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l}ie Karlml-und Metakarlmlfrakturen in den ,lahren 1919 und 1920 bei dee S{.hweizerl?nthll-Versichermlg. Voll 3. Bhmwr- Ziirich. Mit 88 Abbildungen im Text. (Eingegangen im A~.u.st 1921.) Einleitung'. Handgele~fl~ und 3Iittelhand weisen zufolge ihrer topogTaphischen N.~ihe in der Jktiologie ihrer Verletzungen ganz ~thnliche VerhMtnisse auf. Der Meehanismus dieser Verletzungen ist dagegen ein sehr verschiedener. Bei den 3Ietakarl)alfrakturen handelt es sieh mn (lie versehiedenen Typen (let Rbhrenknochenbr/iehe; (.lie KarI),~lfrakture n hingegelt haben ihre beson- deren Eigentiimli hkeiten, well es sieh um gedrSngt gebaute KnSchelehen handelt, die miter sieh, some mit den Naehbarknoehen in einem noeh innigeren eiastiseh-gelenkigen Verbande stehelt als die Metakarpen. Gemeinsam sind den Karpal- und 3[etakartmlfrakturen manehe dia- gnostische SehMerigkeiten. Die Durehsieht yon ca. 4200 Verletzungen am Handgelenk sowie an der Mittelhand 0r~imlieh I)istorsionen und Kontusionen des Handgelenks, tladius- und Ulnafrakturen, Karpal- mM Metakarpalfral~turen und Ll~xationen. darunter ca. 1000 rSntgierte Fiille) ergab, daI3 auch heute noeh trotz tier groi3en Erleiehterung dm'eh die R.6ntgertaufnahmen ziemli(.h oft Frakturen iibersehen werden. 3leistens handelt es sieh hierliei um unscheinbare Knoehenverletzungen. welehe nur L'ei genauer Betraehtung des R6mgenbildes zu erkemwn sind; at,s- nahmsweise lagen aber aueh ganz grobe Versehen vor. Selbst kleine Befmlde sind manehmal yon praktiseher Bedeut.ung, besonders in sozialer Hinsieht, wmm es sieh mn die Entseheidung handelt: Unfall oder Krankheit oder Tiiuschmlg, also hesonders wenn das Unfallereignis in Frage gestellt wird. Die Objektivitiit des RSntgeubildes wilxl oft nieht gebiihrend verwert.et; aller- dings ist sie praktiseh keine absolute, well die R6ntgenbilder an Klarheit ziem- lieh oft. zu w/insehen /ibrig lassen. Beim Handgelenk wiz'd die Volardorsal-Aufnahme (----- Handriieken auf der Platte) mlr selten angewendet, und wenn sie nieht ausdrfieklieh als solche gekennzeiehnet w-ird, kaml sie irrefiihren, weil sic anders aussieht als die Dorsovolaraufnahme: Pisiforme, Hamulus und Metaka.rpus I werden

Die Karpal- und Metakarpalfrakturen in den Jahren 1919 und 1920 bei der Schweizer Unfall-Versicherung

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l}ie Karlml-und Metakarlmlfrakturen in den ,lahren 1919 und 1920 bei dee S{.hweizerl?nthll-Versichermlg.

Voll

3. B h m w r - Ziirich.

Mit 88 Abbildungen im Text.

(Eingegangen im A~.u.st 1921.)

E i n l e i t u n g ' .

Handgele~fl~ und 3Iittelhand weisen zufolge ihrer topogTaphischen N.~ihe in der Jk t io log ie ihrer Verletzungen ganz ~thnliche VerhMtnisse auf. Der M e e h a n i s m u s dieser Verletzungen ist dagegen ein sehr verschiedener. Bei den 3 I e t a k a r l ) a l f r a k t u r e n handelt es sieh mn (lie versehiedenen Typen (let Rbhrenknochenbr/iehe; (.lie K a r I ) , ~ l f r a k t u r e n hingegelt haben ihre beson- deren Eigentiimli hkeiten, well es sieh um gedrSngt gebaute KnSchelehen handelt, die miter sieh, some mit den Naehbarknoehen in einem noeh innigeren eiastiseh-gelenkigen Verbande stehelt als die Metakarpen.

Gemeinsam sind den Karpal- und 3[etakartmlfrakturen manehe dia- gnostische SehMerigkeiten. Die Durehsieht yon ca. 4200 Verletzungen am Handgelenk sowie an der Mittelhand 0r~imlieh I)istorsionen und Kontusionen des Handgelenks, tladius- und Ulnafrakturen, Karpal- mM Metakarpalfral~turen und Ll~xationen. darunter ca. 1000 rSntgierte Fiille) ergab, daI3 auch heute noeh trotz tier groi3en Erleiehterung dm'eh die R.6ntgertaufnahmen ziemli(.h oft Frakturen iibersehen werden.

3leistens handelt es sieh hierliei um unscheinbare Knoehenverletzungen. welehe nur L'ei genauer Betraehtung des R6mgenbildes zu erkemwn sind; at,s- nahmsweise lagen aber aueh ganz grobe Versehen vor. Selbst kleine Befmlde sind manehmal yon praktiseher Bedeut.ung, besonders in sozialer Hinsieht, wmm es sieh mn die Entseheidung handelt: Unfall oder Krankheit oder Tiiuschmlg, also hesonders wenn das Unfallereignis in Frage gestellt wird. Die Objektivitiit des RSntgeubildes wilxl oft nieht gebiihrend verwert.et; aller- dings ist sie praktiseh keine absolute, well die R6ntgenbilder an Klarheit ziem- lieh oft. zu w/insehen /ibrig lassen.

Beim Handgelenk wiz'd die V o l a r d o r s a l - A u f n a h m e (----- Handriieken auf der Platte) mlr selten angewendet, und wenn sie nieht ausdrfieklieh als solche gekennzeiehnet w-ird, kaml sie irrefiihren, weil sic anders aussieht als die Dorsovolaraufnahme: Pisiforme, Hamulus und Metaka.rpus I werden

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dabei (weil dem Fokus am n/tchsten) peripher hinausprojiziert (.Abb. 1). Multang. maj. mM rain. werden fibereinander gelagert, so dab letzteres nmnch- real zu fehlen scheint.

Je ~a(-h der Einstellung der Hand zum Fokus wird (lie Konfigurat ion der Karpalia und der Knorl)elfugen versehieden, besonders erseheint das Navi- kulare bald kurz. bald lang, bald schlank, bald gekrdekt. Selbst abgesehen yon der Verzerrung dureh das R(illtgenbild, variiert die anatomische Form des Navikulare sehr stark naeh Blau . Eine Vereinheitliehung der Aufnahmen w:~tre wiinsehenswert, um dem Arzte das sehwierige Lesen der RSntgenbilder nach MSgliehkeit zu erleiehtern. Schon 1904 betonte B ] a u (lie Notwendigkeit. be ide H~tnde in genau gleieher Stelhmg aufzunehmen.

Zweck der vorliegenden Arbeit. Die K a r t ) a l f r a k t u r e n habe~ insbesondere seit der RSntgenzeit eine

wiederholte Bearbeitung erfahrcn. Die Ergebnisse weiehen aber, namentlich in bezug auf Prognose und Therapie, zum Teil stark voneinander ab. Es w~r daher geboten, art dem Material der Sehweizer U~lfall-Versicherungs-Anstalt (lie strittigen Punkte zu beleuehten und wom6glieh einen ktiirenden Beitrag zu liefern.

Die M e t a k a r p a l f r a k t u r e n dagegen sind his jetzt, obwohl sie etwa viermal hAufiger vorkommen als die Karpalfrakturen uml praktiseh auch wiehtig sind, fast stiefmiitterlich behandelt worden. Abgesehen yon ihrer Prognose und Therapie, bieten sie auch heute noch ein besmuleres diagnostisches Interesse besonders beziiglich der T o r s i o n s f r a k ~ u r e n , welehe 1906 zum ersten .Male durch S c h l a t t e r besehrielJen wurden, an Hand vml 61 rSntgierten Fiillen. Es sehien angezeigt, an dem viel gr6Beren Material der Sehweizer Unfall-Ver- siehermNs-Anstalt , das vorr der ganzen Schweiz geliefert wird. namentl ich die :Frequenzverh:Altnisse sieherzustellen und dabei womSglich iiber (lie Er- fahrungen beziiglich Therapie mid Prognose das Niitzliehe herauszuholen.

Die Schweizer Unfall-Versieher,ngs-Anstalt besteht mm abet erst seit April 1918; ihre Statistikabteihmg ist noeh im Werden und Wandel begriffen. Daher war e:s aus administrativen Oriinden nieht m6glich, his zmn AbsehluB dieser Arheit namentlich in bezug auf die .Fiille mit Danerrente die genauen Verhiiltnisse festzustellen, sowohl beziiglieh der Karpal- als auch der 3Ietakarpal- frakturen. Das erhebliehe Material yon 79 Karpalfraktnren und 300 3[etakarpal- frakturen l';iBt trotzdem nlanehe prinzipieIle Sehlfisse ziehen, an denen die wenigen Rentenfiille, die eventuell fehlen, nieht viel itrr(lern k6nnen.

Das Verh~iltnis der Karpal- und Metakarpalfrakturen zu d,,n Handgehmk-Distorsionen und Radius-(Ulna-)frakturen.

I ) ie v i e r U n f a l l b i l d c r :

1. Distorsionen (inkl. Kontusionen) des Handgelenks. 2. ~adius- nnd U]nafrakturen, 3. Karpalfrakturen, 4. Metakarpalfrakturen

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D. Karpal - u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr . 1919 u. 1920 b. d. ,%hweiz. Unfall-Versich. 447

b e s i t z e n v ie le Z u s a m m e n h i i n g e , d ie a u s d e r f o l g e n d e n T a b e l l e I e r s i c h t l i c h

s i n d :

T a b e l l e ]

D a s Verh i i l tn i s de r K a r p a l - u n d ) I e t a k a r p a l I r a k t u r e n z u den D i s t o r s i o n e n u n d

R a d i u s f r a k t u r e n ( i n k l . U l n a l ' r a k t u r ) .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f i ~ . - - t - : S J , ~ , |-~o.t~.~+ ~ . . . . . . . . . . . ] . . . . . . . . . I -m i *, " - IRadius-uudl Karpal- IMetakarpal-

I aUes in % ausgedriick-t

.X, t i o l o g i e :

I. Straucheln, Ausgleiten u. ii . . . . . . . . 2. Sturz yore Velo, beim Skifahren u. ~i . . . 3. Sturz yore Geriist, Leiter, Treppe, Wagen,

B a u m . . . . . . . . . . . . . . . . . -t. Sturz yore Turngeris . . . . . . . . . . 5. ~Iotor-, Winden-, Kurbelriickschlag . . . 6. Fehlschlag, Preil-, Hufschlag, StoB durch

Ball . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Stein, Eisensttick u. ii. auf die Hand gefallen 8. Hyper tors ion , -Flexion (dorsal, volar), Ober-

anst r~ngamg . . . . . . . . . . . . . . 9. In Maschine geraten, Einklemmung u. / t . .

10. Ringen, Schwingen, t{emmbalgen . . . .

A l t o r : 15 --20 Jahre (nur 6 Jahrgiinge) . . . 21--30 ,, (10 Jahrgiinge) . . . . 31--40 ,, (10 Jahrggnge) . . . . 41--50 ,, (10 Jahrg'tinze) . . . .

iiber 50 . . . . . . . . . . . . .

Betriebstmf~lle zu Nicht-BvtricbsunfSllen . . .

Geschlecht: nfiinnlich zu weiblieh . . . . . .

Links zu reehts . . . . . . . . . . . . . .

Zum Arzte gegangen am 1. Tag . . . . . .

3. , . . . . . . .

{vgl. Tab. I I ) sp~ter . . . . . .

Ka rpus ohne erkennbare Verlet,zlmg im RSntgen . bild . . . . . . . . . . . . - . . . . . .

Metakarpalia ohne erkennbare Verletzung im R6ntgenbild . . . . . . . . . . . . . .

41 ~ o I I

13 S 4

6 1,5

7 6 1

OI) ~ o

36 ~ 26 15 13 10

OI) O/o

: 3 8

: 6

: 56

~7 O, 0 32 17 14

3 ~ o

74

28 o,'o z ) 10

32 I 0 5

5 0,5

2 5 1

Ill) ~

4:0 o+'o 18 14

II L)O Ol

: 52

: 10

: 50

9 ~

IO 3

} 10,.' 0

)0

21 0.' 0 13

21 6 6

lO 4

8

(}0 ~ o

19 0;: 0

3O .)O

15 16

O0 ~ 0

: 39

1 : 4

; : 5 2

300/0 44

9 17

0() ~

_.

35

~2 0/0 6

11 3 6

17 8

6 15

I

I O0 o/o

17~ 25 23 18 15

1 0 0 ~

68 : 32

9 6 : 4

40 : 60

46 % 28 l l 17

1 O0 ~

1) Anmerkung : D. h. in 830/0 der r6ntg ier ten Dis tors ionen war eine Karpa lver le tzung mit groBer Wahrscheinl ichkei t auszuschlieBen. I n den iibrigen 17~ waren die R6ntgen- bi]der schlecht oder unvollst~ndig, so dab dami t eine F r a k t u r weder diagnost iz ier t noch ausgeschlossen werden konnte. Dabei sind (lie ganz schlechten ]45ntgenbilder ganz ignoriert worden.

2) Hier sind immer Radius- und Ulnaf rak tu ren z u s a m m c n in Bet rach t gezogen.

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Nicht I P65ntgierte I ..R,6ntgierte I ]Metakarpa l - r/:intgierge [ D.istof ]Radius- u/id Karpal- I s

Distor- I sionen I Ulna- [ frakt, tren sionen I f rakturen I

idles in ~;o aiisgedrfickt,

Tatsiichliche Dauer der Arbeitsun- f~ihigkdt:

his 2 Wochcn . . . . . . . . 2--3 . . . . . . . . . . 3--4 . . . . . . . . . . 4--5 . . . . . . . . . . 5--fi . . . . . . . . . .

tiber fi . . . . . . . . . .

7(i0/o

17

Verhiiltnis der vorausgesch i i t z t en zur ta t - s g c h li c h e n Arbeit~unf/ihigkeit:

bLs 4 : I . . . . . . . . . . . . . . 3 : 1 . . . . . . . . . . . . . . 2 : 1 3 : '2 . . . . . . . . . . . . . .

(4 : 3) + (1 : 1) 7- (3:4) zu~mmen . . 0 : 3 . . . . . . . . . . . . . . 1 : 2 . . . . . . . . . . . . . . 1 : 3 . . . . . . . . . . . . . . 1 : 4 und mehr . . . . . . . . .

410;'11 3-)

3

1 ~ 3 7 9

55 9

11 :I 3

8~ o 15~ 15 15 17 11 lS 16 16 14 26 29

1 0,,' 0 1 ~ ( 3 '2 4 4

10 7 50 "]4 19 17 10 17

3 11 2

13~ 17 21 19 14 16

1 O0 ~

l ~ l 2 4

53 21 l l 5 2

Bet Posi t ion 1 - 4 handelt es sich um F a l l o d e r S t u r z a u f d i e H a n d , bet Posi t ion 5 um S c h l a g a u f d i e V o l a , bci 6 und 7 mn S c h l a g a u f (tie H a n d y o n d o r s a l , v o l a r o d e r s e i t l i c h ; bet 8 - -10 um ungenau definierte Traumen.

Bezfiglich ]-~t iologie s t immen die Karpal- und Metakarpa l f rak turen mit den Distorsionen, P, adius- und Ulna f rak tu ren zienflieh genau fiberein. Die viel gr6gere Wuch t bet Posi t ion 2---4 (Sturz) gegeniiber Posi t ion 1 hat nu r doppelt so halifig (52~ z u 280/0) Rad ius f rak tu r zur Folge wie das harmlosere Ausglei ten und S t rauchdn. -~hnlich verhhlt es sich auch bet den K,~rpalfrak- t u ren (40: 21). Bet den Metakarpal f rakturen sind die Ch~ncen dadurch ver- ~indert, dab 3I i t te lhand und Finger, well zu vorderst, in der Regel dutch Fehl- und Prellschli~ge, Einklemmung, 3[aschinenverletzung allein betroffen werden.

Beziiglich A l t e r zeig~ die Tabelle dieselbe auffallende Erscheinung, die 6tiers erw~ihnt wird in tler L i te ra tur : Die R ad i u s f r a k t u r ist bet den Jugend- l ichen weitaus ant h~tufigsten; sie fiillt yon 400/0 yore 2. auf das 3. Dezermium rasch ab auf 18--14~ im 3.--5. Dezennium. Ber i icks ieht i~ mart, daf~ im 2. Dezenn ium nur 6 Jahrgange (15.---20. Jahr) ver t reten sind. gegen 10 in den folgenden, so wird dieses Verh~iltnis noch attff~illiger. Der genaue Vergleich ist zur Zeit n icht m6glich, well die A n z a h l ( ler V e r s i c h e r t e n n a c h A l t e r s - s t u f e n nicht festgestellt is t ; a l ln~hernd geht aber dieselbe hervor aus Ta- belle VI (bet den 3[etakarpalfrakturen) ; damit fSllt die Frequenz der Radius- U lna f r ak tu ren nach dem 2. Dezennium auf einen D r i t t d al) und bleibt d a n n atmiihernd konstant .

F i i r die H ~ t u f i g k e i t d e r R a d i u s f r a k t u r bet d e n J u g e n d l i c h e n x*Srd in der Regel die Weiehheit tier Knoehen verantwort l ieh gemaeht. Naeh

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D. Kai])aI- u. )[etakarpalfrakturen i. d..lahr. 1919 n. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 449

einzelnen Autoren soil im h6heren Alter die Hhufigkeit wieder steigen wegen der gr6Beren Spr6digkeit. Z~ischell be|den Ansiehten bestiinde entschieden ein gewisser Widersprueh; jedoch land ieh die zweite Angabe nieht best~itigt, weder be| den lRadius-Ulnafrnkturen, noeh be| den 3letakarpalfrakturen. 3[eines Eraehtens n immt die Haufigkeit der ]~tdiusfraktur ab zufolge der f u n k t i o - n e l l e n A n p a s s u n g wiihrend der Entwicklungsjahre, d. h. durch die Er- starkung der Knochen be| der anstre~hgenden Berufsarbeit, die mit ca. 16 Jahren einsetzt und besonders die obere Extremit/it bet.rffft. Mit dem AbsehluB des Wachstums seheint eine geniigende Erstarkung erreicht zu sein, ans der dann einsetzenden Konstanz der gerii~eren Frequenz zu schliel3en.

Be| den M e t a k ~ r p a l - und K a r p a l f r a k t u r e n |st die H a u f i g k e i t im 3. Dezennium relativ am gr6Bten. Reduziert man aber auf gleiehviel Ver- sieherte pro Altersstufe, dann wird die absolute H~infigkeit yore 2.--6. Dezenniuw konstant. Dieses versehiedene Verhalten der Radius- (Ulna- ) trod Karpal- frakturen scheint mir folgenderweise erkl:,trlieh zu sein: I)er Vorderarm biklet mit der Hand zusammen ein halb starres, halb elastisehes System, dessen ein- zelne Teile voneinamler abh:~ingig sind. Der distale Teite wMl zufolge seiner gr6Beren ElastizitS.t (well kleinere Teile, die dureh elastisehe B~tnder und Muskeln verbunden sind) be| delk meisten Traumen (~-~tiologie 1--4 der Tabelle I) weniger verletzt als der starre proximale Tell. Dies kommt antler in der H~tufig- keit der Radius- und Ulnafrakturen (600): ~let~karpalfrakturen (300): Karpal- frakturen (80), insbesondere auch darin zum An~lruek, dab be| Jugendlichen der Radius so h~tufig erst jenseits der elastischen Epiphysenfuge brieht. (Naeh K 6 h l e r bleiben gerade im Interesse der Elastizit~t he| den Wassershugern --- Wale, Robben, Sirenen - - nieht bloB die d i s t a l e n , sondern aueh die p r o x i m a l e n Epiphysenfugen der Metakarpen zeitlebens knorpelig bestehen.)

In manehen F~tllen kommt allerdings ehxe plastisehe ~Veiehheit des j u ge nd- l i c h e n Knochen,s sehr deutlieh zum Au~ruek , indem der Radius nicht eigent- lieh bricht, sondenl nur aufgestaueht wird; dies aber auch proximal der Epi- physenfuge.

Die Sehweizer Unfall-Versieherungs-Anstalt umfaBt B e t r i e b s - u n d N i c h t b e t r i c b s u n f ~ l l e und diese stehen schon yon Anfang an unter der gleiehen Versicherung. Daher gibt das Material der Schweizer Unfall-Ver- sieherungs-Amstalt ein get.reues Bild yon den Unfallverh:,tltnissen iiberhaupt; die :~fektionen des Handgelenks sind relativ no h~tufig, dab sic dieses Bild im kleinen wiederspiegeln.

Der a k u t e C h a r a k t e r |st uater den vier Verletzungskategorien, natiir- ]ieh am meisten ausgesproehen be| der Radiusfraktur, w~thrend Patienten mit Karpal- und Metakarpalfrakturen oft erst nach ~Vochen oder :~[onaten /irzt- lichen Rat aufsuehen, obwohl es sieh |miner um Versieherte hafidelt, (vgl. Tab. I).

Die D a u e r de r A r b e i t s u n f / ~ h i g k e i t |st naturgem/iB keine mathe- matisehc Vcrgleiehsgr6Be, weil sic u. a. sehr abh~ngt yon psychischerl Momenten ; tats/ichlich |st dieselbe be| scheir~bar ganz ahnliehen Verletzmlgen sehr ver- schieden (vgl. Kasuistik).

a) Be| den n i e h t r 6 n t g i e r t e n D i s t o r s i o n e n sind etwa 700/0 sehon naeh 2 ~Voehen wieder arbeitsf~hig, be| den r 6 n t g i e r t e n dagegen nur 400/0 .

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4,50 J. Blumer:

(Die R6ntgenaufnahme ~Srd ja meistens rtur bei schweren Symptomen ange- ordnet und aueh einigermat3ert systematiseh durchgeffihrt. Abet of$ wird das R6ntgertbild noeh aus Sparsamkeit - - der ~-rzte, rticht der Unfatl-Versiche- rung! - - nieht gemaeht, meistens zmn Nachteil der Uiffall-Versichelmng sowie der wissensehaftliehen Verarbeitung.)

b) Bei der~ R a d i u s f r a k t u r e n und K a r p a l f r a k t u r e n verh/ilt sich die Dauer der Arbeitsunf~ihigkeit ungef~thr in gleieher Weise: Sie betr~igt fast gleich oft je 3, 4, 5, 6, 7 Woehen, in einzelnen F/illea mit Komplikationen auch fiber 7 ~,Vochen.

c) Bei dea M e t a k a r p a l f r a k t u r e n findet sich ein kaum ausgesprochenes 3faximum bei 3 ~ 4 ~Vochen, sonst dauert die A.rbeitsunf/~higkeit ebenfalls fast gleich h/tufig 2, 3, 5 und 6 %7ochen.

Die v o r a u s g e s e h ~ t z t e D a u e r de r A r b e i t s u n f ~ h i g k e i t (s. Tab. I) wird bei den Radiusfrakturen und 5fetakart)alfrakturen in der Htilfte der F~ille eilfigermal3ert richtig angenommen, d. h. zu a/'a--~/a der tat~chlic.hen Arbeits- unf~higkeit ; bei den Kart)alfrakturen nut in jedem 3. Falle. L~berall aber wird sie im Durchschnitt zu kurz angegeben, bei den Karpalfrakturen 6fters im VerhMtnis 1 :3 urtd 4 und mehr.

I. Die Karpal frakturen (s. Tab. II). tIiiufigkeit.

Z i e g l e r fand unter 9 4 @ Unf'Mlea nut 20 Karpalfrakturen ---- 1/5~ o. Deren durchschnittlichc Heilungsdauer betrug 9 Wochen. 3 0 % gingen mit Invalidit~t aus. Beim Material der Schweizer Uafall-Versicherungs-Anstalt fanden sich auf 2 7 0 @ Unf/ille 79 sichere Karpalfrakturea ---- 1/4~ hierin sind abet auch die kleine11 Beflmde ir~begriffen. Die Navikulareverletzungen machen davon 2/a aus (s. Tab. II). Diese weisea im tibrigen ungef~hr die gleiehen Verh~tltrfisse auf, wie die Karpalfrakturen im gaazen, bezfiglich Alter und :krbeitsunfiihigkeit. Letztere ze i~ eine auffallende Gleichm~i$igkeit, insofern als sie fast gleich hiiufig je 2. 3, 4 bis fiber 8 Wochen dauert.

Frakturmeehanismus und Leichenexperimente.

L i n h a r t urld etliche andere Forseher studiertea sehorL seit 1868 die Karpalfrakturen an Hand yon L e i e h e n e x p e r i m e n t e n , urLd zwar immer durch derl Umstand veranlaf~t, da$ die Patienten wegen der Bestfirzung beim Ulffall sehr seltea ia der Lage sind, tiber die n, omentar~e Haltung der Hand geaaue ur~d zuverliissige :4mgabea zu machen, wie es fiir das Studium des Fraktt~remneehanismus ~4insehenswert wi~re. Nun hat aber Z u p p i n g e r in seiaen ver]chiedenen Ver6ffentliehungen (1900--1909) fiber die Torsionsfrakturen am Unterscheakel aa Hand yon praktisehen Versuchen aachgewiesea, dall tier tote Knochen bedeutend ,,widerstandsfahiger" ist als der lebende Knoehen: . . . . . es konnterl vier Mi~rmer zusanunen allerdi~rgs den Fu$ im Fuflgelenk ab- drehen, abet ohne da$ die Tibia brach." Z u p p i n g e r sieht die Ursaehe dieses Unterschiedes im Einfluil der Muskelaktion helm Lebenden, fiir welche die Extensionsgewichte bei Frakturextensionen sehon beim Ruhezustand eia anschauliches Mal~ abgeben, wi~hrend die Berechnungen der Muskelleistungen

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. ,lahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Ver,sich. 451

bei der Muskelaktion, aus dem Hebelarm und dem gehobenen Gewiehte. ganz iiberraschend hohe Zahletl ergeben (helm Arm) fiir (lie Beanspruehung der K~mchen dureh (lie :~[uskeln. - - Cbrigens kommen die meistml Autoren zum selberl Sehlusse, dab die Leiehenexperimente nur unter groger Reserve zu ver- wemlea seien (Pe te rs ) . (Die neueste diesbeziigliehe Ver6ffentliehung v. B i a n - e h e r i kmmte nieht mehr beriieksiehtigt werden.) C a s t r u e c i o besprieht die Experimente bis 1907, sowie seine eigenen eingehend, naeh einer vorzfigliehen einleitenden entwiekhmgsgesehiehtliehen trod historisehen Darlegung fiber (tie Karpalia und ihre Frakturen.

Trotz dem teihveisen MiBerfolg der Leiehenexperimente kennt man jetzt. dalxk dem R6ntgettbilde die Karpalfrakturen doeh genauer, wenigster~s naeh ihren klinisehen Forme,t; mid ihr Meehanismus l~t6t sieh dureh tF'berlegung ziemlieh genau erkl'~irert, um so mehr als einem aus der Ffille der Ver6ffent- liehungen immer wieder bestimmte Typen entgegentreten.

Einteihmg. Beziiglieh der E i n t e i l u n g der K a r p a l f r a k t u r e n untersehied sehon

S e h e e h (1908) 1. reine Frakturem 2. reine Luxationen, 3. die Kombination beider, d. h. die Luxation.~fraktur. H i r s e h hat die Einteihmg noeh enger un~sehrieben: T y p i s e h e K a r p a l v e r l e t z u n g e n sind 1. die N a v i k u l a r e - f r a k t u r e n , 2. d ie L u n a t u m l u x a t i o n e n , 3. die K o m b i n a t i o n b e i d e r , d. h. die L u x a t i o n s f r a k t u r e n . Denn praktiseh handelt es sieh tatsS.ehlieh fast intmer nur um das Navikulare und das Lunatum. Die distale Reihe der Karpalia (51ultangula, Kapitatum, Hamatum) erleidet dagegen viel seltener Verletzungen, well diese fester zusammengefiigt sind und weaiger Einzel- bewegliehkeit besitzen als Navikulare und Lmmtum, welehe zwisehml den zwei Gelenken liegen, irt denen ziemlieh ausgiebige Bewegliehkeit hesteht.

Die Navikulare~rakturen. Naeh B l a u und H i r s e h haben W o l f f u n d E h e b a l d sieher aaehgewiesen,

dab die meistea F~ille von sog. N a v i k u l a r e hi- tttld t r i p a r t i t u m tats~iet:- lieh alte Navikularefrakturen waren, wofiir das hiiufige Ausbleihen der kn6- ehernell Heilung und aueh die Hiiufigkeit der Navikularefrakturelt spreehen. - - Die H i i u f i g k e i t der N a v i k u l a r e f r a k t u r e n }tat mit der Ausdehmmg der R6ntgenaufnahmen sukzes,sive ,.zugenommer~'" : yon I ,n reel m a n n (I 907) wird sie noeh zu 1'2~ (unter 40t)0 Frakturen) an~er wm H i r s e h wh'd sie 1914 bereits auf 1--2~ gesehatzt, und zwar treffe es auf 10 Radiusfrakturen I - - 2 Navik,darefrakturen. Naeh L e d d e r h o s e w/iren die Navikularefrakturen und Lunatumluxationelt bei der arbeitenden Bev61kerung fast so haufig, wie die typisehe Radiusfraktur. Diese Auffassung geht alJer offenbar zu welt. Beim Material der Sehweizer Unfall-Versieherungs-Anstalt fandell sieh rmld 600 Radius- trod Uhm.frakturen; davon sind seh~tzungsweise ~/a als typisehe RadiusfrakNiren zu hezeiehnen, also ca. 400. Siehere Karpalverletzungen dagegen fanden sieh nur 79 = rund 200/;0 yon den 400 typisehen Radiusfrakturen. Davor~ waren es siehere Navikularefrakturen (teilweise kombiniert, mit anderen Frakturen) 2/a , n~mlieh = 48 = 12~ yon 400. (Die Lurmtumluxationen sind beim Material der Sehweizer Urffall-Versieherungs-Anstalt sehr selten und ~indern niehts an diesem Verh~iltnis.)

t r c h i v flit ort;hop~.ddseho und Unf&ll.-Chirurgie. Bd. X X . .'~0

Page 8: Die Karpal- und Metakarpalfrakturen in den Jahren 1919 und 1920 bei der Schweizer Unfall-Versicherung

452 J. B l u m e r :

T a b e l l e

�9 K a r p a l -

Anzahl

sichere fragliche

I = s) ~= f)

Alter ]_

Navikula re f rak turen .

Navikularefissuren und AbrilL f rak turen . . . . . . . .

Zusammen

Navikularef rakturen kompli- ziert mi t anderen ~'rakturen :

Navikula re f rak tur (Fissur~ und R a d i u s h ~ k t u r . . . . . .

Navikularef raktur komphzier t mi t anderen Karpa l f rak tu reu

Naviku la re f rak tur und )Ie ta-

IS

11

29

14

5

karpa l f rak tur . . . . . . ( 1 ) ev. att

Zusammen 48

Fragliche Navikula re f rak turen

Alte Nav i~ l l a r e f r ak tu r bei Dis- torsion oder Radius f rak tur 6

L u n a t u m h ~ k t u r e n . . . . . Luna tmnf i s su r und Abri$frak.

22

6

13 4 1

2 6 2 l

2 19 4 3 ! 1

4 3 5 2 - -

- ] 2 - - - 2

2 --

11 1 3 3

�9 " ~ ! 4 4 2

4 i 3 1 1

2

t l l r . . . . . . . . . . .

L u n a t u m a t r o p h i c . . . . .

Luna tumluxa t ion . . . . . .

Luna tumluxa t ions f r ak tu ren

7 4

4 1 1

1

4 2 5

- - l 2 l - - - - 0

] - - _ _

Tr ique t runf f rak tu ren . . T r ique t rum -AbriBfrakturen

P i s i fonne -F rakmren . . . . . P is i forme-Luxat ionen und Sub-

luxat ionen . . . . . . . .

Hamatumfrak~uren und -Fis- suren . . . . . . . . . .

Humulus f r ak tu r en . . . . .

K a p i t a t u m f r a k t u r e n . . . . Kap i t a tum fissuren . . . . .

Mut tangu lumfrak tu ren und -F issm~n:

majus . . . . . . . .

m i n u s . . . . . . . .

2

1 1

5 3 1

2

- - r

I 1 - -

2 I - - - - --

5 2 1 - -

l

I - - 1 1 - -

1 1 1 l

'i - - - - 2 1 1 1 2 " 2 . . . .

25 ! 37 22 16 9 ' 5 Total (e.xkL alte Navikularefrak-

turen und L u n a m m a t r o p h i e ) J 79 39

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1), KarpM- u. Metakavpalfraktm'en i. d..Tahr. 1919 u. 192t) b. d. &.hweiz. Unfall-Versich. 453

I I . f r a k t u r e n .

Zunl Arzt am~ ] Kompl ika t ionen ] Dauer der 3 k r b e i t . s u n : g : i g : e i t ~ ~ [ , - _ =~- _ _ - -5 __ - - - - - -=-- _ _

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Page 10: Die Karpal- und Metakarpalfrakturen in den Jahren 1919 und 1920 bei der Schweizer Unfall-Versicherung

454 J. Blu mer:

B l a u betonte sehon 1904 den c ffenbar grogen Einflul3 tier Einseh~fiirtmg des Navikul~xre, und naeh C a s t r u c c i o bildet die schr/ig iiber das Navikulare verlaufende Rirtrte. wo die dorso-radialert Bander ansetzen, in 70~ eirten Loc. rain. resist., welcher die mit 16 Jahren zunehmende H~iufigkeit der Navikulare- frakturen erklttre. Die Seltenheit der Navikularefrakturea v o r d i e ~ m Alter beruhe dagegen darauf, dab der Knochellkerlt des Navikulare erst mit 6 bis 7 Jahren erscheint, urM dal~ das Navikulare erst mit 15 Jahren seine definitive Form erreieht. Hierfiir gibt C a s t r u c c i o verschicdetm R6ntgenbilder (und zeigt ar~ anderen sehr ansehaulich die Exkursionen des Navikulare bei den Bewegungen des Handgeleaks). - - Das Navikulare hat anatomiseh wie funk- tionell einen grol~en Anteil am Haadgelenk. und hierin liegt ein weiterer Grund nehen dem tier l~inglichen Form fiir die Ht~ufigkeit der Navikularefrakturen (Blau).

Der M e c h a n i s m u s der N a v i k u l a r e f r a k t u r e n ist durch versvhiedene Autoren klargelegt worden, durch Experimente und R611tgemmtersuehungen. Man unterseheidet danaeh zwei A r t e n : 1. die typisehe Navikularefraktur dutch die Mitte und 2. die Abrigfraktur. Fiir die erstere werden folgende d re i F o r me n des Mechanisnms verantwortlieh gemaeht : 1. Die B i e g u ngs - u nd A b s c h e r f r a k t u r e n (Wr C a s t r u c c i o , de Q u e r v a i n . Sehoeh) . Offen- bar ist dies der hiiufigste 3[echaifismus, der bei vielea R6ntgenatffnahmelt einem ,,izl die Augen springt": Die proximale HSlfte des Xavikulare liegt bei der Mittelsteltung der Hand sowie bei leichter Uhtarabduktion noeh lit der l:~adiuspfaane (s. Abb. 2). wiihrend der distale Tell dariiber hinausragt. Dieses iir~dert sieh rmr wenig, wenn noeh Dorsalflexion hinzukomn, t. wie das beim Fallen auf die naeh vorn oder linch hinten gestreekte Hand und beim Kurbel- riieksehlag wohl immer gesehieht. Der proxinmle Teil des Navikulare ist nun sehon dureh dell normalen -~luskeltonus zwisehen Kapi ta tnm und Radius ein- gespannt. Im Momente des Aufschlagens wird diese Einspannung eine noeh viel festere, weil das Kapitatunt den StoB dutch das Navikulare hindureh auf die Radiuspfanne iibe~ri~gt. (Diese scheint, gem~ig ihrer Form, fiir die Auf- nahme soleher St6Be geradezu pr~idisponiert zu sein.) Der auf die proximale HSlfte des Navikulare auftreffende Tell des Stoges wird also direkt auf den Radius iibertragen, dagegen der auf die distale H:,~lfte entfaller~de Teil des Stoges beansprueht das Navikulare auf Biegung mM Ahseherung. Das Navi- kulare wird am Rande des Proc. styl. tad. entzwei gebroehen und zwar gew6hn- lieh in der Mitte, wobei die t y p i s e h e N a v i k u l a r e f r a k t u r entsteht (s. Abb. 2). Vtesentlieh seltener als diese typisehe Navikularefraktur m i t z we i F r a g me n t e n ist die Fraktur iI~ drei Teile mit k e i l f 6 r m i g e m M i t t e l s t t i e k (s. Abb. 4). Dieser Brueh erinnert nach E b e r m a y e r an das Bild der Biegungsfraktur bei den langen Knoehen; ,,denn es handelt sich beim kleinen 3Iittelstiick nieht um Abril], ~ n d e r n 12nl das abgesprengte ,,Stfiek" der Biegnngsfraktur". "Wenn ausrLahmsweise Navikularefraktur bei Volarflexion der Hand entsteht (wofiir L i n h a r t Experimente und H 6 f l i g e r , S c h o e h u. a. praktisehe Bei- spiele anffihren), so gesehieht dies in ganz ~hnlicher Weise; das Navikulare ~ r d dann einfaeh fiber den radio-volaren Rand des Ih'oe. styl. zerbrochen. - - Bei der Radi~laMuktion verschwindet das Navikulare zum gr6i3ten Teil in der Pcadiuspfanne und der Mechanism.us ist dann nieht mehr so durehsiehtig.

Page 11: Die Karpal- und Metakarpalfrakturen in den Jahren 1919 und 1920 bei der Schweizer Unfall-Versicherung

D. Karpal- u. 3[etakarpalfrakturen i. d. ffahr. 1919 u. 1920 b. d. L%chweiz. 17nfall-Versich. 45.5

1L~brigens soil bei dieser Si tuat ion naeh L i l i e n f e l d , H S f l i g e r u. a. das Navi - kulare a ls Puffer zwisehen Radius und K a p i t a t u m auf reinen 1)ru~.k bean- sprueht werden, so dab dureh diesen 2. F r ak tu rmeehan i smus die K o m p r e s - si o n s f r a k t u r e n t steh e, welche infolge Zermalmung der Spongiosa naeh H i r s e h

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Ulna I Radius / Abb. 1. Karpus bei Aufnahme in Volar-dorsal-i~iehtung.

Abb. 3. Navikulare bei Seitenaufnah me.

Abb. 2. Haupts/ichlichster Mechanisnms der Navikulare- Ii~ktur (Biegung und Abscherung). Abb. 5.

zur H6hlenbi ldung fiihren katm. Jedenfat ls k o m m t dies selter~ vor. --- Nach C o u si n und G al 1 oi s wird die Nav iku la re f rak tu r meistens durch den 3. F r a k t u r - meehanismus, und zwar dadureh herbeigefiihrt , dag dureh Druek auf die beiden Fmden des Navikulare dessen physiologis :he K r i i m m u n g vermehr t ~drd, so

dab es an der Dorsalseite zum EinriB komme.

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456 J. B l u m e r :

Die . ~ b r i B f r a k t u r erfolgt dureh Biinderzug. 5[an findet sie sowohl am proximalen und distalen Ende, als auch in tier 5litte. Am distalell Eade karm dabei das ganze Tuberkulum des Navikulare abgerissen werden durch das starke Lig. collar, tad. Es k6nnte abet ebensogut das Tuberkulun~ dureh eine Stol3kraft iT1 der Richtung distal-proximal abgeschert werden (vgl. Abb. 3).

Die Na-r ist meistens eiae indirekte Fraktur (Blau) . Aus- nahmsweise kann d~lreh einen radial-seitigen Schlag auf das ulnarabduzierte Handgelenk, z. B. durch Kurbelriieksehlag (Fall VIII bei E b e r m a y e r s vor- ziiglich illustrierter Studie) oder durch Schlag auf das volar vorstehende Tuber- kulum das Navikulare direkt verletzt werden; offenbar auch dureh Einklemmung (Fall VII bei E be r maye r: Einklemmung zwischen zwei GummiwMzen: reine typische Navikularefraktur!). Je nach Atfffallwbd~el und St~irke der Propulsiolt entsteht nach E bcr m a y e r bald eine Radiusfraktur. bakl eine Navikularefraktur, bald beides.

Beziiglich A t i o l o g i e gehen die N~vikularefrakturen den RMiusfrakturen parallel (s. Tab. I). I/3 tier Navikularefrakturen ist kombiniert mit l~adius- Ulnafrakt uren.

S y m p t o m e . Das Material der Sehweizer Urffall-Versieherungs-Anstalt bestii.tigt im wesentliehen das Bild der Navikularefrakturen, das sieh rtaeh den Autoren gertauer in folgender Weise darstellt. Die Hauptsymptome sind naeh H i r s e h , P e t e r s u. a. bei sorgfiiltiger klinischer Untersuehung allein sehon imstande, eine fast siehere Diagno~ zu ermSgliehen.

1. Heft iger steehender Spontan- und besonders D r u e k s e h m e r z in d e r T a b a t i ~ r e . Er ist mlr bei U l n a r a b d u k t i o n dutch Druek auszul6sen, well bei Radialatxlukt.ion das Navikulare in die Radiuspfanne hineinrotiert. Es kaml allerdings der Sehmerz aueh das ganze Handgelenk einnehmen, oder kann aueh vorhanden sein ohne Navikularefrakturen, z. B. bei F rak tu r des Proc. styl. tad. allein (Colleu, E ber maye r ) oder bei Hiimatom in den Sehnen- seheiden des Ext. poll. brev. und Abd. poll. lg. oder des Ext. Carp. rad. lg. und hr. (Hirseh) . Naeh B lau ist der Bruehschmerz oft nut m:,iBig und ein starker Druekschmerz durehaus kein sieheres Symptom.

H i r s e h hi, It das S t a u e h u n g s s y m p t o m f(ir sehr eharakteristiseh: Beim BeklopferL ties Kapitulum yon 5'Ietakarpus I und II in axialer Riehtm~g entstehen Sehmerzen in der Tabati~re und besonders typiseh sei der Sehmerz b e i m B e k l o p f e n d e s K a p i t u l u m I I I , wean d a s H a n d g e l e n k i n R a d i M - f l e x i o n sieh befindet, w~hrend er fehlt, welm die Hand in Ulnarflexion steht. Es sei dieses Symptom seer zuverl~issig, bei friseher wie bei alter Fraktur , und erlaube eine siehere Diagnose. Wichtig sei abet dabei n u r l e i e h t zu k l o p f e n. (Dieses Symptom besteht naeh F i n s t e r e r [1909] aueh bei Lunatunxfrakturen, ~lbst noeh naeh 10 Woehen, manehmal sogar naeh 1---2 Jahren.) - - Fiir F~ille, wo das RSntgenbild eine empfindliehe Ausgal;e bedeutet, diirfte dieses Symptom willkommen sein. Beim Material der Sehweizer Unfall-Versiehermlgs-Anstalt fand es sieh iiberhaupt rdeht verwertet. Aueh P e t e r s ist derAnsieht, es sollte zur Diagnose geniigen ohne RSntgellbild.

2. S e h w e l l u n g im Radialteil des Handgelenkes : T a b a t i b r e v e r s t r i c h e n , be~nders bei iilteren Fiillen, dagegen sitze bei friseher Fraktur ,tie Sehwelhmg

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D. Karl)al- u. Metakarpalfrakturcn i. d. Jalu'. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Vcr~icb. 457

mehr jenseits gegen (tie Exten~)rsehne des Zeigefingers bin. wo die Geleltk- kapsel diinrt sei (Hi rsch) .

3. Die Einsehr:,i , n k u n g der B e w e g l i c h k e i t , b e s o n d e r s dec D o r s a l - u n d R a . d i ~ I f l e x i o n , .sowohl bei aktiver als bei passiver Bewegung, ist sehr charakteristiseh (]~lau) und daher bei Distorsionen immer suspekt f/it Navi- kuh~refra.kturen. N~eh detl Untersuehungen yon F i e k , B r a u n e , F i s c h e r erfolgt die Dorsalflexion ztmt ~'61~tell Tell in der Attic. intercarp., dagegen die Volarflexior~ in der Art. rad. carp. Da ~ltm (nach H i r s e h ) die Frak tur in der Regel auBerhalb der Radiusge]enkfl~che des Navikulare durchgeht, so ware dies der Grund flit die geringere Benaehteiligung der (ira Radialkarpal- gelerlk erfolgendel{) Volarflexion, welche ~ur dttreh das Gelenkhiimatom ei~l- gesehriinkt sei. --- B e s c h r i t n k u n g de r ~ a d i M f l e x i o n besteht, weil bei dieser die Bruehlhfie in die 1Raditlspfanne hineinrotiert urtd Sehmerz mid Hemmung verursaeht.

Die :axbdukt ion des D a u m e n s ist oft s e h m e r z h a f t rind g e h e m m t . was auch S c h l a t t e r lind Col leu hervorheben, gegeniiber der freien Beweg- liehkeit der anderen Finger. Ale x. B e l a wies an Hand yon R6ntgenaufnahmelt n~eh (und gibt davon drei gtlte Pauszeiehnungen), dab Abduktion lind Adduktiolt de8 Daumens rticht, bloB bei den Multangttla und beim Navikulare, sortdern sogar beim Kap i t a tum mxd Lunatum Versebiebungen urtd Drehungen hervor- rtffen; t~nl meisten sind d iese beim Nav/kulare ausgesprochelx: ]3ei der A.dd~lkt.ion des Daumens wird das Navikulare gestreekt, bei der _~xbduktion senkt sieh das T~lberkulum volarw~irts. 8o erkliiren sich Hemnmng und Schm.erz bei don Bewegungelx des D~umens.

4. Die K r e p i t a t i o n (das bei den Gelertkfrakt~xren oft ei~w.ige siehere Symptom) ist hier ill den wenigsten F;,illen naehzuweisen (Blau), t|nd wiire differential-diagnostiseh l~aml~, zu verwerten, weil sie auch der Fraktur des .P'roe. styl. tad. angeh6ren kaml wie der lokale Drueksehmerz.

5. Der B l u t e r g u l 3 ins Gelenk ist wohl ffir die Diagnose der Ge]enk- frakturen yon Bedelltmlg. sagt abet niehts beziiglieh Lokalisation.

6. Naeh H i r s e h ist ferner typiseh f/it Navikularefraktl~ren, dal3 sieh l~aseh , ~ I n s k e l a t r o p h i e einstellt, daher H e r a b s e t z u n g der K r a f t b e i m ~F ~ u s t. s e h 1 u 1~. Z u ngch st seiert nur die ~'[u skeln der Hand betroffen, da nn ,~ber auch die 3Iuskeln am Vorder- Hnd Oherarm. Sie sei st.hon naeh kurzer Zeit irreparahel.

Alle Autoren halten trotz die~en mehr-minder typischen Symptomen die R 6 1 ~ t g e t ~ a u f n a h m e zur S i e h e r u n g der D i a g n o s e fiir une r l i iB l i eh . Aber (lie Frakturenlinien sind oft so fein, dab ihre Erkemtung aueh bei guten R6~ttgenplatten bisweilen Sehwierigkeiten macht. H i r s e h empfiehlt deshalb d i e R 6 n t . g e n ~ u f n a h m e bei e x t r e m u l n a r f l e k t i e r t e m H a n d g e l e n k zu m a e h e n , weil hierbei das Navikulare die Radiuspfarme verl~il3t und sieh in seiner ganzen Lange zeigt, t,nd well eventuell die ~raktur dabei klafft.

,,Obwohl das R6ntgenbild durehaus angezeigt ist, bei U~ffallpatienten besor~ders, so so]l doeh nieht bloB dan~uf die Diagnose gestiitzt werden; um so mehr als dasselbe gerade beim Hartdgelenk sehwer zu le~n ist ohne grol3e i f bung. Denn es handelt sieh nieht bloB datum, darin eine Verletztmg zu sehen, sondern sich davor zu hiiten, eine Verletztmg zu sehen, wo keine ist." D e s t ot

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458 J. B l u m e r :

habe durch sefim erste im R6ntgei~bild hinter einer Distorsion erkam~te Navi- kularefraktur eine wahre Epidemie yon Navikularefrakturen provoziert CTJ o lle u).

Gegen/iber Navikularefraktur kommt differentialdiagaostiseh Karpal- luxation kaum in Betracht, well hier das Krankheitsbild einen schwereren Eindruck macht: starkes 0dem, Finger halb gebe/lgt und ihre Funkt ion fast ganz gest61~t. Konturen des Handgelenks gertuldet und dickel'.

P r o g n o s e und T h e r a p i e . Die typische Navikularefraktur heilt nach den Erfahrungen verschiedener Autoren nur selten knSchern, nnd geht racist in P s e u d a r t h r o s e al~s. Beim Material der Sehweizer Unfall-Versicherungs- .~ s t a l t fanden sich unter den ca. 4200 Handgelenkverletzungeil (inkl. Distor- sionen, Radiusfrakturen usw.) neben 48 friscLen Naviklflarefrakturen 11 r6nt- gierte Fhlle yon Distorsionen odcr Radiusfrakturen. welche a]s N e b e n b e f u n d mine (teils fragliche) a l t e Navikularefraktl~r aufwiesen. ].)avon waren 6 Pseud- arthrosen, 2 Nearthrosen und nur 3 F~.lle machten den Eindruck der kn6chernen Heilung. Zl~r sicheren Feststelhmg dieser Verhhltnisse miil3ten aber methodische R6utgenaufnahmen angestellt werden; denn gerade das Navikulare erscheint (wie auch N a s t - K o l b betont) nicht selten in abnormer Form, die leicht zur falschen Annahme einer alten kn6chern geheilten Fraktur verleitet. Aueh ~.rthritische Ver~inderungen k6nnen leicht irrefiihren. B lau fand miter 16 F~illen: 6 alte und 10 frische Frakturen.

Die P s e u d a r t h r o s c kann beschwerdefrei sein oder groBe Beschwerden verursachen und die Funktion des Handgelenks schwer beeintrSchtigen. Wie h~ufig dieser schlechte Ausgang eintritt und wie man demselben vorheugen k6nne, dariiber gehen die Meinungen sehr a l~ inander .

B l a u wies 1904 als einer der ersten auf die Wichtigkeit der Diagnose- stellung b~ei der Naviktilarefraktur hin, im Interesse der funktionellen Heihmg. Die H~iufigkeit der kn6ehernen Heilung ~ i sch~ierig zu beul~teflen.

Die Prognose ist nach H i r s c h bei der typischen Navikularefraktur eine sehr schlechte; nach C a s t r u c e i o eine sehr zweifelhafte l eziiglich der ft~nktionellen Restitution, weil es sigh um eine intraartikulare FraktiJr hande]t, wo eine Ka]hlsbildung nicht oder kaum stattfindet, wShrend sonst bei kllrzen Knochen wesentlich Markkalh~s entsteht. Die Erniihrung sei daher eine un- gfinstige; dean die Fraktur treffe meistens gerade jene Stel]e, wo die ohlmhin sp~irlichen BlutgefSBe eintreten. Es ist daher die Navikularefraktur nach C a s t r u c c i o als eine schwere Verletzung zu betrachten, weil sie die .4xbeits- f~thigkeit erheblich beeintr/tchtigen kann (bis zu 50~ Selbst wenn keine v611ige Ankylose eintrete, k6nne die chronisehe Gelenkreiztmg sogar leiehte Arbeiten hindern und ffihre dann zu Atrophie, so dab nach W o l f f der Zustamt dem Ver]ust der Hand gleichkommt.

B o n o m e und B a r t h fanden bei den Fragmenten Neigung zu aseptischer Nekrose, und in einem Falle yon Luxationsfraktur konstatierte A x h a u s e n . dal] schon nach 14 Tagen fast das ganze proximale Navikularefragment der Nekrose verfallen war. Nach H i r s ch sch~tdigt der chronisehe Reiz der Fragment- riinder die Gelenkfliichen und die Kapsel; es kommt daher zu A r t h r i t i s de- fo r m a n s , welche noch begiinstigt wird dureh die Knoehen- und Knorpclnekrose. Dadurch entstehen Verdickungen und Schrumpfungen, Usuren, Exostosen und Atrophie. Trotz anf~tnglieh geringfiigiger Symptome, kommt es sp~iter zu

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 192t) b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 459

erheblichen ,Spii.tfolgen und Einschritnkung der Erwerbsf/thigkeit, infolge bchmerzen rind Versteifmlg und lnaktivitiitsatrophie. Bei Anstrcngungert komme es immer wieder zu ],;rguf3. G r a n i e r ' s Fiille mu[./ten mit Renten his auf 33~ entseh/idigt werden, und zwar auch bei schon anfangs behandelten Fii, llen, nicht blog bei vcrnachl~issi~en. Nach C a s t r u c c i o vermag immerhin die reehtzeitige Schonung mit naehheriger Massage den ungiinstigen Ausgang in einem Tell der Fii.lle abzuwenden.

Die P r o g n o s e der A b r i i 3 f r a k t u r a m T u b e r k u l u m ist eine wesent- lich giinstigcre, da bier in der Regel kn6eherne Heilung eintritt; dagegen sind bei den A b r i l ~ f r a k t u r e n . die ins H a n d g e l e n k gehen, fihnlich wie bei der typischcn Navikularefraktur arthritische Reizzust:,inde ( . ,Gelenkmaus"-Sym- ptome) zu befiirchten.

T h e r a p i e . B e i d e r s e l t e n e r e n F r a k t u r des T u b e r k u l u m , da s icn ich t ins Gelenk geht, ist friihzeitige Mobilisierung, Ma.~lge, aktive trod passive Bewegung, HeiBhfft angezeigt; nut bei grol]en Schmcrzen kommt Fixierung fiir einige Zeit in Betracht (Hi rsch) .

Bei de r t y p i s c h e n N a v i k u l a r e f r a k t u r dagegen kommen

1. konservative und 2. operative Therapie in Frage.

Die k o n s e r v a t i v e T h e r a p i e . B l a u (1904): Die Behandhmg sotl friih- zeitig ein~tzen, und zwar mit Fixierung, um SeImlerz und Sehwelhmg zu ver- meiden. Ffir dieselbe dient besser nur eine Pappsehiene (statt Gips oder Was.ier- glas), um feuchte Umschl:,ige anwenden zu k6nnen fiir (lie akuten Symptome. Sind diese abgeklungen, so steht man vor der Frnge: Weitere Fixiemmg, um kn6cherne Heihmg zu erreichen, oder 3Iobilisierung, mn kiin,stlich die Bildung eines ,,Navic. bipartit. '" zu befSrdern ? ,,Es is~ ehirurgisch richtiger und liefert ein hesseres funktionelles Resultat, die Konsolidierung durch F i x i e r u n g zu erstrehen, und zwar in 3 I i t t e l s t e l l u n g . d. h. in tier Acitse des Vorderarms. lind erst nach 4 "tVochen zu mobilisieren.'"

Nach ~ 2 b e r m a y e r und E h e b a l d 2 - 3 Woehen Fixierung, um wo m6g- lich doch kn6cherne Heilung zn erzielen. Nach den RSntgenaufnahnten yon E b e r m a y e r ist das b e s t e : ~ i x i e r u n g bei R a d i o v o l a r f l e x i o n des H a n d - g e l e n k s , indeni einfach eine . . S c h e d e s c h i e n e fiir die a n d e r e H a n d " verwendet wird. Die Tendenz zur kn6chernen Heihmg ist aber nach C a s t r u c c i o so gering, dab er wie I ) e l b e t , B e c k . B a r d e n h e u e r und hesortders L i l i e n - f e t d nur t0 Tage zu fixieren empfiehlt, und dann zu mobilisieren.

Noch andere verzichten yon vonaherein gal~ auf kn6cherne Heihmg und suchen (lie Pseudarthrose direkt zu bef6Mern durch friihzeitige Manage und Heil31uftanwendung, um bei miifJiger Schonung die Abschleifung der Fraktl,rfl~tehen zu erreichen. - - [~ber die verschiedenen Erfolge iiul3ern sich die Autoren in folgender Weisc: Blau (1904): Die Zunahme der Dorsalflexion ist ein gutes Kriterium der Besserung der Funktion, aber sie b]eibt hiiufig aus und hartn:~ickige 0deme und ven6se Stauung st6ren oft die Heihmg und der Verlanf ist ein langwieriger.

Maggebend ist der funktionelle Erfolg, wetcher sich folgenderweise mani- festiel~ : 1. Beseitigung der Atrophie, 2. volle Druckkraft , 3. voile Beweglichkeit nach alien Riehtmlgen, 4. kein tlezidiv bei der Wiederaufnahme der _Aa'beit.

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Eine solehe Heihmg wird allerdings selten erreieht. Die Dorsalflexion bleibt meist reduziert ; t rotzdem wurden ~ der Verletzten wieder dienst-, d. h. arbeitsf/ihig. In dell iibrigen FSllen war das sehleehte Ergebnis zuriiekzuffihren auf die VernaehlSssigmag der Verletzung und daher Mangel an Beha.ndhmg und Sehonung, wail die Besehwerden manehmal gating sin&

3matontiseh ist die Heilung eine so sehleehte, wail die rauhen BruehflSehen sieh nicht mehr adaptieren mtd weil die Kallusbildung sehr mangelhaft ist. Uberknorpelung war in keinem Falle zu finden.

E b e r m a y e r (1908): Die Heilerfolge sind, wie H 6 f l i g e r best~tigt, im allgemeinen reeht unbefriedigende. Spiit in Behandlung kommende F~lle zeigert gew6hnlieh mehr-minder Versteifung des Handgelenks. Kn6eherne Heilung ist sehr selgen. 5 [ e i s t e n s A u s g a n g in P s e u d a r t h r o s e . Fiir diese kann eine E r n / ~ h r u n g s s t . 6 r u n g d u r c h G e f ~ B s e h / i d i g u n g nicht der einzige Grund sein, denn bei alten Navikularefrakturen fehlt gew6halieh Atrophic der Fragmente. Die Pseudarthrose heruht also offenbar eher auf der D ias t as e. Diese kann am besten vermindert warden dutch R a d i a l v o l a r f l e x i o n (w~ih- rend bei 5Iittelstellung und bei Ulnacvolarflexion [Radiusfraktur-Fixierung!] die Fraktur klaffg): daher eine ,,Sehedesehiene fiir die andere Hand" anzu- legen. Naeh 2- -3 Woehen Massage und passive Bewegung. Trotzdem ent- steht ~ h r hhufig A r t h ri t i s d e f o r m a n s, welehe die Brauchbarkeit des Hand- gelenks sehr stark eflasehrSnken kann. In amderen F~.llen aber kann trotz Pseudarthrose die Funktion wieder eine gute werden und E b e r m a y e r gibg dafiir einige Beispiele, worunter eine kn6eherne I-[eilung bei einem Patienten yon 67 Jahren[ Es miisse also der Vorsehlag: von vornherein auf kn6eherne Iteilung zu verziehten, doeh zur/iekgewie~ul werden, und aueh die operative Therapie sollte erst vorgenommen warden, wenn kn6eherne Heilung nieht zu erreiehen war. ,,Bisher war die Prognose eine sehlechte, sie wird abet basset werden mit der besseren Kenntnis der Fraktur und ist es teilweise sehon ge- worden."

Die o p e r a t i v e T h e r a p i e . [-[irseh (1909--1914): ,,Die konservative Therapie ftihrt in den seltensten Fiillen und nut unter giinstigen anutomisehen und besonders sozialen Verhitltnissen zu einem brauehbaren l~esultat. Des- halb ist in der letzten Zeit die operative Therapie in den Vordergrund getreten. Ursprtinglich wurde sie meist nur in veralteten Fhllen angewendet, wenn z. B. starke Dislokation fiir die Versteifung und St6rung der Funktion und fiir die persistierenden Schmerzen verantwortlich gemacht wurde. Frfihestens wurde sie naeh 3 Woehen, meist a.ber erst nach Jahren vorgenommen. Die Erfolge waren keine guten, well bereits irrepaxable Sp~tfolgen eingetreten waxen und wail die Operation meist aueh keine radikale wax: es wurde prinzipiell nur das eine Fragment entfernt. Dabei blieb ein chronischer Reiz im Gelenk zuriick, weleher fiir die sehlechten Erfolge die Er-ldiirung gibt, neben bereits eingetretenen arthritisehen Ver~inderungen." Hi r s e h fiihrt also die ungiinstigen Erfolge zurfick auf eine unrichtige Indikationsstellung, daher hat er seit 1909 die prinzipielle F r~ ihope ra t . i on eingeffihrt, um den chronischen Reiz mit der T o t a l e x s t i r p a t i o n auszuschMten und damit Spiit/olgen zu verhindern. Die I n d i k a t i o n sei Mso einzig und allein ,,die F r a k t u r des N a v i k u l a r e m i t i n t r a a r t i k u l a r e r B r u e h l i n i e " (das betrifft beim Material der Sehweizer

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Unfall-Versicherungs-Anstalt etwa 950/0 ! d e r Navikularefrt~kturen). In 15 ope- rierten FMlen seien (tie Erfolge durchaus giinstige gewesen : die voile Beweglich- keit des Handgelenks und voile Arbcitsf/i, higkeit bei Mlen Patient(n, und zwar bei Beobachtung bis zu 4 Jahren.

Dieser Auffa,ssung ist schon 1910 K i n d l entgegengetreten: ,,Es ist sehon lange bekannt, dal~ sowohl knScherne Heilung als Pseu(larthrose eintreten kann mit vSlliger Gebrauehsfahigkeit der Ha, nd, allerc~lgs biieben in manehen Fallen aueh dauernde Beschwerden und schliel~hch _4xthritis deformans, wdlche zur gSnzhchen Unbrauchbarkeit der Han(1 fiihren kSnnen, was versehiedene Autoren zur operativen Sp~ttbehandlung vcranlal3te. Die funktionellen Erfolge wurden als ermutigende aalgegeben. Umstritten ist a, ber besonders noch die Indikations- stellung fiir (lie Operation: Welche alten Fiille sieh dafiir eignen, oder ob gt~r alle frisehen FMle operativ behandelt werden sollen. Die Entseheidung h:,ingt ab vom Erfolg der beiden Metho(len (konservative und operative) und d a die m e i s t e n Fi~lle yon N a v i k u l a r e f r a k t u r e n bei k o n s e r v a t i v e r T h e r a ] ? i c c inch g11t.en A u s g a n g ze i gen , so i s t die p r i n z i p i c l l e E x s t i r p a t i n a schon in a l len f r i s c h e n Fi i l len e n t s c h i e d e n v c r f r f i h t . ' " Auch K o f f a lehnt die Frii_hoperation ab, well Ausgang in Pseudarthrose als giinstig anzusehen sei, da viele Navikularefrakturen volle GebrauchsfShigkeit der Hand aufweisen. -- Hierauf entgcgnet t I i r s c h : ,,In der fiberwiegenden Mehrze, hl ist das End- result~,t ohne Operation sehr schlecht. Beziiglich der Spiitfolgen der Operati~)n wei[~ nlan heute (1914), da[] die E.,:sth'pation des Naviku]are keincn oder hSch- stens einen ganz unbedeutenden Funktionsausfall zur Folge hat. Die ]3e- fiirehtung ( L u d l o f f , B a u m ) , (tie Exstirpation eines am Aufbau des t tand- gelenks so gvoBen Anteil nehmenden Knoehens iniisse schwere St6rungen zur Folge haben, hat sich ebensowenig bewahrheitet wie die Meinung, (lie H~nd miisse nach der Operation in eine falsche Stelhmg, namentlich in Radial- abdukti(m geraten.'" Dos beweisen seine wie andere operiertc FSlic augen- scheinlich. Schon nach 6 - 8 Woehen sei die Funktion wieder hergestellt. -- Durch die Spittoperation sei dcrselbe Erfo]g nicht zu erreiehen; delm (lie Spiit- folgen der konservativen Therapie seien irreparable und die Operation komme dadurch nur in MiBkredit. , ,Dahe r i s t bei j e d e r i n t r a a r t i k u ] a r e n N a v i - k u l a r e f r a k t u r p r i n z i p i e l l das g a n z e N a v i k u ] a r e f r t i h z e i t i g o p e r a t i v zu e n t f e r n e n . " -- Betrachtet man (las RSntgenbild (Abb. 28 bei K i t s c h ) na~'h der Exstirpation des Navikulare, so fiillt einem sehr schwer, die ])auer- haftigkeit des angegebenen gfiastigen Ausganges der Operation zu begreifcn. Die Hand stfitzt sich nur noeh auf das Lunatum, das wie ein Kirschkern zwischen Radius und Karpus liegt, zu dessert beiden Seiten nur Weichteile (lie Liicken ausftillen. Die vielen und oft sehr starken Traumen des tiiglichen Lebens sind also yore Lunatum all(in zu tragen, welches selber oft genug und manchmal sogar mitsamt dem Navikulare diesen St6gen ertiegt, was die relative HSufig- keit der , ,Lunatumkompressionsfraktur" (und Luxationsfvaktur) heweist.

P e t e r s (1920) sah knScherne Vereinigung der Fragmente nicht selten, und in diesen Fiillen waren (lie Folgen gering. ,,Dagegen waren (lie Beschwerden gr6i3er in den F~llen, wo keine kn5cherne tIeihmg zustande gekommen war, besonders war der Fm~tionsausfai l gr61~er, und ein ungeschickter Gl~iff genfigte manehmal, um neue Besehwerden und selbst Sehwellung hervorzuvufen. H irs eh

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behauptet, die intrakapsui~re Fraktur heile ifie kn6chern und fiihre immer zu schweren St6rungen, weft die Fragmente ein Iffemmnis bildeten und Arthritis deformans erzeugten. Ill diesen FS,11en empfiehlt er unbedingt prim~ire oi~erative Entfernung. In d i e s e r A l l g e m e i n h e i t s t i m m t d iese F o r d e r u n g s i c h e r n i c h t . Wir haben in 18 F~illen der letzten gahre n i c h t ein e i n z i g e s Mal o p e r i e r t u n d doeh g u t e E r f o l g e e r z i e l t . Keiner der Patienten bczieht heute noch eine Rente. Allerdings haben wir auf ehm f r i i h z e i t i g e B e w e g u n g Wert gelegt: vor allem F i x i e r u n g in V o l a r r a d i a l f l e x i o n m i t , ,Schede- s c h i e n e ffir die a n d e r e H a n d " . Daml naeh 2--3 Woehen leichte Massage und passive Bewegungen. Zusammenfassend kann ich sagen, dab im al l- g e m e i n e n die N a v i k u l a r e f r a k t u r e n , w e l c h e f r i s c h in B e h a n d l u n g k a m e n , o h n e b e s o n d e r e B e s c h r ~ n k u n g de r A r b e i t s f a h i g k e i t g e h e i l t sin d. JedenfalLs sind wir hie gezwungen worden, eines der Fragmente operativ zu entfernen, wie es H 6 f l i g e r , K a u f m a n n , L i l i e n f e l d , P a g e n s t e c h e r , de Q u e r v a i n , C o d m a n , Chase (wie sie behaupten mit vollem Erfolg) getan haben . . . . . Es ist nicht zu erwarten, dab das dem Razlius breit aufliegende Navikulare ohne Einsehr~nkung der Handgelenkfunktion entfernt werden kann, well gerade das Navikulare einen so ~ol3en :4~lteil am Handgelenk hat und bei Bcwegung mehr in Anspruch genommen wird als die anderen Knochen."

Es kann sich bei der Indikation zur Operation jedenfalls nicht darum handeln, ob damit die Arbeitsunfiihigkeit einige Wochen abgekiirzt wird, weft die meisten Versicherten sie dann ablehnen wfirden. Es handelt sich vielmehr um die Restitution der Funktion, also darum, ob die Erwerbsfiihigkeit dauernd erheblich herabgesetzt bleibt oder nicht, und welches die H:,tufigkeit dieses Ausganges mit Dauerrente ist. Beim Material der Schweizer Unfall-Versiche- rungs-Anstalt fand ich unter den 48 sieheren Navikularefrakturen yon 2 Jahren keinen ei~migen frischen Fall mit Dauerrente, trotzdem ausschlieBlich kon- servative Therapie angewendet ~vurde. Die,se r e l a t i v g t i n s t i g e P r o g n o s e , die m i t den E r f a h r u n g e n P e t e r s i i b e r e i n s t i m m t , s p r i c h t e n t s c h i e d e n gegen die p r i n z i p i e l l e N o t w e n d i g k e i t d e r F r f i h e x s t i r p a t i o n (selbst wenn noch einzelne F~,lle yon Dauerrente entgangen sein sollten). Man sollte erwarten, dal3 werdgstens einige F~.lle aus dem Jahre 1919 im Laufe yon 1920 wegen Verschlimmerung ein Rentenhegehren gestellt hhtten, wenn wirklich die Prognose so schlecht w~re, wie H i r s c h angibt. -- Fin Seitenlicht auf die Prognose der Haa~dgelenkverletzungen wifft auch die Angabe yon B o r c h a r d und S c h m i e d e n aus der S t a t i s t i k de r H a n d g e l e n k s e h i i s s e im K r i e g e : 400/0 -anzrden wieder dienstf~hig, 250/0 garnisonsbrauchbar, 35~ dienstuntaug- lich. Die P r o g n o s e h~inge w e s e n t l i c h d a v o n ab, ob die V e r l e t z u n g i n f i z i e r t w u r d e o d e r n i ch t . , ,E ine V e r s t e i f u n g des H a n d g e l e n k s in l e i c h t e r D o r s a l f l e x i o n s t e l l t e ine mi~Bige S c h a d i g u n g d a r , v o r a u s - g e s e t z t , dalJ die R o t a t i o n des U n t e r a r m s e r h a l t e n b l i eb . "

K a u f m a n n ~uBert sich eberdalls giinstig fiber die Prognose der Navi- kularefraktur: ,,Erwerbliche Folgen sind nur bei erheblichen StSrungen der I{andgelenkfunktion anzunehmen." Die S p ~ t e r f o l g e de r k o n s e r v a t i v e n T h e r a p i e beruhen nazh K a u f m a n n offenbar darauf, dab allm~hlich eine erhebliche Besserung der Funktion eintri t t durch den schonenden Gebrauch der Hand. ,,Schon der Umstand, dab man in einer langj~hrigen Spezialisten-

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d..J'ahr. 1919 u. 1021) b. d. Schweiz. Unfall-Vt, rsich. 463

r O" tiitigkeit wegen alter ~erletzun~,en so gut wie nit beraten wird, beweist, da[$ die anfhnglieh zweifellos bestehenden StSrungen sieh gewShnlieh ~htreh den Gebraueh der Hand erheblieh bessern. Naeh einigen 3Ionaten kann daher I~entenrevision vorgenommen werden.'" In L~bereinstimmung hiermit kommt aueh P e t e r s zum Sehlnsse: ,,Die Prognose der NavikularefrMctur ist meistens gut bei reehtzeitiger Erkennung und Behandlung und Operation nur angezeigt bei Fiillen, die auf konservativem Wege die Funktion nieht wieder erlangen oder wo die Dislokation erheblieh ist."

Aueh daa Material der Schweizer UnfMI-Versieherungs-AnstMt ftihrt not- wendig zu dieser Auffassung.

Die Navikularefi'akttlr karm t rotz dieser relativ giinstigen Prognose immerhin gr6~re Naehteile hinterlassen als (lie Radiusfraktur. Es ist daher nieht konsequent, wenn abet e, iner Radiusfraktur eine begieitende Navikulare- fra.ktur ignoriert wird. wie dies 6fters der Fall ist (vgl. Kasuistik).

Navikularemalazie.

Dieselbe zen~ra,le Destruktion dureh Erweichung. wie sie beim Lunatum relativ h~ufig vorkommt (vgl. weiter unten) und wortiber die eingehenden Studien einiger Autoren auszugsweise dort angefiihrt werden, findet sk.h aueh, zwar seltener, beim Navikulare.

Pre i s e r beriehtete 1909, dal] er bei drei Patienten mit Lungentu berkulose im Ansehlu[3 an ein Trauma eine sehmerzhafte Steffigkeit des Handgelenks bcobachtete. Es zeigte sieh eia Defekt im Navikulare und sp:,iter sei Spontan- fraktur des Knoehens entstanden. P r e i s e r faflt hier den ProzeB noeh auf als eine rarefizierende Osteomyelitis naeh Fissur und stellt sic in eine Linie mit der K t immel l sehen Spondylitis tramnat.iea. -- In der gleiehen Nummer XV der Fortsehr. a. d. Geb. d. P~6ntgenstrahlen findet si(:h daan der ausftihrliehe Berieht P r e i s e r s fiber 5 F~ille, welehe yon (lena gew6hnliehen Bilde der Navi- kularefraktur im Friihstadium abwiehen, obwohl das Endstadium das glek.he war: Der Brueh stelle sich erst als Folge einer re~refizierenden Ostitis ein, iihniieh wie (tie K tim m elsehe Kyphose allmiihlieh entsteht naeh Fissur, indem (let' Wirbel langsam zusammensinkt. Vorausgesetzt, dal] nieht (lie Autopsie einen anderen Grund daftir aufdeekt, h:~lt Pre is ( , r diese Deutung aufreeht auf Grund jahrelaager Beobaehtung unter stitndiger RSntgenkontrolle. -- ,,Die ersten 3 FMIe betrafen 3 Phthisiker, und die Lungentuberkulose verleitete mieh zuerst auf Grund des eigenartigen R6ntgenbefundes zur Annahme ein~s posttraumatiseh- tuberkul6sen Herdes im Navikulare, bis uns die 15ngere klinisehe Beobaehtung, aueh der anderen inzwisehen hinzukommenden Patienten naeh weiteren dff- Ierent.ial-diagnostisehen und therapeutisehen Irrfahrten, besonders nax.h der Seite der Knoehenlues hin, auf die meiner Ansieht nach riehrige Deutung braehte: daf~ es sieh bei diesen Fitllen um eine p r i m i i r e Abre i l~ung yon fiir die Ern~ihrung des Navikulaa'e wiehtigen B 5m d ern od er u m ei n e pri m/ire, s ieh j e d o e h der R S n t g e n d i a g n o s e z u n i t e h s t e n t z i e h e n d e I n f r a k t i o n des N a v i k u l a r e mit d e r s e l b e n B a n d a b r e i g u n g v e r g e s e l l s e h a f t e t handeln mull Ilffolge dieser Bandabreiflung t ritt eine R a r e f i k a t , ion de~ K n o e h e n i n n e r n ein, bis die Wandungen so verdtinnt werden, dab sie

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nachgeben und s e h l i e B l i c h ein de r t y p i s c h e n N a v i k u l a r e f r a k ~ u r d u r c h a u s i~hnl iches R 6 n t g e n b i l d darbieten."

P r e i s e r s F a l l 1:30 Jahre. Vor 1/2 Jahr Verstauehung des rechten Ha, nd- gelenks, 2 Tage nieht gearbeitet, dann 5- -6 Wochen leichte Arbeit, aber stets mit Sehmerzen, welche bei ~beranstrengung schlimnmr wurden. Seit Jahren lungenleidend. Guter Ern:~ihrungszustand. Handgelenk ~ufterlich ohne Befund. Aktive Bewegliehkeit nur ganz wenig eingeschr~inkt, Kra f t gut. Das R 6 n t g e n - b i ld zeigt eine k r e i s r u n d e A u f h e l l u n g (~4e bei Abb. 27), (tie als tuberkul6ser Herd angesehen wurde, daher Therapie: B ie r sehe Stauung und abnehmbarer Gipsverband. 3/~ J a h r sp~t ter n e u e s R S n t g e n b i l d : Die runde Aufhellung im Navikulare ist verschwunden; es ist eine d e u t l i c h e q u e r e F r a k t u r zu erkennen. Der Schatten des Navikulare ist recht kompakt .

,,Ein Abril3 des dorsalen Bandes, da es das Hauptgef~tl3 fiihrt, rout3 fiir die Ern~hrung des Navikulare yon verh~tngnisvollen Folgen sein, wenn die Wiederherstellung des normalen lokalen Kreislaufes miItlingt."

Im Fall 5 war der zentrale Defekt sehon 8 Tage nach dem Trauma v6Ilig ausgesprochen. ,,In einem anderen Fatle schon 2 Tage nach dem T r a u m a einige linsengro~3e Auflaellungen im Navikulare, die am 9. Tage sich zu einer fast das ganze Navikulare quer durchsetzenden bandf6rnfigen Aufhellung vereiltigt hatten, die abet sp~ter wieder verschwand, vielleieht weil die Blutversorgung inzwisehen wieder zustande gekommen war. G e r a d e d i e s e r F a l l i s t a b s o l u t b e w e i s e n d , d a b die 0 s t i t i s a u c h o h n c p r i m ' ~ r e F r a k t u r bzw. I n f r a k - t i o n e n t s t e h t . ' - - H i r s c h kann dieser Auffassung nicht beistimmen, es handle sich vielmehr um eine primgre Zermalmung der Spongiosa, was aus seinen operativen Befunden hervorgehe. -- H ~in i s c h habe auf den RSntgenplatten von P r e i s e r (sofort post Trauma aufgenommen) Fissuren im Navikulare gefunden.

P a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h faftt P r e i s e r die A u f h e l l u n g als b inde - g e w e b i g e 5 I e t a p l a s i e auf, wie sie auch W o l f f vertritt , es best~tnden Ankl~nge an Ostitis fibrosa.

Die D i a g n o s e ist leieht nach P r e i s e r , ,,solange die zentrale Aufhellung besteht; ist die Fraktur erfolgt, so ist sie nicht mehr zu unterscheiden yon einer frischen Yraktur". -- Von de r D i a g n o s e , , T u b e r k u l o s e " k a m P r e i s e r b a l d w i e d e r ab , weil 1. die .kf_fektion trotz Durehbruch ins Gelenk a u f d a s N a v i k u l a r e b e s c h r g n k t bleibt, 2. weil K r a f t und Beweglichkeit gut erhalten geblieben seien bei den meksten F~llen, 3. weil k e i n e K n o e h e n a t r o p h i e eintrat, wie sie bei Tuberkulose regelm~I3ig zu finden ist. - - Beziiglich Di a gn o s e , ,Lues" : Dafiir spreche 1. die runde Form des Herdes und 2. dab die post- traumatische Lokalisation einer latenten Lues 6fters beobachtet wird. -- Gegen Lues: Das F r e i b l e i b e n des P e r i o s t s u n d W a s s e r m a n n r e a k t i o n n e g a t i v.

Die Defektbildung diirfte frtihestens in 1--2 Tagen nach dem Trauma und spi~testens nach 8 Tagen naehweisbar sein (Pre i se r ) .

Th e ra p ie : Fixierung fiir 2 Wochen in Mittelstellung. .~Ian findet in den R6ntgenbildern des Handgelenks 5fters (und zwar

oft -- oder framer .~ -- auch in der gesunden Vergleiehsseite) linsengTol3e dunkle Ringe mit zentraler Aufhellung, am h~ufigsten im Kap i t a tum und Lunatum, aber auch im Hamatum und ~Navikulare. Sie scheinen mit der Lunatum- und

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D. KaFpal- u. Metakaq)alfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. S,:.hweiz. Unfall-V,,csich. 465

Navikulaxemalazie im Zusammenhang zu stehen. Au(.h bei P r e i s e r s FAllen linden sich (fieselbel~ in 3 RSntgenbildern (Fortschr. a. d. Get). d. g6altgenstr. XII , Tafel XX) uml P r e i s e r erwhhnt bei Fall 5, (tab in der gesunden Haml in der 3[itte des Navikulare ein kreisnmder heIler Fleck si(.h finde yon 3 - -4 mm Durchmesser. Es lasse sich in ehler nicht geringen Zahl normaler Navikulare eine struktur:armere Partie nachweisen : Dwigh t sche Aufhellung. 8chon D w i g h t gebe an, dab an dieser Stelle mit Vorliebe Fraktur des Navikulare erfolge.

Beim Material der Schweizer Unfall-Versicherungs-Anstalt land sich die Navikulaxemalazie hie ausdr/ieklieh (liagnostiziert. Es fanden sich zwar einige Ffi, lI: vor, we man sie vermuten konnte, aber da in den RSntgenkopien un- defbfierbare Strukturanomalien 6fter vorkommen, so liel3 sich wegen den mangel- haften Krankengeschichten nieht sieher entscheiden, ob es sich um Xavikulare- malazie handelte.

H a h n (1921) berichtet eingehend iiber diese Affektion: Schon 1904 hat B lau und 1910 P r e i s e r , dann auch H i r s c h mehrere F:,tlle yon Aufhellung im Navikulare heobachtct, welche aber im Gegensatz zu der frtiher yon D w i g h t beschriebenen Aufhellung yon progressiver Natur waren. H i r s e h hatte s!e schon 1--3 Tage naeh dem Trauma bei der Operation gefunden. Xach H a h n findet sich diese zentrale Erweiehung am h[mfigsten bei sehlecht heilender Navikularefraktur, doch sehe man hiiufig genug Pseudarthrosenbildung ohne zentrale Aufhellung, was auch helm 5[aterial der Sehweizer Unfall-Versicherungs- Anstalt der Fail ist. H a h n land bei einem Fall, der wegen zunehmender Be- schwerden Operation wfinschte, in dem exstirpierten Navikulare einen Herd, der Iris unter den Knorpel reichte. Es waren verschiedene RSntgenbihler gemaeht worden: 1 Jahr post Trauma sehe nian eine Fissur und zwei undeutliche Herde, welche in einem weitr Jahre viel deutlicher gexvorden seien und bis zur letzten Aufnahme nach 15 Jahren immer noeh zugenommen hatten. 6 ~,Vochen nach der Operation hatte sich die Dorsalflexion yon 15 0 auf 30 0 gebessert. Schmerzen nur noeh beim Forcieren. Es sei nun nicht anzunehmen, da[3 es bei einer blol3en Fissur zu Zermalrnung der Spongiosa gekonlmen sei. Es scheinen also Gef~,BzelTeif~ungen im Innern zu geniigen; aber naeh K i e n - b 6 c k und 5Iii l ler u. a. kommen diese Herde selbst ohne eigentliehes Unfall- ereignis vor. Die S y m p t o m e sind beim Navikularc (lie gleichen wie beim Lunatum: Zunehmende Sehmerzen trod Versteifung, Arthritis deformans und Atrophie der Muskeln. Daher empfiehlt H a h n dringeml F r i i h o p e r a t i o n , d. h. E x s t i r p a t i o n , trotz der in Kauf zu nehmenden Radiusabweiehung der Hand, welche die Bewegliehkeit naeh der Ulnarseite herabsetzt. Auch .nach H i r s c h und de Q u e r v a i n ist die Prognose der Operation gut, ohne Operation scheint sic schleeht zu scin.

Kasuistik (Navikularefraklur und Navikularemalazie). Vorbe m e r k u n g . Die Daten beziehen sich in der Regel auf die Zeit seit

dem Unfall. Die teflweise ~42beitsfithigkeit ist meist umgerechnet in ganze Tage.

Sichere typisehe Naviklflarefxakturen ohne Komplikationen. Abb. 2: Bezfiglich IMagnosestellung und Verlauf ein ty-pischer Fall, mit

einer .M'beitsunfithigkeit yon 61,'z Wochen, dem Fall Abb. 4 mit 12 Tagen

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466 J. Blumer:

A_rbeitsunf~ihigkeit gegeniibersteht. Bei Abb . 5 lag mOglieherweise zentra[e Erweichung zugrtmde, wie aueh im Falle el,mr 55jiihrigen Pat ient in , 'd ie durch die gewohnte Arbeit (W~ische auswinden) sieh eine Navikularefraktur zuzog und trotz Schmerzen und Schwcllung noch 2 Woehen arbeitete. Abb . 6 zeigt ziemlich starke Diastase. Arbeitsunfi~higkeit ~ 4 Woohen, dann 4 Woehen ~-/eder roll gearbeitet. }[eldet sich darauf wieder beim ,~rzt wegen Beschwerden, welche durch die R6ntgenaufnahme aufgeklitrt werden, arbeitet aber welter und meldet sich nieht mehr zur Bestimmung einer evcntuellen Erwerbseinbu{~e. Zwei ~thnliche F.alle haben zuerst 1 und 2 ,~![onate welter gearbeitet und dann erst die 2~.rbeit ausgesctzt. Abb. 7 macht den Eindnlck einer Nearthrose: A_rbeitsunfii, higkeit = 41/~ Wochen. Einc Rente wurde iiberhaupt uicht in Erw~tgung gezogem

Gegeniiber dicsen Fallen mit typischer Navikularefraktur weist Fall A b b. 3 mit Tuberkulumabrifafraktur (also extraartikulSr) die lange Arbeitsunffthigkeir yon 71/'z Wochen auf.

Bei den vorliegenden 17 F'aUen yon sicherer Navikularefraktt lr wurde nur zweimal wegell vermuteter Navikularefraktur sofort eiix R6ntgeabihl ge- macht, sonst lautete die Diagnose immer auf Distorsion oder blieb ganz offel~.

Siehere ~*avikHlarefissltren and Infraktionen (ohne Komplikationea).

Die Arbeitsunfiihigkeit ist bier nicht etwa k~rzer im allgemeinen als bei den durchgehenden Frakturen, well offenbar die "Weiehteilverletzungen die Arbeitsunfahigkcit stark beeinflussen, sowie die psychische Einstelhmg des Patienten, sein guter Wille zur A.rbeit oder zum Feiern. Zum Beispiel war bei einem Fall die Arbeitsunfithigkeit == 8 Woehen, obsehon die Knoehenver- letzung eine unseheinbare war; dagegen bei einem andera Fail war sie nut = 9 Tage, obwohl die Knoehenverletzung mindestens so erheblieh erscheint

Es k6nnen sich auch m e h r f a c h e F i s s u r e n linden, welehe im ROntgen- bild allerdings nur als feinste Aufhellungen erscheinen (pr:Mrakturell, 3 [a t t i ) . Es fiillt attf, dal~ in den 3 Fallen mit mehrfachen Fissuren das Alter 40--56 Jahre betriigt, w'~hrend die iibrigen Patientcn 26~37 Jahre air waren. Nur im letzten der 3 Fiille kSnnte die , ,Zertrfimmerung" d~,s Navikulare durch das direkte Aufsehlagen des Tuberkulums die mehrfachen FissureH direkt erklaren.

Navikulare-Frakturen mit Komplikationen.

Am h~tufi~ten findet sich die Navikularefraktur kombiniert mit den mannigfaltigen Formen yon Radius- resp. Ulnafrakturen. Meistens ist beim Radius die Spitze des Proe. styl. abgesprengt; seltener finder sieh das Fragment dorsal oder am Ra~lio-Ulnargele~fl{.

F a l l (Ab b.) 8: Ein Beispiel einer trotz R6ntgenbild fihersehenen F ra k t u r des N a v i k u l a r e und des Proc . s ty l . r ad . ,4xbeitsunf/ihigkeit -~ 7 Wochen. Die Heihmg scheint wenigstens klinisch eine vSllige gewesen zu sein, da Patient (ein MSbelschreiner) seit 1919 sich night mehr beschweite wegen Residuen.

Nek.st solchen leichteren Formen yon Radius- (Ulnar-) Frakturen fanden sieh einige typisohe and ganz schwere Radiusfrakturen mit Navikularefraktur kombiniert : Abb . 9: Die un~-erkennbare Navikularefraktur wurde mit keinem Worte erwghnt, wie auch in anderen :Fallen.

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D. K~rFal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. UafMI-Versich. 467

"�89 8eilen-

Au/nahm,~

Abb. 7.

Abb. 8.

f .

Abb. 9.

\

Abb. 12.

Abb. 13.

Abb. 14. Abb. 15.

Abb. 10.

r ~ A b b . II. F A.rohiv fiir orthop~dische und UnfaU-Chirurgie. Bd. :XX.

Abb. 16. 31

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468 J. B l u m e r :

Da yon den Karpalia mtehst (lem Navikulare das Lunatum am hAufigsten verletzt wird, findet es sich auch am hAufigsten beteiligt bei den " K o m b i - n a t i o n e n yon N a v i k u l a r e f r a k t u r e n m i t F r a k t u r e n u n d L u x a t i o n e n a n d e r e r K a r p a l i a . Bezfiglich Dauer der Arbeitsunf~higkeit verhalteu sie sieh wie die Kombinationen von Navikularefrakturen mit Radiusfrakturen.

F a l l 10 :62 Jahre. Hand verstaucht, beim Aufhalten eines Geriistladens, der yon der Sehulter fallen wollte. Erst am 6. Tage zum Arzt. R 5 n t g e n a u f - n a h m e : N a v i k u l a r e f r a k t u r m i t k e i l f S r m i g e m M i t t e l s t t i c k u n d Abrif3 a m v o l a r e n L u n a t u m h o r n . ArbeitsunfAhigkeit ~ 31/,o Wochen. (Im Luna- turn 3 , ,Herde".)

Fa l l 1 1 : 3 2 Jahre. Fall auf den linken Handriicken mit dem ganzen KSrpergewicht. -- N a v i k u l a r e f i s s u r u n d F i s s l l r e n i m K a p i t a t u m und H a n] a t l l m .

Auffallend selten findet sich N a v i k u l a r e f r a k t u r k o m b i n i e r t m i t M e t a k a r p a l f r a k t u r , trotz der -~.hnliehkeit der _~tiologie und der relativen Hitufigkeit beider Verletzungen. Das mag darauf beruhen, dab das Trauma in den einen Fallen die Metakaa-pen gar nicht trifft (z. B. Autokurbel-Rtick- schlag). Dieses greift proximal yon den Metakar-pen an; in anderen Fallen wird da~ Trauma dureh die federnden Finger und Metakarpen so gemildert, daft der Karpus nicht mehr verletzt wird. Geschieht es ausnahmsweise doch, so ist gem~f~ der H~ufigkeit am ehesten Navikulareverletzung kombiniert mit Fraktur des Metakarpus I I I oder IV.

Aite ,~avikularefrakturen als Nebenbefund bei Distorsion, Radiusfraktur usw.

Sic zeichnen sieh aus in den einen Fallen dureh die Proliferationen (Arthr. def.), in den anderen durch Verdunke]ung in der Kopie (reaktive Kall~infiltration zu beiden Seiten der Fraktur).

F a l l (Abb.) 12: Unfall vor 15 Jahren; jetzt Bewegliehkeit normal, aul~er Radialabduktion = 0. Ne~rtbrose. In einem andern ahrdiehen Fall handelte es sieh naeh der Anamnese und besonders nach dem RSntgenbild urn eine a l t e Fraktur ; denn zu beiden Seiten derselben finder sieh r e a k - t i r e I n f i l t r a t i o n , wie aueh bei F a l l 13, wAhrend bei F a l l 14 die abnorme Form des Navikulare und die zystenartigen Aufhellungen in der Mitte auf die alte Fraktur hinweisen, evt.1. Narikularemalazie. .A_bb. 15: In zwei weiteren F~llen besteht eine ~hnliche abnorme Form, bier offenbar auf Arthr. def. naeh Frak tur beruhend. Arbeitsunf~ihigkeit = 3 und 7 Woehen. A bb. 16: Das unklare RSntgenbild l~il]t nieht genau erkennen, ob es sieh ~drklieh um eine alte Navikularefraktur handelt. Am Lunatum eine ,,Zunge" ( x ) . Im RaAiuskopf eine zystenartige Aufhellung; da~ Capitulum ulnae zeigt eine Osteophytenkappe (Arthr. def.). Arbeitsunf~,higkeit = 5 Woehen.

L u n a t u m v e r l e t z u n g e n .

1. Lunatumfrakturen, -fissuren, -infraktionen, -abriBfrakturen.

Bei der systematischen Sichtung des Materials der Schweizer UnfaU- Versicherungs-Anstalt fanden sich 5 Fiille, bei denen das Lunatum auf der Radialscite in einer Sagittalebene (bei den ersten zwei Fiillen undeutlich, bei

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den iibrigen ganz deutlieh) eine LSngsfissur resp. Fraktur zeigt. Diese Art Verletzung scheint reeht unwahpseheinlich zu sein, und doeh kann man. gelegent- lich an ,',Iauerquaxlern ganz 5hnliehe Absprengungen yon Lamellen beobaehten. (tie man nicht fiir mSglich hMten wiirde.

F a l l 17:17 Jahre. Sturz beim Skifahren. R6ntgenbild (wurde fiir ganz negativ gehalten) zeigt 1. s i c h e r e A b r i l ~ f r a k t u r a m Proc . s ty l . u ln . und rad . , 2. E i n k e r b u n g a m L u n a t u m u n d f r a g l i c h e F i s s u r da~ 'on a u s - g e h e n d , 3. D o r s a l . a m R a d i u s . A u f s t a u c h u n g s f a l t e . A_rbeitsunfithig- keit ~ l l Tage.

Fa l l iS: 2,2 Jahre. Einklemnnmg: N a v i k u l a r e i n f r a k t i o n u n d Lu- n a t u m f i s s u r . Arbeitsunf~higkeit = 5 Woehen. Das Lunatum zeigt einen rundlichen Herd.

Im 4. F a l l : 45 Jahre. Verletzung des Handgelenks beim Hobeln. 3 Tage weiter gearbeitet, am 4. Tage zum Arzt. -- ,4al derselben Stelle wie oben eine E i n k e r b u n g u n d e i n e s c h a r f b e g r e n z t e A u f h e l l u n g d a v o n a u s g e h e n d . Am Skelett findet sich aber manchmal gerade an dieser Stelle eine Knoehen- furche, welche die Auflmllung zwisehen zwei dunklen Linien aueh verursaehen k6mlte. ArbeitsunfShigkeit ~--- 7 Tage. - 5. F a l l , Abb . 19:38 Jahre. Zu Boden geworfen~-orden, l C a d i n s - Y - F r a k t u r : I n f r a k t i ( ~ n i n s H a n d g e l e n k , als Fortsetzung davon (ghnlieh wie 6fters Navikularefraktur und Proe. st.yl, rad.- Fraktur in glcicher Linie liegen) eine L i i m g s f r a k t . u r i m L u n a t u m . (Auf- helhmg in der Kopie.) ArbeitsuniAhigkeit ---= 51 Tage.

AuBer einem stammen alle F~lle aus dem Jahre 1919 und sind 1920 ohne Rezidiv geblieben. {)ie kurze Arbeitsunf~ihigkeit bei 3 FAllen sehliegt eine Knoehenverletzuag nieht aus (vgl. Nayikularefrakturen).

A b b. 20: Wie 6fters, so ist auch hier die Knoehenverletzung (am (lorsMen Lunatumhorn) trotz relativ gt,tem R6ntgenbiht nur schwer zu erkennen. -- Abb . 2 1 : 3 9 Jahre. S turz 4 m tier. Am 4. Tag zum Arzt. A b r i l 3 f r a k t u r a m d o r s a l e n L u n a t u m h o r n . Arbei tsunfi ihigkei t - - 5Woehen . -- Abb . 22: 48Jahre . S t u r z 4 m t i e f . F r a k t u r d e s P r o c . s ty l . rad . u n d z w e i m a l A b r i l 3 - f r a k t u r a m L u n a t u m .

Lunatumkompressions~aktar und -malazie.

Sic faIlden sich nut ausnahmsweise bei 2 F~ilten (Fall 25) au~driicklich diagnostiziert, doeh seheinen mir auch (lie iibrigen der folgender~ Fiille dazu zu geh6ren, die ersten nut als anf~ingliehe Stadien, die letzten beiden als ganz typisehe F~ille.

P a t i e n t 18 Jahre. , ,Handverstauchung" beim Tragen einer ca. 50 kg" sehweren sehwaakenden Bleehtafel (kein eigentliehes Unfallereignis). 1 Monat welter gearbeitet, dana zum .4xzt. 8. Woehe Kreisarztuntersuehung: Sehwellung, Umfang 16:15 cm. D i a g n o s e : , ,Ar th r . t be . " R 6 n t g e n a u f n a h me : K o r t i - k a l i s - A b r i g a m v o l a r e n L u n a t u m h o r n . Das L u n a t u m z e i g t in de r F l ~ i c h e n a n s i c h t l e i e h t e n t r u n d e t . e p r o x i m a l e K c n t u r e n wie bei Abb . 23. Ha t nur 3 Tage ausgesetzt.

P a t i e n t 27 Jahre. Auageglitten. P~ntgenbilder: ,,negativ". Bei germuer Betraehtung des R5ntgenbildes falit aber nebst einer A b r i l 3 f r a k t u r a m Proc . s ty l . uln. das L u n a t u m auf dutch seine a b n o r m e F o r m (ii~hnlieh

31"

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470 J, Blumer:

Abb. 23) und f l e c k i g e S t r u k t u r : , , K o m p r e s s i o n s f r a k t u r " ( f r i sch o d e r a l t ?). Arbeitsunfiihigkeit ---- 9 Tage (so kurz wegell neg~tiver RSntgendiagnose ? Bei der Abmeldung noch Schwellullg ur~d Sehmerzen bei der Extension).

A b b. 23 : 34 Jahre. Fall vom Wagen. Bretter auf die hyperflektierte Hand r~achgestiirzt. ])as R6ntgenbild zeigt (au/~er eir~em Os i n t e r m e d , an t i - b raeh . ) E x o s t o s e am R a d i u s und nebst v e r s c h i e d e n e n a b n o r m e n r u n d l i c h e n K n o c h e n s c h a t t e n (Ar th r . def .?) e ine a b n o r m e F o r m des L u n a t u m: ,,Zunge" auf der L'Tnaseite und Entrundung der proximaler~ Kon- turen und Verseh m~tlerung des Lunatum in der Seiterlansicht : ,,K o m p r e s s i o n s- f r a k t u r " ? Arbeitsunfi~higkeit -= 3 Wochen.

Abb. 2 4 : 3 4 Jahre. Verstauchung der Hand. 3 Tage welter gearbeitet, am 4. Tage zunl Arzt: D i s t o r s i o n . 4. V~'oehe: H,~ndgelenk noch 1 cm ver- diekt, Bewegungen noch gehemmt und Schmerzen. 5. Woche: R6ntgenauf- nahme ~ L u n a t u m m a l a z i e 12. Woche: Heilungsverlauf schlet)pelld. Beweg(mgen noch leicht gehemmt. Arbeitsunf~thigkeit = 11 Wochen.

P a t i e n t 36 Jahre. ,,Hand verstaucht beim Aufstellen eines gefallenen Pferdes." 5. Tag zum Arzt: Distorsionssymptome. Nur 6 Tage ausgesetzt trotz Schmerzen. 7. Monat: Neuerdings best~indige Beschwerden, besonders der Axia]sto/~ sei schmerzhaft. RSntgenaufn~thme: L u n a t u m k o m p r e s s i o n s - a t r o p h i e , welche sofort erkemltlich ist beinl Vergleichen der beiden Seiten: Verschmhlerullg des Lunatums, ur~regehniiBige Kontur, Exostose, scheinbar Verwachsung mit dem Triquetrum, und dazu in der Flachenansicht scheinbar Luxation, welche aber in der Seitenansicht sich 11icht best~tigt. Handgelenk verdickt. Bewegung reduziert, Forcierung sehr schmerzhaft, Kraft vermindert. Diese StSrungen erkl:,tren sich |eieht aus-dem RSrLtgenbilde. ,,Die l:~rognose ist recht unsicher, falls sich Patient nieht entschliei3er~ kann zur Operation (Exstir- patio~l des Lunatums)." R e n t e : 40~ >," 3 Monate und 20% • 6 Mormte. Revision noch ausstehend.

Abb. 2 5 : 4 3 Jahre. Fuhrknecht , l%tator. Dorsalflexion gehemmt. Volar iiber dem Lunatum druckempfindliche Vorw61bung; 1 cm 5fehrumfang. Patient simulierte ein urm16gliches Unfallereignis, w~hrend er schon vor 15 bis 20 Jahren die Handgelerakverletzung sich zugezogen hatte. R S n t g e n b e r i c h t: , ,Alte K o m p r e s s i o n s f r a k t u r des L u n a t u m s . Die Karpalia sind fleckig, die Gelellklinien zum Tell verschwommen, besomlers jene am Lunatum, Kapi- ta tum und Hamatum. ])as Lunatum hat unregelm~il]ige Gestalt, verwischte und zerkl/iftete Grenzen, wie Kallusmas~ ausseheIld. Radiuskopf volarlippen- f6rmig ausgezogen. Sekund~re Arthr. def. besonders an dec proximalen Karpal- reihe und am Radiuskopf. Die Affektion ist alt. Das F e h l e n y o n S u d e c k - a t r o p h i e deutet darauf, dab sie vermutlich mehrere Jahre zuriickliegt. Auch (lie r a r e f i z i e r e n d e O s t i t i s des L u n a t u ms spricht daf/ir. Tats~chlich ist noch ein R5ntgenbild yon vor 10 Jahren, welches die gleichen Vergnderungen schon zeigt, vorhanden. Die Affektion bestand a l ~ schon damals l~ngere Zeit. Heute handelt es sich also nur um D i s t o r s i o n in d e m a r t h r i t i s c h v e r ~ t n d e r t e n H a n d g e l e n k . "

Ab b. 26:24 Jahre. ,,Verstauchung des rechten Handgeler~ks beim Holzer~." 2 Monate sparer zum ,4xzt wegen Schmerzen bei Bewegungen. Sehwelhmg, T)ruckempfindlichkeit. Bewegtmg frei, aber kraftlos. - - Schon vor 1 Jahre

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D. Karpa]- u. Metakart~lfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 471

Abb. 17. i Abb 1~ \ ~bb 19.

Abb. 20. Abb. 21.

Abb. :~3. % Abb. z4. /

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472 J. Blumer:

habe Patient das rechte Handgelenk fiberanstrengt, arbeitete aber weiter mit Lederarmband. Nach 2--3 Tagen ~ ien die Schmerzen wieder verschwumlen und (lie~ seien erst nach 3/~ Jahre dltrch den anstrengenden Holztr~immel- transport (mit dem Zappy) wieder aufgetreten, besonders nachts. Mit der Ledermanschette konnte er trotzdem welter arbeiten, bis die Schmerzen nach 3 5[onaten zu stark wurden, so daf5 er sich jetzt in i~rztliche Behandlung begeben mul3te. Wegen Verdacht auf Tuberkulose: ROntgenaufrtahme. Sie ist so unklar. dab daraus nur grSbere Verandenmgen erkermbar sind. - - 4. Woche: Hand- gelenk leicht verdickt durch Kapselschwellung. Temperatur deutlich erhSht. Dorsal- urid besonders Volarflexion stark eingeschrfinkt. Keine Druckempfind- lichkeit. AHgemein~efinden gut. D i a g n c s e : A r t h r . def .? T u b e r k u l o s e ? C h r o n i s c h e E n t z f i n d u n g de r G e l e n k k a p s e l , bedingt dureh das Weiter- arbeiten, nachdem bereits l~ngere Zeit Beschwerden bestanden. - - Unfall- versicher,mg: ,,Ein U~zfallereignis fehlt und Ablehmmg w~ire gerechtfertigt. Will man dagegen die Anstrengung als Un.fal] gelten lassen, darm w~re Reduktion (nach Artikel 91) angezeigt, da das Trauma allein diesen Zustand nicht ver-

Abb. 26.

ursacht haben ~vSirde." - - 2. Monar Schwelluag und DruckemtJfindlichkeit: aktive Beweglmgen ziem.lich frei, nur Volarflexiort leicht schmcrzhaft und reduziert. Forcieren schmerzhaft, kein StoBschmerz. Kraft vermirtdert, Finger- beweglichkeit nicht gestSrt. Kubita.hlrfi~ leicht geschwollen, nicht druck- empfindlich, auch in beiden Axillen Drfisen. I n d e r Anamnese nichts fiir Tuber- kulose. - - RSntgenaufnahme: S t a r k e V e r s c h m ~ i l e r u n g des L u n a t u m s . L i i c k e n i n d e r S t r u k t u r d i c h t u n t e r d e m p r o x i m a l e n Ran d . L e i c h t e K n o c h e n a t r o p h i e im ganzen Handskelett. ,,Es handelt sich wahrscheinlieh um eine sehr chronisch verlaufende Tuberku]o~ des Lunatums, obwohl der RSntgenbefund nicht typisch ist". - - Die Direktion der Urffallversicherung verfiigt: Ablehnung des Unfalles. ,,Durch die medizinische Aufkl~rung erleidet die Beurteihmg des Falles im allgemeinen keine Ver~inderung. Ein bestimmtes Unfallereigais ist weder ffir das Jahr 1918 noch 1919 nachgewiesen und wird rdcht einmal behauptet. Abgesehen da.von, dal3 es sich nicht um eine gewalt- same Einwirkung in verhSltnism~tBig kurzer Zeit handelt, ist die Sch~idigung auch nicht m/t Bestimmtheit auf die Arheit, unter AusschluB einer I~rankheit zuriickzuffihren. Die Konsequenzen wSrea nicht abzusehen, wenn wir solche F~lle iibernehmen wiirden." - - (])as kurz nach dem Urffalle gemachte RSntgen- bild macht - - obwohl sehr unklar --- den Eindruck, dab schon damals die gleichen Ver:anderungen bestanden haben.)

Dal] dieses Krankheitsbild der L u n a t u m m a l a z i e diagnostisch noch zu wenlg in Erwagung gezogen wixd, zeigt wie der vorige, so auch der folgende

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D. Karpal- u..~Ietakarpalfraktnren i. d../~hr. 1919 u. 1920 b. d. Sehweiz. UnfMl-Versich. 473

lc tz teFal l mit zwe i k l i n i s e h e n G u t a c h t e n (bedeutend gekfirzt). Abb . 27: 30 Jahre. Handlanger. Bekam bei de r g e w o h n t e n A r b e i t (Sandsehaufeln) Schmerzen im linken Handgelenk (Linksh~inder), arbeitete welter bis am Abend; am 2. Tag zum Xrzt: Ergul3, starke Sehwelhmg fiber Navikulare, Funkt ion gest6rt. Der Arzt macht eine Punktion (In~ektion?). - 3. Woche: B e g u t - a c h t u n g wegen Fehlens eines Unfallereignisses und wegen V e r d a c h t a u f G o n o r r h 6 e : ,,Diffuse Schwellung am Handriieken. Dorsal- und Volarflexion stark reduziert und schmerzhaft. Kein Seh~lenknarren. Keine Gonorrh6e- symptome. L~ber die Ursache der Affektior~ kanr~ nur die Beobachtung ent- scheiden, ob Unfall oder Krankheit vorliegt. Therapie: Schonung, Kompressen, Massage." - - Der behandelnde Arzt, trotz Punktio)l mid R6ntgenauhl,~hme, im Zweffel geblieben /iber die Diagnose, vermutet , ,Lues '" mid verordnet Jodkali und wiinscht Wassernmnnreaktion, well die R 6 n t ge n a u f n ah hie a b n o r me V e r h g l t n i s s e aufweise in Radius, Navikulare m~d LL)natum. P a t i e n t ni m i n t die A r b e i t au f Gehei[3 - - n a c h 4 W o e h e n - - zu 1/2 w i e d e r a u f , mui~ aber nach 3 Tagen wegen V e r s e h l i m m e r u n g wieder aussetzen und wird in k l i n i s c h e B e o b a c h t u n g versetzt. - - G u t a c h t e u nach 1 Woehe: Schwelhmg und Druekempfindlichkeit (an der Punktionsstelle), Kapselverdickung, Be- wegung stark reduziert, be~nders Dorsalflexion. Die neue t ~ 6 n t g e n ~ u f - n a h m e zeig~ inl L u n a t u n l e ine r u n d e A u f h e l l u n g : Ostitisherd? Tuher- kulose? Dieser k6unte die Kapselverdiekung erkl:,iren, sowie die Rtduktiot~ der Beweglichkeit trod die lange .4xbeitsunfiihigkeit, welche Punkte das be- schuldigte ,,Unfallereignis" - - vor 2 Monaten - - nicht zu erkl~tren vermag. Schon die erste R6ntgenaufnahme (einige Tage nach dem Unfalle) zeigt diesen Herd; ihn~ entsprieht die Druekempfindlichkeit. Wird Patient zur Arbeit gesehiekt, so wird Verschlimmerung darauf hinweisen, dab es sich um Tuber- kulose handelt : ,,Soll die Arbeit wieder fiir 2 Woehen zu Hglfte aufnehnlen." - ])am1 n e u e r B e f u n d : ,,Es ist B e s s e r u n g e i n g e t r e t e n , Sehwelhmg und Steffigkeit und Schmerzen sind verschwunden. Es seheint, dab (lie P u n k t i o n die eigentliehe Ursache der akuten S3~nptome war. Patient nimmt die Arbeit jetzt wieder roll auf." -- N a c h w e i t e r e n 3 W o c h e n wegen R e z i d i v konsul- tiert Patient einen neuen Arzt, wegen starken Sehmerzen ~besonders bei Be- wegung des geschwollenen Handgelenks: In der Tiefe der Sehwelhmg ,,Fh~'k- tuation':. Fingerbewcglichkeit gut, Abmagerung trod leiehte Tempera tur : also T u b e r k u l o s e ? Therapie: Immobilisiertmg. - - G u t a c h t e n e ine s U r o g e n i - t a l - S p e z i a l i s t e n : Schliei]t Gonorrh6e dt,rch Urimmtersuehung a,,s; Wasser- mann_reaktion negativ. - - Daher n o c h m a l s B e g u t a c h t u n g d u r c h e i n e n a n d e r e n K l i n i k e r : ,,Geringe EinschrSnkung der Beweglichkeit, Forcieren schmerzhaft , radialseits Handgeleltk leicht verdickt , subjektiv Schmerzen ur~d Sehwiiche. Bei dem hartni~ckigen Weiterbestehen der Symptome rmch einem ganz tmseheinbaren Traurpa m.uB mart an I n f e k t i o n denken. Fiir Gonorrh6e und Lues kein Beflmd. Die atflaaltende Kapselverdickung deutet auf T u b e r k u l o s e , aber die giinstige Wirkung der Massage und der :4xbeits- aufnahme sprechen dagegea urtd in diesen 4 Monaten seit Beginn w/irde sich eine Tuberkulose durch ~ie Iokalen Symptome wie dureh die Funktionshemmung aufgek!~rt haben. Es k6nnte die P u n k t i o n die lang~ame Entwieklung und lange Dauer aueh verursacht haben. Die R6ntgenaufnahme zeigt etwas

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Halisterese des Handgeleltks und einen Fleeken im Lunatum. Abet dieser fsnd sich scbon in der ersten Aufnahme, gleich nach dem ,,Unfall"; es handelt sich also um e ine a l t e A f f e k t i o n , w e n n i i b e r h a u p t y o n e i n e r A f f e k t i o n g e s p r o c h e n w e r d e n k a n n ; denn auch bei den R6ntgem~ufnahmen bestehen zwischen beiden K6rperseiten Dffferenzen, die nicht immer pathologisch sein miissen. Es ist also festzustellen, dal3 es sich um eine alte erloschene Affektion handelt, zu welcher der Unfall keine Beziehungen hat. Vom Standpunkt der Versicherung aus ist die LSsung einfaeh: Gew~hrung einer Entscb~idigung f/Jr eine banale Distorsion (2 Wochen). Im fibrigen ist Pat ient als arbeitsfiihig zu betrachten."

Der erste Begutachter dagegen war offenbar im Begrfff gewesen, die Mfekt ion aufzukl~irem

Diese Reihe von Fallen wiederspiegelt d a s t y p i s c h e B i l d d e r L u n a t u m- m a l a z i e , wie es auch in folgenden auszugsweise wiedergegebenen S t u d i e n e i n z e l n e r A u t o r e n wieder zu erkennen ist, namentlich in einem Falle bei B e c k e r (der vor 10 Jahren sich zutrug und 5 v e r s c h i e d e n e n G u t a c h t e n unterzogen wurde), deren verschiedenes Ausfallen (wie bei unserem letzten ~Falle) fiir das Suchea nach der Diagnose und dem Wesen der ,~ffektion typisch ist. (Als Il lustration dazu kann man sich ganz gut das Rfntgenbild irgend- eines schweren Falles vomehmen, z. B. jenes in de Q u e r v a i n s Diagnostik. Die Bilder haben meistens grol~e ~'~,bnlichkeit.)

E b e r m a y e r (1908) fand unter 23 Karpalvcrletzungen r e l a t i v h g u f i g die i s o l i e r t e L u n a t u m f r a k t u r , abet nur selten die Lt~natumluxation (iihnlieh wie beim Material der Schweizer UnfaU-Versicherungs-Anstalt). Es handelte sich einmal um A b s p r e n g u n g , viermal um Z e r t r i i m m e r u n g s f r a k - t u r e n m i t s t a r k e r V e r u n s t a l t u n g . ,,Das Lun~tum wird nach v. L e s s e r ffrm]ich aus seiner Lage nach der Vola hhlausgedrfickt durch das Kap i t a tum einerseits, Radit:s, Navikulare und Triquetrum andererseits. Da aber die volaren Biinder des Lunatums sehr stark sind, m e n t s t e h t v ie l e h e r e ine K o m - p r e s s i o n s f r a k t u r a l s e i n e L u x a t i o n d e s L u n a t u m s . D a z u b e d a r f e s n i c h t einmal erheblichei- Gewalt; denn in einem Falle yon Absprengung am Luna tum erfolgte dies bei der gewohnten Arbeit (Hobe]n)" - - welche Auffassung dutch andere jedoeh nicht geteilt wird. ,,Aueh zwei anderc Patientelt habert welter gearbeitet und eir~er davon wul~te fiberhaupt l~iehts yon einem Trauma. Alle drei kamen erst wegen der sekund~tren sehweren Stfrungen im Handgelenk in :Behandlung. - - Aueh bei der Lun~tumfraktur ist die P r o g n o s e k e i n e g u t e ; wegen der sFiiteren A r t h r . def. , t rotzdem diese hier a u f d a s L u n a t u m l o k a l i s i e r t b l e i b t im Gegensatz zu jener bei Navikularefraktur, die das ganze Gelenk betrifft. Um dieser Arthritis entgegen,zuwirken: Baldigst Mas s a g e u n d Hei f~ luf t . Die Tendenz zur knfchemen tteilung ist viel grffler als beim Navikulare" - - was aber nicht stimmen wiirde mit der Annahme schlechter Ernitbrungsverhii.ltnisse a priori beim Lunatum nach P r e i s e r , K i e n b f c k u. a.

Aus dem Jahre 1909 s tammt auch die Verfffentlichung P r e i s e r s fiber die z e n t r a l e D e s t r u k t i o n b e i m N a v i k u l a r e (s. oben).

F i n s t e r e r (1909) berichtet yon einem FaRe, bei dem 10 Wochen post Trauma 21/2 cm Atrophie an Vorder- und Oberarm bestand und die Dorsal-

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D. Karpal- u. 3I~.takarlm.lfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Sehweiz. Unfall-Ver~ich. 475

f ]e~on und I~adialflexiort = 0 warem dal3 trotz E x s t i r p a t i o n des L u n a t u ms die Dorsalflexion nur ~ehr langsam aber doch in 6 Woehen wieder bis 250 sich besserte mul da~ Patient dam~ wieder schwere Gewichte s temmen konnte, wiihrend in einem 2. Fa l l ohne Operation sieh nut" die Zugkrafl der Hand besserte, dagegen das Stemmen und Sehieben maehte Sehmerzen und noeh 2t/z .Jal~,r nachher hestand iiber dern Lunatum Druekempfindliehkeit. Die l)orsalflexior~ ging nur his 20 ~ die Radialflexion his 10 ~ - - in einem 3. und 4. F a l l mit A b s p r e n g u n g e i n e r K n o e h e n s e h a l e p a r a l l e l zu r R a d i u s - p f a n n e (also wohl ~ihJflich Abb. 26) ergab die k o n s e r v a t i v e B e h a n d l u n g e ine g u t e H e i l u n g bis zu f a s t n o r m a l e n V e r h M t n i s s e n . In einenl 5. F a l l e mit. F r a k t u r a u f de r R a d i a l s e i t e (also ahrdich wie hei tmseren 5 erstert FMlert) t ra t in 4 Wochen wieder normale Funktion ohne Operation ein.

Gew6hnlich kommt (lie Lunatunffraktur naeh F i n s t e r e r erst in v e r - a l t e t e m Z u s t a n d zurBeobaehturtg, bietet aher auch danrl noch c h a r a k - t e r i s t i s e h e S y m p t o m e : 1. V e r d i c k u n g tles Handgelenks in dorso-vo]arer Riehtung, 2. E i n s e h r ~ i n k u n g der D o r s a l - u n d R a d i a l f l e x i o n , 3. K l o p f - e m p f i n d l i e h k e i t d e s K a p i t u l u m d e s M e t a k a r p u s I I I , 4. M e t a k a r p u s - K a p i t u l u m I l l z u r t i c k g e ~ u n k e n bis auf das Niveau des K a p i t u l u m I I und IV.

Die D i a g n o s e b l e i b t a b e t o h n e g 6 n t g e n b i l d t r o t z d e m i m m e r n u r e ine w a h r s e h e i n l i e h e , und zwar roll das R6ntgenbild in 2 Riehtungen mid yon beiden H~s gemaeht werden zum Vergleieh.

K i e n b 6 e k (1910) :Studie auf Grund yon fiber 30 F:,illen xon E n t a r t u ngs- f o r m e n und K o m p r e s s i o n s f r a k t u r e n des L u n a t u m s : ,,Es ist eine im wesentlichen isoliert auftretende Erkrankung des Lunatums, vereinzelt ist atteh das Navikulare mitheteiligt. Sie b e t r i f f t v o r a l l e m d e n p r o x i m a l e n T e i l des L u n a t u m s , wiihrend die Oelenkflitehert fiir das Kapi ta tum, Tri- quetrnm mid Navikulare gut erhalten sind. ~Ian sieht s eh r v e r s e h i e d e n e C r a d e de r Z e r s t 6 r u n g : Form und Struktur fast ganz erhMten bis ganz zerstOrt und bemnders de r p r o x i m a l e Tei l d u t c h e ine he l l e Z o n e e r s e t z t --Entkalkung. Nut ausnahmsweisekann e s s i e h u m K n o e h e n a p p o s i t i o n handehl, wenn z. B. eine der p r o x i m a l e n E e k e n in e ine Z u n g e a u s g e z o g e n ist oder die K o n t u r e n we l l ig e n t r u n d e t sind" (vgl. Abb. 23).

W e s e n der A f f e k t i o n : ,,]3ei f l o r i d e m P r o z e B diirfte es sieh um E r w e i e h u n g ( O s t e o m M a z i e ) , b e i m E n d a u s g a n g um A t r o p h i e des L u n a t u m s handeln. Die hgufige V e r d u n k e l u n g des L u n a t u m s beruht w a h r s e h e i n l i e h auf V e r d i e h t u n g de r S p o n g i o s a , wie sie bei 3..rthr. def. und am hoehgwadigsten bei der _4a'thropathia bei Tabes vorkommt infolge der starken Beanspruehung des ern~hrungsgest6rten Knoehens. (Bei p o l y - a r t i k u l a r e m O e l e n k r h e u m a t i s m u s kommt es zu Ankylose und Inaktivit i i t der Gelenke, und der Knoehen wird dabei atrophisoh, nieht sklerotiseh.)

,,1. Fiir eine O s t i t i s bzw. A r t h r i t i s t u b e r k u l 6 s e r o d o r l u e t i s e h e r N a t u r sind die Naehbarknoehen nioht entspreehend ver~indert und fiir Ca r lo s gbe. m i t F u n g u s oder L u e s liegen aicht die geringsten AnhMtspunkte vet.

,,2. gufolge der I s o l i e r t h e i t kommg aueh e h r o n i s e h - p r o g r e s s i v e r p o l y a r t i k u l a r e r G e l e n k r h e u m a t i s m u s n i e h t in Betraeht; ebenso n i e h t A r t h r i t . def.

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,3. Es kaml der F o l g e z u s t a n d y o n p r i m a r e r F r a k t u r , n a m e n t l i c h K o m p r e s s i o n s f r a k t u r vorliegen, wobei das Lunatum durch das urs~)riingliche Trauma plattgedrfickt wurde, wie dies O b e r s t , Sch miz , W i t t e k , H i r s c h ; E b e r m a y e r , G r a s h e y und L i l i e n f e l d almehmen.

,4. Es kann sich um eine t r a u m a t i s c h e M a l a z i e handeln, und zwar vielleicht i n f o l g e yon R u p t u r y o n B a n d e r n u n d A r t e r i e n d u r c h D i s t o r s i o n . Die Strukturveranderungen atrophischer oder ar~hritischer Natur, die Abplattungen und Fraktur waren die :Folge der E r w e i c h u n g u nd B r i i c h i g - k e i t d e s K n o c h e n s . , , P r e i s e r w a r e s , der 1 9 0 9 e i n . e n T e i l d e r N a v i k u l t ~ r e - f r a k t u r e n - - mit dem Lumttum befaBte er sich nicht --- als S p o n t a n f r a k t u r auffaBte, und zwar als die F o l g e e r s c h e i n u n g e i n e r r a r e f i z i e r e n d e n O s t i t i s n a c h B a n d e r a b r e i B u n g und k o n s e k u t i v e r E r n g h r u n g s s t 6 r u n g des K n o c h e n s . "

K i e n b 6 c k h a l t e ine E n t s t e h u n g n a c h ge r i~ lg f t i g igen T r a u m e n fi ir a u s g e s c h l o s s e n ; es handle sich vielmehr um e ine a l t e S c h ~ d i g u n g , die e r s t be i A n s t r e n g u n g e n z u m V o r s c h e i n k o m m e , wahrend cLie ersten Beschwerden nach eirdge~ Tagea verschwi~lden kammn, ulld erst die sekur~dgren St6rungen sind erheblich genug, um den Patientell zum Arzt zu fiihren. A b e r K i e n b 6 c k n e i g t a u c h zu r A n s i c h t P r e i s e r s , , ,dab es s ieh u m S p o n t a n - f r a k t u r u n d r a s c h e A b s c h l e i f u n g des b e r e i t s b r i i c h i g g e w o r d e n e n K n o c h e n s h a n d l e " , und halt die Annahme, ,,das Luna tum sei nach Eintri t t einer primaren Fissur oder gar Zerquetschungsfraktttr so st,~rk degeneriert", fiir weltiger wahrscheinlich. Die ,,frischell" Falle mit Abplattung waren often- bar gar nicht frische Verletzungen ,,und man kann sich nicht vorstellen, dab ein gesundes Lunatum abgeplattet Werden kann, dazu noch ohne Neben- verletzung der Nachbarknochen". - - Aus der erheblichen .Beanspruchung des Radio-Karpalgelenkes erklare sich das starkere Befailensein der proximalen Halfte, wo die Gelenkf'l~chen sich nur auf kleinerem Raum beriihren als auf den iibrigen Seiten. - - K i e n b 6 e k glaubt, dab die Z e r r u n g d e r B ~ n d e r d u r c h e ine m o m e n t a n e , g a n z k u r z e p e r i l u n a r e D o r s a l l u x a t i o n de r H a n d h e r w o r g e r u f e n wer~le, woffir die Kombinat ion yon N~tvikulare- f raktur mit Malazie des Lunatum spreche, wenn man dazu in Betracht zieht, dab dic Blutzufuhr zum Lunatum iiberh~upt eine prekare Sa~he sei. - - ,,Oh in manehen der ~F:~lle durch das Trauma ebm Fissur oder Frak tu r erzeugt werde, wie es P r e i s e r amfimmt fiir die meisten spontanen Navikulare- f rakturen, ist nicht bewiesen aber m6glich." ( B a u m halt den Beweis ffir erbra~ht. )

A l so n a c h K i e n b 6 c k : P r im~t r k e i n e F r a k t u r , s o n d e r n bloB B a n d e r - u n d G e f a B r u p t u r , k o n s e k u t i v c E r n a h r u n g s s t 6 r u n g , E r - w e i c h u n g , P o r o s e , S k l e r o s e , A b s c h l e i f u n g , S p o n t a n f r a k t u r . - - B e i schwerer Erkrankung des Lunatum findet sich auch c h r o n i s e h e A r t h r i t i s , n a c h K i e n b 6 c k e r s t a ls :Folge de r L u n a t u m e r k r a n k u n g , n i c h t ats i d e n t i s c h e A f f e k t i o n . L~cer die Haffte der ~Fglle K i e n b 6 c k s weisen das Alter yon 20--30 Jabren auf. :Der veranlassende UnfaU liegt oft Wochen, Monate oder gar fiber 10 Jahre zur/ick, h */3 der Falle ist die rechte Hand betroffen. - - Nach K i e n b 6 c k ist die Affektion beim Lunatum baufiger als beim Navikulare, E b e r m a y e r sah sie gleich oft.

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D. Karpal- u. }[etakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 477

,,Di agn o se: Erst einige Tage naeh dem Trauma ist ein positiver 1R6atgea- befuml zu erwarten. -.- Wochen, Monate oder gar Jahre nach dem Trauma kaml noch eirm [eichte Schwelhmg am Handgelenk bestehen, dazu meistens b e d e u t e n d e R e d u k t i o n de r B e w e g l i e h k e i t a n d s t a r k e S e h m e r z e n bei m p a s s i v e n F o r c i e r e n . Das Krachen dahei l~f~t einen zuerst an Arthritis deformalls dmlken. Gelegentlich findet sieh iiher dem Lunatum zirkumskripter Druekschmerz, distal davon eine Ein.senkung and darin eventuell K_repitation." B e i m B e k l o p f e n des K a p i t u l u m des M e t a k a r p u s I I I S c h m e r z e n in der G e g e n d des L u n a t u m s (Hi rsch) . R6Iltgenbild unerl~illlich fiir eine siehere Diagnose.

, , P r o g n o s e : Die Zerst6rung verlguft fortsehreitend, undes komn,_t dazu Arthritis deformans.

, , T h e r a p i e : Mass~lge, HeiBluft; bei sehwermt St6rungen Exstirpation. ,,Als a n a l o g e A f f e k t i o n e n sind aufzufassen: C o x a v a r a t r a u m a t i e a

(ebenf~dls intrakapsuliir) mid S p o n d y l i y i s t r a u m a t i c a ( K t i m m e l l ) . " B a u m (1913) herichtet iiber 2 F g l l e y o n L u n a t u m a t r o p h i e : Der

eine 2 Monate, der andere 4 Jahre nach dem Trauma ir~ Behandhmg wegml Beschwerden. HeiBluft und Gipsverband ohne jeden Einflul~, tags ulld nachts Schmerzen, in den :4~rm ~msstrahlend. - - I a beiden F~illert n a e h de r E x s t i r - p a t i o n s o f o r t s e h m e r z f r e i , allmhhlich erhebliehe Besserung der Geler~k- funktion: Volarflexion um ca. 15 ~ Dorsal.flexion um ca. 300 reduziert.

,,P r e i s e r und K i e n b 5 c k erklSren die Affektion als Folge einer abnormen Brfiehigkeit tles K~lochens, entstanden dutch g u p t u r der BSnder and Kzmchen- arterien nach Kontusion und Distorsion des Handgelenks. - - H i r s c h , d~r nieht blof~ rSntgenologisch, sondern auch noch das Prhparat naeh der Operation zweier F/ille untersuchte, erkliirt die , , H S h l e n b i h l u n g " (Aufhelhmg im ROntgenbild) als eirte Z e r m a l m u n g de r S p o n g i o s a . --- W o l l e n b e r g unter- suehte seinen Fall aueh m i k r o s k o p i s e h , bei dem eine J~'raktur bestanden haben m_ul3te, well g e r i n g e K a l l u , s b i l d u n g n a e h w e i s b a r war, dagegen in de r Z y s t e fand sieh G e w e b e y e n R i e s e n z e l l e n - S a r k o m - C h a r a k t e r . ' "

B a u m besehreibt eingehend d a s m i k r o s k o p i s e h e B i l d i,1 seinen 2 Ff, llen und gibt davon 2 Abbildungen. Er deutet den mikroskopisehen Befund als F r a k t u r h e i l u n g ; das sarkomartige Gewebe sei welter nichts als die Reaktion auf die ausgedehnte aseptisehe Knoehenne~'ose. ,,Aus den frischen Befundmx yon H i r s e h und aus der Mitteilung yon Axhau.- :en (sehm~ aaeh 2 Woehen Nekrose) geht hervor, dab die regenerative F:,ihigkeit nieht ausreieht, den Defekt zu deeken. Es kommt nut zu einer Bindegewebenarbe."

D e r m i k r o s k o p i s e h e B e f u n d liil3t n a c h B a u m k e i n e a n d e r e D e u t u n g zu, als dal~ p r i m g r e ine F r a k t u r b e s t a n d , welehe zum Tell pseudarthrotiseh, zum Tell mit einer sehr verz6gerten und unvollstandigen Kallusproduktioa zur Ausheihmg gelangt. - - ,,Die sehlechte Heilung erkltil't sieh ~us der Zermalmung, weleher die Regeneration nieht gereeht zu weIvterl vermag, and aus der mangelnden Sehommg bei tier exponiertert Lage des Luna- turns." - - Das Mit3verhi~l tn is z w i s c h e n d e n e r s t e n l e i e h t e n S y m - p t o m e n u n d den e r s t s p a r e r (Jahre nachher) e i n s e t z e n d e n B e s e h w e r - den veranlaBt versehiedene Deutungert: Naeh B~u m ]~eruht diese Erseheimmg auf c h r o n i s e h e r A r t h r i t i s an d e r p r o x i m a l e n H a n d g e l e n k f l S e h e ,

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wofiir der Mtere seiner F~tlle spreche; diese erkltire aueh die ill den Arm aus- strahlenden Schmerzen.

,,Die T h e r a p i e kaml in alten Fallen nur eine operative sein, dean aktive uml passive Hypertimie und Fixierung blieben ohne Erfolg." B a u m halt aber fiir sehr wohl mSglieh, da/3 eine s o f o r t n a e h d e m T r a u m a e i n g e l e i t e t t , l a n g e r e F i x i e r u n g des Handgelenks aueh bei dieser Art yon Frak tu r eine Ausheilung briagen und diese sekundaren Folgea vermeiden kann. Dagegen htilt er die p r i m a r e E x s t i r p a t i o n (naeh H i r s e h und S c h n i t z l e r ) n i e h t f i i r b e r e e h t i g t , well das Lunatum f~ir die Stat ik des Handgelenks wichtig sei und eine gewisse Funktionsbeschrtinkung zur/ickbleiben m/isse, welche man nut in K a , f nehmen diirfe bei i~.Iteren Fallen, die konservat iv night wieder arbeitsf/ihig zu machen sind.

O e h l e e k e r (1914) besehreibt unter anderem einen Fall, we r e c h t s Navikularefraktur, l i nks isolierte volare Lunatunfluxation (perilunare Dorsal- luxation) bestand. Patient war 4 Jahre naeh der Exstirpation des Lunatums in keiner Weise im Gebraueh der Hande behindert. Das RSntgenbild zeigt im N a v i k u l a r e in de r M i t t e e ine ,,H 5hle" , und trotzdem bestand vSllig normMe Bewegliehkeit, nur bei starker Anstrengung Schmerzen in der Tabatiere. Links : Dorso-Volarflexion um 1/3--1/' 2 reduziert.

In eingehendster Weise wie K i e n b S e k (und P r e i s e r mit der Navikulare- malazie) hat sieh mit der Lunatummalazie auch ]3eeker befa/lt in seiner ehenfa/ds yon einer groBen Anzahl yon anselmuliehen RSntgenbildern beglei- teten Arbeit :

, ,Die i s o l i e r t e E r k r a n k u n g des L u n a t u m s u n t e r b e s o n d e r e r B e r t i c k s i c h t i g u n g der U n f a l l b e g u t a e h t u n g ( B e c k e t 1914)". - - ,,Es ist eine Handverletzung, welche besonders be z iigli ch de s Z u s a m me n h an gs z w i s e h e n den E r s c h e i n u n g e n u n d d e m da f f i r v e r a n t w o r t l i c h ge- m a c h ~ e n U n f M l grol3e S c h w i e r i g k e i t e n bietet. Denn d a s UnfM1- e r e i g n i s erweist sich h ~ u f i g a ls s e h r z w e i f e l h a f t o d e r s e h r g e r i n g f i i g i g und b l e i b t h~iufig i m R a h m e n des B e t r i e b s i i b l i c h e n . So wurde haufig (lit Arbeit 1inch dem Unfa]l fortgesetzt und die Anmeldung erfolgte viele Wochen oder Monate sp~,ter und der B e f u n d s t a n d in a u f f M l i g e m G e g e n s a t z zu den B e s c h w e r d e n . ]3as l ~ S n t g e n b i l d zeigt in der Regel a l s e i n z i g e u B e f u n d e ine e i g e n a r t i g e F o r m v e r a n d e r u n g des L u n a t u m s , das wie plattgedrfickt erscheint, der proximale Tell wie angefressen, die Strnktur fleckig und zum Tell dunkler als die iibrigen Karpalia. Die dem Lurmtum ent- sprechende Facet te des Radius manchmal wie angefressen, die anderen Nachbar- knochert m it leicht arthritischen Veranderungen." - - ,,Man hat den E i n d r u ck e i n e r K o m p r e s s i o n s f r a k t u r , besonders w.e~m die Aufhelhmgsherde so ~ngeoxxlnet sind, dab sie als eine Frakturlinie erscheinen; oder gsr abgelSste Teile veto Luna tum Ms Absprengung imponierem Abet eme Frak tu r allein kann es auch nicht sein, zum mindesten mfissen s e k u n d a r e Ver'ii, n d e r u n g e n eingetretell sein. Manchmal ist auch gar nichts zu sehen, was fiir eine :b-k-aktur sprieht. We z. B. z u n g e n f 6 r mige Z u s p i t z u n g e n ( b e s o n d e r s a n d e r U l n a r - p r o x i m a l - K a n t e ) und a r t h r i t i s c h e V e r ~ n d e r u n g e n in der Umgebung vorhanden sind, macht das Bild den E i n d r u c k e i n e r c h r o n i s e h d e f o r - m i e r e n d e n A r t h r i t i s m i t v o r z u g s w e i s e r L o k a l i s a t i o n i m L u n a t u m ' "

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D. Karp~l- u. Metakarpalfr,~kturen i. d..lahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 479

(vgl. Abb. 23 hier). ,,Vor al]em aber las,~n A u f h e l l u n g s i l e r d e alt eiIle T11 be r k u 1 ose denken, so befremdend auch die isolierte Lokalisation derse]ben in einem eirtzelnen Kn6chelchen sein nlfiBte."

,,Zufo]ge dieser U n s i c h e r h e i t in de r D e u t u n g des W e s e n s muBte nat/irlich yon jeher auch in der Begutachtung das Urteil bald so. bald anders ausfallen, bei ciner Affektion, welche eine sehr erhebliche Erwerbseinbui3e nach sich zieherl k(tml, was dem Gutachter eine gToi]e Veralitwortm~g auferlegt. Denn man ist fiberrascht, wie schwere St6rungen in der Beweglichkeit und Kraft diese L~,ision mit der Zeit verursachen kaml." - - Sehr lehrreich ist folgender F a l l B e c k e r s , de r 5 v e r s c h i e d e n e n B e g u t a c h t u n g e n u n t e r z o g e n w u r d e lind ganz ausehmndergehende Aasichten zeitigte.

(A.uszugsweise.) P a t i e n t versp/irte 11909 Ende Augt, st.) beinl Glasblasen pl6tzlich sehr heftige Schmerzen im lillkeIl Handgelerdr so dal3 er einen Kollegen zu Hilfe rufelx mul3te. Hat im f<>lgerMer~ 3[onat lxoch mit UnterbrechtJng einiger Tage gearbeitet, mul3te dann aber, weger~ Schnlerz und Schwelhmg die Arbeit ganz einstelle1~. R6rltgenbericht : I m Navikulare ehl ,,Absze6'" in der proximalen Hal.fte; das Lunatum auf 1/a zusammen,,gestaucht". ,,Bewegliehkeit des Hand- gelenks alff die Hitl/te reduziert, nach allen Richtungen. auch die Pronation um 1/a behindert, die Finger dagegen frei beweglich und keine Atrophie am Axm. Kraft und (_~eschicklichkeit ~ h r herabgesetzt und S(,hmerzen im Hand- gelenk."

Das I. Gu t a c h t e n (L in iger ) vonl Arbeitgeber veranla6t, lautete auf: , , C h r o n i s c h e E n t z t i n d u n g " - - daher Ablehmmg.

Ein II . G u t a c h t e n ( B a r d e n h e u e r ) vom Schie,<lsgericht eingeholt, kaml nicht beipflichten: .,Es handelt sich nm einen i s o l i e r t e n B r u c h des L u n a - t u rn s n a c h E n t s t e h u n g und V e r l a u f : Mitten aus voller Gesundheit heraus, bei eilmm durchaus glaubwiirdigen Manne. Die Last yon etwa 25 Pfulld an deal lalxgen Hebelarm der Glaspfeife ist wohl imstaixde eille Karpal f raktur auszn- 16sen beimSchwenken und Drehen." Nach 41/2Monaten M e c h a n o t h e r a p i e ist welxigstens so weit Bes~r lmg eingetreten, (lab der 3Iann die Arbeit teil- weise wiederaufnehme1~konnte. , , G e g e n d i e A n n a h m e e i i ~ e r c h r o n i s c h e n E n t z t i n d u n g (dureh den vorherigen Gutachter) s p r i c i l t die A r t d e r E n t - s t e h u n g , d e r g e r i n g e o b j e k t i v e B e f u n d . d c r g a u z e V e r l a u f und d a s R 6 n t ge n bil d. Die Karpalia zeigen Ver~inderu ng der feinerell Struktur zufolge akut-entziindlicher _4xthritis, wie es h~iufig nach Fraktur zu sehen ist, zufolge der Resorption von Knochertsalzen. In diesem Sinne deuten wir die Aufhetlung im Navikulare. Es erscheint unwahrscheialich, dal3 bei dem Bestehen eines derart sehweren Knochenprozesses, der scholl zu einenl ,,Abszef3" gef/ihrt haben sollte, eine nunmehr seit 1/2 Jahr fast ununterbrochene schwere Axbeitsleistung m6glich ist. Wir haltea die Ver~ndermlg ftir t r a u m a t i s c h e n U r s p r u n g s und mit tiberwiegender Wahrscheinlicbkeit ats die Folge des beklagten Unfalles.

- - Die bestehende Erwerbseinbul3e : 10~ '` Der I. Gutachter beharrte auf seinem Standpur~kt und st/itzte ihll tlurel~

das Gutachten e ines R 6 n t g e n o l o g e n : ,,Meines Erachtens handelt es sich um eine e n t z t i a d l i c h e E i n s c h m e l z u n g nicht um Js'raktur, hierfiir spricht besonders die Zerkliiftung des Knochens; auch die im Navikulare bestehende Alffhellung ist als entziindliehe Einschmelzung zu betrachterl."

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III. G u t aeh t en (g i ed er) : ,,Nach dem RSl~tgenbefund handelt es sich nioht um eine Verletzung, sondern um einen c h r o n i s c h - e n t z i i n d l i c h e n Prozef~, der ganz langsam zur E J n s c h m e l z u n g des L u n a t u m s und zu c h r o n i s c h e r A r t h r i t i s de r U m g e b u n g geffihrt hat ." - - ,.Mit B a r d e n - h e u e r dagegen stimmen wit darin iiberein dal3 im N a v i k u l a r e k e i n AbszeB vorliegt, soudern H 5 h l e n b i l d u n g durch Auflockerung des Knochengewebes als F o l g e y o n A t r o p h i e . Aher bei einer Fraktur w~iren die Ver~nderungen entschieden anderer Art. W e l c h e r A r t d e r E i n s c h m e l z u n g s p r o z e B is t , lii, f~t s ich n i c h t mi t S i c h e r h e i t s a g e n : T u b e r k u l o s e und L u e s scheinen nicht in Betracht zu fallen. Ob A r t h r i t i s d e f o r m a n s diese Veriinderungen am Lunatum hervorrufen kann, ist uns nieht bekannt, die iibrigen Verhnde- rungen wiirden dazu passen, ebenso die fin fibrigen ziemlich reizlose Beschaffen- heir des Gelenks."

, ,Gegen die A u f f a s s u n g als U n f a l l s p r i c h t u n s e r e s E r a c h t e n s die E n t s t e h u n g und de r Ver l au f . Wir halten es (fir ausgeschlossen,'daB jemand mit einer Lunatumfraktur noch welter arbeitet mit hesonderer An- strengung des Handgelenks, weil dieses zu schmerzhaft sein wtirde. Auflerdem ist auffallend, dal3 die Affektion so sp/tt als Unfall angemeldet wurde, obwohl der Mann 1/4 Jahr fast ganz arbeitsunfhhig war. Es handelt sich nach allem um ein langsam entstandenes und c h r o n i s c h v e r l a u f e n d e s G e l e n k l e i d e u , w e l c h e s m S g l i e h e r w e i s e als B e r u f s f o l g e a u f z u f a s s e n i s t , a b e r mi t de n t U n f a l l in k e i n e m Z u s a m m e n h a n g s t e h t . "

Darauf ~ l r d e die U n i v . - K l i n i k B e r l i n (Bier) tim ihr G u t a e h t e n (IV) angefragt, welches be~gt : , ,Unse res E r a e h t e n s l i eg t die y o n B a r d e n - h e u e r a n g e n o m m e n e L u n a t u m f r a k t u r in de r T a t vor , uad wit sch]ieBen uns auch bezfiglich der detaillierten :Deutung B i e r s an: Die S t r u k t u r - v e r ~ n d e r u n g h a l t e n wir f i i r s o g e n a n n t e e n t z i i n d l i c h e A t r o p h i e , ein speziel] yon S u d e k beschriebener l~rozeI3, der sich mit Vorliebe an Fraktur auschliel3t. Die Ar t der V e r l e t z u n g s c h l i e B t e ine K a r p a l f r a k t u r k e i n e s f a [ l s aus und e b e n s o w e n i g 1/tilt s ich die F o r t s e t z u n g d e r A r b e i t f t i r e i n ige Ze i t d a g e g e n v e r w e r t e n . " - - ,,W/thread wir somit in der An- nahme der Lunatumfraktur uns B a r d e n h e u e r anschliel~en, st immen wir mit R i e d e r darin iiberein, dal3 die Lunatumaffektion nicht die einzige nach- weisbare Ver/tnderung im Karpus darstellt. Es linden sich d a n e b en Ver - ~ i n d e r u n g e n , die wir als c h r o n i s c h - e n t z i i n d l i e h e n Proze l3 d e u t e n , besonders Ver/tnderungen, die zwanglos in den Rahmen der A r t h r i t i s de fo r - m a n s passen, jener speziell in den grol~en Gelenken genauer bekannten Er- krankung, die sich erfahrungsgem/tl~ gern an Verletzung ansch]ieBt."

Da diesem Gutachten nur die Akten (keine Untersuchung des Patienten) zugrunde lagen, so wurde noch das G u t a e h t e n (V) y o n Gar r6 eingeholt: ,,Die subponierte Abszedierung mit Sequesterabl6sung h~tte inzwischen schon 1Kngst zu einer schweren St6rung des ttandgelenks geffihrt. E i n e r e i n e i t r i g e E n t z i i n d u n g i s t a l so a u s z u s c h l i e B e n ; e b e n s o e ine c h r o n i s c h e Ent- . z i i n d u n g : T u b e r k u l o s e und L u e s verlatffen anders. Vor ahem beschr/tnken sie sich nicht auf ein isoliertes Kn6ehelehen und dann ist ihr Verlauf geradezu ein umgekehrter. Zuzugeben ist, dal3 m a n in den ersten Wochert im Zweifel sein konnte, ob T u b e r k u l o s e vorliege oder etwas anderes; dann aber war

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d..lahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 481

der Verl~u~f entseheidend, und der hStte nicht zu einer Besserung und Zunahn:e der Gebrauehsfi~higkeit gefiihrt, wie er hier besteht, sondem ein dalmrndes Wcitersehreiten oder wel~gstens unverkennb~re Zeiehen abgelaufener Tuber~ kulose whren zu konstatieren."

,,Heute arheitet der Mann bald I Jah r wieder, undes ist (ohne Operation) fortschreitende Besseruug zu konstatieren. Der R6utgenhefund ist nur noch beim Lunatum abnorm, und ich sprcehe die Affektion als einen E r w e i ch u ngs- p r o z e B an." , ,Der S c h l u B f c l g e r u n g , d a b e ine F r a k t u r n i c h t s t a t t - g e f u n d e n , w e i l P a t i e n t n u r d i e i i b l i c h e A r b e i t v e r r i c h t e t h a b e , k a n n ich n i c h t b e i p f l i e h t e n , well die ttigliehe Erfahrung zeigt, dal3 noch wesent- lieh sehwerwiegendere Briiehe eintreten bei Verrichtungen, die ebenfalls als durchaus normal anzusehen sind oder nur werfig davon abweichen (z. B. Mittelful3-Marschfraktur). B e i m L u n a t u m k (~mmt die F r a k t u r d u r c h K o m p r e s s i o n zus t a . nde . Br~whlinien finden sich lficht (s. str.), (lagegen sind F o r m - und 8 t r u k t u r v e r ~ t n d e r u u g e n F o l g e n des T r a u m a s , " jene der Form als sofortige Folge.

Also: :,Es l i e g t e iue L u n a t u m f r a k t u r vo r m i t s e k u n d / i r e r K n ~ - c h e n v e r i i n d e r u n g und a n s c h l i e B e n d e r c h r o n i s c h e r A r t h r i t i s leiehter Art mid yon umschriebener Ausdehmmg. B e f u , l d , E n t s t e h u n g uud Ver - l a u f s p r e c h e n d u r c h a u s fiir F r a k t u r , v e r u r s a e h t ( lu rch d e n a n g e - g e b e n e n U n f a l l . "

L i n i g e r hielt an seLnem 8tandpuukt trotzdem fest, dab es sieh um G e w e r b e k r a n k h e i t , nicht um Unfal] handle. Der eingelegte Rekurs wurde abgewiescn. - - D~ der Mann jetzt wieder gleiehviel Lohn erhielt wit seine Mitarbeiter und gleiche Arbeit verriehtete, beantragt L i n i g e r Einstellung tier Reltte. Patient verlangte neue Begutaehtung dutch G a r r6 , der 15~ R e n t e bear~tragt wegen zeitweiser Schwellung und erheblieher Behinderung der Be- wegung.

Dann fiihrt .Beeker weiter: :,Unsere Vorstelhmgen h~ben inzwischen durch die ~4xbeiten K i e n b 6 e k s und P r e i s e r s eine wesentlic:he .'~nderung und Kl~irnng erfahren. K i e n b 6 c k kam zum SehluB, daI3 es sieh nieht um eine prim/iro Fraktur, sondern um e ine E r n / i h r u u g s s t 6 r u n g handle (Malazie) itffolge B~knderzerreiBung durch das Trauma, erst sekundiir entstehe die Fraktnr .

, , Z w e i f e l l o s h a t K i e n b S c k s E r k l i i r u n g dieset" L u u a t u m a f f e k t i o u v i e l f i i r s ich und (lie D e u t u n g als i s o l i e r t e F r a k t u r k a n n n i c h t be - f r i e d i ge n."

, ,Die n e u e r e n B e a r b e i t e r s ind a l so j e t z t d a r i n e i n ig , dal3 es s ich u m e ine E r n / i h r u n g s s t 6 r u n g n a c h T r a u m a hau( l l e ( P r e i s e r ) ; K i e n b 6 c k hat sie als t r a u m a t i s e h e M a l a z i e bezeichnet. L~ber die Art lind besonders fiber (tie Schwere der Gewalteinwirkung gehen die Meirmngen welt auseinander. E b e r I n a y e r , der schon vor K i e n b B c k 5 F/i.lle mit guten RSntgenbildem verSffentliehte, glaubt, dab durchaus nicht ein sehweres Trauma nStig sei, zu der ~ie er meinte prim~iren ~'raktur; K i e n b S c k hSlt dies ffir unmSglich, wean nicht der Knoehen schon vorher abnorm brfiehig war."

In I=eiden Fiillen entstehen Sehwierigkeiten f/'tr die Unfallbegutachtung. Iin ersten Yalle kSnnte jede tagtiche .4mstrengung verantwortlich gemacht werden; im zweiten Falle ist der Anteil des Traumas nicht mellbar gegenfber

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dem Anteil tier Krankheit des Knoehens. - - Der g e n a u e Z u s a m m e n h a n g m i t d e m U n f a l l ist s e lb s t bei den am b e s t e n b e s c h r i e b e n ' e n F ~ l l e n yon E b c r m a y e r , K i e n b 6 c k und F r t i n k e l n aeh B e e k e r n i c h t a b g e - kl~trt.

Wichtig ffir die Beurteilung alter Falle ist Fall 16 yon K i e n b 6 c k : Naeh 1 Jahr finder sich im R6ntgenbild der gleiehe Befund, je(toch sind die Schmerzen verschwunden, umi Patient versieht anstandslos seinen Dienst.

Von seinen 20 F~illen der letzten 5 Jahre sieht B e c k e r 3 (2, 3 und 4) als z w e i f e l l o s t r a u m a t i s c h an. Tats~ichlich aber liefern rLiese 3 F~tlle sowic 4 weitere (12, 17, 18, 20) den zwingenden Beweis fiir die traumatische Ent- stehung auch nicht, denn es ist immer nicht sicher ausgeschlossen, dab nicht vorher schon eine - - wieder beschwerdefreie --- Ltmatumaffektiolx bestanden hatte, zu welcher der U~ffall hfilzn kam umi sie natiirlich versehlimmerte. B e c k e r selbst liefert fiir diese M6gliehkeit den Beweis; denn ira d en 3 w e i t e r e n F ~ l l e n , welche wegen anderen Frakturen (z. B. des Unterschenkels) in Be- hamlhmg kamen, land sich dic Affcktion al.~ N e b e n b e f u n d , der bei zweien auf Traumen vor 5 und 28 Jahren zuriiekgefiihrt wurde, bei Leuten, (lie einea maBigen Lohn verdienten. - - Beim 3. dieser Fhlle (7) entwickelte sich sogar w~thrend de r B e o b a e h t u n g die typische Erscheinung, o h n e d a b e ine G e w a l t e i n w i r k u n g s t a t t g e f u n d e n h a t t e : Am Condylus bat. des Ell- bogens wurde nach 11/~. Jahre langer konservativer Behandlung ein Knoehen- sequester ausger/tumt, der als Unfallfolge aufgefaBt wurde, well eine Schiirfung urspriinglich nachgewiesen war . .Am Handgelenk trat erst jetzt ein chronisch- entziindlicher Proze/] it~ Erscheinung am Lunatum, ohne dab zugegebener- maBen inzwischen ein Ultfall stattgefunden hatte, so dab ~etzt auch die Er- krankung am Ellbogen als eine sehr zweifelhafte Uzffall/olge angesehen werden muBte ; vie] eher war es eine spontan aufgetretene organische Knochenerkrankung t~nbekannter Natur.

B e c k e r macht wiederholte Angaben iiber Renten ibis auf 50~ 14). Well in engem Zusammenhang mit den Details, ist dar/iber im Original nachzusehen.

B e c k e r besch]iel~t seine sehr zutreffende Darstelhmg mit fo!gender Zu ~mmenfa ssu ng:

Die D i a g n o s e w u r d e m e i s t e n s n i c h t s i c h e r a u s g e s p r o c h e n ; in der H/i, lfte der F/tlle ist T u b e r k u l o s e als wahrscheinlieh angesehen worden, w~hrend immerhin in 2 F~ilJen Tuberkulose in Frage kam. [m iibrigen kam man aber immer mehr yon der Tuberkulose ab auf Grund der klinischen und anatomisehen Untersuchnngen; und de r h i s t o l o g i s e h e N a c h w e i s e i n e r T u b e r k u l o s e ( i so l i e r t im L u n a t u m ) i s t bis j e t z t n i c h t g e g l i i c k t , allerdings wurden n u t 4 Fa l l e o p e r a t i v b e h a n d e l t . In einem Falle (11) wurde eine Verschlimmertmg der schon vorher vorhandenen latenten Tuber- kulose angenommen, aber die Rente von 25~ sehon nach 1 Jahre auf 15~ ermaBigt un.d nach einem weiteren Jahre gaI~z weggelassen, so dab der Verlauf gegen Tuberkulose sprieht; noch mehr in anderen Fallen, wo noch viel rascher Besserung eingetreten ist.

D e r R S n t g e n b e f u n d is t in a l l en F a l l e n s eh r i ihn l ich . Die A b h i i n g i g k e i t de r A f f e k t i o n y o n e i n e m U n f a l l : I n 13 F ~ l l e n

= z/.~ de r FMle , wurde die W a h r s c h e i n l i c h k e i t d e r E n t s t e h u n g o d e r

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D. Karpal- u. 5Ietakari)alfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b, d. Schw,qz. Unfall-Versicb. 483

V e r s e h l i m m e r u n g d u r c h U u f a l l a n e r k a u n t , a l l e r d i n g s m e i s t e n s w o h l - w o l l e n d e r w e i s e . - - F a l l 7 z e i g t g a u z t y p i s c h , (lab die A f f e k t i o n o h n e U n f a l l e n t s t e h e n k a u ~ ( u n d z w a r h i e r a u s g e w i e s e n d u r c h e i n R 6 n t g e n - b i ld v o r de r E r k r a n k u n g . das noch ein n o r m a l e s L u n a t u m ze ig t ) .

, , S e l b s t b e i m N a c h w e i s e ines U n f a l l e r e i g u i s s e s w i r d d e r Zu- s a m m e n h a n g d a m i t h ~ u f i g g r e b e 8 e h w i e r i g k e i t e n m a c h e n . Volx gr6Bter Wichtigkeit is( ein ,n6glichst friihzeitiges R6~ttgenbild. Finden sich direkt nach dem U~ffall die eharakteristisehen Verg~lderunge~, so warea sis sicher schon vor dem 15flail vorhandeu, it( weleher Beziehtmg besonders Fall 13 yon K i e n b 6 c k lehrreich ist: Fall auf die Hand am Tage vet der R6ntgenatff- nahme bei einer alten Frau, die erst nachtriiglieh angab, dab sic schon vor 10 Jahren ein krartkes Hatldgelenk hatte trod jetzt (lie typischen VerSnderungen aufwies.'"

,,Bei n a e h g e w i e s e n e m U n f a l l e r e i g n i s is t i m m e r h i n m i t Ve r - s e h l i m m e r u n g d u r c h den U n f a l l zu r e c h n e n , und z w a r a u c h d u r e h e in g e r i n g e s T r a u m a , wie d ies a u c h bei de r t r a u m a t i s c h e n T u b e r - k u l o s e de r F a l l i s ( . " --- .l-lso: ,,Die i so l ie r t , e L u n a t u m a f f e k t i o u , d ie K i e n b 6 c k a ls t r a u m a t i s c h e 3 [ a l az i e b e s e h r i e b e n , k a n n a u c h o h n e T r a u m a v c r k o m m e n ; (lie E u t s t e h u u g ( lurch U n f a l l k a n n ~xur bei e i n w a n d f r e i n a c h g e w i e s e n e m U n f a l l e r e i g u i s W a h r s c h e i n l i c h k e i t h a b e n . V e r s e h l i m m e r u n g d u r c h U n f a l l i s ( m 6 g l i c h . : '

P e t e r s (1920) kam~ sich zu K i e n b S c k s Auffassvng lficht bekemmn; ~i ,m F'~tlle lasscn e b e n s o g u t e ine p r i m h r e K o m p r e s s i o n s f r a k t u r a n - nehmen~ j e d e n f a l l s sei an f r i s c h e n F ~ l l e n e ine F r a k t u r l i n i e d e u t l i c h zu sehen .

Mii l le r (1920) l~I3t be ide Y o r m e n g e l t e n : 1. Z e r t r t i m m e r u n g des K n o e h e n s , gew6hiflieh dureh Fall aus g-roBer H6he. - - 2. A l lm~th l i ch ei n t re te nde A t r o p hie selbst rmch leiehten Traumezt mit naehheriger Fragmen- tierung. - - :~[ikller berichtet tiber e i g e n e 10 F~ille, welchen allen kein eigent- liches. Unfallereigifis in Erirmerung war, also a l l e y o n de r s e k u n d ~ r e n F o r m . ,,Ein Z u s a m m e a h a n g m i t de r A r b e i t i s t d e u t l i e h e r k e n n b a r : F a s t i m m e r i s t d a s r e e h t e H a n d g e l e n k b e t r o f f e n und in den meisten Fiillen sind es s c h w e r a r b e i t e n d e L e u t e (Landwirtsehaft, Baugewerbe). Fast immer ist das Ltmatum alleia betroffen; regelm~Big besteht Verschmiilerung des Lunatums in der Seitenaufnahme, was ffir K o m p r e s s i o n spreche, trod zwar (wegen des Fehlens eines eigemliehen Uiffallereiglfisses) miissen daffir der ~ [ u s k e l t o n u s und die t~ ig l i chen T r a u m e n die Schuld t ragen als P a r a l l e l e r s e h e i n u n g zu r C o x a r a t a , z u m G e n u va lg . a d o l e s c e n t . bei de r S p ~ t r a e h i t i s . Alle Patienten zeigert das Alter yon 17--27 Jahren ." - - Sehort yon P r e i s e r seien Aufhellungen naehgewiesen worden, durch welehe auf spiitererL Aufnahn'._en ~ 'aktur l inien gingen ; ,,idem in einem Fall yon W o l l e n- b e r g : 3 5ionate nach Fall auf die Hand, we einige Jahre Slxtter aueh die Er- krallkung des Navikulare naehfolgte, und zwar zufolge der abnormen Gelenk- statik naeh Zusammensinken des Lunatums." ~ N a e h Mfi l ler i s ( d ie U r - s a e h e e h e r in e i n e r p r i m / t r e n K n o e h e n e r k r a n k u n g zu s u c h e n , n i c h t b lo B in e i n e m B a n d a bri B ; denn dieses sei ein viel zu il~tufiges Vorkommnis i m Vergleieh zur Malazie.

Archly flit orthop~dlsche und Unfall-Chirur~'ie. B4 . X X . 3 9

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484 .J. Blu mer:

C h a r a k t e r i s t i s e h ftir dic t r a u m a t i s e h e F o r m ~ei der V e r l a u f in 3 S t a d i e n : 1. Kurzes Stadium mtif~iger bis geringer Besehwerden im .4al- sehlu[~ an das Trauma. - - 2. Relatives Wohlbefinden w~ihrend mehrerer )lonate. - - 3. Heftige St6rungen zufolge des Zusammensinkens des Lunatums, worauf ein Dauerzustand folge, mit relativ geringen abet irreparablen Besehwerden.

Unter den FRllen Mii l lers , von welehen die meisten naeh ,Jahrea einer N a eh u n te rsu ch u n g unterzogen ~verden konnten, zeigten (lie meisten , ,erh e h- l i ehe S e h m e r z e n und E i n s e h r g n k u n g de r B e w e g l i c h k e i t , b e s o n d e r s de r D o r s a l - und R a d i a l f l e x i o n , a r t h r . i t i s e h e V e r ~ i n d e r u n g e n ; im R 6 n t g e n b i l d ein L u n a t u m m i t u n r e g e l m ~ t B i g e n K o n t u r e n und f l e e k i g e r S t r u k t u r ; i n d o r s o v o l a r e r R i c h t u n g g e s t r e e k t b i s z u w u r s t - f 6 r m i g e r G e s t a l t , so d a b 6 f t e r s ein C b e r b e i n b e ~ t a n d m i t D r u e k - e m p f i n d l i e h k e i t . In der Fl~eheuaufnahme zeigen die R 6 n t g e n b i l d e r wiederholt eine he l l e Zone q u e r d u r e h d a s .~uf fa l l end d u n k l e L u n a t u m p a r a l l e l z u m R a d i u s g e l e n k , also ein z i e m l i e h t y p i s e h e s B i l d , wie e s i m m e r w i e d e r g e f u n d e n w i r d . UbrigeKarpal iano~'mal . V e r w e c h s l u n g m i t T u b e r k u l o s e war in ei~zelnen Fallen vorgekommen und sogar deswegen ein operativer Eingriff. In einem Falle wurde die k r i i m e l i g e .~Iasse a u s - g e r ~ u m t u n t e r S c h o n u n g der K o r t i k a l i s und h e i l t e naeh , I o d o f o r m - e i n s t r e u u n g p . p . Naeh 5 Jahren nur noeh bei sehweren :krbeiten leiehte Besehwerden. Aber aueh die iibrigen konservativ behandeltea Falle zeigten naeh Jahren zum Tell Bosseruag und klagten nur noch iiber Sehmerzen bei starken Anstrengungea u nd zeigtea Ein~ehr~nkv ng der Beweglieh keit ." 51 til 1 e r r~it d a h e r v(;n de r E x s t i r p a t i o n des g a n z e n L u n a t u , n s ab.

Die H K u f i g k e i t de r L u n a t u m v e r l e t z u n g e n i s t e ine w e s e n t l i c h g e r i n g e r e (ca. v i e r m a l ) a ls j ene de r N a v i k u l a r e v e r l e t z u n g e n . Aueh ihr C h a , ' a k t e r i s t e in g a n z a n d e r e r . Beim .Navikulare ist die typisehe Fraktur in der Mitte weitaus das havfigste: helm Lunatum dagegen kommt nebert A br i f~fra k tu re n und Fi ssu ren sis ungef~ihr gleieh hihffige Verletzung die I, u n a t u m m a l a z i e zur Beobachtung. Viel seltener, aber trotzdem als typis'..he Verletzt:ngen, kommen dann die Lu n a t u m l u x a t i o n und die Lu xa- t i o n s f r a k t u r vor, letztere als Kombination yon Navikularefraktur mit L,~natun:h~x.ation.

Die Lunatumluxation (s. Abb. 28).

Sehon 1901 vertrat de Q u e r v a i n (Monatssehr. f. Unfallheilk. u. Inva- lidenw. 1902) die Auffassung, dal] die volare Lunatumluxat ion eigentlieh erst d a s s e k u n d R r e S t a d i u m sei n a e h e i n e r p r i m R r e n K a p i t a t u m d o r s a l - l u x a t i o n . Diese Auffassung wixd yon den meisteu Autoren geteilt und fOr dieselbe sprieht auch der hier folgende einzige Fall Abb. 28, sowie der einzige Fall yon Luxationsfraktur Abb. 29. Bei heiden Fitllert behielt das Lunatum ann~ihernd die normale Gage zum Radiuskopf, w~ihrend Kapi ta tum, Hama tum und Triquetrum s~mt Pisiforme dorsal- und proximalw~irts versehoben sind. U m d a s 2 . S t a d i u m d e r L u x a t i o n (na ch M o n t a n d o n ) zu erzeugen, miiBte nun noeh das L u n a t , m am dorsalen Bandansatz abreil]en und volarwRrts

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1). Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. ,lahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. t85

umsehlagen (und zwar zwischen den beiden starken B~inderu hindureh driingend, welehe das distale Ende des Kapitatum wie Ziigel mit Radius und Utna ver- binden und diesen Meehanismus im I. some im II. Stadium offenbar leiten, s. Abb. 29a, pmlktierte Linien).

Bei O e h l e e k e r finden sieh tier Lunatumluxation. Nach ihm tier t y p i s c h e n R a d i u s f r a k t u r und daher erreiche die Dorsal- flexion den h6ehsten Grad. In einem Falle von Luxation und Radiusfraktur ergab die Exstirpa- ~ion ein gutes Resultat: Naeh ,9~/~:, �9 ]ahren war die Dorsalflexion um 1/3 vernfindert, nile iibrigen Bewe- gungen v611ig frei. I n w e i t e r e n 4 Fi~llen yon Volarlunatumluxa- tion fand aich als K c m p l i k a t i c n : Abril3 a m T r i q u e t r u m . - Beim 2. Fall: Exstirpation, 25~ Rente: nach 1,/2 Jahr wither arbeitsfiihig,

4 anschauliehe Abbildungen vom Vorgang ist das T r a u m a ein s c h w e r e r e s als bei

Abb. 2~.

nach 1 Jahre Rellte entzogen worden. - - Beim 3. Fall: Volarluxation infolge Schlag auf den Handrfieken! Exstirpation. - 3 Jahre sp:ater: nur eine geringe Besehr~tnkul3g tier Volarflexion, tier Ge-

0 mtermed a n h b ~

T

braueh der Hand wie vor dem Unfall. Beim 4. Fall Exstirpation naeh 2 Jahren: Schon 2 Monate rtach der Operation .~'- belt wieder aufgenommen; naeh 5 Mo- naten keine Beschwerden mehr und seit- her roll a rbeitsf~ihig, Bewegung normal.

Abb. 29 b. Abb. 29a. Punktiert die B/i~der yon den Proc. styl. radix ulnae nach dem Kapitatum.

D i a g n o s e : Beim Strecken der Finger mit folgender Dorsalflexion de,~ Handgelenks entsteht immer volar vom Lunatum Schmerz: Medianus- .~h inerz el3.

T h e r a p i e : M 6 g l i c h s t fr t ih E x s t i r p a t i o n , ke ine R e p o s i t i o n (Oehlecker) . Die Nachuntersuehung hat ergeben, dal3 lxur seltel3 e ine l e i c h t e B e s c h r a n k u n g der Be w e g l i c h k e i t b e s t e h e n b l e i b t (nur 1 Patient

32*

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486 J. B l u m e t :

bezog 30 ~ Rente). - - O e h 1 e c ke r eml)fiehlt nur bei perilurdirer Dorsalluxation die Reposition zu versuchen; mei~tens we~xte sie aber rticht gelingen. Durch die Exstirpat ion werde nicht bloB die Arbeitsmff~ihigkeit abgekfirzt, sondera auch den Sp~itfolgen vorgebeugt; denn selbst die Reposition schiitzt rficht vor spiiterer Erkrankung nach Ki e n b 6 c k u. a. Wichtig sei auch, dai3 Navikulare und Triqt:etrum naeh der Operation ihre normale Lage zum Radius ,~ieder eimmh men.

Diese schleehte Prognose der konservativen Therapie trifft jedeafalls bei unserem eillzigen folgenden operativ reponierten Falle aus dem Jahre 1919 nicht zu, da derselbe auch im Laufe yon 1920 nichts yon sich h6ren lieB. Abb. 28 : 28 Jshre. Sttlrz yore Reck. Schmerzen, Ergul] in der Ex-tensorsehnen- scheide iiber dem Hamlgelenk. Flexion und Extension ----- 0. Diagnose: Distorsion. R 6 n t g e n a u f n a h m e : U n v o l l e n d e t e V d a r l u n a t u m l u x a t i o n . - - O p e r a t i o n s b e r i c h t : Da die Reduktiot~ nicht gelang, so wird zmter L o k a l - a n i i s t h e s i e eine p a l m a r c L ~ n g s i n z i s i o u gemacht, welehe gestat tet , da s L u n a t u m zu r e p o n i e r e n , was viel leichter gesehieht, als dasselbe zu exstir- pieren. Naht und Verband. - - B e g i n n m i t :~[assage s c h o n a m T a g e n a e h de r O p e r a t i o n ( ! ) , Mobilisierung des Handgelenks. Nach eirfigen Tagen helm entlasscn, da Wunde reaktionslos und Apyrexie. - - 2. ) Iona t : Flexion noch leicht gehemmt, klagt noch fiber SchwRche, hat aber die Arbeit aufge- nommen. ArbeitsunfShigkeit ~-- 51 + 14/3 Tage ---- 8 Woehen.

Gerade dieser Tall zeigt wieder, wie wichtig eine Seitenansicht ist, wei[ bier die Luxatiolt nur bei gezlauer Kenntrtis des Handgelenkbildes aus der Fl~tchenansicht zu vermnten ist, w~ihrend die starke Dislokation in der Seiten- ansicht fiberrascht.

Die Luxations[raktur (s. Abb. 29a u. b).

,Sic ist eine K o m b i n a t i o n y o n i N a v i k u l a r e f r a k t u r m i t L u n a t u m - l u x a t i o n , wobei das proximale Fragment zugleich mit dem Luna tum luxiert ~@d. Obwoh! relativ ~l ten, ist sie doch als typische Verletzung zu betrachten uad wurde als solche schon 1902 yon de Q u e r v a i n bezeichnet und schon 1896 yon K a u f m a n n beschrieben (HSf l ige r ) . S c h o c h gab 1908 an Hand yon 30 F~llen ein eingehendes Bild davon: Sie entstehe in der Regel durch Sturz auf die dorsohyperflektierte Hand , ausnahmsweise abet auch bei Volarflexion (also wie die typische Navikulaxefraktur). S y m p t o m e : Ver - k i i r z u n g des K a r p u s und V e r b r e i t e r u n g . H a n d g e l e n k f a l t e v o l a r v e r s t r i c h e n o d e r g a r v o r g e w 6 1 b t d u r c h d a s l u x i e r t e L u n a t u m . D r u c k - e m p f i n d l i c h k e i t de r P r o m i n e n z u n d de r T a b a t i e r e . Der Stol3schmerz wird dutch Radialabduktion vermehrt. Manchmal falsche Beweglichkeit dorsovolar und seitlich. Beweglichkeit sehr stark gestSrt, auch passive Be- wegullg sehr schmerzhaft. Wenn Bewegungen nooh vorhanden sind, so ist die Vorlarflexion mehr reduziert als die Dorsalfle~on. Radialaddukior~ meist ganz aufgehoben. Pro- ur~d Supination sired wenigstens passiv ziemlich frei. A u e h die F i n g e r b e w e g u n g e n e r h e b l i c h e i n g e s c h r ~ n k t . Faustschlu{~ meist umn6g]ich infolge der Zwischelllagerung des Fragments z ~ s e h e n Radius und Beugesehrmn. Ever~tuell Medianuskompression.

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D. Karpal- u. M:etakarpalfrakturen i. d..lahr. 1919 u. 1920 b. d. ,.~hw, dz. UnfMI-Vel~icb. 487

,,Bei ether blogen Distorsimx gehen (tie Symptome i~l we~igml Tagen zuriick, w~i.hrend sie bet Luxationsfraktur wochell- und monatelang bestehen bleiben.

, , V e r w e e h s l u n g m i t R a d i u s f r a k t u r das h / i u f i g ~ t e u n d l e i e h t e r k l i t r l i e h , weniger mit der typisohen Radiusfraktur als m i t de r ins Ha .nd- g e l e n k p e n e t r i e r e n d e n R a d i u s f r a k t u r . Hier aber fehlt Kompression des Medianus, wie aueh bet der bloBell Navikularefraktur, und es fehlt die Verkiirzung des Karpus und die gestSrte Fingerbewegliehkeit und der volare Vorsprung.

,,Die P r o g n o s e de r t y p i s e h e n L u x a t i o n s f r a k t u r , w e n n s ich s e l b s t i i b e r l a s s e n , i s t e ine u n g i i n s t i g e b e z a g l i e h F u n k t i o n u n d Re s t i r u t i o n , welehe dureh Reposition alleill sehon gebessert werden kaml; soast ist Ankylose der Ausgang, z. B. schon in 1/2 Jahr. F r t i h z e i t i g e A u f - n a h m e y o n M a s s a g e und B e w e g u n g und A r b e i t k 6 n n e n e ine l e i d - l i ehe : B e w e g l i e h k e i t des I t a n d g e l e n k s h e r b e i f i i h r e n . Die Operation eNibt eine gewisse Vermehrm N der Bewegliehkeit des Handgelenks mid be- sonders der Kraf t ties Faustschlusses.

,,Bleibender Nachteil ea. 10~ nach de O u e r v a i n , kann erst naeh 2- -3 Jahren abgeseh~ttzt werden.'" - - Abb . 29: 25. Jahre. Zeichner. Sturz vom Velo. Sofort zum 2a~rzt: Funktion gest6rt, SehmelT.en. R 6 n t g e n a u f - fitch me: L u x a t i o n s f r a k t u r und F r a k t u r P roc . s ty l . r ad . - - R e p o s i t i o n urxd R/~ntgeukontrolle, Massage, Meehanotherapie (120! 3Iassagen dureh Berufs- masseur). --- 5. Monet: Es bestehen noeh leiehte Sehmerzen und Hemmung der Bewegung. Keine ])eformierung, keine Sehwelhmg, abet leiehte Verdiekung der Kapsel tiber dem Lunatum Bewegmlg normal, auger erheblich verminderte und schmerzhafte Dorsalflexion: 161) 0 links, 1200 reehts. Keine Krepit~tion. keine Sensibilit~itsstSrungen. Sehw:,iehe i~l Finger I - - I I I . - - R6ntgenbild: Luxat iou gut reponiert geblieben. Das Navikulare besitzt ei~xen ziemlieh grol3en Kallus, weleher den Sehmerz daselhst erklhrt.. --- Der V e r s i e h e r t e e r l e i d e t a ls Zei e h n e r k e i n e E r w e r bsei n bu ge ; wenn (lie BewegungsstSrungeli eirtige Morlate weiterbestehen bleiben, so ist eine entspreehende Reitte in Aussieht zu nehmen. A r b e i t s u n f h h i g k e i t n u t 7 T a g e [ - - K e i n e R e n t e . (Das R6ntgenbild zeigt als Besonderheit ein Os i n t e r m e d , a n t i b r a c h . , welches tu,eh hier f~lsehlich als Fraktur des Proe, styl. uln. aufgefagt wurde.)

Oer gattz verschiedene Charakter der Llmatmnverletztmg yon jenenl tier Navikulareverletzung erkl'~rt sieh durch die versehiedene Gestalt der heiden Karpalia, dureh die fa.st ganz intraartikulare Lage des Lunatum und durch seinen relativ gerir~gen Periostiiberzug. "~Viihrend es den gleichen h~iufigen Mlt~igliehen Traumen ausgesetzt ist ~de da.s Navikulare, wi~'d es yon diesen auf Kompression beansprucht, jenes auf Biegmlg und Abseherung: Die Traum.en sind dieselbem aber der Meehanismus ist ein anderer.

Beziiglieh P r o g n o s e (und T h e r a p i e ) stehen die blolleI1 A b r i [ l f r a k t u r e n giiI~stig da, wenigstens solange tier Ahrif3 die Ern~ilmmg des Lunatums l~ieht gefhhrdet. Bet den i n t r a a r t i k u l a r e n ] : ' r a k t u r e n und ~ei der M a l a z i e

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488 J. Blu met:

ist die Prognose er~ster wegen der A r t h r i t i s d e f o r m a n s . F i n s t e r e r rRt bei frisehen F~tllen Extension am Finger I I I und Schiene allzulegen, in. 1. Woche B~der, HeiBluft, ,~Iassage. - - Bei den alten F~illen aber k6nne diese Therapie die Arthritis deformans nieht mehr beseitigen, wenn auch die Bewcglichkeit etwas verbessert werde, und es diirfte dann o p e r a t i v e E x s t i r p a t i o n ange- zeigt sein, wie sie H i r s c h und H a h n aueh beim Navikulare empfehlen. Auch P e t e r s fiihrt einen Fall an, wo die Exst irpat ion der Fragmente nach langen Fun~ktionsst6rungen einen guten Erfolg hatte. K a u f m a n n land stets 5---10~ Erwerbseinbul]e. Die ProgIlose sei nicht sicher wegen der Arthritis deformans: die operative Exstirpation verspreche einen guten Verlauf. Mfi l ler e m p f i e h l t d a g e g e n n u r A u s r ~ t u m u n g der kriimeligen Masse s tat t Exstirpation.

Triquetrum[rakturen.

Wie beim Material der Schweizer Unfall-Versiehernngs-Anstalt, so findet sich in der Literatur die Fraktur des Triqtletrums dureh die Mitte m~r vereinzelt. Nach E ber m a y e r und W i t t e k kommt beim Fall auf die dorsoflektierte Hand das Triquetrum zwisehen Pisiforme und Ulnakapit tdum zu liegen, so dab es sich gew6hnlich um eine K o m p r e s s i o n s f r a k t u r handelt, was D e n n e c k e experimentell nachgewiesen hat. Nach ]etzterem kommt es aueh bei der Tri- quet rumfraktur eher zu P s e u d a r t h r o s e als zu kn6cherner Heilung, mi t langen Besehwerden. P e t e r s h~ilt den Kompressionsmechanismus ebenfalls ffir wahr- scheilflieh. Daneben aber gibt es aueh A b r i f l f r a k t u r e n . O e h l e c k e r fand diese viermal als t y p i s c h e n N e b e n b e f u n d bei v o l a r e r L u n a t u m l u x a t i o n (wie in Abb . 30), wo die Abril3fraktur N e b e n b e f u n d bei R a d i u s f r a k t u r ist). Sie kaml aueh dorsal oder distal sieh finden: Abb . 31. - - In 4 F~llen fand sieh bei unzweifelhafter A b r i l 3 f r a k t u r a m Proc . s ty / . uln. an de r AufSense i t e des T r i q u e t r u m s e ine A u f h e l l u n g , a ls ob es s i c h u m e ine A b r i f l f r a k t u r h a n d e l t e . Vermutlieh ist dies nar eine T ~ i u s c h u n g d u t c h (lie we l l i ge A u B e n f l ~ c h e des T r i q u e t r u m s (s. Abb. 32).

Pisiiormefrakturen und Luxationen

sind selten, denn das Pisiforme liegt eingebettet in starke B~inder. Beim Material der Sehweizer Unfall-Versieherungs-,M~stalt fanden sieh folgende Fiille:

Abb. 3 3 : 1 6 Jahre. Aus 1 m H6he gefallen. R S n t g e n a u f n a h m e : T y p i s e h e R a d i u s f r a k t u r und E p i p h y s e n l 6 s u n g an de r U l n a und Z e r t r t i m m e r u n g s f r a k t u r des P i s i f o r m e . Von letzterer ist in der Dor._~- volaransieht niehts zu erkennen. Arbeitsunfghigkeit ----- 34 + a/., Tage = 51/2 Wo- ehen. - - Es handelte sieh bier offenbar um d i r e k t e F r a k t u r . Relativ h~tufiger sind A b r i l 3 f r a k t u r e n .

Abb . 34: 35. Jahre. Einklemmung R 6 n t g e n a u f n a h m e : A b r i l l - f r a k t u r a m Proc . s t y ] . r a d , u n d u l n , u n d a m P i s i f o r m e . 3. Mona t :P roc . styL tad. verdickt und druekempfindlich, ebenso der Proe. sty1. uln. Sehmerzen besonders tdIiarseits bei seit]ieher Bewegung und bei Druek und beim Faust- .~eh]ag, dessen Kraft vermindert ist. Die Bewegungen der Hand silxd kaum reduziert, aul3er (lie Volarflexion um 20 ~ Umfang des Vorderarms um 2 em

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D. Karlml- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1!)20 b. d. Sebweiz. Unfal l -Vers ich. 489

Ahb. 31.

T

Abb. 32.

Abb. 33. Abb. :M. Abb. ?,5. Ahh. 36.

Abb. 37.

Abh. 38. Ahb. 3!}.

u/s .

Abb. 40. Abb. 41. Abb. 42.

Page 46: Die Karpal- und Metakarpalfrakturen in den Jahren 1919 und 1920 bei der Schweizer Unfall-Versicherung

490 J. Blumer:

vermindert. Patient arbeitet seit der 5. Woche zu 1/~. A.rbeitsunfghigkeit =: 35 ~-, 59 >: a~..., Tage = 1V/, WoehenV, . - - l gen te : 10~ • 10 M o n a t e , d.ann Re- v i s ion .

In 2 Fiillen yon Subluxatiort des Yisfforme liegt (lie Verletzung sehon reeht nahe einer blol3mx Tgusehung, wie sie gelegentlieh vorkommt bei lgSntgmmuf- nahme in der ulnaxradialen Richtung, wobei das Pisiforme welter yon der Platte absteht und daher, wie aueh die Gelen.kspalte z~-isehen Pisiforme und Triquetrum, abnorm groll erseheint dureh Verzerrung. - - F r i e d r i c h babe (naeh P e te r s) 5fters Pisiformefraktur ge~hen und dabei Krepitatior~ gefunden.

Hamatunffrakturen.

Es fanden ~ieh beim Material der Schweizer Un~all-Versicherungs-~4xlstalt 7 Fiille, welehe ill auffglliger Weise im Ham~tunffortsatz, mit welehem der Met~karpus V artikuliert, immer wieder ~ih~xliehe Aufhelhmgen aufwei~rt (vgl. Abb. 35). Es handelt sich hier wahrscheinlich doch um F i s s u r e n , teilweise sind sie rmr in den Platten zu erkenrmrt. Vereinzelt findet sich auch Quer- fraktur. --- Abb. 35: 19. Jahre. Beim Hochsprung ausgeglittea, Fa.ll auf die ausgestreckte Haml. Druckempfindlichkeit be~nders iiber dem Hamatum. R S n t g e n ~ u f n g h me: H a m a t u m f r ~ k t u r , nur mit groBer Miihe in der Platte zu erkennen; in der Kopie nur zu sehen, wenn man genau weifl, wo sie liegt. --- 3. Woche: Dor~lflexion = 15 ~ Pronation und Supination frei. D)mamo- meter: links = 100, rechts = 125. - - Hamatum und Navikulare sind bei der Palpation sehr schmerzhaft, dazu Schwi~ehegeffihl. Arbeitsunfiihigkeit = 26 ,_ 6/~ Tage = 4 Woehen.

Abb. 36: 42 Jahre. Ausgeglitten. H a m a t u m q u e r f i s s u r . Arbeits- mffiihigkeit = 2 "Wochen. - - Aueh in 3 weiteren F~Ilen hande!t es sieh sehr wahrseheinlieh um Fissuren iihnlieh Abb. 35.

Abb. 37: Vereinzelt faad sieh aueh noch eine Q u e r f r a k t u r des Ha- mulus . Man wfirde diese Art Fraktur eigentlieh h~iufiger erwarten urtd aueh (lie --~tiologie. 50 Jahre. ,,sei zur Wirt.schaft hinausgeworfen worden", nach Aussage des Wirtes sehh, g er naehher mit den Hiinden x~ie verriickt in die harth61zerne Tiire. Die F r a k t u r ist nl, r in der S e i t e n a n s i c h t zu e r k e n n e n , dagegen nieht in der sehr klaren ]Oorsovolaransieht und ist wohl deswegen iibersehen worden. - - ~Nast -Kolb fiihrt einea Fall an yon Hamatunffraktur iihnlieh Abb. 36 dutch F i n k l e m m u n g in Presse: S e h r d e u t l i c h e Q u e r s c h r i t g f r a k t u r . Heihmg in '.4 Woehen mit guter Funk- t i o n . - Auch E b e r m a y e r sehiklert 2 d i r e k t e H a m a t u m f r a k t u r e n : Eine dutch E i n k l e m m u n g z w i s c h e n W a l z e n und eine dutch U b e r - f a h r e n w e r d e n vom Wagel~rad: Trotz sehr starker Quetsehung schon naeh 6 Woehen wieder arbeitsf~i.hig und spiiter ohne Beschwerden. Ferner eine H a m a t u m l u x a t i o n : Das Hamatum wurde dureh direkte Gewalt fSrm- lieh herausgestanzt. - - Eine i n d i r e k t e sehr deutliche Hamatumfraktur be- sehreibt A l b e r s - S e h S n b e r g ; an der Stelle der Fraktur fand man erst bei der Naehuntersuehung naeh der RSntgenaufnahme Drueksehmerzen. Die Fra.ktur verlii, uft wie bei den obigen fragliehen Fallen, fiir welehe also dieser Fall eine Bestiit.igung darstellen k6nnte.

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturcn i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 491

Kapitalu nffrakturen.

Bedertkt man, dab offenbar fast alle Traumen, welehe (lie Vola'treffen, notwendig auch das Kapitatum mehr-minder in Mitleidensehaft ziehen mfissen, entweder veto Metakarpus I I I (resp. I I - - I V ) darauf direkt fibergehend oder indirekt veto Hamatum und Multangulum minus fibertragen, so ist es auf- fallend, das Kapitatum so selten verletzt zu finden: Unter 4200 Handgelenk- verletzungen (im weiteren Sinne) fanden sieh kaum zwei ein;germaf3en einwand- freie Kapitatum.frakturen, w/ihrend Navikulare und Lunatum, welehe die St613e veto Kapitatum unmittelbar (ibernehmen, so hiiufig verletzt werden dabei. R e l a . t i v h g u f i g e r ist die K a p i t a t u m l u x a t i c . n (siehe L u n a t u m - l uxa t i on ) .

Abb. 38: A b s c h e r f r a k t u r ( ? ) ohne D i s l o k a t i o n . 39 Jahre. Auf die l-land gefallen. Setzte 10 Tage aus, arbeitete dam~ S Tage wieder, mul~te wegen 8ehmerzert helm Pickeln wieder 10 Tage aussetzen, dann objektiv nichts mehr. --- Aueh irt zwei weiteren F~illen ist an derselben 8telle eine Aufhelhmg zu fin.den, welche den Eindruek einer Fissur maeht. - - In anderen F~illen fanden sieh mehrere Aufhelhmgen. ghnlieh wie bei Abb. 11, als ob es sieh um frisehe Fi,~suren handelte. Sie sind aber m~r sehr schwer zu erkemmn, d. h. erst wenn das Auge beim genauen Betrachten der Platte sieh an Feinheitmx adaptiert hat (Mat t i : ,,prS.frakturell"), denn sie sind nur voa der GrSBe der Knochen- balken-Zwisehenritume. - - Die Kapitatumfraktur is( naeh P e t e r s meist ver- bunden mit Hamatum- und Lunatumfraktur ua(l kommt mlr bei sehwerster Stauehung vor, so dag sehon dutch die Palpation (lie Diagnose gestellt werden k6nne. - - E be t m a y e r fan(l trotz grogem Frakturenmaterial keine Kapitatum- fraktur, trotz genauer 1R6ntgenvntersm.lmng. naehdem andere angegeben haben, dal3 sie relativ h~iufiger seien. --- S e h m i d t beriehtet yon einer d i r e k t e n K a p i t a t u m f r a k t u r d u r e h Q u e t s e h u n g der H a n d : l)as 1)roximale Frag- ment (Kapitulum) zeigt sieh in der guten Reproduktior~ un, 1800 gedreht. Wiihrend HeiBluft uttd Massage keine Bessernng braehten, war die Hand sehon 3 Woehen naeh der R e s e k t i o n wieder leidlieh brauehbar.

Muitanguhun-nlajus- und -minus-Frakturen.

M u l t a n g u l u m - m a j u s - F r a k t u r : K i n d l beschreibt einen Fall, der mit Bmmetfraktur kombiniert war, entstanden beim Skisport dureh Fall vorniiber in den Sctmee. Da die Bennetfraktur durch Fall auf den ausgestreckten Daumen entstehe, so ist naeh K i n d 1 aueh bei der Multangulumfrakt ur dieser Meehanismus verant.wortlieh zu maehen, vorausgesetzt allseit.ige Fixierlmg des Metakarpus, wie es der Fall is( dureh den Sehnee.

A bb. 39: Verstauehung beim Umlegen einer schweren RShre. Sehmerzen, starke Druekempfindliehkeit besonders fiber der Handwurzel, Sehmerzen aus- strahlmM in Finger I - - I I I , sehwere Sugillation. Es b..esteht e h r o n i s e h e A r t h r i t i s . Patient leide seit 3- -6 ,lahren viel an rhemnatisehen Sehmerzen. 51/.a Woehen: Sehwelhmg versehwunden. Halldgelenk und Finger gut beweg- lieh, dagegen die sehr stSrenden ParAsthesien und Sehmerzmt in den Fingern hindern den Gebraueh der Hand. T h e r a p i e : Massage, heige B~icler. Ungt.

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4 9 2 - J . B l u m e r :

salicylic., Aspirin. - - 61/2 Woehen: R6ntgenaufnahnm: Die Fraktur des Proc. styl. rad. geht ins Gelenk, was die langwierigen Beschwerden erkliirt. - - 2x/2 Monate: Funktioa unbehindert, Kraft gut; fiir 1--2 Monate nur i/2 Arbeits- fithigkeit. - - 51/2 Monate: Er sei hcute noeh rticht g?heflt, k6rme aicht arbeiten wegen Schmerzen, habe zweimal je 8 Tage vergeblich versucht zu arbeiten. Handgelenk und Firtgerbewegungen normal. Dynamometer: 40---90. Radius- kopf im R6ntgertbild fleckige Aufhellurtgen und Schatten (Arthritis defor- marts). In der Basis des 3letakarpus I finder sieh B e n n e t f r a k t u r , dazu 3 l e i c h t e A u f h e l l u n g e n ( s u b p e r i o s t a l e F i s s u r e n ? ) . Die F r a k t u r des M u l t a n g u l u m m a j u s geht m i t t e n d u r c h den S a t t e l , also S t a u c h u n g s - f r a k t u r . Keine Dislokation. F r a k t u r r i ~ n d e r l e i c h t i n f i l t r i e r t wie beim Radius.

A bb. 40:57 Jahre. Einklemmung. Quetschwunde volar am Handgelenk. R 6 n t g e n a u f n a h m e : A b r i l l f r a k t u r am M u l t a n g u l u m m a ju s . In der Dorsovolaransicht sieht man davon niehts, nur in der Seitenansicht zu erkennen. T h e r a p i e : O p e r a t i v e E n t f e r n u n g des S p l i t t e r s . - - 12 Wochen! lang t/iglieh eine Koasultation, dazu 60 Ma~sagen!, trotzdem, dauerte die Arbeits- unfiihigkeit fiber 3 Monate.

M u l t a n g u l u m - m i n u s - F r a k t u r . Naeh P e t e r s entsteht die }'raktur des Multangulum minus (analog der Navikularefraktur) bei starker Dorso- radialflexion, was das h~iufige Zusammerffallert mit Radiusfraktur heweise. -- Das Multaagulum minus fiillt haufig auf durch seinen dun~klen Schattert (nach K 6 h l e r : Sk le rose ) , wie sic auch b e i m L u n a t u m r e l a t i v h~tufig sich f i nde r . - - Abb. 4 1 : 2 4 Jahre. Sturz auf die Hand vom Barren. Arbeitete 3 Wochert welter trotz Schmerzen. - - 5. Woche: Besortders Schn'erzen beim Heben schwerer Gegenst/inde (Dorsalflexion!). Hyperextension des Firtgers I[ schmerzhaft. R 6 n t g e n a u f n a h m e : L a n g s - ( S t a u c h u n g s - ) F r a k t u r des M u l t a n g u l u m minus . Arbeitsmff~higkeit = 51/2 Wochel~ (inkl. die ersten 3 ~Vochen, we]che Patient arbeitete).

P a t i e n t : 22 Jahre. Schlosser, Fehlsehlag des Zuschliigers beim Auf- weiBeln einer Schraubenmutter. Schwellung und Druckempfindlichkeit dorsal und volar fiber Multartgulum minus. R 6 n t g e n a u f n a h m e : Z e r t r i i m m e - r u n g s f r a k t u r des M u l t a n g u l u m minus . .4,rbeitsunfiihigkeit = 19 Tage. --- Diese Zc1~riimmerung konnte auch stattgefunden haben bei einem Fall, bei dem in beiden Aufrtahm.en zwischen Metakarpus II urtd III , Multangulum majus und Kapi ta tum k a l l u s a r t i g e S c h l i e r e n an S t e l l e des M u l t a n g u l u m m i n u s sich linden. Arbeitsunfiihigkeit rmr 18 Tage.

Ab b. 42: Sturz vom Wagen. Sofort zum Arzt : ,,Leichte Schmerzen und Schwelhmag dorsal am H a r t d g e l e n k . - ,,Luxation ties rechtert Handgelenks", ,,die yon den M.itarbeitern auf dem Platze sofort, durch Ziehen an der Hand, eirtgerichtet worden sei." R S n t g e n b e r i c h t : , , R a d i u s f r a k t u r 2 c m q u e r h i n t e r de r E p i p h y s e n f u g e und Abr iB des P roc . s tyl . uln. W as s o m i t e i n g e z o g e n w u r d e , i s t o f f e n b a r die R a d i u s f r a k t u r g e w e s e n . " --- I m 5 [ u l t a n g u l u m minus f i n d e t s ich e ine q u e r e A u f h e l l u n g (fast papier- weill): Erttweder ein Plattenfehler - - der allerdings vermerkt sein diirfte auf der Kopie - - oder es hat das Multangulum minus eine Zusammen-

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I). Karpal- u. 3[ctakarl)alfrakturen i. d. ,lahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. UnfMI-Versieh. 493

s tauchung erfahren trod die beiden Fragmentc sit~.d hei der Ein_richtmlg der F rak tu r auseinamler gerissen worden. I. Monat: V611ige Heihmg. .Arbeits- mtf~ihigkeit --= 5 Wochen.

L u x a t i o n e n des H a n d g e l e n k s a l s G a n z e s . l~iese Diagnose wh~l noch ziemlich oft gestellt. I n d e r R e g e l s i n d e,~ v e r k a n n t e R a d i u s f r a k - t u r e n (vgl. Fall 42). Sogar naeh einer Arbeitsurffahigkeit yon 6 und 4! Tagen sind zwei Ffille im Sehluf~zeugnis als Handgelenkluxat ionen abgemeldet worden.

A b r i g f r a k t u r e n a m K a r p u s . w e l c h e n i e h t g e n a u e r l o k a l i s i e r b a r s i n d , kommen gelegentlieh vor. Mart erkennt sie leicht in der Seitenansieht. dagegen in der Fl~icherta~lsicht meist nicht.

1I. Die Mctakarpalfraktur(,n (303 I"rakturen). Sie zeigen alle Eigenschaften der R6breo.knochenfral~turen. Die Bruch-

fltiehe verla.uft bald quer, ganz seltert lgngs, hitufig sehriig in Form einer Ebene und am hitufigsten schraubelffliieheniihnlieh: Que r - , L a n g s - . S c h r i i g - und T o r s i o n s f r a k t u r . D i e Z e r t r i i m m e r u n g s f r a k t u r e n t s t e h t d u r e h d i r e k t e n 8 e h 1 a g. maneh nml aueh d u reh S c h u B v e r 1 e t. z u n g u nd du reh E i n k I e m m u n g. abet a uch durch S t a u e h w i r k u n g ( , ,Zerstauchung"), fit~ nlich wie da s Stauehen der NietenN6pfe. Diesen Frakturen gegelxiiher stehe~t die A b r i B f r a . k t u r e n mit dem einfaehsten 3[eehanismus. Bei den ersten drei F r a k t u r t y p e n ist in der Bezeichrmng nut die O r i e n t i e r u n g d e r B r u c h f l g e h e , dagegen bei den letzteren dreiert der ) [ e e h an is m us ausgedriiekt. -- In 6/7 der FMle yon Meta- karpalf rakturen (224) fand sieh beim 3IateriM der Sehweizer Unfall-Versieherungs- Anstalt nur ein einzelner Metakarpus (Me) frakturiert ( = E), im iibrigen 1,' 7 waren mehrere ~ietakarpen verletzt (~= 3I): vgl. Tabelle I I I und IV.

Die o f f e n e n M e t a k a r p a l f r a k t u r e n .

Da die Metakarpert am Handrf ieken sehr oberfl~ichlir liegen, so sind offene Metakarpalf rakturen ziemlieh hSufig und zwar als d i r e k t e Q u e r - .

�9 Schr~ tg- u n d Z e r t r f i m m e r u n g s f r a k t u r e n . B r u n s gibt als H~iufigkeit 44o/o an und naeh Z i e g l e r gehen 9O;'o mit Iwcalidit/it aus. Beim Material der Sehweizer Unfall-Versiehemmgs-Anstalt ist die H;Atffigkeit geringer und Aus- gang in Invalidit~it seltener. (Es kann jedoeh gegenwfirtig die gert~ue Zahl der F~lle mit Dauerrente noch nieht angegeben werden.) Bei den direkten Metak~rpalfrMcturen finden sieh zwar sehr hSufig ,Sehfirf- n n d Q u e t . s c h - w u n d e n ; aber eigent]iehe offene Frakturen, wo die Wunde mit der Fl,'aktur in direkter Verbindung s teht , fanden sieh nur folgende 21 F~ille (17 Einzel-

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494 J. Blu mer :

f r ak tu ren und 4 mul t ip le) = 80/0 yon 260 einzelnen und mul t i p l en F:,illen. D a r u n t e r 2 Bei lh iebver le tzungen und 2 Revolverschi i sse :

T a b e l l e I I I .

)[etakarpus I I I I HI IV V

Einzelne: 17 F~Ile . " " I 2 x 7 • 1 • 4 • 3 • verletzt

Multiple: 4 . . . . I I I I I I I - - I I I I I - - IV I I I - - I V 10 Metakarpal-

I verletzungen

Arbeitsunf~higkeit 4~5 5--6 ] 6--7 7--8 tiber 8 in Wochen

Einzelne und multiple Frakturen 6 • 2,-< 3 • I 4 x 4 •

Die 6 F i i l l e m i t lJ* b e r g a n g s r e n t.e, die un te r d e m Mater ia l de r Schweizer Ulffal l -Vcz 's icherungs-Aastal t yon 260 Metaka rpa l f r ak tu r f a l l eu sich vof fanden , geh6ren alle zu den offenea F r a k t u r e n (5 Einze l f rak turen , 1 mu l t i p l e ) :

Me taka rpus I : Erwerbseinbul~e = 250/0 X 3 Monat + 15~ X 3 Monat + 10~ • 6 Monat . Revis ion noch aus- s tehend.

, , 11: ,, = 1 0 % • 1 J ah r .

,, I I : ,, --= 20~ x 2 Monat + 15~ X 3 Monat . Re- v i s ion noch auss tehend.

,, I I I : .. = 10~ fiir noch u n b e s t i m m t e Zei t . ,, IV: ,, Ren te noeh 1fieht festgesetzt .

,, I1 u. I I l : ., ---- 15~ • 4 Monat .

D i e F o r m e n d e r 3 I e t a k a r p a l f r a k t u r e n .

Das Mater ia l , das den folgenden zwei Tabel len zu~runde lag, ve r t e i l t sich folgenderweise auf E i n z e l - M e t a k a r p a l f r a k t u r e n und m u l t i p l e ( k o m b i - n i e r t e ) M e t a k a r p a l f r a k t u r e n , yon denen ca. 1/4 n ich t genauer d iagnos t iz ie r - bar war beziiglich F r a k t u r t y p u s wegen fehlendem R5ntgenbi ld .

T a b e l l e IV.

Fraktur-Typus (Quer-, [ Schriig, usw.Frakturen) Einzel-Frakturen Multiple Frakturen

Genau d i a g n o s t i z i e r t . . I 164 ~Ietakarpalfrakturen [ 28Fiille = 62 ~Ietakarpalfrakturen Nicht genau diagnostiziert 60 ,, 8 ,, = 17 ,,

Zusammen I 224 Metakat:palfrakturen I 36 Fiille ----- 79 ~Iet~karpalfrakmren

Total: Einzelne und multiple = 260 F~ille = 303 .Yletakarpalfrakturen

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D. Karpal - u, 5 Ie takarpa l f rak turen i. d. ,Tahr. 1919 (~, 1920 b. d. Schweiz. Uafal l -VerAch. 495

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496 J. Blumer:

T a b e l l e VI.

D a u e r der A r b e i t s u n H i h i g k e i t .

Altersjahre

15--20 21 --30 31 --40 41 --50 51 --60 6] --70 71 --80

Zus. in o/.

bis 2

0~5 0/0

1 0,5 1

6 0/()

Arbeitsunf~higkeit in Wochen

I 2--3

9 30;o

4,.5 2,4 2,3 1

17 ~

[ 3 - -4

5,3 ~ o

6,4 :2 1,0

26 ~ ]

4--5

3, 7 ~ 4,7 6,6 4,3

200/0

5--6 fiber 6

�9 ) 9o~o 2,40/0 2.9

1,8 0,9 0,9 o,~ o,4

16~ I 13"Io I

ZllS. ~ )

15~'o 26 23 19 12 4 1

100~

Das Mittel yon 4 Woehen trifft nut bei 1,/4 der MetakarpaIfrakturen zu; in je 1/4 tier FSlle betr~igt (lie :&rbeitsurLfi~higkeit 3 - -4 Wochen und 4---5 Wochen ; in je 1/~ der F~lle 2--3 und 5- -6 Wochen; in 1;6 der F~ille fiber 6 Wochen.

Die Metakarpalfrakturen sind im allgemeinen ziemlich eng entweder auf die B a s i s oder auf den S c h a f t oder auf das K a p i t u l u m lokalisiert. Uber - gange y o r e Schaft auf das Kapitulum oder auf die Basis sind nicht h~ufig und garrz selten sind reine L.2ngsfrakturen, welche vom Kapitulum bis zur Basis durchgehen. B 6 r n e r beschreibt eine solche IA4ngsfraktur des Metakarpus I I I , welche durch direkten StoB des Kapitulums auf den Sattelknopf entstand, also durch S t a u c h u n g , wie dies Z u p p i n g e r ffir (lie L4ngsfraktur als typischen ~[echalfismus bezeichnet. Unter den 300 hier durchgesehenen ~'[etakarpalfrak- turen fand sich kein einziger solcher reiner Fall, sondern nur 2 anni~hernd iihn- lithe Falle: 54 Jabre. Hand angestoBen. Nach 4 Wochen R6ntgenaufnahme: L / s in der Basis des Metakarpus I, dazu Aufhellung der gufleren H~lfte des Multangulum majus (Atrophie). Starke Druckempfindlichkeit fiber der Basis des ::ietakarpus I. Arbeitsunfiihigkeit = 2 Woehen. (Die Sesam- beinehen des ~[etakarpvs I sind auf beiden Seiten auffallend grof~ und urrrege]- mhBig; Arthritis deformans ?)

Abb . 43 :42 Jahre. Von Stein getroffen worden. Schiirf-Quetsehwunde und ganzer rechter Handriicken blutunterlaufen. Aktive Bewegung des Fingers IV unm6glic h. Starke Druckschmerzen fiber Metakaxpus IV. R6ntgenbild : L ~ n g s - f rak t :u r . 6. ~Voche: Die Extension des Fblgers IV bleibt ein wenig zuriick und es besteht ein Deplacement der Strecksehne nach aul3en. Eventuell ein bleibender Nachteil anzunehmem Axbeitsurff~higkeit = 5 Wochen. B e g u t - a c h t u n g : ,,C~ber dem Metakarpus IV findet sich kall6se Verdickung. Die Frak tur ging ins Grundgelenk des Ringfingers. K6mle den Ringfinger nicht gar~z strecken und sei dadurch behindert bei der ,4xbeit. Die Funkt ion des Fingers IV hat sich zwar fast ganz erholt, nu t die Extension bleibt um ca. 10 ~ zuriiek, info]ge des Kallus und der Verschiebung der Sehne, was abet keine

~) Diese Einzelsummen geben anniihernd die Anzabl der Versicherten pro Alters- stufe; dabei ist zu beriicksichtigen, daft die Jugendlichen sich h/iufiger Verletzungen zu- ziehen.

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I). Karpal- u. Metakarpaltrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 497

Behinderung bedeutet, t:austschluft gut und kr:Mtig. Es ist also kein bleibender Nachteil zu konstafieren, mn so weIfiger als der Mann Linkshttnder ist."

Gerade dieser ~'all zeigt den 3[echanisnms d(-r Stauehuttg deutlich in der Abbildung. Es ist dureh den Stol3 des Steines in der [A-ingsachse ein Teil ties Kapitulum und des Schaftes abgeschert worden in der Richtung der Kraft. Es mag dabei allerdings auch eine seitliche Komponente nfitgeholfen haben.

Eine K o m b i n a t i o n yon L[tngs-, Schr~tg- und T o r s i o n s f r a k t u r : Abb. 44: 39 Jahre. Ausgeglitten. Therapie: Kompressivverband. _,krbeits- tmf~higkeit = 4 'Woehen. - - 2. Monat: Kallus druckempfindlich; Extension dt~ Fingers IV nur bis 165 ~ Dynamorneter = 20: 3,5. Keine Rente begehrt wordeit wegert etwaigenl bleihenden Nachteil.

/17

Abb. 43.

Die Torsionsfrakturen sind (lie h,tufigste Frakturfi)rm tier 3[ittelhand : 42 ~ 0, also fast die ~ ] f t e (Schr~tg- und Querfrakturen ntir je 1/'4). Trotzdem fehlen sic noch in gewissen Lehrbfichern.

Sie sind dureh S c h l a t t e r schon im Jahre

Abb. 44.

1906 (in Bruns Beitr.

:

Abb. 45a.

z. klin. Chirurg.

\ ilA ~i1i

* ] , .

]

\ .z o~

Abb. 45 b.

Bd. 49 und 1910 in Volkmanns Sanunl. klin. Vorrr. Nr. 595) beschrieben worden.

Sie beruhen auf ihrem hesonderen M e c h a ni s m u s, der dureh Z u p pin ge r bei den Unterschenkelfrakturen genauer untersucht wt~rde. Analog zu den Verh~iltnissen am Unterschenkel stellen die 3[etakaxpen R6hrenknochen dar, welehe an der Basis ziemlich lest eingespannt sind und am Kapitulum einen Hebel (die Finger) tragen, welcher zur Achse quergestellt werden kann, so daft daran eine Drehung um (lie I~ngs~chse ausgeSbt wird dtLrch Kr~ifte, welche seitlich an diesem Hebel angreifen. Fiir diesen Mechanismus gibt S c h l a t t e r in seinen beiden VerSffenttichtmgen so fiberzeugende Beispiele, wie kein einziges unter den Metakarpals der Sehweizer Unfall-Versicherungs-Anstalt zu finc'en war, so dal] es zur Veranschaulichung nStig ist, zwei Be i sp i e l e S c h l a t - t e r s hier anzufiihren: ,,Patient hielt sich beim Sehlitteln unmittelbar vor und beim Umstiirzen des Sehlittens mit beiden H~inden seitlich am Schlitten lest und wurde mit d i ce r H~indestelhmg weitergeworfen. Tags darauf suehte der

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498 J. Blumer:

Juttge den Arzt anf wegen S c h f i r f w u n d e n an de r d o r s o r a d i a l e n S e i t e des M i t t e l g e l e n k s der F i n g e r II, III , IV. Auf dem Handriicken keir~e Zeichen yon Kontusion. Es hatte also offenbar das Trauma an den drei (ira Grundgelenk gebeugten) Fingenl auf der Radialseite angegriffen, wo die Schiir- fungsn ~I3en. Daher kam es zur Torsionsfraktur des Fingers I I I und IV." .,Noch schSner demonstriert den Torsionsmechanismus, gsradezu wie sin Ex- periment" folgender Fall S e h 1 a t t e r s : ,,27 Jahre. Syringomyelis-Patient. Bei der scherzweisen (zum Abschied unter Kameraden oft gesehenen) Verhaekung der Kleinfinger drehte der l~'reund ohne starke Kraftanwendung auswSrts, worauf Patient deutlich sin Knacken h6rte. Weder in diesem N[omente noeh sp/iter verspfirte er Schmerzen, und erst anderen Tags bestand Schwelhmg. Aueh bei briisker Untersuehung keine Sehmsrzen, trotz deutlieher Krepitation. Die R6ntgenaufnahme 1) best~itigte die Fraktur des Metak~trt)us V, welche die typischen Zeichen der Torsionsfraktur aufweist." ,,Es liegt hier vom rein wissensehaftliehen Standpunkt aus eine glfiekliche Kombination yon Trauma und Resistenzverminderung des Knochelts vor, welche den Torsionsmechaltismus in experhnenteller Weise demonstriert." Die gro[~e Zah] der Torsionsfrakturen zeigt, dab es dazu keiner Knochenerkrankung be<lad.

Die Beispiele S c h l a t t e r s zeichnen sich aus durch die auffallende Gering- fiigigkeit der Beschwerden. Beim 3[aterial der Schweizer Unfall-Versicherungs- Anstalt werdert gegenteils in der Regel Sehmerzen angegeben.

Z u p p i n g e r gibt ffir die Entstehung der Torsimrsfraktur die restlose ErMiirung (die urspriingliche falsche Darstelhmg im Bd. 27 trod 52 ist durch Z u p p i n g e r selbst im Bd. 64 korrigiert worden): bei der Verdrehung eines Hohlzylinders (vgl. Abb. 45a u. b) entstehen Zugsparmungen in der Wand, und zwar haben diese, ~-ie Z u p p i n g e r es mathematisch nachweist, ihre gr6Bte Iatensitiit in der Richtung ,,'on 45 0 zur Achse. Die SpaltSffnung der Fraktur erfolgt senkrecht zu dieser gr6gten Zugspannung und daher verlSuft auch sie als eine ,,Schraubenlinie", wslche zur Richtung der Zugspannungen sertkrecht steht. Es k6nRen sich zu gleicher Zeit sogar mehrere Spalten 6ffnen (s. Abb. 45 b, 46).

Hat einmal die Fraktta" einen grogen Tell der Z/rkumferenz auf- geMappt, so bricht die auf dent kiirzesten Wege, wenn es iiberhaupt zu totaler Fraktur kommt, ungefiihr parallel zur Achse das Fragment ab, wofiir A bb. 47 ein Beispiel ist. Die~ Sehlui3fraktur kommt jedoch auffallend selten zu kl~u'er ,~nschauung, well der Torsionsmechanismus praktisch beeinflul3t wild dutch Muskelaktion, Stauchung und Biegung. Die Torsionsfraktltr ist a'lso meistens eine i n d i r e k t e F r a k t u r ; die Weichteile des Handrfiekens sind fast nie ver- letzt, auch DurehspieBungen fanden sich keine. Nach S c h l a t t e r zeiehlmn sie sich dadurch aus, dab sie der Diagnose leicht entgehen, 6frets selbst trotz RSntgenaufnahme, wenn die Dislokation und dazu die klinischen Symptome fehlen. ,,Eine schonende Untersuchung wird bei Torsionsfraktur mrr ausnahms- weisc Krepitation und abnorme Beweglichkeit nachweisen. Falls nicht eine Verkfirzung des Fingers resp. ein Zuriicksinken des Kapitulums vorhanden ist, so bleibt oft nur noch die nichtssagende SchweUung des Handriickens." Die

1) Die Reproduktion davon fiudet sich aueh im Lehrbuch der Chirurgie yon Garr6 und B o r c h a r d .

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D. KarixLl- u. Metakaxpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. t920 b. d. Schweiz. Unfall-Versieh. 499

H ~ u f i g k e i t d e r T o r s i o n s f r a k t u r wird nach S e h l a t t e r unter anderem auch deswegen vcrschiederL angegeben, well die TorsionsfrakttLr und Sehr~g- fraktur ohne scharfe Grenze ineinander iibergehen. Die F r e q u e n z z e i g t

! �9

Abb. 49. Abb. 50. Abb. 48, /

b e z t i g l i c h de r e i n z e l n e n : ~ [ e t a k a r p e n ein m e r k w f i r d i g e s V e r h a l t e n : Sie s t e i g t y o n I - - I V an: 4 - -7 - -25 - -41 und f ~ l l t bei V w i e d e r a u f 18 ab. Dal] sie beim .~Ietakarpus I so gering ist, erkl~rt sich durch ~ine Beweglichkeit in seitlicher Richtung (dank dem Sattelgelenk der Basis). Deswegen sind die Schr~gfrakturen bei ibm haufiger, welche durch St6~]e in der IAtngsrichtung

Archly fttr orthop~dische u n d Unfa l l -Chi ru rg ie . Bd . X X , 33

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verursacht werden, welchen der Metakarpus I nicht oder viel weniger aus- weichen kann. Kann er lficht al~sweichen, wie es wohl bei Fall Abb. 48 zufolge Einklemmung gewesen sein mag, so kann es a,,ch bei ihm zu Torsionsfraktur kommen. Der erhebliche Frequenzunterschied z~,ischen II und IV (1 : 6) beruht zum Tell jedenfalls auf ihrer verschiedenen St~irke: IV ist der schw,ichste Metakarptrs. Daftir, dab bei I I I die H~tufigkeit so viel gr6]~er ist (3'/2 zu I) als bei II . mul~ wohl die festere Einspannung bei I I I (wie auch bei IV) verant- wortllch genlacht werden. S c h l a t t e r machte schon in seiner ersten Ver6ffent- lichung darauf aufmerksam, dal~ die T o r s i o n s f r a k t u r g e w 6 h n l i c h v o n p ro - xi m a l - u l n a r n a c h d i s t a l r a d i a l v e r l ~ u f t , nur selten umgekehrt. Offenbar beruht diese Gesetzm~f~igkeit darauf, dab das Trauma in der Regel in der gleichen Richtung angreift und zwar auf der U]narseite. Wo die Schlul3fraktur liegt, lal3t sieh meistens nicht erkennen. Theoretisch miil~te sie dorsal liegen nach Schl t~ t te r . Man findet auch ~heinbar entgegengesetzt laufende Torsions- frakturen bei den Multipelfrukturen; hierbei l~hfft dann ein/ach die For t~ tzung der einen in der Richtung der amlereil (s. Abb. 46). Sie finden sich aber at, ch auf gleicher H6he liegend: Die z)[etakarpen breehen ,,im gemeinso, m en Verband" oder auch ein jeder auf ,,eigene Rechnung".

I n de r Rege l is t bei de r T o r s i o n s f r a k t u r d e r S c h a f t b e t r o f f e n , Kapitulum und Basis nur selten.

Nicht selten findet sich am selben Metakarpus noch eiae zweite Torsions- fraktur (wenigstens altgedeutet) symmetrisch zur ersten und gleichlaufend (siehe Abb. 46).

Die T h e r a p i e der T o r s i o n s f r a k t u r ist eine recht einf~che und dank- bare. Wo keine Dislokation besteht, genfigt nach S e h l a t t e r nleist Einbinden der Hand tiber Watteb~tusch in der Vola oder auch eine S c b i e n e (eventuell a uch bei Dislokation, wenn durch Zug und seitlichen Druck die Reposition sich leicht machen l~il3t). Vor dam Zuriickdrehen des distMen Fragments warnt S c h l a t t e r , well es ,lie Gefahr in sich b i rd , die Schhfl~fraktur herbeizuffihren, wo sie noch nicht besteht, und doch dabei die Reposition nicht zu erreichen. In manehen Fhllen kSnne die Reposition erheblichen Zug erfmxtern, so daf~ eine B a r d e n h e u e r s c h i e n e n6tig werde. Diese aber k6mle durch eine Z u p p in g e r -Fin ge r e x t e n s i o n nfitt els biegsamem Met allst~ bchen (fiir zwei Wochen) ersetzt werden, welche sich trotz ihrer Eirtfachheit vorzfiglich bew~hrt habe. Durch das Biegen des St~bchens (rmchdem dasselbe an ]~'inger und Vola befestigt wurde mit Heftpflaster) elTeieht man Behebung der Verktirzung und Fixierung zugleieh. (Vgl. Text und Abbildungen im Lehrbuch der lora ktisehen Chinlrgie voiz S e h l a t t e r und Ge lpke . )

Diese Therapie gilt auch fiir die fibrigen .~[etakarpalfrakturenformen. Zufolge derselben ist die P r o g n o s e der 3[etakarp~tlfrakturen irn allgemelnen fiberhaupt eine g/iltstige, sobald die diagnostiziert und behandelt werden.

Fo]gende zwei Re vol ve rsehu l~-Metak~rp~t l - Z e r t r i i m m e r u n g s f r a k - t u r e n (Abb. 49, 50) zeigen die Eigentiimliehkeit~ dab die Splitterung aueh Torsio~xseharakter zu haben scheint. Man m6chte daraus sehlie/]en, dab die Metakarpen zuIolge ihrer Struktur ffir Torsionsfraktttren eine Disposition hahen. Sie werden tagt~gllch dutch Torsionsmomente beansprucht, nur ffihren diese gew6hnlich nieht zur Fraktur, wei] die Elastizit~itsgrenze nicht iiberschrittert

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 192)0 b. d. S-hweiz. Unfall-VcrMch. 501

wird. Dadureh k6nnte sieh (.~mlogon zu tier Zug- und l)ruckkurvenstruktur insbesondere des Femurkopfes und des Talus nach v. Me ye r-C u 11 m a u n) aueh in den Metakarpen eine entsprechende St ruk~ur ausbilden, welche d~trm zu den sehraubenf6rmigen Frakturflitehen Veranlassung gibt. Diese Disposition wttre mit dent Torsionsmechanisml,s Zupp i , age r s ganz gut vertraglich.

Von den Torsionsfrakturen besteht ein allm'~thlicher (:hergang zu den Sehr~igfl'akturen. Offenbar wirkt auch bei die~n oft noeh ein Torsionsmoment nfit. Besonders beim Metakarpus V, der die grc6Bte Frequenz zeigt, f:,illt eine leichte SchraubenJJhnlichkeit hSufig auf; dagegen beim 3[etakarpus I, der fast gleieh hohe Frequenz zeigt, beruhen die Sehr~gfrakturen wesentlich auf Seher- ~4rkung.

Die Querfrakturen zeigen ganz ,ih~fliehe FrequenzverhSltnisse ~vie die Schriigfrakturen. Sie siud meistens dh'ekte Frakturen.

])as Vorwiegen des Metakarpus I I bei den Zertrfimmerungsfrakturen beruht offenbar zugleieh attf der H~iufigkeit der FehlschlS, ge und darauf, dab tier Metakarpus I I denselben viel weniger ausweichen kann als der Metakarpus I, obwohl ihnen beide gleicherweise ausgesetzt sind.

Multiple Metakarpallrakturen t). Auf 164 geuau diagnostizierte Einzel- metakarpalfrakturen fanden sieh helm Material tier Schweizer Unfall-Versk, he- rungs-AusCalt nicht weniger als 62 gcnau diagnostizierte 3Ietakarpalfrakturcn, welche zu zweien oder dreien kombiniert waren umt sieh auf 28 Mittelhand- verletzmlgen verteilten. Es findelt sieh dabei die gleiehen Fraktur typen wie bei den Einzelfrakturen und aueh wieder in 5hnlicher HSufigkeitsfolge: Ain 11Ru f i g s t e n si nd die T o r s i o n s f r a k t ure n (15 FMIe = 30 Metakarpalfrakturen, d. h. die H~ilfte ~mtlicher Multii;elfraktureTl und 1:' a soviel als Eiazeltorsions- frakturen. Metakarlms I I I , IV und V wei~a aueh hier die gr6Bte Frequenz auf: 10 X I I I - - ] V , 4 X IV---V. Bei Abb. 46 kommt dazu noch eine Quer- fraktl,r ties Metakarpus V.

B 1 a u e I beschreibt einen Fall you Torsiortsfraktur II, I I l u m:l IV ; 0 be r s t sogar einen Fall nfit 4 Metakarpalfl'akturen.

(Die Que r - und S c h r / i g f r a k t u r e n gehen auch bier ohne seharfe Greuze ineinander fiber und machen mit den wenigen Z e r t r i i m m e r u n g s - uml A bri 6- f r a k t u r e n die andere HSlfte der multiplen ~'rakture11 atls.)

Multiple Torsionslrakturen.

A bb. 51 :36 Jahre. Sturz yore Velo. Quetsehwunden am rechtetl Hand- rficken iiber Metakarpus I I I - V . Arbeitsunftthigkeit = 10~iz Woehen. Kapi- tulum und Basis werden vow1 Torsionsfrakturen nur garrz selten betroffen.

3lultiple Sehr~iglrakturen. Am Ubergang yon deu multiplen Torsionsfrakturen zu den nnfltiplen

Schr/igfrakturen steht folgender Fall: A bb. 5 2 : 3 5 Jahre. Sturz 4 m fief auf den Kellerboden. Schwere Quetsehung der reehten Hand. S eh r ag t o r si on s- f r a k t u r des M e t a k a r p u s IV und V mi t z i e m l i e h s t a r k e r ] ) i . , l oka t ion .

x) Die multiplen Metakarpalfrakturen werden hier vorangenommen, damit auf die zugeh6rigen Abbihhmgen bei den Einzelfrakturen verwiesen werden kann.

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(

Zu gleicher Zeit gleich- und entgegengesetzt laufcnd. - - 7. Woche : Noch geringe SchweUung, m:,tl]ige Versteifung des Fingers IV uml V. Faustschh'~l] gelingt r~och nicht ganz und ist ohne Kraft . Arbeitsuafithigkeit ---= 7 Woclmn.

Abb. 51. Abb. 52.

217

Abb. 53.

502 J. Blumer:

Abb. 54. Abb. 55. Abb. 56.

Abb . 53 :18 Jahre. Stein auf die linke Hamt gefallen. Zwei lochf6rmige Wunder~. O f f e n e Q u c r - S c h r ~ g f r a k t u r des ~ [ e t ~ k a r p u s I I I u n d IV. Arbeitsunfithigkeit = 6 V(ochen.

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1). Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 503

Abb. 5 4 : 1 5 Jahre. Am Ziegeltransporteur reehte Hand eingeklemmt. Q u e r - S e h r ~ t g f r a k t u r d e s 3 i e t a k a r p u s I I und II, I n f r a k t i o n d e r B a s i s I V . Arheitsmff:,ihigkeit nut 3 Woehen.

Multiple Quer~rakturen. Abb. 5 6 : 2 3 Jahre. Einklemmung der linken Hand. R e i n e Q u e r -

f r a k t u r des N e t a k a r p u s I I I und IX; tiber der Basis. Arbeitsunf:~ihigkeit = {5 Woehen. ---- :~bb. 5 5 : 3 4 Jahre. Sehlag durch Sprengsehug-Steinsplitter. Of fene Q u e r f r a k t u r des M e t a k a r p u s I I u n d I I I in der Mitte. - - 6. Monat: Fingerbeweglichkeit normal, aber Greif'krMt noeh erheblieh vermindert. Kein bleibender Naehteil, aber wegen Kraftverminderung beim ]?austsehlusse ist eine E r w e r b s e i n b u g e yon 15~ fiir 4 3 I o n a t e a n z u n e h m e n .

Abl). 4 6 : 2 4 Jahre. Fall auf die reehte Hand. Quer- und Axialdruek schmerzhaft, etwas falsehe Bewegliehkeit, Krepitation. T o r s i o n s f r a k t u r 3 1 e t a k a r p u s I I I und IV (bei I i I D o p p e l t o r s i o n s f r a k t u r ) und Q u e r f r a k t u r a m K a p i t u l u m des Met, a k a r p u s V mit s t a r k e r Dis - ] o k a t i o n. --- Therapie : Massage alle 2--3 Tage., - 2. Monat: Patient leidet best~mdig an Sehmerzen, zwi- s(;hen Metakarpus IV und V, offenbar wegen dent dislozierten Fragment, das operativ entfernt werden sollte. Spitaleinweisung. - - 3. 3[onat: Be- r i e h t des S p i t a l a r z t e s : ,,Die Funktion des Fingers V ist relativ

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.. ) ' / " " ' 7

Abb. 57.

sehr gut. Der Mann hat die tlSntgenkol)ie gesehen und ist nun ,ladureh beii ngstigt. Meines Eraehtens sollte er roll arbeitem Indikation znr Ope- ration besteht nieht. Arheitsunfiihigkeit --= 101/2 Woehen.

.~Iit einem Extensionsverhand w~ire hier vermutlieh ein besseres Resldtag in Mirzerer Zeit erzielt worden als mit einem Gipsverband.

Abb. 57: 18j~ihrige Einlegerin. Quetsehung dutch Masehine. Sehiirf- wtmden quer iiber den linken Handriieken; blaurote kalte Finger; prMlanamisehe harte Sehwelhmg der Hand. Keine :Fraktm'zeiehen. ,,Da Gangr~n der Finger zu befiirehten war, machte ieh einen e n t s p a n n e n d e n L ~ n g s s e h n i t t au f de m H a n d r f i e k e n , der sofortigen Fdfekt hatte. R6ntgenbild: V611ige Zer - t r i i m m e r u n g d e r Bas i s M e t a k a r p u s IV und Q u e t s e h u n g s f r a k t u r der Bas i s M e t . a k a r p u s III . - - 31/., Woehen: Die Handwurzel ist um 11/2 em dicker im Durehmesser als reehts. Die Grundphalangen k6nnen noeh nieht wie friiher flektiert werden. Die Kraft der Hand ist noeh gering, aber kein bleibendee Nachteil zu hefiirehten. - - .4xbeitsunf:,ihigkeig nur 24 Tage.

E i n z e l f r a k t u r e n . ~ e t a k a r p n s I .

B a s i s s c h r ~ g f r a k t u r e n . 8ie sind relativ h~tufig, daher aueh schon l~inger bekanng und besehrieben,

besonders in der Form der B e n n e t f r a k t u r e n , welche sehon vor der R6ntgen-

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zeit (1881) yon Be n ne t erkannt worden ist, himer der vorgetauschten ,,rei~mn Subluxation" des Metakarpus I-Basisgelenks. [ S c h l a t t e r fand aber t rotzdem auch ~ k l i c h e Subluxation des Metakarpus I (Sammlung klinischer Vortrage)]. Es halldelt sich dabei um eine L u x a t i o n s f r a k t u r , welche yon der Basis des Metakarpus I den volaren Schnabel absprengt resp. abschert, indem sie durch die Gelenkfl~iche geht yon proximahlorsal nach distalvolar. Der Metakarpus verliert dabei seinen volaren Anschlag am Karpus und gleitet dorsalw:,irts. Es bestehen erhebliche Besehwerden, well der Daumen nicht opponiert werden kann ur~d well dfinne Objekte nieht gefaBt werden k6nneu. R o b i n s o n fand unter 92 Metakarpus-I-Frakturen fast ein Drittel Bemmtfrakturen. G r a s h e y zeigte, dab yon der Betmetfraktur zur einfachen Luxation und zu der para- art ikularen Frak tu r ganz allm~hliche t~berg~nge bestehen, was auch beim Material der Schweizer Unfall-Versicherungs-Anstalt der Fall ist.

D e r V e r l a u f de r S c h r / ~ g f r a k t u r an d e r B a s i s i s t e in a u f f a l l e n d e i n h e i t l i c h e r ; die Bruchfl/iche verl~tuft auch bei der paraart ikularen Frak tu r meist ungef~hr parallel zu jener bei der Bennetfraktur. Dies ist offenbar bedingt durch die statisch-dynamische Situation, welche eine Prfidisposition schafft: Der 3Ietakarpus I bildet eiaen leicht gekrfimmten Stab, welcher am Karpus in einem Sattelgeleak verschieblich befestigt ist. Zufolge der Krf immung hat der volaxe Schnabel die meister~ Chancen abgeschert zu werden, was arts der Abb . 58a klar ersichtlich i~st, besonders fiir die Kraft K I (z. B. ein Kurbel- rfickschlag oder das Aufschlagen des Daumenballens). Auch bei tier I~ngs- kraft K 2 (Abb. 58b) ist die Scherwirkung auf den volaren Schnabel durch- sichtig. Die Kr/ifte K 3 und K 4 haben mit ihrer L:~ingskomponente den gleiehen Effekt wie K 2 (w~hrend die Querk0mponente einfach das Kapi tu lum des Metakarpus I verschiebt, vgl. Abb . 58). Es kann also die sch~idigende Kraf t im Priltzip yon volar, seitlich, dorsal oder axial auf den Metakarpus einwirkend denselben Effekt haben. Dies wird auch best'~tigt durch die hier vorliegenden Falle, welche meines Erachtens zugleich zeigen, dab es sich um direkte und indirekte Frakturen handelt. - - Als Be nne t f r a k t ur k6nnen 4 F/ille allge.seheu werden, wo die Abscherung des volaren Schnabels mehr-minder deutlich erkenn- bar ist. - - Gerade hier macht sich eine Eigentfimlichkeit des R6ntgenbildes geltend: Dieses ist eine Dttrchsicht, w~hrend man dasselbe unwillkfirlich wie eine gew6hnliche Zeichnung als Draufsicht betrachtet und von einer AufheUung ohne weiteres, aber oft fhlschlich annimmt, sie liege obenauf. - - Es soUte (bei der Basisfraktur besonders) die Seitenansicht nicht (wie es jetzt fiblich ist) eirffaeh wie die Seitenansicht vom Handgeleltk gemacht werden, sondern als spezielle Seitenansicht vom Daumen, so daft man in die Bruchspalte direkt yon der Seite hereinsieht. So wie es jetzt gemacht ~ ' d , sieht man in beiden Aufnahmen ungef~hr dasselbe und bleibt doch oft im mtklaren fiber die wiehtige Frage, ob die Frak tu r durch das Gelenk geht oder nicht.

Abb . 5 9 : 5 5 dahre. Beim Frfisen Schlag durch Brett auf den rechten Handrfieken und die Finger. Staxke Sehwellung des DaumenbaUens, fiber Daumen und )Iittelfinger. Schfirftmgen am 2. und 3. Finger. Stollschmerzen am ~Ietakarpus I. .4xbeitsunf~higkeit nur 13 + 17/, Tage = 3 Wochen trotz ansehnlichem 'Alter und 'Arthritis deformans. - - Zwei andere F~tUe dtrrch Auto- kurbelrfickschlag und Sturz auf den ausgestreckten Daumen.

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. l,;nfall-Ver~ieh. 505

Abb. 60 :62 Jahre. Beim Steineladen mit der rechten Hand unter einen Stein geraten (dazu Thoraxkontusion) Ar5eitsunfithigkeit = 7 Woeh'en.

Sehon diese 4 ersten Fiille bestiitigen meines Fa-aehtens die Auffassung, dab yon dorsal und von volar kommende Sehl/tge gerade so gut zu Bennet- f raktur ffihren k6nnen, wit in der L~ingsriehtung auftreffende St6f~e und Ein- klemmungen. - - In 3 Fiillen war (lie Fraktur offenbar eine direkte, denn das Trauma spricht dafiir. - - ])as Fragment wird dabei immer gr6Ber; also ein

~ehnen

~ . , . ~ ~ ~ _.._.

-

Abb. 58a.

Abb. 59.

Abb. 60.

stetiger [*bergang zu der paraartikularen SchPagfraktur. - - Ist die Abscherung und Absprengung beim volarml Sehnabel leieht verst,indlich, so ist bei de r p a r a a r t i k u l a r e n F r a k t u r d e r V e r l a u f d e r F r a k t u r d u t c h d e n s c h e i n - b a r s t ~ t r k s t e n (grSBten) S e h r i i g s c h n i t t ein.R~it~l. Dieses kSnnte meines Eraehtens folgenderweise sieh erklii, ren: Zwisehen der Basis mit ihrem B'~nder- ansatz und der Diaphy~, mit ihrer solidell Kortikalis, liegt eine sehwaehe Stelle, weil hier die Kortikalis immer mehr sieh aufl6st in diinne Knoehenw:,indehen. Allerdings wird dabei der Durehmesser des Metakarpus gr6Ber, so dab wahr- seheinlieh die Summe aller Querschnitte der Knoehenwi~ndehen iiberall die gleiche ist. Der Metakarpus hat also vermutlieh in allen Quersehnigten die gleiehe Druekfes t igkei t , dagegen itndert sich ~ ine Seherfes t igkei t , und zwar

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weft bei der Aufl6sung der Kortikalis in lauter diinne W~ndchen die Knick- festigkeit rasch ~bnimmt miV der Verk]eiImrung der Einzelquersctmitte der Wandchen. - - Ganz atmlich verhi~lt es sich bei den Eise~lstiiben beim Bau yon eisernert Gittertr~gera fiir Diicher und Briicken. Hier m/is~en hiiufig diinne Sti~be, welche nur ehmn kleinen Druck zu /ibertragen haben, aus Rficksicht auf die Knickfestigkeit viel st'~irker gemacht werden, als es aus Rficksicht auf die .Druckfestigkeit rt6tig w~tre, well sie schon ausknicken, lange bevor der Druck pro cm ~ die Grenzen erreicht hat , welche bei dicken Stiiben zuliissig ist. - - Zufolge dem Verbande der Knochenwthldchen unter sich kaicken sie alle ,inch der gleichen Seite aus, und so kommt es darm zu einem Abschercn und ,,Abrutschen'" des Fragments. in der Richtmlg des StoBes. Dieser erfolgt meist in der l~ichtung distal-volar-1)roximal-dorsal und daher hat auch die Bruch- fl~tche meistens diese Richtung, um so mehr, als auch die gebogene Form des Metakar/)us I dieselbe begiills~igt. - - Ganz ~hnlich wie bei der Radiusfraktur

I

Abb. 61. Abb. 62. Abb. 63.

der Jugendlichen oft die Fraktur riicht dutch die zSh ela~tische Epiphysenf,~ge, sondern dutch den starreI~ Knochert verl~uft, so auch hier gelegentlich. - - Ausnahmsweise verlituft die Schr:,igfraktl~r nicht dorsovolax, sonder1~ mehr ia sagittaler Richtung.

Abb . 6 1 : 1 8 Jahre. Schlag auf die Hand. Auch da.~ R6ntgenbild l~i[3t auf eizt direkt einwirkendes Trauma schlieBen. Trotz der erheblichen I)islokation nut halbe Arbeitsunftthigkeit ~-i~hrend 5 Wochen, well es sich um einen Kommis handelte.

In folgenden 2 F~llen ist die Basis rdcht bloB abgeschert, sondern auch noch zertr/immert, weft die Diaphyse in dieselbe hineingestaucht wurde: S ch r iig- f r a k t u r und S t a u c h u n g s f r a k t u r .

Abb . 62:54 Jahre. Ausgeglitten. 3 Tage weiter geerbeitet, erst am 4. Tage zum Arzt. A.rbeitsunf~thigkeit ---- 6 Wochen.

In diesem ~4e in einem weiteren Falle harxdelte es sich offenbar um eirten heftigen Schlag auf die Dorsalseite des Metakarpus (besonders im 2. Falle) mit s tarker I~ngskomportente, welche die Stauchung verurs~chte. ~xhrdiche Einkeilung der Fragmente zeigt auch folgender Fall, bei dem sic meihes Er- achtens die Erkltirtmg gibt dafiir, dab Patient ziemlich schwere Arbeit weiter geleistet hat vor Eintr i t t der Konso]idierung.

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d..latlr. 1919 u. 1920 b. d. ,Sehweiz. Unfall-Ver;~ich. .507

Abb. 6 3 : 3 4 Jahre. Schlag mig grogem Schliissel auf den Daumen. Patient wurde nicht behandelt. RSntgenbild: S e h r ~ g f r a k t u r 5 I e t a k a r p u s I und i n f i l t r a t i o n de r F r a k t u r r ~ t n d e r und K a l l u s b i l d u n g . Die~e beweist, dab die _Vrs~ktur nieht wie behauptet vor 1 Woehe erfolgte, sondern viel friiher (vor 71/2 Woehen).

Ob es sieh t:ei den folgenden 2 FSllen yon ,,Luxation des MegakarIms" l~ieht eher um Bennetfrakturen handelte, l~igt sieh wegen fehlendem oder sehlechtem R6ntgenbiM nicht entseheiden. Im ersten Falle konnte die Luxation repo~iert weixlen, welehe aber immer wieder zur/ieksehnellte; konnte aueh mittels Gips- verband nieht gehalten werden. Trotzdem keine Beeintritchtigung der Funktion. Keirt bleibender Naehteil. Arbeit smffi~higkeit nut 31/., Woehen. - - 2. Fall : 20 Jahre. Beim Skffahren gestiirzt. Die Metakaxpus-I-Basis tritg s tark hervor. Reposition mit Hefgpflasterverband. Hat damit sofort roll gearheiteg ! - - In einem 3. Falle wurde Subluxation diagnostiziert ; R6ntgenaufnahme sei unnStig. Diese, demloch veranlaBt, ergab dann Querfraktur des MetakarIms I i m proxin:alen 13rittel. krbeitsunf~thigkeit = 41/~ Woehen.

P r ogn cse u n d The ra pie. S eh 1 a t t e r empfiehlt die Zuppingerextension fiir 2 Wochen anzulegen oder ei~ffaehe Ruhigstelhmg iiber Wattebauseh in der Vola. --- Nach G r a s h e y verl~uft die Heflung tler Bennetfraktur manchmal auffallend gut, abgesehen yon der schleehteren Prognose bei Mteren Lenten, zufolge der Arthritis deformans. Die beste Reposition erfolge dureh Extension und Kompreasion vom Dorsum mit Wattepelotte und zirkularen Heftlfflaster- streifeu (dank der volaren Furehe sei keine Abschnfirungsgefahr vorhanden). Dariiber Schiene yon tier Tabatiere his zur Daumenspitze. 4 >." S Tage liegen lassen, um wom6glich habituelle Luxativn und Pseudarthrose zu verhindern. D a s W e s e n t l i e h e sei n i c h t die F r a k t u r , s ~ n d e r n die L u x a t i o n . Sie mi isse v o r a l l e m k o r r i g i e r t w e r d e n .

Auch beim MateriM der Schweizer Utffall-Versiehcrungs-Anstalt zeigt sieh eine giinstige Prognosc. Die Arbeitsunfiihigkeit betritgt : 21.'o. 3, 5 Ulld 7 Woehen bei den 4 Bemmtfrakturen, 4--6 Wochen hei den iibrigen Scbritgfrakturen.

3 l e t a k a r p u s I - B a s i s - Q u e r f r a k t ure n.

Von den Sehr~igfrakturen zu den Querfrakturen besteht ebenfalls em allmithlieher Uhergang. Werden erstere durch St6ge in der Metakarpalaehse und durch die L:,ingskomponente yon sehief auftreffenden Kr~iften ausgel6st, so mug bei der Querfraktur die sehSdigende Kraft notwendig quer zur Meta- karpa laeh~ wirken, oder hei sehiefen Kriiften mug die Querkomponente sehr grog ~ i n und iiberdies mug diese nahe der Metakarpalbasis angreifen und offen- bar auch sehr raseh einwirken, well sonst der 3Ietakart)us ihr (womSglich) aus- weieht. Entsprechend diesen Einschr~inkmNen sind die Querfrakturen der Basis al~ Zahl etwas weniger hfi.ufig als die Schrggfrakturen (2: 3). Die L,ings- koml3onente kann zu der Qt'erfraktur noch Einstauehung der Fragmente ver- ursachen. Die 1Riehtung tier seh~tdigenden Kraft ist 6fters im RSntgenbild zu erkermen aus der Dislokation des distalen Fragments. - - Die Basisquer- frakturen sind wohl fast ohne Ausnahme direkte Frakturen und dazu reine Seherfrakturen. :-- Den tc~bergang yon Sehmg- zu Querfrakturen biMet fo]gender Fall:

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508 J. Biumer:

Abb. 64: 48j~thrige Frau. Fehltri t t auf der Treppe. R a d i u s f r a k t u r und M e t a k a r p u s - I - Q u e r s c h r h g f r a k t u r . Die Metakarpalfrakttfr machte hier sogar mehr und l/inger Sehwierigkeiten als die Radiusfraktur. ~r ein Heftpflaster-Zugverband am Daumen nicht hielt, wurde der Metakarpus resp. der Daumen in starker Abduktionastellung fixiert, wobei aber doch eine Frag- mentversehiebung geb]ieben sei. - - Der Daumert konute nach 2 Monaten beim Faustsehlul3 noeh nicht ganz eingeschlagen werden. ArbeitsmffShigkeit = 71/~ ~,Vochen. Aus der ,,Seitenansicht" Mlein wiirde man keiaeswegs auf die starke Dorsaldislokation schlieBen, welche die ,,F15chenaufllahme" zeigt.

Abb. 65:20 Jahre. Dreher. Dau-

(

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/ ~ r J men an der Drehbank vom ,,Dreh- herz'" erfaftt und stark fiberdreht worden. H e i n e Q u e r f r a k t u r . 1/~em distal yon dcr noeh eben erkennbaren Epil)hysenfuge. (Es seheint sieh viel- mehr um eine t]berbiegung als um eiue Verdrehung gehandelt zu haben, well keine Torsionsfraktur.) - - Ferner ein im R6atgenbikl ganz 5hnlich aus-

sehender Fall: Hand eingeklemmt. Diagnose: ,,Zer- splitterungsfraktur", aber erst nach 2 ~[omtten. R6nt- genaufuahme gemacht. - - 11. Vr Es besteht starke Dislokation naeh ein- uud aufwhrts. Im R6ntgenbi]d ist keine Kallusbikhmg ztt erkennen, Und es seheint keine Frakturkonso]idierung eingetreten zu sein. Be- wegung reduziert, kraftlos. Als Vorarbeiter wieder flit 1/2 .'vlonat arbeitsf~hig. - - Nach weiteren 5 SVoehen: Es besteht jetzt ein ziemlich starker Kallus, t lotzdem siml die Bewegungen des Daumens relativ gut und die

Abb. 64. Kraft hat sieh erheblieh gebessert. Es izt kein bleibender Naehteil zu befiirehten. Zu 90~ wieder arbeitsfiihig.

Die Firma dagegen seh,~eibt, dal] Patient zufolge Unfa]l nicht mehr beschSftigt werden k6nne als Vorarbeitee. - - 6. Monat: Adduktion und Opposition noch leicht behindert dttrch KMlus. Hat Sehwierigkeit, diinne Objekte zu fassell. - - Die Unfallversicherung billigt Patient noeh 10~ Erwerbseinbul]e ffir 2 ~,Voc'hen zu. - - Arheitsunfahigkeit = 77 Tage total + 34 Tage ~ ,50o/' 0 ~ 30 Tage h, 25O/o 4-. 31 Tage '~ 15~ -- 14 Tage k 10O/o, zusammen = 108 Tage, also 31/2 Monate! offenbar solange, well zufolge der Anfangsdiagnose: ,,Zersplitterungsfraktur" die l~eposition unterlassen wttrde. ~ Revision: Keine Rente.

Abb. 66 :24 Jahre. Dureh Auto yore Velo gesehleudert worden. Q u e r - f r a k t u r an de r Bas i s und I n f r a k t i o n am K a p i t u l u m des r e c h t e n ~ [ e t a - k a r p u s I. - - 2t/a Monate: Heilung noeh nicht voUst:,indig. Kalh, s hindert noeh die Bewegung. Arbeitsmffahigkeit = 7 Woehen (fiber die Reposition fehlen Angaben, yon Rente ist nieht die Rede). - - Vereinzelt findet sieh noeh ein Fall v o n Q u e r f r a k t u r k o m b i n i e r t mi t L ~ n g s i n f r a k t i o n ins G e l e n k : Abb. 67: 20 Jahre. Sturz vom Velo. Therapie: Gipsverband, Bandage. Arbeitsunf~ihig- keit = 5 Wochen.

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D. Karpal- u. Metakaq)alfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 509

M e t a k a r p u s - l - S c h a f t f r a k t u r e n . L ~ i n g s f r a k t u r : Keine. T o r s i o n s f r a k t u r : Abb. 4 8 : 1 5 Jahre. R echter Daumen eingeklemmt.

Arbeitsurff~ihigkeit --- 6 Woehen. V6tlige Heihmg. Funktion normal.

/

Abb. 65. Abb. 67.

Abb. 68.

Abb. 4 7 : 4 5 Jahre. Sturz mit Leiter. BluterguI3 am liz~ken Daumen- ballen. R6ntgenaufnahme: T o r s i o n s f r a k t u r und S t a u c h u n g s f r a k t u r .

:&rbeitsurd~higkeit = 4 Woehen. - - Ein dritter Fall lie~ dazwischen.

S e h r ~ g f r a k t u r : 60 Jahre. Ausgeglitten, auf die reehte Hand. 6 Tage weiter gearbeitet, erst am 6. Tage zum Arzt. Arbeitsunfithigkeit nur 3 Woehen, trotz danlek- empfindliehem Kallus. --- Abb. 6 8 : 1 6 Jahre. Beilhieb zwisehen linken Finger I u n d II. 5[etakarpus I seharf-

Abb. 69. Abb. 70.

rar~dig schr:~tg durchschnitten. O p e r a t i v e T h e r a p i e : Naht der Ext. I)O11. ]g.-Sehne. Knoehennaht mit Periostdeckung. Extension. Nach 6 Wochen: Vernarbt, keine Sekretion. Metakarpus konsolidiert. Kallus gering, nicht

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510 J. Blumer:

sehmerzhaft. Bewegliehkeit gering, nm" Opposition gut. .-krbeitsunf~higkeit 9 Wochen; v611ige Heihmg. - - In /ihnlichem 2. Falle blieb Versteifung des

Daumengrundgelenkes. Arbeitsunf/ihigkeit ~- 91/2 Wochen. R e n t c : 3 Mor~ate 250/0, 3 Monate 15~ mid 6 Monate 10~ dann wieder Revision (noch aus- stehend).

Q u e r f r a k t u r : Abb. 69 :38 Jahre. Gegengewicht auf die reehte Hand gefallen. Im 1. (allerdings schleehten) R6ntgenbild war keine Frak tu r zu er- kennen, weft s u b p e r i o s t a l e F r a k t u r oh ne D i s l o k a t i o n . .4.rbeitsunf~.hig- keit ~ 4 ~Vochen.

Z e r t r t i m m e r u n g s f r a k t u r : Abb. 7 0 : 4 0 Jahre. Sturz in die Tenne. R6ntgenbihl: S p l i t t e r - Q u e r s c h r / i g f r a k t u r in de r Mit re . --- 511~ Vr Flexion im Daumengrumlgelenk nur bis 450 m6glieh. Arbeitsunfithigkeit 41/2 Woehen.

K a p i t u h l m a b r i B f r a k t u r : 30 Jahre. Fall atff den Daumen beim Ab- springen yon Rampe. Subkutaner und intraaxtikularer Blutergu/~. Diagnose: Distorsion des rechten Dauraengrundgelenkes. Voraussichtlich Arbeitsmff~hig- keit ~- 2--3 Wochen. - - 5. Woche: P~0ntgenaufnahme: A b r i l ~ f r a k t u r am K a p i t u l u r a ties M e t a k a r p u s I und e v e n t u e l l e L ~ i n g s f r a k t u r . Nach 2 Monaten immer noch Velxlickung des Grundgelenks.

~ I e t a k a r p u s II .

B a s i s : Gelegentlich sieht man im R6ntgenbild dtmkle, l~ings verlaufende Linien, vermutlich alte vernarbte Fissuren.

A bb. 7 1 : 3 0 Jahre. Torsionsfraktur dutch Einklemnmng der reehten Hand. Quetsehwunde am Handriicken proximal vom Grundgelenk I I und III , in der Folge nckrotisch geworden. Arbeitsunfithigkeit = 101/2 Woehen, wegen torpidem Heihmgsverlauf der Quetschwunde.

Abb. "'~ J,,: 60 ,[ahre. Fall yore Wagen. R6ntgenaufnahme: F r a k t u r des P roc . s ty l . tad . und Q u e r s e h r i t g f r a k t u r d e r Bas i s des M e t a k a r p u s II o h n e D i s l o k a t i o n . - - .5. Woehe: Fraktur geheilt, Bewegliehkeit roll erhalten. Arbeitsmffghigkeit = 51/= W o c h e n . - P a t i e n t : 31 Jahre. Ganz ~thnliche s u b p e r i o s t M e F r a k t u r , dureh geworfenes FAsenstfick. Arbeitsunfiihigkeit = 41/2 W o c h e n - - (In 2 weiteren Fttllen land sieh ganz quer~-erlaufend an dieser Stelle eine unzweifelhafte a b n o r m e E p i p h y s e n f u g e . )

Abb. 7 3 : 3 0 Jahre. Brett auf die rechte Hand gefallen. Starker Druek- und Axialsehmerz. R6rttgenaufnahme: Z e r t r f i m m e r u n g s g e l e n k f r a k t u r de r B a s i s m i t S t a u c h u n g . - - 7. Woehe: Leiehte Verkiirzung. Bewegung und Axialstol] schmerzhaft. Schwgehegefiihl. Arbeitsunfi~higkeit = 41/,, Wochen.

Abb. 74:31 Jahre. FAn Balken auf die Hand gefallen. R6ntgenaufnahme: S t a u e h u n g s f r a k t u r des M e t a k a r p u s ~[I im p r o x i m a l e n D r i t t e l u n d F i s s u r ? im M u l t a n g u l u m majus . .4.rbeitsunf~thigkeit = 81/~ Wochen.

S c h a f t f r a k t u r e n : 4 Fiflle ~hnlieh Abb. 7 5 - - s u b p e r i o s t a l e Q u e r - f r a k t u r - - , 1 mat dutch Straucheln, 3 mal dutch Schlag auf die Hand. Arbeits- unf~ihigkeit ~ 1 • 2 • 1 • Woehen, trotzdem keine Dislokation bestand. In auffallendem Gegensatz hierzu stehen 2 andere Fiille: :P a t i en t : 31 Jab_re. Uber Treppe gest/irzt. Q u e r s c h r ~ g f r a k t u r links mit m/il3iger ])islokation um 1/, Durchmesser in die Breite und L~nge. Arbeitsmffahigkeit : 51/2 Wochen.

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D. KarpM- u. Metakarpalfraktm~.n i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. UMall-Versich. 511

- - 36 J a h r e . Ganz iihnliehe F r a k t u r rechts , ~ber ohne Stufe, zufolge Winden- kurbelrf ieksehlag. Therap ie : Zuppingerschiene. A.rbeitsunfMfigkeit ----- 5 SVochen.

- - Bei 2 weiteren Fi i l len mi t s ta rker Dis loka t ion be t rug die Arbeitsunf~ihigl~eit nur 5 Wochen:

( ~bb 71

Abb. 72, Abb. 73. Abb. 74.

Abb. 75. Abb. 76. AM~. 77.

A b b . 7 6 : 1 9 ,Iahre. Quetsehung der rechten H a n d : Tiefe Que tschwunde am Handrf icken. Therapie : Ex tens ion re.it Kramerschiene . }16nt.genbikl: Of re ne S c h r ~ t g t o r s i o n s f r a k t u r m i t s t a r k e r D i s l o k a t i o n . Schon nach 3 t /2Wochen

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512 ,}'. Blumer:

Bewegung der Finger normal und halbe Arbeitsf'~higkeit! zkrbeitsunfithigkeit ---- 41/2 Woehen.

25 Jahre. Zusammenstol3 mit Auto. O f f e n e S p l i t t e r f r a k t u r links, ~ihn]ich Abb. 78, jedoch in Schaftmitte (Fraktur des Nasenbeins, Oberschenkel- hamatom). Nach 4 Wochen noch leichte Schwellung. Funktion des Zeigc- fingers noch behindert. .4xbeitsunfahigkeit = 5 Wochen.

E i n F a l l m i t b l e i b e n d e m N a c h t e i ] a ls F o l g e de r N i c h t r e p o - s i t i o n : 49 Jahre. Vom Velo an ein Haus geschleudert worden. Velo in 3 Teile zerschlagen. Starke Schwellung, Hautwunde am rechten Zeigefinger radialseits, starke Druckschmerzen, Krepitation, starker Blutergul] (welcher nicht gestatte,

mit Sicherheit eine Fraktur zu erkennen). Erst auf Dr~tngen des Patienten ~ r d e nach 10 Tagen ein Fixierungsverband an- gelegt. 3 Tage nachher konstatierte ein anderer Arzt Reiten der Fragmente, welche bereits durch Kallus verbunden seien, so dab Korrektur nicht mehr m6glich, aul3er durch Refraktion.

'

Abb. 78.

Ein dritter .~u'zt empfiehlt flei]ige Greif- und Druckbewegungen, um die Funkt ion wieder herzustellen, daher sei Aufnahme der Arbeit angezeigt. Pat ient , well sehr arbeitsuSJlig, nimmt die Arbeit gleich voll auf, bis entziind- liche Schwellung an der Fraktionsstelle ent- stand und der Finger ganz steif wurde. - - 2. M o n a t : ,,Zufolge der V e r k t i r z u n g u m 11/0 c m empfindet der Patient eine leichte Behinderung in seinem rechten Zeigefinger. Er gibt an, weniger Kraft zu haben; ich glaube, dal3 er iibertreibt. :Da er nur grobe Arbeit verrichtet , so kann die Verkiirzung keine Rolle spie]en." ArbeitsunJ~higkeit ---- 7 Wochen. - - 3. )[onat: Konsolidiert in Win- kelstellung mit dor~ lem Vorsprung. Volare

Prominenz des Kapitulum. (Das R/Sntgenbild yon diesem Falle war nicht erhSltlich.)

Abb . 77: 76j~hrige Frau. Vom Stuhl gestfirzt. A~n 3. Tag zum Arzt. R6ntgena ufna~hme : T o r s i o n s f r a k t u r mit leichter :Dislokation..4.r beitsunf~ihig- keit = 7 Wochen. - - Ganz ~hnliche Torsionsfraktur aber ohne Dislokation durch Hammerschlag. Auf der Mitre des Metakarpus I I ist eine sehmerzlose Verdickung zu spfiren, wahrscheinlich Kallus einer Infraktion vor 4 }Vochen. Je tz t Krepitation. RSr~tgenbild: G a n z f r a k t u r e i n e r a l t e n a b h e i l e n d e n T o r s i o n s f r a k t u r . - - 2. Woche: Kapi tulum volar gesenkt. Beweglichkeit des Zeigefingers im Grundgelenk leicht behindert. FaustschluB gelingt nicht ganz. Arbeitsunf~ihigkeit nut 21/2 Wochen (als Erg~n.zung der Heihmgsdauer der alten Fraktur) .

Abb . 4 9 : 2 5 Jahre. R e v o l v e r s e h u B durch die linke Hand. R6ntgen- bikl : S p l i t t e r - , , T o r s i o n s f r a k t u r : ' . - - 3. Monat : O p e r a t i o n : E x s t i r p a t i o n e i n i g e r S p l i t t e r , Gegeninzision und Drainage. Massage. Eventuell LSsung der Hautnarbe, welche verwachsen ist nfit der Knochennarbe und die Flexion

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D. Karpal- u. Metakarpalfl'akturcn i. d..lab,'. 1919 u. 1920 b. d. ,~hweiz. UnfMl-Versich. 513

ties Zeigefingers behindert im Grundgelenk. - - K~tpituhtm I I leieht volar gesenkt. - - 4. Monat: I)er SehuBkanal wurde infiziert. Ausheilung nfit ziemlieh, starker Funktionsst6rung. Volare Narbe adhhrent in der Tiefe und druekempfindlieh. Idem dorsal. Keine Verkiirzung. Aktive Flexion des Zeigefingers im Grund- gelenk nut his 160 ~ gegen 900 rechts. Passive Flexion bis 135~ Extension normal. Das Greifen zwisehen Zeigefinger und Daumen geht nieht, wohl aber das Greifen zwisehen Zeigefinger und Volt. Kraft und ArbeitsfShigkeit stark rr Die blei be n d e I n v ali d i t ~i t kann zur Zeit auf 10 ~ angesehlagen werden. Naehkontrolle in 1 Jahr: Fand nieht start. ArbeitsmffMdgkeit =-: 2 Monet (wegen Inf,~ktion).

K a p i t u l u m f r a k t u r e n : Abb. 78. 26 Jahre. Einklemmung der reehtell Hand. I~5ntgenaufnahme: Offene Z e r t r t i m m e r u n g s f r a k t u r des K a p i - t u l u m M e t a k a r p u s I I und Sehrii~orsionsfraktur in der Basis des Grund- gliedes I I I . Arbeitsunfithigkeit =- 14 Woehen. Naeh 5 3Ionaten noeh Behinde- rmtg des Faustsehlusses his 2 era; Kraft gering. - - In einem ghnhehen Falle (aueh dureh Einklemmmlg) entstand blog eine .-krbeitsunffthigkeit = 4 Woehen, welehe noeh mehr im Gegensatz steht zu folgendem Fall:

N)j ';thrige F r a u : Stanzmaschinenverletzung. Keine Sehnenverletzung. Of fene F r a k t u r des M e t a k a r p u s II. Naht. - - Wundheilung p. sec., weil ,lie Wundrander gangriin6s gewonlen. - - 2. Monat: Der Zeigefinger karm nieht ganz gestreekt werden und beim Faustschlul3 bleibt er .5 em vonde r Vola weg. Der Mittelfinger ist ebeiffalls teilweise versteift, abet in geringerem Grade. In va l id it it t : 200/0 fiir 2 Monate angezeigt, dann Absehtitzung des bleil3enden Nachteils. - - 4. Monat: Zeigefinger kann nur wenig aktiv gebeugt werden. Finger I I I ist aueh teilweise versteift geblieben. Aueh IV und V zeigen ver- minderte ]]eweglichkeit. Arbeitsunfiihigkeit ~ 8 Woehen. - - R e n t e : 15~ ffir 8 M()nate. Revision steht noeh aus.

)letakarpus IIl. Bas i s : Die L~berschneidungen an der Basis tier 31etakarpen werden

gelegentlich als A b i ' i g f r a k t u r mil3deutet, welche allerdings vereinzelt tat- ~tchlich vorkommt. Ferner fin(let sich in seltenen Fallen auch S t au ch u ngs- f r a k t u r der Basis, ~hnlieh Abb. 73.

S c h a f t : Die Schriig- und Torsionsfrakturen des Schaftes zeigen nichts Besonderes gegeniiber multipel auftretenden Frakturen. Die ArbeitsunfShigkeit betr~gt oft nur 2--3 Wochen, daneben aueh bis 6 Wochen.

K a p i t u l u m : Abb. 79:20 Jahre. Prellsehlag dureh die Haltezange beim Absehroten unter dem Dan.~pfhammer. naeh dem Aufkanten de~ Stiickes. R6ntgenbild: E i n g e k e i l t e Q u e r s c h r i ~ g f r a k t u r p r o x i m a l yon der E p i - p h y s e n f u g e . - - 2. Monat: Starkes dorsMes Vorspringen des proximalen, volares Vorspringen ties distalen Fragments. Verkiirzung fast 1 era. Extension im Grundgelenk nm" bis 1600 m6glich, dagegen FaustschluB gut. - - Nachkon- trolle in 6 Monaten: Kallus, aber keine Weichteitschwelhmg. Kapituhtm springt gegen die Vola vor, was besonders beim Faustschlul] sich bemerkbar maeht, aber diesen nicht hindert. Bei aktiver Extension bleibt Finger H I im Grundgelenk zuriick bei 165 ~ Dynamometer links ---= 32, reehts = 29. Eine

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514 J. Blumer:

]3ehindertmg, den Hammer zu ffihren, ist nicht ersiehtlieh und der Zustand wird sieh noeh bec~sern. Rente kommt nieht in Frage. Arbeitsunfithigkeit - - 61/~ ~Vo- ehen. - - Abb. 8 0 : 2 0 Jahre. Rfieksehlag des Holzstiiekes an der Krei~s~ge. A b r i B f r a k t u r links. Arbeitsunf~higkeit = 4 Woehen. - - Ein ~ibnJiehes, aber offenbar viel heftigeres Trauma ffihrte im folgenden Falle zu sdel sehwereren Folgen: Patient. 25 Jabre. Sehlag auf Handr/ieken dureb ein Fragment einer explodierenden Sehleifseheibe aus Holz: O f f e n e R i i 3 q u e t s e h w u n d e f iber G r u n d p h a l a n g e und G r u n d g e l e n k I I I . Austri t t yon Synovia. Therapie: Wundtoilette, feuebter Sublimatverband. O f f e n e F r a k t u r d e s ~ I e t a - k ,~ rpus I I I . Grundgelenk des Fingers I I I trotz frfihzeitigen akt iven und passiven Bewegungen teilweise a n k y l o s i e r t . - 61/~_ Woehen: Das Grundglied ist in einem dorsal offenen Winkel yon 155 ~ konsolidieVt. Metakarpuskapitulmn volar versehoben. Zufolge dieser sehleehten Stelhmg ist aueh die FNnktion des Fingers I I I beschr~inkt. Beim Faustsehluf$ bleibt Finger I I [ mit der Spitze 4 em yon der Vola weg. Der bleibende Naehteil wilt[ auf 10~ eingeseh~itzt. Arbeitsunf~ihigkeit = 7 ~Voehen.

)Ietakarpus IV. Bas i s . Abb . 81: 18 Jahre. Veloztlsanmlenstofl. Rihltgenaufnahme:

S t a u c h u n g s q u e r f r a k t u r links dureh die Basis. Arbeitsunfiihigkeit---- 5x/2 Wochen.

S c h a f t . Querfraktur. Abb . 82 :31 Jahre. Kurbelrfickschlag. O f f e n e Q u e r f r a k t u r i m p r o x i m a l e n D r i t t e l . Arbeitsunfiihigkeit = 5 ~Vochen, wie im folgenden Falle. - - Patient 34 Jahre. Einklenmnmg der linken Hand. O f f e n e Q u e r f r a k t u r i m d i s t a l e n D r i t t e l . Arbeitsunfhhigkeit = 5Wochen. - - Abb . 8 3 : 5 2 Jahre. S u b p e r i a s t a l e Q u e r s c h r ~ i g f r a k t u r in d e r Mi t re . Arbeitsunf5higkeit = 5 Wochen.

Die Torsionsfrakturen sind schr zahlreich, zeigen aber den gleichen Charakter wie die multiplen Torsionsfrakturen. In 2 FSllen erfolgte die F rak tu r beim Aufheben eines Mitarbeiters an den Elthogen.

Die yon S chl a t t e r konstatierte relative Schmerzlosigkeit solcher frischer Torsionsfrakturen fand sich bier nut ausnahmsweise im folgenden Falle: 31 Jahre. Beim Ringen ist dem Patienten der Gegner auf die linke Hand gefallen. Machte einen kalten Umschlag und b e t e i l i g t e s ich w e l t e r a m R i n g e n . Ghag andern T~,gs zur Arbeit. I m Laofe des Naehmittags sei er dann nochmals auf die gleiche Hand gefallen in:folge Aosgleitens, mufite dann wegen Sehmerzen aus- setzen, dann zum Arzt. RSntgenbild: T y p i s c h e T o r s i o n s f r a k t u r de r m i t t l e r e n 2/' 4 mit 1/9_ cm Verkfirzung. Arbeitsonf~thigkeit = 4 SVochen. - - M6glicherweise bestand zuerst nur Infraktion.

Abb . 84a und b: Lehrling 17 Jahre. Infolge Ausgleitens mit der I-[aml in die Drehbank hineingeruten. Grof~e Schnittwunde auf dem linken Hand- rficken und in der Vola. F r a k t u r des V o r d e r a r m s und o f f e n e Z e r t r t i m - m e r u n g s f r a k t u r des M e t a k a r p u s IV. ~ 20 Tage nach dem Unfall: In Lokalan~isthesie p a r t i e l l e R e s e k t i o n des M e t a k a r p u s IV u n d b l u t i g e R e p o s i t i o n de r s e i t l i c h v e r d r ~ n g t e n F r a g m e n t e . Drainage. 21/2 Wochen spater schon v6llig vernarbt. Extension des Endgliedes = 140 ~ - - 3. ~lonat:

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D. Karl~]- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b, d. S~hw~qz. Unfall-Vcrsich. 515

Extension des Fingers IV ist noch besehrSnkt zufolgc der harten Schwelhmg der Weichteile um den Kallus herren (besonders derjenigen der Sehnenseh'eiden). Flexion geht, ist aber kraftlos. Es wird eine htvalidititt zuriickbleiben. Nar kontrolle n,~ch der Lehrzeit (Rente zur Zeit noeh nicht festgesetzt).

?

Abb. 79.

u

Abb. 80. Abb. 81.

J.

Abb. 83. Abb. 82. Abb. 84.

Metakarpus u

Basis . 44 Jahre. Einklemmung reehts. Q u e r s c h r S g f r ~ k t u r fiber der Bas i s , mit leiehter Dislokation. - - 2. 5foaat: Noch leiehte Schwelhmg. Klein- und Ringfinger sind in ihrer :Flexion stark behindei% Beim Faustschluf~ kommt die Spitze des Fingers V auf den Riicken des Fingers IV zu liegen. Auch

A.rchiv fOr orthop&dlsche und Unfal | -Chtrurgie. Bd. XX. 34

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516 J. Blumer:

tier Finger ,V erreieht ,lie Vola nur mit Miihe. Arbeits,mfiihigkeit = 21 + 17,, + a t ' Tage = 5 Woehen. --- ~,Veitere 8 ganz 5hnliehe F'511e nut _~'beits- unf:,ihigkeit = 3 - -5 Wochen. Frakturver lauf nur mehr quer oder mehr sehrtig.

A b b . 85: 4:} Jahre. Schlag. L i n k s S t a n e h u n g s - Z ( , r t r t i m m e r u n g s - f r a k t u r . Arheitsunfiihigkeit ~ 4 Wochen.

S e h a f t . Beim 3[etakarpus V fanden sieh ebenfalls wiederholt dol)pelte Torsionsfrakturen. Aueh hier stehen 6fters I~6ntgenbefund und Arbeitsmffiihig- keit im umgekehrtert Verhaltnis: z. B. s u b p e r i o s t a l e T o r s i o n s f i s s u r mit 5---7 Woehen! Arbeksunfiihigkeit. --- Dagegen: T o r s i o n s f r a k t u r m i t 3/4 e m D i s l o k a t i o n , arbeitete 14 Tage weiter! (nieht als 3h, ister); geht erst dann zum Arzt und setzt nur 17 Tage m~s. - - Die Quersehr~ig- mul Torsionsfrakturen

2, V '

Ca/I

Abb. 85. Abb. 86. Abb. 87. Abb. 88.

des Schaftes sehen ungefiihr aus wie jene des 3[etakarpus IV und I I I nnd sind ohne Besonderheitea.

K a p i t u l u m . Am KapitulunI V kommen hiiufig Quer- und Stauehungs- frakturen vor, da ja dasse]be den Trmm!en sehr stark ausgesetzt ist. - - A b b . 86: Mit. dem Absatz h~tngen gebliehen beim Abspringen yon Kiste. Woll te sich, unl nicht zu fallen, mit der Hand noch aufhalten, errei,:hte aber (lie Kan te der Kiste nur mit. dem Kleinfinger, daher eine m a x i m a l e A b d u k t i o n . Q u e r - s e h r i i g f r a k t u r des K a p i t u l u m . Setzte (lie ,Mbeit fiberhaup~ nie aus als Handlanger [

Bei .Iugendliehen geht auch bier die F rak tu r eher proximal yon dev Epiphysenfuge als dureh diese selber. A bb. 8 7 : 1 8 Jahre. Beim Turnen ge- falletl. 2 Wochen weiter gearbei tet , erst dann zum Arzt. E i n g e k e i l t e Q u e r f r a k t u r m i t */9. e m V e r k f i r z u n g u n d ] ) i s l o k a t i o n r ad ia lw~Lr t s . Well Kor rek tur nicht mehr m6glich, so erfolgte K o n s o l i d i e r u n g in d e r d i s l o z i e r t e n S t e l l u n g . Der Kleinfinger kalm tfieht mehr v6llig gestreckt werden. Arbeitsunfiihigkeit = 3 Woehen. - - DaB in solehen Fhllen trotz der abnormen Stelhmg das Gelenk sich wieder in normaler Weise zureeht- ,,sehleifen" kaml , zeigt Abb . 88, wo ein S~hatten noeh (lie alte F r ak tu r erkemmn laBt.

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D. Karpal- u. Met~karpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Sehweiz. UnfM1-Versich. 517

Zl tsam mellfttSSHllg.

Die Karpal-mul Metakarpakfrakturen zeigen wesentliehe Untersel~iede im Frakturmeehallismus, dagegen groge "~hnliebkeit lit der .-'(ti,)[ogie mul aneh beziiglich der diagnostisehen Sehwierigkeiten. . Trotz g6ntgenbild,. .~ehen sic. namentlich die Karpalfrakturen, noeh iifters mterkamlt unter den Distorsiom'n, Rad ius -und L'htafrakturen.

I)ie H i t u f igke i t der Karpal- und Metakarpalfraktureu verhhlt sich zu jener der Radius- (~md Ulna-) frakturen wie 1 : 4: 8. W~hrend sic bei den KarpM- und 5Ietakarpalfrakture11, unter Beriicksiehtigung der Zahl der Versieherten pro Altersdezennium, eine fast gleiehmttl3ige ist fiber alle Dezermien, fiillt sie bei den Radius- uml Uhmfrakturen vom 2. Dezetmimn an rasch ab auf etwa 1/s w:,threml der folgenden Dezennien: Wahrseheinlieh eiae Erseheimmg der furtktio~ nellen Anloassung w~hrend tier angehende~l Berufst:,itigkeit. Die Versehiedt.n- heit zwisehen der Htiufigkeit der Karpal- nml 5Ietakarpalfrakturel~ einerseits und den Radiusulnafrakturen andererseit.s (1:4: 8) beruht offenbar auf der groflen Differenz in der Elastizitiit des Knoehensystems distal trod proximal yore Handgelenk: Dort eine elastisehe Verbindung mehrerer kleiner Knoehen, hier ein starrer Knoehen, der die ganze Gewalt des Traumas aufnimmt, soweit sie nieht dutch jene elastisehe Verbindung abgemildert wurde. - - DaB (lie Metakarl:en hitufiger verletzt werden als die Karl)ali~, erkl~irt sieh dadureh, dab sic den Traumen mehr ausgesetzt sind.

Die Karpal- und 3[etakarpalfrakturen kommen o f t e r s t n a e h W o c h c n ()der Mon a t e n zu m Arz t , dagegen zeigen (lie Radius- (Ulna-) Frakturen einen akuteren Charakter.

Wie in bezug auf die -~tiologie, so besteht aueh beziiglieh der ] ) a u e r de r A r b e i t s u n f ~ h i g k e i t eine groBe --~hnliehkeit zwisehen Karpal- ur~d ~ieta- karpalfrakturen efi~erseits und Radius- (Ulna-) ~Frakture~t andererseits: Sie betritgt fast gleiehhtiufig je 3, 4, 5, 6, 7 Woehen, in komplizierten Fallen aueh darfiber. Bei den Metakarpalfrakturea besteht eine Andeutung eines 5[aximums bei 3--4 Woehen, nnd im allgemeinen ist die A_rbeitsunfS~higkeit 1--2 Woehen kiirzer als bei den Karpalfrakturen. Die Dauer der :-krbeitsunfiihigkeit witxl mcist.ens zu kurz vorausges~h~.tzt bei den 5[etakarpalfrak~urelt wie t~ei den Radiusfrakturen, noeh lnehr bei delt Karpalfrakturen. Der ldinisehe utttt der ROntgenbefund stehen oft in krassem Widersprueh zur Dauer der Arbeits- unfahigkeit : Unseheinbare Knoehenverletzungen weisen manehmal eine Arbeits- unftihigkeit yon 6--7 Wochen auf, wiihrend andererseits trotz einer typisehen Navikularefraktnr die Arbeit manchmal wochenlange fortgesetzt und naeh kurzer Unterbreehung wieder aufgenommen wird.

Die Karpalfrakturen. Die H S u f i g k e i t , kieine Befunde inbegn'fffen, betr:Agt ca. 1/~'/o o s~tmt-

licher Urff~ille. I)abei maehen die N a v i k u l a r e v e r l e t z u n g e n 2/3 aus, die L u n a t u m v e r l e t z u n g e n 1/6, wiihrend (lie iibrigen Karpalverletzungen nur das letzte 1/6 liefern. Praktiseh handelt es sieh also bei den Karpalfrakturen fast immer um Navikulare- oder um Lunatumverletzungen und zufolge deren Hitufigkeit zeigen sie aueh ihre typisehen Gesetzm~iBigkeiten viel deutlieher

34"

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als die iibrigen Karpalfrakturen. Der Grund dieser Hii,figkeit der Navikulare- und Lunatumver le tz ,ngen ist die topographisehe Lage der beiden /~n6ehelehen zwisehen den beiden HandgelenkspMten, in welchen die grSl3te Beweglichkeit besteht, und ferner der Umstand, dal3 sic die ganze Gewalt der Traumen auf den Vorderarm zu iibertragen h~ben.

Die zum Studium der Karpalfrakturen angestellten L e i e h e n e x p e r i me rite sind nur mit grolier Reserve zu verwerten, weil bei der Leiche (lie Muskelaktion fehlt, welehe beim Lebenden die Knoehen oft unerwartet; stark beansprueht auf Druck und Biegung.

Fiir die sichere und genaue :Diagnose der Karpalfraktur ist ein R 6 n t g e n - h i ld unerl~tl31ich.

Die .Navikulare[rakturen.

Zufolge ihrer H~tufigkeit werden sie 5fters auch als a l t e N a v i k u l a r e - f r a k t u r e n beot)aehtet: Auf 8 siehere frisehe Navikularefrakturen kommt 1 siehere und 1 fragliehe alte Navikularefraktur. Aueh bei dem Naviculare hi- und t r ipart i tmn handelt es sieh in der Regel um eine alte Navikularefraktur.

:Die Navikularefraktur fiihrt h:~tufig zu A r t h r i t i s d e f o r m a n s des H a n d - g e l e n k s , und diese kann die Diagnose, ob es sieh um alte Navikularef raktur handelt oder um :4xthritis deformans aus anderen Griinden, sehr erschweren.

Ist die Fraktur erst einige Woehen alt, so kann die r e a k t i v e I n f i l - t r a t i o n d e r F r a k t u r r ~ t n d e r darauf hinweisen, dab die Frak tur nicht ganz fr isehis t . B e i g a n z a l t e n F r a k t u r e n kannaueh d a s F e h l e n v o n S u d e c k - seher A t r o p h i e beweisen, dab es sieh nicht um relativ frisehe Frakturen handelt.

Die D i s t o r s i o n e n bei a l t e r N a v i k u l a r e f r a k t u r zeigen keine wesent- lich l~ingere Arbeitsunf~ihigkeit als jene im bisher unverletzten Handgelenk.

Die H / i u f i g k e i t de r N a v i k u l a r e f r a k t u r e n betri~gt etwa 80/o der Radius- und Ulnafrakturen (inkl. Abrisse der Proe. styl. rad. und ulnae). Bei Kindern ist die Navikularefraktur sehr selten, weil das Navikulare noeh nicht die li~ngliehe Form besitzt und noch nieht den grSl3ten Anteil am Handgelenk hat, wetehe Umstiinde beim Erwaehsenen die Hhufigkeit der Navikularefraktur erkliiren.

M e i s t e n s h a n d e l t es s ich u m B i e g u n g s - u n d A b s c h e r f r a k t u r : ]:)as Navikulare ~4rd fiber den Radiusrand entzwei gebroehen und zugleieh zufolge seiner Einspannung zwischen Radiuspfanne und iibrige Karpal ia (nament- lieh Kapi ta tum) zu gMeher Zeit auf Abseherung beansprueht, ob die Frak tur nml in .Borsalflexion - - was meistens der Fall ist - - oder in Volarflexion des Handgelenks erfolge. Dabei entsteht meistens eine typische Navikularefraktur und fiir den Biegungsmechanismus spricht insbesondere das ,,Mittelstiiek", das manchmal sich findet und das nieht auf AbriB beruht.

Manehe Autoren halten dafiir, dal3 die Navikulaxefraktur dutch Kom- pression (eventuell his znr Zermahnung), andere daft sie durch zu starke Ver- mehrung der physiologisehen Kriimmung entstehe.

AuBer typischer Navikularefraktur findeg sieh ziemlieh oft aueh bloBe I n f r a k t i o n , F i s s u r oder A b r i B f r a k t u r sowohl am proximalen als am distalen Eade und in der Mitte. Am distalen Ende kann das Tuberkulmn als

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Versich. 519

Ganzes abgerissen (eventuell abgesehert) werden, oder durch direktes Auf- schlagen kann Zertriimmerung erfolgen.

Die typisehe Navikularefraktur is( racist eine i n d i r e k t e F r a k t u r und in 1/s der F~ille m i t R a d i u s - (Ulna- ) F r a k t u r k o m b i n i e r t .

D i a g n o s e . Die Hauptsymptome sin(l: 1. D r u e k s c h m e r z in der Taba- tiere bei Uln~abdukt ion. 2. S t a u e h u n g s s c h m e r z resp. S c h m e r z b e i m B e k l o p f e n des K a p i t u l u m s v o m 3 I e t a k a r p u s I, I I und b e s o n d e r s i I I , wenn d a s H a n d g e l e n k i n R ~ d i a t a b d u k t i o n s t e h t . 3. S e h w e l l u n g des Handgelenks (Tabatiere verstrichen). 4. F u n k t i o n des H a n d g e l e n k s ge- s t 6 r t , namentlich die Dorsalflexion reduziert, well diese in tier Articulatio intereaxpea erfolgt; eventuell auch die Radialabduktion = 0, well die Brueh- linie ilt die Radiuspfa nne hineinrot iert. 5. S c h me r z h a f t i g ke i t d e r D a u m c n- a bd u k t i o n (wShrmld die iibrigcn Finger frei l)eweglieh sind), daher (lie Kraf t beim Faustschlug stark vermin(left. 6. Rasch eintretende 3 I u s k e l a t r o p h i e an Hand und Vmxler~u'm.

Trotzdem d ie~ Syrup(onto die l)iagno,se mit groBer Wahi'seheinliehkeit zu stellen erlauhen, so ist f{'tr voile Sieherheit doeh das R 6 n t g e n b i l d u n e r - lgl~lieh und meistens wfiq (tie Diagnose erst uat'h der RSntgenaufnahme gestellt.

[ m v o r g e s e h r i t t e n e n S t a d i u m finden sigh Sehmerzen, Steifigkeit, Kraftlosigkeit, be~nders St oBen und Stemmen sind ersehwert odor unm6glieh.

D i f f e r e n t i a l ( l i a g l l o s t i s e h k6nnen in Betraeht kommen: Fraktur des Radius ohne Dislokation und inst~esondere des Proe. styl. radii, F rak tu r des Lunatum trod des .~Iultangulum majus und Bennetfraktur. Die Karpalluxa- tionen dagegen maehen ein schwereres Bild: starkes Odem, Funktion der F inger . I I bis V gestSrt, Handgelenk stark verdiekt, eventuell verkiirzt.

Prognose und Therapie .

M e i s t e n s e r f o l g t A u s g a n g in P s e u ( t a r t h r o s e , da es sich um imra- artikulare Fraktur handel(; seltener is( N c a r t h r o s e die Folge. Die Hiiufigkeit der k n S c h e r n e n H e i l u n g ist umstri t ten und nut dureh direkt darauf ge- richtete Untersneh,mgen zu bestimmen.

Die Beschwerden der Pseudarthrose siltd sehr versehied(m sehwer; bahl fehlen sie fast gaaz. bald ist die Funk(ion des Handgelenks schwer gestSI~ wegen Arthritis deformans, Daher gehen fiber Prognose und Therapie die Ansichten zum Teil stark auseinander.

Die MehrzM~l der Au toren cmpfieh It k o n s e r v a t i v e T h e r a p i e : Scho nung, Fixierung in MitteUage oder bei gadialabduktion auf ,,Schedeschiene fiir die andere Hand" wiihrend 2 - 4 Woehen, dann 5fassagc, Mechanotherapie, Heig- hfft. Dan)it trit t in der Regel allmghliche Besserung ein und wo sie ausbleibt, verm~g die Exstirpation der Fragmente die l%mktion noch leidlich zu bessern.

Einzelne Autoren dagegen empfehlen die p r i n z i p i e l l e F r i i h e x s t i r - p a t i o n , um der Arthritis deformans damit vorzubeugen, welche durch die Sp~topcration rdeht mehr zu beheben sei, w:ahrend die Erfolge der Friihopcration be~iiglich Funk(loft gute seien und die Statik des Ha~ldgelenks den imuen Ver- h~iltrd~sen sich allmghlich anpasse.

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520 J. B lu mer:

Die Erfolge der durchwegs konservativen Therapie sind bei dem Material der SchweizGr Unfall-Versieherungs-Anstalt gute und Dauerrenten selten, selbst voriibergehende Renten (lie Ausnahme, was also gegen die Notwendigkeit der prinzipiellell Friihexstirpation spricht, welche iibrigens yon der 3[etlI'zahl der Autoren ab~elehnt wird.

Bei der T u b e r k u l u m a b r i g f r a k t u r ist die Progllose besser, (la die Ver- letz,mg extraartikul~ir verliiuft und frfihzeitige Mobilisierung zuliissig m~d vorteilhaft ist.

:Die Prognose beziiglieh Restitution der Bewegliehkeit ist lmtiirlich bei den bloBen I n f r a k t i o n e n und F i s s u r e n besser, obwohl in der Dauer der Arbeitsunf~thigkeit kein Untersehied zu bemerken ist.

Kombination FOil Navikularefraktur mit Frakhlr anderer Karp'llia. Da. v(m den Karpalia nebst dem Navikulare das Lunatutn am h';iufigsten

verletzt wird. so findet sich Lunatumfraktnr ode/' Luxation ( L u x a t i o n s - f r a k t u r ) auch am h';hffigsten mit Navikularefraktur konlbiniert.

Auffallend selten findet sieh N a v i k u l a r e f r a k t u r m i t M e t a k a r p a l - f r a k t u r vergesellsehaftet; offenbar well meistens das Trauma proximal yon dem Metakarpus angreift oder dutch die Metakarpen weitgehetM gelnildert wird.

Die Navikularemalazie. Wie beim Lmmtum, so findet sieh (aber seltener) die identische zentrale

Erweiehung aueh beim Xavikulare als Gilm Folge voa l~;rniihrungsstOrung llaeh P r e i s e r und K i e n b S e k . Ersterer h~ilt eine }~raktur oder Fissur fiir die primS, re Ursaehe, letzterer dagegen sieht diese in einem blolSen P, andabril3 (infolge monwntaner t~erihmitrer ])orsalluxati?m), wodurch die ernM~re~Men ('lefiilSe gesch:~tdigt werden. Dadureh komme es ztt einer Rarefizierung des Knoehens, (lie zu Fraktur fiihrt, manchmal selbst bei ganz unbedeutertden Traumen. 1st die Fraktm" erfolgt, so ist sie selbst inl RSmgenbikl kaum mehr zu imterscheiden yon einer Fraktm' bei gesml(lenl Knochen.

Bie Patienten konlmen in der Regel erst Wochen oder M,mate p. tr. zum Arzt, so dab besonders fiir die Begutachtung groiSe Schwierigkeitelt entstehen mid Verweehshmg mit Tuberk~flose und Verdaeht auf Lues fast tile Regel sind.

Gegen Tuberkulose spricht die Lokalisatimt in eineln einzigen Karpale und das Freibleiben des Gelel~s.

Gegen Lues spricht (lie negative Wassermamuceaktion und das Freibleiben des Periosts.

Ausnahmsweise kann 5Nlazie des Navikulare naehfolgen auf 3[alaziG des Lmmtum. big wird offenbar noch 6fief nieht erkannt, well nicht daran gedaeht wird, wie dies aueh bei der Lurmtumnmlazie tier Fall ist. Beim Material der Sehweizer Unfall-Versieherungs-Anstalt fand sieh die Navikularemalazie iiber- haupt nieht diagnostiziert, (tie Lunatumnmlazie aueh zu selten.

Die Malazie wiT~l aufgefaBt als Analogon zu der K t i m m e l l s e h e n Spon- dy]itis traumatiea, zu der Coxa vara und zum Genu valg. ado|eseentium. Ihr eigentliehes "Wesen ist noeh nieht sichergestellt. Naeh P r e i s e r w~ire sic sehon 8 Tage p. tr. naehweisbar. Es seheint ein Zusammer~hang zu bestehen zwisehen der Malazie und den oft vorkommenden linsengrofen Ringen mit zentraler Aufhelhmg, welehe am hhufigsten vorkommen im Kapi ta tum lind Lunatum.

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D. Kart~l- u. Metakarpalfrakturen i. d. dahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Ulffall-Versich. 521

Die Lunatumverletzungen.

Ihre H ~ t u f i g k e i t ist eine viermal geringere als jene der Navikulare- ver le tzmgen, und ihr C h a r a k t e r resp. ihr Me e h a n i s m u s is( zum groi3en Tell ein ganz anderer: Beim Navikulare ist die typisehe Frak tu r durch die .,Mitte" das hSufigste; beim Lmmtum sind 3 ganz x'erschiedene Verletzungea fast gleieh hSufig und iypisch: 1. A b r i t 3 f r a k t u r e n am volaren und dorsalen Honl. 2. Die L u n a t u m m a l a z i e . 3. ]) ie L u n a t . u m l u x a t i o n (fred d i e L u x a t i o n s - f r a k t . u r , welch,, Lunatum und Navikulare gleiehzeitig betrifft), l[)berdies kommen L g n g s f r a k t u r e n vor. welche aber mit der Lunatummalaz ie in Be- ziehung zu stehen seheinen.

1. Die A br i 13 f r a k t u re n I)ieten wenig Besonderheiten, solange dad~lreh ~lie Ern i ihr ,ng nieht geffihrdet wird. wodur(.'h die Vcranlass,mg zu tier pro- gn,)stisch viel i,ltgiinstigeren 31alarie gegel:u,n werdet~ kann.

"2. Die L u n a t u m m a l az it, (vgl. Navikularemalazio). Schon a)ffangs, aber datm namelttlic.h in (len fortge.-.v}lrittenen Stadien finden sich typisehe M erk- male: Das Ltm.at mn zeiat E n t ru n(I u ng d e r K o n t u r(' n. proxit~ ul-radialwSrts K~u)ehenapp,)sition in Form einer :,Zu nge" , Kompressi ,m lit der Riehtung der Vorderarmac, bse mM dafiir (wurstf6r,z:ige) Verliingerung in der dors()volaren R.ichtung: l)aher die Auffassung. (laI~ es sich um l)16tzliche Ko)~H>ressionsfraktur harulle. Unter der radiokarl)alen (h*lenkfliiehe fia(h:t sich in der 1Re<,el eine que~verlaufm~de oder l'unde aufgehellt(, Zone; ,lie Struktv," is( fleekig u n d e s katm sell)st zur Abl6sung yon ,,Bri;,<l<eln" kommen, so dab it1 diesem Falle ([cr Eindruck einer frisehml Zertr t imu'erungsfraktur entsteht. J~s hestehelx langwierige Seh mevzen, Schwii(,t',e I,ml Steifigkeit wie bei tier Navikularenlalazie. Aueh das iiher \V('sem Verlauf. Prognosc und Therapie dort Ge,_~Lgte gilt bier ehe,lfalls. Um tier A r t h r i t i s d~,fl;l'lllal, llS entg(~geazuwirken, wird nach ;2 })is 3 Woehen Fixiermlg. friihzeitige Massage und Heif31uft empfohlen. Es ~vird bei operativer wie )~ei konservativer Theral)ie yon relativ gutem Ausgang (aller- d i )gs mit Re<h,ktiml der l)orsalflexion) naeh einem langwierigen Vei'laufe heriehtet. Statt Exstirl)ation empfiehlt 3 l t i l l e r bloBe Ausriium,mg der krii- meligen 3lasso und Einstreuung yon .h)doform.

Ms t y p i s ehe Sy mpt() me finden sieh : 1. Verdi(:kung des Handgelenks in dorsovolarer Ilichtl!ng. 2. EiusehrSnkung der I}orsal- und Iladialflexion, 3. Klopfeml)fimllichl<eit des Kal)itulums Metakarpus I I [ , welehes zugleieh zu- rii,:kges,mken sein kann.

Die Diaguose kann aber nur n'ittels R6ntgenl)ild siehergestellt wm~]en. Naeh K it" n 1) 6 e k handelt es sieh alffa nglieh u n" Erweieh ung (Osteoma lazie),

beim Endausgang um Atrophic. Ha ufig fimlet sieh das Luna tum stark ver- dunkel t (Sklerose).

Am h:~tufigste)t findet sieh (lie _-kffektion im Alter rot1 20---30 Jahren, ulld in 2/a der FSlle is( die reehte Hand hetroffen, was die Abhiingigkeit volt der Arbeit beweist.

B a u m und W o l l e n b e r g fanden mikroskopise.h Kallusbildung; also miisse eine Frakgur bestanden haben.

Fiir (lie Beguta.ehtung bestehen grol?e Sehwierigkeiten, weil das Unfall- ereigJfis, sofern ein solches iiberhaupt besehuldigt wird, meist sehr weir zuriiek-

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522 J. B lumer:

liegt, oder well sein Anteil sehwer bemessen weMen kann, da es oft innerhalb des Betriebsiibliehen liegt.

Ob die Affektion durch Unfall direkt verschuldet werden kamb ist nieht erwiesen, wohl aber ist spoatane Entstehung ohne U~ffallereignis beobaehtet worden. Sehr wahrscheinJich ist immerhin Versehlimmerung des Leklens durch Traumen. Sehr unwahrscheirflich a priori ist hingegen, dab die Frakturierung durch das Trauma sofort den beobachteten Zustand verschulden k6nne; offenbar ist dieser (lie Folge der stetigen Kompres,sion dutch den Muskeltomts und dureh die t~iglichen Traumen.

Ob ein heftigeres Trauma die Affektion ausl6sen kann, sollte durch hierauf geri(:htete R6ntgem~ufnahmen naehweisbar sein: Were1 bei einer gr61~eren Anzahl yon Fallen, die wegen Trauma vorgenommene R6ntgenaufnahme ein normales Lunatum zeigt und naeh einigen ~Vochen oder Monaten bei einem erneuten Trauma (lie Lunatummalazie gefunden wird, so spr~tehe (lies immerhin mit groI3er Wahrseheilfliehkeit daffir, dal3 (las erste Trauma die Affektion ver- schuldet oder wenigstens a~;sgel6st hat.

Solange die sekund:,ire Arthritis deformans die Struktur des Lunatum sowie der iibrigen Karpalia noeh ~fieht stark ver~.ndert hat, steht der geringe Beflmd in auffai]endem Widersprueh mit den langwierigen erhebliehen Be- sehweMen und mit der erhebliehen ]~]rwerbseinbul3e.

Die Lunatumluxation.

Beim Material der Schweizer Unfall-Versieherungs-An~talt fand sic sk.h nur vereinzelt, anderwSrts winl sie als relativ haufig vorkonunend bezeichnet.

Es werden 2 Stadien bei derselben beobachtet. Beim crsten ist nieht das Lunatum selber luxiert, sondern die iibrigen Karpalia; besondcrs (lie distal( Reihe wird dorsal fiber das Lunatum verschoben (perihm:~tre Dor.~'tlluxation) und erst sekundgr wird das Lunatum volarw~irts gedr:,mgt zwi~chen den beiden B~indern hindurch, die das Kapitatum wie Zfigel mit den Proe. ~tyl. des Radius und der Uhm verbinden.

Die viel gr6I~ere Hal~figkeit der v o l a r e n Lunatumluxation erkJ:art sich durc]l die starkcn volaren B~inder, welche fester halten als die dorsaIen..

Wichtig fiir (lie D i a g n o s e sind die Medianusbesehwenlen (Schmerzen beim Beugen tier Finger), ferner (lie volarseitige Prominenz am Hartdgelenk. Entscheidend ist die Seitenaufnahme beim R6ntgenbild.

Aueh bier sind die Erfahrungen beziiglich der konservativen mid opera- tiven Therapie (Spat- oder Friihexstirpation) noeh widersprechend, aber Repo- sition oder Exstirpation, eines yon beiden ist doch durehaus angezeig-t.

Die Luxationsfraktur.

Sie ist eine Kombination yon Navikularefraktur mit Lunatumluxation trod gleichzcitiger Luxation des proximalen Navikularefragments; obwohl selten, ist sie doeh eine typisehe VerIetzung, ausgezeiehnet dutch die Verkfirzung und Verbreiterung des Handgelenks und durch die Prominenz volarseits, Druek- empfindliehkeit in der Tabatiere und starke St6rung der Funktion aller Finger; im Gegensatz zur blol3en Navikularefraktur die Vclarf lexion mehr reduziert als die Dorsafflexion. Verweehslung mit Radiusfraktur ohne Dislokation, wean

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D. Karpal- u. Metakarpalfrakturen i. d. Jahr. 1919 u. 1920 b. d. Schweiz. Unfall-Vcrsich. 523

sic ins Handgelenk geht, ist m6glieh ; hier aber fehlen die Mediaauskompression und die St6rung in der Funktiort der Finger II---V.

Die Repositi(m uml besonders die Operation verspreehen eine gewisse Besserung der Fmtktion und Vermeidung yon Ankylose, abet ein bleibender Nachteil yon etwa 10% ist stets zu befiirehten.

Die Frakturen der iibrigen Karpalia.

hie zeigen ebenfalls einzelne typisehe Eigensehaften, siml aber im ganzen Seltenheiten.

Am T r i q u e t r u m sieht man Abr iB- und K ( ; m p r e s s i o n s f r a k t u r e n ; dasselbe beim P is i for me, mit dem Unterscbiede, dal3 beim letzt.eren die Kom- pressionsfraktur a]s direkte Zertriimmerung dutch Aufsehlagen entsteht; beim Triquetrum dagegen ist (lie Fraktur eitte indirekte; dasselbe wird zwisehen Pisiforme und Ulmt (bei l)orsalflexion) auf Kompression beansprueht. Beim Pisiforme ist S u b l u x a t . i o n o d e r L u x a t i o n relativ h~tufig zu finden.

Das H a m a t u m zeigt ziemlich oft F i s s u r e n o d e r F r a k t u r e n dureh den Fortsatz, mit welchem dot 3[etakarpus V artikuliert. Es karat die Fraktm' eine direkte oder indirekte sein. Oanz selten ist (lie F r a k t u r des H a m u l u s .

Die K a p i t a t u m f r a k t u r ist sehr selten, relat.iv h~tufig dagegen (lit K a p i t a t u m l u x a t i r d. h. diese ist ein Tell der p e r i l u n ~ t r e n D o r s a l - lu x a t i o n , welehe das erste Stadium der volaren Lunatumluxatiou darstellt.

Die F r a k t . u r des 3 [ u l t a n g u l u m m a j u s dureh (lie Mitte finder sieh namentlich mit Bermetfraktur vergesellsehaftet, well ihnen der gleiehe Meeha- nismus zlrgrumle liegt.. Es kann anch bloBe Abrigfraktur vorliegen.

Die F r a k t u r des 3 I u l t a n g u l u m m i n u s findet sieh manehlnal sis Nebenbefund bei gadiusfraktur, ebezffalls well der gleiehe Mechanismus, (I. h. Fall auf (lie dorsalflektierte Hand, beiden zugrunde lie~.

Die )letakarpai~rakturen.

Sie sind R6hrenknochenbriiche und lassen sich zien)lieh leieht differen- ~ieren als L~ings-, Que r - . Schr / ig - , T o r s i o n s - , Z e r t r i i m m e r u n g s - , 8 t a u c h u n g s - und A b r i l 3 f r a k t u r t y p u s .

Trotzdem die Metakarpalia rtahe beieinander licgen und in engem Ver- bamle sich befinden, handelt es sich doeh in 6;, der F~ille mn E i n z e l f r a k t u re n und llur in 1/7 der F~lle um m u l t i p l e F r a k t u r e n . wo 2- -4 5IetakarFell zugleich frakturiert siml und meist aueh dell gleiehen Fraktur typus aufweisem ~)wie dieselben Haufigkeitsverhitltnisse, wie die Einzelfrakturen.

Die Metakart)alfrakturen sind racist auf den Sehaft lokalisiert, seltener auf Basis oder Kapitulum. R e i n e L ~ t n g s f r a k t u r e n , welehe die gar~ze IAtnge durehsetzen, sind selten. Naeh ihrer Entstehung sind es Stauchungsfrakturen.

Der hitufigste Typus sind die T c . r s i o n s f r a k t u r e n , deren Meehanismus ein ganz anderer ist: Die schttdigende Kraft greift an einem Hebelarm am Ende des Metakarpus an und wirkt quer zur IAingsaehse des Metakarpus; es handelt sieh also dabei immer um i n d i r e k t e F r a k t u r e n . Fiir diesen Meehanismus sprechen oft Sehiirfungen an den Fingermittelgelenken (n,eist dor~radialseits), wiihrend der Hamlriieken selher in der Regel nieht verletzt ist ( S e h l a t t e r ) .

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524 J. B lu mer:

]']s k6ntm~l sich gleiehzeitig sogar mehrere Frakturspal ten 6ffnen, Die 8 eh l u B- f r a k t u r kommt selten zu klarer .M~sehauung, weil dieselbe dur(.h Muskelaktion. Biegungs- und Seherkrafte stark heeitffluBt wird. Die H i i u f i g k e i t d e r T o r - s i o n s f r a k t u r bei den e iuzelm~n M e t a k a r p e n ist eine auffallentl ver- schiedene: Sie steigt yon 3[etakarpus I his 3[etd~arpus IV auf das 10faehe und fiillt beinl Metakarpus V wieder auf das 5faehe ab. Im R,6ntgenbild ver- lauft (lie Torsionsfraktm' in der Regel yon proximalulnar naeh distah'adial.

Die S e h r ~ i g f r a k t u r e n zeigen oft aueh leichten Torsionscharakter~ besomIers beim Met akarpus V. vieI weniger beim Metakarpus I, wo die Sehrag- fraktur haul)ts:,tchlieh dutch ,ScherwirMmg zustande kommt. Die 8chrfig- fraktm' ist ebenso oft eine direkte als ei~te in~lirekte Fraktur.

Die Querfrakturen weisen ganz iihnliche Frequenzverhiiltnis,~e auf wie die Sehriigfrakturen. sind al~er meistens dilekte [,'rakturelt. ,[aher meist ver- bl,nden mit Verletzung der \Veichteile anl Handriieken.

Bei den Ze r t r ii m me r u ngs fra kt u re n is( der Metakarpub I I am hiiufig- sten betroffen.

1)ie Torsionsfi'akturen macht'n 420/0 aller _Metakarpalfrakturen aus, die Quer- und ,%hriigfrakturen je rund 1/'1, ',oFt den iibrigen Fr~kturtypett komn:en

' " | O ' N m,r die Zertrum ner1111e.'- (ull(l Zcrbtatlchullgs )F rak tu ren etwas hiiufiger w)r (q"' ~ (lit' Lttngs- und Abrit.~frakturen dagegen nur vereinzelt.

�9 , t ) / ~

l ) ie o f f e n e n . ~ l e t a k a , ' p a l f r a k t u r e n . bei denen nicht blol.I elm' Schiir lung oder Quetschung des Handriickens vorliegt, sondem wo (lit. \Vm~de bis ilt die ]#raktur reich(, sind fast zur HMfte multiple Frakturml mM beziigli(.h lgrakturtypus meist zu den Quer- und Schriigfrakturen geh6rig. Die l)auer der Arbeitsmfffihigkeit betrSgt 4--8 Wovhen und mehr: beim 51aterial der Sehweizer Unfall-Versieherungs-Anstalt geh/3rten alle F~lle mit {_)betgangs- rente zu den offenen Frakturen. Fiille mit Dauerrente .sind Seltenheiten.

Beim 51etakarpus [ i.~t die B e n n e t f r a k t u r eine typische Verletzmlg. Nie geht ganz allmiihIieh in die paraartikul~ire Fraktur iiber, welehe meist gh'iche Orientier,,ng der Bruchflache zeigt, weil der Fraktur ,neehanisnms ganz iihnlich is(: Abseherung durch eine I./ingskraft oder dureh die LiingskomI)onente ein.er den Metakarpus i schr:ag treffenden Kraft. Aueh (lie h.'icht geb.ogene Form des Metakarlms [ hat gleieherweise ihren Einflug.

Beziiglieh P r c g n o s e und T h e r a p i e besteht zwisehen den einzelnen I, 'rakturtypen kein wesentlieher Unter~ehied.

Dia~mc se gest.ellt und Die P r o g n o s e is( in der Rec*el..,. ,_mlt. sobald, die e n6tigenfalls die 1Repositimt vorgenommen und dutch Fixierm N gesiehert wird. Ernst ist (lie Prognose beziiglieh Restitution tier Bewegliehkeit nut bei einer kleinmt Zahl yon Frakturen (2--3~ 0), welehe n:.eistens den offenen Frakturen angeh6ren; hier kann eine {.~bergangsrente n6tig wmxlen, deren HShe naeh 1 Ja.hr noeh 10---15~ betragen kann. l[.~bersehene, nicht reponierte 5Ietakarpal- frakturen n,_it erheblieher Dislokation k6nnen die Arbeitsffit:igkeit wesentlich beeirtt.r~iehtigen, besonders wmm tier Faustschlul3 behindert wird trod das distMe Fragment volar vorsteht und beim Fassea der Werkzeuge Sehn:erzen verursaeht.

Die T h e r a p i e l~esteht wesentlieh in IReFosition und Fixierung derselben wiihrend 2- -3 Woehen: Entweder einfaeh Fixierung der leieht gebogetmn, entspamlten Finger fiber W a t t e b a u s e h in de r V o l a oder , werm ~tgrkere

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D. Karpal- u. ~e takarpal frakturen i. d. J'ahr. 1919 a. 1920 b. d. Sehweiz. Unfal l-Versich. 5?.5

Dislok~Ltion b e s t e h t , F i x i e r u n g i i b e r D r a h t s e h i e n e o d e r ii h e r e i n b i e g s a m e s

N e t a l l s t g b e h e n ( Z u p p i n g e r ) . w e l c h e s i n d e r V o l a u n d a m b e t r e f f e n d e n

F i n g e r m i t H e f t p f l a s t c r h e f e s t i g t u n d d a n n g e b o g e n wirxl, so d a b m a n d a m i t

e i a e betr~i, chtl i( . .he E x t e n s i o n d e s M e t a k a r l m s e r r e i c h t u n d z u g l e i c h f i x i e r t .

Be i d e r B e n n e ~ f r a k t u r m i t S u b l u x a t i o n n m B l e t z t e r e v o r a l l e m k r ) r r i g i e r t

w e r d e n m i t t e l s k o m p r i m i e r e n d e r P e l o t t e a u f d e m D o r s m n , w e l c h e ( l u r c h

e i n e n zirkuF, i r e n H e f t . p f l a s t e r s t r e i f e n f i x i e r t w i r d . D a s v o l a r e F r a g m e n t so l l t e

zu g l e i e h e r Z e i t d o r s a l w i i r t s a n g e d r i i e k t w e r d e n d u r e h e i n e v o l a r e K o m p r e s s i o n .

I s t d u r c h d i e F i x i e r u n g (lie K o n s o l i d i e r , n g e r r e i e h t , so w i r d d u r e h M a,s s a g e

t rod M o b i l i s i e r u n g d a s 8 e h w i i e h e g e f i i b l b e h o b e n u n d (lie F u n k t i o n an t

s c h n e l l s t e n w i e d e r h c r g e s t e l l t .

Z u m S c h l u s s e sei n o c h K e r r n P r o f . S ( : h l a t t e r f i i r di~. A n r e g u n g din'

Ar loe i t u n d d e r S e h w e i z e r U n f a l l v e r , q ( ' h e r m t g f i i r di(, 1L~berlassung d e s M a t e r i a l s

d i e s c h u l d i g e A n e r k e m m n g a l l s g e s p r o e h e n .

L i t t ' r a t u r .

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