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Die oberen Atemwege im Speziesvergleich 13. Workshop des Arbeitskreises Vergleichende Pathologie und Pathophysiologie des Respiratorischen Systems(VPPRS) der Deutschen Gesellschaft für Veterinärmedizin (DVG) in Kooperation mit der Sektion 10 der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) (im Rahmen des 51. Kongresses der DGP) Species-Specific Comparison of Upper Airways Autoren P. Reinhold 1 , S. Grützenmacher 2 , R. Pabst 3 , R. Koch 4 , R. Schulz 5 , N. Kirschvink 6 , G. U. Oechtering 7 , J. P. Lippert 7 , K. Fey 8 , M. Rosenbruch 9 Institute 1 Institut für molekulare Patho- genese im Friedrich-Loeffler- Institut (Bundesinstitut für Tiergesundheit) 2 Dietrich-Bonhoeffer Klinikum Neubrandenburg 3 Medizinische Hochschule Hannover 4 Tierärztliche Hochschule Hannover 5 Universitätsklinik Marburg und Gießen 6 University of Namur (Belgium) 7 Veterinärmedizinische Fakul- tät der Universität Leipzig 8 Justus-Liebig-Universität Gießen 9 Bayer Schering Pharma AG Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0030-1255517 Pneumologie 2010; 64: 442455 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0934-8387 Korrespondenzadresse PD Dr. Dr. Petra Reinhold Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit) Naumburger Str. 96 a 07743 Jena [email protected] Workshop 442 Editorial ! Werden im Rahmen wissenschaftlicher Kongres- se Themen des Respirationstraktes behandelt, so steht bei der überwiegenden Mehrzahl von Ver- anstaltungen die Lunge im Vordergrund. Aller- dings dürfen die oberen Atemwege keinesfalls als nebensächlichbetrachtet oder hintan gestellt werden. Im Respirationstrakt sind sie morpholo- gisch und funktionell der Lunge voran gestellt und für wesentliche Körperfunktionen, z. B. das Riechen und die Stimmbildung, verantwortlich. Eine ungestörte Funktion dieser Organe, von der Nase über den Larynx bis zur Trachea z. B. als primärer Filter der Atemluft trägt auch zu einer kontinuierlichen Sicherstellung des Gasaus- tauschs bei. Der Arbeitskreis Vergleichende Pathologie und Pathophysiologie des Respiratorischen Systemshat bei seinem 13. Workshop am 17. März 2010 in Hannover diesen Gegebenheiten Rechnung ge- tragen und Die oberen Atemwege im Speziesver- gleichals übergeordnetes Thema behandelt. Den Teilnehmern wurde dabei ein weites Spek- trum an Zusammenhängen und Details über ver- schiedene Tierarten und den Menschen darge- stellt. In den Vorträgen wurden sowohl experi- mentell relevante Spezies wie Ratte und Maus be- rücksichtigt, wie auch landwirtschaftliche Nutz- tiere (Schwein und Rind) und Liebhabertierarten (Hund und Pferd). Vergleichende Darstellungen behandelten die Anatomie und Physiologie von Nase, Kehlkopf und Stimmapparat in Gegenüberstellungen Mensch Paarhufer (Wildwiederkäuer, Schwei- ne) sowie das Mukosa-assoziierte lymphatische System der Nase und des Larynx im Vergleich Nager Mensch. Verschiedenste Betrachtungsweisen zu den Strö- mungswiderständen der oberen Atemwege be- legten nicht nur spezies-spezifische Besonderhei- ten, sondern verdeutlichten auch Ähnlichkeiten in der Komplexität obstruktiver Funktionsstörun- gen an brachycepahlen Hunden oder Katzen, Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe oder Pferden unter dem Einfluss von Sedativa. Moder- ne diagnostische Methoden der Bildgebung und Funktionsdiagnostik veranschaulichten den Zu- sammenhang zwischen strukturellen und funk- tionellen Veränderungen und verdeutlichten die nutzbringenden Effekte von laserassistierten ope- rativen Öffnungen der oberen Atemwege in Form einer signifikanten Reduktion der nasalen Strö- mungswiderstände. Insgesamt hat auch dieser Workshop des Arbeits- kreises Vergleichende Pathologie und Pathophy- siologie des Respiratorischen Systemswieder ge- zeigt, dass sich Human- und Veterinärmedizin bei der Bearbeitung zahlreicher Fragestellungen her- vorragend ergänzen und speziesübergreifende Diskussionen die Arbeit der jeweils anderen Dis- ziplin durch Anregungen und Ideen bereichern können. M. Rosenbruch, P. Reinhold Rosenbruch M, Reinhold P. Die oberen Atemwege im Speziesvergleich Pneumologie 2010; 64: 442 455 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Die oberen Atemwege im Speziesvergleich13.Workshop des Arbeitskreises „Vergleichende Pathologie und Pathophysiologie desRespiratorischen Systems“ (VPPRS) der Deutschen Gesellschaft für Veterinärmedizin (DVG) –in Kooperationmit der Sektion 10 der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie undBeatmungsmedizin (DGP) (im Rahmen des 51. Kongresses der DGP)Species-Specific Comparison of Upper Airways

Autoren P. Reinhold1, S. Grützenmacher2, R. Pabst3, R. Koch4, R. Schulz5, N. Kirschvink6, G. U. Oechtering7, J. P. Lippert7,K. Fey8, M. Rosenbruch9

Institute1 Institut für molekulare Patho-genese im Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesinstitut fürTiergesundheit)

2 Dietrich-Bonhoeffer KlinikumNeubrandenburg

3 Medizinische HochschuleHannover

4 Tierärztliche HochschuleHannover

5 Universitätsklinik Marburgund Gießen

6 University of Namur (Belgium)7 Veterinärmedizinische Fakul-tät der Universität Leipzig

8 Justus-Liebig-UniversitätGießen

9 Bayer Schering Pharma AG

BibliografieDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1255517Pneumologie 2010; 64:442–455 © Georg ThiemeVerlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadressePD Dr. Dr. Petra ReinholdFriedrich-Loeffler-Institut(Bundesforschungsinstitut fürTiergesundheit)Naumburger Str. 96a07743 [email protected]

Workshop442

Editorial!

Werden im Rahmen wissenschaftlicher Kongres-se Themen des Respirationstraktes behandelt, sosteht bei der überwiegenden Mehrzahl von Ver-anstaltungen die Lunge im Vordergrund. Aller-dings dürfen die oberen Atemwege keinesfalls als„nebensächlich“ betrachtet oder hintan gestelltwerden. Im Respirationstrakt sind sie morpholo-gisch und funktionell der Lunge voran gestelltund für wesentliche Körperfunktionen, z.B. dasRiechen und die Stimmbildung, verantwortlich.Eine ungestörte Funktion dieser Organe, von derNase über den Larynx bis zur Trachea – z.B. alsprimärer Filter der Atemluft – trägt auch zu einerkontinuierlichen Sicherstellung des Gasaus-tauschs bei.Der Arbeitskreis „Vergleichende Pathologie undPathophysiologie des Respiratorischen Systems“hat bei seinem 13. Workshop am 17. März 2010in Hannover diesen Gegebenheiten Rechnung ge-tragen und „Die oberen Atemwege im Speziesver-gleich“ als übergeordnetes Thema behandelt.Den Teilnehmern wurde dabei ein weites Spek-trum an Zusammenhängen und Details über ver-schiedene Tierarten und den Menschen darge-stellt. In den Vorträgen wurden sowohl experi-mentell relevante Spezies wie Ratte undMaus be-rücksichtigt, wie auch landwirtschaftliche Nutz-tiere (Schwein und Rind) und Liebhabertierarten(Hund und Pferd).

Vergleichende Darstellungen behandelten dieAnatomie und Physiologie von Nase, Kehlkopfund Stimmapparat in GegenüberstellungenMensch – Paarhufer (Wildwiederkäuer, Schwei-ne) sowie das Mukosa-assoziierte lymphatischeSystem der Nase und des Larynx im VergleichNager – Mensch.Verschiedenste Betrachtungsweisen zu den Strö-mungswiderständen der oberen Atemwege be-legten nicht nur spezies-spezifische Besonderhei-ten, sondern verdeutlichten auch Ähnlichkeitenin der Komplexität obstruktiver Funktionsstörun-gen an brachycepahlen Hunden oder Katzen,Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe oderPferden unter dem Einfluss von Sedativa. Moder-ne diagnostische Methoden der Bildgebung undFunktionsdiagnostik veranschaulichten den Zu-sammenhang zwischen strukturellen und funk-tionellen Veränderungen und verdeutlichten dienutzbringenden Effekte von laserassistierten ope-rativen Öffnungen der oberen Atemwege in Formeiner signifikanten Reduktion der nasalen Strö-mungswiderstände.Insgesamt hat auch dieser Workshop des Arbeits-kreises „Vergleichende Pathologie und Pathophy-siologie des Respiratorischen Systems“wieder ge-zeigt, dass sich Human- und Veterinärmedizin beider Bearbeitung zahlreicher Fragestellungen her-vorragend ergänzen und speziesübergreifendeDiskussionen die Arbeit der jeweils anderen Dis-ziplin durch Anregungen und Ideen bereichernkönnen.

M. Rosenbruch, P. Reinhold

Rosenbruch M, Reinhold P. Die oberen Atemwege im Speziesvergleich… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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Betrachtungen zur Anatomie undPhysiologie von Säugetiernasen

S. GrützenmacherKlinik für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- undHalschirurgie, Plastische OperationenDietrich-Bonhoeffer Klinikum, Neubrandenburg

Zusammenfassung!

Die Nasen der Säugetiere weisen eine anatomisch und strö-mungsphysiologisch relativ klare Trennung zwischen Regio re-spiratoria und Regio olfactoria auf. Beim Menschen rotieren dieolfactorischen Muscheln (Ethmoturbinalia) durch die erfolgteSchädelbasisknickung (klinorhynchi) in die respiratorische Regi-on und übernehmen auch respiratorische Aufgaben.Voraussetzung für die respiratorische Funktion der Nase ist einintensiver Kontakt zwischen Atemluft und Schleimhaut. DieserKontakt findet bei allen untersuchten Säugetierspezies im Funk-tionsbereich (Muschelregion/Regio respiratoria) statt.Beim Menschen bilden die Nasenabschnitte vom Ostium nasaleexternum bis zum Kopf der unteren Muschel den Einströmbe-reich. Er verteilt die Strömung über den gesamten Nasenquer-schnitt und erzeugt Turbulenzen. Der Einströmbereich des Men-schen kann als Anpassung an die relative Höhenzunahme derNase betrachtet werden (Längen-Höhen-Relation).

Abstract!

From the anatomical and flow dynamic point of view, the mam-malian noses are strictly divided in a respiratory and olfactoryarea. In humans, the middle and the superior turbinate (ethmo-turbinates) fulfill the respiratory and olfactory function.An intensive contact between breathing air and respiratory mu-cosa is the most important pre-condition for the respiratoryfunction of the nose. In all investigated species this contact takesplace in the functional area of the nose, i. e. the area of the turbi-nates.In humans, the area from the external nasal ostium up to thehead of the inferior turbinate is called „inflow area“. This part ofthe nose distributes the airflow over the complete nasal crosssectional area and generates turbulent flow. The inflow area inthe human nose is an adaptation to the relatively increased nasalheight during evolution.

Vorbetrachtungen!

Die Hauptaufgabe der Nase besteht im Reinigen, Anfeuchten undTemperieren der Atemluft [1,2]. Die phylogenetisch älteste Funk-tion der Nase ist das Riechen [3]. Es ist deshalb anzunehmen, dassim Laufe der Evolution eine Anpassung der Nase an die „neue“Aufgabe, die Respiration, erfolgte.Für die Klimatisierungsfunktion muss die Nase den Stoff- undEnergieaustausch mit der Atemluft realisieren, was letztlichdurch ein labiles Gleichgewicht zwischen Luftströmung und Na-senschleimhaut möglich ist. Eine ausreichend turbulente undüber den gesamten Nasenquerschnitt verteilte Luftströmung istdie Voraussetzung für den Kontakt zwischen den Luftteilchen

und der respiratorischen Schleimhaut. Ein niedriger nasalerAtemwiderstand ermöglicht eine kontinuierliche Nasenatmung.Eine gesunde und schwellfähige respiratorische Nasenschleim-haut ist die Voraussetzung für den Stoff- und Energieaustauschmit den strömenden Luftpartikeln.Die notwendige Schleimhautregeneration wird dabei durch dieEnergierückgewinnung in der Exspirationsphase, durch den Na-senzyklus und durch den mukoziliaren Transport unterstützt[4,5].An diese komplexen Vorgänge ist die Nase morphologisch ange-passt. Es ist bekannt, dass bereits kleine Formabweichungen oderanatomische Variationen eine gestörte respiratorische Funktionverursachen können.

Anatomische Betrachtungen!

Bei der überwiegenden Anzahl der Säugetierspezies findet manjeweils zwei Conchae im direkten Atemstrom (Maxilloturbinaleoder Concha nasalis ventralis und Nasoturbinale oder Concha na-salis dorsalis), und zusätzlich eine unterschiedliche Anzahl vonConchae (Ethmoturbinalia) oberhalb des Ductus nasopharyn-geus. Die Ethmoturbinalia und das Nasoturbinale sind überwie-gend mit olfaktorischem Epithel (Regio olfactoria) besetzt undwerden vom Os ethmoidale gebildet. Sie bilden die Regio olfacto-ria, welche nach kaudal knöchern vom Ductus nasopharyngeusgetrennt ist [6]. In Analogie zum Menschen entsprechen dieseMuscheln der Concha nasalis media und superior [7]. Gelegent-lich findet sich beim Menschen eine Concha nasalis suprema(Concha santorini). Eine Abgrenzung zum Ductus nasopharyn-geus existiert hier nicht.Die größte respiratorische Concha der Säugetiere, die Concha na-salis ventralis (Maxilloturbinale), beginnt direkt an der lateralenWand des Ostium nasale externum. Sie besitzt in Analogie zurunteren Muschel des Menschen ein eigenes Os turbinale [6].Die Schädelbasis ist der verbindende Teil zwischen Schädeldachund Gesichtsschädel und bildet einen wesentlichen Anteil deroberen und hinteren Grenzen der Nasenhöhle.Beim Menschen kommt es aufgrund der Entwicklung des auf-rechten Gangs und der erheblichen Zunahme des Hirnvolumenszu einer Beugung der Schädelbasis (klinorhynchi) [8]. Hierdurchrotiert die bei den Tierspezies eher vertikal verlaufende Laminacribrosa in eine horizontale Position. Weiterhin kommt es durchdie Änderung der Größenverhältnisse zwischen Hirn- und Ge-sichtsschädel beim Menschen zu einer relativen Verkürzung desMittelgesichts, was sich in der Längen-Höhen-Relation der Naseausdrücken lässt.

Strömungsphysiologische Betrachtungen!

Während die nasale Atemströmung des Menschen umfassenduntersucht worden ist, finden sich zur nasalen Atemphysiologieweiterer Säugetierspezies nur wenige Hinweise in der Literatur.Eigene strömungsphysikalische Untersuchungen an Nasenmo-dellen von Menschen und verschiedenen Paarhuferspezies zei-gen folgenden Verlauf der Atemströmung in der Nase: BeimMen-schen wird das gesamte Cavum nasi durchströmt. Im Bereich derNasenmuscheln ist die Strömung turbulent, diese Regionwird als„Funktionsbereich“ bezeichnet. Der Bereich vom Ostium nasaleexternum bis zum Kopf der unteren Muschel bildet den „Ein-strömbereich“. Er verteilt die Strömung über den gesamten Na-senquerschnitt und generiert Turbulenzen. Der Einströmbereich

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ist im Wesentlichen in der äußeren Nase untergebracht [9,10](●" Abb. 1).Bei Paarhufernasen verläuft die Atemströmung über die Conchanasalis dorsalis und ventralis. Die Luftströmung ist im gesamtenVerlauf turbulent. Ein Einströmbereich, wie beim Menschen,existiert nicht. Die Regio olfactoria mit den Ethmoturbinalia istnur gering durchströmt. Sie bildet einen sogenannten Totraummit Kriechströmungen und Wirbelbildung [11] (●" Abb. 2).Bei diesen Tierspezies setzt die ventrale Muschel unmittelbar amOstium nasale externum an, so dass die gesamte Nasenhöhle abdem Ostium nasale externum als Funktionsbereich (Region derNasenmuscheln) anzusehen ist.Da bei den untersuchten Tierspezies ein „Einströmbereich“ fehlt,ist zu vermuten, dass er und somit auch die äußere Nase desMenschen eine Anpassung an das für den Menschen typischekurze und hohe Cavum nasi darstellt.

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pacity of the nose during normal and pathological conditions andpharmacological influence. Acta Otolaryngol 1977; 84: 266–277

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7 Zuckerkandl E. Normale und Pathologische Anatomie der Nasenhöhleund ihrer pneumatischen Anhänge. Wien: Braumüller; 1882–92

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9 Mlynski G, Grützenmacher S, Plontke S et al. Correlation of nasal mor-phology and respiratory function. Rhinology 2001; 39: 197–201

10 Grützenmacher S, Robinson DM, Lang C et al. Investigations of the influ-ence of external nose deformities on nasal airflow. ORL J Otorhinola-ryngol Relat Spec 2005; 67: 154–159

11 Grützenmacher S, Robinson DM, Sevecke J et al. Comparative investi-gations of anatomy and physiology in mammalian noses (Homo sa-piens – Artiodactyla). Rhinology 2010; 48: accepted for publication

BibliografieDOI 10.1055/s-0029-1244254Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadressePD Dr. med. habil. Stefan GrützenmacherKlinik für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde,Kopf- und Halschirurgie, Plastische OperationenDietrich-Bonhoeffer-KlinikumSalvador-Allendestraße 3017036 [email protected]

Abb. 1 Strömungsverlauf in der Nase eines Menschen bei einem Flowvon 200ml/s.

Abb. 2 Strömungsverlauf in der Nase eines Paarhufers (Schaf) beieinem Flow von 200ml/s.

Workshop444

Grützenmacher S. Betrachtungen zur Anatomie und Physiologie von Säugetiernasen… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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Das lymphatische Gewebe der Nase(NALT) und des Kehlkopfes (LALT)im Speziesvergleich: Mensch, Ratte,Maus

R. PabstInstitut für Immunmorphologie, Medizinische HochschuleHannover

Zusammenfassung!

Bezüglich des Nasen- und Larynx-assoziierten lymphatischenGewebes (NALT und LALT) bestehen deutliche Unterschiede zwi-schen Mensch, Ratte und Maus. Während bei Ratte und MausNALT eine paarige Ansammlung von lymphatischem Gewebe inder Nase darstellt, sind beim Menschen einzelne schleimhaut-assoziierte Lymphfollikel in allen Bereichen der Nase zu finden.Zusätzlich besitzt der Mensch Tonsillen, die bei Ratte und Mausnicht existieren. Im Bereich des Kehlkopfes ist beim Menschen,nicht aber bei der Ratte LALT ausgebildet. NALT, Tonsillen undLALT haben unterschiedliche Altersgipfel in ihrer Größe undFunktionalität. Aufgrund dieser Unterschiede dürfen Daten vonNagerspezies nur sehr vorsichtig auf den Menschen übertragenwerden. Der Begriff gemeinsames Schleimhautimmunsystemsollte durch den Begriff „integriertes“ MALT ersetzt und die im-munologischen Unterschiede zwischen Atem- und Verdauungs-trakt stets berücksichtigt werden.

Abstract!

Nose- and larynx associated lymphatic tissues (NALT and LALT)vary markedly between humans, rats and mice. NALT of rats andmice is formed by paired lymphoid aggregates in the nasal cavity,while it consists of individual mucosa associated lymphoid folli-cles throughout the nose in humans. In addition to NALT, tonsilsare present in humans, but not in rats and mice. In the larynx,LALT can be found in humans, but not in rats. Size and functiona-lity of NALT, tonsils and LALT vary with age. The extrapolation ofdata obtained from rodents to humans should be carefully eval-uated due to these differences. The term common mucosal im-mune system should replaced by the term „integrated“ MALTand the immunological differences between respiratory and di-gestive tract should always be considered.

Nase-assoziiertes lymphatisches Gewebe!

Die intranasale Route zur Induktion von protektiven Impfungenist eine interessante Variante mit wenig immunpathologischenReaktionen [1]. Deshalb besteht großes Interesse, die Lokalisa-tion der Antigenaufnahme und Antigenverarbeitung in der Nasebesser zu verstehen. Bei Ratte und Maus befinden sich paarigeAnsammlungen lymphatischen Gewebes am dorsalen Boden derNasenhöhle mit für die Antigenaufnahme spezialisierten M-Zel-len, einer follikulären Ansammlung von B-Lymphozyten und inder Peripherie T-Lymphozyten (Übersicht bei [2]). Diese Strukturwird nose-associated lymphoid tissue (NALT) genannt. Cesta [3]hat die Lage des NALT und die strukturellen Elemente vom NALT

bei der Ratte zusammengefasst und mit typischen Bildern belegt.Es muss festgehaltenwerden, dassMaus und Ratte nur diese lym-phatischen Organe nach der Geburt entwickeln, aber keine Ton-sillen besitzen wie der Mensch mit Tonsilla pharyngea, Tonsillalingualis, Tonsilla palatina etc. Eine Übersicht über die Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebe (MALT) und ihre Funktionenbei veterinärmedizinisch relevanten Spezies wurde kürzlich zu-sammengestellt [4]. Ein interessanter Vergleich zwischen NALTund Peyer’schen Platten des Dünndarms findet sich bei Heritageet al. [5]. Im NALT der Maus sind alle hochendothelialen Venulen(HEV) positiv für das für den peripheren Lymphknoten typischeAdhäsionsmolekül des Darms (PNAd), aber ungewöhnlicherwei-se waren die HEV z.T. gleichzeitig positiv für das typische Adhä-sionsmolekül MAdCAM-1 [6]. Beim Menschen findet man zu-sätzlich zu den unterschiedlichen Tonsillen auch in der Nase desKindes Aggregate von Lymphozytenmit einer typischen Kompar-timentierung. Diese NALT-Struktur befindet sich aber nicht nuram dorsalen Rachenboden wie bei Maus und Ratte, sondernebenfalls auf den drei Conchien, dem Septum und Gaumen [7].Es ist noch unklar, ob sich diese Ansammlungen in ihrer Funktionje nach Lokalisation unterscheiden und wie häufig sich solcheStrukturen in der gesunden Nase des Erwachsenen sowie z.B.bei chronisch allergischen Reaktionen finden. Ein wesentlicherUnterschied zwischen den Nagern Maus sowie Ratte und demMenschen ist demnach, dass NALT bei den Nagern das einzigestrukturierte Gewebe im Nasen-Rachenraum ist, während NALTbeimMenschen in Ergänzung zu den unterschiedlichen Tonsillenexistiert, die alle unterschiedliche Altersgipfel in ihrer Größe undFunktionalität haben. Versuche an Nagern dürfen deshalb nurmit Vorsicht auf den Menschen übertragen werden.

Kehlkopf (Larynx)-assoziiertes lymphatisches Gewebe!

Die Lokalisation von Immunzellen in der Kehlkopfschleimhaut istbei der Maus wenig, bei der Ratte aber intensiv untersucht wor-den. Akkumulationen von lymphatischen Zellen im Sinne einesLarynx-assoziierten lymphatischen Gewebes (LALT) kommennormalerweise bei der Ratte nicht vor. Es finden sich deutlicheUnterschiede in der Häufigkeit von Granulozyten, Makrophagen,natürlichen Killerzellen und T- und B-Lymphozyten in der Regionoberhalb der Stimmritze – (supraglottisch), auf dem Stimmbandund kaudal vom Stimmband – (infraglottisch) [8]. Noch deutli-cher war der Einstrom von dendritischen Zellen im subglotti-schen Raum nach einer Infektion mit Sendai Virus [9]. Ebenfallsfür jede Zellart sehr unterschiedlich war die Kinetik vom Ein-strom vor allem im subglottischen Raum nach einer Infektionder Ratten mit Moraxella catarrhalis oder Bordetella pertussis[10].In der Epiglottis des Menschen fanden sich dagegen Aggregatevon Lymphozyten mit typischen T- und B-Lymphozyten undHEV in den ersten zwei Lebensjahren [11,12]. Es bestanden keineUnterschiede in der Anzahl und Größe von LALT zwischen Kin-dern, die an plötzlichem Kindstod oder aus anderen Gründen ge-storben waren [13]. Bei Erwachsenen nahm die Häufigkeit vonLALT mit dem Lebensalter ab [14].

Schlussfolgerungen!

Es bestehen deutliche Speziesunterschiede zwischen Nagern(Maus, Ratte) und dem Menschen sowie ausgeprägte Altersun-terschiede. Deshalb dürfen nur sehr vorsichtig Daten von diesenNagerspezies auf den Menschen übertragen werden. Auch aus

Workshop 445

Pabst R. Das lymphatische Gewebe der Nase (NALT) … Pneumologie 2010; 64: 442–455

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diesen Gründen sollte der Begriff gemeinsames Schleimhaut-immungewebe (common mucosa-associated lymphoid tissue)durch den Terminus „intergriertes“ MALT ersetzt [15] und dieimmunologischen Unterschiede zwischen Atem- und Verdau-ungstrakt stets berücksichtigt werden [16].

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6 Csencsits KL, Jutila MA, Pascual DW. Nasal-associated lymphoid tissue:Phenotypic and functional evidence for the primary role of peripheralnode adressin in naive lymphocyte adhesion to high endothelial venu-les in a mucosal site. J Immunol 1999; 0: 1383–1389

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11 Kracke A, Hiller AS, Tschernig TR et al. Larynx-associated lymphoid tis-sue (LALT) in young children. The Anat Rec 1997; 248: 413–420

12 Kracke A, Hiller AS, Kasper M et al. The larynx of young childrencontains mucosa-associated lymphoid tissue. Amsterdam: ElsevierScience B.V.; 1997: 364–368

13 Hiller AS, Kracke A, Tschernig T et al. Comparison of the immunohisto-logy of mucosa-associated lymphoid tissue in the larynx and lungs incases of sudden infant death and controls. Int J Legal Med 1997; 110:316–322

14 Hiller AS, Tschernig T, Kleemann WJ, Pabst R. Bronchus-associated lym-phoid tissue (BALT) and larynx-associated lymphoid tissue (LALT) arefound at different frequencies in children, adolescents and adults.Scand J Immunol 1998; 47: 159–162

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16 Kunisawa J, Nochi T, Kiyono H. Immunological commonalities and dis-tinctions between airway and digestive immunity. Trends Immunol2008; 29: 505–513

BibliografieDOI 10.1055/s-0030-1255509Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadresseProf. Dr. Reinhard PabstInstitut für Immunmorphologie 4160Medizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Str. 130625 [email protected]

Prinzipielle Unterschiede amStimmapparat von Mensch undSchwein: Einige wesentlichemorphologische Kriterien

R. Koch1, I. Hennig-Pauka2, H. Gasse11 Anatomisches Institut, Tierärztliche Hochschule Hannover2 Klinik für Kleine Klauentiere, Tierärztliche Hochschule Hannover

Zusammenfassung!

In der Glottis lässt der Feinbau der Lamina propria beimSchwein – vor allem an der kranialen Falte – andere phoniatri-sche Eigenschaften als beim Menschen erwarten. Beim Spezies-vergleich müssen altersabhängige Entwicklungen berücksichtigtwerden.

Abstract!

The histological composition of the Lamina propria in pigs –

especially in the cranial fold of the glottis – gives reason to expectother phoniatric properties than in man. Age-related changesmust be considered.

Der Schweinekehlkopf findet als Modell für den Kehlkopf desMenschen zunehmend Verwendung [1,2]; er soll unter diversenSpezies im Hinblick auf die Phonation dem des Menschen amehesten entsprechen [3]. Vergleichende Studien befassen sichinsbesondere mit dem Bau der Lamina propria der Stimmfalte(Plica vocalis) [4–6]. Hierbei wird beim Schwein immer nur diekaudal des Ventriculus laryngis gelegene Falte untersucht.Die kranial des Zugangs gelegene Falte gleicht nicht der beimMenschen hier gelegenen Taschenfalte (Plica vestibularis, auchPlica ventricularis genannt). Die Taschenfalte (Mensch) ragt nichtsehr weit ins Lumen vor und ist nicht schwingungsfähig. Sie wirdvon einer lockermaschigen Respirationsschleimhaut mit zahlrei-chen seromukösen Drüsen gebildet. Quergestreifte Muskulaturund ein kräftiger Bandapparat fehlen [7]. Die kraniale Schleim-hautfalte des Schweins dagegen ist mit einem mehrschichtigenPlattenepithel [8] bedeckt und enthält dicke Kollagenfaserbün-del: sie entspringen gemeinsam mit jenen der kaudalen „wah-ren“ Stimmfalte am Aryknorpel und inserieren am Schildknorpel[9]. Dem Bau und Verlauf gemäß stellt dies also eine kranialeStimmfalte dar. So sprechen auch Alipour und Jaiswal (2009)von einer oberen und unteren Stimmfalte; die obere (kraniale)Stimmfalte ist stärker gespannt und erwies sich bei Schwin-gungsversuchen als Haupt-Oszillator [10].Die Lamina propria der Stimmfalte des Menschen wird histolo-gisch in drei Schichten eingeteilt: superficial, intemediate, deeplayer of lamina propria (SLLP, ILLP, DLLP). Die SLLP (Reinke-Raum)besteht aus lockerem Bindegewebe; in der ILLP überwiegen elas-tische, in der DLLP Kollagenfasern [10]. ILLP und DLLP bilden dasLigamentum vocale, den verstärkten Rand des Conus elasticus.Hahn et al. (2005) [12] unterscheiden zusätzlich die subepithelia-le Basalmembran-Zone (BMZ). Diese Schichten haben essentielleBedeutung für die Phonation (Body-Cover-Modell, [13,14]).

Workshop446

Koch R et al. Prinzipielle Unterschiede am Stimmapparat von Mensch und Schwein… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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Die Lamina propria der (kaudalen) Stimmfalte des Schweins wirdstattdessen als zweischichtig beschrieben, allerdings ohne ein-deutige Grenze zwischen beiden. Die oberflächliche Schicht be-steht überwiegend aus Grundsubstanz, die tiefe vorwiegend ausKollagen und minimal Elastin [1]. Daher verneinen einige Auto-ren die Existenz eines Conus elasticus und eines elastischenStimmbandes beim Schwein [4] und vergleichen sie mit derStimmfalte eines Kindes [2].Der Mensch besitzt bei der Geburt noch kein Stimmband, die ge-samte Lamina propria besteht aus lockerem, grundsubstanzrei-chen Bindegewebe; die vollständige Ausbildung der Schichtender Lamina propria erfolgt geschlechtsabhängig erst im Altervon ca. 17 Jahren [15]. Entsprechende Angaben zum Schwein feh-len in der Literatur; mit Blick auf dieses wichtige struktur- undfunktionsrelevante Kriterium untersuchten wir darum die kra-niale und die kaudale Falte des Stimmapparates von weiblichenSchweinen, die 14 Tage, 6 Monate oder 5 Jahre alt waren.Erste – aufgrund geringer Stichprobenzahl – vorläufige Befundesind folgende:1. Die kaudale Falte des Stimmapparats vom Schwein gleicht

histologisch nicht der Plica vocalis des Menschen; eine 3-Schichtigkeit als Organisationsmuster ist beim 6Monate altenSchwein nur vage (fließende Übergänge), beim 5 Jahre alten(durchgängig kollagenfaserreich) gar nicht erkennbar. Gene-rell fällt bei beiden die Durchsetzung der Schichten mit elas-tischen Fasern auf; beim letztgenannten tritt eine starke Häu-fung auf, allerdings nicht als „Schicht“, sondern als Konzen-trierung im kranialen Bereich der Falte. Schon beim 14 Tagealten Schwein kommen elastische Fasern vor, insbesondere inder DLLP, mehr noch in der kollagenen und elastischen BMZ.

2. Die kraniale Falte des Stimmapparats hat eine sehr dickeLamina propria. Schon beim 14 Tage alten Schwein zeichnensich anhand der Kollagenfasern deutlich BMZ, SLLP, ILLP undDLLP ab; die Dicke der DLLP macht einen deutlichen Unter-schied zur Plica vocalis des Menschen aus. Elastische Faserntreten gehäuft in der ILLP auf, und ganz besonders in der BMZ;sie reichen bei der Gewebeprobe vom 5 Jahre alten Schweintief in die subepithelialen Zapfen des Papillarkörpers. Auchinsofern liegt ein deutlicher Unterschied zur Plica vocalis desMenschen vor.

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BibliografieDOI 10.1055/s-0030-1255510Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadresseDr. R. KochAnatomisches Institut,Tierärztliche Hochschule HannoverBischofsholer Damm 1530173 [email protected]

Obstruktion der oberen Atemwegebeim Menschen und Tiermodelle

R. SchulzUniversitätsklinik Gießen und Marburg, Medizinische Klinik II,Schlafmedizinisches Labor

Zusammenfassung!

Die obstruktive Schlaf-Apnoe (OSA) wird durch den repetitivenKollaps der oberen Atemwege im Schlaf verursacht, wobei Adi-positas einen der Hauptrisikofaktoren darstellt. Die im Schlaf auf-tretenden Atempausen führen zunächst zum Abfall des Sauer-stoff- und Anstieg des Kohlendioxidpartialdruckes, in der Folgezur Sympathikusaktivierung (Anstieg von Blutdruck und Herz-frequenz) sowie zu frustranen Atemanstrengungen und schließ-lich zur zentralnervösen Weckreaktion (= Arousal). Obwohlkaum ein Tiermodell in der Lage ist, diese Komplexität der patho-physiologischen Reaktionen widerzuspiegeln, wurde die Grund-lagenforschung der OSA durch den Einsatz von Tiermodellenbzw. Tierexperimenten sehr bereichert. Das zukünftige Zielmuss es sein, die gewonnenen Erkenntnisse möglichst nutzbrin-gend wieder auf OSA-Patienten zu übertragen. In diesem Zusam-menhang ist z.B. an die Pharmakotherapie des pharyngealen Kol-laps oder eine antioxidativ ausgerichtete Therapie der kardiovas-kulären u./o. ZNS-Auswirkungen der OSA zu denken. Insbeson-dere OSA-Patienten, die eine CPAP-Therapie nicht tolerieren,könnten hiervon profitieren.

Workshop 447

Schulz R. Obstruktion der oberen Atemwege beim Menschen und Tiermodelle… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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Abstract!

Obstructive sleep apnea (OSA) is caused by repetitive collapse ofa narrow upper airway during sleep with the main risk factorbeing obesity. Apneas are followed by hypoxia, sympathetic acti-vation, intrathoracic pressure swings and arousals. In most ani-mal studies, only the cyclical pattern of hypoxia characteristic ofOSA is simulated, however, more complex models have also beendeveloped which additionally reflect the other pathophysiologi-cal changes associated with sleep-disordered breathing. Thesemodels have contributed to a deeper understanding of the car-diovascular and metabolic consequences of OSA. From other ex-periments the concept of the pharynx behaving like a collapsibletube, i. e. a Starling resistor, has emerged. Finally, the neurotrans-mitter modulation of upper airway muscle tone has been eluci-dated by using in vivo microdialysis of the caudal medulla ofrats. It is hoped that findings from animal studies will in the futu-re impact on the management of patients with OSA, in particularif they are non-compliant with CPAP therapy.

Obstruktive Schlaf-Apnoe beim Menschen!

Die obstruktive Schlaf-Apnoe (OSA) wird durch den repetitivenKollaps der oberen Atemwege im Schlaf verursacht. Hauptrisi-kofaktor ist die Adipositas, die durch eine Vermehrung der latera-len Fettpolster zu einer Pharynx-Einengung führt [1]. Bei nicht-adipösen OSA-Patienten kann dies durch skelettale Faktoren wiez.B. eine Retrognathie bedingt sein [2]. Weiterhin spielt bei die-ser Subgruppe offenbar ein „fluid shift“ im Liegen von der unte-ren in die obere Körperhälfte eine Rolle [3]. Begünstigt wird derpharyngeale Kollaps schließlich durch einen Verlust der neuro-muskulären Kompensation im Schlaf, d.h. durch eine Tonus-abnahme der den Pharynx dilatierenden Muskeln, insbesonderedes M. genioglossus [4].Der Pharynx-Kollaps hat einen Abfall des Sauerstoffpartialdru-ckes und einen Anstieg des Kohlendioxidpartialdruckes zur Fol-ge. Durch diese Blutgasveränderungen resultiert eine Sympathi-kusaktivierung, was wiederum einen Anstieg von Blutdruck undHerzfrequenz bewirkt.Weiterhin finden sich bei der OSA während der Atempausenfrustrane Atemanstrengungen, die zu einer Negativierung desintrathorakalen Drucks führen. Die genannten Veränderungenmünden schließlich in eine zentralnervöse Weckreaktion (Arou-sal), welche die Atempause durch Wiedereröffnung des Pharynxterminiert. Während der sich anschließenden Hyperventilationerfahren die erwähnten physiologischen Parameter gegenläufigeVeränderungen, z.B. Wiederanstieg der O2-Sättigung usw. Durchdie wiederholte Abfolge von Apnoen und Hyperventilationspha-sen sind bei der OSA letztendlich zyklische Schwankungen allerMessgrößen vorhanden, z.B. intermittierende Hypoxie.

Tiermodelle!

Es existieren verschiedene Tiermodelle der OSA, wobei im We-sentlichen eine Unterteilung in 3 Gruppen erfolgen kann. Natür-lich vorkommende Modelle sind z.B. die englische Bulldoge unddas adipöse Minischwein, die aber beide nur begrenzt in der tier-experimentellen Forschung zur OSA zum Einsatz kommen [5,6].Am weitesten verbreitet ist das Modell der chronisch-intermit-tierenden Hypoxie (CIH), in welchem die Tiere (meistens RattenoderMäuse) in Versuchskammern gehaltenwerden, in denen dasMuster der OSA-assoziierten Hypoxie durch automatisiertes Ein-

und Auspumpen definierter Gasgemische simuliert wird [7].Nachteil dieses Modells ist, dass es andere pathophysiologischeVeränderungen im Rahmen der OSA wie z.B. intrathorakaleDruckschwankungen nicht abbildet. Dies wird erst im Rahmenkomplexer, instrumentierter Modelle möglich, in denen der re-petitive Kollaps der oberen Atemwege nachvollzogen wird. Hier-zu kann z.B. ein wechselweises Schließen und Öffnen einer imAtemstrom befindlichen Klappe eingesetzt werden [8,9].Die genannten Tiermodelle haben zu einem besseren Verständ-nis der Pathophysiologie der Folgeerkrankungen der OSA beige-tragen. Dies betrifft vor allem die Auswirkungen der OSA auf kar-diovaskuläre und metabolische Parameter, aber auch das zentra-le Nervensystem. Bezüglich tierexperimenteller Untersuchungenzu den kardiovaskulären Komplikationen der OSA sei an dieserStelle auf eine frühere Übersichtsarbeit verwiesen [10]. Studienzu den metabolischen Auswirkungen der OSA haben gezeigt,dass es bei Ratten undMäusen unter CIH zur Entwicklung von In-sulinresistenz, Hyperlipidämie und Fettleber kommt [11]. Ob diehierbei identifizierten Pathomechanismen auch für PatientenmitOSA zutreffen, muss allerdings noch geklärt werden. Es konnteauch gezeigt werden, dass die CIH bei Versuchstieren zu neuro-kognitiver Dysfunktion und Müdigkeit führt.In bestimmten Hirnarealen von Mäusen wurde eine Hochregula-tion des O2-Radikalen produzierenden Enzyms NADPH-Oxidasegefunden, so dass die ZNS-Funktionsveränderungen bei der OSAähnlich wie bereits die kardiovaskulären Folgeerkrankungen inVerbindung mit einem erhöhten oxidativen Stress gebracht wur-den [12].Im weiteren Sinne haben Tierexperimente auch das Verständnisder Pathophysiologie der oberen Atemwege bei der OSA erwei-tert. So wurde das Konzept aufgestellt, dass die oberen Atem-wege als Starling-Resistor aufzufassen sind, in dem es bei Unter-schreitung des sogenannten kritischen Verschlussdrucks (= Pcrit)zum pharyngealen Kollaps kommt. Hierzu wurden die oberenAtemwege von Ratten u./o. Mäusen „isoliert“, d.h. es wurde eintrachealer Bypass angelegt und Druck - bzw. Flussmessungenober - und unterhalb des kollapsiblen Pharynxsegmentes durch-geführt [13].Weiterhin wurde die Neurotransmitter-Modulation der pharyn-gealen Muskulatur tierexperimentell aufgeklärt. Über einen indie kaudale Medulla oblongata von Ratten implantierten Mikro-dialyse-Katheter wurden verschiedene chemische Substanzenappliziert und gleichzeitig die Muskelaktivität im Pharynxgemessen. Diese Studien ergaben, dass vor allem Serotonin denN. hypoglossus stimuliert und dann via Kontraktion des M. ge-nioglossus eine Dilatation des Pharynx bewirkt [14]. Versuche,diese Erkenntnisse therapeutisch zu nutzen, sind bisher aller-dings leider erfolglos gewesen [15].

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Schulz R. Obstruktion der oberen Atemwege beim Menschen und Tiermodelle… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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KorrespondenzadresseProf. Dr. Richard SchulzUniversitätsklinik Gießen und Marburg,Medizinische Klinik IISchlafmedizinisches LaborPaul-Meimberg-Str. 535392 Gieß[email protected]

Upper airway resistance:species-related differences

N. Kirschvink1, P. Reinhold2

1 Animal Physiology, Veterinary Department, Faculty of Sciences,University of Namur

2 Institute of Molecular Pathogenesis in the „Friedrich-Loeffler-Institut“ (Federal Research Institute for Animal Health)

Zusammenfassung!

Den Strömungswiderständen der oberen Atemwege wird in derTiermedizin hauptsächlich beim Sportpferd sowei beim brachy-zephalen Hund eine große Bedeutung beigemessen. Aufgrundanatomischer Besonderheiten des Nasen- und Rachenraumsund/oder pathologischer Veränderungen können bei beiden Spe-zies signifikante Veränderungen der Leistungstoleranz (Perfor-mance) und/oder desWohlbefindens auftreten. Bei anderen Tier-arten wird den physiologischen Eigenschaften und den patholo-

gischen Veränderungen der unteren Atemwege meist eine grö-ßere Bedeutung beigemessen.

Abstract!

In veterinary medicine, upper airway resistance deserves aparticular attention in equines athletes and brachycephalic dogs.Due to the anatomical peculiarities of the upper airway and/orpathological conditions, significant alterations of performanceand/or well being might occur in horses and dogs. Physiologicalspecificities and pathological changes of the lower respiratorytract deserve a major attention in other species.

Introduction!

The measurement of lung function and determination of lowerand upper airway resistances in animal species was firstperformed in the equine species. Horses are obligate nasal breat-hers and their respiratory system is the performance limitingsystem (even in healthy conditions!). Indeed, the equine athletenaturally develops exercise-induced hypoxemia, which seems tobe related to an insufficient oxygen transfer throughout the ca-pillary-alveolar barrier as well as to inappropriate ventilationdue to strongly increased airflow resistance (more than 100% in-crease) [1]. The investigation methods developed for equineshave been extended to other animal species where the main rea-sons for measuring upper and lower airway resistance are inves-tigation of pathophysiology and therapy of respiratory diseases.As certain animal peculiaritiesmight model respiratory disordersin man, there is some interest for animals’ upper airway in hu-man medicine.

Measurement techniques of upper airway resistancein animals: conventional pulmonary function tests andimpulse oscillometry!

The first measurements of upper and lower airway resistance(respectively UAR and LAR) were performed by use of so calledconventional pulmonary function tests where transpulmonary,tracheal and naso-pharyngeal pressures and airflow need to berecorded [2]. Impulse oscillometry has also been validated for se-veral species in respiratory veterinary research and appears as amore sensitive and less invasive technique: a spectrum of fre-quencies is taken into consideration and calculation models ofupper and lower (or central and peripheral) airway resistanceare available [3].

Upper airway resistance in animal species!

As a consequence of anatomical peculiarities of their upper air-ways, horses show the highest UAR:LAR ratio and rest and atexercise (●" Table 1), associated with a considerable work ofbreathing [2].The functional impact of several affections of UA, i. e. laryngealparesis or paralysis, soft dorsal palate displacement, gutturalpouch mycosis or empyema etc. can be quantified by use of animpulse oscillometry system (IOS) [4] or measurement of pressu-re changes [5]. Although the IOS technique offers several advan-tages in terms of sensitivity and non-invasiveness, it can not beused in exercising horses.Cattle, and especially hypermuscled breeds such as BelgianWhiteBlue, slowly adapt their respiratory function after birth. Their

Workshop 449

Kirschvink N, Reinhold P. Upper airway resistance: species-related differences… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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anatomical and physiological peculiarities of the respiratory sys-tem, i. e. a relatively small respiratory tract, an important deve-lopment of pleural septa, the absence of collateral ventilation,and an important capacity of hypoxic vasoconstriction, explainwhy this species is prone to respiratory affections of the upperand lower airways [6]. Comparative assessment of respiratoryfunction between growing Friesian and BWB calves has furtherprovided evidence that the UAR:LAR ratio decreases with agedue to decreased LAR and that both, UAR and LAR are higher inBWB (●" Table 1) [7,8].Similar growth-related changes are described in pigs; the relativeimpact of lower airway resistance remains however higher thanin other species (●" Table 1) [9].Although cats have been used during early respiratory researchfor investigating nervous control of respiration, upper airwayshave been poorly investigated from a clinical point of view. Indogs, especially brachycephalic dogs presenting considerable na-sal airflow resistance, resistive properties of upper airways areunder ongoing investigation [10].

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10 Hueber JP, Smith H-J, Reinhold P et al. Untersuchungen zur Geometrieund Funktion der Hundenase – Wie verändert sich die Funktion,wenn die Form verändert wird? Pneumologie 2010; 64 (Suppl. 3):S254

BibliografieDOI 10.1055/s-0030-1255512Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadressePD Dr. Dr. Petra ReinholdFriedrich-Loeffler-InstitutInstitut für molekulare PathogeneseNaumburger Str. 96a07743 [email protected]

Brachyzephalie bei Hund und Katze:eine „menschengemachte“Obstruktion der oberen Atemwege

G. U. Oechtering, C. Schlüter, J. P. LippertKlinik für Kleintiere, Veterinärmedizinische Fakultät derUniversität Leipzig

Zusammenfassung!

Durch übertriebene Zuchtauslese wurde bei vielen brachyzepha-len Rassen die Nase nahezu „weggezüchtet“, mit erheblichenanatomischen und funktionellen Konsequenzen.Zusätzlich zu respiratorischen und olfaktorischen Aufgaben istdie Hundenase von vitaler Bedeutung für die Thermoregulation.Hunde sind obligate Nasenatmer und leiden bei jeder Einschrän-kung der nasalen Ventilation wesentlich stärker als der Mensch.Eine offene Diskussion in der Gesellschaft muss das Handlungs-bedürfnis von Behörden und Zuchtverbänden steigern, die Zuchtauf extreme Brachyzephalie als tierschutzrelevante Form derQualzucht zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Abstract!

Selective breeding for exaggerated features caused in many bra-chycephalic dog and cat breeds virtually a loss of the nose, withserious anatomical and functional consequences.In addition to respiratory and olfactory tasks, in dogs the nose isof vital importance for thermoregulation. As obligatory nose bre-athers, dogs suffer far more than humans when their nasal venti-lation is restricted.An open discussion in the broad public has to motivate authori-ties and kennel clubs to recognize extreme brachycephalic breed-ing as seriously affecting animal health and welfare.

Table 1 Ratio between upper airway resistance (UAR) and lower airway resistance (LAR) in animal species.

Animal species UAR:LAR ratio (%) in normal

conditions (mature animals)

Ratio change in particular

conditions

References

Horse 80 :20 Exercise 82 :18 [1,2]Cattle 70 :30 Young animals 60 :40 [7,8]Sheep 70:30 – Reinhold; unpublishedSwine 60:40 Young animals 55 :45 [9]

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Oechtering GU et al. Brachyzephalie bei Hund und Katze… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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Vorbetrachtungen!

Treten bei der Hundezucht gebrauchsorientierte Interessen (z.B.:Jagd-, Dienst- und Hütehunde) in den Hintergrund – und nimmtdamit die Notwendigkeit ab, gesunde und leistungsfähige Hundezu züchten – so kann die Überbetonung äußerlicher Merkmalezur Einschränkung physiologischer Organfunktionen führen.Kurzköpfige Hunde- und Katzenrassen erfreuen sich wegen ihresstupsnasigen Aussehens (Kindchenschema [1]) und ihres in derRegel sehr menschenfreundlichen Wesens weltweit zunehmen-der Beliebtheit. Brachyzephale Rassen haben eine angeboreneWachstumshemmung des Splanchnokraniums, dadurch behal-ten auch adulte Tiere ein welpenartiges Aussehen. KurzköpfigeRassen gelten als relativ alt, brachyzephale Hundeschädel wur-den bereits in der Asche Pompeis gefunden [2]. In den vergange-nen Jahrzehnten wurde durch übertriebene züchterische Selek-tion die Schädelform derart verkürzt, dass heute gravierendeAtemprobleme ein hervorstechendes Merkmal dieser Rassensind. Angestrengte Atmung in Ruhe, schnarchende Atmungsge-räusche (auch inwachem Zustand!), Schlafapnoe und ausgepräg-te Belastungs- und Wärmeintoleranz sowie eine Vielzahl weite-rer, nicht-respiratorischer Probleme gelten als klassische Symp-tome. Damit sind im Tierschutzgesetz definierte Kriterien derQualzucht klar erfüllt.

Anatomische Betrachtungen und neuere Erkenntnisse!

Bisher wurden als typische patho-anatomische Veränderungeneine Trias aus stenotischen Nares, überlangem Palatum molleund evertierten seitlichen Kehlkopftaschen beschrieben [3]. Wirhaben die bisher nicht beschriebenen Auswirkungen eines dra-matisch reduzierten „Mittelgesichtes“ auf die nasalen Binnen-strukturen untersucht. Hierfür wurden über dreihundert zur Di-agnostik und Behandlung schwerer respiratorischer Beschwer-den überwiesene brachyzephale Hunde und Katzen einbezogen.Die oberen Atemwegewurden computertomografisch und endo-skopisch dargestellt; Hauptaugenmerk lag auf Struktur und Aus-dehnung der Nasenmuscheln. Kraniometrische Untersuchungensollten das Verhältnis von Splanchnokranium zu Neurokraniumbeschreiben [4], rhinometrische Untersuchungen die Relevanzvon computertomografisch oder endoskopisch festgestellten Ste-nosen verdeutlichen [5]. Pathohistologische Untersuchungen vonphysiologischen und brachyzephalen Nasenmuscheln solltenAufschluss über die Veränderungen in der Feinstruktur geben[6]. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen offenbarten, dassdie extreme Verkürzung des Splanchnokraniums zu dramati-schen Veränderungen aller nasalen Binnenstrukturen geführthat [4,7], was folgende strukturelle und funktionelle Konsequen-zen nach sich zieht:" Nares und Vestibulum: Anders als beim Menschen ist der

Nasenvorhof beim Hund nicht leer. Er wird ausgefüllt voneinem voluminösen, nach kaudal ziehenden Nasenflügel, derin die Flügelfalte übergeht. Die Stenose des Naseneingangsvon brachyzephalen Hunden ist wesentlich komplexer alsbisher angenommen. An eine von außen gut sichtbare Stenoseder Nares schließt sich eine nur endoskopisch darstellbareausgeprägte Stenose des Vestibulums an.

" Nasenhöhle: Verkleinert man durch Zuchtauslese den knö-chernen Rahmen eines Organs auf weniger als ein Drittel dernatürlichen Größe (●" Abb. 1), muss dies für die darin enthal-tenen Strukturen erhebliche Konsequenzen haben. Im Ge-gensatz zu den relativ einfach aufgebauten Nasenmuscheln

des Menschen, haben Hunde und Katzen hochkomplexe, ex-trem fein verzweigte Konchenstrukturen. Bei Brachyzephalensind die Nasenmuscheln im Verhältnis zur umgebenden knö-chernen Begrenzung wesentlich zu groß und wir sprechenvon einer relativen Konchenhypertrophie. Sie führt dazu, dassdie feinen Lamellen der Nasenmuscheln bis zum Kontakt mit-einander wachsen und kaum noch Raum für die durchströ-mende Luft bleibt. Zusätzlich wachsen Muschelanteile alsaberrante Conchen in Atemwege hinein und verlegen diese.Man kann zwischen „rostralen aberranten Conchen“ (RAC)und „kaudalen aberranten Conchen“ (CAC) differenzieren [8].Auch die Feinstruktur der Conchen ist bei brachyzephalenTieren hochgradig verändert. Vergleicht man die Dicke ein-zelner Lamellen, sind diese bei einem 10 kg schweren Mopsdoppelt so dick, wie die eines 40 kg schweren Schäferhundes[6].

" Thermoregulation: Die Hundenase hat zusätzlich zu denklassischen respiratorischen und olfaktorischen Aufgabeneine zentrale thermoregulatorische Funktion. Hunde könnennicht schwitzen wie der Mensch, sie hecheln. Dabei wird, an-ders als oft irrtümlich angenommen, die Einatemluft über dieNase durch das feine Lamellensystem der großen ventralenMuschel geleitet [9] und erzeugt dort auf den über eine eigeneDrüse (Gl. nasalis lateralis) befeuchteten Schleimhäuten sehreffektiv Verdunstungskälte. Diese Funktion ist bei brachyze-phalen Tieren infolge der reduzierten nasalen Ventilationstark eingeschränkt und führt zu Wärmeintoleranz und ver-längerten Erholungszeiten nach Belastung.

Abb. 1 Sagittales Computertomogramm des Hundeschädels [4]: obennormozephal (Schäferhund), unten brachyzephal (Mops).

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5 Hueber JP, Smith H-J, Reinhold P et al. Untersuchungen zur Geometrieund Funktion der Hundenase – Wie verändert sich die Funktion,wenn die Form verändert wird? Pneumologie 2010; 64 (Suppl. 3):S254

6 Walter A, Seeger J, Oechtering GU, Nöller C. Dolichocephalic versus bra-chycephalic conchae nasales – a microscopic anatomical analysis indogs. Anatomia Histologia Embryologia XXVII Congress of the Associa-tion of Veterinary Anatomists. Conference Proceeding. Budapest, Un-garn: 2008

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8 Oechtering GU, Hueber JP, Oechtering TH, Noeller C. Laser Assisted Turbi-nectomy (LATE) – Treating brachycephalic airway distress at its intra-nasal origin. Veterinary Surgery 2007; August 21, 36 (6): E18

9 Schmidt-Nielsen K, Bretz WL, Taylor CR. Panting in dogs: unidirectionalair flow over evaporative surfaces. Science 1970; September 11, 169(950): 1102–1104

BibliografieDOI 10.1055/s-0030-1255513Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadresseGerhard OechteringKlinik für Kleintiere, Veterinärmedizinische Fakultätder Universität LeipzigAn den Tierkliniken 2304103 [email protected]

Geometrie und Funktion der Hunde-nase: Wie ändert sich die Funktion,wenn die Form verändert wird?J. P. Lippert1, P. Reinhold2, H. J. Smith3, P. Franco1, S. Y. Nather1,C. Schlüter1, G. U. Oechtering1*

1 Klinik für Kleintiere der Universität Leipzig(Leiter: Prof. Dr. Gerhard Oechtering)

2 Institut für molekulare Pathogenese im Friedrich-Loeffler-Institut(Standort Jena)

3 CareFusion; Jaeger (Höchberg)

Zusammenfassung!

Der intranasale Strömungswiderstand brachyzephaler Hundeliegt signifikant über dem normozephaler Hunde. Die nasale Re-sistance ist durch Xylometazolin kurzfristig und durch LATE-The-rapie (Laser-assistierte Turbinektomie) langfristig um etwa 50%

absenkbar. Die Impuls-Oszillometrie stellt eine zuverlässige Me-thode zur quantitativen Erfassung intranasaler Stenosen derHundenase dar und eignet sich zur Kontrolle des Therapieerfolgs.Mit Hilfe der akustischen Rhinometrie sind Veränderungen vonQuerschnitt und Volumen der Hundenase darstellbar. Ob eineräumliche Zuordnung von Stenosen in CT-Schnittbildernmöglichist, bleibt abzuwarten.

Abstract!

Nasal airflow resistance in brachycephalic dogs is significantlyelevated compared to normal dogs. LaserAssisted TurbinEctomy(LATE)-surgery as well as xylometazolin were shown to reducepathologically increased intranasal airway resistance in brachy-cephalic dogs by approximately 50%. Impulse oscillometry pro-vides a reliable and sensitivemethod to examine intranasal steno-ses in the canine nose. Acoustic rhinometry allows assessment ofchanges in cross sectional area and volume of the canine nasalcavity.

Erkrankungen der Nase kommen bei Hunden relativ häufig vorund sind in der Regel mit einer funktionellen Beeinträchtigungverbunden. Neben der Atmung ist die Nase des Hundes für dieThermoregulation von zentraler Bedeutung. Vor dem Hinter-grund, dass Hunde im Gegensatz zumMenschen obligate Nasen-atmer sind [1,2], wird die große Bedeutung der nasalen Atmungersichtlich.In der Humanmedizin existiert eine Vielzahl an Methoden zurgeometrischen Darstellung und funktionellen Quantifizierungnasaler Stenosen [3]. Die akustische Rhinometrie sowie die klas-sische Rhinomanometrie und Impuls-Oszillometrie werden beimHund bisher nur im wissenschaftlichen Bereich angewendet.Dies zum einen als Tiermodell für Erkrankungen des Menschen[4,5] und zum anderen bei der Erforschung von Erkrankungender Tiere [6].Ziel unserer Arbeit war es, die Impuls-Oszillometrie als funktio-nelle und die akustische Rhinometrie als Methode zur Darstel-lung der Nasengeometrie und Lokalisation der nasalen Stenosenbei Hunden mit anatomischen Veränderungen der Nase anzu-wenden.Bei der Anwendung sind anatomische Unterschiede zwischender Nase des Menschen und der des Hundes zu bedenken. BeimHund existiert eine Einengung im Nasenvorhof, die durch Ver-wendung eines röhrenförmigen Nasenadapters überbrückt wer-den kann. Die Verwendung eines solchen Nasenadapters ermög-licht es, den nasalen Strömungswiderstand unter Ausschluss derNares (intranasaler Strömungswiderstand) zu erfassen. Somit istder Einfluss von Strukturen innerhalb der Nasenhöhle –wie z.B.aberranten Conchen und Septumdeviationen – auf den Strö-mungswiderstand untersuchbar. Bei der Interpretation derMess-ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Nasenmuscheln desHundes komplex gebaut sind. Sie bilden ein Netzwerk aus Lamel-len, die sich vielfach verzweigen. Bei brachyzephalen Hundenkommt es infolge von Malformationen der Nasenmuscheln zurintranasalen Obstruktion und Stenosierung des Nasenrachens[7]. Für den hier verwendeten Aufbau der Impuls-Oszillometrieist es entscheidend, dass ein freier Druckausgleich zwischenNasopharynx und Raumluft möglich ist. Aus diesem Grund

* Begründung für mehr als vier Autoren: Der Artikel gibt einen Einblick inverschiedene Untersuchungsmethoden, die Gegenstand von mehrerenStudien sind.

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Lippert JP et al. Geometrie und Funktion der Hundenase… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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wurde das Gaumensegel mit einem hakenförmigen Instrumentnach rostral (anterior) gezogen (●" Abb. 1).Vergleicht man den intranasalen Strömungswiderstand einesnormozephalen Hundes (Beagle, 12 kg, R = 0,55 kPa L– 1 s) mitdem eines zur Laser-Assistierten Turbinektomie (LATE) [8] vorge-stellten brachyzephalen Hundes (Mops, 10 kg, R = 1,3 kPa L– 1 s)ähnlicher Körpermasse, so wird deutlich, dass der intranasaleStrömungswiderstand des kurznasigen Hundes deutlich überdem des nasengesunden Hundes liegt. Mit Hilfe der LATE-Thera-pie ließ sich dieser pathologisch erhöhte intranasale Strömungs-widerstand um 50% auf 0,63 kPa L– 1 s absenken. Die mit Hilfe derLATE-Therapie erreichte Vergrößerung des Nasenhöhlenquer-schnitts ist ebenfalls mit der akustischen Rhinometrie darstell-bar.Betrachtet man den Einfluss des Schwellungszustandes der Na-senschleimhaut auf den intranasalen Strömungswiderstand,lässt sich Folgendes beobachten: durch Applikation des Dekon-gestivums Xylometazolin konnte der intranasale Strömungs-widerstand beim normozephalen Hund (Beagle, 13,9 kg) von0,56 auf 0,27 kPa L– 1 s und beim brachyzephalen Hund (Mops,7,0 kg) von 1,13 auf 0,62 kPa L– 1 s verringert werden. Der Wider-stand war sowohl beim normozephalen als auch beim brachyze-phalen Hund temporär etwa auf die Hälfte reduzierbar. Hierbeilag der Strömungswiderstand des brachyzephalen Hundes nachVerabreichung des Dekongestivums im physiologischen Bereich.

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5 Nad N.NasalerWiderstand beim Hund: Reproduzierbarkeit der Rhino-manometrie [Dissertation med. vet.] Zürich: Vetsuisse-Fakultät derUniversität Zürich; 2004

6 Hueber JP. Impulsoszillometrische Untersuchung des intranasalen At-mungswiderstandes vor und nach laserassisstierter Turbinektomiezur Therapie des Brachyzephalen Atemnotsyndroms beim Hund[Dissertation med. vet.] Leipzig: Veterinärmedizinische Fakultät derUniversität Leipzig; 2009 http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=994936559; Stand: Mai 2009

7 Oechtering TH, Oechtering GU, Nöller C. Strukturelle Besonderheitender Nase brachyzephaler Hunderassen in der Computertomographie.Tieraerztliche Praxis 2007; 35 (K): 177–187

8 Oechtering GU, Hueber JP, Oechtering TH, Noeller C. Laser Assisted Turbi-nectomy (LATE) – Treating brachycephalic airway distress at its intra-nasal origin. Veterinary Surgery 2007; August 21, 36 (6): E18

BibliografieDOI 10.1055/s-0030-1255515Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadresseDr. Johanna LippertKlinik für Kleintiere der Universität LeipzigAn den Tierkliniken 2304103 [email protected]

Ausgewählte Veränderungen in denoberen Atemwegen des Pferdes –ein ÜberblickK. FeyKlinik für Pferde, Innere Medizin, der Justus-Liebig-UniversitätGießen

Zusammenfassung!

Pferde sind aufgrund ihrer obligaten Nasenatmung auf patenteNasengänge angewiesen.Eine Vielzahl endoskopisch zu differenzierender dynamisch ob-struktiver Veränderungen im pharyngealen und laryngealen Be-reich kann verhindern, dass das Pferd als Athlet seine individuel-le Höchstleistung erzielt. Die anatomische Besonderheit der Luft-säcke prädisponiert zu speziesspezifischen Erkrankungen.

Abstract!

Horses are obligate nasal breathers and depend on patency oftheir nasal passages.Several dynamic obstructive diseases in the pharyngeal and la-ryngeal area can be differentiated by high speed treadmill endos-copy and may be responsible for impaired exercise tolerance in

Abb. 1 Messaufbau für die impulsoszillo-metrische Messung des intranasalen Strömungs-widerstandes am Hund (Foto [links] und Schemaanhand eines CT-Bildes [rechts]): der in dieNasenöffnung eingeführte Tubuskonnektor dientals Adapter zwischen Messkopf und Nasenhöhle.Durch ein hakenförmiges Instrument wird dasGaumensegel nach rostral (anterior) gezogen undsomit ein freier Druckausgleich zwischen Naso-pharynx und Raumluft ermöglicht.

Workshop 453

Fey K. Ausgewählte Veränderungen in den oberen Atemwegen des Pferdes… Pneumologie 2010; 64: 442–455

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the equine athlete. The anatomical specialty of guttural pouchespredisposes the horse to species-specific diseases.

Hinsichtlich der Funktion der oberen Atemwege des Pferdes seizunächst betont, dass es sich bei Equiden um obligate Nasen-atmer handelt. Ein langes Gaumensegel verhindert auch bei er-heblicher Dyspnoe, dass diese Tiere durch die Mundhöhle atmenkönnen. Daher ist die Durchgängigkeit der Nasengänge über-lebensnotwendig.Eine anatomische Besonderheit stellt das sogenannte falsche Na-senloch dar: als Verlängerung der ventralen Nasenmuschel bildetsich eine Flügelfalte aus, die medial zusammen mit der äußerenHaut eine ca. 8–10 cm lange, blind endende Nasentrompete desPferdes formt. Als Schönheitsfehler, also ohne Verengung derLuftwege, kann es zu epithelialen Einschlusszysten kommen, diedas kaudale Ende der Nasentrompete äußerlich vorwölben(●" Abb. 1).Die in der Ruhe umgekehrt kommaförmigen Nüstern werden beiforcierter Atmung durch Kontraktion der Nasenmuskulatur fastkreisrund geweitet. Ist die Flügelfalte verdickt, verbreitert oderwird sie nicht richtig angehoben, so wird sie bei körperlicher Be-lastung in die rostralen Atemwege eingesogen und verursachteinen Stridor. Ihre chirurgische Entfernung kann die Leistungs-fähigkeit solcher Pferde verbessern [1].Eine als speziesspezifischbeschriebeneNeoplasie, das sogenannteprogressive Siebbeinhämatom, geht typischerweise von der Sub-mukosa der stark vaskularisierten ethmoidalen Turbinalien aus.Diese nicht metastasierende und nicht infiltrativ wachsende –

aber Nasengänge und teilweise Nebenhöhlen mechanisch ver-legende – Umfangsvermehrung verursacht in ihrer UmgebungDrucknekrosen. Ein typisches klinisches Zeichen besteht in einemtröpfelnden blutigen Nasenausfluss. Es handelt sich nicht umeinen soliden Tumor; nach chirurgischer Exzision entleert sichmeist eine sero-sanguinöse Flüssigkeit. DadieNeoplasie aufgrundihrer Lokalisation oft nur unvollständig entfernt werden kann,kommt es häufig zu Rezidiven. Eine Möglichkeit der chemischenVerödung besteht in der intratumoralen Injektion einer 4%igen gepufferten Formalinlösung [2].Transnasal endoskopisch ist zuweilen eine sogenannte eingefan-gene Epiglottis auffällig. Dabei umfängt die physiologischerweiseventral des Kehldeckels liegende Schleimhaut diesen nach dorsal.Im endoskopischen Bild ist dann weder die knorpelige Umran-dung noch die deutliche Gefäßzeichnung erkennbar, sondernein wulstig erscheinender Schleimhautüberzug verdeckt zumin-dest die lateralen Anteile des Kehldeckels. Bei der Exspirationkann es zur Aufblähung dieser Schleimhautfalte und somit Ver-engung des Atemtraktes kommen. Häufiger verursacht die einge-fangene Epiglottis allerdings eine Dysphagie mit Regurgitierendes Futters aus den Nüstern und die Futteraufnahme begleitendeHustenanfälle. Wichtigste Differenzialdiagnose stellt die Dorsal-verlagerung des weichen Gaumens dar. Das lange Gaumensegeldes Pferdes verdeckt dann die Epiglottis und es bildet sich eineV-förmige Falte. Diese Verlagerung kann intermittierend auftre-ten und wird häufig begleitend, z.B. bei den nicht seltenen ent-zündlichen Veränderungen in diesem Bereich, gesehen. Wie vieleEinengungen im Bereich der oberen Atemwege wird die Dorsal-verlagerung des Gaumensegels meist erst bei körperlicher Belas-tung symptomatisch. Vollblutpferde im Rennen erreichen Atem-stromstärken von bis zu 75 l/s und inspiratorisch subatmosphäri-sche Intrapleuraldrücke von – 30 cm H2O. Die nicht direkt Knor-pel oder Knochen anliegenden pharyngealen und laryngealenBereiche müssen aktiv weitgestellt bzw. unter Spannung gehal-

ten werden, um eine optimale Luftpassage in die Trachea zu ge-währleisten. Für die Diagnostik dynamischer Obstruktionen deroberen Atemwege werden Videos von Endoskopien genutzt, diewährend der körperlichen Belastung des Pferdes auf einem Lauf-band erstellt werden. Auch haben Endoskope, die während desReitens am Kopf des Tieres fixiert sind und Bilder aus Rachen-und Kehlkopfbereichen liefern, Marktreife erlangt. Eine Reihevon Kollapszuständen kann so differenziert werden. Im Fall derDorsalverlagerung des weichen Gaumens kann es durch die be-lastungsbedingten tieferen subatmosphärischen Drücke bei derInspiration zu einem Ansaugen des verlagerten Gaumensegelsbis unter das Pharynxdach kommen [3]. Dies führt zu einemkompletten Verschluss des Atemwegs und damit zur Leistungs-verweigerung des betroffenen Pferdes.

Abb. 1 Erkennbares kaudales Ende (*) des falschen Nasenlochs einesPferdes, da durch Atherom vorgewölbt.

Abb. 2 Endoskopie eines linksseitigen Luftsacks eines Pferdes. S: Stylo-hyoid. A: Arteria carotis interna. N: Nervenfalte, in der u.a. N. vagus,N. glossopharyngeus und N. hypoglossus verlaufen.

Workshop454

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Eine weitere häufige – und unter Umständen unter Belastung zueinem vollständigen Verschluss des Larynx führende – Verände-rung ist nerval bedingt. Aus unbekannten Gründen verlieren da-bei typischerweise die Axone des distalen Nervus laryngeus re-currens sinister ihre Myelinscheiden. Klinisch steht der Funk-tionsmangel des Musculus cricoarytenoideus dorsalis im Vorder-grund: der wichtigste Abduktor des linksseitigen Aryknorpelsatrophiert. Bereits in Ruhe kann dies zu einem in das Lumen derRima glottis hängenden Aryknorpel führen. Oft sind solche Ver-änderungen aber nur unter forcierter Atmung zu erkennen –

dann kann der spannungslose linke Aryknorpel während derInspiration soweit nach rechts verlagert werden, dass ein voll-ständiger Verschluss der Rima glottis resultiert. Aufgrund desbei Belastung entstehenden, oft charakteristisch pfeifenden, in-spiratorischen Atemgeräusches wird diese Erkrankung auch alsKehlkopfpfeifen des Pferdes bezeichnet.Als weitere anatomische Besonderheit der Equiden sei die starkeAusweitung der Ohrtrompete genannt, die als Luftsack (Diverti-culum tubae auditivae) bezeichnet wird. Diese bilateral symme-trisch ausgeprägten Höhlen haben bei erwachsenen Pferden einVolumen von jeweils ca. 500ml. Ihr Sinn wird darin gesehen, dieKopfbeweglichkeit zu verbessern. Zudem wird diskutiert ob siedazu beitragen, die bei körperlicher Hochleistung auf über 40°Cerhöhte Bluttemperatur zu mindern. Da die Carotiden direkt un-ter der Schleimhaut verlaufen bevor sie in die Schädelhöhle ein-treten, würde die Abkühlung des in ihnen pulsierenden Blutesdurch die umgebende Luft einen Schutz des Gehirns vor Über-wärmung bewirken. A. carotis interna, A. carotis externa undA. maxillaris verlaufen endoskopisch deutlich sichtbar direktunter der Mukosa, ebenso wie N. vagus und für den Schluckaktund die Kehlkopffunktion wichtige Kopfnerven (●" Abb. 2).Aufgrund ihrer Lokalisation sind diese Strukturen für Schädigun-gen infolge entzündlicher Erkrankungen der Schleimhaut prädis-poniert. An erster Stelle steht hier die Luftsackmykose, bei dervorwiegend Aspergillen die Arterienwand infiltrieren und zuhochgradiger Epistaxis bis hin zum Verbluten führen können. Li-gatur der betroffenen Arterien bzw. die Thrombosierung des ge-schädigten Arterienanteils über kathetergeleitete Platzierungvon Embolisaten kann zur vollständigen Abheilung der Mykoseführen [4]. Befallen die Pilze die subepithelial verlaufenden Ner-ven, so ist das klinische Zeichen meist eine Dysphagie.Da die in den Nasopharynx mündenden Luftsackklappen ober-halb des tiefsten Punktes der Luftsacklumina liegen, sammeltsich entzündliches Sekret hier oftmals an. Ein Luftsackempyembildet sich aufgrund fortgeleiteter bakterieller Infekte der respi-ratorischen Mukosa des Nasopharynx oder nach Abszedierungdes retropharyngealen Lymphknotens in den Luftsack hinein.Für diese Lymphadenitis ist meist Streptococcus equi subspeziesequi verantwortlich, der Erreger der Druse des Pferdes. Bei Fütte-rung vom Boden wird die Entleerung des Luftsackes erleichtert,da bei tiefer Kopfposition die Luftsacköffnung relativ zum Luft-sackboden günstiger liegt und sich beim Schluckakt die Luftsack-klappen öffnen. Verbleibt ein Empyem über längere Zeit, so kön-nen Konkremente entstehen, die endoskopisch mittels Körbchenoder offen chirurgisch entfernt werden müssen.Bei der Luftsacktympanie kommt es infolge einer genetischenDisposition [5] zu einer fehlerhaften Ausprägung der Luftsack-klappe. Bei dieser Erkrankung kann die Luft den Luftsack abernicht mehr verlassen, und er bläht sich nach außen sichtbar im-mermehr auf. Meist zeigt sich dann bereits im Fohlenalter äußer-lich eine prall luftgefüllte Umfangsvermehrung zwischen Unter-kiefer und Hals, die durch innere Kompression des Pharynx und

der oberen Trachea zu hochgradiger Dyspnoe führen kann. Da dieKlappen meist unterschiedlich stark verändert sind, ist das klini-sche Bild oft einseitig ausgeprägt. Eine elegante Therapie bestehtin der Laser-endoskopischen Fensterung der medianen Lamellezwischen den beiden Luftsäcken, so dass die Luft über die nichtoder weniger betroffene Seite entweichen kann [6].

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5 Zeitz A, Spötter A, Blazyczek I et al. Whole-genome scan for gutturalpouch tympany in Arabian and German warmblood horses. Anim Ge-net(epub) PMID 19703122. 24 Aug 2009

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BibliografieDOI 10.1055/s-0030-1255516Pneumologie 2010; 64; 443–455© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0934-8387

KorrespondenzadressePD Dr. Kerstin FeyKlinik für Pferde, Innere MedizinFrankfurter Str. 12635392 Gieß[email protected]

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