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AbhAndlungen Zusammenfassung: Während sich zahlreiche Studien auf die Verbreitung und entwicklung ver- schiedener Formen des Zusammenlebens mit einem Partner konzentrieren, wird hier die soziale Selektivität des Zusammenlebens mit einem Partner gegenüber dem leben ohne Partner unter- sucht. dass die neigung zum eingehen partnerschaftlicher beziehungen ebenso wie die zu ihrer Auflösung von bestimmten bedingungen abhängt, ist zumindest in bezug auf die ehe vielfach belegt. Welche sozialen Strukturen daraus resultieren und in welcher Weise sich diese verändern, ist jedoch kaum bekannt. Im vorliegenden beitrag wird dem für Westdeutschland auf basis ku- mulierter erhebungen des Mikrozensus nachgegangen. ein logistisches Regressionsmodell wird vorgeschlagen, das die Altersabhängigkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens berücksich- tigt und den Wandel der sozialen Selektivität anhand von Interaktionseffekten mit der Kohorte überprüft. Wie sich zeigt, hatten niedrig gebildete Männer, die mit geringen erwerbs- und ein- kommenschancen ausgestattet sind, schon immer eine reduzierte Chance des partnerschaftlichen Zusammenlebens. In den jüngeren Kohorten bildet sich ein solches Muster auch für Frauen her- aus. neben veränderten grundlagen der haushaltsproduktion werden veränderte Präferenzen und gelegenheiten der Partnerwahl als ursache hierfür diskutiert. Schlüsselwörter: Partnerschaft · lebensformen · Sozialer Wandel · Mikrozensus · Wiederholte Querschnittdaten · Kohortenanalyse The changing social selectivity of living together – A cohort related analysis of cumulated German Microcensuses Abstract: While numerous studies focus on the prevalence and change of different living ar- rangements, this study focuses on the social selectivity of living together with a partner compared to living without a partner. In the context of marriage, there is extensive empirical evidence that the tendency to enter or dissolve a union is dependent on specific conditions. however, little is known about the resulting social structures and how these change. The present study investigates Köln Z Soziol (2012) 64:247–275 dOI 10.1007/s11577-012-0168-3 Die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens im Wandel Eine kohortenbezogene Analyse kumulierter Mikrozensen Andrea Lengerer © VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012 A. lengerer () geSIS – leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, 68159 Mannheim, deutschland e-Mail: andr[email protected]

Die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens im Wandel

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AbhAndlungen

Zusammenfassung:  Während sich zahlreiche Studien auf die Verbreitung und entwicklung ver-schiedener Formen des Zusammenlebens mit einem Partner konzentrieren, wird hier die soziale Selektivität  des Zusammenlebens mit  einem Partner  gegenüber  dem leben  ohne Partner  unter-sucht. dass die neigung zum eingehen partnerschaftlicher beziehungen ebenso wie die zu ihrer Auflösung  von  bestimmten bedingungen  abhängt,  ist  zumindest  in bezug  auf  die ehe  vielfach belegt. Welche sozialen Strukturen daraus resultieren und in welcher Weise sich diese verändern, ist  jedoch kaum bekannt.  Im vorliegenden beitrag wird dem für Westdeutschland auf basis ku-mulierter erhebungen des Mikrozensus nachgegangen. ein  logistisches Regressionsmodell wird vorgeschlagen, das die Altersabhängigkeit  des partnerschaftlichen Zusammenlebens berücksich-tigt  und  den Wandel  der  sozialen  Selektivität  anhand  von  Interaktionseffekten mit  der Kohorte überprüft. Wie  sich zeigt,  hatten niedrig gebildete Männer, die mit geringen erwerbs- und ein-kommenschancen ausgestattet sind, schon immer eine reduzierte Chance des partnerschaftlichen Zusammenlebens. In den jüngeren Kohorten bildet sich ein solches Muster auch für Frauen her-aus. neben veränderten grundlagen der haushaltsproduktion werden veränderte Präferenzen und gelegenheiten der Partnerwahl als ursache hierfür diskutiert.

Schlüsselwörter:  Partnerschaft · lebensformen · Sozialer Wandel · Mikrozensus · Wiederholte Querschnittdaten · Kohortenanalyse

The changing social selectivity of living together – A cohort related  analysis of cumulated German Microcensuses

Abstract: While  numerous  studies  focus  on  the  prevalence  and  change  of  different  living  ar-rangements, this study focuses on the social selectivity of living together with a partner compared to living without a partner. In the context of marriage, there is extensive empirical evidence that the  tendency  to enter or dissolve a union  is dependent on specific conditions. however,  little  is known about the resulting social structures and how these change. The present study investigates 

Köln Z Soziol (2012) 64:247–275dOI 10.1007/s11577-012-0168-3

Die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens im WandelEine kohortenbezogene Analyse kumulierter Mikrozensen

Andrea Lengerer

© VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012

A. lengerer ()geSIS – leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, 68159 Mannheim, deutschlande-Mail: [email protected]

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this on  the basis of cumulated german Microcensuses. A logistic  regression model  is suggested in which  the  age  dependency  of  living  in  a  partnership  is  considered  and  the  change  of  social selectivity  is  examined on  the basis of  interaction effects with  the cohort.  It  is  shown  that men with low education and low employment and income prospects have always had low odds of liv-ing in a partnership. In more recent cohorts such a pattern evolves for women as well. Changes in household production and in preferences and opportunities of mate selection are discussed as explanations.

Keywords:  Partnership · living arrangements · Social change · german Microcensus · Repeated cross-sectional data · Cohort analyses

1   Fragestellung

Paarbeziehungen zählen neben eltern-Kind-beziehungen zu den wichtigsten und stärks-ten privaten sozialen beziehungen. Sie sind nicht nur subjektiv bedeutsam, sondern auch gesellschaftlich  relevant. Partnerschaftliche beziehungen sind auf wechselseitige hilfe und unterstützung angelegt und stellen ein beträchtliches Solidarpotenzial dar (z. b. Wag-ner 2002). Außerdem steht Partnerschaft in einem Zusammenhang mit elternschaft. da der Übergang in die elternschaft gewöhnlich innerhalb einer festen Partnerschaft erfolgt, ist Partnerlosigkeit eine der ursachen von Kinderlosigkeit (eckhard 2006).

das Ausmaß  und  die  Formen  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens  unterliegen dem sozialen Wandel. In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird darüber schon seit längerem intensiv diskutiert (vgl. zum Überblick Peuckert 2002; Wagner und Franzmann 2000). Zweifellos verliert die ehe an bedeutung und es wird später im lebensverlauf und seltener geheiratet. Auch die Stabilität von ehen nimmt ab. gleichzeitig breitet sich die nichteheliche lebensgemeinschaft aus. Inwieweit sich beide entwicklungen kompensie-ren, ist aber umstritten. Während zahlreiche, vor allem ältere Studien von einer Plurali-sierung partnerschaftlicher lebensformen und einer damit verbundenen Singularisierung ausgehen (z. b. bertram und borrmann-Müller 1988; hradil 1995; lüscher 1997; in Ver-bindung mit der These der Individualisierung v. a. beck 1986; beck-gernsheim 1994), stellen einige neuere Studien eher eine Verschiebung vom ehelichen zum nichtehelichen Zusammenleben  fest,  ohne dass  sich  im Ausmaß des Zusammenlebens etwas Wesent-liches verändert hat  (z. b. hill und Kopp 1997; Klein 1999). Andere wiederum finden Anzeichen einer moderaten Zunahme der Partnerlosigkeit  (z. b. brüderl 2004; brüderl und Klein 2003; lengerer und Klein 2007).

gemeinsam ist den bisher vorliegenden Studien, dass sie den Wandel partnerschaft-licher lebensformen mehr oder weniger detailliert beschreiben, ihn aber kaum in seinen sozialen Strukturen untersuchen. Ob sich mit der Verbreitung verschiedener Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens auch die sozialen unterschiede des partnerschaft-lichen Zusammenlebens verändern, ist eine weitgehend offene Frage.

hinlänglich bekannt  ist die soziale Selektivität der ehe. Für die Bildung  ist  sowohl ein effekt  der dauer  der Bildungsbeteiligung  als  auch  der höhe  des Bildungsniveaus nachgewiesen (z. b. brüderl und Klein 1993; diekmann 1990). bildung führt zu einem Aufschub der heirat, wirkt bei Männern aber tendenziell positiv auf die heiratsneigung, während Frauen mit hoher bildung nicht nur später heiraten, sondern auch häufiger ledig 

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bleiben. ein erheblicher Teil des Rückgangs der ehe kann insofern auf die bildungsex-pansion zurückgeführt werden: durch  längere Verweildauern  im bildungssystem wird zunehmend später und durch die höhere Qualifikation von Frauen und ihre dadurch ver-besserten erwerbs- und einkommenschancen auch immer seltener geheiratet.

nun beschränkt sich das partnerschaftliche Zusammenleben aber nicht mehr auf das eheliche Zusammenleben. Vielmehr können Paare auch unverheiratet zusammenleben, was ähnliche Vorteile bietet, aber bestimmte Kosten vermeidet und so auch in lebens-phasen und für Personen attraktiv ist, für die eine ehe dies nicht ist (vgl. hill und Kopp 1999). die Ausbreitung der nichtehelichen lebensgemeinschaft könnte daher  zu einer Abschwächung der  sozialen Selektivität  des partnerschaftlichen Zusammenlebens bei-tragen, wenn es unabhängig von seinem formalen Status betrachtet wird.

Außerdem ist nicht nur die soziale Selektivität der ehe, sondern die des Zusammen-lebens mit  einem Partner  generell  an  bestimmte bedingungen  geknüpft,  die  ebenfalls dem Wandel unterworfen sind. eine ausgeprägte, geschlechtstypische soziale Selektivität sollte bestehen, solange die traditionelle Arbeitsteilung in Form einer Spezialisierung auf haus- und erwerbsarbeit dominiert. Verliert diese jedoch an Rentabilität, rücken andere Vorteile  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  in  den Vordergrund,  die möglicher-weise weniger sozial selektiv und bei Männern und Frauen in ähnlicher Weise wirken.

Vor diesem hintergrund untersucht der vorliegende beitrag den Wandel der sozialen Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens, wie er in Westdeutschland seit den 1970er Jahren stattfindet. das partnerschaftliche Zusammenleben wird über den haushalt definiert. unabhängig vom Familienstand wird danach differenziert, ob jemand mit einem Partner zusammen oder ohne Partner im haushalt lebt. Anhand des bildungsniveaus wird geprüft, welche sozialen unterschiede es zwischen beiden gruppen gibt und in welcher Weise sich diese verändern. Auf basis des familienökonomischen Ansatzes wird erwartet, dass sich die bildungsselektivität abschwächt und zwischen den geschlechtern annähert. Vollständig auflösen wird sich die Selektivität aber vermutlich nicht. dagegen sprechen auch ergänzende Überlegungen zu den strukturellen bedingungen der Partnerwahl.

Als datenbasis dienen verschiedene erhebungen des Mikrozensus sowie eine Stich-probe aus der Volkszählung 1970. damit wird der Wandel des partnerschaftlichen Zusam-menlebens in der Abfolge von synthetischen Kohorten untersucht. Für die Analyse der sozialen  Selektivität  wird  ein  logistisches  Regressionsmodell  vorgeschlagen,  das  die Altersabhängigkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens adäquat berücksichtigt und den Wandel der Selektivität anhand von Interaktionseffekten mit der Kohorte überprüft.

es folgen theoretische Überlegungen zur sozialen Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens  und  ihrer Veränderung  (Abschn. 2). nach  einer erläuterung der  ver-wendeten daten  und Methoden  (Abschn. 3) werden  zunächst  deskriptive befunde  zur entwicklung des partnerschaftlichen Zusammenlebens  in der Kohortenabfolge präsen-tiert (Abschn. 4). damit soll geklärt werden, inwieweit es über den bekannten Rückgang der ehe  hinaus  zu  einem Rückgang  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens  kommt. Sodann  werden  analytische  befunde  zum  Wandel  der  bildungsselektivität  des  part-nerschaftlichen  Zusammenlebens  dargestellt  (Abschn. 5)  und  abschließend  diskutiert (Abschn. 6).

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2   Theoretische Überlegungen

die  soziale  Selektivität  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  resultiert  aus  der Aggregation individueller entscheidungen über das eingehen und Auflösen verbindlicher partnerschaftlicher beziehungen.1 Ihre erklärung muss also an den Prozessen ansetzen, in denen solche beziehungen entstehen und enden. Aus den determinanten dieser Prozesse lassen sich die sozialen bedingungen des partnerschaftlichen Zusammenlebens und deren mögliche Veränderung ableiten.

hierfür  werden  unterschiedliche  theoretische  Ansätze  herangezogen,  die  mitein-ander  konkurrieren,  sich  aber  eher  gegenseitig  ergänzen  (vgl.  hill  und  Kopp  2001). dies sind handlungstheoretische Ansätze, die durch eine individualistische Perspektive gekennzeichnet  sind und die das eingehen und Auflösen verbindlicher partnerschaftli-cher beziehungen als Ausdruck persönlicher Motive und Präferenzen verstehen  sowie strukturalistische Ansätze, nach denen die Möglichkeiten der Partnerwahl durch äußere umstände vorgegeben werden.

unter  den  handlungstheoretischen Ansätzen  erweist  sich  die  ökonomische  Theorie der Familie als besonders fruchtbar. Zwar liefert sie  in ihrem Kern eine erklärung des heiratsverhaltens. Ihre zentralen Argumente beziehen sich jedoch auf den gemeinsamen haushalt und können so auf die verschiedenen Formen des Zusammenlebens mit einem Partner verallgemeinert werden. ein gemeinsamer haushalt wird gegründet oder aufge-löst, wenn dies unter gegebenen bedingungen einen Vorteil verspricht, sodass ein Wandel des Verhaltens auf einen Wandel der bedingungen zurückgeführt werden kann.

2.1   Vom nutzen des partnerschaftlichen Zusammenlebens − der familienökonomische Ansatz

ein wesentlicher Vorteil  der ehe besteht  nach der  auf becker  (1976, 1981)  zurückge-henden Familienökonomie bekanntlich darin, dass sie die Möglichkeit der Arbeitsteilung bietet. Wenn die ehepartner bei der erwerbsarbeit und im haushalt unterschiedlich pro-duktiv  sind, können gewinne aus Spezialisierung erzielt werden. ein Partner  ist  dann erwerbstätig,  während  sich  der  andere  vornehmlich  um  den  haushalt  kümmert.  die geschlechtsspezifische Form der Arbeitsteilung  ist  dabei nicht  zwangsläufig die  effizi-enteste, aber so lange dominierend, wie Frauen geringere berufliche Chancen haben als Männer, seltener in höhere Positionen aufsteigen und für dieselbe Arbeit durchschnittlich weniger einkommen erzielen (becker 1991).

Zu  den  wichtigsten  determinanten  des  heiratsverhaltens  zählt  daher  die  bildung. Während der Ausbildung sollte die neigung zum eingehen einer ehe gering sein (Institu-tioneneffekt). eine arbeitsteilige Organisation von haus- und erwerbsarbeit ist in dieser lebensphase meist weder möglich noch profitabel, sodass es kaum Anreize zur heirat gibt  (z. b. brüderl und Klein 1993, S. 197). nach dem ende der Ausbildung sollte die heiratsneigung vom niveau des erreichten Abschlusses bestimmt werden (humankapi-taleffekt). unter den bedingungen traditioneller Arbeitsteilung geschieht dies bei Män-nern und Frauen in unterschiedlicher Weise. Frauen mit hoher bildung heiraten seltener 

1  Im oberen Altersbereich spielt daneben die Sterblichkeit eine prägende Rolle.

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als Frauen mit niedriger bildung, weil ihnen durch den kompletten oder teilweisen Ver-zicht auf eine berufliche Tätigkeit mehr einkommen entgeht. Außerdem sind Frauen mit hoher bildung  als Partnerin  nicht  besonders  attraktiv. Zwar  spielt  das bildungsniveau von Frauen keine maßgebliche Rolle im Prozess der Partnerwahl, wird als Indikator für ihre erwerbsorientierung  aber  eher  negativ  bewertet  (z. b. blossfeld  und Timm 2003, S. 8). bei Männern hingegen sollte die heiratsneigung positiv mit der bildung assoziiert sein.  Ihre aus der Arbeitsteilung resultierenden komparativen Vorteile steigen mit dem niveau ihrer Qualifikation an (z. b. brüderl und diekmann 1994, S. 58). Weil der gesamte gewinn der ehe steigt, werden hoch qualifizierte Männer auch von Frauen bevorzugt.

Für Westdeutschland  sind  diese Vermutungen  in  zahlreichen  empirischen  untersu-chungen bestätigt worden (z. b. brüderl und diekmann 1994; brüderl und Klein 1993; diekmann 1990, 1993; Klein und lauterbach 1994; Wirth und Schmidt 2003).2 Zu einer Veränderung des heiratsverhaltens kommt es insofern mit der bildungsexpansion: der Anstieg des heiratsalters ist eine Folge der zeitlichen Ausdehnung der schulischen und beruflichen bildung. Für den zunehmenden Verzicht auf die eheschließung ist die stei-gende bildungs- und erwerbsbeteiligung von Frauen, die zu einer Reduktion der Spezia-lisierungsgewinne führt, verantwortlich. die Anreize zur eheschließung werden dadurch insgesamt geringer.

die ehe ist aber nicht mehr die einzig legitime Form des partnerschaftlichen Zusam-menlebens. Mit der nichtehelichen lebensgemeinschaft hat sich eine weitere Form etab-liert, die aus familienökonomischer Sicht einen ähnlichen nutzen verspricht (vgl. hill und Kopp 1999). In beiden Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens können die Vor-teile des gemeinsamen Wirtschaftens und der Zusammenlegung von Ressourcen genutzt werden. darüber hinaus ermöglicht das gemeinsame Wohnen eine enorme einsparung an Transaktionskosten, die ein Paar zu erbringen hat, wenn eine gewisse Interaktionsdichte erreicht  ist. Mit  dem  unverheirateten Zusammenleben  kann  daher  ein gewinn  erwirt-schaftet werden, der „in völliger Analogie zum Konzept des ehegewinns zu verstehen ist“ (hill und Kopp 1999, S. 25). gleichzeitig unterscheidet sich die nichteheliche lebens-gemeinschaft  in einem wichtigen Punkt von der ehe: Ihre Auflösung ist einfacher und mit wesentlich geringeren Kosten verbunden. Weder ist ein juristisches Verfahren dazu erforderlich,  noch  bestehen  über  das  ende  der  beziehung  hinausreichende  finanzielle (unterhalts-)Verpflichtungen. Mit der geringeren Verbindlichkeit geht eine schwächere Absicherung spezifischer  Investitionen einher. Als  solche werden  insbesondere Kinder gesehen. Solange diese nur schwer mit dem beruf zu vereinbaren sind, bleiben nichtehe-liche lebensgemeinschaften häufiger kinderlos und nur selten werden größere materielle Anschaffungen gemeinsam getätigt. Vielmehr ist die entscheidung über solche Investi-tionen  eng  an die ehe gekoppelt. Auch die  geschlechtsspezifische Arbeitsteilung  setzt sich erst mit dem Vorhandensein von Kindern und damit innerhalb der ehe voll durch.

2  der Institutioneneffekt der bildung wird übereinstimmend bestätigt. Zum humankapitaleffekt gibt es jedoch auch Studien, in denen sich der negative einfluss des bildungsniveaus auf die heiratsneigung von Frauen nicht nachweisen lässt (blossfeld und huinink 1989; blossfeld und Jeanichen 1990). bei Männern fällt der positive einfluss nur gering aus (Wirth und Schmidt 2003).

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die Anreize zum Zusammenzug mit einem Partner sind insofern auch dann gegeben, wenn die Anreize zur heirat dies nicht sind, wie es während der Ausbildung der Fall ist und  bei  Frauen mit  höherer Qualifikation. dass  Frauen mit  hohen erwerbs-  und ein-kommenschancen seltener heiraten, ist plausibel erklärbar. Warum sie aber seltener ver-bindliche Partnerschaften eingehen sollten, in denen zunächst keine Kinder da sind und sie weiterhin erwerbstätig sein können, ist nicht unmittelbar einsichtig. unterstützt wird diese Annahme  von  empirischen  befunden,  nach  denen  nichteheliche  lebensgemein-schaften überdurchschnittlich häufig von höher gebildeten Frauen eingegangen werden (z. b. Vaskovics und Rupp 1995).

daneben haben sich die grundlagen der haushaltsproduktion verändert. Weil Frauen höher gebildet  sind und bessere berufliche Chancen haben,  sind mit dem Verzicht  auf erwerbsarbeit  höhere Opportunitätskosten  verbunden. dadurch  lohnt  sich  die  Spezia-lisierung  auf  erwerbs-  und  hausarbeit  insgesamt  weniger  als  früher  (z. b.  blossfeld 1995). Abnehmende einkommensdifferenzen zwischen Männern und Frauen verstärken diesen Prozess weiter. hinzu kommt, dass sich im Zuge der wirtschaftlichen entwick-lung die Substitutionsmöglichkeiten von haushaltlicher Produktion durch marktförmige Arbeit deutlich verbessert haben (Ott 1998, S. 70 f.). eine Vielzahl von ursprünglich im haushalt hergestellten gütern kann zwischenzeitlich kostengünstig durch entsprechende Marktgüter und dienstleistungen ersetzt werden. ebenso hat der vermehrte einsatz von technischen  geräten  zu  einer  erheblichen  Vereinfachung  der  hausarbeit  beigetragen. Zusammengenommen  lässt  dies  „die  Rendite  auf  haushaltsspezifisches  humankapital sinken“ (Ott 1998, S. 87) und es wird effizienter, die zur Verfügung stehende Zeit auf dem Arbeitsmarkt gegen einkommen zu tauschen, da dadurch ein wesentlich höherer gesamt-ertrag erzielt werden kann. Allenfalls während der relativ kurzen Phase der betreuung eines Kleinkindes erscheint die Spezialisierung eines Partners auf die hausarbeit rentabel.

Zusammengenommen führen diese Prozesse dazu, dass der gemeinsame haushalt als Produktionsgemeinschaft,  in  der  sich  die  Partner  auf  verschiedene Aufgabenbereiche konzentrieren, an bedeutung verliert. Im gegenzug werden die Vorteile des gemeinsa-men Wirtschaftens und des gemeinsamen Konsums von gütern wichtiger. dazu  ist  es vorteilhaft, wenn beide Partner einer erwerbstätigkeit nachgehen und zum einkommen des haushalts beitragen. Mit einem doppelten einkommen lässt sich nicht nur ein höheres Wohlstandsniveau realisieren, das die gestiegenen Ansprüche an den familialen lebens-standard befriedigt (huinink 2000, S. 215). Wenn immer mehr Paare darüber verfügen, ist ein doppeltes einkommen zur Wahrung des relativen lebensstandards auch zunehmend notwendig.

Was  bedeutet  dies  nun  für  die  soziale  Selektivität  des  partnerschaftlichen  Zusam-menlebens? der Institutioneneffekt der bildung sollte sich in der Abfolge der Kohorten reduzieren. Je weniger das Zusammenleben mit einem Partner an ehe und elternschaft gebunden ist, desto einfacher lässt es sich in unsicheren Phasen des lebens realisieren (hill und Kopp 2000, S. 976; Klein 1999, S. 474). Weil aber nicht nur die heirat, sondern auch die gründung eines gemeinsamen haushalts an gewisse materielle Voraussetzungen und ein Mindestmaß an Planbarkeit gebunden ist, wird das Verweilen in den Institutionen des bildungssystems die Wahrscheinlichkeit des partnerlosen lebens auch in den jünge-ren Kohorten erhöhen.

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Für  den humankapitaleffekt  der bildung wird  ebenfalls  eine Abschwächung  sowie eine Annäherung zwischen den geschlechtern erwartet. In den jüngeren Kohorten sollte die neigung zum eingehen und Aufrechterhalten verbindlicher partnerschaftlicher bezie-hungen also weniger von der bildung abhängen als dies in den älteren Kohorten der Fall ist. Für hoch gebildete Frauen verringern sich die Opportunitätskosten, wenn das Zusam-menleben mit einem Partner nicht mehr unmittelbar an ehe und Familie gebunden ist und sie weiterhin erwerbstätig sein können. Sobald der Übergang in die elternschaft erfolgt, werden die Aufgaben zwar noch immer traditionell verteilt, sodass sich die effekte der bildung nicht auflösen werden. Weil sich die Spezialisierung aber auch dann nur noch für  einen  begrenzten Zeitraum  lohnt,  sollten  die effekte  geringer  ausfallen  als  früher. dazu tragen auch entsprechend veränderte Präferenzen von Männern bei. Zwar deuten die beobachteten Muster der Partnerwahl darauf hin, dass Männer noch immer eher als Frauen bereit sind, „nach unten“ zu wählen (blossfeld 2009, S. 522 f.). Wenn es üblich wird,  dass  beide Partner  einer  bezahlten Arbeit  nachgehen,  sind Frauen mit  geringem erwerbs- und einkommenspotenzial allerdings nicht mehr besonders attraktiv (huinink 2000, S. 218, 2006, S. 221; Sweeney und Cancian 2004). dann sollten Frauen und Männer einen Partner bevorzugen, der über ein hinreichendes niveau der Qualifikation verfügt.

Zu einer Verringerung des niveaueffekts der bildung bei Männern sollte es kommen, weil hoch gebildete Männer zwar weiterhin attraktiv sind, ihre Anreize zum partnerschaft-lichen Zusammenleben aber  relativ betrachtet abnehmen. Männer mit hohen erwerbs- und einkommenschancen profitieren weniger vom Zusammenleben mit einer Partnerin, wenn auch sie einer erwerbstätigkeit nachgeht und Teile der haushaltlichen Produktion ausgelagert werden (z. b. brüderl und diekmann 1994, S. 59). Außerdem lässt sich argu-mentieren,  dass Männer  ebenso wie  Frauen mit  hohem einkommen  auch  im  eigenen haushalt ein relativ hohes Wohlstandsniveau realisieren können und insofern die gerings-ten materiellen Anreize zum Zusammenzug mit einem Partner haben (Ott 2001, S. 135) und eine bestehende Partnerschaft im Konfliktfall am ehesten beenden werden.

2.2   Vom Suchen und Finden eines Partners − die gelegenheiten der Partnerwahl

das Zusammenleben mit einem Partner resultiert nicht nur aus der entscheidung eines einzelnen, sondern hängt immer auch von der Verfügbarkeit potenzieller Partner ab. Wie die Arbeiten von blau (1977a, b; blau et al. 1982) zeigen, sind in den sozialen Struktu-ren einer gesellschaft bestimmte Muster partnerschaftlicher beziehungen angelegt. Zwar determinieren diese Strukturen nicht, wer mit wem eine Partnerschaft eingeht und wer partnerlos bleibt, sie geben aber den Spielraum für individuelles handeln vor. die Anzahl potenzieller  Partner  und  deren  eigenschaften  bestimmen  über  die  rein  rechnerischen Möglichkeiten der Partnerwahl und können im Zusammenspiel mit den Präferenzen die ursache dafür sein, dass manche Personen keinen Partner finden (vgl. Stauder 2008).

die jeweils geltenden Regeln der Partnerwahl fügen sich auf unterschiedliche Weise in die  sozialen Strukturen  (Klein 2000, S. 231 f.). eine geschlechtstypisch ausgeprägte bevorzugung  von  Partnern  mit  ungleichen  eigenschaften  ist  an  die  unterschiedliche Verteilung dieser eigenschaften bei Männern und Frauen gebunden. Was die bildungs-bezogene  Partnerwahl  betrifft,  passen  somit  die  Präferenzen  der  älteren generationen zu den dort vorherrschenden gelegenheiten. die ungleiche Verteilung dieser Merkmale 

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bei Männern und Frauen ermöglicht es, dass die überwiegende Mehrheit einen Partner findet. nur  für gering qualifizierte Männer  ist dies  schwierig. Wenn hoch qualifizierte Frauen kaum geneigt  sind eine Partnerschaft  einzugehen, und alle anderen Frauen ein hohes erwerbs- und einkommenspotenzial bei Männern bevorzugen, bleiben Männer mit niedrigem bildungsniveau am ehesten übrig.

die veränderten Präferenzen der jüngeren Kohorten lassen sich im Prinzip ebenfalls realisieren. Wenn sowohl Männer als auch Frauen einen Partner mit guten erwerbs- und einkommenschancen bevorzugen und sich die Verteilung des bildungsniveaus bei Män-nern und Frauen allmählich angleicht, können, durch die Konkurrenz auf dem Partner-markt, ähnliche Partner zusammenfinden. Wenn aber Männer noch  immer häufiger als Frauen einen Partner wählen, dessen bildungsniveau niedriger als das eigene ist, stehen einige der hoch qualifizierten Männer den hoch qualifizierten Frauen nicht mehr zur Ver-fügung. unter der Annahme, dass sie keinen statusniedrigeren Partner akzeptieren, sind diese  Frauen  einem Mangel  ausgesetzt  (blossfeld  2009,  S. 523). Obwohl  ihre  relative neigung zum eingehen einer Partnerschaft gestiegen sein sollte, leben die hoch qualifi-zierten Frauen der jüngeren Kohorten demnach dennoch nicht entsprechend häufiger mit einem Partner zusammen.

den wohl größten einfluss auf die Chance, überhaupt einen Partner des jeweils ande-ren geschlechts zu finden, hat das zahlenmäßige Verhältnis von Männern zu Frauen. ein bestimmtes Ausmaß an Partnerlosigkeit wird durch ein, gemeinhin als „marriage squeeze“ bezeichnetes,  quantitatives  ungleichgewicht  der  geschlechter  strukturell  erzwungen, selbst wenn jeder jeden als Partner akzeptieren würde (vgl. guttentag und Secord 1983).3 darüber hinaus  ist anzunehmen, dass  im Prozess der Partnerwahl keine zufällige Aus-wahl des sich in der Überzahl befindlichen geschlechts übrig bleibt. Vielmehr haben die Präferenzen des knapperen geschlechts bessere Realisierungschancen, wodurch sich die Aussichten  auf  eine Partnerschaft  für  diejenigen  am  stärksten  reduzieren,  die  ohnehin nicht besonders attraktiv sind (Klein 2000, S. 233; South und lloyd 1992, S. 441).

In Westdeutschland ist das numerische Verhältnis von Männern zu Frauen in den vom Krieg betroffenen Kohorten  sehr unausgewogen. durch den Mangel  an Männern  sind viele der bis etwa 1925 geborenen Frauen zeitlebens partnerlos geblieben oder haben nach einer Trennung oder Verwitwung keinen neuen Partner mehr gefunden. hierbei sollte es sich um eine besonders bildungsselektive Auswahl handeln.4 umgekehrt dürfte es selbst 

3  geringe unterschiede  in der Zahl von Männern und Frauen  lassen sich durch eine Variation des Altersabstands bei der Partnerwahl ausgleichen. Auch die Wahl eines Partners über natio-nale und ethnische grenzen hinweg kann zu einer entlastung von „marriage squeeze“ beitra-gen. In erster linie und besonders bei stärker ausgeprägten ungleichgewichten ist jedoch eine Zunahme der Partnerlosigkeit zu erwarten; und zwar nicht nur, weil Partnerschaften seltener eingegangen werden, sondern auch, weil die Phasen der Partnerlosigkeit nach einer Trennung oder dem Tod des Partners länger andauern und die Wahrscheinlichkeit des erneuten eingehens einer Partnerschaft sinkt (guttentag und Secord 1983, S. 179). Für die ledigenquote ist ein posi-tiver effekt von „marriage squeeze“ empirisch vielfach belegt (z. b. South und lloyd 1992).

4  gleichzeitig war eine berufliche Qualifikation für viele Frauen auch erst möglich und notwendig geworden, nachdem der Krieg ihre heiratsgelegenheiten eingeschränkt hatte. Aus dieser Sicht ist bildung nicht nur eine ursache, sondern auch eine Folge der partnerschaftlichen lebens-form.

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für  statusniedrige Männer  dieser Kohorten  relativ  einfach  gewesen  sein,  eine Frau  zu finden. In den nachfolgenden Kohorten verschlechtern sich die Chancen für gering quali-fizierte Männer wieder, da Frauen nicht mehr in der Überzahl, sondern allmählich sogar in der unterzahl sind. der geburtenrückgang seit Mitte der 1960er Jahre führt dazu, dass, bei  durchschnittlich  zwei bis  drei  Jahren,  die Männer  in  einer Partnerschaft  älter  sind als Frauen, den Jahrgängen von Männern zahlenmäßig geringer besetzte Jahrgänge von Frauen gegenüberstehen (z. b. Martin 2001, S. 290 ff.).

Zusammengefasst wird für das partnerschaftliche Zusammenleben in Westdeutschland erwartet, dass es sozial selektiv bleibt. In den älteren Kohorten werden die individuellen neigungen von den strukturellen bedingungen der Partnerwahl gestützt. Vom bildungs-niveau sollte daher bei Männern ein positiver und bei Frauen ein negativer effekt auf die Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens ausgehen. lediglich in den vom Krieg betroffe-nen Kohorten mildert die numerische unausgewogenheit des Partnermarkts diesen effekt bei Männern etwas ab und verstärkt ihn bei Frauen.

In den jüngeren Kohorten greifen persönliche Interessen und gelegenheiten auf kom-plexere Weise ineinander. Obwohl sich die Interessen am partnerschaftlichen Zusammen-leben  aus  familienökonomischer  Sicht  zwischen  den  verschiedenen  bildungsgruppen annähern, lösen sich die unterschiede im Ausmaß des Zusammenlebens vermutlich nicht auf. nach wie vor sind gering qualifizierte Männer nicht besonders attraktiv und haben es schwer, eine Partnerin zu finden, während es für hoch qualifizierte Frauen schwer ist, einen Partner mit den gewünschten eigenschaften zu finden.

3   Daten und Methoden

die empirischen Auswertungen basieren auf den daten des Mikrozensus. dabei handelt es sich um eine amtliche Repräsentativerhebung, die im früheren bundesgebiet seit 1957 und in den neuen bundesländern seit 1991 jährlich mit einem Auswahlsatz von 1 % der gesamten bevölkerung durchgeführt wird (z. b. emmerling und Riede 1997).

Mit  dem  Mikrozensus  lässt  sich  der  Wandel  partnerschaftlicher  lebensformen  in Westdeutschland  langfristig  untersuchen. er  deckt  eine  breite Zeitspanne  ab und wird regelmäßig mit einem relativ konstanten Frageprogramm erhoben. In die nachfolgenden Analysen fließen 19 „Scientific use Files“ des Mikrozensus  zwischen 1976 und 2006 sowie eine Stichprobe aus der Volkszählung 1970 ein.5 Für die deskription werden zusätz-lich  geSIS-Files  des Mikrozensus  aus  den  1960er  Jahren  verwendet.6  die  einzelnen 

5  die Scientific use Files des Mikrozensus stellen 70 %-unterstichproben der jeweiligen Origi-naldaten dar und sind faktisch anonymisiert. Sie werden als systematische Zufallsauswahl auf haushaltsebene gezogen und liegen für die Jahre 1976, 1978, 1980, 1982, 1989, 1991, 1993 und 1995 bis 2006 vor. Aus der Volkszählung von 1970 wird eine 1 %-Stichprobe verwendet, die konzeptionell mit dem Mikrozensus vergleichbar ist.

6  die geSIS-Files des Mikrozensus umfassen die vollen 1 %-Stichproben, nicht jedoch den kom-pletten Merkmalsumfang. Sie liegen für die Jahre 1962 bis 1969 vor.

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datensätze werden in vergleichbare Form gebracht und kumuliert.7 nach einschränkung auf die in Westdeutschland lebende bevölkerung in Privathaushalten, am hauptwohnsitz, mit deutscher Staatsangehörigkeit und im Alter von 16 Jahren und darüber umfasst der gesamtdatensatz von 1962 bis 2006 rund 9,8 Mio. Fälle.

Obwohl es  sich beim Mikrozensus dem Prinzip nach um eine Querschnitterhebung handelt,  sind die Stichproben der einzelnen Jahre nicht unabhängig voneinander. Viel-mehr verbleiben die ausgewählten haushalte für vier aufeinander folgende Jahre in der erhebung und jährlich wird ein Viertel der haushalte durch neue ersetzt. Weil Personen dadurch mehrmals  im kumulierten datensatz enthalten sein können, wird  in den Ana-lysen eine designgewichtung vorgenommen  (vgl. Schroedter und Kalter 2008). dabei wird  jedem  haushalt  und  jeder  Person  in  diesem  haushalt  ein  gewicht  zugewiesen, das dem Inversen des erwartungswerts, wie oft dieser haushalt insgesamt gezählt wird, entspricht.8Mit der betrachtung des partnerschaftlichen Zusammenlebens im haushalt ist sicher-

gestellt, dass es sich um verbindliche Formen der Partnerschaft handelt. Außerdem hat das Zusammenleben in einem haushalt weit reichende sozio-ökonomische Konsequen-zen,  etwa  für die umverteilung von einkommen oder den bedarf  an  sozialstaatlichen Transferleistungen (lengerer und Klein 2007, S. 435). das leben mit einem Partner im haushalt  umfasst  sowohl  verheiratetes  als  auch  unverheiratetes  Zusammenleben.  das leben  ohne  Partner  im haushalt  kann  allein  oder mit  anderen  Personen  erfolgen,  zu denen keine partnerschaftliche beziehung besteht.9 Ob es  einen Partner  außerhalb des haushalts gibt, wird nicht berücksichtigt.

Weil  das  unverheiratete  Zusammenleben  im Mikrozensus  erst  seit  1996  mit  einer direkten Frage erfasst wird, deren beantwortung freiwillig ist, erweist sich die umsetzung dieser scheinbar einfachen Klassifikation als schwierig. Für die Jahre davor und im Fall von „Item-nonresponse“ muss das Vorliegen einer nichtehelichen lebensgemeinschaft geschätzt werden. darin fließen Angaben über die Zusammensetzung des haushalts, die 

7  ein großer Teil der Arbeiten zur harmonisierung und Kumulation des Mikrozensus wurde bei geSIS im Rahmen des von der leibniz-gemeinschaft geförderten Projekts „Sozialer und öko-nomischer Wandel in (West-) deutschland“ geleistet (vgl. lengerer et al. 2010).

8  bei  der  berechnung  des  gewichtungsfaktors  wird  berücksichtigt,  dass  haushalte  über  ver-schiedene Zeiträume hinweg befragt werden. Im Jahr 1995 beispielsweise wird ein Viertel der haushalte erstmalig befragt und bleibt bis 1998 in der Stichprobe, wird also auch 1996, 1997 und 1998, d. h. insgesamt viermal, gezählt. ein anderes Viertel der 1995 befragten haushalte befindet sich bereits seit 1992 im Mikrozensus, scheidet also nach 1995 aus und wird hier dop-pelt (1993 und 1995) gezählt. ein weiteres Viertel der haushalte ist seit 1993 in der Stichprobe, verbleibt dort bis 1996 und ist insgesamt dreimal (1993, 1995 und 1996) im kumulierten daten-satz enthalten. das letzte Viertel der haushalte wird 1995 zum zweiten Mal befragt, 1997 zum letzten Mal und wird ebenfalls dreimal (von 1995 bis 1997) berücksichtigt. der erwartungs-wert, wie oft ein haushalt des Jahres 1995 insgesamt gezählt wird, beträgt somit 1/4 · 4 + 

1/4 · 2 + 1/4 · 3 + 

1/4 · 3 = 3, das gewicht für 1995 entsprechend 1/3.

9  die ohne Partner lebenden werden nicht mit den allein in einem haushalt lebenden Personen gleichgesetzt.  bei  einer  haushaltskontextuellen Abgrenzung  der  partnerschaftlichen  lebens-form indiziert zwar das allein in einem haushalt leben in jedem Fall partnerloses leben. Aus dem Zusammenleben mit anderen im haushalt lässt sich jedoch nicht zwingend auf eine Part-nerschaft schließen.

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beziehungen der haushaltsmitglieder untereinander sowie über das geschlecht, das Alter und den Altersabstand möglicher Partner ein.10 das hohe Maß an Übereinstimmung mit den erfragten Angaben in den Jahren ab 1996 zeigt, dass die geschätzten Angaben valide sind (vgl. lengerer 2007).

die soziale Selektivität der partnerschaftlichen lebensform wird anhand der bildung untersucht. Als  Indikator  für  erwerbs-  und  einkommenschancen  steht  das  bildungs-niveau  im  Zentrum  der  theoretischen Überlegungen.  es  eignet  sich  auch  deshalb  am besten, weil es  in der Regel unverändert bleibt, wenn das bildungssystem einmal ver-lassen wurde. gemessen wird das bildungsniveau am beruflichen Abschluss, der für die erwerbschancen  wichtiger  ist  als  der  schulische Abschluss.  lediglich  die  heterogene gruppe derer mit Ausbildungsabschluss wird zusätzlich nach dem schulischen Abschluss differenziert.11 Folgende Kategorien werden unterschieden: Ohne beruflichen Abschluss, hauptschul-  und  Ausbildungsabschluss12,  Mittlere  Reife  und  Ausbildungsabschluss, (Fach-) hochschulreife und Ausbildungsabschluss, Techniker oder Meister, Fachhoch-schulabschluss, hochschulabschluss. eine weitere Kategorie umfasst Personen, die sich noch in schulischer, beruflicher oder tertiärer Ausbildung befinden. liegen keine Anga-ben zum beruflichen bildungsabschluss vor, werden die betreffenden Personen aus den Analysen ausgeschlossen.13

Zur Analyse der bildungsselektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens werden logistische Regressionsmodelle geschätzt. die abhängige Variable bekommt für mit Part-ner im haushalt lebende Personen den Wert 1 und für ohne Partner im haushalt lebende Personen den Wert 0 zugewiesen, sodass die relative Wahrscheinlichkeit des Zusammen-lebens mit einem Partner im haushalt vorhergesagt wird.

Wie die deskriptiven befunde zeigen, besteht zwischen Alter und partnerschaftlichem Zusammenleben ein nichtlinearer Zusammenhang (vgl. Abschn. 4). Im jüngeren Alter ist die Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens sehr gering, steigt dann schnell und stark an, erreicht im mittleren erwachsenenalter ein Maximum und sinkt im höheren Alter all-mählich wieder ab. Zur Modellierung dieses Zusammenhangs wird der logit in Abhän-gigkeit vom Alter ( t) und vom logarithmierten Alter (ln( t)) berechnet:

10  Von einer nichtehelichen lebensgemeinschaft wird, grob gesprochen, dann ausgegangen, wenn zwei mindestens 16 Jahre alte Personen im haushalt leben, die weder miteinander verheiratet noch verwandt oder verschwägert sind und deren Altersabstand weniger als 18 Jahre beträgt.

11  In  den  Mikrozensen  vor  1996  werden  der Abschluss  einer  lehr-  und Anlernausbildung  in einer Kategorie gemeinsam erfasst. der Abschluss einer Anlernausbildung zählt daher bis ein-schließlich 1995 als Abschluss einer beruflichen Ausbildung. Ab 1996 wird der Abschluss einer Anlernausbildung nicht mehr als beruflicher Ausbildungsabschluss gewertet. die zeitliche Ver-gleichbarkeit ist dadurch nicht vollständig gewährleistet. eine durchgehende Zusammenfassung beider Kategorien ist jedoch ebenfalls problematisch, da die Anlernausbildung nur in den älte-ren Kohorten noch den Status einer beruflichen Ausbildung hat. Zu anderen ergebnissen führt dies in den vorliegenden Analysen aber nicht.

12  dazu werden auch Personen ohne Angabe zum Schulabschluss sowie die ab 1991 separat aus-gewiesenen Personen ohne Schulabschluss gezählt.

13  Außerdem wird für das Jahr 1976 das bundesland hamburg aus den Analysen ausgeschlossen, da die Angaben zur bildung fehlerhaft codiert sind.

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eine solche Spezifikation kann als erweiterung des aus der ereignisanalyse bekannten Sichelmodells verstanden werden (Klein 2003, S. 512). Während sie sich dort bereits in verschiedenen Anwendungen bewährt hat, ist ihre umsetzung in der logistischen Regres-sion neu und es zeigt sich, dass die Altersabhängigkeit des partnerschaftlichen Zusam-menlebens über die Verknüpfung von t und ln(t) präzise beschrieben wird.14

4   Wandel der Verbreitung des partnerschaftlichen Zusammenlebens

In  einem  ersten  Schritt  wird  der Wandel  im Ausmaß  des  partnerschaftlichen  Zusam-menlebens beschrieben. dazu wird  eine kohortenbezogene Perspektive  eingenommen. Aus  dem Vergleich  der lebensverläufe  verschiedener Kohorten  geht  hervor,  ob  es  zu einem Rückgang  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  kommt  und  ob  sich  dieser auf bestimmte Altersbereiche beschränkt oder über die gesamte Altersspanne hinweg zu beobachten ist.

Auf  basis  des  kumulierten Mikrozensus werden  die  lebensverläufe  von Kohorten auf der Aggregatebene miteinander verglichen. die Mitglieder der einzelnen Kohorten werden  also  kollektiv  über  die  Zeit  und  damit  über  das Alter  hinweg  beobachtet. da unterschiedliche Ausschnitte aus den lebensverläufen der Kohorten erfasst sind, ist ein direkter Vergleich zwischen den Kohorten nicht immer möglich. Außerdem liegen nicht für alle Altersjahre Angaben vor.15In Abb. 1 sind die nach Alter und Kohorte differenzierten Anteile der mit einem Partner 

im haushalt lebenden wiedergegeben. betrachtet man zunächst die entwicklung über das Alter, ohne die unterschiede zwischen den Kohorten zu berücksichtigen, so zeigt sich für Männer und Frauen ein umgekehrt u-förmiges Muster: Zu beginn des erwachsenen-alters leben fast alle partnerlos. dann setzt der Prozess der Partnerwahl ein und innerhalb kurzer Zeit nimmt der Anteil derer, die mit einem Partner zusammenleben, stark zu und bis zum ende des dritten lebensjahrzehnts ist die überwiegende Mehrheit der bevölke-rung Westdeutschlands in einer festen Partnerschaft gebunden und im Verlauf des vierten lebensjahrzehnts erreicht das Ausmaß des Zusammenlebens einen höhepunkt. Weil sich Paare trennen und weil Partner sterben, geht das Ausmaß des Zusammenlebens im höhe-ren Alter dann allmählich wieder zurück.

Im lebensverlauf von Frauen breitet sich das partnerschaftliche Zusammenleben frü-her aus als bei Männern und nimmt im höheren Alter viel stärker ab. dies hat verschie-

14  das Alter ( t) wird so zentriert, dass 17-Jährige den Wert 0 aufweisen. dies erbringt eine gute Anpassung und berücksichtigt, dass ab etwa diesem Alter überhaupt erst die Möglichkeit des Zusammenlebens mit einem Partner besteht. das logarithmierte Alter kann für die 17-Jährigen aber nicht berechnet werden, wenn es den Wert 0 annimmt. deshalb fließen in die logistische Regression nur Personen im Alter von 18 Jahren und darüber ein.

15  es fehlen Angaben aus den Jahren, die nicht im kumulierten Mikrozensus enthalten sind. um die dadurch entstehenden lücken in den lebensverläufen möglichst gering zu halten, werden jeweils  drei  Kohorten  zusammengefasst.  Zugunsten  der  Übersichtlichkeit  werden  diese  im Abstand von zehn Jahren dargestellt.

L = ß0 + ß1t + ß2 ln (t) + · · · + ßkxk

Page 13: Die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens im Wandel

259die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens ...

dene ursachen: Zum einen ist die geschlechtstypische entwicklung zeitlich versetzt um die zwei bis drei Jahre des durchschnittlichen Altersabstands zwischen den Partnern. Im oberen Altersbereich kommt hinzu, dass Frauen eine höhere lebenserwartung haben als Männer. Außerdem herrscht  in den betreffenden Kohorten ein vom Zweiten Weltkrieg verursachter Frauenüberschuss.

Im Vergleich  zwischen  den Kohorten  lässt  sich  der Wandel  in  der Verbreitung  des partnerschaftlichen  Zusammenlebens  differenziert  beschreiben.  Zu  den  wesentlichen 

Abb. 1:  Verbreitung des partnerschaftlichen Zusam-menlebens in Westdeutsch-land, nach geschlecht, Alter und Kohorte (in %). (datenquelle: Mikrozensus geSIS-Files 1962–1969; Volkszählung 1970, 1 %-Stichprobe; Mikro-zensus Scientific use Files 1973, 1976, 1978, 1980, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995–2006; bevölkerung in Privathaushalten, am haupt-wohnsitz, mit deutscher Staatsangehörigkeit)

Männer

0

20

40

60

80

100

16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60 64 68 72 76 80 84 88Alter

Frauen

0

20

40

60

80

100

16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60 64 68 72 76 80 84 88Alter

Kohorten 1979-1981 Kohorten 1969-1971 Kohorten 1959-1961

Kohorten 1949-1951 Kohorten 1939-1941 Kohorten 1929-1931

Kohorten 1919-1921 Kohorten 1909-1911 Kohorten 1899-1901

Kohorten 1889-1891

            

Page 14: Die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens im Wandel

260 A. lengerer

Veränderungen zählt die Abnahme des partnerschaftlichen Zusammenlebens im unteren Altersbereich. In den jüngeren Kohorten steigt der Anteil der mit einem Partner im haus-halt lebenden Männer und Frauen weniger schnell und steil an als in den älteren Kohor-ten, was darauf hindeutet, dass verbindliche partnerschaftliche beziehungen zunehmend später im lebensverlauf eingegangen werden.16 Auch das bis zum mittleren erwachse-nenalter erreichte niveau des Zusammenlebens mit einem Partner geht in der Abfolge der Kohorten kontinuierlich zurück. Im Alter von 35 Jahren leben 90 % der um 1930 gebore-nen Männer in einer verbindlichen Partnerschaft, während es unter den um 1960 gebore-nen Männern kaum mehr als 70 % sind. bei den Frauen fällt der Rückgang etwas geringer aus. Im höheren Alter findet jedoch eine gegenläufige entwicklung statt. hier nimmt der Anteil der mit einem Partner Zusammenlebenden in der Abfolge der Kohorten vor allem bei  den Frauen  kontinuierlich  zu. dafür  sind  strukturelle Veränderungen  die ursache: Weil viele Männer den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt haben, ist das numerische Ver-hältnis der geschlechter in den ältesten hier beobachteten Kohorten sehr unausgewogen. dadurch  sind  zahlreiche  Frauen  dieser Kohorten  zeitlebens  partnerlos  geblieben  oder haben keinen Partner mehr gefunden, nachdem eine bestehende Partnerschaft endete. In den nachfolgenden Kohorten gleicht sich das geschlechterverhältnis allmählich wieder an.

Wesentlich  größer  sind  die  unterschiede  zwischen  den  Kohorten  beim  ehelichen Zusammenleben (ohne Abb.). In den jüngeren Kohorten wird deutlich später und selte-ner geheiratet als in den älteren Kohorten. dafür leben die jüngeren Kohorten über den gesamten lebensverlauf hinweg immer öfter unverheiratet mit einem Partner zusammen. beim Wandel der lebensformen handelt es sich also mehr um einen Wandel in den For-men denn im Ausmaß des Zusammenlebens, was frühere befunde auf basis sozialwis-senschaftlicher umfragedaten bestätigt (vgl. Klein et al. 2002).

Als erstes Fazit kann festgehalten werden, dass sich aus dem Vergleich der lebens-verläufe verschiedener westdeutscher geburtskohorten kein genereller Trend zur Abkehr von verbindlichen Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens ableiten lässt. Zwar zeigen  sich  zwischen  den Kohorten  bemerkenswerte unterschiede  in  den  altersbezo-genen Anteilen  der mit  einem  Partner  im haushalt  lebenden,  die  darauf  verweisen, dass  feste  partnerschaftliche bindungen  immer  später  im lebensverlauf  und bis  zum mittleren erwachsenenalter auch seltener eingegangen und/oder häufiger wieder gelöst werden. Im höheren Alter wird das Zusammenleben mit einem Partner in der Abfolge der Kohorten  jedoch  immer wahrscheinlicher. dies  hat  vornehmlich  demographische ursachen und ist insofern wenig überraschend, aber gleichwohl ein Aspekt, der in der bisherigen diskussion um den Wandel partnerschaftlicher lebensformen vernachlässigt wurde.

16  eine Ausnahme stellen die um 1950 geborenen Männer und Frauen dar, die gegen ende der 1960er Jahre in den Prozess der Partnerwahl eingetreten sind. An den relativ hohen Anteilen der mit einem Partner Zusammenlebenden im unteren Altersbereich ist abzulesen, dass hier eine kurzzeitige Vorverlagerung des eingehens verbindlicher partnerschaftlicher beziehungen statt-gefunden hat.

Page 15: Die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens im Wandel

261die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens ...

5   Wandel der Bildungsselektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens

Im Folgenden rückt nun die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens in den Vordergrund der betrachtung. Anhand logistischer Regressionsmodelle wird über-prüft, welche effekte von der bildung auf die Wahrscheinlichkeit des lebens mit gegen-über dem leben ohne Partner im haushalt ausgehen und in welcher Weise sich dies über die Kohorten hinweg verändert.

In Tab. 1 wird zunächst ein Regressionsmodell spezifiziert, das die Alters- und Kohor-tenabhängigkeit  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  möglichst  genau  wieder-gibt. es wird für Männer und Frauen getrennt berechnet, da unterschiedliche effekte zu erwarten sind. Zur Quantifizierung der effekte sind ß-Koeffizienten ausgewiesen. diese geben an, um wie viele einheiten sich die logarithmierte Chance des partnerschaftlichen Zusammenlebens  verändert, wenn  sich  die  betreffende  unabhängige Variable  um  eine einheit verändert. Weil dies schwer zu interpretieren ist, wird hier nur auf die Vorzeichen der ß-Koeffizienten bezug genommen, die über die Richtung eines effekts informieren.17 

17  die Interpretation der Koeffizienten wird zusätzlich dadurch erschwert, dass sie nicht unabhän-gig von allen anderen (beobachteten und nicht beobachteten) erklärenden Variablen sind, selbst wenn keine Korrelation zwischen ihnen besteht (Mood 2010). ein Vergleich der Koeffizienten über Modelle und gruppen hinweg ist daher nicht möglich und wird hier auch nicht vorgenom-men. Allenfalls die Richtung der effekte bei Männern und Frauen wird miteinander verglichen. Auf die berechnung von durchschnittlichen marginalen effekten, die weniger von unbeobach-teter heterogenität beeinflusst  sind, wird verzichtet.  In Modellen mit  Interaktionseffekten  ist dies nur bedingt sinnvoll, da der Interaktionseffekt auf die Wahrscheinlichkeiten nicht nur durch den Koeffizienten des multiplikativen Terms bestimmt wird (best und Wolf 2010, S. 848).

Tab. 1:  effekte des Alters und der Kohorte auf das partnerschaftliche Zusammenleben in West-deutschland (logistische Regression, ß-Koeffizienten).AV: mit (1) vs. ohne Männer FrauenPartner lebend (0) Modell 1a Modell 1b Modell 1a Modell 1bAlter − 0,130*** − 0,090*** − 0,137*** − 0,092***

ln (Alter) 3,499*** 2,743*** 2,722*** 1,855***

Kohorte − 0,023*** − 0,049*** 0,001*** − 0,037***

Alter * Kohorte 0,001*** 0,001***

Konstante − 6,147*** − 4,673*** − 3,811*** − 2,118***

nagelkerke R2 0,366 0,377 0,255 0,277AIC 1 603 178 1 585 816 2 336 981 2 295 065n gewichtet 1 791 089 1 791 089 2 087 843 2 087 843n ungewichtet 4 390 334 4 390 334 5 092 633 5 092 633Quelle: Mikrozensus geSIS-Files 1962–1969; Volkszählung 1970, 1%-Stichprobe; Mikrozensus Scientific use Files 1973, 1976, 1978, 1980, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995–2006; bevölkerung in Privathaushalten,  am hauptwohnsitz, mit  deutscher Saatsangehörigkeit,  im Alter  zwischen 18 und 92 Jahren; designgewichtet.Alter (in Jahren) auf 17 zentriert, Kohorte (in Jahren) auf 1940 zentriert.*p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0,001.

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262 A. lengerer

um das genaue Ausmaß der Veränderungen abzuschätzen, werden die  logarithmierten Chancen in Wahrscheinlichkeiten umgerechnet und graphisch dargestellt.

In Modell 1a wird neben dem Alter das logarithmierte Alter als unabhängige Variable aufgenommen, um den nicht-monotonen Zusammenhang zwischen dem Alter und der partnerschaftlichen lebensform zu beschreiben (vgl. Abschn. 3). die im unteren Alters-bereich  zunächst  steil  ansteigende Wahrscheinlichkeit  des  partnerschaftlichen  Zusam-menlebens wird  durch  den effekt  des  logarithmierten Alters,  die  im weiteren Verlauf allmählich wieder abfallende Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenle-bens durch den effekt des Alters abgebildet. die Kohorte wird als metrische Variable in die Analyse eingebracht, sodass sich die Koeffizienten auf die Veränderung pro Geburts-jahr  beziehen.  bei  Männern  nimmt  die  Wahrscheinlichkeit  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens mit jedem geburtsjahr geringfügig ab. bei Frauen ist hingegen so gut wie keine Veränderung festzustellen.

nun haben die deskriptiven befunde gezeigt, dass sich die Anteile der  in einer ver-bindlichen Partnerschaft lebenden Männer und Frauen in Abhängigkeit vom Alter unter-schiedlich über die Kohorten hinweg entwickeln. die jüngeren Kohorten leben im unteren und mittleren erwachsenenalter  zunehmend  seltener mit  einem Partner  zusammen  im höheren Alter hingegen nimmt die Verbreitung des partnerschaftlichen Zusammenlebens in der Kohortenabfolge zu. dies wird in Form eines Interaktionseffekts zwischen Alter und Kohorte modelliert. Wie  aus Modell  1b  ersichtlich,  ist  dieser effekt  zwar gering, erbringt aber eine sehr gute Anpassung an das empirisch beobachtbare Muster. gemes-sen an nagelkerkes Pseudo-R2 nimmt die erklärungskraft des Modells bei Männern und Frauen zu, wenn der mit dem Alter variierende Kohorteneffekt zusätzlich berücksichtigt wird. Auch nach dem AIC-Kriterium verbessert sich das Modell. Vergleicht man außer-dem die auf basis von Modell 1b geschätzten Wahrscheinlichkeiten mit den tatsächlich gemessenen Anteilen der mit einem Partner zusammenlebenden Männer und Frauen nach Alter und Kohorte, so zeigt sich ein hoher grad an Übereinstimmung. die in Abb. 2 dar-gestellten Verläufe bilden die deskriptiv gefundenen hervorragend ab. Modell 1b bildet daher die grundlage für die nachfolgenden Analysen.

die effekte der bildung auf das partnerschaftliche Zusammenleben von Männern und Frauen gehen aus Tab. 2 und Tab. 3 hervor. da die Mikrozensen der 1960er Jahre keine Angaben zur bildung enthalten, werden sie auf der grundlage von daten der Jahre 1970 bis 2006 bestimmt. Als Kontrollvariable dient die größe des Wohnorts.

In Modell 1 wird erneut geschätzt, welchen Verlauf die Wahrscheinlichkeit des part-nerschaftlichen  Zusammenlebens  über  das Alter  und  die Kohorte  hinweg  nimmt. die ergebnisse stimmen mit den zuvor berichteten überein. der bildungsabschluss wird in Modell 2 aufgenommen. Als Referenzkategorie dienen Personen, die über einen haupt-schulabschluss und eine abgeschlossene berufsausbildung verfügen, da es sich um eine stark besetzte gruppe handelt, in der sich über die Kohorten hinweg wenig verändert.

Wie sich zeigt, hat die bildung bei Männern und Frauen einen signifikanten effekt auf die Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens mit einem Partner. die Richtung des effekts unterscheidet sich erwartungsgemäß zwischen den geschlechtern. bei Männern deutet sich ein positiver Zusammenhang an (Tab. 2). Abgesehen von den Männern, die sich noch in Ausbildung befinden, ist die Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens unter denjenigen am geringsten, die über keinen beruflichen Abschluss verfügen. gemessen an der höhe 

  

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263die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens ...

der  ß-Koeffizienten  unterscheiden  sie  sich  am  stärksten  von  den hauptschulabsolven-ten mit Ausbildung. Alle übrigen bildungsgruppen weisen eher geringe unterschiede zu den hauptschulabsolventen mit Ausbildung auf. Am höchsten ist die Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens unter Technikern und Meistern. Auch Absol-venten  der  Fachhochschule  leben  mit  signifikant  höherer Wahrscheinlichkeit  in  einer Partnerschaft  als  hauptschüler  mit  abgeschlossener  beruflicher Ausbildung.  entgegen den erwartungen etwas geringer  ist die Wahrscheinlichkeit unter den Abiturienten mit berufsausbildung sowie unter den hochschulabsolventen, was sich jedoch, wie die nach-folgenden Analysen zeigen, auf den unteren Altersbereich beschränkt. Für das partner-schaftliche Zusammenleben von Männern ist also das Vorhandensein eines beruflichen Abschlusses entscheidend. die Art des Abschlusses  ist demgegenüber von untergeord-

Abb. 2:  Wahrscheinlich-keit des partnerschaftlichen Zusammenlebens in West-deutschland, nach geschlecht, Alter und Kohorte, geschätzt auf basis von Modell 1b.

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

18 22 26 30 34 38 42 46 50 54 58 62 66 70 74 78 82 86 90Alter

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

18 22 26 30 34 38 42 46 50 54 58 62 66 70 74 78 82 86 90Alter

Kohorte 1980 Kohorte 1970 Kohorte 1960 Kohorte 1950Kohorte 1940 Kohorte 1930 Kohorte 1920 Kohorte 1910Kohorte 1900 Kohorte 1890

Männer

Frauen

            

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264 A. lengerer

AV: mit (1) vs. ohne Partner lebend (0) Modell 1 Modell 2 Modell 3Alter − 0,081*** − 0,079*** − 0,083***

ln (Alter) 2,479*** 2,338*** 2,345***

Kohorte − 0,051*** − 0,050*** − 0,052***

Alter * Kohorte 0,001*** 0,001*** 0,001***

gemeindegröße  unter 20 Tsd. einwohner (Referenz) 0 0  20 bis unter 100 Tsd. einwohner − 0,021*** − 0,021***

  100 Tsd. und mehr einwohner − 0,326*** − 0,325***

bildungsabschluss  ohne beruflichen Abschluss − 0,514*** − 0,658***

  hS mit Ausbildung (Referenz) 0 0  MR mit Ausbildung − 0,021** − 0,291***

  FhR/AbI mit Ausbildung − 0,150*** − 0,406***

  Techniker/Meister 0,241*** 0,313***

  Fachhochschulabschluss 0,100*** − 0,095*

  hochschulabschluss − 0,100*** − 0,595***

  in Ausbildung − 1,133*** − 1,772***

bildungsabschluss * Alter  ohne beruflichen Abschluss * Alter 0,005***

  hS mit Ausbildung * Alter (Referenz) 0  MR mit Ausbildung * Alter 0,009***

  FhR/AbI mit Ausbildung * Alter 0,009***

  Techniker/Meister * Alter − 0,002  Fachhochschulabschluss * Alter 0,008***

  hochschulabschluss * Alter 0,016***

  in Ausbildung * Alter 0,024***

bildungsabschluss * Kohorte  ohne beruflichen Abschluss * Kohorte 0,004***

  hS mit Ausbildung * Kohorte (Referenz) 0  MR mit Ausbildung * Kohorte 0,006***

  FhR/AbI mit Ausbildung * Kohorte 0,003*

  Techniker/Meister * Kohorte − 0,002*

  Fachhochschulabschluss * Kohorte − 0,001  hochschulabschluss * Kohorte 0,007***

  in Ausbildung * Kohorte 0,017***

Konstante − 4,081*** − 3,500*** − 3,394***

nagelkerke R2 0,363 0,380 0,381AIC 1 112 711 1 093 076 1 092 342n gewichtet 1 207 535 1 207 535 1 207 535n ungewichtet 2 687 534 2 687 534 2 687 534HS  hauptschule, MR  Mittlere Reife, FHR/ABI  Fachhochschulreife/AbiturVolkszählung 1970, 1%-Stichprobe; Mikrozensus Scientific use Files 1976, 1978, 1980, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995–2006; bevölkerung in Privathaushalten, am hauptwohnsitz, mit deutscher Saatsangehörigkeit, im Alter zwischen 18 und 92 Jahren; designgewichtet.Alter (in Jahren) auf 17 zentriert, Kohorte (in Jahren) auf 1940 zentriert.*p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0,001.

Tab. 2:  effekte der bildung auf das partnerschaftliche Zusammenleben von Männern in West-deutschland (logistische Regression, ß-Koeffizienten).

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265die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens ...

AV: mit (1) vs. ohne Partner lebend (0) Modell 1 Modell 2 Modell 3Alter − 0,091*** − 0,090*** − 0,089***

ln (Alter) 1,786*** 1,742*** 1,679***

Kohorte − 0,048*** − 0,038*** − 0,038***

Alter * Kohorte 0,001*** 0,001*** 0,001***

gemeindegröße  unter 20 Tsd. einwohner (Referenz) 0 0  20 bis unter 100 Tsd. einwohner − 0,145*** − 0,141***

  100 Tsd. und mehr einwohner − 0,419*** − 0,416***

bildungsabschluss  ohne beruflichen Abschluss − 0,153*** 0,006  hS mit Ausbildung (Referenz) 0 0  MR mit Ausbildung − 0,269*** − 0,654***

  FhR/AbI mit Ausbildung − 0,441*** − 1,027***

  Techniker/Meister − 0,444*** − 0,603***

  Fachhochschulabschluss − 0,617*** − 1,012***

  hochschulabschluss − 0,641*** − 1,147***

  in Ausbildung − 1,702*** − 2,811***

bildungsabschluss * Alter  ohne beruflichen Abschluss * Alter − 0,005***

  hS mit Ausbildung * Alter (Referenz) 0  MR mit Ausbildung * Alter 0,012***

  FhR/AbI mit Ausbildung * Alter 0,019***

  Techniker/Meister * Alter 0,006***

  Fachhochschulabschluss * Alter 0,014***

  hochschulabschluss * Alter 0,017***

  in Ausbildung * Alter 0,050***

bildungsabschluss * Kohorte  ohne beruflichen Abschluss * Kohorte − 0,005***

  hS mit Ausbildung * Kohorte (Referenz) 0  MR mit Ausbildung * Kohorte 0,008***

  FhR/AbI mit Ausbildung * Kohorte 0,010***

  Techniker/Meister * Kohorte 0,000  Fachhochschulabschluss * Kohorte 0,004*

  hochschulabschluss * Kohorte 0,008***

  in Ausbildung * Kohorte 0,022***

Konstante − 1,819*** − 1,348*** − 1,198***

nagelkerke R2 0,292 0,315 0,316AIC 1 489 663 1 460 081 1 458 172n gewichtet 1 368 544 1 368 544 1 368 544n ungewichtet 3 002 503 3 002 503 3 002 503HS hauptschule, MR  Mittlere Reife, FHR/ABI Fachhochschulreife/AbiturVolkszählung 1970, 1 %-Stichprobe; Mikrozensus Scientific use Files 1976, 1978, 1980, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995–2006; bevölkerung in Privathaushalten, am hauptwohnsitz, mit deutscher Saatsangehörigkeit, im Alter zwischen 18 und 92 Jahren; designgewichtet.Alter (in Jahren) auf 17 zentriert, Kohorte (in Jahren) auf 1940 zentriert.*p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0,001.

Tab.  3:  effekte  der bildung  auf  das  partnerschaftliche Zusammenleben  von  Frauen  in West-deutschland (logistische Regression, ß-Koeffizienten).

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266 A. lengerer

neter bedeutung. nur wenn Männer über keine berufliche Qualifikation verfügen, leben sie mit deutlich reduzierter Wahrscheinlichkeit in einer verbindlichen Partnerschaft. den theoretischen Überlegungen entsprechend noch geringer ist die Wahrscheinlichkeit ledig-lich während der schulischen oder beruflichen Ausbildung.

bei Frauen hingegen ist das bildungsniveau ausschlaggebend und steht in einer deut-lich negativen beziehung zur Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenle-bens (Tab. 3). Je höher Frauen gebildet sind, desto weniger wahrscheinlich  ist es, dass sie in einer verbindlichen Partnerschaft leben. Am relativ geringsten ist die Wahrschein-lichkeit  für Frauen mit hochschulabschluss. unter den Absolventinnen der Fachhoch-schule ist sie fast genauso gering. eine hohe Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens besteht dagegen für Frauen ohne beruflichen Abschluss, die nur von der Referenzgruppe noch überboten wird. Sobald Frauen über mehr als einen hauptschul-abschluss und eine berufliche Ausbildung verfügen, verringert sich ihre Wahrscheinlich-keit  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens  und bereits mit  der Mittleren Reife  und einer Ausbildung liegt sie deutlich unter der von Frauen ohne beruflichen Abschluss. nur der Institutioneneffekt der bildung weist bei beiden geschlechtern in dieselbe Richtung. ebenso wie Männer haben auch Frauen eine erheblich reduzierte Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens  in einer Partnerschaft, wenn sie das bildungssystem noch nicht ver-lassen haben.

Ob die nachgewiesenen bildungseffekte über die Kohorten hinweg stabil bleiben oder einem Wandel unterworfen sind, wird in Modell 3 geprüft. ein Interaktionseffekt wird eingeführt,  mit  dem  die  Kohorteneffekte  innerhalb  der  einzelnen  bildungsgruppen  in linearer Form geschätzt werden. Außerdem wird die  Interaktion der bildung mit  dem Alter in das Modell aufgenommen, da Timingeffekte der bildung über das ende der Aus-bildung hinausreichen.18

Zunächst  fällt  auf,  dass  sich  an  der  bildungsselektivität  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens nur wenig verändert. Sowohl über das Alter als auch über die Kohorten hinweg bleiben die effekte der bildung weitgehend erhalten. Abzulesen ist dies an den niedrigen und teilweise nicht signifikanten ß-Koeffizienten der Interaktionsterme sowie am Pseudo-R2, das sich durch die Aufnahme der Interaktionsterme kaum erhöht. Auch die Werte des AIC-Kriteriums nehmen nur geringfügig ab. da sich die effekte auf einzelne Altersjahre und auf einzelne geburtsjahre beziehen, zeigen sich gleichwohl einige bedeu-tende entwicklungen. Anhand der vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten werden diese im Folgenden für jeweils typische beobachtungsfälle graphisch dargestellt.19

die Veränderung der bildungseffekte über das Alter geht aus Abb. 3 hervor. darin sind die  vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens  für 

18  die  der  logistischen  Regression modellinhärenten  Interaktionseffekte  (best  und Wolf  2010, S. 840) sind begrenzt und reichen nicht aus, um die Veränderung der bildungseffekte über das Alter und die Kohorten abzubilden. es zeigt sich, dass die vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten anders verlaufen, wenn die Interaktionseffekte explizit  in das Modell aufgenommen werden, und den deskriptiven befunden besser entsprechen (lengerer 2011, S. 155 ff.).

19  Auf eine Interpretation der haupteffekte der bildung wird in Modell 3 verzichtet. durch die Aufnahme der Interaktionseffekte beziehen sie sich auf die Werte von Alter und Kohorte, auf die zentriert wurde, also auf die 17-Jährigen der Kohorte 1940 (vgl. dazu auch Fußnote 14).

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267die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens ...

Männer und Frauen der Kohorte 1945 im Alter zwischen 25 und 61 Jahren, d. h. in dem Alter, in dem diese Kohorte auch tatsächlich beobachtet wurde, abgetragen. bei Männern steigt  die Wahrscheinlichkeit  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  über  das Alter hinweg in allen bildungsgruppen stärker an als in der gruppe, die über keinen beruflichen Abschluss verfügt. Am relativ stärksten fällt der Anstieg bei den hochschulabsolventen aus. dies  bestätigt  die Vermutung, wonach  eine  universitäre bildung die Wahrschein-lichkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens nur im unteren Altersbereich reduziert und es mit fortschreitendem Alter zu einer Angleichung an die übrigen bildungsgruppen kommt. die deutlich reduzierte Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammen-

Abb. 3:  Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zu-sammenlebens in der Kohorte 1945 in Westdeutschland, nach geschlecht, bildung und Alter, geschätzt auf basis von Modell 3 (bezogen auf eine gemeindegröße von unter 20 000 einwohnern, d. h. auf die Referenzkategorie; beschränkt auf den Altersbereich, der in den betreffenden Kohorten auch tat-sächlich beobachtet wurde; nicht dargestellt sind Personen, die sich noch in schulischer, beruf-licher oder tertiärer Ausbildung befinden). HS  hauptschule, MR   Mittlere Reife, FHR/ABI Fachhochschulreife/Abitur.

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18 22 26 30 34 38 42 46 50 54 58 62 66 70 74 78 82 86 90Alter

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ohne beruflichen Abschluss HS mit AusbildungMR mit Ausbildung FHR / ABI mit AusbildungTechniker / Meister Fachhochschulabschl.Hochschulabschluss

Männer

Frauen

            

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lebens von Männern ohne beruflichen Abschluss bleibt hingegen im gesamten lebens-verlauf bestehen.

bei Frauen hat die bildung im jüngeren Alter ebenfalls den stärksten effekt auf die Wahrscheinlichkeit  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens. Anders  als  bei Männern sind die unterschiede zwischen den bildungsgruppen jedoch so groß, dass die mit dem Alter nur wenig variierenden entwicklungen nicht ausreichen, um diese zu nivellieren. Zwar ist der negative effekt der hohen bildung auch bei Frauen im unteren Altersbereich am stärksten. die  relativen differenzen zwischen den Frauen mit verschiedenen schu-lischen Abschlüssen und einem beruflichen Ausbildungsabschluss sowie den Frauen ohne beruflichen Abschluss gehen ebenfalls mit dem Alter zurück. gegenüber den eigenstän-digen effekten der bildung fallen diese Veränderungen aber gering aus. damit bleibt der die Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens reduzierende effekt der bildung bei Frauen über den gesamten lebensverlauf hinweg bestehen.

In Abb. 4 ist die kohortenbezogene Veränderung der bildungseffekte dargestellt. Für beide geschlechter  sind  die Wahrscheinlichkeiten  des  partnerschaftlichen Zusammen-lebens im Alter von 35 Jahren angegeben, wie sie sich aus Modell 3 für verschiedene bil-dungsabschlüsse und Kohorten ergeben.20 bei Männern bleiben die effekte der bildung in der Abfolge der Kohorten weitgehend stabil. die Wahrscheinlichkeit des partnerschaft-lichen Zusammenlebens nimmt in allen bildungsgruppen ähnlich stark ab. Im Vergleich etwas schwächer ist die Abnahme nur bei den hochschulabsolventen, deren Wahrschein-lichkeit des Zusammenlebens sogar am wenigsten abnimmt sowie bei den Männern mit Mittlerer Reife und abgeschlossener Ausbildung. da das bildungsniveau mit fortschrei-tendem Alter  aber  ohnehin  an einfluss  verliert,  stellt  dies  einen  eher  nebensächlichen Aspekt des Wandels dar. Als letztlich ausschlaggebend erweist sich das Vorhandensein eines beruflichen bildungsabschlusses. In den älteren wie in den jüngeren Kohorten sind es die beruflich nicht qualifizierten Männer, unter denen die Wahrscheinlichkeit des part-nerschaftlichen Zusammenlebens eindeutig am geringsten ist. der Abstand zu den übri-gen bildungsgruppen wird in der Abfolge der Kohorten etwas größer, d. h. der negative effekt eines fehlenden beruflichen Abschlusses verstärkt sich sogar leicht.

das  bildungsselektive Muster  des  partnerschaftlichen Zusammenlebens  von Frauen wandelt  sich über die Kohorten hinweg. Am relativ  stärksten  reduziert  sich die Wahr-scheinlichkeit  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  für  Frauen  ohne  beruflichen Abschluss.  In den älteren Kohorten  ist  es  für Frauen ohne beruflichen Abschluss  sehr wahrscheinlich, in einer Partnerschaft zu leben. In den jüngeren Kohorten hingegen sind es die hauptschulabsolventinnen mit Ausbildung, unter denen die geschätzte Verbreitung des partnerschaftlichen Zusammenlebens mit Abstand am höchsten ist. gleichzeitig sind es in den jüngeren Kohorten nicht mehr die hoch gebildeten Frauen, die mit der eindeu-

20 Mit  35 Jahren  wurde  ein Alter  gewählt,  in  dem  die Wahrscheinlichkeit  des  partnerschaftli-chen Zusammenlebens  in der Kohortenfolge abnimmt und Timingeffekte der bildung so gut wie  keine  Rolle  mehr  spielen.  eine  in  den  verschiedenen  bildungsgruppen  unterschiedlich starke Abnahme der Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens zeigt somit eine Veränderung der niveaueffekte der bildung an  (zur besseren lesbarkeit  der Abbildung beschränkt  sich die y-Achse auf Wahrscheinlichkeiten von 0,4 bis 1). Sie unterscheidet  sich nicht wesentlich von der Veränderung in anderen, hier nicht dargestellten Altersjahren. Auch für verschiedene gemeindegrößen zeigt sich dasselbe Muster.

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269die soziale Selektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens ...

tig geringsten Wahrscheinlichkeit  in einer verbindlichen Partnerschaft  leben. Vielmehr nimmt die Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens unter den am höchsten gebildeten Frauen über die Kohorten hinweg vergleichsweise wenig ab, sodass der Abstand zu den übrigen bildungsgruppen etwas geringer wird. Auch die effekte von Mittlerer Reife mit Ausbildung sowie von Abitur mit Ausbildung verlieren gegenüber dem effekt von haupt-schule mit Ausbildung an Stärke, sodass die bildungsbezogenen unterschiede des part-nerschaftlichen Zusammenlebens von Frauen insgesamt leicht zurückgehen. Auffälliger ist jedoch, dass sich der Charakter des Zusammenhangs verändert. Weil das Fehlen einer berufsqualifikation auch bei Frauen allmählich die Wahrscheinlichkeit des partnerschaft-

Abb. 4:  Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammen-lebens im Alter von 35 Jahren in Westdeutschland, nach ge-schlecht, bildung und Kohorte, geschätzt auf basis von Modell 3 (bezogen auf eine gemeindegrö-ße von unter 20 000 einwohnern, d. h. auf die Referenzkategorie; nicht dargestellt sind Personen, die sich noch in schulischer, beruflicher oder tertiärer Ausbil-dung befinden). HS hauptschule, MR Mittlere Reife, FHR/ABI Fachhochschulreife/Abitur.

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1935 1938 1941 1944 1947 1950 1953 1956 1959 1962 1965 1968 1971Kohorte

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1935 1938 1941 1944 1947 1950 1953 1956 1959 1962 1965 1968 1971Kohorte

ohne beruflichen Abschluss HS mit AusbildungMR mit Ausbildung FHR / ABI mit AusbildungTechniker / Meister Fachhochschulabschl.Hochschulabschluss

Männer

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lichen Zusammenlebens reduziert, wie dies im Kontext von theoretischen Überlegungen zu den Präferenzen der Partnerwahl erwartet worden war, weist der effekt der bildung in den jüngeren Kohorten nicht mehr in eine Richtung. Vielmehr zeichnet sich ein Verlauf ab, wonach die Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusammenlebens für Frauen mit mittlerer bildung (mit abgeschlossener beruflicher Ausbildung) am höchsten ist.

der Institutioneneffekt der bildung reduziert sich bei Männern und Frauen, wie erwar-tet.21 An  dem  positiven Vorzeichen  der  entsprechenden Koeffizienten  in Modell  3  ist abzulesen, dass die jüngeren Kohorten relativ betrachtet während des Verweilens in den Institutionen des bildungssystems eine höhere Wahrscheinlichkeit des Zusammenlebens mit einem Partner aufweisen als dies in den älteren Kohorten der Fall ist.

6   Zusammenfassung und Diskussion

Auf basis kumulierter erhebungen des Mikrozensus bestätigt sich im vorliegenden bei-trag zunächst ein für Westdeutschland bekannter befund: In der Abfolge der Kohorten geht  der Anteil  der mit  einem  Partner  Zusammenlebenden  stetig  zurück.  davon  sind jedoch  nicht  alle  Phasen  des  lebensverlaufs  gleichermaßen  betroffen.  die  jüngeren Kohorten leben im unteren und mittleren Altersbereich seltener mit einem Partner zusam-men, haben aber eine weit größere Chance, das höhere Alter in Partnerschaft lebend zu verbringen, als dies in den Kohorten zuvor der Fall war. Von einem pauschalen Trend der Singularisierung kann also keine Rede sein.

das partnerschaftliche Zusammenleben erweist sich als sozial selektiv. Wie die analy-tischen befunde für Westdeutschland zeigen, geht von der bildung nicht nur ein Timing-, sondern auch ein niveaueffekt auf die Wahrscheinlichkeit des partnerschaftlichen Zusam-menlebens von Männern und Frauen aus. Über die Kohorten hinweg ändert sich daran weniger  als  erwartet.  Für Männer  ist  die Wahrscheinlichkeit  des  Zusammenlebens  in allen hier beobachteten Kohorten reduziert, wenn sie über keinen berufsqualifizierenden Abschluss verfügen. bei Frauen hingegen schwächen sich die bildungsbezogenen unter-schiede leicht ab und verändern ihr Muster. Während die Wahrscheinlichkeit des partner-schaftlichen Zusammenlebens für hoch gebildete Frauen durchgängig am geringsten ist, weisen Frauen der niedrigsten bildungsstufe nur in den älteren Kohorten eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit  des Zusammenlebens  auf.  In  der Abfolge  der Kohorten  geht diese überproportional zurück, bis sie in den jüngeren Kohorten unter der von Frauen mit mittlerer bildung liegt. der bildungseffekt verliert demnach seine linearität und nähert sich einer umgekehrten u-Form an.

Vom bildungsniveau geht also weiterhin eine strukturierende Kraft aus. die aus dem familienökonomischen Ansatz  abgeleitete hypothese, wonach  die bildungsselektivität des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  im  Zuge  sinkender  Spezialisierungsgewinne abnehmen sollte, kann so nicht bestätigt werden. es sind weiterhin die gebildeten Frauen mit  hohem erwerbs-  und  einkommenspotenzial,  die  am  seltensten mit  einem Partner 

21  In Abb. 4 sind die geschätzten Wahrscheinlichkeiten für Personen, die sich noch in schulischer oder beruflicher Ausbildung befinden, nicht wiedergegeben, da die Ausbildung  im Alter von 35 Jahren in aller Regel abgeschlossen ist.

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zusammenleben. bei Männern beschränken sich die bildungsbezogenen unterschiede auf das Vorhandensein eines beruflichen Abschlusses. dieses Muster bleibt über die Kohor-ten hinweg bestehen. Auch eine überproportional  abnehmende Wahrscheinlichkeit  des partnerschaftlichen Zusammenlebens für hoch gebildete Männer kann nicht festgestellt werden. unter der Annahme, dass Männer mit hohen erwerbs- und einkommenschan-cen weniger vom Zusammenleben profitieren, weil  immer häufiger beide Partner einer erwerbstätigkeit nachgehen, wäre dies zu erwarten gewesen.

der  relative  starke  Rückgang  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  unter  den beruflich nicht qualifizierten Frauen ist mit veränderten Anreizen plausibel zu erklären. eine geschlechtsspezifisch ausgeprägte Präferenz  für heterogame Partnerwahl  ist  sinn-voll,  solange  der  hauptsächliche  nutzen  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  in der Spezialisierung liegt. lohnt sich diese nur noch phasenweise und nicht mehr in dem Maße wie früher, wird eine geringe Produktivität auf dem Arbeitsmarkt auch bei Frauen eher negativ bewertet, sodass nicht mehr nur besonders niedrig gebildete Männer im Pro-zess  der  Partnerwahl  am  ehesten  übrig  bleiben,  sondern  zunehmend  auch  Frauen mit diesen eigenschaften. dies gilt umso mehr, als die gruppe der Frauen ohne beruflichen bildungsabschluss  immer kleiner wird und daher steigendem Konkurrenzdruck ausge-setzt ist.

die  anhaltend  geringe  Verbreitung  des  partnerschaftlichen  Zusammenlebens  unter hoch qualifizierten Frauen deutet auf die Relevanz struktureller Vorgaben hin. Wenn es ebenso viele hoch qualifizierte Frauen wie Männer gibt und die hypogame Partnerwahl von Frauen weiterhin nicht im selben Maße akzeptiert ist wie die hypogame Partnerwahl von Männern, stehen den hoch qualifizierten Frauen nicht genügend passende Partner zur Verfügung. In ihrem Verhalten unterscheiden sie sich daher weiterhin von den übrigen Frauen, auch wenn sich die individuelle bereitschaft zum eingehen verbindlicher Part-nerschaften angenähert hat. Vollständig zufrieden stellt diese erklärung jedoch nicht, da sie ohne den zusätzlichen Rekurs auf normative Setzungen nicht auskommt.

Insgesamt  bleibt  festzuhalten,  dass  partnerschaftliche beziehungen  einen wichtigen Teil des sozialen Kapitals von Individuen darstellen, aber nicht alle Individuen in der-selben Weise Zugang zu diesen beziehungen haben. es sind nicht mehr nur die gering qualifizierten Männer mit entsprechend geringen erwerbs- und einkommenschancen, für die es schwer ist, eine Partnerin zu finden. Auch für gering qualifizierte Frauen bildet sich ein solches Muster heraus und wird sich in Zukunft wohl weiter verstärken, sodass es zu einer zunehmenden Kumulation sozialer benachteiligung kommt.

Als  weiterer  wichtiger  befund  ist  festzuhalten,  dass  der  kohortenbezogene  Rück-gang des partnerschaftlichen Zusammenlebens in Westdeutschland nicht allein durch die Zunahme höherwertiger bildungsabschlüsse bedingt ist. Vielmehr gibt es eigenständige bildungseffekte und eigenständige Kohorteneffekte. das Ausmaß des partnerschaftlichen Zusammenlebens variiert mit der bildung und in allen bildungsgruppen nimmt der Anteil der mit einem Partner Zusammenlebenden über die Kohorten hinweg ab. es ist nicht nur die höhere bildung und die damit verbundene Zunahme der ökonomischen unabhängig-keit von Frauen, die zu einer Abnahme des partnerschaftlichen Zusammenlebens führt. das  partnerschaftliche  Zusammenleben  nimmt  auch  und  gerade  unter  den  besonders niedrig gebildeten Frauen ab.

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272 A. lengerer

Vor allem aufgrund der verwendeten datenbasis bleiben Fragen offen. da es sich beim Mikrozensus um eine wiederholte Querschnitterhebung handelt, lassen sich keine Aus-sagen über individuelle Verläufe treffen. So bleibt unklar, ob die bildungsselektivität des partnerschaftlichen Zusammenlebens mehr aus der bildungsabhängigkeit des eingehens und/oder des Auflösens partnerschaftlicher beziehungen resultiert. neue befunde auf der basis von längsschnittdaten deuten darauf hin, dass Partnerschaften häufiger aufgelöst und auch häufiger erneut eingegangen werden (eckhard 2010), eine erklärung der Selek-tivität also verstärkt daran ansetzten muss.

Danksagung:  Für wertvolle hinweise zur Überarbeitung des Manuskripts bedanke ich mich bei den herausgebern und anonymen gutachtern.

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274 A. lengerer

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Andrea Lengerer, 1973, dr. rer. pol., Wissenschaftliche Mitarbeiterin im german Microdata lab bei geSIS – leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Forschungsschwerpunkte: Sozialstruktur-analyse,  Familiensoziologie,  bevölkerungssoziologie.  Veröffentlichungen:  Partnerlosigkeit  in deutschland.  entwicklung  und  soziale unterschiede, Wiesbaden  2011; der  langfristige Wandel partnerschaftlicher lebensformen  im Spiegel des Mikrozensus, Wirtschaft und Statistik 4, 2007 (mit T. Klein); Familiensoziologische Analysepotenziale des Mikrozensus, Zeitschrift  für Fami-lienforschung 19, 2007 (mit A. Janßen und J. bohr).