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Albrecht v. Graefes Arch. kiln. exp. Ophthal. Graefes Archiv 206, 183-190 (1978) fOrklinische undexperimentele Ophthalmologie by Springer-Verlag 1978 Die ReiBfestigkeit der menschlichen Zonula und ihre Abhiingigkeit vom Lebensalter* W. Buschmann, D. Linnert, W. Hofmann und A. Gross Augenklinik der Julius-Maximilians-Universit~it Wfirzburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c.W. Leydhecker), Josef-Schneider-Str. 11, D-8700 Wiirzburg, Bundesrepublik Deutschland The Tensile Strength of Human Zonule and Its Alteration with Age Summary. A series of 91 cryoextractions was performed on autopsy material. The scleral section was placed near to the chamber angle and was nearly circumferential (about 3 30~ Cornea and adjacent sclera could be flapped over this way, and did not interfere with a straightforward lens extraction. The pupil was medically dilated. A cryoprobe was fixed to a specially con- structed scale, and frozen to the anterior pole of the lens. Its weight was counter- balanced by a plastic water container at the other end of the scale. The extraction was performed by filling additional water into the counterbalancing container. The statistical evaluation of the results showed a very significant dependence of the average tensile strength on age. However, a considerable standard deviation was found throughout all ages. The nutritional state of the autopsy bodies and the time interval between death and start of the measurement had no significant influence. The differences between right and left eyes were also not signifincant, as could be expected. The methodological error remained small. Age proved to be an unreliable indicator for the tensile strength of the zonule. All results apply to clear lenses. We know from clinical experience that the tenacity of the zonule may also be different in the various types of cataract. Zusammenfassung. An Sektionsmaterial wurden 91 Kryoextraktionen klarer Linsen ausgefiihrt. Der sklerale Schnitt wurde in den Kammerwinkel gelegt und umfagte etwa 330 ~ Die Hornhaut mit der anh/ingenden Sklera konnte dadurch ganz zur Seite geklappt werden und behinderte eine Extraktion in Richtung der Verl~ngerung der optischen Achse nicht. Die Pupillen haben wir medika- ment/Ss erweitert. Die Kryosonde wurde am vorderen Linsenpol angefroren; sie war an einem Waagebalken befestigt, dessen anderes Ende als Gegengewicht Auszugsweise vorgetragen auf der Tagung der Association for Eye Research am 13.07.77 in Bonn 0065-6100/78/0206/0183/$ 01.60

Die Reißfestigkeit der menschlichen Zonula und ihre Abhängigkeit vom Lebensalter

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Albrecht v. Graefes Arch. kiln. exp. Ophthal. Graefes Archiv 206, 183-190 (1978) fOrklinische undexperimentelle

Ophthalmologie �9 by Springer-Verlag 1978

Die ReiBfestigkeit der menschlichen Zonula und ihre Abhiingigkeit vom Lebensalter*

W. Buschmann, D. Linnert, W. Hofmann und A. Gross

Augenklinik der Julius-Maximilians-Universit~it Wfirzburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c.W. Leydhecker), Josef-Schneider-Str. 11, D-8700 Wiirzburg, Bundesrepublik Deutschland

The Tensile Strength of Human Zonule and Its Alteration with Age

Summary. A series of 91 cryoextractions was performed on autopsy material. The scleral section was placed near to the chamber angle and was nearly circumferential (about 3 30~ Cornea and adjacent sclera could be flapped over this way, and did not interfere with a straightforward lens extraction. The pupil was medically dilated. A cryoprobe was fixed to a specially con- structed scale, and frozen to the anterior pole of the lens. Its weight was counter- balanced by a plastic water container at the other end of the scale. The extraction was performed by filling additional water into the counterbalancing container. The statistical evaluation of the results showed a very significant dependence of the average tensile strength on age. However, a considerable standard deviation was found throughout all ages. The nutrit ional state of the autopsy bodies and the time interval between death and start of the measurement had no significant influence. The differences between right and left eyes were also not signifincant, as could be expected. The methodological error remained small. Age proved to be an unreliable indicator for the tensile strength of the zonule. All results apply to clear lenses. We know from clinical experience that the tenacity of the zonule may also be different in the various types of cataract.

Zusammenfassung. An Sektionsmaterial wurden 91 Kryoextrakt ionen klarer Linsen ausgefiihrt. Der sklerale Schnitt wurde in den Kammerwinkel gelegt und umfagte etwa 330 ~ Die Hornhaut mit der anh/ingenden Sklera konnte dadurch ganz zur Seite geklappt werden und behinderte eine Extraktion in Richtung der Verl~ngerung der optischen Achse nicht. Die Pupillen haben wir medika- ment/Ss erweitert. Die Kryosonde wurde am vorderen Linsenpol angefroren; sie war an einem Waagebalken befestigt, dessen anderes Ende als Gegengewicht

Auszugsweise vorgetragen auf der Tagung der Association for Eye Research am 13.07.77 in Bonn

0065-6100/78/0206/0183/$ 01.60

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einen WasserbeMlter trug. Die Extraktion erfolgte durch Wasserzugabe in diesen BeMlter. Die notwendige zus/itzliche Wassermenge diente als Marl fiir die Reig- festigkeit der Zonula. Die durchschnittliche Reigfestigkeit der Zonula nahm hoch signi.fikant mit dem Lebensalter ab. Die Standardabweichung war aber in allen Lebensaltern sehr grog. Zwischen rechten und linken Augen wurde kein signifi- kanter Unterschied gefunden. Der methodische Fehler erwies sich als klein. Er- n~ihrungszustand und Zeitintervall zwischen Tod und Versuchsbeginn batten keinen signifikanten Einflug. Das Lebensalter allein erwies sich als unzuver- l~issiger Indikator ffir die Reigfestigkeit der Zonula. Die Ergebnisse gelten ffir klare Linsen. Aus der klinischen Erfahrung ist bekannt, dag die verschiedenen Kataraktformen die Reigfestigkeit der Zonula in unterschiedlichem Ausmag beeinflussen.

Aus den klinischen Erfahrungen bei Katarakt-Operationen ist bekannt, dag die Reig- festigkeit der menschlichen Zonula mit dem Lebensalter abnimmt. Franqois (1975) hilt daher die enzymatische Zonulolyse jenseits des 50., zumindest aber des 60. Le- bensjahres fiir fiberflfissig. Augerdem wird allgemein eine Abh~ingigkeit der Reigfestig- keit vom Ern/ihrungs- und Gesundheitszustand sowie yon der Art und Reife einer Katarakt angenommen (Vail, 1957). Ausnahmsweise kann die ZonuIa jedoch auch in hohem Alter noch sehr fest sein; andererseits finder man mitunter bei 35- bis 40- j~ihrigen Patienten eine geringe Reigfestigkeit, z.B. bei Dinitrophenol-Katarakt (Vail, 1952; Hofmann, 1963). Wollensak (1965) nimmt an, dag sich im Alter die qualitative bzw. quantitative Zusammensetzung der Mucopolysaccharide der Zonula ~indert und dadurch die Festigkeit nachl~igt.

In einer Versuchsreihe haben wir klare Linsen menschlicher Augen (Sektions- material) extrahiert. W~ihrend der Extraktion wurde die Reigfestigkeit der Zonula gemessen. Wir wollten auf diese Weise einige weitere Informationen fiber die Alters- abMngigkeit und die Variationsbreite gewinnen. Dazu konnten wir im Schrifttum nur wenige Berichte finden. Pflugk (1932) hat die Elastizitit und die Reigfestigkeit mensch- licher Zonulafasern an Stricken yon 2 mm L~nge und 5 mm Breite gemessen, die yon 20- bis 30j~ihrigen stammten. Er benutzte das Meggeriit ,,Deforden", das in der Textil- industrie fiir Messungen an Textilfasern verwendet wird. Er fand eine Belastbarkeits- grenze yon etwa 4 g ffir die beschriebenen Stiicke. Calderaro (1917) ben6tigte beim Auge eines Kindes eine Belastung yon 100 g und bei Augen von Erwachsenen 60 g, um die Zonula zu zerreigen. Harrington (1949) fiihrte eine Messung mit dem Baillart- Dynamometer an einem menschlichen Auge (frisches Sektionsmaterial) aus und be- n6tigte 40 g Federdruck, um eine Ruptur der Zonulafasern in der unteren Zirkum- ferenz und eine Dislokation der Linse zu erzielen. - Nach McCuUoch (1954), Vail (1952) und Bornfeld, Spitznas et al. nimmt die Zahl der Zonulafasern mit dem Alter ab. Maumenee und Barraquer haben einen Erysiphak aufgesetzt und mit Gewichten belastet, um einen Magstab fiir die Reigfestigkeit der Zonula zu gewinnen (Boyd, 1959). Hofmann und Lembeck (1959) konstruierten eine Vorrichtung, mit welcher sie einen gleichbleibenden Druck auf den Bulbus ausfiben konnten. Sie haben die Zeit gemessen, die bei verschiedenen Fermentl6sungen bis zur Ruptur der Zonula verging.

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Abb. 1. (Buschmann et al.): Kryoextraktor am Waagebalken, am anderen Ende der Wasserbe- h~tlter als Gegengewicht. Der Gewichtsverlust der Freon-Ampulle wurde beriicksichtigt

Die Reigfestigkeit der Linsenkapsel wurde von Fisher (1969a) gemessen, ein- schlieglich der Abh~ingigkeit vom Lebensalter. Fisher (1969b, 1977) hat auch die zur Verformung der Linse bei der Akkornmodat ion erforderlichen Kr~ifte experi- mentell und rechnerisch untersucht. Bei Jugendlichen sind danach 1,0 x 10 -2 N for die maximale Akkommodat ion erforderlich (fOr die zurn Lesen ben6tigten 3,5 dpt jedoch nur 0,05 x 10 -2 N); nach dem 30. Lebensjahr steigt die for die rnaxirnale Akkornmodat ion n6tige Kraft etwa zurn 50. Lebensjahr stetig an. Der Ciliarmuskel ist dann um etwa 50 % kr//ftiger als in der Jugend (dies hat jedoch keine entsprechen- de Zunahme der Ampli tude bei Akkomrnodat ion zur Folge, die Linse setzt der Ver- formung dann gr6geren Widerstand entgegen).

Material und Methode

Wir entschieden uns ftir die Verwendung eines Kryoextraktors. Dieser wurde an einem speziell hierfiir konstruierten Waagebalken befestigt (Abb. 1). Eine ~ihnliche Methode verwendeten Mayer und Rix (1971) urn den Einflug yon Alphachymotrypsin auf die Reigfestigkeit der Zonula bei K/ilber- und Rinderaugen zu bestimmen. Als Gegengewicht verwendeten wir einen WasserbeMlter aus Plastik. Die Lidspalte wurde durch einen Barraquer-Lidhalter offengehalten. Die Cornea und die angrenzende Sklera entfernten wir durch einen im Kammerwinkel angelegten skleralen Schnitt von etwa 330 ~ soweit, dag der Corneosklerallappen zur Seite umgelegt werden konnte und die Linsenextrak- tion nicht behinderte. Die Pupille wurde mit Atropin- und Adrenalintropfen erweitert. Einige Fitlle mugten verworfen werden, weil eine ausreichende Pupillenerweiterung

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Abb. 2. (Buschmann et al.): Messung der Reigfestigkeit der Zonula; a Beginn der Zugbelastung, b st~rkere Zugbelastung in axiater Richtung, e Abrig und Extraktion der Linse (hier beginnende Autolyse des Pigmentblattes erkennbar)

nicht mehr gelang. Im Gegensatz zur Kataraktchirurgie wurde der Kryoextraktor am vorderen Pol der Linse angefroren und die Linse wurde ohne jede Drehbewegung nach vorn (d.h. in Verl~ingerung der optischen Achse des Auges) extrahiert. Wihrend der Extraktionsbewegung wurde der Kryoextraktor nicht mit der Hand berfihrt. Die Extraktionsbewegung erfolgte vielmehr nur dadurch, dag nach dem Anfrieren der Kryosonde zus~itzlich Wasser in den BeMlter gegeben wurde, der als Gegengewicht am Waagebalken hing (Abb. 2). Der Zustrom betrug etwa 1 cm3/sec. Dieser Zustrom wurde sofort unterbrochen, wenn die Zonula rig. Die zugefiigte Wassermenge wurde als Mag fiir die Reigfestigkeit genommen. Mit dieser Extraktionsmethode versuchten wir im Gegensatz zur Kataraktchirurgie die Zonulafasern im gesamten Umfang mSg- lichst gleichzeitig abzureigen. Das erschien uns zur Erzielung vergleichbarer Melgwerte notwendig. Wenn m6glich, wurden die Messungen an beiden Augen desselben Objektes vorgenommen. Der paarweise Vergleich der Ergebnisse vom rechten und linken Auge diente uns zur AbscMtzung des methodischen Fehlers, denn normalerweise kann man erwarten, dag beide Augen eines Individuums etwa die gleiche Reigfestigkeit der Zonula aufweisen.

Die Empfindlichkeit der vollst~indigen Mefgvorrichtung war besser als +- 1 g. Insge- samt wurden 91 Linsenextraktionen an 54 Leichen ausgeffihrt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse wurden im Rechenzentrum der Universitiit Wtirzburg statistisch ausgewertet (t-Test nach Student) 1 . Die Abnahme der Reigfestigkeit rnit dem Lebens-

1 Fiir Beratung und Mitwirkung danken wir Frau Dr. Haubitz, Rechenzentrum der Universitg.t Wiirzburg

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Abb. 3. (Buschmann et al.): Abhiingigkeit der Reilgfestigkeit der Zonula vom Lebensalter (Mittelwert und Standardabweichung). 49 rechte Augen. 95 % aller Fiille liegen innerhalb der angegebenen Grenzen. Vertikal: Zugbelastung in Pond. Horizontal: Lebensalter

Abb. 4. (Buschmann et al.): Abhiingigkeit der Rei6festigkeit der Zonulafasern vom Lebensalter. Siehe Erliiuterungen bei Abbildung 3. Ergebnisse bei 42 linken Augen. Vertikal: Zugbelastung der Zonula in Pond. Horizontal: Lebensalter

alter erwies sich als hoch signifikant, gepriift fiir 99,5 % Wahrscheinlichkeit. Wit z6gern jedoch, diese Prozentzahlen zu benutzen, weil wir weniger als 100 Augen gemessen haben. Statistisch mugte die Gesamtzahl yon 91 Augen in die 49 rechten und die 42 linken Augen aufgeteilt werden, well das zweite Auge desselben Individuums statistisch nicht als ein v611ig unabMngiges neues Objekt behandelt werden kann. Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse fiir die 49 rechten Augen, Abbildung 4 die Resultate bei den 42 linken Augen. Zus~ttzlich zu der Abnahme der Reigfestigkeit mit dem Lebensalter lassen die Diagramme die betr~iehtliche Standardabweichung erkennen, die in jedem Lebensalter gefunden wurde. Das best/itigt die klinischen Erfahrungen auf die ein- gangs hingewiesen wurde. In der Gruppe der 80j~thrigen kann man Patienten finden, bei denen die Rei@festigkeit der Zonula dem Durchschnittswert der 30- bis 40j~ihrigen entspricht.

Hinsichtlich des Ern~ihrungszustandes wurden die F~ille nach dem ~iugeren Aspekt grob unterteilt in hager - normal - adip6s. In einer ersten Auswertung lieg sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Erniihrungszustand und Reigfestigkeit nachwei- sen. Eine eingehendere Auswertung hierzu bleibt einer sp/iteren Arbeit vorbehalten (Hofmann, W.).

Wir prtiften auch, ob die Zeit zwischen Eintritt des Todes und Beginn der experi- mentellen Messung die Ergebnisse beeinflugte. Statistisch lie6 sich zu unserer Ober- raschung kein Einflug nachweisen, obwohl diese Zeitspanne zwischen 3 h und 48 h variierte. Diese Frage bedarf weiterer Untersuchungen. Es kann sein, dag ein statistisch gesicherter Einflug dieser Zeitunterschiede nicht gefunden wurde, weil alle Augen mit nicht mehr erweiterungsfiihiger Pupille vonder Versuchsreihe ausgeschlossen wurden.

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Abb. 5. Schematische Darstellung des Verlaufes der Zonulafasern (nach Rohen und Rentsch)

F~lle mit erheblicher Autolyse wurden wahrscheinlich dadurch ausgesondert. Die Lagerungstemperatur betrug etwa 18 ~ C, ein Kiihlhaus stand nicht zur Verfiigung.

Der Vergleich aller rechten und linken Augen ergab ebenfalls keinen signifikanten Unterschied. Das war zu erwarten. Bei 39 Leichen konnten beidseitge Linsenextrak- tionen ausgefiihrt werden. Beim paarweisen Vergleich der rechten und linken Augen derselben Individuen wurde ein mittlerer Seitenunterschied von 4,0 g gefunden (Stan- dardabweichung 3,8 g). Wenn man annimmt, dag beide Augen desselben Individuums das gleiche Megergebnis bieten sollten, kann man diese Werte als Obergrenze des methodischen Fehlers betrachten.

In zwei weiteren F~illen benutzten wir Alphachymotrypsin beim zweiten Auge. Die Konzentration (1:8000) und das Zeitintervall (3 min) zwischen Instillation und Beginn der Extraktion wurden so gewghlt, wie wir sie in der Kataraktchirurgie ver- wenden. Da die K6rpertemperatur in diesen Versuchen jedoch erheblich niedriger war, mugten wir mit deutlich geringerer Enzymaktividit rechnen. Trotzdem ergab sich, dag die Reigfestigkeit der Zonula beim zweiten Auge im ersten Fall um 24 g niedriger war als am ersten Auge; beim zweiten Fall betrug die Differenz 15 g.

Soweit diese zwei Versuche eine Beurteilung erlauben, war der Einflug des Alphachymotrypsins auf die Reigfestigkeit der. Zonulafasern somit recht erheblich. Mayer und Rix (1971) fanden bei Messungen an Augen yon K~ilbern und Rindern eine weir geringere Wirkung yon Alphachymotrypsin auf die Reigfestigkeit der Zonula.

Diskussion

Die signifikante Abnahme der Durchschnittswerte der Reigfestigkeit mit dem Lebens- alter war zu erwarten. Klinisch wichtiger ist jedoch die betdichtliche Standardabweichung, die auch im hohen Alter vorliegt. Wir sind in einer wenig gliicklichen Lage, wenn wit die Reigfestigkeit der Zonula lediglich anhand des Lebensalters abscMtzen mtissen.

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Weitere Kriterien w~ren sehr willkommen. Der Ern/ihrungszustand erwies sich nach unseren bisherigen Ergebnissen jedoch nicht als geeignete weitere Gr6fge.

Es mug hervorgehoben werden, dag diese Ergebnisse sich auf klare Linsen be- ziehen. Aus den Erfahrungen bei Staroperationen ist bekannt, dag die Reigfestigkeit der Zonula bei den verschiedenen Kataraktformen Unterschiede aufweist.

Die anatomischen Untersuchungen yon Rohen (1969) (Abb. 5) und die Versuche von Coleman (1970) ergaben, dag die kriftigen Haltefasern der Zonula an der Ora serata ansetzen. ZusammenMnge mit der Aphakie-Ablatio liegen nahe.

Die in Abbildung 3 und 4 dargestellten, zum Zerreigen der Zonula erforderlichen Zugkraftwerte lagen etwa bei 10 bis 40 p; sie sind damit um das zehn- bis vierzigfache h6her als die yon Fisher (1977) ftir die maximale Akkommodation ermittelten Werte.

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Eingegangen am 29. Juli 1977