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Aus der Medizinisehen Universitgtsklinik zu Leipzig. (Direktor: Prof. Dr. Morawitz.) Die Resorption von Farbstoffen durch die Magenschleimhaut. Mikroskopische Untersuchungen am lebenden Tier. Von Norbert Henning. Mit 2 Textabbfldungen. (Eingegangen am 20. III. 1932.) In frttheren Untersuchungen 1 wurde die Ausscheidung yon Farb- stoffen durch die !~agenschleimhaut des lebenden Frosches milcrosko- pisch beobachtet. Eine Reihe yon Gesetzm~tBigkeiten konnte festgelegt werden, auf die im Zusammenhang mit den vorliegenden Befunden hin- gewiesen werden soil. Da sich herausstellte, dab die verwendete Unter- suchungsmethode eine nahezu ideale Form mikroskopischer Lebendbeob- aehtung darstellte, lag es nahe, aueh die Aufnahme yon Farbstoffen aus dem 1V[agenlumen mikroskopisch zu verfolgen. Derartige Untersuchungen liegen, soweit dem Verfasser bekannt, bisher nicht vor. Dagegen haben rich verschiedene Autoren mit F~rbungsversuchen an mikroskopischen Sehnitten besehhftigt. So fanden Edinger 2, OppelS und Langley ~, da~ die Labzelle yon Fischen, 01men, FrSsehen und Molchen dutch Osmiums~ure gebr~unt oder geschw~rzt werden. Nu~baum 5 beobaehtete das- selbe Phgnomen bei den Belegzellen yon Si~ugetieren. Silbernitrat wird dutch dieselben Zellen ebenfalls gebrgunt (Greenwo0 d6, GroebbelsT). ~Iit ~hn- lichen Versuchen besehgftigten rich Unna s, Groebbels 7 sowie R. Keller 9. 1 Eenning: Arch. f. exper. Path. 185, 191 (1932). 2 Edinger: Arch. mikrosk. Anat. 1~, 651 (1877). a Oppel: Ebenda 34, 511 (1899). 4 Langley: J. of Physiol. 2 (1879); ] (1882); 10 (1889). Internat. Mselg. 1 (1884). 5 Nul~baum: Arch. mikrosk. Anat. 13 (1877); 15 (1878); 16 (1879); 21 (1882). Greenwood: J. of Physiol. 5, 195 (1885). 7 Groebbels: ttandbueh der normalenundpathologischenPhysiologie. Berlin1927. s Unna: Handbuch der biologisehen Arbeitsmethode. Abt. 5, 1, 2, It. 1 (1921). 9 Keller, R.: Biochem. Z. 214, 395 (1929).

Die Resorption von Farbstoffen durch die Magenschleimhaut

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Page 1: Die Resorption von Farbstoffen durch die Magenschleimhaut

Aus der Medizinisehen Universitgtsklinik zu Leipzig. (Direktor: Prof. Dr. Morawitz.)

Die R e s o r p t i o n von Farbs to f fen durch die Magenschle imhaut .

Mik roskop i s che U n t e r s u c h u n g e n am l ebenden Tier.

Von

Norbert Henning. Mit 2 Textabbfldungen.

(Eingegangen am 20. III. 1932.)

In frttheren Untersuchungen 1 wurde die Ausscheidung yon Farb- stoffen durch die !~agenschleimhaut des lebenden Frosches milcrosko- pisch beobachtet. Eine Reihe yon Gesetzm~tBigkeiten konnte festgelegt werden, auf die im Zusammenhang mit den vorliegenden Befunden hin- gewiesen werden soil. Da sich herausstellte, dab die verwendete Unter- suchungsmethode eine nahezu ideale Form mikroskopischer Lebendbeob- aehtung darstellte, lag es nahe, aueh die Aufnahme yon Farbstoffen aus dem 1V[agenlumen mikroskopisch zu verfolgen. Derartige Untersuchungen liegen, soweit dem Verfasser bekannt, bisher nicht vor.

Dagegen haben rich verschiedene Autoren mit F~rbungsversuchen an mikroskopischen Sehnitten besehhftigt. So fanden Edinger 2, OppelS und Langley ~, da~ die Labzelle yon Fischen, 01men, FrSsehen und Molchen dutch Osmiums~ure gebr~unt oder geschw~rzt werden. Nu~baum 5 beobaehtete das- selbe Phgnomen bei den Belegzellen yon Si~ugetieren. Silbernitrat wird dutch dieselben Zellen ebenfalls gebrgunt (Greenwo0 d6, GroebbelsT). ~Iit ~hn- lichen Versuchen besehgftigten rich Unna s, Groebbels 7 sowie R. Keller 9.

1 E e n n i n g : Arch. f. exper. Path. 185, 191 (1932). 2 Ed inger : Arch. mikrosk. Anat. 1~, 651 (1877). a Oppel: Ebenda 34, 511 (1899). 4 Langley : J. of Physiol. 2 (1879); ] (1882); 10 (1889). Internat. Mselg. 1 (1884). 5 Nul~baum: Arch. mikrosk. Anat. 13 (1877); 15 (1878); 16 (1879); 21 (1882).

Greenwood: J. of Physiol. 5, 195 (1885). 7 Groebbels : ttandbueh der normalenundpathologischenPhysiologie. Berlin1927. s Unna : Handbuch der biologisehen Arbeitsmethode. Abt. 5, 1, 2, It. 1 (1921). 9 Kel ler , R.: Biochem. Z. 214, 395 (1929).

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Die ]~esorption yon Farbstoffen dutch die Nagenset~leimhaut. 43

gei ter wurde festgestellt, dal~ die Belegzellen sich nur mit sauren Farbstoffen fhrben (Stel la-Gangi ~, Oppel, Groebbels). Das Ergebnis dieser Unter- suchungen ist die Tatsaehe, da6 die Belegzellen des Magens alkaliseh reagieren und sich yon den Zellen ihrer Umgebung durch eine hohe Reduktionskraft unterscheiden.

Nethodik.

Die Nethodik entspraeh im wesentliehen der frtiher mitgeteilten. Als Versuehstiere wurden aussehlieglieh FrSsehe (Temporarien) benutzt. Die Nagensehleimhaut des Frosehes eignet sieh besonders gut ftir die mikroskopi- sehe Beobaehtung intra vitam wegen ihrer guten Transparenz. Ein ebenso wiehtiger Vorzug des Frosehes liegt in der NSgliehkeit, dieses Versuehstier dureh Narkotisieren odor Kurarisieren bewegungslos zu maehen, eine Bedingung, die ftir die mikroskopisehe Betraehtung mit st~rkeren VergrSl~erungen unerl~g- lieh ist.

Die Untersuehungen wurden aussehlieglieh in Urethannarkose ausgefahrt. Das Versuehstier wurde auf einem sehwenkbaren Spannbrett befestigt. Die Bauehdeeken wurden links dieht neben der Mittellinie in Ausdehnung etwa 1 em durehtrennt. Der Nagen wurde mSgliehst sehonend erfagt, vor die Baueh- deeken gezogen und an der grogen Kurvatur yon der Cardia bis zum Duodenum aufgesehnitten. Das aufgesehnittene Organ liel~ sieh blatt~hnlieh auf der Bauehdeeke ausbreiten und anderte sieh in seiner Lage aueh nieht, wenn das Tier zur mikroskopisehen Beobaehtung in Seitenlage gebraeht wurde. Die Magensehleimhaut wurde naeh Prfifung mit Kongopapier 2 dutch sehonendes Abwisehen mit in RingerlSsung getauehten Tupfern ges~ubert.

Der zu prtifende Farbstoff wurde mittels Tupfern auf die Sehleimhaut gebraeht. Es wurde darauf geaehtet, dal3 der Farbstoff nieht in die N~he der Sehnittwunde gelangte, um eine ReSorption yon der Wundfl~ehe aus zu ver- meiden. In manehen Versuehen wurde ein winziges Tr6pfehen mit einer Kapil- lare oder einem Haar unter mikroskopiseher Beobaehtung auf die Sehleimhaut getupft. Diese Modifikation wurde besonders dann ausgef~ihrt, wenn die Re- sorption in einzelnen Sehleimhautabsehnitten studiert werden sollte.

Die Farbstoffe wurden ausnahmslos in 1% w~sserigen LSsungen verwendet. Die Benetzungsdauer betrug gew~hnlieh 5 Ninuten. Naeh dieser Zeit wurde der Farbstoff dureh Abwasellen mit RingerlOsung entfernt. War bei mikro- skopiseher Prtifung eine F~rbung nieht festzustellen, so wt~rde die Einwirkungs- dauer des Farbstoffes bis zu 20 5Iinuten verl~.ngert.

Die Beobaehtung der Sehleimhaut erfolgte dureh das l-[ornhautmikroskop, das VergrSl~erungen his zu 168faeh erlaubte. Als Liehtquelle diorite eine Bogen- spaltlampe. Die Benutzung dieser Apparatur der Leipziger UniversitS.t-Augen- klinik wurde dem Verfasser ermSglieht dureh das liebenswfirdige Entgegen- kommen des Herrn Geh.-Rat Her te l , dem aueh an dieser Stelle verbindliehst gedankt sei.

1 Stella-Gangi: Nonit. zool. ital. 88, 1 (1922). Zit. nach Groebbels. s Bei den vorliegenden, in den Monaten Januar bis M~.rz ausgeftihrten Unter-

suchungen wurde fast ausnahmslos eine starke Bl~uung des Kongopapiers im leeren Magen beobaehtet.

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44 N. HE~IN~:

Auf die Leistungsfghigkeit dieser Methode wurde bereits hingewiesen. Sie beruht auf der ~6glichkeit stereoskopischen Sehens und auf der Besonderheit des optischen Schnittes der fokussierbaren Bogenspaltlampe. Allerdings bedarf es fiir die stereoskopische )iikroskopie intra vitam einer welt gr56eren D'bung, als sie ftir die mikroskopische Betrachtung yon Mikrotomschnitten erforder- lich ist.

Ergebnisse. Das mikroskopische Bild der Schleimhaut des Froschmagens wurde

bereits geschildert. Es soll deshalb nur kurz skizziert werden. Bei der geschilderten Untersuchungstechnik sieht man die Zellen des Ober- fli~chenepithels als polygonale Gebilde, die in der Mitre eine leiehte Kon- kavitgt zeigen. Die Griibehen erscheinen als kreisrunde oder ovale LScher mit abgerundetem Rand. Ihre zylincMsche oder tonnenghnliche Form lgflt sich am besten erkennen, wenn der Hohlraum mit Farbstoff gefiillt ist. Die Griibchenwand erscheint triiber als die Zellmassen der Um- gebung, die sich aus den in die Griibchen einmiindenden Driisenschlguehen und aus dem interstitiellen Gewebe zusammensetzten. An diese hellen Zonen grenzen die Kapillaren, die die Schleimhaut in netzartiger Anord- hung durchziehen: Ihre Wand ist darehsichtig; die Zirkulation der Blut- kSrperchen ist gut zu beobachten. Man kann sehr oberfiiichliche Kapil- laren, die sich in den Leisten dicht unter dem Deckepithel verzweigen, leicht yon einem tieferen System unterseheiden. Die letzteren befinden sieh in HShe der Drtisenzellen.

~ i t der beschriebenen Methode konnte in friiheren Untersuehungen die Ausscheidung yon Farbstoffen aus dem Blute durch die Magen- schleimhaut mikroskopisch in vivo beobachtet werden. Es konnte fest- gestellt werden, dal~ die Exkretion eines Farbstoffes vor allem abhi~ngt yon seiner Ladung und seiner TeilchengrSl~e im Serum. Nar saare Farb- stoffe, sofern sie geniigend rein dispers waren, warden vom Blute durch die Magenschleimhaut ausgeschieden. Basische Farbstoffe, auch solche yon geringer TeilchengrSl~e, konnten die Magenschleimhaut in der an- gegebenen Richtung Blut-> Mageninneres nicht durehwandern. Durch die mikroskopische Beobachtung wiihrend der Farbstoffausscheidung konn- ten Weg und }[echanismus der ~agenexkretion aufgedeekt werden. Es ergab sich, da~ die exkretionsfghigen sauren Farbstoffe zungchst vom B]ute aus die Kapillarwiinde anfi~rben. Von der Kapillarwand aus ge- langen sie dureh das interstitielle Bindegewebe der Sehleimhaut in die Driisenzellen und steigen sehliel~lieh mit dem Sekretstrom darch die Riiume der Griibehen auf die 0berflhehe der Schleimhaut. Dieser Exkre- tionsvorgang wurde als spezifische Fundusfunktion erkannt. Im Antrum- teil kam es lediglich zu einem Austritt des Farbstoffes aus den Kapillaren.

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Die Resorption yon Farbstoffen dutch die Magensehleimhaut. 45

Die Driisenzellen dieses Schle~mhautbezirkes wurden nicht angefiirbt. Das Verhalten der Griibchen und Leistenepithelien war durchaus gleich- artig und konnte dahin festgelegt werden, dal~ diese Deckzellen sieh mit den austretenden Farbstoffen nieht f~rben. Daneben konnte dureh die Beobachtung der Exkretion eines Indikators (1Neutralrot) der Beweis erbracht werden, dal~ eine saure Reaktion erst auf dem Deckepithel der Griibehen herrscht, da~ also die )[agensalzs~ure erst auf dem Oberfl~ehen- epithe] gebildet wird. Einige Beziehungen der exkretorischen Funktion mit der sekretorisehen konnten aufgezeigt werden.

5Taehdem sich beim Studium der Farbstoffexkretion so strenge Ge- setzm~6igkeiten ergeben batten, lag die Vermutung nahe, da~ aueh die Aufnahme yon Farbstoffen dutch die Magenwand vom Lumen her i~hn- lichen Gesetzen unterworfen sein wiirde. Es wurde daher die A u f n a h m e e iner grO~eren Anzahl yon F a r b s t o f f e n dureh die ]ebende M a g e n s c h l e i m h a u t m~kroskopiseh verfo lg t .

Als Prototyp eines Farbstoffes yon hohem Dispersit~ttsgrad sei zu- ni~ehst Bin Versuch mit Uran in geschildert. Dieser Farbstoff eignet sieh besonders gut zu derartigen Untersuehungen, weil man ihn wegen seiner Eigensehaft, im kurzwelligen Licht zu fluoreszieren, noch in sehr starken Verdtinnungen mit Leiehtigkeit im Gewebe naehweisen kann. Die starke Fluoreszenz bedingt daneben eine erhebliche Aufhellung der gef~rbten Gewebe, einen Vorzug, den sieh bereits F. P. F i sche r 1 sowie Ph. El l in- get u. A. H i r t 2 bei intravitalmikroskopischen Untersuehungen zunutze maehten.

Das Uranin wurde in 1%ige L6sung auf die Sehleimhaut gebraeht. ~Nach Einwirkung yon hOchstens 5 )Iinuten wurde der an der Oberfl~che haftende Farbstoff dutch Abspiilen mit RingerlSsung entfernt. Die mikro- skopisehe Beobaehtung erfolgte bei Betrachtung in kurzwelligem Licht. Schon makroskopiseh fiel auf, da~ die belichtete Stel]e trotz sorgfiiltiger Si~uberung der Schleimhaut intensiv gelbgriin fluoreszierte, was nut da- dutch zu erkl~ren war, da$ die Schleimhaut Farbstoff autgenommen hatte.

Bei mikroskopiseher Beobachtung konnte dieser Befund sicherge- stellt werden. Die Oberfl~chenepithelien waren vSllig durchsichtig geblie- ben und bewiesen dutch den 5[angel an Fluoreszenz, da~ sie nicht die geringsten Spuren yon Farbstoff aufgenommen hatten. Sie lie~en den Blick frei auf einen fast gleiehma~ig intensiv ge]bgrtinlich fluoreszierenden

1 Fischer , F. P.: Arch. Augenheilk. 100/101 und 103 (1929). E l l inger , Ph. u. A. Hi r t : Z. Anat. 90, 791 (1929). Arch. ~. exper. Path. 145,

193 (1929) u. 150, 285 (1930). Handbuch tier biologischen Arbeitsmethoden 2, Abe. 5, T. 2, 1753 (1930). Verb. pharm. Ges. 1929. Verb. anat. Ges. 1929.

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Grund, der durch den bei kurzwelligem Licht schw~rzlichen KaiJillar- inhalt (Erythrocyten) in etwa gleich grol~e Netze geteilt wurde. Zwischen Oberfl~tchenepithel und diesem fluoreszierenden Grund bemerkte man die g~inzlich ungef~rbten Zellkomplexe der Griibchenepithelien, die als dunkle Ringe yon der Farbe des Lichtfilters tiber dem intensiv ]euchten- den Grund schwebten. Hieraus mu6te geschlossen werden, dab sich die Zellen der Drtisen und das interstitielle Gewebe mit dem Farbstoff tin- giert hatten. Die st~irkste Konzentration besal3 der Farbstoff in den obersten Teilen der Driisen. In anderen Versuehen wurde der Vorgang der Farbstoffaufnahme mikroskopisch in allen Teilphasen verfolgt. Ein winziges TrSpfchen UraninlSsung wurde mit einem Haar unter mikro- skopischer Kontrolle auf die Gegend der Fundusschleimhaut gebracht. Im Augenblick der Benetzung sah man die fluoreszierende Fliissigkeit leuchtenden Nadeln gleich in die Grtibchen einschiel3en, die Form und Ausdehnung der letzteren ungemein @utlich kenntlich machend. Wenige Sekunden sp~iter bemerkte man, wie das Uranin yore Griibehengrunde aus die Massen der Drtisenzellen anf~rbte; unter der fluoreszierenden FarbstofMiule, die die GriibchenhShle fiillte, bildete sich ein mehr oder weniger konzentrisches fluoreszierendes Postament, das nach seitlich und unten an Ausdehnung zunahm. Schliel~lich erweiterten sich die gef~rbten, den Labzeilen entsprechenden Bezirke bis zu den Gefiil~en, ein Zeichen, dal~ nunmehr auch das Interstitium der Schleimhaut angefiirbt war. Von hier aus gelangte der Farbstoff unter Anfiirbung der Kapillarwandungen in die Blutfliissigkeit. Die BlutkSrperehen blieben ungefiirbt.

Die durch Uranin angefiirbten Zellgruiopen entspraehen v011ig den Zellen, die s~ch aueh bei der Ausseheidtmg des Farbstoffes durch den Magen vom Blute her tingiert batten. Es e rg ib t s ich aus dem Ver- g le ich zwisehen F a r b s t o f f e x k r e t i o n und der A u f n a h m e vom ~{agen lumen aus, dal~ fiir be ide R i c h t u n g e n dem F a r b s t o f f d i e se lben Z e l l b a h n e n zur Ver f i igung s tehen. Letztere sind die Drtisenzellen des Fundus, das interstitielle Gewebe und die Kapillar- w~inde. Wenn man berechtigt ist, aus dieser Farbstoffwanderung Schltisse auf die Resorption und Exkretion zu ziehen, so w~re zu folgern, dal3 beide Vorg~inge in der Fundusschleimhaut tiber die gleichen Zellgruppen laufen.

Die geschilderten Versuche beziehen sieh ausschlie~lich auf das Ge- biet der Fundus-(Lab-)Dritsen. Wurde 1 TrSpfchen Uranin15sung auf die A n t r u m s c h l e i m h a u t gebrach~, so ergaben sich fundamentale Unter- schiede. Zwar scho$ auch hier der Farbstoff in die zylindrischen R~tume der Griibchen ein. Eine F~trbung der Griibchenzelle war jedoch trotz sorgf~tltiger Beobachtung nie zu bemerken. Auch bei Benetzung der

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Die Resorption yon Farbstoffen dutch die l~'Iagenschieimhaut. 47

Schleimhaut mit Uranin bis zu 30 ~Iinuten gnderte sich das Ergebnis nieht. Dagegen trat ein anderer sehr augenfglliger Befund ein. Kurze Zeit nach Beginn der Farbstoffeinwirkung bildeten sich - - allm~.hlich deutlicher in Erseheinung tretend - - sehmale fluoreszierende B~nder um die Kapillaren aus, die nur dem interstitiellen Bindegewebe entspreehen konnten. SchlieNieh fgrbten sich auch die Kapillarwgnde und die zirku- lierende Blutflilssigkeit mit dem fluoreszierenden Farbstoff an. Der Ein- tritt dieses Ereignisses war daran zu erkennen, dag die dunklen Blut- kSrperehen yon unsichtbaren Wgnden gehalten, sich in engen S~tulen dureh die Aehse breiter leuehtender Zylinder bewegten (Abb. 1). Das Deekepithel der Oberflgche und der Grttbehen verhielt sieh im Antrum wie das Ober- fl~tehenepithel des Fundus. Eine Anf~trbung trat nicht ein. Auf welchem Wege das Uranin in das Sehleimhaut- bindegewebe gelangte, konnte bisher nielat sieher festgestellt werden, da keine der vorge- schalteten Zellgruppen sich aueh nur im geringsten mit dem Farbstoff tingierte. Viel- leieht kann man den Vorgang so erklgren, dal~ der Farbstoff interzellulgr dureh das Deck- Xbb. 1. N[ikroskopisehesBildderAntrumschleimhau~ des

Froschmagens 3 )Iinuten nach Betupfung mit Uranin. epithel gewandert ist. Fiir Setrachtun~ bei blaugriinem Licht. Gelbliche Fluores-

zenz des oberflfichlichen perikapill~iren Gewebes. Farb- d i e s e Vermutung spricht, d a b stoffreste in den Oriibchen. Drtisenzellen nicht gefiirbt.

eine deutliehe Fi~rbung des Interstitiums nur in der Umgebung der oberfli~ehlichen Kapillaren nachgewiesen werden konnte. Das perikapillare Gewebe in der Tiefe der Schleimhaut zeigte eine Fluoreszenz, die so gering war, dal~ sic nut dureh Fortleitung des Farbstoffes yon der eben genannten Stelle zu erkli~ren war.

Die Sehnelligkeit der Farbstoffwanderung War betr/iehtlich. 1 Minute sehon naeh Benetzung der Schleimhaut war der Farbstoff dutch seine Fluoreszenz im Blutplasma naehzuweisen. Exakte Zeiten ]iegen sich sehwer gewinnen, weil bei Bestimmung tier eben naehweisbaren Fluores- zenz subjektive Faktoren nieht ganz aaszuschalten sind.

Es handelt sich hier also um den Vorgang, dal3 ein sehr rein disperser Farbstoff die Magensehleimhaut in der Richtung Lumen+BlutgefN3e

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~:8 iN. HENNING :

durchwandert, wobei ganz besfimmte Zellgruppen die Bahn des Farb- stoffes bezeiehnen.

Die Untersuchungen wurden mit Eosin, Erythrosin, Magdalarot, Trypanb]au, Chikagoblau und Diaminschwarz fortgefiihrt. Von diesen Farbstoffen verhielten sich Eosin, Erythrosin und Magdalarot genau wie das Uranin. Der Weg des Farbstoffes konnte auch hier im kurzwelligen Licht leicht verfolgt werden. Aueh das Trypanblau zeigte das gleiche Verhalten. Die Beobachtung erfolgte hier bei dem reinweil~en ungefilterten Bogenlicht.

Dagegen zeigten Chikagoblau und Diaminschwarz ein g~nzlich ande- res Verhalten. In versehiedenen Versuchen gelang es trotz Einwirkung bis zu 30 ~inuten nicht, auch nur die geringste nachweisbare Farbung zu erzielen.

Eine weitere Gruppe von Versuchen wurde ausgefiihrt mit Trypa- flavin, Kristallviolett 6 B, ~{alachitgrtin, Brillantkresylblau, Methylvio- left 5 B, Alizarinblau S, Biebricher Scharlach und Fuchsin bas.

Das T r y p a f l a v i n besitzt wie das Uranin die E~genschaft, noch in sehr starker Verdiinnung zu fluoreszieren. Die Fluoreszenzfarbe ist grfin- gelb. Die Fluoreszenz erreicht ]edoeh nicht die Intensit~t des Uranins. Betup~te man in der oben geschilderten Weise die Froschmagenschleim- haut mit einer l%igen TrypaflavinlSsung, so hot sich nach Abspfilen der Schleimhaut bei mikroskopischer Betrachtung im kurzwelligen Licht ein hSchst iiberraschendes Bild. Zun~chst zeigte sich, da6 die anatomi- sche Struktur des mikroskopischen Bildes durch zahlreiche herdfSrmige, fluoreszierende Anf~rbungen verwiseht war. Bei Ableuchten mit dem Spaltlicht ergab sich mit Sicherheit, dal~ es sich um e~ne fleckfSrmige Anf~rbung des Oberfl~chenepithels der Leisten handelte. Bei sorgfhltiger Beobachtung konnte man deutSch gef~rbte Epithelzel]en yon ungef~rbten unterscheiden. Daneben bot sich ein anderer sehr augenfa]liger Befund, der an den Stellen, an denen die Oberfl~chen~rbung ~ehlte oder nur ]eicht angedeutet war, dem Bild ein charakteristisches Anssehen verlieh. Es zeigte sich n~mlich, dal~ das die ~r auskleidende Epithel sich intensiv mit dem Farbstoff tingiert hatte, was sich dutch starke Fluoreszenz verriet. Die Epithelmassen der Grfibchen erschienen als grfingelblich ]euchtende, z~emlich flache Ringe, die doff, wo der Farb- stoff sorgf~ltig abgespii]t war, im Zentrum leer, d. h. dunkel waren. Mit der fleckfSrm~gen Anf~rbung des Leistenepithels und der intensiven F~i.r- bung des Grfibchenepithels war der Weg des Trypaflavins in der Schleim- haut beendet. Trotz ]angdauernder Einwirkung und trotz Beobachtung bis zu 2 Stunden gelang es hie, das Weiterwandern des Trypafiavins in

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Die Resorption yon Farbstoffen dureh die Magensehleimhaut. 49

das interstitielle Gewebe oder in die Driisenzellen naehzuweisen. Ebenso- wenig konnte der Farbstoff im Lumen der Kapillaren naehgewiesen wer- den. Das gesamte Parenehym der Sehleimhaut blieb vielmehr in ver- schiedenen Kontrollversuchen stets v~llig ungef~rbt. Abb. 2 zeigt das mikroskopische Bild der Froschmagenschleimhaut (Fundusteil) nach 5 Minuten langer Benetzung mit 1% iger Trypaflavinl~sung bei Filterung des Bogenlichtes durch ein Uviolglasfilter. Die Kapillaren erscheinen violettsehwarz und das Dgisenparenchym violett (Farbe des Filters). Die gef~rbten Epithelzellen der Grtibchen heben sich als grtingelbliche Ringe scharf yon dem vio- letten Grunde ab. Die fleck- fSrmigen Anf~rbungen des Leistenepithels wurden in der Abbildung absichtlich nicht wiedergegeben, weil sie in einer anderen Ebene liegen und die Klarheit der Dar- stellung st6ren wfirden.

Die eben ftir das Trypa- flavin gegebene Darstellung trifft zun~tchst fiir die Fundus- gegend zu. Aber bei einzelner Beobachtung der Antrum- schleimhaut waren deutliehe

Abb. 2. Mikroskopisehes ]gild der t~tmdusgegend des Anderungen gegeniiber dem Frosehmagens 5 Minuten naeh lokaler Benetzung mit

Trypaflavin. Betraehtung in kurzwelligem Lieht (Uviol- eben geschilderten Verhalten alter). Griibehenepithelien griingelblich fluoreszierend. nicht festzustellen. Auch im Gefiil3inhalt sehw~irzlich. Drfisenparenehym ~Itd Inter-

st itien violett (Filterfarbe).

Antrum war der Endeffekt der, dag neben einer fleckfSrmigen Leistenepithelfarbung vor allem eine intensive F~trbung der Griibchenm~ntel resultierte. Auch hier konnte ein Wandern des Trypaflavins tiber die genannten Zellsysteme hinaus nieht beobachtet werden. Die gefitrbten Zellen schienen vielmehr den Farbstoff hartni~ekig festzuhalten. Besonders wurde auf die oft wiederholte Beobaehtung Wert gelegt, dag das Trypaflavin niemals im Blutplasma, wo es sieh z. B. nach Injektion in einem Lymphsack leicht nachweisen 1N~t, auftrat.

Wie sich aus dieser Darstellung ergibt, Mrd das Trypaflavin yon ganz anderen Zellen aufgenommen als etwa das Uranin. W~thrend letzteres Leisten- und Griibehenepithel g~nzlich ungefi~rbt liel~ und das Schleim- hautparenchym in einer gesetzmal3igen Reihenfolge unter Anf~rbung

Archly f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 166. 4t~

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durchwanderte, um schlie$1ich in den Kapillaren abtransportiert zu werden, so f~trbte das Trypaflavin in elektiver Weise nur die Grttbchen- und Leistenepithelzellen an.

Die Versuehe mit I@istallviolett 6 B, 3ialaehitgrtin, Brillantkresyl- blau, ~ethylviolett 5 B, Alizarinblau S, Biebricher Scharlach und Fuchsin bas. k~nnen in Ktirze erwahnt werden. Die aufgez~thlten Farbstoffe ver- hielten sich genau, wie eben fiir das Trypaflavin gesehildert wurde. Alle fi~rbten elektiv das Leisten- und Griibchenepithel, ohne yon bier aus weitere Etappen im Gewebe zu erreichen. Besonders eindrucksvolle und farbenpriiehtige Bilder wurden mit Kristallviolett 6 B und Brillant- kresylblau erzielt. ~[it Alizarinblau S und Fuchsin bas. lieSen sich nur sehr sehwaehe, wenn auch deutliche gleichartige Fiirbungen hervorrufen.

Eine weitere Gruppe yon Versuehen umfal~t die Farbstoffe Si~ure- violett, Liehtgrtin F.S. und Wasserblau, Vertreter der Triphenylmethan- reihe. Karezag~, der sieh mit dem biologisehen Verhalten dieser Stoffe eingehend besehifftigt hat, konnte naehweisen, dag sie nach Injektion im Blut und in versehiedenen Geweben als farblose Pseudobasen (Karbi- no~e) vorhanden sind. Wurden naeh T(itung der u (Kanin- chert) Mikrotomschnitte in SalzsiiurelSsungen eingelegt, so konnte der Farbstoff wieder sichtbar gemaeht werden. Karczag ~ land an Kanin- chert, alas diese Stoffe nach x/stigiger Einwirkung das Magenbinde- gewebe sehwaeh angef~trbt hatten. In fritheren Versuchen des Verfassers konnte eine Fiirbung oder Ausscheidung dieser Stoffe intravitalmil~'o- skopisch im akuten Versuch nicht beobaehtet werden.

Die Benetzung der ~agenschleimhaut mit den genannten drei Farb- stoffen zeitigte kein positives Ergebnis. Weder im Fundus- noch im Antrumgebiet konnte eine Affinit~t zu irgendwelchen Zellgruppen mikro- skopisch nachgewiesen werden.

Eine letzte Reihe yon Versuchen beschifftigte sich mit der Prtifung der Farbstoffe Methylenblau, •eutralrot und Kongorot.

3 I e t h y l e n b l a u wird bekanntlich im Blut und Gewebe zu seiner farblosen Leukobase reduziert (Methylenwei6). In den eben erwi~hnten friiheren Versuchen des Verfassers konnte die Ausscheidung des Farb- stoffes aus diesem Grunde mikroskopisch nicht verfolgt werden. Es konnte lediglich sein Nachweis im Schleimhautsekret geftihrt werden. Nach Be- netzung der Schleimhaut mit ~ethylenblau sah man den Farbstoff in blauen Si~ulen die Griibchenri~ume ausftillen. Vom Boden der Grtibchen aus fi~rbten sich die Massen der Driisenzellen an. In diesem Gebiet er-

i Karczag: Handbuch der biologischen Arbeitsmethode. Abt. 5, T. 2, H. 8. Berlin 1925.

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Die Resorption yon Farbstoffen duroh die Magensehleimhaut. 51

schien der Farbstoff nicht mehr blau, sondern griinlichgelb, um naeh der Peripherie, dem Schleimhautbindegewebe zu, vSllig zu versehwinden. Dieses Verhalten gilt nut fiir den Fundusteil. In der Antrumschleimhaut konnte ein Einwandern des Farbstoffes nicht beobaehtet werden. Diese Beobachtung steht in Ubereinstimmung zu den Befunden yon Green- wood, 1YuBbaum, Groebbels , R. Kel ler u. a., wonach die Beleg- zellen der ){agenschleimhaut reduzierend wirken. Die Lab-(Driisen- grund-)Zellen entspreehen, wie sehon erw~ihnt, den Belegzellen der Sauge- tiere. Die Entfiirbung des Methylenblaus muB als Reduktionsvorgang aufgefaBt werden.

I~eutralrot und Kongorot sind Indikatoren. Beide Farbstoffe wer- den, wie friiher gezeigt werden konnte, durch die Fundusschleimhaut aus- geschieden. Dureh die mikroskopisehe Beobaehtung der Neutralrotexkre- tion konnte der Beweis erbraeht werden, dab eine sauere Reaktion nur auf der Oberfl~iche der ~{agenschleimhaut, d. h. auf der Oberfl~iehe des Leisten- und Griibchenepithels herrseht. Dieselbe Beobaohtung konnte sp~tter mit Kongorot wiederholt werden. Injizierte man den Farbstoff in einen Lymphsack, so konnte man nach wenigen ~inuten eine Rot- fiirbung yon Kapillarw~inden, Interstitium und Driisenzellen des Fundus beobaehten. Kurze Zeit darauf bemerkte man, wie der Farbstoff in tier- blauen KOrnehen in den Griibehen erschien.

Bei Benetzung der Schleimhaut mit Neutralrot konnte eine Tingie- rung irgendwelcher Zellgruppen nieht sichergestellt werden. Dagegen wurde bei den mit Kongorot ausgefiihrten Versuehen eine Beobachtung gemaeht, die der Mitteilung wert seheint. Tropfte man Kongorot auf die Schleimhaut und betraehtete man das Organ nach Abtupfen mit einem Ieuehten Wattebauseh dureh das ~{ikroskop, so bet sieh ein eigen- artiges ]~ild. Die Farbstoffreste fanden sich iiberall in den Griibchen. Wiihrend an vielen Stellen das Kongorot in der urspriinglichen Farbe siehtbar war, fanden sieh grSl~ere, meist rundlich begrenzte t{erde, die sich dadurch yon der Umgebung abhoben, dab die Gr[tbchen das Kongo- rot in tiefblauer Farbe enthielten. Dieser Befund - - ~hnliehe Beobach- tungen konnten veto Verfasser sehon friiher an Rattenm~igen erhoben w e r d e n - zwingt zu dem SehluB, dab beim Prozel~ tier Salzs~iure- s ek re t i on n i ch t alle Gegenden des s ek re to r i s ch p o t e n t e n P a r e n c h y m s g le iohze i t ig be te i l ig t sein miissen. Im iibrigen land sich naeh Kongoroteinwirkung eine leiehte Rotf~rbung der I)riisen- grundzellen des Fundus und des Interstitiums.

Im folgenden wurde versueht, die dureh mikroskopisohe Lebend- beobaehtung gewonnenen Resultate an histologischen Schnittpr~paraten

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zu iiberpriifen. Man mul~te sich freilieh yon vornherein dariiber klar sein, dab die Ergebnisse dieser Untersuehungsteehnik sich nieht unbedingt mit den Befunden der intravitalen Beobaehtung decken m~ssen, Unbe- dingt mul~te man bei der Verarbeitung auf dem Gefriermikrotom mit dem Verlust vitaler Zellkr~ifte reehnen. Weiterhin ist der Naehweis einer leiehten Anf~rbung in einem diinnen lV[ikrotomsehnitt weit sehwieriger zu fiihren, als wenn man die durehsiehtige Schleimhaut in der ganzen Dieke durehmustert.

Die Versuehsanordnung untersehied sich yon der oben angegebenen insofern, als 5--20 l~Iinuten naeh Beginn der Farbstoffeinwirkung das Tier getOtet und das Organ naeh Abwasehen unfixiert auf dem Gefrier- mikrotom geschnitten wurde. Alle oben erw~hnten Farbstoffe wurden mit dieser lVfethode gepriift. Im ganzen ergab sieh zu den erwiihnten Befunden der Lebendbeobaehtung eine gute Ubereinstimmung. Ins- besondere konnte nie beobaehtet werden, dab ein Farbstoff an@re Zell- gruppen als oben mitgeteilt, angef~rbt h~tte. Als besonders geeignet fi~r diese Teehnik erwiesen sieh Trypanblau, Kristallviolett, Brillantkresyl- b]au und ~Ialaehitgriin.

In den Sehnitten des mit Trypanblau benetzten lgagens fanden sieh alle die Zellgruppen blau gef~rbt, die den Farbstoff auch bei der intra- vitalen Beobachtung aufgenommen hatten. Driisenzellen des Corpus, Interstitiums und der Kapillarwiinde waren lichtblau tingiert, wogegen das Epithel der Leisten und Griibehen ungef~rbt geblieben war. Im Gegensatz hierzu zeigten sieh in den Sehnitten der mit Kristallviolett, Brillantkresylblau und lIalaehitgrtin behandelten M~gen elne intensive Anf~rbung der Leisten- und Griibehenepithelien bei Freibleiben der Driisenzellen und des Interstitiums.

An@re Farbstoffe, wie z. B. das Alizarinblau S f~rbten so schwaeh, da6 man die Anf~rbung im 20 # dieken Gefriersehnitt nieht naehweisen konnte.

lJberbliekt man die vorliegenden Versuehe, so ergibt sieh, dag eine Reihe yon Farbstoffen, wie Uranin, Erythrosin, Eosin, Magdalarot, Try- panblau naeh Aufbringen auf die 3Iagensehleimhaut im Fundusgebiet Drtisenzellen, Interstitium und Kapillaren unter Anfgrbung durehwandert und sehlieNieh in die Blutfliissigkeit gelangt. Dieselben Farbstoffe lassen das Deekepithel der Leisten und Griibehen vSllig ungefgrbt. Eine andere Gruppe yon Farbstoffen, wie Trypaflavin, Xristallviolett 6 B, Malaehit- grttn, 3gethylviolett 5 B, Brillantkresylblau, Fuehsin bas. und Alizarin- blau S, fgrbte elektiv das Epithel der Leisten und Griibehen an. In den Drtisenzellen oder im Interstitium waren diese Farbstoffe hie zu linden.

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Wie ist dieses diiferente Verhalten der Farbstoffe zu erklgren? Sehon in einer friiheren Arbeit wurde nachgewiesen, daft die ehemische Verwandtschaft der einzelnen Farbstoffe nieht die Ursaehe des gleiehen biologisehen Verhaltens sein kann, denn KUrper yon ggnzlich differenter chemiseher Konstitution fgrbten die gleichen Zellkomplexe an. Nach Beehho ld *, R. Kel ler , W i t t g e n s t e i n u . Gaede r t z 2, W i t t g e n s t e i n u. Kr e b s a, F. P. Fi s e h e r kommt der Ladung der Farbstoffteilehen eine bedeutende Rolle zu. Von den Faktoren, die das differente Verhalten der Farbstoffe bestimmen, sind noeh hervorzuheben Dispersitgtsgrad und Grenzflgchenphgnomene (F. P. F i s e h e r).

Betraehtet man die erwghnten Farbstoffe hinsichtlieh ihrer Ladung, so ergibt sich, da6 die Farbstoffe, die unter Vermeidung des Deckepithels Drtisenzellen, Interstitium und Kapillaren des Fundus anfgrben, ngmlieh Uranin, Eosin, Erythrosin, ~Iagdalarot und Trypanblau, saure Farbstoffe siild ~. Ftir alle diese Farbstoffe konnte friiher nachgewiesen werden, daft sie unter Anfgrbung derselben Zellgruppen vom Blute aus in das Nagen- sekret ausgesehieden werden, wobei sie dieselben Zellgruppen entspre- chend ihres Weges in umgekehrter Reihenfolge anfgrben. Dieselben Farb- stoffe wandern dureh die Kornhaut yon au6en nach innen (F. P. Fi s ch e r), dutch die Froschhaut yon auften nach innen (Wer the imer 5) und treten naeh intravenSser Injektion im Liquor und im Xammerwasser auf ( W i t t g e n s t e i n u. Krebs, W i t t g e n s t e i n u. Gaeder tz , F .P . Fi- scher). Unter den gepriiften sauren Farbstoffen fanden sich allerdings zwei, Chikagoblau und Diaminschwarz, die vom ~agenlumen aus keine ZelMemente der Nagensehleimhaut anf~rbtem Diese Farbstoffe wurden aueh vom Blute her nieht in den 3{agen ausgesehieden. Als Erklgrung hierfgr wurde auf die Grobteiligkeit dieser beiden Farbstoffe (F. P. Fi- s e h e r) hingewiesen.

Das Verhalten der genannten Farbstoffe in der Antrumsehleimhaut untersehied sieh in auffglliger Weise yon dem eben skizzierten. Aueh hier blieben zwar Leisten- und Gr~ibehenepithel ungefgrbt. Aber aueh die Drt~senzellen in den GriibehenbSden zeigten sieh dureh diese Farb- stoffe nieht tingiert. Ebenso wie im Fundusgebiet wurden aber Inter- stitium, perivaskulgres Gewebe sowie die Kapillarwgnde sehr sehnell an-

Bechhold : Zit. nach F. P. F i sche r . W i t t g e n s t e i n u. Gaeder tz : Arch. Ophthal. 119 (1927).

a W i t t g e n s t e i n u. Krebs : Z. exper. Med. 49 (1926). Aurantia, dessert Ladung umstrRten ist, entsprach in seinem f~rberischen Ver-

halten genau dem Uranin. W e r t h e i m e r : Pfltigers Arch. 210, 525 (1925).

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gefi~rbt, worauf die Farbstoffe im Blutplasma erschienen. Der Weg der sauren Farbstoffe yon der Schleimhautoberfli~che bis ins interstitielle Gewebe konnte mit Sicherheit noch nicht festgelegt werden, well siehere Briicken der Beobachtung mit der gesehilderten Methode nieht gefunden werden konnten. Verfasser ]st der Ansieht, dal~ die Verwendung yon noch st~rkeren Vergr56erungen als sie bisher anwendbar waren, die LS- sung dieser Fragen bringen wird.

Betrachtet man naeh dem Gesiehtspunkt der Ladung die Farbstoffe, die elektiv das Oberfliichenepithel der Leisten und Griibehen anf~rben, ohne in das Driisengewebe des Interstit~ums oder die Gefiil~w~nde ein- zudringen, so ergibt sich, da~ dieso Farbstoffe, Trypaflavin, Kristall- violett 6 B, Malaehitgrtin, )/[ethylviolett 5 B, Brillantkresylblau, Fuchsin bas. und Alizarinblau S, basisehe Farbstoffe sind. Dieselben Farbstoffe wurden in friiheren Versuehen des Verfassers nieht yore Blute aus in den ~agen ausgesehieden. Da sieh unter ihnen auch solehe yon sehr geringer TeilchengrSl~e befinden, wie z. B. das Brillantkresylblau (F. P. Fi- scher), so wurde aus diesen friiheren Versuchen geschlossen, da6 der F a k t o r der L a d u n g vo rwiegend fiir ihr bio]ogisehes Ver- h a l t e n v e r a n t w o r t l i c h zu m a c h e n sei. Diese Auffassung seheint dureh die vorliegenden Befunde, in denen dieselben Farbstoffe Zell- gruppen anf~rben, die yon sauren Farbsto~fen versehont bleiben, bestlt- tigt zu werden.

Einer besonderen Erwahnung bedtirfen die Farbstoffe Methylen- blau, Kongorot und Neutralrot. Das ~ethylenblau, ein basiseher Farb- stoff, kommt neben der farbigen Form in einer farbloseu Leukobase, dem )/[ethylenweil~ vor. Das Methylenblau drang in die Drtisenzelle des Fundus ein, jedoch in der entfiirbten Form. Die Ladung des Methylen- wei~ im Gewebe ist nicht bekannt. Es wurde darauf hingewiesen, da[~ die bekannte Eigensehaft der Belegzellen (Driisengrundzelle) zu redu- zieren, dutch diesen Befund erh~rtet wird. Die Farbstoffe Kongorot und Neutralrot sind Indikatoren und kommen daher sowohl a]s saute, wie als basische Farbstoffe vor. Sie wurden in friiheren Versuehen vom Blute aus in den Magen ausgeschieden. Beim ~eutralrot konnte eine siehere Fi~rbung yore Lumen aus nieht naehgewiesen werden, was allerdings nicht gegen das Einwandern des Farbstoffes spricht, da dieser im a]kali- schen Gewebe entfiirbt wird. ]~eim Kongorot konnte eine zarte Rot- ~rbung der Driisenze]len des Corpus und des Interstitiums wie der Kapil- larwiinde beobachtet werden.

Mit den drei Vertretern der Tripheny]methanreihe, Siiureviolett, Wasserblau und Liehtgrtin F.S., konnte eine Fiirbung yon Gewebsele-

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menten nieht mit Sicherheit erzielt werden. In histologisehen Sehnitten konnte ebensowenig wie bei der mikroskopisehen Lebendbetraehtung eine Anf~rbung siehergestellt werden. Es wurde bereits bemerkt, dal~ diese Farbstoffe im Blur und Gewebe nur in Form einer farblosen Pseudobase (Karbinol) vorkommen. Sie eignen sieh daher nieht ftir die mikroskopi- sehe Untersuehung lebender Objekte.

Uberblickt man die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen, so taucht die Frage auf, ob die Permeation der Farbstoffe in Zellgruppen tier ~agensehleimhaut in Beziehung zum biologisehen Resorptionsvor- gang steht. Wenng]eieh eine siehere Beantwortung dieser Frage nieht gegeben werden kann, so seheint es doeh, als ob tier Weg, den die sauren Farbstoffe dureh die Magenwand nehmen, auch filr die aktive biologische Resorption in Frage kommt. Diese Auffassung wird wesentlich gesttitzt durch die Tatsache, dal~ tier Weg Kapitlare+Interstitium+Fundus- driisenzelle+ Griibehen+ Oberfl~ehe nieht nur wie frtiher gezeigt werden konnte, der Weg der Farbstoffexkretion, sondern aueh tier Seka'etions- weg ist.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Die Auflmhme yon Farbstoffen duretl die Sehleimhaut des Froseh- magens wurde mikroskopiseh in vivo beobaehtet.

2. Die geprttften sauren Farbstoffe, sofern sie gentigend fein dispers waren, wanderten im Fundusteil des 3'Iagens dureh die Drtisenzellen ins interstitielle Gewebe. Von hier aus gelangten sie unter Anf~rbung der Kapillarw~nde in die Blutfliissigkeit. In der Antrumsehleimhaut konnte die erste Etappe des Weges nieht mit Sieherheit festgelegt werden. Die Driisenzellen der Antrumsehleimhaut blieben ungef~rbt. Dagegen ge- langten die sauren Farbstoffe aueh bier ins interstitielle Gewebe und yon da aus in die Lumina der Kapillaren. /)as Deekepithel der Leisten sowie das Epithel der Grtibehen wurde dureh saure Farbstoffe nieht angef~rbt.

3. Basisehe Farbstoffe ffirbten elektiv das Deekepithel der Leisten und Griibehen gleiehm~Ng im Fundus- und Antrumgebiet an. Ein Weiterwandern basiseher Farbstoffe in andere Zellgruppen konnte nieht beobaehtet werden.