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Die Mastixreaktion im Blutserum. Yon Karl Bauer und Paula Eder. (Aus tier II. medizi~ischen Universit~itsklinik in Wien [Vorstand: Hofrat Prof. Dr. N. Ortner].) hilt 1 Text~bbildung. (Eingeyangen am 2. Mai 1922.) In der grundlegenden Arbeit Emanuels wird der Versuch gemacht, die heikle Goldsolreaktion, die Lange im pathologischen Liquor cerebrospinMis angestellt hatte, durch eine ~ndere kolloidale L6sung, die cinfacher herzustellcn ist und mit gr61~erer Konstanz arbeitct, zu er- setzen. Beka.nntlich ging Lange yon folgender theoretischer Uberlegung aus : Die ,,Zsigmondysche Goldzahl" ist jene Zahl, die uns angibt, wieviel Milligramm EiweiB n6tig sind, um 5 ccm einer nuch bestimmten Ge- setzen hergestellten kolliodMen Goldl6sung vor der Ausflockung durch 0,5 ccm der zu untersuchenden Fliigigkeit (in einer zweifach normMen KochsMzl6sung) zu schtitzen; diesc Goldzahl ist ffir jede Gruppe yon Eiweigk6rpern charakteristisch. Er erwartete datums auch von patho- logisch vcr~ndertem Liquor infolge des vermehrten EiweiggehMtes einen Goldschutz. Die Erfahrungen, die er aber mit dem Goldsol ge- wann, bewiesen das Gegenteil, indem die pathologischen Liquores mit vermehrtem EiweiBgehalt Gold ausflockten. Emanud zitiert nun in seiner ersten Arbeit die Untersuchungen Neissers und Friedemanns aus dem Jahre 1904, worin diese nachwiesen, dab die yon Lange gemach- ten Erfahrungen, wonach eiwei~reichere L6sungen kolloidMes Gold ausflocken, Mlgemein bei t~eaktionen zwischen EiweiB und kolloidMen L6sungen ~uftreten. Auch bei M~stixemulsionen beob~ch~e~c er, dag kleinste EiweiBmengen in zur F~llung nicht ~usreichenden Elektro- lytl6sungen den Mastix ausflocken. Diese letztgenanntc Tatsache benutzte nun Emanuel, um darauf mit Hilfe einer nach bestimmten Rcgeln hergestellten Mastixl6sung eine Untersuchungsmethode aufzubauen, die pathologische Ver~n- derungen des Liquor cerebrospinalis nachweisen sollte. Diese Methode wurde nun in mannigf~cher Weise, besondcrs yon Jacobsthal und KaJka abge~ndert, die sie dann auch in dem schriftlichen Ausdruck des Er-

Die Mastixreaktion im Blutserum

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Die Mastixreaktion im Blutserum.

Yon

Karl Bauer und Paula Eder.

(Aus tier II. medizi~ischen Universit~itsklinik in Wien [Vorstand: Hofrat Prof. Dr. N. Ortner].)

hi l t 1 T e x t ~ b b i l d u n g .

(Eingeyangen am 2. Mai 1922.)

In der grundlegenden Arbeit Emanuels wird der Versuch gemacht, die heikle Goldsolreaktion, die Lange im pathologischen Liquor cerebrospinMis angestellt hatte, durch eine ~ndere kolloidale L6sung, die cinfacher herzustellcn ist und mit gr61~erer Konstanz arbeitct, zu er- setzen. Beka.nntlich ging Lange yon folgender theoretischer Uberlegung aus : Die ,,Zsigmondysche Goldzahl" ist jene Zahl, die uns angibt, wieviel Milligramm EiweiB n6tig sind, um 5 ccm einer nuch best immten Ge- setzen hergestellten kolliodMen Goldl6sung vor der Ausflockung durch 0,5 ccm der zu untersuchenden Fliigigkeit (in einer zweifach normMen KochsMzl6sung) zu schtitzen; diesc Goldzahl ist ffir jede Gruppe yon Eiweigk6rpern charakteristisch. Er erwartete datums auch von patho- logisch vcr~ndertem Liquor infolge des vermehrten EiweiggehMtes einen Goldschutz. Die Erfahrungen, die er aber mit dem Goldsol ge- wann, bewiesen das Gegenteil, indem die pathologischen Liquores mit vermehrtem EiweiBgehalt Gold ausflockten. Emanud zitiert nun in seiner ersten Arbeit die Untersuchungen Neissers und Friedemanns aus dem Jahre 1904, worin diese nachwiesen, dab die yon Lange gemach- ten Erfahrungen, wonach eiwei~reichere L6sungen kolloidMes Gold ausflocken, Mlgemein bei t~eaktionen zwischen EiweiB und kolloidMen L6sungen ~uftreten. Auch bei M~stixemulsionen beob~ch~e~c er, dag kleinste EiweiBmengen in zur F~llung nicht ~usreichenden Elektro- lytl6sungen den Mastix ausflocken.

Diese letztgenanntc Tatsache benutzte nun Emanuel, um darauf mit Hilfe einer nach bestimmten Rcgeln hergestellten Mastixl6sung eine Untersuchungsmethode aufzubauen, die pathologische Ver~n- derungen des Liquor cerebrospinalis nachweisen sollte. Diese Methode wurde nun in mannigf~cher Weise, besondcrs yon Jacobsthal und KaJka abge~ndert, die sie dann auch in dem schriftlichen Ausdruck des Er-

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gebnisses an die Lange sche Goldsohnethode entlehnten und dem I~esultat, das sie mittels der Mastixfloekung erhielten, die Form einer Kurve gaben. Wir linden daher yon den beiden Autoren verschiedene Kurventypen fiir die einzelnen Verfnderungen im Liquor.

Lange untersuchte neben dem Liquor auch das Blutserum. Die vielen Nachuntersucher konnten aber, w~hrend sie mehr oder weniger gleiche Resultate am Liquor mittels der Goldreaktion fanden, keinerlei irgend einem Systeme einzuordnende Serumkurven erhMten. Wir linden auch in der spfteren Literatur keine Angaben mehr fiber Gold- reaktion am Blutserum.

Es liegt aber der Gedanke nahe, diejenigen Veri~nderungen, die im pathologischen Liquor die yon der Norm abweichende Kurve hervor- rufen, aueh im krankhaften Blutserum zu suchen. Schon im Jahre 1911 stellte Gengou Versuche an, dutch die er naehweisen konnte, daft. aktive Sera oder inaktive mit einem Zusatz frischen Komplements die Mastixemulsion unter gewissen Verhfltnissen zur Ausflockung bringen. Eine Anwendung der Emanuelsehen Methode jedoeh auf das Serum k6nnen wir nirgends linden. Erst in der Arbeit Goebels, die eine etwas erweiterte Form der Emanuelschen Reaktion bringt, in- dem sie auf die Wichtigkeit der Untersuchung des Liquors in niedri- geren Verdfinnungen hinwies, finden wir ganz kurz eine Mastix- kurve des Normalserums erw~hnt. Diese Kurve unterwarf nun Goebel dutch Verdfinnungen mit normalem Liquor verschiedenen Modifikationen, und er will daraus, ob sich der Typus mehr dem der Paralysen-(Liquor-)Kurve oder dem des Blutserums nf, hert, auf eine Organerkrankung des Zentralnervensystems oder eine Gef~tl3sehi~digung schlieBen.

Wir versuchten nun systematisch die Mastixreaktion am Blutserum.. Dabei stiegen wir gleich anfangs auf technische Schwierigkeiten. Die ursprfingliche Methode Emanuels mit nur 6 R6hrehen ersehien uns als vie] zu grob, auch konnten wit mit der konstanten Koehsalzl6sung keine differenten Resultate in verschiedenen Fiillen erzielen. Ebenso ist die Modifikation der Verdtinnungsart yon Cutting, die beim Liquor recht sch6ne und leicht zu erreichende Ergebnisse zeitigt, ftir das Blut- serum nicht brauehbar. Wir wandten uns daher der verfeinerten, aber auch viel komplizierteren Methode von Jacobsthal und Ka[ka zu, mit der wir schon weit bessere Resu]tate erzielten. Die neue Modifikation Ka/kas, in der die Mastixl6sung mittels Sudan I I I gef~rbt wird, ist bei unseren Versuchen sehr gut zu verwenden, da sie eine bedeutend leiehtere und sinnf~lligere Ablesung mit sieh bringt. Dadureh sahen wir uns aber aueh gen6tigt, das Schema zur Einzeiehnung etwas abzu- i~ndern, eigentlich zu vereinfaehen. Demnach gestaltet sieh die yon uns angewandte Untersuehungsmethode wie folgt:

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Die MastixlOsunff stellten wit uns dureh Aufl6sen von 10 g Mastixharz in 100 com absoluten Alkohols her. Die L6sung wird 24 Stunden im Eiskasten ge- iassen und daml filtriert. Zum Gebraueh wurden 8,5 ecru 96proz. Alkohols mit 0,5 ccm alkoholiseh konzentrierter LSsung yon Sudan I I I gemischt und dazu 1 ccm obiger MastixlSsung gegeben. Diese 10 cem werden zu 40 ecru destillierten Wassers ,,fraktioniert" zugesetzt, d. h. allmiihlieh in einem Zeitraum yon 70--80 Sekunden unter gleichmgl~iger Bewegung des KSlbchens. Diese so hergestellte Emulsion hat eine braunrote Farbe und wird jetzt bei Zimmertemperatur ungef~hr 1 Stunde reifen gelassen.

Naehher wird ein Vorversueh 1) angestellt, wobei die jeweils zu verwendende Koehsalzkonzentration ernfittelt werden soll. Zu diesenl Zweeke stellen wir 10 R6hrchen aaf, in die wir fallende Koehsalzkonzentrationen yon 1,5~o bis 0, 1% zu je 1 ecru geben (als Stamml6sung wird eine 10proz. NaC1-L6sung benfitzt) und ffigen hierauf in jedes RShrchen 1 ccm obiger MastixlSsung. Nun werden die RShr- chela geschiittelt und nach 4 Stunden lesen wit den Versueh ab, wobei wir jene Kon- zentration bestimmen, die noch tri~bt (,,a"-Kurve) und jene, die schon/loclct (,,b"- Kurve). Mit diesen beiden Konzentrationen stellen wir den Hauptversuch derart an, dab wir von jedem aktiven Serum zwei Reihen mit je 12 R6hrchen aufstellen. Wir geben in das 2. bis 12. RShrchen je 1 ecm der flockenden (b) NaC1-LSsung; in das 1. und 2. RShrchen kommt je 1 ccm des aktiven Serums in der Verdiinnung 1 : 4 (mit der betreffenden Koehsalzl6sung); vom 2. RShrchen wird dann 1 ccm in das 3. usw. iibertragen nach Form einer geometrischen Progression mit dem Quotienten 2. Wir erhalten sonach im 12. RShrchen die Verdtinnung 1:8000. In der zweiten Reihe machen wir dasselbe mit der trtibenden (a) LSsung. Jedes RShrehen enthglt je tz t 1 ccm Serumverdtinnung, zu dem 1 eem der oben hergestellten Mastixemulsion hinzugefiigt wird. Die Rbhrchen werden, wie dacobstal und Ka/ka vorsehreiben, viermal aus dem Itandgelenk gesehiittelt und hernach bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Die Ablesung erfolgt am besten nach 12 Stunden; sie wird mit freiem Auge in durehfallendem Lichte vorgenommen. Da sie sich infolge der ge- fgrbten MastixlSsung wesentlieh einfacher gestaltet, registrieren wir nur fiinf Grade. Den ersten bezeiehnen wir als negativ, bei welchen die RShrehen eine gleich- mgBig triibe, braunrote Fliissigkeit enthalten, der zweite mit + zeigt schon leichte Ausflockung, ist jedoeh noch vorherrsehend triib; der dritte bis fiinfte Grad wird mit + , + + , und + + q- bezeiehnet und stellt verschieden starke Grade der Aus- ftockung dar, wobei wir beim letzten Grade ein braunrotes Sediment und dariiber eine wasserhelle Fliissigkeit zu sehen bekommen, ghnlich wie die komplett positiven i~esultate bei der Wassermannsehen Reaktion. Das Resultat wird in Form einer Kurve eingezeichnet, wie die sp/~ter folgenden Schemen sie zeigen.

Das U n t e r s u e h u n g s m a t e r i a l de r se ro logischen S t a t i o n u n s e r e r

K l i n i k l eg te es uns nahe , in e r s te r L in ie die n a c h W a s s e r m a n n p o s i t i v e n

Se ra im G e g e n s a t z zu d e n n e g a t i v e n zu un t e r suchen . W i r k o n n t e n

n u n n a c h den b i sher igen V e r s u c h e n an 82 Se ren e inen ziemlich d eutlichen Unterschied zwischen den luetischen und nichlluetischen Seren /eststellen, t i e r sich im V e r h a l t e n der be iden K u r v e n zu e i n a n d e r auspr~g t .

Be i den luetischen Seren f a n d e n wir die b - L 6 s u n g bis z u m 3. ode r

4. R 6 h r c h e n d . i . bis zur V e r d i i n n u n g 1 : 1 6 oder 1 : 3 2 v o l l s t ~ n d i g

n e g a t i v ; h ingegen ze ig te schon das n~ichste R S h r c h e n , d. h. die Ver-

1) Die Sehwankungen sind nicht bedeutend und seheinen vonder Gcsehwindig- keit des Eintropfens, der Temperatur u. ~i. abzuh~ngen. Es ist daher n6tig, jedes- mal einen Vorversueh anzustellen.

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diinnung 1 : 32, bzw. 1 : 64 starke Ausfloekung, die bis zum 12. R6hr- chen beibehalten wird.

Die a-Kurve (triibende Kurve) zeigt eine an sieh weniger markante Beschaffenheit. In den meisten FMlen sehen wir in don ersten 3 oder 4 R6hrchen eine negative Reaktion, die dann ebenfalls im Folgenden in eine stark positive umsehli~gt, diesen Grad aber nur bis zur Ver- diinnung 1 : 256 bis 1 : 512 d. i. 7. bis 8. R6hrchen beibehMt. Von da an tritt die Kurve, die bisher mit der b-Kurve mehr oder weniger parallel verlief, in starken Gegensatz zu ihr, indem sie wieder zur nega- riven Reaktion zuriickkehrt und diese bis zum 12. R6hrchen beibeh~ilt. Wir sehen also beim luetischen Serum in der zweiten H~lfte der Reihen ein maximales Auseinandergehen der a- und b-Kurve.

Ganz anders ist die Flockung der niehtluetisehen Seren. Diese floeken mit der b-L6sung ebenfalls schon beim 3. bis 4. R5hrehen aus, behalten ~ber diese Ausfloekung bis zur Verdiinnung 1 : 256 bis 1 : 1024 (7. bis 9. tl.Shrehen) und geben d~nn in den letzten gShrchen g~r keine t~eaktion mehr. Die a-Kurve verl~uft bei diesen Seren fast v611ig parallel und ist blog in den einzelnen Verdiinnungen etwas versehoben. Wir bemerken demnaeh bei diesen Seren gerade das gegenteilige Verhalten, indem beide Kurven parallel verlaufen. Die nun folgenden zwei Sehemen zeigen diese beiden Typen:

7 2 3 q 5 # 7 8 g la 71 /2

i k k ~ k ~ ~ k k "" k k

-++ l ]- X

'++,.++ Ik . . . . . J' 1

1 2 3 q 5 6 7 8 ff 70177 12

k ~ k k ~z ~z k k k i< ;z k

÷-t-+ . . . . . .

. . . . . . , ,u"-Kurve, Abb. 1 a. A n e u r y s m a aor tae . Wa-l l . k o m p l e t t

posi t iv . Meinicke (D. M.) posi t iv .

- - , ,b"-Kurve. Abb. 1 b. Ph th is i s pu lmonum. Wa-R. negat iv .

Meinicke (D. M.) negat iv .

Aus den Protokollen der yon uns untersuchten 82 Fglle ergibt sieh bei den 40 naeh Wassermann positiv reagierenden Seren ein ganz gleiehmi~Biger Verlauf der Kurven, der nur bei einzelnen eine kleine Versehiebung aufweist. Die 42 negativen zeigen gleiehfalls einen typi- sehen Verlauf von der Art, wie ihn die beigegebene Abbildung bringt. Eine Begrtindung dieses Verhaltens der Reaktion kSnnen wir nieht geben, insolange nieht das Wesen der Mastixreaktion erforseht ist. Zusamraen/assend kdnnen wir abet nach den, von uns angest~llten Ver- suchen sagen, daft die luetischen (naeh Wassermann positiven) Sera ein Fdllungs- und Tr~bungsoptirnum in der Mitte der Reihe geben,

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das vonder / lockenden Kurve beibehalten, von der triibenden hingegen am Ende der Reihe wieder in ein M i n i m u m verwandelt wird. I n w i e w e i t d ie

v o n u n s a u f g e s t e l l t e n F o r m e n in E i n z e l h e i t e n n o c h g e ~ n d e r t w e r d e n

mi i s sen , ob sie e ine Spezif i t i~t f i i r L u e s ze igen o d e r m i t d e m Eiwei f t s to f f -

wechse l a ls s o l c h e n z u s a m m e n h ~ i n g e n , m i i s s e n die w e i t e r e n V e r s u c h e

l eh r en .

Literaturverzeichnis. Emanuel, Berl. klin. Wochenschr. 1915, 30. - - Gengou, Zeitschr. f. Immuni-

t~tsforsch, u. exp. Therap. 1911, 11. - - G~bel, Mtinch. med. Wochenschr. 1921, Nr. 30. - - Jacobstal u. Ka/ka, Berl. klin. Wochenschr. 1916, 4 . - Jacobstal u. Ka//~a, Berl. klin. Wochenschr. 1918, l l . - - Lange, Berl. klin. Wochenschr. 1912, 19. - - Sachs', H., Zeitschr. f. Immunit~tsforsch. u. exp. Therap. 1912, 13. - - Sachs, H., Berl. klin. Wochenschr. 1916, 25.