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LACZKOWSKA: Postoperative Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten 539 Zungenbeweglichkeit ab als vonder des Gaumens. Bei solchen F~llen wird deshalb eine Velopharyngoplastik nur wegen der SchluekstSrungen oder Otitisgefahr, aber keinesfalls wegen der Sprachst~irungen durch- gefiihrt werden. Zusammen/assend kann man daher sagen, da~ manehe StSrungen bei Gaumensegelinsuffizienzen zu vermeiden sind, wenn eine genaue friih- zeitige laryngologisehe -- phone~ische Untersuehung und Behandlung sehon friihzeitig bei Sehulkindern durehgefiihrt wird. Welters wird auf Gaumensegelinsuffizienzen im Alter hingewiesen. Literatur I~E, V. : Folia Phoniatrica. Separatum Vol. 10. No. 2. S. 119. Basel: S. Karger 1958. - - LANDOIS-P~osEMAlVN: Lehrbuch der Physiologie, 22. Aufl., S. 193. Berlin-Wien: Urban & Schwarzenberg 1942. --MlSSV~A, T.: Kongrel3bericht. Tagung der 0st. Oto-Lar. Ges. S. 128. Wien 1956. - - PICI~LE~-TRAu~ER: 1V[und und Kieferchirurgie. Wien: Urban & Sehwarzenberg 1948. -- SO~LA~DER, E., U. F. NEV~v.RGER:Mschr. Ohrenheilk. 89, 3. Heft, 191 (1955). -- ULLIK, R.: X]in. Med. (Wien). Sonderdruek aus 12, Heft 1, 19 (1957). - - ZINgieR, H.: Z. Stomat. 48, Heft 2, 58 (1951). 106. M. LACZK0WS~;A-Poznafi/Polen: Die postoperative Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (Mit 1 Textabbildnng) Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte stSrt den Kranken nicht nur in den zwei wichtigen Lebensfunktionen wie Schlucken und Sprechen, sondern auch in der vollen psychischen und intellektuellen Entwicklung. Sit kann aueh zu psychischen und mentalen Defekten fiihren. Bei einem Lippen-Kiefer-Gaumenspaltentrs der infolge seines Fehlers an einem 1Viindergefiihl teidet, kSnnen sieh noch andere Sprach- und Stimmfehler sowie andere funktionelle StSrungen entwickeln. Die Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist kein einfaehes Problem. Es ist das Lebens~lter des Operierten, das an erster Ste]le eine grol~e l%olle bei der Nachbehandlung spielt. Das Kleinkind, das vor dem 18. Lebensmonat operiert wird, kann auch ohne (~bung gut spreehen lernen. Die physiologische Atrophie und Involution der Gaumenmuskeln, vor allen Dingen des Levator veli palatini, finder in diesem Alter noeh nicht start, wie wir sie infolge Inaktivit~t beim i~lteren Gaumenspalten- tr/iger vorfinden. Ein Kleinkind, das vor der beendeten Sprachentwicklung operiert worden ist, hat sich noch keine fehlerhaften Sprechgewohnheiten an- gewShnt, die beim erwachsenen Gaumenspaltentrgger auch naeh der Operation fortbestehen. Das l%esnltat unserer Behandlung wird ferner yon dem Grad der Spaltung, der Schwere der Deformation und yore Ergebnis des 35*

Die postoperative Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten

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LACZKOWSKA: Postoperative Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten 539

Zungenbeweglichkeit ab als v o n d e r des Gaumens. Bei solchen F~llen wird deshalb eine Velopharyngoplastik nur wegen der SchluekstSrungen oder Otitisgefahr, aber keinesfalls wegen der Sprachst~irungen durch- gefiihrt werden.

Zusammen/assend kann man daher sagen, da~ manehe StSrungen bei Gaumensegelinsuffizienzen zu vermeiden sind, wenn eine genaue friih- zeitige laryngologisehe - - phone~ische Untersuehung und Behandlung sehon friihzeitig bei Sehulkindern durehgefiihrt wird. Welters wird auf Gaumensegelinsuffizienzen im Alter hingewiesen.

Literatur I ~ E , V. : Folia Phoniatrica. Separatum Vol. 10. No. 2. S. 119. Basel: S. Karger

1958. - - LANDOIS-P~osEMAlVN: Lehrbuch der Physiologie, 22. Aufl., S. 193. Berlin-Wien: Urban & Schwarzenberg 1942. --MlSSV~A, T.: Kongrel3bericht. Tagung der 0st. Oto-Lar. Ges. S. 128. Wien 1956. - - PICI~LE~-TRAu~ER: 1V[und und Kieferchirurgie. Wien: Urban & Sehwarzenberg 1948. - - SO~LA~DER, E., U. F. NEV~v.RGER: Mschr. Ohrenheilk. 89, 3. Heft, 191 (1955). - - ULLIK, R.: X]in. Med. (Wien). Sonderdruek aus 12, Heft 1, 19 (1957). - - ZINgieR, H.: Z. Stomat. 48, Heft 2, 58 (1951).

106. M. LACZK0WS~;A-Poznafi/Polen: Die postoperative Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (Mit 1 Textabbildnng)

Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte stSrt den Kranken nicht nur in den zwei wichtigen Lebensfunktionen wie Schlucken und Sprechen, sondern auch in der vollen psychischen und intellektuellen Entwicklung. Sit kann aueh zu psychischen und mentalen Defekten fiihren. Bei einem Lippen-Kiefer-Gaumenspaltentrs der infolge seines Fehlers an einem 1Viindergefiihl teidet, kSnnen sieh noch andere Sprach- und Stimmfehler sowie andere funktionelle StSrungen entwickeln.

Die Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist kein einfaehes Problem.

Es ist das Lebens~lter des Operierten, das an erster Ste]le eine grol~e l%olle bei der Nachbehandlung spielt. Das Kleinkind, das vor dem 18. Lebensmonat operiert wird, kann auch ohne (~bung gut spreehen lernen. Die physiologische Atrophie und Involution der Gaumenmuskeln, vor allen Dingen des Levator veli palatini, finder in diesem Alter noeh nicht start, wie wir sie infolge Inaktivit~t beim i~lteren Gaumenspalten- tr/iger vorfinden.

Ein Kleinkind, das vor der beendeten Sprachentwicklung operiert worden ist, hat sich noch keine fehlerhaften Sprechgewohnheiten an- gewShnt, die beim erwachsenen Gaumenspaltentrgger auch naeh der Operation fortbestehen.

Das l%esnltat unserer Behandlung wird ferner yon dem Grad der Spaltung, der Schwere der Deformation und yore Ergebnis des

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chirurgischen Eingriffes abh/ingen. In vielen F/illen ist es jedoch un- m6glich, trotz der besten chirurgischen Therapie giinstige anatomische Verh/~ltnisse fiir die Entwicklung der Sprache zu erzielen.

Auch der Zeitpunkt, warm wir mit der l~ehabflitation anfangen, spielt eine groBe Rolle.

Von grSftter Bedeutung ist auch das Geh5r, sowie die Gesundheit und allgemeine Lebenskraft des Kindes, sowie auch seine Intelligenz,

Geschicklichkeit and die Leistungsf/~higkeit der Muskelkoordina- tion. Die guten sprach- lichen Vorbilder sowie die Intelligenz der Um- gebung des Kindes sind ebenfalls unerl/fftliche Voraussetzungen ffir das Erlernen einer rich- tigen Sprache.

Diese Momente ha- ben die Basis fiir die Griindung eines l~eha- bflitationszentrums fiir Lippen-Kiefer-Gaumen- spalten gcschaffen, das vor 5 Jahren in Poznafi gegriindet wurde und sich aus folgendem Team znsammensetzt: 1. Ein Otorhinolaryn- gologe and Phoniater als Leiter; 2. ein Chir- urg; 3. ein Orthodont;

Abb. I a 4. ein Kinderarzt; 5. Abb. 1 a u. b. ]~5ntgenaufn~hme einer submukbsen G~uraenspalte bei einem 7j~hrigenM~dchen. Ein kurzes unausgebildetesVelum, e i n Kinderpsychiater; a im l~uhezustanCI des Velum; b w/ihre:td der Artikulation des 6 . e i n ~ : ) s y e h o l o g e ; 7 . e i n

isolierten Vokals ,,A" auf TonhOhe c: 256 ~ z Phonetiker, Dozent der

Sprachwissenschaften; 8. und Sprachtherapeuten, Assistenten der Spraeh- wissenschaften. Fast alle ~i tarbei ter sind an betreffenden Universit/~ts- fakult/~ten und Universit/itskliniken angestellt, wo die nStigen Unter- suchungen ausgefiihrt werden. Es werden Konferenzen des ganzen Teams abgehalten, wo der Verlauf und das Programm der Behandlung der betreffenden F/~l]e besprochen wird. Den Eltern wird yon den Er- folgen der Behandlung ausfiihrlich and ausgiebig Bericht erstattet.

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Postoperetive Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten 541

Diese koordinierte Zusammenarbeit erMchter t uns das Bestreben, beste Erfolge in kfirzester Zeit zu erzielen.

Unser Krankengut betrifft 250 Kranke - - 130 c~ - - 120 9. I m Alter yon 3 - -5 Jahren 69, yon 5--10 Jahren 83, yon 10--15 Jahren 46, yon 15--20 Jahren 19, fiber 20 Jahre 33 F~lle.

Die Gesamtheit nnseres Krankengutes teilen wit nach der Lokali- sation der Spalten und nach dem Geschlecht folgendermM~en ein, wie es die Tabelle (S. 542) zeigt.

]3ei der Gruppe der durchgehenden Lippen- Kiefer - Gaumenspa l t en wurden yon 56 Kran- ken Audiogramme auf- genommen. Nur in 5 F~llen stellte man eine Otitis media ehro- nica lest. In den meisten F~llen land man ein katarrhaliseh eingezo- genes Trommelfel].

In der Gruppe der Spalten des weiehen and barren Gaumens wurden 46 l~glle audiometriseh untersucht.

In der Gruppe der submuk6sen Gaumen- spalte wurden bei 8 Kranken, bei der Gruppe der isolierten Lippen- spa]re in 5 F/~]]en Audio- gramme ausgeffihrt. Die AbD.1 b restlichen F~lle konnten mi t R/icksicht auf das jugendliche Alter und die Intelligenz der Kranken nieht audiometriseh untersucht werden. In den meisten F~llen handeIte es sieh um einen kontinuierlichen Luft- wie Knoehenkurvenabfall yon den tiefen zu den hohen Frequenzen, in einzelnen F~llen auch horizontal symmetrisch ffir beide Seiten.

Zu phonetisehen Untersuehungszwecken werden die Spraehproben im phonetisehen Ins t i tu t auf Rekordplat ten aufgenommen.

Es wird aueh die Klanganalyse ira akustischen Ins t i tu t durchgefiihrt. Chirurgiseh sind ungef~hr 1000 F/ille behandelt worden nach der modi- fizierten iV[ethode nach WAss~Iv~D nnd einer eigenen 1YIethode der Xieferplastik (nach SUWALSXI). Seit einem Jahr wurden ungef//~hr

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542 LACZKOWSXA: Postoperative Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten

Tabelle A. Durchgehende Lippen-Kiefer-Gaumenspalten

1. bilaterale 18 c? q- 11 9 = 29

C.

E.

2. reehtsseitige 3. linksseitige 4. in der Mittellinie der Oberlippe

69 Spalten des weiehen Gaumens 31

Spalten des weiehen und harten Gau- mens bis zum Foramen ineisivum 18

Die submuk6se Gaumenspalte 10

Die isolierte Lippenspalte 1. linksseitige 1 2. reeh~sseitige 1 3. bilaterale

1 9 4 + 5 9 = 24 3 2 6 ' + 1 8 9 = 50

1 9 = 1

3 35 ? = 104 3 @ 41 9 = 72

3 + 32 9 = 50

4 + 7 9 = 17

3 + 4 9 = 5 3 = 1

1 9 = I

7

25O

70 F/~lle nach SOHW~CKENDIEK operiert. Die bilateralen durchgehenden Lippen-Kiefer-Gaumenspalten bei Kleinkindern in den ersten Lebens- monaten warden nach tIX~PL behandelt.

Orthodontiseh wurden 258 ~//lle untersueht. Unter den Kiefer- anomalien ist die UnterentwieMung des Oberkiefers an erster Stelle zu erwghnen. An zweiter Stelle erwghnen wir den KreuzbiB. Die letzte Anomalie land man vor allen Dingen bei den einseitigen durchgehenden Lippen-Kiefer-Gaumenspalten bei Kindern.

Zu psyehologisehen Untersuehungen warden die Tesge yon RoB- s o l a c e , RAV~N und KOHS benu~zt.

Vom Velum warden R6ntgenogramme aufgenommen. Als Beispiele der Schichtenaufnahmen mSgen R6ntgenogramme der

folgenden Versuchspersonen dienen. Von jeder Person werden 2 RSnt- genogramme ausgefiihrt: eins im Ruhezustand des Velum und eins wghrend der Artikulation des isolierten Vokals ,,A" auf Tonh6he % 256 Itz (Projektion yon l0 RS-Bildern).

AuBer den oben erw/itmten Untersuchungsmethoden w//ren noch die Kinema~ographie, Messungen des nasopharyngealen Isthmus, die Chrona- xometrie des Gaumens und des Pharynx sowie die Endoskopie angezeigt.

Zusammen/assung Es wird die Naehbehandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten in

einem Rehabilitationszentrum, das sich aus mehreren Faeh/irzten und Spraehtherapeuten zusammensetzt, besprochen. Es warden RSntgen- aufnahmen des Ve]ums der betreffenden Spaltengruppen demonstriert.

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W. SCHLOB~AVF~R: Sprache, Geh6r und Motorik 543

Dislcussion zu Vortrag 106

H. J. DENECKE-Heidelberg. ]3eim VerschluB des Gaumens ist loostoperativ das Beheben der Rhinolalia aloerta ein Problem, besonders dann, werm bei noch so guter Technik das zur Verfiigung stehende Material zur Verl~ngerung des weichen Gaumens nicht ausreieht. Ich habe deshalb die Methode yon vo~ G~z~ wieder auf- gegrfffen und sie bei Erwachsenen erfo]greich angewendet. Die Untersuchung mit der KieferhShlenoptik yon der l~ase aus muB zeigen, dab beim Phonieren der VerschluB nicht vollstandig ist. Schwindet dann die Rhinolalia bei Injektion yon KochsalzlSsung unter die Schleimhaut der hinteren Rachenwand, dann ist die Methode der retroloharyngealen Imlolanta~ion geeignet und wird vielen Patienten, die zwar erfolgreich an Gaumenspalten operiert sind, aber an Rhino]alia aperta leiden, helfen k6nnen. Die Nasenatmung ist danach gut.

107. W. SCHLORUAtWER-Innsbruck: Sprache, Gehiir und Motorik (Untersuchungen an Taubstummen)

Wenn ieh meinen kurzen Ausf/ihrungen den Titel Spraehe, Geh6r und Motorik gegeben habe, so meine ich damit natiirlich die Zusammen- h/~nge, die als solehe sehon ]/~ngs~ bekannt sind und lediglick unter einem neuen Gesichtspunk~ gesehen werden soHen.

Die Sprache und das GehSr zu definieren, erscheint mir als fiber- flfissig; nieht so verh~l~ es sieh mit der ~otorik, die vielleicht doeh manchem als Frageste]lung und Begriff fremd sein mag. Unter Motorik versteht man die Struktur der Bewegungsfunktionen; einfaeher, aber leider auch nieht so pr/izise, k6nnte man die Motorik auch als Summe der Bewegungs//ui3erungen auffassen. Ich mSchte die kurze Zeitspanne, die mir zur Verfiigung steht, nicht mit Literaturangaben zu diesem Themenkomplex belasten. Was aber notwendigerweise einleitend noch gesagt werden muir, das ist der Umstand, dal~ der Titel (Spraehe - - Ge- h6r - - Motorik) die Vorstel]ung yon einem Funktionsdreieek vermitbelt, das uns bier besonders interessiert~ das ~ber einer Erweiterung und Er- g//nzung bedarf, weft in dieser Gesamtbeziehung auch der Intellekt eine wesentliche Rolle spielt. Die Vorste]lung des Dreieckes mul~ also zum Viereck erweitert werden.

Die Zusammenh//nge, wie ieh sie darzustellen versuche, berUhen auf Untersuchungen an Taubstummen, d .h . an Z6g]ingen einer Taub- stummenanstalt. Es wurde dabei so vorgegangen, dal] alle Kinder naeh audiometriseher Bestimmung ihres RestgehSrs und Einteilung in eine der drei Esehweilersehen Grnppen einer Reihe yon motorischen Testen unterworfen wurden, wie sie OSERETZKY einstmals angegeben hat und wie sie yon :LucttSINGER modifiziert zur Prfifung tier Feinmotorik bei spraehgestSrten Kindern angewandt wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden dann mit mathematiseh-statistisehen Methoden