakteriologisch in der Milz kein Wachstum, in der Lunge Paratyphus-B-Bakter iel i (Bakteriologische Abteilulig: Prof. Dr. GRA~Tz). Aiihal tspunkte ftir eilie Weil-Erkralikung wurden IIicht gefunden. Der Fall er- inliert also an die ~3eobachtung yon FROMME [Weichardts Erg. 4, 23 (I92O)], der ebellfalls bei einer mi t Ikterus einhergeheliden Para- typhus-B-Erkranklmg Weil-Antik6rper nachweiseli konnte. IIIdes li~13t sich die Ni6glichkeit, dab es sich in dem oben beschriebenen Fall vielleicht doch um eilie echte Weil-Erkralikulig gehandelt habeli k6nlite, welche beim E in t r i t t der Paratyphussepsis im weselit- lichen bereits abgelaufen war, IIicht ohne weiteres ausschliegeli. Zugulisten dieser Auffassung wfirde IIebeli der Anamliese lind dem anfaligs Weil-verd~ehtigen kliliischen Bilde das eiiiwandfrei positive Resul ta t der serologischen Untersuchulig sprechen, wie ich es in diesem Ausmal?e IIur bei echteli Weil-Infektioliell, IIiemals aber bei andersartigeI1 Erkrankungen gefundeli habe.

Die weitgehende Spezi]it~t der serologisehen Weil-Reaktionen t r a t ganz besonde r s e ind rucksvo l l z u t a g e bei d e n U n t e r s u c h i i n - gen y o n 41 F/~llen, bei we lchen de r an f~ng l i che W e i l - V e r d a c h t s ich anges ich t s des we i t e r en k l in i schen Ver lanfes n i c h t anf - r e c h t e r h a l t e n lieB. Bei allen diesen Patienten ]iel sowoh~ die Agglutination als aueh die Komplementbindung ausnahmslos negativ aus. I n g le icher Weise e r g a b e n s ich bei de r U n t e r - suchul ig y o n r u n d 200 Wei i - i i nve rd~ch t igen Kontrol l f i i l len, die ve r sch i edene A r t e n yon Ik t e rus , N i e r e n e r k r a n k u n g e n , P a r a t y p h u s , Lnes m i t pos i t i ve r u n d n e g a t i v e r W a R . n . a . umfaBten , It ir b e i d e R e a k t i o n e n d u r c h w e g n e g a t i v e Beful lde. Die K o m p l e m e n t b i n d u n g s r e a k t i o n erwies sich bei d iesen U n t e r s u c h u n g e n de r A g g l u f i n a t i o n s p r o b e i l isofern f iberlegen, als sie die A b l e s u n g de r R e s u l t a t e m i t grSBerer S iche rhe i t er- m6gl ichte . Die Agg lu t i l i a t i on zeigte zuweileii in h 6 h e r e n S e r u m k o n z e l i t r a t i o n e n (1/1 o, 1/50) zwei fe lhaf te Befunde , n~m- l ich s te l lenweise eine ger inge Z u s a m m e l i b a l l u i i g e inze lner Spi roch~ten , wie sie IIicht n i i r als A u s d r u c k s c h w a c h e r Ag- g lu t ina t ion , s o n d e r n gelegenf l ich s u c h in gewShn l i chen NuN t u r e n a l ige t rof fen wird. E r s t de r e indeu t ig n e g a t i v e Ausfa l l de r K o m p l e m e n t b i n d u n g s r e a k t i o n e rm6g l i ch t e in so lchen F~l len die r i ch t ige Be l l r t e i l ung n n d die zut ref fe l ide nega t i ve serologische Diagnose .

Erg~ilzelid sei noch bemerkt , dab die 29 Weil-positiven Sera mi t einer Ausliahme v511ig negative Lllesreaktiolien ergaben. Nur bei einem sicher luesfreieli Weil-Pafieliten fiel die WaR. fast maxi- mal posit iv ( + + + ) alls, w~thrend die verschiedenen Flockungs- reakti0nen (SGR., Meinickes DM. ulid IZliirungsreaktioli, Kahn) ein negatives Ergebliis lieferten. Bemerkeliswerterweise reagierte such das aus Syphilisspiroch~ten hergestellte w~sserige Pallidaantigen, im Gegelisatz zu den alkoholischen Wassermanli -Extrakten, absolut negativ.

Zusammen]assend Igifit sieh also sagen, daft es gelungen ist, aus Kulturen der Spirochaeta icterogenes ein Antigen herzustel- len, dessen hohe Erap]indlichlceit und weitgehende Spezi]itiit die Kom/plementbindungsreaktion als glelchwertiges Ver]ahren der Agglutinationsprobe an die Seite stellt. Beide Reaktionen ergiinzen und kontrollieren einander in wirksamster Weise, k61inen a b e r IIattirlictl a l ich ftir s ich al le in ve rwe l ide t werden . Ihre Bedeutung liegt darin, daft einmal mit ihrer Hil]e die Weilsehe Kranlcheit sieh mit Sieherheit, und zwar auch 8chon am 7. his 8. Kranlcheitstage, serologiseh best~itigen 15fit, und daft ]erner such atypisehe Fiille, bei welehen der Weil-Verdacht zu- niichst wenig begri~ndet erscheint, als echte Weil-Erlcrankungen erkannt r k6nnen. Anf diese Weise i s t es in d iesem H e r b s t ge lun en, eine Re ihe y o n W e i l - E r k r a n k n l i g e n fes tzus te l len , die sons t de r B e o b a c h t u n g e n t g a n g e n w~tren. Die bisher igel i

R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 18 6. MAI 1933

E r f a h r u i i g e n m a c h e n es wahrsche in l i ch , dab die Wei l sche K r a n k h e i t in H a m b u r g u n d U m g e b i i n g h/ iuf iger v o r k o m m t , als b i she r a n g e n o m m e n wlirde. D e m l i a c h i s t d r i n g e n d zu empfehlel i , bei a l len E r k r a n k u n g e n , bei del ien ein a u c h IIoch so ger inger W e i l - V e r d a c h t vor l iegt , y o n de r serologischen U i i t e r s u c h u n g zur S i che rung de r Diagnose we i t es tgehe l iden G e b a u c h zu m a c h e n .

DIE HYPOCHROME GASTROGENE ANAMIE UND DIE HYPOCHROME ENTEROGENE ANAMIE.

(Zwei Aniimieformen.) Won

Dr . H . C. VAN LEEUWEN, ehemaliger Assistent.

Aus der Medizinischen Universiffits!dhfik hi Leiden (Vorstand: Professor Dr. W. A. KUENEN).

Sei t 19o9 i s t d u t c h die F o r s c h u n g e n y o n IZNUD FABER beka l in t , d a b Mensehen m i t Achy l i a gas t r i ca h~uf ig eine An~mie h y p o e h r o m e n C h a r a k t e r s au fwe i sen k6nl ien .

•OLEN (1925)sowie KAZNELSON, REIMANN u n d WEINER (1929) besehrieben diese An~mieform als Krankhe i t sui generis.

Meiner Meinul ig n a c h wi rd d i e sem of t v o r k o m m e l i d e n K r a n k h e i t s b i l d e IIoch i m m e r zuwenig B e a c h t u n g geschenkt . So v e r m i B t m a n eine E r 6 r t e r u n g d ieser An~mie s u c h in den m o d e r n s t e n L e h r b t i c h e r n de r i n n e r e n Medizin.

Symptomatologie. Die w ich t i g s t en S y m p t o m e dieser E r k r a n k u l i g si i id: a) E ine ch ron i sch ve r l au f ende hypochrome AnS~mie, bei

welcher ke ine spol i tane l i Remiss ione l i ange t ro f f en werden .

Dieser chronische Verlauf kommt bei einigen meiner Falle besonders deutlich zllm Ausdruck. In eiliem Falle bestalid die Ani~mie schon I i , in einem anderen 18 Jahre . Diese letztere Pat . war schon wiederh01t mit Blut t ransfusionen behandel t worden, ohne dab diese Therapie ein bleibendes gfinstiges Ergebnis erbracht h~tte. Als sie zu ulis in l~ehandlung kam, betrug der H~moglobin- gehalt nu t noch I I Sahli (unkorr., die Zahl der Erythrocytel i 1 65 ~ ooo, der F~rbeilidex 0,43 ).

Das ro te B lu tb i l d i s t g e k e n n z e i c h n e t d u t c h das A u f t r e t e n y o n Poik i locy tose u n d Anisocy tose ; die E r y t h r o c y t e n s ind bei d ieser An~mie k le iner als no rma l , wie die K i i r v e n IIach PRICE-JoNEs zeigten.

I m Gegensa tz zu WlTTS b e o b a c h t e t e ich n u t sp~r l iche R e g e n e r a t i o n s e r s c h e i n u n g e n i m Btii t .

So land ich die Zahl der Retieulocyten imliler niedrig, u. a. o,2% bei einem Hb.-Gehal t voli 38 S. (ulikorr.) ulid 357oooo Erythro- cyteli; o,52% bei einem Hb.-Gehal t yon 35 S. (unkorr.) ulid 3823ooo Ery throcyten ; o,84% bei einem t-Ib.-Gehalt yon 38 S. (unkorr.) ulId 3 o5 ~ ooo Erythrocyteli . (Bei der von mir aligewandteli Methode betri~gt die Reficulocytellzahl helm Gesulideli o,o9--1% .) In ~bere ins t immung damit finder man ~ul3erst selten Normo- blasteli im periphereli Blute. Ich selbst koliiite nu t in einem Falle vor der Behandlung eilien einzigen Normoblasten im peripheren Blut finden. Das seltelie Vorkommeli yon kerlihaltigen roteli Blut- k6rpercheli entspr icht den t3eobachtuligen der meisteli anderen Verfasser.

N a c h gu t f i b e r e i n s t i m m e n d e n A n g a b e n in de r L i t e r a t u r b e s t e h t bei d ieser An~mie i m a l t geme inen eine Leukopenie, se l t en eine Lenkocy tose . A u c h meine E r f a h r u n g s t i m m t d a m i t fibereili. Die n iedr igs te vol i m i r b e o b a c h t e t e Leuko- cy te l izah l w a r 32oo. Das weil3e B lu tb i l d i s t we i t e rh in gekenn- ze ichne t d l l reh eine relative Lymphocytose (die hSchs t e L y m p h o - cy tose b e t r u g in m e i n e n FXllen 38 %). I n m e h r e r e n FXllen s ah ich d a n e b e n al ich eine R e c h t s v e r s c h i e b u n g , eine H y p e r - s egmen t i e r l i ng de r Ke rne de r n e u t r o p h i l e n G r a n u l o c y t e n . M a n k a n n also bei d ieser An~tmie das gleiehe weil3e B l u t b i l d I inden wie bei de r A n a e m i a pernic iosa . Zu e r w ~ h n e n i s t noch, d a b in den d a r a u f h i n u n t e r s u c h t e n F~tllen die Zah l de r Blu tp l~ t t t chen s t e t s n o r m a l war .

fihlilich wie I~AZ1N-ELSON sowie DAVIES land ich Jn keiliem meiner Fi~lle Zeichen einer gesteigerten H~molyse.

Page 2: Die Hypochrome Gastrogene Anämie und die Hypochrome Enterogene AnÄmie

6. MAI i933 KLINISCHE WOCHENSCH

Mehrere AUtoren linden bet der hypochromen gastrogenen Anemic einen Milztumor. In nnserem eigenen Material land sich nur in 2 yon 15 FMlen eine geringe Vergr613erung der Milz.

b) St6rungen der Magenselcretion. W~hrend FABER, NOLEN und t~AZNELSON noch meinten, dab bet dieser An/imie immer eine Achylia gastrica vorhanden sein mfisse, haben die sp~tteren Verfasser (WlTTS, DAVIES, WAUGH U. a.) in vielen F~llen nut Achiorhydrie oder betr;~ichtliche Hypochlorhydrie gefunden. Ich land nach subcutaner Injektion yon Histamin nut 2mal unter 15 F~llen eine nahezu totale Achylie. In den anderen Ffillen war Achlorhydrie oder starke Hypoehlor- hydrie vorhanden. Der Pepsingehalt des Magensaftes war in diesen F/illen gleichfalls verringert.

Aus dem oben Angeftihrten geht hervor, dab die Achylie ffir diese An~tmieform nicht obligat ist ned die Benennungen yon NOLEN sowie Yon KAZNELSON und seinen Mitarbeitern daher nicht ganz zutreffen*.

c) Atrophie, aphthSse Entzi~ndung der Zungenschleimha~tt. Wie yon NOLEN, WITTS nnd DAVIES wurde dieses Symptom auch yon mir oft beobachtet; nur in 3 yon den 15 F~llen fehlte diese Erscheinung. Am h~tufigsten sieht man Atrophie des Zungenrandes, ebenso Schmerzen und Brennen in der Zunge. Diese Atrophie und Entztindung kann auf den Larynx fibergreifen, was Dysphagie hervorrufL in 3 der yon mir beobachteten F/~lle t raten diese Symptome aui, bei einer Patientin sogar so schwer, dab die Kranke nichts anderes als Milch ned dfinnen Brei zu sich nehmen konnte.

Dysphagie, kombiniert mit hypochromer An~mie und manchmal auch Achlorhydrie kennt man schon langere Zeit unter dem Namen des ,,Plummer-Vinson-Syndrom" (BROWN KELLY 1919, PATERSON 1919, PLUMMER-VINSON [naCh WITTS]. 1922, HURST 1922, WITTS I93i). Die Laryngologen (BROWN KELLY, ~r betrachten die Dysphagie als prim/ire Ursache der geschilderten Erkrankung. Die Anemic ware dieser Auffassung zufolge sekundar durch die ein- seitige Ernahrung infolge der Schluckbeschwerden verursacht. In einem yon mir be0bachteten Falle waren jedoch die Zungen- sehmerzen, Anemic und andere Symptome des hier beschriebenen Krankheitsbildes schon vorhanden, bevor Dysphagie auftrat. In den zwei anderen Fallen trat die SchluckstSrung so wenig hervor, dab diese keinen EinfluB auf die Wahl .der Nahrungsmittel aus- getibt hat. In Ubereinstimmung mit DAVIES kann ich daher der Meinung der Laryngologen nicht zustimmen und glaube, dab die Dysphagie wenigstens fiir viele Falle dutch eine Schleimhaut- atrophic des Larynx verursacht wird, als Teil einer allgemeinen Schleimhautatrophie.

d) Trophische st6rungen der Haut. Diese St6rungen be- stehen u. a. in elnem Glanzverlust ned SprSdewerden der N~gel, wodnrch diese leicht reil3en ned abbr6ckeln. Dabei wird der Nagel flach, sogar 15ffelfSrmig hinaufgebogen, so dab ,,Hohln~gel" entstehen (Coilonychie). Ebenso wie KAz- NELsoN, WITTS ned DAVIES fand ich diese Anomalie mehrere Male bet meinen F/illen.

Die von DAVIES beschriebenen Fissuren an den Mund- winkeln wurden auch yon mir mehrmals beobachtet. Daneben aber Iand ich ein Symptom, das ich bisher nicht beschrieSen fand, n~mlich schmerzha]te kleine Risse in der Haut der Finger, haupts/ichKch der Fingerspitzen. Die Be- schwerden, welche die Patienten dadurch bet ihrer t~glichen Arbeit empfanden , waren nicht gering. Zu diesen trophischen St6rungen sind auch schlechte Zdhne zu rechnen, wie auch yon NOLEN angegeben wurde. Anch beobachtete ich 6fters Haaraus]all bet meinen Patientinnen.

e) Diarrh6e: Ebenso wie NOLEN, WlTTS und DAVIES land ich bet der h. g. A. manchmal Diarrh6e.

Mehrfach h6rt man auch die Angabe, dab Zeiten yon Obstipation mit solchen yon Durchfall abwechseln, l~ber h~ufige,w/isserigeEnt- leerung wird selten geklagt. Meistens haben die Patientinnen, ohne einen Grund daftir zu wissen, ab und zu breiige, unfSrmige Stfihle, was sic abet vielfach erst auf besonderes Befragen angaben.

Meine Beschreibung w/ire nicht vollst~ndig, wenn ich nicht noch ein Symptom hervorh6be, n~tmlieh Mikliglceit. ]3ekanntlich gehSrt rasch auftretende Ermfidnng zu dem

* Wit selbst wollen diese A~l~imietorm als ,,Hypochrome gastrogene Anfimie" (h. g. A.) bezeichnen. Begrfindhng siehe unten.

R I F T . I2. J A H R G A N G . Mr. 18 699

Symptomenkomplex der Angmie. Bet einigen in der Li teratnr beschriebenen F~llen nnd auch bet einigen meiner F~lle geht jedoch diese Mfidigkeit, Endrgielosigkeit oder Depression (bis zur Psychose -- WARBURG und JORGENSEN) jahrelang einer deutlichen Verringerung des Hgmoglobingehaltes voran.

Zu erwghnen w/treE noch verschiedene andere angmische Beschwerden.

Menstruationsst6rungen w u r d e n bet mehreren meiner Fglle wahrgenommen, ghnlich wie frtiher yon NOLEN und DAvIEs. ManchmaI. abet f eh l t en Beschwerden dieser Art vollst~ndig. Auch land ich i n der Anamnese der yon mir behandelten F~lle ein hgufiges Auftreten yon Abortus.

Ob die Ursaehe hierfflr (Lues war auszuschlieBen) in einem ungflnstigen EinfluB der h. g. A. auf die Schwangerschaft gesucht werden muB oder aber ob umgekehrt der wiederholte, aus irgend- einem anderen Grunde auftretende Abortus die Angmie manifest macht, kann nicht entschieden werden.

Ahnlich wie die meisten Autoren land ich die h. g. A. bei- nahe ausschlieBlieh bet Frauen. Das Alter der yon mir be- obachteten Pafienten schwankte zwischen 24 und 5 6 Jahren, was mit Angaben anderer Autoren ebenfalls gut fibereinsfimmt.

In einem rol l entwickelten Krankheifsbild kann man alle hier bescbriebenen Symptome antreffen. Es k6nnen abet auch einzelne Symptome fehlen. Bemerkenswert ist, dab auch das Hauptsymptom, die An/~mie, l~ngere Zeit fehlen kann. In mehreren yon mir beobachte ten F~llen gingen Miidigkeif, Depression, Energielosigkeit, Diarrh6e, Zungen- und Nagelaffektionen, Mundwinkelrisse, Hautrhagaden oder Schhckbeschwerden manchmal jahrelang ether merkbaren Verringerung des H~moglobingehaltes voran, oder die Ab- nahme des H~moglobingehaltes war so gering, dab die leichte Anemic nicht erkannt wurde (vgl. auch KAZN~LSON, REIMANN und WEINER sowie DAVIES).

AIs Beispiel diene folgender Fall: Eine Frau leidet io Jahre an Coilonychie und schmerzhaften Rissen an den Fingerspitzen, 8 Jahre an Zungenbeschwerden und erst in den letzten 4 Jahren an anamischen Beschycerden; diese schlossen sich fibrigens an einen schweren BlutverlUst post partum an.

Die oben angeffihrten Beobachtungen sollten jeden Arzt veranlassen, beim Auftreten yon einem oder mehreren der beschriebenen Symptome, ftir deren Erld~rung keine andere fiberzeugende Ursache gefunden werden kann, eine Unter- suchung der Magenfunktion anszuffihren. Seit uns selbst der Zusammenhang zwischen Achlorhydrie nnd diesen Sym- ptomen bekannt ist, konnten w i t mehrere Patientinnen mit Hohln~geln nnd Rissen an den Mundwinketn oder Finger- spitzen beobachten, bet welchen die darauffolgende Unter- suchung der Magenfunktion de facto eine Achlorhydrie ergab.

Die m6glichst frtihzeitige Aufdeckung des Zusammen- hanges dieser Krankheitserscheinungen mit der Achlorhydrie ist yon h6chster Wichtigkeit ftir die Therapie. Bet richtiger Diagnose i s t die Heilnng in kurzer Zeit m6glich. H/ilt man diese Symptome fiir ein lokales Leiden, so ist mit keiner einzigen Therapie eine bleibende Genesung zu erlangen.

Eine meiner Pat., welche schon Io Jahre lang hohle und sprOde Nagel hatte, wozu sparer noch heftig schmerzhafte Risse in den Fingerspitzen kamen, wanderte w~hrend dieser Zeit yon einem Arzt zum anderen. Jede Therapie blieb erfolglos, bis die vcahre Natur dieser Symptome erkannt wurde nnd die einzig wirksame t~ehandlung Genesung brachte.

Es set noch erw~hnt, dab nach KAZN~LSON, REIMANN nnd WEINER, WlTTS ned DAMEStIEK Par/isthesien bet den an dieser Anemic Erkrankten auftreten k6nnen. Der letzte Forscher konnte sogar eine funiknl~re Nyelose bet einem seiner F~lle feststellen. Bet keiner meiner Patientinnen waren deutliche Par&sthesien vorhanden, nut eine Kranke

k lag te fiber Kribbeln in den Beinen. Das ganze Bild machte eher den Eindruck motorlscher Unruhe als den yon Par- /isthesien.

Selbstverstandlich wurden in den yon mlr beobachteten Fallen die Faeces auf Wurmeier und Sanguis nntersucht. ~urmeier wurden nicht ein einziges Nal gefunden, ttingegen war in 3 yon den 15 FAllen die Benzidinreaktion ab und zu positiv. In 2 dieser

Page 3: Die Hypochrome Gastrogene Anämie und die Hypochrome Enterogene AnÄmie

700 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 18 6; MAI ~933

3 F~ille war die Ursache eine Proktitis, im 3. Falle eine Diverti- kulitis. Eine andere Ursache far die okkulte Blutung wurde nicht gefunden. Trotz der Tatsache, dab die Benzidinreaktion ab und zu positiv ausfiel, z6gere ich nicht, diese 3 F~tte als h. g. A. zu bezeich- nen. Is t es doch unm6glich, die Anamie (25 Sahli, 24 Sahli und 54 Sahli) durch den geringen Blutverlust zu erkl~iren, der gelegent- lich s ta t tgefunden hat te . Ffir unsere Annahme spricht ferner die Tatsache, dag auch andere Symptome, wie Zungenatrophie und rissige Haut, ebenfalls vorhanden waren.

~{tiologie tier Ani~mie.

Was die Jktiologie de r h. g. A. an l ang t , so f inder m a n in der L i t e r a t u r ebenso viele Nt io logien angegeben , als es Ver- fasser f iber diese F r a g e gibt .

Die Ursache wird z. B. ganz oder teilweise in der Konst i tut ion gesucht (NoLxN, WITTS [I93I]) oder in einer Dysharmonie in der Zusammenarbei t der Driisen mit innerer Sekretion (ALTsCHOLLER, V. BUCHEM). KAZNELSON und seine Mitarbeiter nehmen eine Hem- mung des Knochenmarkes dutch chronische Intoxikat ion als ~itio- logisches Moment an. DAVIES stellt eine abnorme Ern~hrung infolge dyspeptischer Beschwerden in den Mit te lpunkt seiner Dar- legung.

Keine de r ob igen T h e o r i e n gibt , m e i n e r A n s i c h t nach , eine gen~igende Erkl~irung fiir das E n t s t e h e n de r h. g. A. I ch b a b e weder eine a b n o r m e K o n s t i t u t i o n , noch eine D y s h a r m o n i e de r i n n e r e n Drfisen, noch eine a b n o r m e Ern~ihrung bei m e i n e n P a t i e n t e n fes t s te l l en kSnnen . E i n groBer TeiI de r F o r s c h e r s t i m m t a b e r wohl d a r i n fiberein, d a b B l u t u n g e n n n d Sehwan- ge r s cha f t en b e i m E n t s t e h e n d i e s e r An~tmie eine wich t ige Rolle spielen (W~u~H, WIWTS, MILLS, DAVIES, V. BUCHEM n. a.).

So zeigten sich bei 5 yon den 13 erkrankten Frauen die ersten Erscheinungen vor oder gleich nach der Schwangerschait.

Im fo!genden soll auf Grund unserer bisherigen 14ennt- nisse und der eigenen Befunde der Versuch einer Erkl/irung der h. g. A. unternommen werden.

Aus den Experimenten yon I~UNKEL, FORSTER, ABDERHALDEN, WOLTERING, TARTAKOWSKY U. a. geht hervor, dab bei einer guten normalen Knochenmarkfunktion die Hiimoglobinmenge des Blutes bestimmt wird : dutch die vorhandene Eisenreserve des ~26rpers, die Eisenmenge der Nahrung und den Eisenverlust, der durch die Aus- scheidung in den Darm und auf andere Weise (u. a. Blutung) er- folgt. Hieraus ergibt sich, dab Eisenmangel die Ursache einer schlecht regenerierenden An~mie darstellen kann. Die normale gemischte Nahrung enth~l t geniigende Eisenmengen, um unter nor~alen Umst~nden, d . h . bei normaler Resorption, die t~lut- regeneration normal zu gestalten.

Nach dem heutigen Stand unserer I~2enntnisse ergibt sich, dab die Eisenresorption aus dem Magen-Darmtrakt abh~ngig ist yon der S~iuremenge im Magen, vor allem der Salzs~iuremenge (STARKEN- STEIN, REIMANN und FRITSCH, METTIER und MINOT).

I ch se lber k o n n t e re ich in e in igen F~illen e indeu t ig yon de r W i c h t i g k e i t de r Salzs~iure ffir die E i s e n r e s o r p t i o n f iberzeugen. Zu r n / ihe ren B e l e u c h t u n g n u t e in einziges Beispie l :

Bei einer pat , mi t An~mie und Achlorhydrie, die dutch mehrere Wochen ohne jede Behandlung st~ndig einen HXmoglobingehalt yon 5 ~ Sahli und eine Reticulocytenzahl yon o,5--o,7% aufwies, wurde 3mal t~iglich o,i g Ferr. reduct, pulv. verabreicht . Am i i. Tage nach Beginn der Eisenbehandlung war n icht die geringste ErhShung der Zahl der vi tal f~irbbaren Ery throcyten festzustellen. Je tz t wurde mit der HC1-Zufuhr begonnen (3 mal t~iglich 15 Tropfen Acid. hydrochlor, dilut.). Schon nach 3 Tagen war die Reticulo- cytenzahl auf 1,9% gestiegen und blieb 14 Tage auf dem erh6hten Niveau. W~ihrend dieser 14 Tage stieg der H~imoglobingehalt, wel- cher vorher 5 ~ Sahli betrug, auf 7 ~ Sahli an.

Aus den ob igen Aus f f ih rungen geh t die groBe B e d e u t u n g de r Salzs~ure fiir die E i s e n r e s o r p t i o n deu t l i ch he rvor . ]3ei be- s t e h e n d e r A c h l o r h y d r i e mul3 die E i s en r e s o r p t i on e r s c h w e r t sein. Dies gi l t m u t a t i s m u t a n d i s a u c h fiir das E i sen de r N a h r u n g .

DaB die Magenfunktion ft~r die En ts tehung einer An~mie ta t - s~ichlich eine Rolle spielen kann, zeigt das Auftreten einer hypo- chromen An~mie nach Gastroenterostomie und Gastrektomie (UNGLEY nach WILTS, DAVIES, HELGE LUBLIN U. a.). Auch bei Tierexperimenten ha t man konstat ieren k6nnen, dab Gastrektomie die Ursache einer hypochromen An~imie sein kann (Ivy). Merk- wfirdig ist noch, dab bei iKrankheiten, bei Welchen Achlorhydrie oder Achylie als Nebenbefund vorkommt, ebenfalls die h. g. A. rnitunter festzustellen ist. So sah BRUINS SLOt in F~llen von Morbus

Basedowii mis Achlorhydrie oder Achylie nur ein einziges Mal eine Anaemia perniciosa, dagegen mehrmals die hier beschriebene h. gl A.

Alle oben erw~ihnten Gr t inde be r ech t i gen wohl dazu, die Ur- sache der Ani~mie in dem beschriebenen Krankheitsbild in der Hypo- oder Achlorhydrie zu suchen .

N e b e n de r Ver~inderung de r Magen funk t i on , die eine ges t6 r t e E i s e n r e s o r p t i o n zu r Folge ha t , s ind fiir das E n t - s t e h e n u n d das M a n i f e s t w e r d e n de r An~imie noch a n d e r e F a k t o r e n y o n Wich t igke i t , so B l u t u n g , Schwange r scha f t , einseit ige, wenig e i senha l t ige N a h r u n g u. dgl. m. De r ver- r i n g e r t e n E i s e n z u f n h r (einseit ige Nahrung ) , d e m v e r m e h r t e n E i s e n v e r l u s t infolge B l u t u n g , Menses, S c h w a n g e r s c h a f t usw. k o m m t j edoch n u r i n so l e rn sekund~ire B e d e u t u n g zu, als diese F a k t o r e n die E i sen rese rve des K6rper s h e r a b s e t z e n u n d d a d u r c h die Fo lgen de r ges tS r t en E i s e n r e s o r p t i o n r a s c h e r in E r s c h e i n u n g t r e t en .

Die Rolle der Schwangerschaft ft~r das Ents tehen yon Ani~mie bei gteichzeitiger Achlorhydrie wird wohl sehr deutlich dutch die Experimente yon IvY demonstriert . Von mehreren gastrektomier- ten Hunden zeigten n~mlich 4 Weibchen jedesmal wiihrend einer Schwangerschaft eine An~mie, welche rasch auf Eisen reagierte. Diese Tierexperimente werden durch Beobachtungen am Menschen best~tigt. So sah HELGE LUBMN bei einigen Frauen nach Gastr- ektomie w~ihrend de r Schwangerschait eine ernste An~mie ent- stehen, welche auf Eisen rasch heilte.

Zu r E r h a l t u n g des E i s e n v o r r a t e s des K6rpe r s s ind n u t sehr ger inge E i s e n m e n g e n n o t w e n d i g (8 m g t~gl ich n a c h MEYER u n d GOTTLIEB sowie n a c h Sn~RZ~AN). B e i A c h l o r h y d r i e wird daher , w e n n ke in B l u t v e r l u s t s t a t t g e f u n d e n ha t , die An~imie, w e n n i i be rhaup t , n u r ganz a l lm~hl i ch e n t s t e h e n k6nnen , d a die b e s t e h e n d e n E i s e n r e s e r v e n de r Organe Iiir l~ingere Zei t ausre ichen . Die F r a u ve r l i e r t a b e r w ~ h r e n d de r Schwange r - schaf t , in de r Lac t a t i6nsze i t , d u r c h die Menses i o r t w ~ h r e n d Eisen, so d a b bei i h r viel ehe r als b e i m M a n n e eine An~imie e n t s t e h e n mnB. Dies i s t me ines E r a c h t e n s de r Grund , w a r u m die h. g. A. bei F r a u e n vim h~uf iger v o r k o m m t als bei M~in- nern , u n d d a b m a n diese An~imie ohne ande re U r s a c h e n (wie B l u t u n g ) bei F r a u e n n a c h E i n t r i t t des K l i m a k t e r i u m s n i c h t m e h r b e o b a c h t e n k a n n .

B e i m M a n n e wird in de r Regel n a c h e ine r B l u t u n g ode r n a c h w i e d e r h o l t e n k le inen B t u t u n g e n die Diagnose e iner , , chronischen , pos thXmor rhag i s chen A n ~ m i e " ges te l l t werden , w e n n die An~imie n i c h t regener ie r t . I ch k o n n t e v e r s c h i e d e n t - l ich b e o b a c h t e n , d a b F~lle von chronischer posthiimorrhagischer Angimie bei Mgnnern und Frauen vorlcommen, welche an Achlorhydrie leiden. Prinzipie l I b e s t e h t h i e r b e i m M a n n e die- selbe A n ~ m i e f o r m wie bei de r F r a u ; da j edoch die w a h r n e h m - ba re B l u t u n g ke ine phys io logische i s t wie bei de r Frau , wi rd eine a n d e r e At iologie a n g e n o m m e n .

Die Ergebnisse der Knochenmarkuntersuchung bei h. g. A., die zum ersten Male von WBINER und I4~AZNELSON, sparer yon DAMES- HEK durchgeft ihrt wurden, stehen zu meiner Auifassung nicht im Widerspruch. Man finder im t (nochenmark eine s tark erhOhte Normoblastenzahl, die unter Eisenbehandlung zurflckgeht. Dieser Befund ft~hrte die ers tgenannten Forscher zu dem SchluB, dab eine in ihrem Wesen unbekannte StSrung der Umbildung der Normo- blasten zu Ery throcy ten bei der h. g. A. bestehe. Meiner Meinung nach miJBte die Ursache dieser St6rung in einer infolge Eisenmangel ~zerzOgerten H~imoglobinbildung gesucht werden.

DaB auch die Achylie bei der Anaemia perniciosa eine StOrung der Eisenresorption verursacht, geht aus folgenden Tatsachen hervor :

a) dab die Siderosis in den Organen Iehlen kann (NAEGELI, SCHMIDT, LUBARSCH),

b) dab es Fi~IIe gibt, die nach Besserung der Ani~mie einen F~irbeindex unter i aufweisen (ZADEK, PANTON, FABER und GRAM, ZeRFAS),

C) dab ein normaler H~moglobingehalt bei mehreren FXllen nur dann zu erzielen ist, wenn neben der Leberdarreichung auch Eisen zugeffihrt wird (BEEBE und LEWIS),

d) und dab F~lle bekann t sind, die erst eine hypochrome An~imie aufwiesen und nachher in eine Anaemia perniciosa fibergingen (ZADEK, CAMPBELL und CONYBEARE, SCHOTTMULLER, GRAM, DAMESHEK).

Thefapie. Die einzig riehtige Therapie der h. g. A. ist ]~isendar-

reichung, und zwar am einfachsten in Form yon _Eezru~n

Page 4: Die Hypochrome Gastrogene Anämie und die Hypochrome Enterogene AnÄmie

6. MAI x933 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

reductum pulveratum oder - - da Eisen n u t als Ferrosa lz seine Wi rksamke i t en t fa l t e t -- als ~errostabil (STAnK~- STEIN, REIMANN and FRITSCH). In der L i t e r a t u r f inder m a n i m m e r wieder erw~hnt, dab groBe Dosen F e r r u m r e d u c t u m p u l v e r a t u m notwe'ndig sind; es wird sogar bis zu IO g t~glich gegeben (ScI~ULTEN). In Verb indung mi t Salzs~ure erweisen sic h, wie ich schon an e inem Beispiel gezeigt habe, solche Dosen als iiberfltissig, In meinen F~llen konnte ich mi t vieI ger ingeren Dosen bei gleichzeit iger t lC1-Zufuhr die An~mie zur He i lung br ingen (vgl. REIMANN und FRITSCH, Ferrostabi t) .

Die Erklarung der Tatsache, dab man ohne Salzs~urezufuhr yrofie Dosen Eisen verabreichen muB, finder sich ausftihrlich bei REIMANN und FRITSCH: Bei fehlender SalzsAure fi~llt den organi- schen S~uren die Rolle zu, das Eisen in 15sliche Form umzusetzen; nun ist die gebildete Menge der 15slichen Eisenverbinduiig nicht nut yon der SXuremenge abhi~ngig, sondern auch yon der vor- handenen Eisenmenge, so dab bei gr6Berem Eisenangebot mehr in 16sliche Form iibergefiihrt wird.

~tiologie der Hohlniigel, Fissuren und der anderen Symptome. Die anderen S y m p t o m e der h . g . A . , wie Hohln~gel ,

Fissure n, Zungenbeschwerden usw., reagieren ebenfalls aus- gezeichnet auf Eisentherapie . Sind diese S y m p t o m e ohne An~mie v o r h a n d e n und f inder m a n dabei eine Hypo- oder Achlort lydrie, so wird die E isen therap ie ebenfalls zur Hei lung f i ihren (vgl. I~AZNELSON and DAVIES). Tro tz dieser giin- st igen W i r k u n g der E i sen therap ie erscheint es mi r recht fraglich, ob diese S y m p t o m e auf E i senmange l zuri ickzuft ihren sind. Man f inder n~mlich diese S y m p t o m e bei dem Krank- hei tsbi ld der h. g. A. auch noch bei n o r m a l e m H~moglobin- gehalt , w~hrend sie bei h y p o c h r o m e n An~mien anderer Afiologie noch n ich t e rw~hnt sind. Man miiBte daher da ran denken, dab dem Eisen neben dem ant ian~mischen Ef f ek t andere W i r k u n g e n z u k o m m e n dtirften.

I~AZNELSON und seine Mitarbeiter, sowie REIMANN und FRITSCtt konnten zeigen, dab das Eisen, auch ohne dab es das Blutbild be- einfluBte, eine gute Wirkung auf die gastrointestinalen Erschei- nungen ausftbte. Auch ich kenne Kranke, bei wetchen die DiarrhSe auf Eisen sistierte und beim Aufhbreii der Eisendarreichung wieder einsetzte.

I ch habe deshalb seinerzei t folgende Hypo these auf- gestel l t (vgl. v. LEEUWEN 1932): , ,Durch die Achlorhydr ie k o m m t es im D a r m e zu i rgendwelchen sekund~ren Ver~nde- rungen, die bewirken, dab fiir den Organismus no twendige Stoffe n ich t oder n icht geniigend resorbier t werden kbnnen. Die Zufuhr yon Eisen wiirde sich Jim D a r m dahin auswirken, dab die Resorp t ion dieser Stoffe verbesser t wi rd . " Die anderen zum Krankhei t sb i ld der h. g. A. gehSrigen S y m p t o m e wfirden dieser Auffassung zufolge wie das S y m p t o m der Anamie durch H y p o - oder Achlorhydr ie (direkt oder indirekt) ve ru r sach t werden, ohne yon der An~tmie als solcher abh~ngig zu sein.

DaB im Df innda rm ta ts~chl ich bei der h. g. A. eine Re- sorp t ionss t6rung besfehf, geh~c aus der Ta tsache hervor, dab bei mehre ren meiner Pa t ien ten , und dies auch bei geformten Stiihlen, gespal tenes F e t t in grbBeren Mengen in den Faeces gefunden wurde. Die Q u a n t i t a t wurde leider n icht genau bes t immt . Auch wurde nicht in al len F~llen diese Unte r - suchung durchgeft ihr t . Diese S tbrung in der Fe t t r e so rp t ion wurde yon v. BOMMEL V. VLOTEN bes.t~figt. Auch dieser A u t o r land, unabh~ngig von mir, 5fters v e r m e h r t e fe t t saure Krys ta l le in den Faeces bei der h. g . A . Es ergibt sich nun die Frage, wie diese S t6rung in der Fe t t r e so rp t ion zu erkl~ren w~re. Meiner Meinung nach ist die Ursache dieser S tbrung bei der h. g. A. in einer En te r i t i s im Sinne yon PoR~Es zu suchen. Wir fanden in der T a t bei mehreren unserer Pa t i en t en S y m p t o m e eines Di inndarmka ta r rhs , wie sie POR~ES zuerst beschrieb. W i t miissen demzufolge eine zu schnelle Passage des Dt inndarminha l t s annehmen, welche sowohl wiede rum die Eisenresorp t ion als auch die Resorp t ion yon anderen Iiir den Organismus wicht igen Stoffen (s. o.) in ungt ins t igem Sinne beeinflussen muB*.

* Die nach Abschlug dieser Arbeit erschienenen Publikationen yon G U T z E I T und W E N D T sprechen in ~ihnlichem Sinne.

RIFT. 12. JAHRGANG. Nr. 18 70 I

DaB abet die MagenfunktionsstSrung es haupts~chlich ist, die zur An~mie ffihrt ~nd der evil. komplizierenden Enteritis in den meisten F~illen nur eiiie untergeordnete Bedeutung zukommt, be- weist der auf S. 11 meiner Moiiographie (v. LEEUWXN 1932) be- schriebene Fall.

Ob der Df innda rmka ta r rh auch die E n t s t e h u n g der an- deren, oben beschr iebenen S y m p t o m e zur G~nze erkl~iren kann, ist meines Erach tens derzei t n icht m i t Gewil3heit zu entscheiden.

Dagegen spricht die Beobachtung, dab in meinen Fi~llen die Eisentherapie diese Symptome wohl zum Verschwinden brachte, das gespalteiie Fet t jedoch nach wie vor im Stuhl vorhanden blieb. (Es wurden jedoch keiiie quantitafiven Fettbestimmungen in den Faeces ausgeftihrt.) Fiir die Entscheidung dieser Frage mfigte eine grol3e Anzahl yon Patienten mit h. g. A. herangezogen werden. Sollten FMle mit Nagelanomalien usw. gefunden werden~ ohiie Zeiehen eines Dfinndarmkatarrhs, so wtirde dies gegen das Bestehen eines Zusammenhanges zwischen diesen Symptomeii und dem Dtinndarmkatarrh sprechen. Wflrde hingegen in alien F~llen neben den trophischen StSrungen ein Dfinndarmkatarrh bestehen, so wiire dadurch meine Hypothese, dab ein urs~chlicher Zusammenhang zwisehen diesen beiden Affektionen besteht, best~tigt.

Hypochrome enterogene An(~mie. Eine Stt i tze fiir obens tehende H y p o t h e s e bedeu te t die

Tatsache, dab es F~tlle yon klinisch typiscl /er , ,hypochromer gastr0gener An~mie" gibt, welche eine normale Magenfunl~tion aufweisen. So sah ich selbst eine F rau yon 36 Jahren , die einen H/~moglobingehalt yon 54 Sahli (unkorrigiert), eine Ery• yon 3 99o ooo ha t t e und an Glossitis, Mundwinkelf issuren und dyspept i schen t3esctlwerden l i t t . Die Diarrh6e und die anderen dyspept i schen Ersche inungen s tanden im Mi t t e lpunk t der Beschwerden, was sons~c bei der h. g. A. fast nie der Fal l ist. Auch bei dieser Kranken war eine Resorpt ionssfSrung im Di innda rm vorhanden , wie aus der v e r m e h r t e n Menge yon gespa l tenem u n v e r d a u t e n F e t t in den Faeces hervorging.

Solche FXlIe sind keine Seltenheit. WITTS beschreibt mehrere F~lle yon hypochromer AnSmie mit Hohliiiigeln und Glossitis, bei welchen eine normale Magenfuiiktion zu Iinden war. Er bezeich- nete diese F~lle, meines Erachtens zu Unrecht, als ,,Late chlorosis". Auch aus der Beschreibung yon WITTS ergibt sich, dab die Diarrh6e und die anderen dyspeptischen Beschwerden in seinen F~llen sti~rker und hartnXckiger waren als meist bei den Patienten mit ,,simple achlorhydric anemia", wie er die h. g. A. nennt.

In F~llen Yon h y p o c h r o m e r An~mie mi t I tohln~geln, Glossitis, Hau t rhagaden , s ta rken dyspept i schen Beschwerden und normaler Magenfunkt ion mtil3te, meines Erachtens , die Ursache sowohl der AnAmie wie der anderen kl inischen Er - scheinungen i n einer S t6rung der Di inndarmresorp t ion als Folge eines Dt inndarmka ta r rhs gesncht werden. Es lieBe sich eine Analogie, wie sie zwischen der ]3iermerschen AnSmie und der megalocytXren An~mie bei Sprue besteht , auch auf unsere Verh~ltnisse t iber t ragen: der typischen h. g. A. wfirde die , ,hypochrome enterogene An~mie" gegenfiberstehen*. W~hrend bei der Biermerschen Krankhe i t (CASTLE, TOWNS- EXD, HEA$~t, STRAUSS und CASTLE) sowie bei der h. g. A. die StSrung der Magenfunkt ion es ist, welche das E n t s t e h e n einer An~mie verursacht , is t bei der Sprue und bei der , ,hypochromen An~mie bei E n t e r i t i s " die Ursache der An- ~mie in der S t s rung der Di in .ndarmfunkt ion zu suchen. Vorl~nfig ist man, meines Erachtens , noch-n ich t berecht ig t , diese F~lle yon h y p o c h r o m e r A n e m i c bei En te r i t i s als ,,ein- he imische" Sprue anzusehen.

HohlnSgel, Hautrhagaden usw. bei Anaemia pernlciosa. Glossitis, Hohln/~gel, Hautrhagaden, Schluckbeschwerden werden

nieht nur bei den obeii beschriebenen Krankheitsbildern gefundeii. Die Glossitis bei der BiermerschenKrankheit ist u. a. schon 1/~ngst bekannt. Weniger bekannt jedoch ist es, dab auch Schluckbeschwer- den, Hohlnli.gel und Hautrhagaden als Symp~ome der Biermerschen tfrankheit vorkommen k6nnen. Ich selbst habe bei mehrerei1 Patienten mit pernizi6ser An~mie H0hln~gel, t tautrhagaden und Schluckbeschwerden beobachte% In der Literatur ist das Vor- kommen voii Schluckbeschwerdeii bei der Biermersdhen AnXmie

* Inzwisct~en erschienene Arbeiten yon GUTZEIT (Mfinch. reed. Wschr. 1932) besch~iftigen sich ausglebig mit der Frage der Anfimie 12ei Gastroenteritis.

Page 5: Die Hypochrome Gastrogene Anämie und die Hypochrome Enterogene AnÄmie

702 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 18 5. MAI 1933

schon verschiedentlich verzeichnet (u. a. CROSI~ERY, WITTS). AII- gaben fiber Hohln~geI und Hautrhagaden sind jedoch meiiies Wis- sens nicht zu linden. Da bet der Biermerschen Krankheit h~ufig dyspeptische Symptome festzustellen sind und mehrfach Fett- stfihle gefunden wurden (s. NAEGELI), w~re es m6glich, das Ent- stehen yon Hohln~igeln, Hautrhagaden lind Schluckbeschwerden bet der Anaemia perniciosa ebenfalls dureh eine Resorptions- st6rung im Dfinndarm zu erkl~iren.

i3ber den Weg, auf we lchem die ges t6r te Df innda rm- resorp t ion zum A u f t r e t e n d ieser E r sche inungen Ifihrt, k a n n derze i t n ich ts ausgesag t werden. Es bes t t inde die MSglich- keit, dab i rgendwelche an die Reso rp t ion des Fe t t e s gebundene K6rpe r es sind, de ren Ausfatl das Auf t r e t en dieser Erschei - nungen zufolge ha t .

Zum Schlul3 noch ein W o r t zur Nomenk la tu r . J ede r Ver- fasser h a t die yon mir als h. g. A. beze ichne te E r k r a n k u n g u n t e r e inem ande ren N a m e n ver6ffent l icht . So fand ich in de r L i t e r a tu r mindes t ens 14 verschiedene Benennungen . Keine v0n d iesen t r i f f t vollst~indig zu. Der Name, den NOLEN als e r s te r Beschre iber dieses Krankhe i t sb i ldes vorgeschlagen hat , ,,Chlorosis. chronica t a r d a cum achyl ia gas t r ica" , gentigt nicht , well keine Achyl ie v o r h a n d e n sein m u g (da Peps in meis tens n ich t fehlt) und ein Z u s a m m e n h a n g mi t de r Chlorose an- g e n o m m e n wird, de r n ich t mi t B e s t i m m t h e i t nachzuweisen ist*. Die B e n e n n u n g , ,achyl ische Chloran~mie" (KAZN~LSON, WEINER und REIMANN) is t aus d e m schon g e n a n n t e n Grunde ebenfal ls unzure ichend.

Da also weder die Achyl ia gastr ica noch die Achlorhydr ie eine no twend ige ]3edingung fiir das E n t s t e h e n der sog. , , achyl i schen Chloran~imie" ist, sonde rn f ibe rhaup t eine Magensekre t ionss t6rung , so mSchte ich ffir diese An~imie den N a m e n , , hypochrome gas t rogene An~imie" v0rschtagen.

Ffir die F~lle yon klinisch t yp i s che r h. g. A. ohne Magen- sekre t ionss t6rung, d ie meiner Meinung nach auf D i innda rm- funk t ionss t6 rungen zurf ickzuff ihren sind (s. o.), mSch te ich die Beze ichnung , , hypochrome en te rogene An~tmie" w~ihlen.

Zusammen/assung: Es werden Beitr~ge zu zwei kl inisch ~hnl ichen und mi t e inande r eng ve rknf ip f t en Angmie fo rmen gel iefert :

a) die , , hypochrome gas t rogene A n a m i e " is t auf eine Magensekre t ionss tSrung zurf ickzufi ihren (achylische Chlor- anemic , KAZNELSON), die aber aueh nach unse re r E r f a h r u n g n ich t i m m e r eine Achyl ie i s t ;

b) die , , hypoch rome en te rogene An~imie" is t d u t c h eine l angdaue rnde Reso rp t ions s t6 rung (nament l ich yon Eisen) im D f i n n d a r m verursach t . Diese Reso rp t ions s t6 rung kann durch eine har tn~ckige En te r i t i s bed ing t sein.

L i t e r a t u r : ABDERHALDEN, Z. Bi01.49 (19~176 - - ALTSCHt3LLER, Acta reed. scand. (Stockh.) 7 ~ (1929). - - BEEBE U. LEWIS, Amer. J. reed. Sci. I93z (June). - v. BOMMEL V. VLOTEN, Nederl. Tijdschr. Geneesk. I932, 4. Juni. - BROWN KELLY, J . Laryng. a. Otol. 34, 285 (1919), - - BRUINS SLOT, Diagnostiek, Behandeling ell patho- logische Anatomie der Thyreotoxikosen. Diss. Leiden 1932. - - v. BucI~E~I, Nederl. Tijdschr. Geneesk. 193I, 29. Aug. - - CAMPBELL and CONYBEARE, Guy's Hosp. IRep. 72, 265 (1922). - - CASTLE, Amer. J: reed. Sci. I78 (1929). - - CASTLE, HEATH and STRAUSS, Amer. J. med. Sci. I82 (1931). - - CASTLE and TOWNSEND, Amer. J. med. Sci. I78 (1929). - - CASTLE, TOWNSEND and HEATH, Amer. J. med. Sci. 193o' I I . - CROSKERY, Brit. med. J. 1928 I, 494. - - DAMESHEK, Amer. J. reed. Sci. 182 (1931). - - DAVIES, Lancet 193I, 22. Aug. - - FABER, Ned. Klin. 35 (19o9) - - Berl. klin. Wschr. 1913 I. - - FABER U, GRAM, Arch. int. med. 34 (1924). - - FOESTER, zit. nach KUNI~EL. - - G~AN, Acta med. scand. (Stockh.), Suppl. 34 (193~ �9 - - HELGE LUBLIN, Acta reed. scand. (Stockh.) Suppl. 41 (1932). - - HURST, Guy's Hosp. Rep. 74, 287 (1926) - - Brit. med. J. 1928 I, 375. - - IvY, J. amer. med. Assoc. 97, 122o (1931). - - K~Z~LSO~, REIMANN U. ~V~IN~R, 141in. Wschr. I929, Nr 23. - - KU~I~ELI Pilfigers Arch. 5 ~ (1891); 61 (1895). - - H. C. VAN LEEUWEN, Clinische waarnemingen bij Hyper- en Hypochrome Aiiaemieen, Maart 1932, Diss. Leiden. - - LUBARSCH, Handbuch der speziellen Path. Anat. u. Hist. yon HENKE U. LU~ARSCH 1/2. Berlin: Julius Springer 1927. --METTIER and MINOT, Amer. J. reed. Sci. 18I (1931). - - MEYER U. GOTTLIEB, Experimentelle Pharmakologie, 5. Aufl. 1921. - - MILLS, Amer. J. reed. Sci. 1931 (Okt.). - - NAEaELI, Blutkrankheiten und Blur-

* Die ftir die Chlorose so charakteristischen Angaben: hereditiire und konstitu- tioneUe Momente, Beginn in den Pubert~itsjahren usw. konnte ich bet meinen F/illen nicht linden.

diagiiostik, 5. Aufl. 1931. - - NOLE5% Geneesk. BI. (holl.) 1o (1925). - - PANTON, Lancet I923 I, 274. - - PATERSON, J. Laryiig. a. Otol. 34, 289 (1919). - - POR~ES, Z. kliii. Med. I09 (1929). - - PORGES u. ESSEN, Z. klin. Med. io 9 (1929). -- PRICE-JoN~s, Brit. med. J. I922, 18. Nov. - - IREIMANN U. FRITSCH, Z. klin. Med. 115, 13 (193o); 117, 3o4 (1931). - - SenMIDT, Der Einflul3 eisenarmer und eisenreicher Nahrung auI Blur nnd K6rper. Jena: Gustav Fischer 1928. - - SenoTT~a0LLEE, Verh. Ges. Verdgskrkh. 8. Tagung 1928. - - SCHULTEN, lVifinch, med. Wschr. 57 (193o) �9 - - SHERMAN, zit. IIach 1VII~YER-BODANSKY, Introduction to physiological chemistry, 1927.-- STARKENSTEIN, Kliii. Wschr. I928 I, 217 u. 267 - - Med. I41in. 193 o, Nr. 6, 217. -- STRAUSS and CASTLE, Lancet 1932 II, i i i . - - TARTA- KOWSK'Z, Pflfigers Arch. lOI (19o4). - - WARBURG U. J6RGENSEN, Acta med. scand. (Stockh.) 69 (1928); 70 (1929). - - WATKINS, J. amer. med. Assoc. 93 (Nov. 1929). - - WAUGI~, Arch. int. med. 1931 (Jan.) - - WEINER U. KAZ?CELSON, Fol. haemat. (Lpz.) 32 (1926). -- WITTS, Guy's Hosp. Rep. 80, 253 (193o); 8I, 193 u. 2o 5 {I93I ) - - Brit. med. J. I931 II, 883 - Lancet 1932 I, 495 u. 549. -- WOLTERING, Over de resorptie van ijzerzouten in het spijsverterings- kanaal. Diss 1895, Utrecht. - - ZADEK, Berl. kiln. Wschr. I92I I, 1213 -- Z. klin. Med. lO3, 646 (1926). - - ZERFAS, Arch. int. reed. 47,1 (1931).

KOHLEHYDRATSTUDIENAN DER LEICHENLEBER BEI DIABETES MELLITUS*.

y o n

HANS POPPER u n d OSKAR WOZASEK. Aus dem Pathologisch-anatomischen Institut (Vorstand: Prof. R. MARESCH) und dem Medizinisch-ehemischen Institut (Vorstand: Prof. 0. FORTH) der Universit~t Wien.

I m Iolgenden soll fiber e inen Versueh be r i ch t e t werden , einzelne F ragen des K o h l e h y d r a t - (KH.) S tof fwechse ls durch U n t e r s u c h u n g e n an mensch l i chen Le ichen lebern zu be leuchten . Da die morphologische sowie die chemische U n t e r s u c h u n g ffir sich allein a n g e w e n d e t beziiglich der K H . - V e r t e i t u n g zu Fehlschlf issen ff ihren kann, w u rd en beide Wege als Erg~nzung und Vergleich geme insam angewende t . Will m a n nun U n t e r s u c h u n g e n an mensch l i chem Leichenmater ia l vor- nehmen , so m u g v e r s u ch t werden, ebenso wie sons t nach d e m Vorgehen der pa tho log i schen A n a t o mi e du rch eine groBe Ffille yon Einzelf~llen e inen Oberb l ick auf die a l lgemeinen Verh~l tnisse zu gewinnen, andererse i t s aber auch eine genaue B e t r a c h t u n g des Einzelfal les durehzuff ihren . Hier war also neben der e twaigen chemischen U n t e r s u c h u n g das genaue S t u d i u m des Obduk t ionsbe fundes und des h is to logischen Unte r suchungse rgebn i s ses erforderl ich und in vielen F~,llen auch der Kl inik des Falles. Da war es gerade Aufgabe des pa tho log i schen Ins t i tu tes , mi t se inem reichl ichen Mater ia l Un te r s t f i t zung zu bringen, wobei die pa thologische Ana tomic ihrersei ts insofern b e f r u c h t e t werden kann, als die chemische U n t e r s u c h u n g des Organs sich d e m g es amt en pa thologischen Befund einffigt und m a n c h m a l viel le icht einiges zur Auf- kli irung des Falles beitr~igt. Aus ausgedehn ten diesbezi igl ichen U n t e r s u c h u n g e n seien hier die an der Leber e rhobenen Befunde mi t besondere r Berf icksichigung des Diabe tes mel l i tus be ton t .

Zun~ichst war es notwendig , geeignete Me thoden he ran- zuziehen bzw. auszuarbei ten , die in e infacher Weise ein groBes Mater ia l zu bew~iltigen er lauben. I )er rein XuBerlichen Schwierigkeit , das Mater ia l mSgl ichs t rasch nach der Sekt ion in e infacher Weise zu konservieren, u m es ge raume Zeit sparer einer chemi~chen U n t e r s u c h u n g zuff ihren zu k6nnen, gesellt sich die vim b e d e u t e n d e r e hinzu, dab nach d e m Tode in den Organen Ver~inderungen ablanfen, die of t e inen wesent - l ichen Un te r sch ied in der chemischen Z u s a m m e n s e t z u n g des Organs zur Zeit des Todes bzw. zur Zei t der Sekt ion und Konse rv ie rung bedingen. Besonders das Giykogen (G1.) zer- Eillt pos tmor t a l durch d ias ta t i sche Fe rmen te , u n d e s f inder slch d a n n an seiner Stelle die en t sp rechende Menge yon Ab- baup roduk ten , Dex t r i nen bis zu den n iederen Zuckern, vor . Der Abbau setzt , wie aus T ie rversuchen bekann t , regelm~il3ig im M o m e n t des Todes mi t allergr6Bter Stiirke ein und ver- f lacht dani1 langsam, u m nach meh re r en S tunden fas t zum v611igen St i l t s tand zu k o mmen .

* Vortrag in der Wiener Biologisehen Gesellschaft: Die Arbeiten ~narden mit Unter- stiitzung der Seegenstiftung der Akademie der Wissenschaften in Wien durchgeffihrt.