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Die seheinbare Gr6sse der gesehenen Objecte. Von Pr.f l)r. P. L. Panum. I. Der Saiz, dass die GrSsse, in der uns die Ge- gensl~nde helm Sehon orscheinen, hanpts~ehlich und priz~cipiel yon der Grfisse des Netzhaulbildes abh~ingt, ist schon so lange und so allgemein anerkannt, dass ein Versuch denselben zu stiirzen 5berrasehen mussto. Ein solcher Versueh ist dennoch gemaeht wordea'), indem denselben eine andere Behauptung entgegenge- stellt worden ist, wonach die scheinbare GrSsse wosent- lich vonder Zahl der sensiblen l~lemente der Retina abh~ingen solhe, welche yon dem Bilde eines Gegen- standes eingenommen werden. Diese Behauptung scheint nun zwar ohne Weiteres dur('h die Erfahrung beseitigt zu werden, der zufolge (lie seitlichen Netzhautparthieen die Objecte nicht kleiner sehen, als die centralen, welche doch auf oinem gleichen Fl~ichenraum eine sehr viel grfssere Zahl empfindender Punkte haben. Diesem Einwurfe begegncte man aber dutch die Behauptung, dass wit mit den Einheiten der seitlichen Netzhautparthieen grSssere Werthe d er vor- *) Siehe Funkc: Lehrbuch der Physiologic II. Bd. pag. 857 u. foig. Archiv fiir Ophthalmologie. V. 1. 1

Die scheinbare Grösse der gesehenen Objecte

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Die seheinbare Gr6sse der gesehenen Objecte.

Von

P r . f l)r. P. L. P a n u m .

I. Der Saiz, dass die GrSsse, in der uns die Ge- gensl~nde helm Sehon orscheinen, hanpts~ehlich und priz~cipiel yon der Grfisse des Netzhaulbildes abh~ingt, ist schon so lange und so allgemein anerkannt, dass ein Versuch denselben zu stiirzen 5berrasehen mussto. Ein solcher Versueh ist dennoch gemaeht wordea'), indem denselben eine andere Behauptung entgegenge- stellt worden ist, wonach die scheinbare GrSsse wosent- lich v o n d e r Zahl der sensiblen l~lemente der Retina abh~ingen solhe, welche yon dem Bilde eines Gegen- standes eingenommen werden.

Diese Behauptung scheint nun zwar ohne Weiteres dur('h die Erfahrung beseitigt zu werden, der zufolge (lie seitlichen Netzhautparthieen die Objecte nicht kleiner sehen, als die centralen, welche doch auf oinem gleichen Fl~ichenraum eine sehr viel grfssere Zahl empfindender Punkte haben. Diesem Einwurfe begegncte man aber dutch die Behauptung, dass wit mit den Einheiten der seitlichen Netzhautparthieen grSssere Werthe d er vor -

*) Siehe F u n k c : Lehrbuch der Physiologic II. Bd. pag. 857 u. foig.

Archiv fiir Ophthalmologie. V. 1. 1

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g e s t e l l t e n Gr / i sse v e r k n i i p f e n l e r n e n , als mit den ccntralen, sobald wit uns yon dee wirklichen Iden- tit'at eines auf dem gelben Fleck und tines seitlieh al)- gebildeten Objects iiberzeugt haben, indem wir z. B., bei unverwandter Aufmerksamkeit, durch eine Ver- riickung der Augenachse das Bild allmiihlig iiber (lie Netzhaut wandern lassen. Zweitens abel', sagt man waiter, zwingen uns zu der Gleichseh,itzung zweiel" gleich grouser, aber eine verschiedene Anzahl sensibler Punkte deckende Netzhautbilder (lie Resultate einer andern Messungsmethode, welche darin besteht, dass wir den Sehwinkel, unter welchem ein Object uns er- scheint, direkt messen, indem wit die Augenachse den- selben beschreiben lassen, und nach dem Muskelget'iihl die Gr~sse desselben abschlltzen.

Dieser Versuch, jenen Einwuri" gegen die aufge- stellte neue Theorie zu beseitigen, setzt also zwei ver- sehicdene und einander-gradezu widersprechende sinn- lithe Momente. Die Sin,flichkeit der Refinapunkte sollte die Bilder auf dem gelben Fleck sehr gross erscheinen lassen, da sic viele empfindcnde Punkte bedeekeo, (lie Bilder auf den seitlichen Netzhautparthieen hingegen sehr viel kleiner, da sic eine viel geringere Zahl empfin- derider Netzhautpunkte einnehmen. Im Widerspruch mit diesem sinnli(:hen Momente, welches doch die Basis flir das Sehen abgeben miisste, sollte dann das soge- nannte Muskelgefiihl stehen, welches uns die Gr;3sse des Sehwinkels beim Abmessen richtig und direkt an- geben sollte. Zwischen oder vielmehr tiber diesen bei- den sinnlichen Momenten sollten dann die psychischen Thiitigkeiten schwehcn und rcgelm/issig i'iir dan Muskel- gei'iihl und gegen die supl)onirte princiI)ielle Sinnlich- keit der Retinaelemente Partei ergreit'en, well letztere ert'ahrungsmiissig irrthiimlich sei. Das Unhaltbare einer solchen AulTasstmgswcise liegt aut~ de,' Hand. Erstens

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ist uns dis Annahme einer sinnlichen Empfindungsweise, welehe [)rincipiel mit der Erfahrung in Widerspruch stehen sollte, ganz unmiiglich. Zweitens ist dis Messung des Sehwinkels (lurch die Drehung der Augenachse keine direkte, indem bekanntlich (tie Knotenl)unkte aieht mit dem Drehpunkt des Bulbus zusammenfallen. Drit- lens ist es uns ganz (mdenkbar, dass wit, wenn der s i n n l i e h e n E m p f i n d u n g z u f o l g e (lie seheinbare Gr(;sse yon der Zahl der erregten sensiblen Netzhaut- punkte abhinge, so griindlieh ] e rnen kiinnten, mit den seitliehen Netzhautparthieen gr(issere vorgestellte Werthe zu verknfipfen, als mit den eentralen, dass wir, aueh hei angestrengter auf diesen Punkt geriehtete Aufmerk- samkeit, ganz ausser Stande sein sollten, diese Tiiu- sehung gewahr zu werden. Wir kihmen wohl durch psyehisehe Thlitigkeit sinnliehe Eindriieke unbeaehtet lassen, und anders aut~assen, als sie uns unmittelbar yon der Sinnliehkeit dargeboten werden, diese T/it> sehung versehwindet abet augenblieklieh, wenn wit den unmittelbaren sinnliehen Eindriieken unsere voile Aut: merksamkeit zuwenden, und grade hierin liegt fSr uns (lie MSgliehkeit die Grenzen der Sinnliehkcit den geisti- gen Thiitigkeiten gegeniiber n~iher t'estzuste]len und festzuhalten. Nihil est in intellectu quod non fimrit in s e n s u !

Wenn demnaeh der Versudl, durch iene psyehisehe Erkl'arung den obenangefiihrten yon der Erfahrung ge- botenen Einwurt gegen die neue Theorie zu beseitigen, als ganz misslungen betrachtet werden muss, so kann dieselbe auch nieht auii'echt erhalten werden, und man wird zur Frage gedr'angt, wodureh man dann reran- lass( worden is(, dieselbe iiberhaupt aui'zustellen.~ Die Antwort hieraut~ ist, dass dies nur der miiglichst voll- st'andigen Analogie mit dem Tastsinn zu Liebe gesehe- hen ist. Dee bekannte Versuch W e b e r s , dass zwei

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in bestimmter Entfernung yon einander, yon einer mit weniger f~inem Ortsinn 1)egabten Hautstelle zu einer mit feincm Ortsinn versehenen gefiihrt, die Empfindung geben, als wichen dis Cirkelspitzen auseinander, sollte volens nolens auch fiir die Empfindungsweise der Netz- haut geltend gemacht werden. Die Sehwierigkeit, welche schon dureh den Umstand entsteht, dass wir bei diesem Versuehe durchaus nicht lernen kiinnen, mittelst psychi- seher Thiltigkeit .jsne Empfindung des Auseinander- weichens der Cirkelspitzen zu beseitigen~ obgleich wir sehr wohl wissen, dass die Enffernung dieselbe geblie- ben ist, wilhrend eine derartige Wahrnehmung beim Hingleiten des Bildes iiber die Netzhaut niemals wahr- genommen wird, h~itte schon auf den Untersehied hin- weisen mlissen, der in dieser Beziehung zwischen dem Tastsinn und dem Gesichtssinn besleht. Bei einer andern Gelsgenheit +) habe ieh versucht naehzuweisen, (lass wir in Folge einer eigenthllmlichen, angeborenen Sinnesempfindung die Erregung eines jeden Netzhaut- punktes auf die ihn entsprechende Projeetionslinie be- ziehen. Hiilt man diese Auffassung lest, so ergiebt es sieh yon selbst, dass ein gleich grosses Netzhautbild auch beil/iufig gleich gross erscheint, einerlei ob es in der Gegend der macula lutea viele, oder in den seit- lichen Netzhautparthieen wenige eml)findende Netzhaut- punkte bedeckt, und dass grads diese sinnliehe Empfin- dungsweise einen wesentlichen Unterschied zwischen der durch den Gesiehtssinn und der dutch den Tast- sinn bestimmten Raumempfitldung bedingt.

II. Beim Gebraueh einer Loupe ver'andert man bekanntlich die Grg3sse des Netzhautbildes, unbeschadet der Deutlichkeit desselben. Die sich hierbei ergebende

*) Physiologische Untersuchungen (iber das Sehen mit zwei Augen yon Prof. Dr. P. L. Panum. Kiel, Schwers'sche Buchhand- lung 1858. gr. 4. Pag ~7--92.

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wahrgenommene VergrSsserung entspricht aber niemals der nach der gangbaren optischen Formel berechneten. Um die wahrgenommene oder scheinbare Vergr~isserung zn bestimmen, kann man sich des Sehens mit zwei Augen bedienen, indem mail mit einem Auge durch ,tie Loupe einen Maassstab betrachtet, und mit dem andern Auge das weisse Papier ansieht, auf welchem der Maassstab liegt. Indem bei diesem bekannten Ver- i'ahren das gemeinschaftliche Gesichtsfeld etwas nach der Seite des unbewaffneten Auges hingeriickt wird, kann man den Maassstab auf dem Papier nachzeichnen, und man finder denn die wahrgenommene Vergriisse- rung, indem man den gezeichneten Maassstab mit dem ursprilnglichen verg|eicht. Je nachdem man die Loupe dem Maassstabe mehr n~ihert, oder sie welter yon dem- selben entf'ernt, und .ie nachdem nian das Auge der Loupe n~iher bringt, oder dasselbe in einen weiteren Abstand yon derselben bringt, kann man mittelst der- selben Linse sehr verschiedn~ Vergr;,~sserungen erlan- gen, yon denen .}e(loch, wiegesagt, keine einzige jemals dee uach der gangbaren optischen Formed berechneten VergrSsserung entspricht. I)er Grund dieses Verhaltens liegt darin, class man bei (h',r gangharen Berechnung tier VergrSsserung durch eine Loupe, yon zwei Vor- aussetzungen ausgeht, welche in Wirklichkeit unmt;g- lich sind, und niemals vorkommen. Erstens setzt man den Abstand des Auges yon der Loupe = O, indem man annimmt, dass der Kreuzungspunkt der Strahlen im Auge (d. h. die in einen Punkt vereinigt gedachten Knotenpunkte) mit dem Mittelpunkt der Linse zusam- menf',illt. Zweitens ponirt man ein Auge, alas Ffir eine ganz bestimmte Entf'ernung accommodirt ist, n~imlich flir die sogenannte Weite des deutlichen Sehens, die yon Einigen zu 8", yon Andern zu 9", yon wieder Andern z, 10" angesetzt ist. Freilich ist es klar, dass

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der Kreuzungspunkt tier Strahlen im Auge in Wirk- lichkeit niemals in den Mittelpunkt der Loupe verlegt werden kann, und freilich ist es allbekannt, dass das Auge sich ifir verschiedene Entfernungen accommo- diren kann, und (lass es selbst dann, wenn es in be- stimmtcr Wcise accommodirt ist, dennoch ni(.ht t~ur t'ih' einen in entsprechezlder Enffernung gelegenen Punkt, sondern fiir eine Reihe hinter einander gelegener Punkte*) deutliche und scharfe Nctzhautbilder giebt. Es k,~m abet in der physikalischen Of)tik zunfichst nut daraui' an, verschiedene Linsen bez[iglich ihrev VergrSsserung mit einader zu vergleichen, tim zu zei- gen, wie die VergrSsserungen mit der Ver~aderung der Focaldistanz zu oder abnehmen, und flit d i e s e n Z w e c k war es ~ l o t h w e n d i g yon einem unver/indcr- lichen, einem bestimmten Orte befindlichen Auge aus- zugehen, und mittelst der sogenannten deutlichen Seh- weite eine bestimmte Entfernung des Obiects yon der Linse fiir icden einzelnen Fall festzustellen. Unter diesen Voraussctzungen crgiebt sich denn die Ver- gr(isserung (lurch die Loupe bekanntlich in re]gender Weise :

Es set oe die sogenaante deutliche Sehweite (W) - 9", f tier Haul)tbrenntpunkt und o f die Brennweite (F) der Linse (TD ~ 3", AE]?, ein zwischen dem Haupt- brennpunkt und der Linse befindliches Object, aeb des in der Enffernung der sogenannten deutlichen Sehweite gelegene virtuelle Bild desselben (Fig. 1), so ergiebt

*) Czermak hat bekanntiich diese Reihe hintereinander gele- gener Punkte die Accommodationslinie in engerem Sinne genannt. Die Grenzen derselben werden bestimmt, einerseiis dutch die Feinheit des Ortsinns tier Retina, und andrerseits durch die Griisse der Zerstreuungskreise. (Verhandlungen der Wiirzburger niedicinisch-physikalischen GeseIlschaft 1850 Bd. ]. und Siizungs- beriehte der Wiener Akademie. Math. phys. Cl. Bd. 12. 1854.)

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Fig. 1.

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sieh zuniiehst, dass die Entfernung (N) des Objets AEB

yore Mittelpunkt der Linse, dutch die Brennweite (F) und durch die Lage des virtuellen Bildes aeb in der sogenannten deutliehen Sehweite (W) bestimmt ist. 1)enn zwischen der Entfernung (_N) des Gegenstandes, der Ent- I_'ernung (W) des virtuellen Bildes und tier Brennweite

1 1 1 (F) bestel~t bekanntlich die Beziehung N W -- F '

WF woraus fblgt, dass N ~ W +~---F" Ohne Zwischenkunft

dcr Linse konnte das supponirte Auge den Objeetpunkt E nur dann deutlieh sehen, wenn sieh derselbe in e, 9" welt vom Auge entfernt bef~nde; wenn datm die Linse dazwischen kommt, so kann flies Auge ihn nur

9 X 3" 27" dann deutlieh erkennen, wenn el . . . . . . . . . . . . . Ts

9 + 3" 12" yore optisehen Mittelpunkt der Linse und des Auges enffernt ist, well das supponirte Aug(:' die yon E aus- gehenden und durch die Pul)ille tretenden Strahlen nur dann auf der Retina in einen Punkt vereiifigen kann, wenn sie den < ced bilden. Dann aber erseheint das Object unter dem Sehwinkel AoB in der Enffernung (W) seines virtuellen Bildes, d. h. tier sogenannten deutlichen Sehweite = 9". Die hierdurch gesetzte VergrSsserung

ab ae -AB oder ~AE kann demnaeh aueh ausgedriiekt werden

b

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durch ~-, und wenn man fiir N seinen Worth WF W~-F

einsetzt, so erh/ilt man fiir die Vergriisserung dutch W~-F

die Loupe den Werth ---F---, also im vo,'liegenden

9 -t-- 3" Falle 3 - - 4 Mal. Eine Loupe wiirde also u nt e r

den g e g e b e n e n V o r a u s s e t z u n g e n nur dadurch den Sehwinkel oder das Netzhautbild vergrSssern, dass sie es miigli(,h und nothwendig macht, den Gegenstand dem Auge n~iher zu bring'en, um ihn deutlich zu sehen.

Dass nun die direkte Messung der dutch eine Loupe gesetzten Vergr~isserung niemals mit der nach der opti- schen Formel berechneten iibereinstimmt, erkl~irt sich nun reingesagt eben daraus, dass jene Voraussetzun- gen auf welchen die gangbare Formel basirt ist, phy - s i o l o g i s c h unmiiglich sind. Um die bei Benutzung derselben Loupe mSglichen vcrschiedenen Vel.griisse- rungen zu bestimmen, miisste eine neue Gr~sse einge- s werden; die Entfermmg des Auges yore optischen Mittelpunkte dcr Linse, und die bestimmte sogenannte dentliche Sehweite mlisste aufgegeben werden. Fol- gende Construetioa zeigt nun zuniiehst, welchen Weg die Strahlen wirklich verfolgen, indem sie yon einem zwischen einer Linse und ihrem ,Brennpunkte befind- lichen Obiecte durch die Linse in das Auge gelangen und das Bild auf der Netzhaut bilden.

Es sei f der Hauptbrennpunkt einer Linse eh, also af (F) dim Brennweite, be ein kleiner Gegenstand, der sich zwischen dem Brennpunkte und der Linse befindet, uad zwar in der Entfernung ac (~) yore optischen Mit- telpunkte der Linse, und in der Entfernutlg cf ( F - - a) vom Brennpunkte, so findt man den virtuellen Vereini- gungspunkt der yon b ausgehenden Strahlen nach ihrem

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Durchtritte durch die Linse sehr leicht durch fol- gende Hiilfslinien: Mail ziehe die Linie fb yore Brenn- punkte der Linse nach dem iiussersten Objectpunkte b, verliingere dieselbe bis sic die Ebene der Linse bei e schneidet, und ziehe dann durch e eine Linie, welehe der Hauptachse der Linse po parallel ist. Man ziehe ferner yore Punkte h eine Linie nach dem Mittelpunkte der Linse a, und verl~ingere diese Linie riickwilrts, bis sie jene mit der Achse tier Linse parallele Linie ed fit d schneider. Der Punkt d ist dann der virtuelle Ver- einigungspunkt der von b ausgehenden Strahlen nach dem Durchtritt derselben durch die Linse; denn der yon b in der Richtung ba (oder da) die Linse treffende Strahl beh&ilt als Richtungsstrahl auch nach dem Durch- tritte durch die Liase seine friihere Richtung*) bei. Der yon b ausgehende Strahl be geht aber, der Con- struction zufo]ge, auch yore Brennpunkte f aus, und muss demnach jenseit der Linse parallel sein mit der Linie po, welche yore Brennpunkte aus durch den Mit- telpunkt der Linse geht. Diese beiden yon b ausge- henden Strahlen be und ba setzen also nach dem Durchtritt dureh die Linse ihren W e g so fort, als ob sic vom Punkte d herkiimen, u n d e s ergiebt sich yon selbst, dass dies nicht nut yon den beiden genannten Strahlen, sondern yon allen Strahlen gilt, welche, yon b ausgehend, zwischen a und e durch die Linse treten - - sie haben alle ihren virtuellen Vereinigungspunkt (oder virtuellen Bildpunkt) in d. Wenn man nun .jenseits der Linse in beliebiger Entfernung ein Auge anbringt, so ist es leicht zu ersehen, welches unter den yon b ausgehenden Strahlenbiindeln in dasselbe zur Forma- tion des Netzhautbildes hineindringen kann, es ist dies

~) Von der geringen seitlichen Verschiebung, die er als ein zwei parallele Fl~ichen in schri4ger Richtung durchsetzender $trahl erfKhrt, gbtuben wir bier wie im Fo[genden absehen zu dlirfen.

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Fig. 2.

n~mlich nut' dasjenige Strahlenbfindel, welches repr~- sentirt wird doreh die graden Linien, die yon d aus nach den R~ndern der Pupille gezogen werden, nnd es ist klar, dass der Bildpunkt auf der Netzhaut dureh diejenige grade Linie angegeben wird, welche von d aus durch den sogenannten Kreuzungspunkt (odor die der einfachen Construction halber vereinigt gedaehten Knotenpunkte) des Auges geht.

Diese Construction zeigt schon ohne Weiteres, in welchem Verh~iltniss das Netzhautbild durch die Loupe vergriissert wird. W/ihrend ohne Linse das Object bc

tin Netzhautbild liefert, das die Netzhautfl~iche ig be- deek~, wird dieses Bild dutch Zwisehenkunft der Linse in eh, bei derselben Entfernung des Auges yore Ob.ieete, so vergrilssert, (lass es den Raum i t einnimmt. Die wirkliche Vergriisserung dutch die Linse wird also aus- gedriickt durch das Verh~ihniss der Gr(isse des Netz- hautbildes it zllr Griisse des Netzhautbildes iy. Dies VerMiltniss ist abet, der Construction zufolge:

i t : i y = a m : a r == cn '. cb == p d : p q = tg i o t : tg ioy :=

tg dop : tg qop - - tg mo a : t g r o a = tg noc : tg boc.

Es ist somit schon hiernach einleuchtend, wie un- genau es ist, wenn man, ohne j e n e p h y s i o l o g i s c h u n m ( i g l i e h e n V o r a u s s e t z u n g e n a u s d r i i c k l i c h zu n e n n e n , ganz allgemein den Satz hinstellt, dass eine Loupe nut dadurch vergr~issere, dass sie es dam

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Auge mSglich mache, einen dem Auge fiber die deut- liche Sehweite hinaus geniiherten Gegenstand deutlieh zu sehen.

Mit Hiilfe obiger Construction l/isst sich nun eine allgemein giiltigc und der Beobachtung entsprechende Formel ffir die VergrSsserung (lurch eine Loupe auf folgende Weise ableiten, wenn ~ tier Abstand des Ob.jets vom optischen Mittelpunkte der Loupe, to der Abstand des optischen Mittelpunkts des Auges yon der Loupe, und F die Brennweite der Loupe gegeben sin&

tg iot t 9 hoe

tg Joy 19.boe

n c 3g x t ~ . ~ I O C ~ - - : = - - ~ . . . . .

oc op to -f a +- z

8

t f f b o c ~ - . . . . r - t (~

X

tg lot tg hoe w % a q- z x . (to -+ a} also . . . . . . . . . . . . . . . . . s7(.~ q5 d . ~ ) (1) tg Joy tg hoe s

Ferller ist x~ ea

X t y e f a ..... P

tg . q'c - F ~ , , .

x F x : s - ~ F : F - - a oder ~ == F - - ~

Daraus folgt: x. (o~ + a) _ F. (to + u) (2) s . (to + . + z) ( F - - a ) , (to + ~ + z)

Ferner ver|dilt sich:

s : x = a : a - V z - = F - - a : F

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a F also a-+ z - - F ~ - a

Daraus folgt:

x . (~o -+. u) F . (~0 + u)

~. (o, + ~, + :) ~ ( F - - ~) . (,, + , ~ : z i

F. (to + ,~) F. (o, + a)

F . {o~ -~- a) F . (co -Jr a) 1

F.~o - a . w - ~ - a F F. (o~-+-a)- -aeo 1 - - aw (3) F (~o + a)

1

Diese Formel 1 a.eo dr[ickt also die effec- F. (~o + a)

rive VergrSsserung aus, welehe durch die Loupe her- vorgebracht wird, indem das Bild auf der Netzhaut in diesem Verh~ihnisse gr5sser wird, als es ohne Loupe, unter sonst gleichen Umst~inden sein wiirde. Man sieht sogleich, dass nut in dem l)hysiologisch unm5glichen Falle, wo ~o ~ O w~re, keine andere VergrSsserung dutch die Loui)e entstehen wiirde, als insofern einc grSssere Ann~iherung des Objects an das Auge unbe- schadet der Dcutlichkeit des Netzhautbildes dureh diese mSglich gemacht wird. Vergleicht man die nach dieser Formel berechneten Vergr5sserungen durch eine Loupe, mit den durch binocul~ires Sehea in oben erw~ihnter Weise gefundnen Werthen, so findet man, dass sic vollkommen iibereinstimmen, class die Formel also wirklich die beobachtete Vergr5sserung ausdriickt.

Obige Construction und die daraus abgeleitete Formel hatte ich gegen den Schluss des Jahres 1857 zu Stande gebracht, und dieselbe mehreren Cqllegen,

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namentlich unserem Mathematiker, me|nero Freunde und Collegen Professor W e y e r mitgetheilt, der mir behiilf lich war die Formel zu vereinfachen. Demn&ichst aber erupting ich im August 1858 eine kurz vorher in , , V i d e n s k a b e r n c s S e l s k e b s O v e r s i g t over de t s F o r h a n d l i n g e n i 1857" erschienene Arbeit yon D. F. E s c h r i c h t : , S t u d i e r o v e r P e r s p e c t i v e ( g . i enncm dct b e v c b e n d e Oin", worin der Verfasser, mein hochgesch~tzter Freund und Lehrer, auf einem anderen Wcge grade zu derselben VergrSsserungs- formel gelangt is(. Dieser Umstand, (lass wit Be|de, ohne eine Ahnung davon zu haben, class wit uns mit derselben Frage beschMtigt batten, auf ganz verschie- denen Wegen zu demselbdn Ziel gelangt waren, ent- hielt eine erfreuliche Biirgsehaft filr die Richtigkeit unserer Formel. Die Prior|t/it kommt E s c h r i e h t um so mehr zu, als er sich, wie er mir mittheilt, schon seit 1849 mit diescr Frage besch~ifiigt hat. Ibm geblihrt zugleich das Verdienst, das Verh~iltniss, in welchem (tie Vergr5sseruug sich durch Ver~inderung des Ab- standes zwischeu Obicct und Linse ver/indert graphisch dargestellt zu habetl i.ind seine Arbeit auch at,f' concave Linsen und Linsensysteme, sowie auf Hohlspiegel und convexe Spiegel attsgedehnt zu haben. Ieh habe jedoch vorstehende Mittheih,ng nicht zurSckhalten wollen, well tier Weg, den wit' eiugeschlagen haben, wesentlich verschieden |st, und well racine Construktion mir darin einen Vorzug zu haben scheint, dass sic den object|- yen Gang der Lichtstrahlen auf eine anschauliche Weise darlegt. E s c h r i c h t is( n~mlich veto Auge ausgegangen, und hat die Berechnung der Perspective ver/blgt, w~ihrend ich den objectiven Gang der Strahlen, veto Obieet zur Netzhaut, zerlegte, und darauf die Be- re('hnung grllndete. E s c h r i e h t s Weg |st dadurch sehr viel weitl/iuftiger geworden, ja konnte nut auf

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Umwegen znm Ziele fiihren, und derselbe ffhrte nieht zu einer Constrtiction, welche dan ob.iecdven Gang der Strahlen veranschaulicht. Eine ~lterc, seinem 1851 er- schienenen Handbuche endehnten und hier wieder ab- gedruckte Figur entspricht nicht diesem Zwecke, indem dieselbe verlangt, (lass voa den heiderJ Strahlen, welcho das yore ~iussersten Punkte des Gegenstandes in das Auge gelangende Strahlenbiindel begc';inzen, der eine den Mittelpunkt der Linse, der andere den optischen Mittelpunkt des Auges durchsetzen soll, was in den meisten F~illen faktisch unm(iglich ist, utJd was in der Figur auch nut dadurch erreicht ist, (lass der Kreu- zungspunkt der Richtungsstrahlen (:,der optische Mit- telpnnkt des Auges") ungeblihrlieh wait nach hinten verlegt worden ist. Es ist natiirlich nicht im Entfern- testen meine Absieht das Verdienst meines verehrten Lehrers und Freundes dutch diese Bemerkung im Ge- ringsten sehmiilern zu wollen, sondern ich habe damit nut meine Berechtigung zn vorstehender Mittheilung naehweisen wollen, dutch die ich zugleich die Aufmerk- keit eines gri~sseren Publikums auf E s c h r i c h t s aus- fiihrliche und h(ichst verdienstvolle Arbeit hinlenkcn wollte.

III. Die scheinbare Grtisse tier gesehenen Ob.jeete ist jedoch n i e h t a l l e i n yon dex" Griisse des Netzhaut- bildes abh~ingig, das beweisen folgende grossentheils schon bekannte Wahrnehmungen.

1. Das Bild eines fernen Objects, das man mittels der Wollaston'schen Camera lucida erh~ilt, erscheint Demjenigen , der die Umrisse desselben in gewtihn- licher Wei se naehzeiehnet, viel kleiner, als das ferne Object selbst, obgleich man sich duu Ausfiihrung des Ganges, den die Strahlen auf ihrem Wege zur Netz- haut beschreiben, leicht iiberzeugt, dass das Netzhaut- bild, welches durch das Spiegelbild hervorgebraeht

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wird, nicht kleiner, sondern im Gegentheil ein klein wenig grSsser ist, als das Netzhautbild, welches durch ,tie vom Objecte selbst kommenden Strahlen gebildct wird. - - Dahingegen erseheint das Bild eines sehr nahen Gegenstandes, das man z. B. bci Benutzung der Wollaston'sehen Camera lueida am Mikroskope er- hiilt, Dem.jenigen, der e~ naehzciehnet, griisser, als das direkt durch das Mikroskop betraehtete Object.

2. VeNindert man die Accommodation des Auges, wRhrend man ein solehes dureh die Camera lueida her- w)rgebraehtes Bild eines fernen ()bjeetes mit bestimm- ten Umrissen betraehtet, so "andert sieh zugleich aueh die seheinbare GrSsse des Bildes in der Weise, class es bei der Accommodation fiir die N/ihe kleiner, bei der Accommodation ffir die Ferne dahingegen grllsser erscheint. Die Verkleinerung des Bildes bei der Accom- modation fiir die Niihe ist um so merkwiirdiger, als ,let Raum, den das Netzhautbild einnimmt, dureh die Zerstreuungskreise desselben in der That vergrSssert sein muss, wenn das ibrnc Bild mit eincm f'fir die Niihe accommodirtcn Auge betrachtet wird. Dieselbe l~rseheinung ist yon H e e r m a n n und L u d w i g bei einer andcren Einrichtung des Versuehs bereits be- sprochen worden. L u d w i g sagt dariiber in seinem L c h r b u c h e der P h y s i o l o g i e des M e n s e h e n . Heidelberg 1852. I. Theil. Pag. 252: ,,Vergleicht man die Gri3ssc zweicr in betriiehtliehen Entfernungen yon einander gehaltenen Gegensliinde z. B. die Fenster eines gegeniiberstehenden Hauses und ein in der Hand ge- haltenes Bleistift, eine Messerklinge etc., so wird der n'ahere Gegenstand scheinbar grSsser, wenn man auf' das Fenster aceommodirt, und umgekehrt, das Fenster auffallend kleiner, wenn man auf das Bleistift accom- modirt. Diese Thatsache kann nicht, wie H e e r m a n n will, aus der verschiedenen Griisse tier Bilder auf tier

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Retina bei Einstellung auf N~ihe oder Ferne abgeleitet werden, da im ersten Falle allerdings das scheinhare Grilsserwerden des n~iheren Gegenstandes mit seinem Erscheinen im Zerstreuungsbilde aui' der Retina. also mit einer wirkliehen Vergr(isserung zusammenf~llt, im zweiten Falle dagegen die scheinbare Verkleinerung des ferneren Gegenstandes ebenf'alls mit einer wirk- lichen Vergriisserung des Retinabildes zusammentrifft. Eine Erl~iuterung dariiber zu geben, wie diese drei Elemente zusammenwirken, und vermittelst welchem Mechanismus sie auf die Seele wirken, ist unmiiglich. Aufmerksamkeit verdient abet der Umstand, dass die durch diese Elemente gegebne Grundlage der Vorstel- lung durch keine Erinnerung oder anderweitige bessere Ueberzeugung verdr~ingt oder bew/iltigt werden kann".

3. Hieran schliesst sich ein seit langer Zeit ge- kannter Versuch. Wenn man n~imlich ein Nachbild z. B. einer Kerzenflamme in seinem Auge erzeugt hat, so erscheint dasselbe grCisser, wenn das Auge filr die Ferne, kleiner wenn es fiir die N~ihe accornmodirt ist, und zwar ist diese Wahrnehmung auch l'iir Denjenigen, der sehr gut weiss, dass die Griisse desselben auf der Netzhaut durch die Accommodation nicht ver~ndert warden kann, durchaus zwingend.

4. Hierher gehlirt i'erner eine sehr merkwlirdige Erseheinung, die sich leider nicht so leicht reproduciren l~isst. Als ich vor etwa 10 Jahren einmal allein auf meinem Zimmer wegen einer unertr~glich hefligen Neuralgie Aether inhalirte, machte ich n~imlich eine Beobachtung, die rnir unvergesslich geblieben ist, und iiber die ich oft vergeblich naehgedacht und Fachge- nossen befi'agt habe. Ich fixirte n~mlich, auf dem Bette liegend, ein an der Wand h~ingendes grosses Bild, und nachdem ich in den Arrnen und Beinen ein dem sogenannten Einschlafen der Glieder ~ihnliches

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priekelndes Geffhl gehabt, und bei mSgliehst starkem Kneipen racine Finger fast geffzhllos gefunden hatte, wurde das Bihl scheinbar immer kleiner und kleiner und schien dabei in eine grosse Ferne Mnauszuriicken. Als es ganz klein geworden war verschwand es, indem mir Alles vor den Augen sehwarz wurde und heftiges Ohrenbrausen aufirat. Ieh hSrte nun mit den Aether- inhalationen auf und lag eine Weile regungs- und empfindungslos mit offenen Augen da; dann als die Sinnesempfindung zuriiekkehrte, wurde aueh sogleieh das Bild wieder wahrgenommen, anfangs sehr klein und fern, dann niiher kommend und gr~3sser werdend, bis es, naehdem Empfindung und willk{ihrliehe Bewe- gung v011ig zuriiekgekehrt waren, die gewg3hnliehe GrSsse erreieht hatte. Ieh war wShrend der ganzen Zeit, erstaunt iiber diese auffallende Erscheinung, mit freilich vergeblichem Naehdenken iiber dieselbe besehM- tigt, und die ungestSrte Thiitigkeit meiner Verstandes- kr'afte biirgte mir fiir die BegrSndung der Erseheinung in der sinnlichen Wahrnehmung. Da mir die GrSssen- verliuderung des Nachbildes bei der Accommodation wohl bekannt war, konnte ieh bride Ph/inomene ver- gleichen, und kann versichern, dass diese so eben be- sprochene Verkleinerung des Bildes sehr viel betrilcht- licher war, als in jenen und als in allen den vorhin besprochenen F'allen. - - Ein befreundeter College, dem ich die anget'~hrte Erscheinung mittheilte, versicherte, dass ihm dieselbe aueh und zwar in seinen Knaben- jahren in der Kirehe, vorgekommen sei, indem er, mit aller Anstrengung das Gefiihl der SchlMeigkeit be- k'ampfend, und mit unverwandtem Blieke den Prediger anschauend, diesen immer kleiner werden, und in write Ferne hinausriicken sah. Ein anderer behauptete in

e i n e m Typhus dieses Ph'aaomen des Kleinerwerdens und des damit verbundnen in die Ferne-Riickens an-

Archly ftir Ophthalmologie. V. 1, 2

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gestarrter Ob.jecte gehabt zu haben, und endlich er- fahre ich, dass diese Erscheinung in der Psychiatric sehr wohl bekannt ist, und gar nicht selten yon Per- sonen, die an Gehirnaffectionen leiden, rnit sehr grosset Bestimmtheit angegeben wird. Im Haschischrausche soil sic iiberdies constant sein.

5. Die Convergenzzust~nde der Augenachsen haben einen schon yon H. M e y e r in Poggend. Ann. 85. Bd. 198 besprochnen Einfluss auf die scheinbare GrSsse, indem dieselbe um so geringer wird , je sOirker die Augenactlsen convergiren. Statt des yon H. M e y e r Fdr diesen Versuch benutzten Spiegelstereoskops yon W h e a t s t o n e , kann man sich mit dem besten Er- folge der yon H a l s k e zuerst construirten beweglichen Objecte bet Anwendung des gangbaren Linsenstere- oskops bedienen. Wenn man die beiden beweglichen Bilder einander n~ihert, so scheint das Sammelbild dem Beobachter entgegen zu riicken, und wird zugleieh kleiner, wenn man dieselben dagegen yon einander entfernt, so scheint das Sammelbild sich zu entfernen vom Beobachter und zugleich grSsser zu werden.

Es liesse sich die Zahl dieser F/tile, in denen die scheinbare GrSsse yon der GdJsse des Netzhautbildes unabh~ingig ist, noch betr~chtlieh vermehren; hier wol- len wit uns jedoch auf die angefiihrten Thatsachen be- schdlnken, indem wir versuchen wollen, dieselben auf ihre element~iren Bedingungen zuriiek zu i~dhren.

Am bequemsten und einfaehsten w~ire es nun fret- lich, die genannten Erscheinungen in Bausch und Bogen dutch die psychischen Th~itigkeiten zu erkl~h'en, wie es auch yon mehreren Seiten her geschehen ist, oder auch, wie z. B. L u d w i g es gethan hat, yon vorn herein die MSglichkeit in Abrede zu stellen, den Mecha- nismus nachzuweisen, durch welchen die Seele hier in ihrem Urtheile iiber die Grilsse bestimmt wird. Wenn

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wir jedoch den ohne Widerspruch gliltigen Satz fest- halten, dass eine jede sinnliche Wahrriehmung zun~ichst auf sinnlicher Empfindung, odor bestimmt ausgedriickt, auf bestimmten Erregungsweisen tier nerviisen Elemente basirt ist, und (lass demn/ichst die psychischen Th~itig- keiten (]as yon der sinnlichen Empfindung gelieferte Material zur Vorstellung bearbeiten, so lilsst sich die Aufgabe, den Antheil, den die sinnlichen Empfindun- gen, und denjenigen, den die psychischen Th&itigkeiten an den bei der Beobachtung gewonneaen Vorstellungen haben, zu eruiren, nicht so ohne Weiteres abweisen. Man ist hierzu um so weniger berechtigt, wenn eine Sinnest~iuschung vorliegt, die so zwingend ist, dass die dutch besseres Wissen geleiteten psychischen Th~itigkei- ten ausser Stande sind, die bei der Beobachtung ge- wonnene Vorstellung zu ver/indern. Denn grade in diesem Umstande liegt, wie ich schon in meiner oben erw~ihnten Schrift hervorgehoben habe, ein KriteHum, durch welches man, bei geeigneter Anwendung, im Stande ist, die sinnlichen Momente yon den psychi- schen zu sondern. Indem niimlich der Beobachter im Stande ist, seine Auf'merksamkeit beliebig einem 3eden Theile des Inhalts seiner Wahrnehmung zuzuwenden, ist es ihm mSglich, iiber die einzelnen sinnlichen Mo- mente, die bei derselben in Betracht kommen, zu expe- rimentiren, wenn er den Grundsatz festh~ilt, dass eine jede sinnliche Wahrnehmung, also auch eine solche, die eine T~iuschung des Urtheils bedingt, somit die Urtheilst~iuschung selbst, schwinden muss, wena sic yon ihrem maassgebenden sinnlichen Momente losge- l~ist wird.

Um diesen Grunds~itzen gem~iss die Erkl~irung der aageFdhrten Erseheimmgen zu finden, muss man sich zun~ichst fragen, welche sinnlichen Momente hierbei in Betracht kommen k~innten, um dieselben darauf

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e i n z e l n beziiglich ihres w i r k l i c h e n Einflusses zu prlifen.

Man k~innte sieh nun entweder 1)denken, dass die sinnliehe Empfindung des Netzhautbildes selbst, beziig- lich der wahrgenommenen Griisse, unter Umsffinden so ver~indert werden k~innte, dass ein gleich grosses Netz- hautbild in einem Falle als grosset e m p f u n d e n w(irde, als im andern, oder aber 2), dass das U r t h e i l fiber zwei unmittelbar als gross empfimdne Netzhaut- bilder durch anderweitige sinnliche Momente gleichsam verschoben werden klinnte, so dass es in einem Falle anders ausfiele als im andern. Im letzteren Falle wlirde also die bereits durch einen elementilren Denkakt be- arbeitete Empfindung mit der unmittelbaren sinnlichen Empfindung verwechselt sein.

Ersteres wiirde in Betracht kommen, wenn man annehmen diiri'te, dass der Kreuzungspunkt der Pro- jectionslinien im Auge nicht dutch den Kreuzungspnnkt der objectiven Richtungsstrahlen, sondern durch die ver~inderliche Lage der Pupille bestimmt wird. Diese Ansicht ist yon C z e r m a k insofern angebahnt worden, als er mit vollem Rechte zwei Folgerungen betont hat, welche aus dem bekannten S c h e i n e r ' s e h e n Versuehe hervorgehen, n~imlich 1), dass die Riehtung, aufwelche ein Punkt des Netzhautbildcs bezogen wird, ganz un- abh~ingig ist yon tier Riehtung der objeetiven Licht- strahlen, - - class mithin die Richtung der objeetiven Lichtstrahlen durch die Ne|zhaut nicht percipirt werden kann; 2) dass die Projection des Netzhautbildes in ge- kreuzter Riehtung, durch einen im Innern des Auges gelegenen (vorl~ufig unbekannten) Kreuzungspunkt eine angeborne Empfindungsqualit~it, und nicht angelernt ist. Nun wies s H e l m h o l z in seiner ausgezeieh- neten, leider noch nicht ganz erschienenen Arbeit fiber physiologische Optik in K a r s t e n s allgemeiner Eney-

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klop~idie der Physik 1. Lief. pag. 98--100 nach, ,,dass sich beim Visiren zwei ungleich welt entfernte Punkte decken, wenn das Bild des einen in die Mitre des (immer der Pupille entsprechenden) Zerstreuungsbildes des anderu f'dllt, odoT" (lie Mittelpunkte beider Zerstreuungs- bilder auf einander fallen, falls beide undcutlich ge- sehen werden. Die sie verbindende Linie, die Vi s i r - l in ie , muss (wie ausfiihrlich nachgewiesen wird), mit dem Strahle zusammeafallen, dcr nach dem Mittel- punktc des Hornhautbildes der Pupille geht, und dieser letzterc Puukt wird deshalb Kreuzungspuakt der Visir- "lmien seia. Der Strahl, dcr die Mitre des Zerstreuungs- kreises trifft, geht abet im GlaskSrper verl~ingert durch den Mittelpunkt des Linsenbildes der Pupillen, in der vordern Kammer geht er in der That dutch den Mit- telpunkt der wirklichen Pupille, und in der Luh ver- l/ingert dutch den Mittelpunkt des Hornhautbildes der Pupille. Der Begriff des Gesichtswinkels hiingt hiermit nahe zusammen. W e n n m a n s a g t , d a s s Ob.iecte , die u n t e r g l e i c h e m G e s i c h t s w i n k e l e r s c h e i n e n , g l e i c h e s c h e i n b a r e G r i i s s e h a b e n , so m u s s m a n den S c h e i t e l des G e s i c h t s w i n k e l s in d e n K r e u - z u n g s p u n k t de r Vis i r l in ien l egen . Gewiihnlich hat man ihn aber in dea Kreuzungspunkt der R ich- t u n g s l i n i e n verlegt. Fiir sehr welt entfernte Punkte wird die Griisse der Gesichtswinkel dadurch nicht ver- ~indert, fiir nahe abet allerdings." Nimmt man nun hiernach an, dass der Kreuzungspunkt der Projections- linien (oder Sehlinien, oder Sehstrahlen, oder Visir- linien) dutch die Pupillarebne bestimmt wird, so ist es klar, class das Vorrficken oder Zur[icktreten der- selben, bei gleichbleibender Griisse des Netzhautbildes, die scheinbare Gr~sse des projicirten oder em ps d e n e n Bildes ab/indern kSnnte. Wenn n/imlich das Netzhautbild ab dutch den Punkt i projicirt wird (indem

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die Pupille der Cornea gen~ihert ist), so wfirde es in der Gr~sse ef empfunden werden, wean es hingegen durch den Punkt o projicirt wird (indem die Pupille yon der Hornhaut mehr enffernt worden ist), so wfirde

Fig, 8.

es in der Grgsse cd percipirt werden. Bei n~iherer Er- w~gung stellt sich indess heraus: a ) d a s s die schein- bare Grlissenver~inderung, die das Bild dutch diesen Mechanismus erfahren kSnnte, nur fiir solche Objecte, die so gross und nahe sind, dass die Grfinzen ihrer Netzhautbilder auf seitliche Netzhautpartieen fallen, einigermaassen erheblich sein, i~ir kleinere oder fernere Objecte abet nut ~iusserst gering ausfallen kilnnte, da die ganze Ortsver~inderung, welche die Pupillarebene bei den Accommodations-Ver~inderungen erf~ihrt nach H e l m h o l z nut 0,427 ram. beir~igt, b) Dass die unter gewShnlichen Verhiiltnissen bei der Accommodation stattfindenden Ortsver~inderungen der Pupillarebene und die dadurch entstehende Ver~inderung der scheinbaren GrSsse des Netzhautbildes, durch eine in entgegenge- setztem Sinne statthabende wirkliche Gr~ssenver~inde- rung des Netzhautbildes compensirt werden wfirde. In- dem n~imlich bei der Accommodation fiir die N~ihe ein Vorriicken der Pupillarebene statt hat, wodurch also eine scheinbare Verkleinerung des empfundenen Bildes statt haben wfirde, riicken zugleich die Knotenpunkte oder der Kreuzungspunkt der objectiven Richtungs- strahlen (z. B. yon s nach t) vor, und hierdurch wird

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also das Netzhautbild real v e r ~ r ~ s s e r t , wie Blick auf die Figur lchrt:

Fig. 4.

ein

Da nun aber die Ortsverllnderung der Knotenpunkte bei den Accommodations-Ver~inderungen nach H e l m - holz 0,401 his 0,4,12 ram. betr~igt, also derienigen tier Pupillarebne fast genau entspricht, so ist es offenbar, dass dieser Mechanismus nicht bei denienigen Ver~ia- derungen der scheinbaren GrSsse in Betracht kommen kann, welche die Accommodations-Ver~inderungen beim Sehen unter gewShnlichen Verh~iltnissen begleiten.

Fiir zwei der oben erw/ihnten F~ille w~ire dieses jedoch mSglich und nicht unwahrscheinlich. E r s t e n s w~ire dies n~imlich bei dem unter 3 besprochenen Ver- suche mSglich, wo ein Nachbild bei der Accommoda- tion /'fir die N~he in seiner scheinbaren GrSsse verklei- nert, bei der Accommodation fiir die Ferne abet ver- grSssert erscheint. Denn in diesem Falle bleibt der in entgegengesetzter Richtung wirkende Einfluss der gleich- zeitigen Ortsver/indcrung der Knotenpunkte selbstver- st~indlich aus. Z w e i t e n s kSnnte der besprochene Mechanismus vielleicht zur Erkl/irung des unter 4 be. sprochenen Falles dienen, wo im Aethcrrausche und in verwandten Zusffinden eine so auffallende Vcrkleine- rung des Bildes wahrgenommen wurde. Wenn man sich n~mlich vorstellt, dass unter diesen besonderen Verh~ihnissen eine vollst~indige L~ihmung des ganzen Muskelapparats, der die Linse und die Pupille bei der

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Accommodation der Retina n~ihert oder sie yon der- selben entfernt, eintr~ite, so dass z. B. durch Lilhmung des m. ciliaris die Iris, dem elastischen Zuge das lig. pectinatum [iberlassen, m~iglichst welt nach vorn rlickte, w~ihrend die Linse, dem elastischen Zuge der Zonula Zinnii ganz iiberlassen, m~iglichst abgefiacht und zugleich so stark nach hinten riickte, dass eine namhafie camera oculi posterior entsdinde, so wiirden zwei Momente zu- sammenwirken, um die scheinbare Verkleinerung des Bildes zu bewirken. Es wiirde n~imlich durch das Zu- riickriicken der Knotenpunkte das Netzhautbild real verkleinert werden, und es wiirde s der Winkel, den die Projectionslinien in ihrem Kreuzungspunkto mit einander bilden durch das Vorrlicken der Pupillar- ebene noch weiter verkleinert werden. Diese Hypothese, welche noch dem Umstande Reehnung tr~igt, dass die scheinbare Verkleinerung in diesem Falle, wie ange- f'dhrt, bedeutender ist, als in den andern, w~ire in ge- eigneten F~llen experimej~tel, besonders mit Hiilfe der Spiegelbilder an der Linse und des yon C z e r m a k wieder zm" Spraehe gebrachten 0rthoskops zu priifen. Da aber die subjective Empfindung hierbei maassge- bend ist, wiirden Versuche an Thieren nicht zu einem sicheren Resultate fiihren kiinnen.

Beziiglich des Einflusses, den die Accommodations- zust~inde, den oben sub 2 besprochenen Erf'ahrungen zufolge, in so evidenter Weise auf die scheinbare Grlisse haben, kiinnte man in Zweifel sein, ob eine Ver/inde- rung der Empfindungsweise des Netzhautbildes, oder ob eine Verschiebung und Vedinderung des U r t h e i l s durch die bei der Accommodation statthabende Nerven- erregung gesetzt wird. Diese Nervenerregung bei der Accommodation ist aber eigentlich eine mehrf'ache, und geht aus 1) yon der Innervation, die (lurch den Willens- impuls und durch die Intention im Centralorgane ge-

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setzt wird, 2) yon den Ver~nderungen, die bei der Contraction im M,~skel erfolgen und 3) yon den Ver- ~inderungen, die das Organ secund~ir (lurch die Muskel- contraction erfiihrt. Es handelt sich dabei also keines- weges ausschliesslich und nothwendig um das hypo- thetische Muskelgef'dhl, yon dem man gew;Jhnlich spricht. Das hier, fiber die Nervenerregung bei der Accommodation, Gesagte, gilt natiirlich in gleicher Weise beziiglich de~:jenigen Ncrvenerregung, welche dutch die Convergenzzust~nde der Augenachsen mittelst tier Augenmuskeln gesetzt wird. Es ist nun allerdings schwer sieh zu denken, und unmilglich sich dariiber eine klare Vorstelhmg zu machen, wie die Richtungs- empfiadungen der Netzhautpunkte, welche die Empfin- dung der scheinbaren GrSsse zun~ichst bestimmen, yon .iener Nervenerregung, weiche die Accommodation be- gleitet, direkt influencirt werden sollten. Obgleich dieses bei dem undurchdringlichem Dunkel, das das Wesen der Empfiadungsqualit/iten fiberhaupt in letzter Instanz umhiillt, kein vollgiiltiger B e w e i s gegen eine solche direkte Ver~nderung der Empfindung selbst ist, so muss man doch gestehen, dass sich eine viol leichter fass- liche Erkl/irung darbietet~ wenn man annimmt, dass eine Verschiebung oder Ver~inderung des U r t h e i l s durch die bei der Accommodation statthabende Nervenerre- gung gesetzt wird, class hier mithin die bereits dutch einen elementarcn Denkakt bearbeitete Empfindung mit der unmittelbaren sinnlichen Empfindung verwechselt wird. Dieser letzteren Annahme zuiblge kiinate nun die scheinbare Griisse bei der Accommodation durch folgenden Mechanismus ver~indert werden.

Der Accommodationszustand des Auges fiir die N~ihe ist yon einer eigeathiimlichen Empfindmlg be- gleitet, die man gewiihnlich als Muskelgef'dhl zu be- zeichnen pflegt, ohne dass es iedoch, wie gesagt ~r-

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wiesen w~ire, dass diese Empfindung zun~chst vom sensibeln Nerven des Muskels usginge. Der Accom- modationszustand des Auges tu~ die Ferne ist yon einer wesentlich aaderen Empfiadung begleitet. Diese speci- fischen Empfindungsweisen der verschiedenen Accom- modationszust~inde des Auges lernen wit durch die Uebung so unterscheiden, dass wit, uns ihrer Leitung iiberlassend, im Stande sind, auch ohne Hfilfe ~iusserer Objekte, das Auge willkfihrlich fiir Nahesehen oder fdr Fernsehen einzurichten, und sie machen es miiglich, dass wir beim Sehen mit einem Auge, auch bach Ent- fernung der andern leitendea Momente (als Lieht und Schatten, relative Griisse u. s. w.), bis zu e i n e m ge - w i s s e n G r a d e im Stande sind, fiber die Entfernung eines unbekannten Objekts yon unbekannter Griisse zu urtheilen. Insofern nun diese~ die Accommodation be- gleitenden specifischen Empfindungsweisen, ein wesent- liches Moment bei der Beurtheilung der Enffernung ab- geben, miissen sie eo ipso auf die Beurtheihmg der Gr(isse Einfluss haben, da eine der allerersten Erfah- rungea, die gemacht werden~ wenn ein neugebornes Individuum sehen lernt, eben die perspectivische Erfah- rung ist, dass ein naher Gegenstand kleiner ist, als ein fernes Objekt, das denselben Gesichtswinkel ein- nimmt. Dieser unzertrennliche Zusammenhang unseres Urtheils fiber die Entiernung eines Gegenstandes, und unseres Urtheils fiber die Grfisse desselben, ist einem ieden Sehenden so gel~iufig, dass er sich des Denk- akts, dutch den das zun~ichst gebildete Urtheil fiber die Entfernung in eia Urtheil fiber die Griisse iibersetzt wird, nicht bewusst wird, und nicht bewusst werden kann. Es wfirde hiernach eine unwillkfihrliche und mit einem gewissen Zwange erfolgende Verwechselung des Urtheils fiber die absolute Griisse mit der unmittelbaren E~pfindung der relativen Griisse statthaben, und eben

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diese Verwechselung wiirde den beobachteten Einfluss auf die scheinbare Gr~isse haben. Diese Erkllirung wiirde zun~ichst auf die oben sub 2 besprochenen Er- scheinungen Anwendung finden, sie wiirde abet zum Theil auch ffir alle die andern, wenigstens fdr die sub 1, 3 und 5 besprochenen Ph~inomene in Betracht kommen kSnnen. In alien diesen F~illen ist n~imlich die schein- bare Verkleinerung, die vlillig unabMingig yon tier wirklichen Grilsse des Netzhautbildes wahrgenommen wird, yon einer Accommodation fiir die Niihe begleitet, welche, wie eben entwickelt, ein Urtheil motivirt, dem- zufolge das Objekt fiir kleiner erkl~irt wird. Es wird iiberfliissig sein, dieses mit Bezug auf die einzelnen oben besprochenen Wahrnehmungen durehzuf'dhren; nut dass der sub 5 besprochene Einfluss der Conver- genzzust~inde der Augenachsen nut" die scheinbare Gr(isse zum Theil hierher gehiirt, bedar_f noch einer kurzen Er;Srterung. Die Convergenzzust~inde der Augen- achsen sind n~imlich, wie J. Mi i l le r so stark betonte, yon Accommodations-Ver~inderungen begleitet, indem die Augen auch wirklich i~dr die N~ihe accommodirt werden, wenn die Augenachsen, um einen nahen Punkt zu fixiren, stark convergent gemacht werden. Dieser Connex der Accommodation mit der Convergenz der Augenachsen ist freilich nicht unzertrennlich, insofern man bei unver~indert paralleler Stellung der Augen- achsen z. B. beim Sehen durch die RShren des in meiner oben citirten Schrift beschriebenen Apparats, allerdings noch Fdr das immer einfach gesehene Objekt bei be- trilchtlicher Veriinderung der Entfernung accommodiren kann, aber er ist doch insofern vorhanden, als eine Accommodation Fdr eine gr~ssere Niihe unwillkiihrlich und immer eintritt, wenn wit die Augenachsen conver- genter machen. Die wahrgenommene Abnahme der scheinbaren Gr~isse, bei der Ann~iherut~g der beiden

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Bildobiekto nach der yon H a l s k e angegebenen Con- struction, ist also vollkommen [ibercinstimmend mit der auch beim rnonoculiiren Sehen bei der Accommodation wahrnehmbaren Veriinderung der scheinbaren GrSsse*). Die Wahrnehmung der Entfernung oder del" Tiefe im Raume beim Sehen mit zwci Augen ist abet, wie ich in meiner friiheren Acbeit entwickelt babe, wesentlich in einer ganz eigenthiimlichen, und specifiischen Empfin- dungsweise begriindet, welehe durch We(!hselwirkung der Erregungen beider Netzhfiute im Centralorgau des Sehens entsteht. Diese specifische Empfindung wird denn noch ferner dutch die eigenthiimliche Empfindung,

welche die Convergenz der Augenachsen an sich be- gleitet (und welche den besprochenen Accommodations- empfindungen ganz analog ist und meist mit ihnen Schritt h~ilt), insofern untersiiitzt, als diese Empfindung des Akts der Convergenz erfahrnngsm~issig mit den in diesem Falle wirklich direkt empfundenen Entfernungen iibereinstimmt und Schritt h~ilt. Es ist daher das Urtheil ilber den Abstand beim Sehen mit 2 Augen viel be- stimmter fixirt, als beim monocul~iren Sehen, und in Uebereinstimmung hiermit, ist die Wirkung auf die scheinbare Gr/)sse viel klarer und noch mehr zwingend bei der letztgenannten Einrichtung des Versuchs, als beim monocul~iren Sehen, wo die Empfindung des Accommodadonszustandes allein maassgebend ist.

*) Wenn Ludwig (Lchrbuch der Physiologio r. pag. 251 u. 252) dies in Abrede stellt, so ist das offenbar ein Irrthum, der da- durch veranlasst wiirde, dass bei dem erw~hnten Versuche M eye r s ein Spiegelstereoskop bonutzt war, wo denn allerdings die Bildob- jekie dem Auge ein wenig mohr genghert werden, indem man sie yon einander enfferni. Dass jedoch diese, durch dieso Construction geboiene, geringo N~herung der sich yon einander entfernef,den Bildobjekte an das Auge, irrelevant ist, geht aus dem ganz gleichen Effekt hervor~ der bei der Beobachtung tier Halske'schen Objekte im Linaenstereoskope wahrgenommen wird.

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Dass in der That eine solche Verweehselung der unmittelbaren Empfindung mit der bereits durch einen elementairen Denk:tkt verarbeiteten statthaben, und auf die scheinbare GrS~se einwirken kann, geht sehr sehSn aus den sub 1 besprochenen Wahrnehmungen hervor, indem dieselben zugleich zeigen, class j e n e r e l e m e n - t a i r e D e n k a k t s ich w i e d e r u m a u f e ine s i n n - l iche Basis s t i i tzen muss , um die T~ iuschung h e r v o r b r i n g e n zu kSnnen . Der Zeichner, tier eine W o l l a s t o n ' s c h e Camera lueida benutzt, erblickt nicht nut das Bild des Gegenstandes, den er nachzeichnen will, sondern zu gleicher Zeit auch den Bleistift uad seine Finger. Indem er das Bild auf den bekannten Abstand des Papiers bezieht, und indem er den Maass- stab, den der ebendaselbst gesehene Bleistift ihm ab- giebt, an das Bild anlegt, beurtheilt er immer die Gr;3sse eines sehr fernen oder sehr nahen Spiegelbildes verkehrt, indem .jenes ihm viel kleiner, dieses hingegen griisser erschebit, Ms das direkt augesehene Objekt. Entfernt er aber (len Bleistift und .ieden andern Maass- stab fiir die Gr(;s~e un(1 (lie Entfernung, indem er ganz unbefangen (lie seheb~bare GriSsse des direkt gesehenen

~ C r ~ Ohjekts mit derjenigen des Sple~elhfldes vergleieht, so ist die T'Stischung vollstiindig verschwunden, wie lbrt- gezaubert, vorausgesctzt, dass der Beobachter sein Auge helm Betrachten des Bildes auch ffir denselben Abstatld aeeommodirt, wie beim (lirekten Betrachten des (.)biekts. Er iiherzeugt sieh (lann leicht vom wahren Zusammenhange, class n~mlich das Spiegelbild z. B. eines fevnen Ohjekts, in einer mit (lemselben beil~iufig gleiehen Grlisse und in gleicher Entfernung unter dem Prisma erscheint, dass es aber unterwegs, in einer viel geringeren Entfernung, gleiehsam aufgefangen und beim Zeiehnen umschrieben wird. Diese Ueberzeugung wird ihm n~mlich zu Theil, sobald er die Erfahrung macht,

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class das yon ihm ausgeffihrte Bild um so kleiner aus- F~illt, ie n~iher er alas Zeichenprisma dem Papier bringt, und um so griisser, je mehr er es yon demselben entfernt.

Nachdem wit nun diejenigen Momente, welche in den angeFdhrten F~illen auf die scheinbare Griisse ver- ~indernd einwirken kiinnen, einzeln besprochen haben, wollen wit die Erkl~irungen jener Phiinomene, zu denen wit auf diesem Wege gelangt sind, ganz kurz zusam- menzustellen:

1) Das Bild eines fernen Objekts in der Camera lucida erseheint dem Zeichner kleiner, als das Objekt selbst, weil er es auf die Ebene des Papiers bezieht, wo die bekannte Griisse des Bleistifis und der Hand als Maassstab an alas physikaliseh entfernte, aber in Gedanken in dieselbe Ebene verlegte Bild angelegt wird. Die beim Nachzeichnen gebotene Accommoda- tion fiir die N~ihe unterstfitzt noch, dutch die diese er- fahrungsm~issig begleitende Empfindung, jenes zun~ichst auf die Wahrnehmung des vermeintlichen Maassstabes gestfitzte Urtheil fiber die wahrgenommene GrSsse. Das Bild eines mikroskopischen Objekts, das man mittelst der Camera lucida nachzeichnet, erscheint aus demsel- ben Grunde gr~isser, als das direkt im Mikroskope ge- sehene, weil dis Ebene des Papiers, wo Hand und Bleistift, als Maassstab dieaend, gesehen werden, weiter entfernt ist, als das im Ocular des Mikroskops befind- liche dioptrische Bild des Objekts, welches durch das oberste, als Loupe dienende Glas des Oculars ange- schaut wird.

2) Die scheinbare Verkleinerung, welehe bei Accom- modation des Auges ffir dis N~ihe und die scheinbare Ver- gr~isserung, welche bei der Accommodation f(ir die Ferns beobachtet wird, beruht wahrscheinlich auf einer T~iu- schung des Urtheils, deren sinnliche Basis die eigen-

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thiimliche Empfindung des Accommodationszustandes f/Jr die N~he oder Ferne ist. Indem sich unser Urtheil auf" diese in ihrer Deutung erfahrungsm~issig festge- ~tellte Empfindungsweise stiitzt, halten wit zuniichst einen fernen Gegens/and (oder ein fernes Bild) fiir n~iher, wenn er mit einem f~ir die N~ihe accommodirtem Auge betrachtet wird, und wit halten einen nahen Ge- genstand Fdr weiter entf'ernt, wenn wit ihn mit einem Fdr die Ferne accommodirtem Auge ansehen. Das auf diese Weise verschobene oder irre geleitete Urtheil ilber die Entfernung, wird, dutch einen yon tier aller- ersten Jugend an gel~iufigen und zur andern Natur ge- wordenen elementairen Denkakt, in ein entsprechendes Urtheil fiber die Gr~sse iibersetzt, indem die Erfahrung eines jeden Augenblicks uns gelehrt hat, dass ferne Gegenst~inde griisser sind, als nahe, wenn sic unter gleichem Gesichtswinkel gesehen werden, und umge- k e h r t . - Dass wit uns yon der Vorstellung der so be- stimmten scheinbaren GrSsse, trotz einer anderweitigen bessern Uebcrzeugung, nicht fi'ei machen klinnen, miisste alan denn eben dadurch erkl~iren, dass die Uebcrsetzung des Urtheils iiber die Ents in ein Urtheil fiber (lie Grlisse, so ganz instinktm':issig und zur andern Natur geworden ist. M;3glich, aber nicht gerade wahrscheinlich, ist noch eine andere Erkl/irung, dass n~imlich die sinnliche Empfindungsweise des Seh- organs selbst, bezliglich der Richtung, in einer unbe- kannten und unbegreiflichen Wcise durch die Nerven- erregung ver~ndert wiirde, welche bei der Accommo- dation entsteht.

Hierher geh~irt wahrscheinlich noch eine Erfahrung, die wohl ein Jeder gemacht hat, der Anf~inger im Mikros- kopiren unterrichtet hat. Diese weichen n~imlich sehr oft in ihrer Beurtheilung der mikroskopischen Objekte in hiichst auff/illiger Weise yon den gelibten Mikrosko-

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pikern geliiufigen Auffassung ab, indem sie beim Zeich- nen die Bilder oft so klein maehen, dass sie selbst sp~iter nicht begreifen k~innen, wie sie dieselben friiher in dieser GrSsse auffassen konnten. Ich glaube n~im- lich, dass dies darauf beruhi, dass sie ihr Auge an- strengen, um ffir einen sehr geringen Abstand zu aceom- modiren, und dass sie beim Zeichnen das Bild, das sie im Ged~ichtnisse bewahren, ebenfalls auf denselben ge- ringen Abstand beziehen. Diese Erkliivung, die sieh dem Vorhergehenden uumittelbar anschliesst, wird theils dadureh unterstfitzt, dass die allermeisten Ant~dnger im Mikroskopiren dabei ihr Auge ohne allen Vergleich st~irker angestrengt s und friiher ermiiden, als gelibte Mikroskopiker, theils auch dadurch, dass die Erfahrung lehrt, dass besonders sehr Kurzsichtige sieh durch die ausserordentlich kleinen Bilder auszeichnen, die sie yon den mikroskopischen Objekten entwerfen, theils endlich dadurch, dass Diejenigen, welche mikros- kopisch gesehene Objekte zeichnen wollen, bevor sic einige Uebung crlangt haben, das Auge dem Papier viel n~iher zu bringen pflegen, als sie es sons( thun, wenn sie z. B. cinch fcrneu Gegcnstand abbilden wollen.

3) Die noch bctr/ichtlichere und mehr auffallende Verkleinerung tines Nachbildes bei der Accommodation fiir die N~ihe, und die entsprechende VergrSsserung bei der Accommodation s die Ferne, erkl~irt sich aller- dings zum Theil auf dieselbe Weise, wie im vorher- gehendem Falle. Es kommen hier aber noch ein Paar andere Umst/inde rnit in Betracht. Da das Nachbild nicht, wie ein reelles Bild, (lurch die Accommodations- zust/inde ver~indert werden kann, so is( es begreiflich, dass die scheinbare Verkleinerung desselben bei der Accommodatiou fiir die N~ihe noch betr~ichtlicher ist, als wenn ein dutch diesen Accommodationszustand un-

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dentlich gewordenes, und durch die Zerstreuungskreise ree l v e r g r S s s e r t e s Netzhautbild eines fernen Gegen- standes d e s s e n u n g e a c h t e t kleiner erscheint. Da- gegen sollte man aber erwarten, dass die scheinbare GrSsse bei der Accommodation flit die Ferne, in die- sere Falle wenigcr zunehmen sollte, ats wenn im vori- gen Falle ein dutch Zerstrcuungskreise reel vergr(isserSes Retinabild eines nahen Obiects mit einem fiir die Ferne accommodirtem Auge angesehen wird. Ueberdies muss aber bei diesem Versuche das Verh~iltniss der subjecti- yen Prqjectionslinien zu den obiectiven Richtungslinien in Betracht kommen, indem das Vorrlicken der Pupille bei der Accommodation fiir die N~ihe die seheinbare GrSsse vermindern, das Zuriickrlicken derselben bei der Accommodation f'dr die Ferne aber die scheinbare GrSsse betr~ichtlicher machen muss.

4) Die ganz besonders auffallende und zwingende Abnahme der scheinbaren GrSsse, die ich im Aether- rausche beobachtete, die im Haschischrausche nach einigen Angaben constant sein soil, und die nicht sel- ten bei gewissen Hirnleiden etc. vorkommt, wfirde sich erkl~iren, wenn durch eine L~ihmung des m. ciliaris die Iris dem elastischen Zuge des Lig. peetinatum nach vorn, und die Linse dem Zuge der zonula Zinnii, stark abgeplattet, nach hinten folgte, so class eine namhafte Camera oculi posterior entst~inde. Es wilrde hierdurch n~imlich einerseits eine reelle Verkleinerung des Netz- hautbi'ldes, andererseits ferner noch eine subjective Ver- kleinerung des projicirten oder gesehenen Netzhautbildes erfolgen. So lange diese Hypothese nicht experimental gepriift ist, kann man indess dariiber in Zweifel sein, ob nicht eine ganz ausserordentlich weitgehende Ac- commodation fiir die N~ihe such in diesem Falle Ur- sache der scheinbaren Verkleinerung sein sollte; hierbei wlirde allerdings das reelle Netzhautbild durch Zer-

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streuungskreise vergrSssert sein, aber die sub 2 ange- f'fihrten F~ille zeigen, dass dessen ungeachtet die schein- bare GrSsse abnehmen kann. Die dabei zugleich be- obachtete seheinbare~ Entfi~rnung des Objects, wilrde sich bet der ersteren Hypothese als eine Urtheilst:'J.usehung herausstellen, die eben auf <lie so merklich abnehmendt seheinbare GrSsse basirt sein wiirdo, indem ein Gegen- stand, der immer kleiner wird, wiihrend wir ihn an- sehen, sich erfahrungsm~issig entt'trnt. Bet der letzt- genannten Hypothess hingeffen wiirde (lie seheinbare Entfernung eigentlieh primiir und die GrSssenabnahme seeundiir in Bewacht kommen.

5. Die Veriinderungsn tier seheinbaren GrSsss end- Itch, welehe man bet Verilnderung des Convergenz- zustandes der Augenaehsen wahrnimmt, erkliiren sich durch mehrere in diesem Falls zusan~menwirkende Um- st~inde. Erstens maehen sich n'amlieh die Aeeommo- dationsver'anderungen geltend, indem sit bis zu einom gewissem Grade mit den Convergenzzustiinden Sehdtt halten, und somit ihren bereits besprochenen Eintluss auf die seheinbare GrSsse .geltend maehen kSnnen. Zwtitens haben aber au('h die Convergenzzustilnde, deren Einfluss, theils indem (lit sic begMtenden ver- sehiedenen Empfindungsweisen, erf'ahrungsm'assig ver- werthet, mit auf das Urtheil bestimmend einwi,'ken kSnnen, und thetis indem di(; bei dem binoeuliiren Se- hen vorhandene sl)eei[isehe Empfindungsweise der Tiet'e im Raum oder der Enffm'nung, das mit dieser innigst verbunden und instinetm~issig sieh entwickelndt Urthsil tiber dis GrSsse bestimmter llxirt, l)ie scheinbare Nii- herung und Enffernung des Sammelbildes, welehe bet der Ver~.inderung der Conw,rgenz der Augenachsen wahrgenommsn wird, ist, wie ich in der mehrfach er- wiihnten fi'iiheren Arbeit glaube nachgewiesen zu haben, in der dutch ~,Vechelwirkung der Erregungen beider

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Netzh~ute gesetzten sinnliehen Empfindung selbst be- griindet, und jedenfalls durehaus verschieden yon dem seheinbaren in (tie Ferneriicken des sub 4 besproehenen scheinhar verkleinerten Bildes; denn jenes Bild rlickte in die Ferne hinaus, indem seine seheinbare Griisse sehr bedeut(.nd abnnhm, bei dem letztgenannten Ver- suehe aber riickte das Sammeibild in die Ferne, indem seine seheinbat'e Gv0sse sehr merkli,:h zunimmt.

Ieh h(>ffe hiormit nachgewiesen zu haben, dass ausser der Gv0sse des Netzhautbildes, welehe allerdings haupts/ichlich und principiel die s(.heinbare GNisse be- dingt, aueh andere s i n n l i c h e Momente auf dieselbe Einfluss haben. Es kann n'amlich zun.ac}).st 1) die Em- p f i n d u n g des A c c o m m o d a t i o n s z u s t a n d e s , inso- fern dieselbe (tie LntlTevnung des gesehenen Objects be- stimmen hilft, bei einer unpassenden Accommodation T/iuschung iiber den Ahstand, und hierdureh T/iusehung i~l)er (lie seheinbare GrOsse I)edingen, indem gntfernung und d, riisse des gesehenen Objects dutch einen elemen- taren und yon d('r ersten Jugend her angelernten, in- stinetmiissig gewordenen Denkart zu einander in Be- ziehul~g gebraeht werde,|. - - Insofern demniiehst 2) die I~mpt ' indung des C o n v e r g e n z z u s t a n d e s de r A u g e n a e h s e n , und 3) d i e . j e , l i g e W e e h s e l w i r k u n g de r E r r , g u n g e n he ide r Ne tzh / iu te be im b i nocu - l';.iren S e h e n , d u t c h w e l c h e die P r o j e c t i o n s - l i n i e n nu f e i n a n d e r b e z o g e n w e r d e n , dasUrtheil iiber den Abstand bestimmter feststelhm, k0nnen aueh diese Momonte unter geeigne{en Umst/inden auf die seheinhare Gt'0sse Einfluss haben. Insofern dann noch 4) (lie r e l a t i v e Gr i i s se , in der ein b e k a n n t e s ( )b jee t in b e k a n n t e r E n t f ' e r n u n g e r s e h e i n t , als M n a s s s t n h fiir ein ande t ' e s in u n b e s l i m m t e r E n t f e r n u n g g l e i c h z e i t i g g e s e h e n e s Bild ode r ()b.iect a n g e l e g t wi,'(l, kann aueh hierdm'eh (lie

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scheinbare Grlisse des Letzteren ver~indert werden. Unter besonderen Verh~iltnissen kann endlich die schein- bare Griisse 5) durch die mit der L a g e tier Pu- pille w e c h s e l n d e A b w e i c h u n g der s u b i e c t i v e n P r o j e c t i o n s l i n i e n (odor Sehlinien) yon den Rich- t u n g s s t r a h l e n des ob jec t iven Lich ts alterirt wet- den, obgleich diese Abweichung unter gewShnlichen Verh~iltnisscn beim Sehen nicht wesentlieh in Betraeht kommt.