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1782 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 4- JAHRGANG. Nr. 37 Io. SEPTEMBER 19~5 dab bei allen den Operationen, wo hinterher ein Gipsverband angelegt werden muB nnd woes darauf a~kommt, dab sich die Knochenenden nicht gegeneinander verschieben, die 6rt- liche BetAubung vor der Narkose vorzuziehen ist. Auch fiir die gewOhnliche Ei~rich~ung der Knocher~bri~che, z. ]3. gaaaz tSesonders der Unterschenkelbrfiche hat m~n die 6rtliche BetAubung verwendet. Man spritzt an die Bruch- stelle selbst, besonders zWischen die beiden Knochenenden reichlich Iproz. lXIovocainl6snng und durchspritzt den Muskel- querschnitt weiter oberhalb, wenn man will zwischen zwei Gummjbinden (SILVERS). Es l~13t d a n n die reilektorische Spmmung der Muskulatur nach und die Einrichtung gelingt so gut wie schmerzlos. Diese Methode ist sehr zu eI~lp- fehlen. Da Knochellbriiche ja besonders l~ufig bei Jugend- lichen vorl~ommen, wird man nicht oIt Lumbalall~sthesie anwenden. Auf der andern Seite ist die Narkose, be- sonders die Rauschnarkose deshalb miBlich, weil Dank des zunehmenden Alkoholverbrauches die Kran-ken mit frischen Verletzungen gew6hnlich sehr schwer und nur ]nit sehr vim ~_ther und Chloroform bis zu einer ausreichell- dell Entspa~nung der Muskulatur gebracht werden k611nen. Anhangsweise sei noch bemerkt, dab man die 6rtliche Bet~u- bung neuerdings auch vielfach zu diagr~ostisehen und thera- pent@chert Zwecken verwendet hat. Zu diagnostischen Zwecken kommt vor allem die Paxavertebralan~sthesie in Frage, die LKWEN nach dieser Richtung hin ausgearbeitet hat. Daaaach kann man den Schmerz bei Erkrankungen der Gallenbtase durch Einspritzen des X. Dorsalsegmentes beseitigen, wAhrend der Magen dem VII. die B!iere dem XlI. Dorsalsegmellt bzw. I. und II. Lumbalsegment untersteht. Gallenstein- anfAlle kann man sehr sicher durch eine'solche paravertebrale Einspritzung unterbrechen. Als therapeutisehes Hilfsmittel verwendet man die 6rtliche ]3eti~ubung ferner bei Neuraledien alMr Art, z. B. zur Durchspritzung des Ischiadicus. Auch sonst wird maa~ h~ufiger dazu kommen, bei umschriebener Schmerz- haftigkeit an einer K6rperstelle, z. ]3. bei Epicondylitis oder einer Metarsalgie die Einspritzung yon Novocain vorzunehmen. Auch bei spastisehen Zust~nden, z. ]3. im ]3ereich der Prostata hat man solche Novocaineinspritzungen versucht (ROST) undes ist merlcwiirdig, da~ sowohl bei Neuralgien, als auch bei die, sen Sphinkterenspasmen eine einmalige Durchspritzung oft ftir lange Zeit schmerzstillend und krampfl6send wirkt. ~assen wir das Er~ebnis dieser kurzen Obersicht zueammen, so wird man zweifellos die Anwendnng der 6rtlichen Bet~ubung all Stelle der Allgemeinnarkose bei zahlreichen Operationen Ms eillen der gr6Bten Fortschritte der Chirurgie bezeichllen miissen und wird es als vollkommen gerechtfertigt empfinden, wenn BRAUN als derjenige lebende Chirurge, der sich die gr6Bten Verdienste um die Durchfiihrung der 6rtlichen ]3e- tAubung erworben hat, hierftir yon der UniversitAt Heidelberg die Kussmaul-MedaiUe erhielt. Wenn es augenblicklich bei ~rztlichen Versamxnlungen fiir wissenscha/tlicher gilt, die 2Vaehteile der 6rtlichen ]3etAubung etwas stark zu betollen und zur Zuriickhaltung zu mahnen, so sind das Stimmungen, die die tats~chlichen Verh~ltnisse nicht ganz richtig wieder- geben. Rund 50% aller Operationen werden heutzutage wohl in der iiberwiegenden Mehrzahl aller chirurgischen Krallkenanstalten Deutschlands in 6rtlicher Bet~ubung aus- gefiihrt und das bedeutet viM. Jedenfalls diirfen wir uns durch berechtigte Kritik an Auswfichsen llicht davon abhalten lassen, nach weiterer Vervollkommnung der 6rtlichen Be- t~ubung zu streben. Wir brauchen I. ein besseres und ungittigeres Schlelmhaut-Andisthetiloum~ Wir mtissen soweit kommen, dab wir -- genau wie die Kehl- kopI- und Augen~rzte durch EintrAufeln oder Bepinseln mit Cocain ihre Operationen schmerzlos gestalten --, durch Ein- spritzungen in die Harllr6hre und Harnblase diese Organe vollkommen nnempfindlich machen, ohne zu groBe Gefahr. 2. Wir brauchen ein Mittel, das durch Auibringen auf die unverletzte ~uBere Haut diese unempfindlich m~cht. Das Operieren nach Einfrieren mit Chlor~thyl ist doch etwas recht Rtickst~ndiges, Umschl~ge mit Carbol zu gef~Lhrlich ulfd un- sicher.Versuche mit Elektrophorese stehen noehin den Anf~ngen. 3. Die allgemein betAubenden Einspritzungen sind ver- besserungsf~hig. Scopo!amin-Pantopon ist noch nicht restlos zufriedenstellend. Die Liste lieBe sich noch vergr6Bern; abet man sieht schon aus dem Gesagten, dab wir nicht wie Alexander der GroBe zu klagen brauchen, dab uns nichts mehr zu erobern iibrig bliebe. g i t e r a t u r : BRAUN, Die 6rtliehe Bet~ubung. 7. Aufl. 1925. - - F1NSTERER, Die Methoden der Lokalan~sthesie in der Bauch- chirurgie 1923. -- HKRTEL, Nelle deutsche Chirurgie. 2. Aufl. 192o. - - HIRSCHEL, Lehrb. d. LokMall~sthesie. 3. Aufl. 1923. Dtsch, Chir.-Kongr. 1921; Ungar. Chir.-Kongr. 1924 u. Brit. mecL journ. 1923. -- DENK, Arch. f. klin. Chir. 116. 1921. -- KONIG, Dtsch. Zeitschr. 5. Chir. 172. 1922. -- ZELLER, Jahresber. f. Arztl. Fort- bitdullg 192o. 0FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. DIE VERORDNUNG UBER GLEICHSTELLUNG V0N Die Schweiz hatte schon im Bundesgesetz yore 23. M~rz 1877 BERUFSKRANKHEITEN MIT DEN UNFALLEN. Won Dr. TELEKY, Diisseldorf. Der Arbeiterunfallversicherungs-Gesetzgebung liegt der Gedaaake zugrunde, dab der ]3etriebsunteruehmer fiir die aus dem Betriebe sich ergebenden Gesundheitssch~digungen zu haYten, daf3 er das ,,Berufsrisiko" der Arbeiter in geldlicher ]3eziehullg zu tragen hat. Es ist begreiflich, dab in allen L0mdern, in denen es auf dieser rechtstheoretischen Grundlage zu ArbeiterentschAdigungs-Gesetzen oder zur Unfallversiche- rung der Arbeiter gekommen war, sehr bald die Anschauung sich durchsetzte, dab in derselben Art wie K6rpersch~digung durch Betriebsunf~Llle -- ein Unfall ist immer ein bestimmtes,. in einen relativ kurzen Zeitraum eingeschlossenes Ereignis -- auch die Gesundheitsst6rungen, die durch l~nger dauernde Einwirkung beruflicher Scb~dlichkeiten entstallden sind, zu entsch~Ldigen seien. ]3esollders lebhaft war die Bewegung nach dieser Richtung lain in jenen L~ndern, in denen infolge des Fehlens einer obligatoriscl~en Is die an ]3erufskrankheiten Leidenden ohne jede Unterstfitzung blieben. Aber auch in jenen L~Lndern, in denen Kranken- versicherung besteht, ist die h6here und weitergehende Ent- sch~digung der Berufskrankheiten durch die Unfallversiche- rung ein Gebot der Gerechtigkeit. grullds~tzlich die Berufskrankheiten in die Haftpflicht einbezogen~ aber erst 1887 f01gtell die notwelldigen n~heren Vorschriften. In England ffihrte das Gesetz yon 19o6 die Gleichstellung der Berufs- krankheiten mit den UnfMlell ein. Ill beiden L~nderll dient zur Ausfi~hrung des Gesetzes eine Liste, die ein VerzeichlliS der unter die Haftpflicht fallendell Berufskrankheiten enthMt. Die erste ellg- lische Liste umfaBte 6 Krankheitsgruppen, die erste Schweizer ii, w~hrelld die heute geltende englische Liste 22, die Schweizer 28 Ru- briken hat, wobei aber hier wie dort der Umfang der einzelnen Rubri- ken ein sehr verschiedener ist, auch mallche Krallkheit, die in Deutschland seit Jahren als Ullfatl gilt, mlt R~cksicht auf die be- sonderen Eigelltfimlichkeiten der Gesetzgebung oder Rechtspre- chung in die Liste der BeruIskrallkheitell aufgenommen wurde. Auch auf den verschiedenell interllationalell Arbeiterschutz- und Arbeiterversieherullgskongressell, zuerst auf dem Kongrel3 in Bern 1891, ist die Frage der Versicherullg der Berufskrankheiten bespro- chen wordell, ulld j etzt hat das Illternatiollale Arbeitsamt des V61ker- bundes in Gent diese Frage lleuerlich zur Er6rterung gestellt. In Deutschland hatte die RVO. dem Bundesrat das Recht: gegeben, die Uniallversicherung auf bestimmte gewerbliche Berufskrankheiten auszudehnell und fiir die Durchfiihrullg besondere Vorschriften zu erlassen (w 547). Einmal wAhrend des Krleges und einmal unmittelbar nach ihm ist yon dieser Erm~chtigung Gebrauch gemacht worden, und Todesfiille (nicht Erkrankungen) in der Kriegsindustrie infolge der Ver- arbeitung bestimmter in ihr in ausgedehlltestem MaBe ver- wendeten Giftstoffe wurden rechtlich den Unf~llen gleich- gestellt. Beide Verordnungen sind schon l~ngere Zeit ohne:

Die Verordnung über Gleichstellung von Berufskrankheiten mit den Unfällen

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1782 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4- J A H R G A N G . N r . 37 Io . S E P T E M B E R 19~5

d a b be i a l len den O pe r a t i onen , wo h i n t e r h e r ein G i p s v e r b a n d ange leg t werden m uB n n d w o e s d a r a u f a ~ k o m m t , d a b s ich die K n o c h e n e n d e n n i c h t gegene inande r ve rsch ieben , die 6r t - l iche Be tAubung vor der Narkose vo rzuz i ehen ist.

A u c h fiir die gewOhnl iche Ei~rich~ung der Knocher~bri~che, z. ]3. gaaaz tSesonders der U n t e r s c h e n k e l b r f i c h e h a t m ~ n d i e 6 r t l i che B e t A u b u n g v e r w e n d e t . M a n s p r i t z t a n die Bruch - s tel le selbst , besonde r s zWischen die b e i d e n K n o c h e n e n d e n re ich l ich Iproz . lXIovocainl6snng u n d d u r c h s p r i t z t den Muskel- q u e r s c h n i t t we i te r obe rha lb , w e n n m a n wi l l zwischen zwei G u m m j b i n d e n (SILVERS). Es l~13t d a n n die r e i l ek to r i sche S p m m u n g der M u s k u l a t u r n a c h u n d die E i n r i c h t u n g ge l ing t so g u t wie schmerz los . Diese M e t h o d e i s t sehr zu eI~lp- fehlen. D a Knoche l lb r i i che j a be sonde r s l ~ u f i g be i J u g e n d - l i chen vor l~ommen, wi rd m a n n i c h t oI t Lumba la l l~ s thes i e a n w e n d e n . Auf de r a n d e r n Sei te i s t die Narkose , be- sonders die R a u s c h n a r k o s e d e s h a l b miBlich, weil D a n k des z u n e h m e n d e n A l k o h o l v e r b r a u c h e s die K r a n - k e n m i t f r i schen Ve r l e t zungen gew6hn l i ch sehr schwer u n d n u r ]n i t sehr v im ~_ther und Chlo ro fo rm bis zu e iner ausreichell- dell E n t s p a ~ n u n g der M u s k u l a t u r g e b r a c h t werden k611nen. A n h a n g s w e i s e sei noch b e m e r k t , d a b m a n die 6r t l i che Be t~u- b u n g n e u e r d i n g s a u c h v ie l fach zu diagr~ostisehen u n d thera- pent@chert Zwecken v e r w e n d e t h a t . Zu d i agnos t i s chen Zwecken k o m m t vo r a l l em die P a x a v e r t e b r a l a n ~ s t h e s i e in Frage , die LKWEN n a c h dieser R i c h t u n g h i n a u s g e a r b e i t e t ha t . Daaaach k a n n m a n den Schmerz bei E r k r a n k u n g e n der Ga l l enb tase d u r c h E i n s p r i t z e n des X. D o r s a l s e g m e n t e s besei t igen, wAhrend de r M a g e n d e m V I I . die B!iere d e m X l I . Dorsa l segmel l t bzw. I . u n d I I . L u m b a l s e g m e n t u n t e r s t e h t . Ga l l ens t e in - anfAlle k a n n m a n sehr s icher d u r c h e ine ' so lche p a r a v e r t e b r a l e E i n s p r i t z u n g u n t e r b r e c h e n . Als therapeutisehes H i l f s m i t t e l v e r w e n d e t m a n die 6r t l i che ]3eti~ubung fe rne r bei Neuraledien alMr Ar t , z. B. zur D u r c h s p r i t z u n g des I sch iad icus . A u c h sons t wi rd maa~ h~uf iger dazu k o m m e n , be i u m s c h r i e b e n e r Schmerz- ha f t i gke i t an e iner K6rpers te l le , z. ]3. be i Ep icondy l i t i s oder e iner Meta r sa lg ie die E i n s p r i t z u n g yon N o v o c a i n v o r z u n e h m e n . A u c h bei spastisehen Zus t~nden , z. ]3. im ]3ereich der P r o s t a t a h a t m a n solche N o v o c a i n e i n s p r i t z u n g e n v e r s u c h t (ROST) u n d e s i s t merlcwiirdig, da~ sowohl be i Neura lg ien , als auch bei die, sen S p h i n k t e r e n s p a s m e n eine e inmal ige D u r c h s p r i t z u n g of t ftir lange Ze i t s chmerzs t i l l end u n d k r a m p f l 6 s e n d wirk t .

~assen wir das Er~ebnis dieser k u r z e n O b e r s i c h t zueammen, so w i rd m a n zweifellos die A n w e n d n n g der 6 r t l i chen B e t ~ u b u n g

all Stel le der A l lgeme inna rkose bei zah l r e i chen O p e r a t i o n e n Ms eillen der gr6Bten F o r t s c h r i t t e der Chirurgie beze ich l len mi issen und wird es als v o l l k o m m e n ge rech t f e r t i g t empf inden , w e n n BRAUN als der jen ige l ebende Chirurge, de r sich die gr6Bten Verd i ens t e u m die D u r c h f i i h r u n g der 6 r t l i chen ]3e- tAubung e rworben ha t , h ierf t i r yon der Univers i tAt H e i d e l b e r g die Kussmaul-MedaiUe erhiel t . W e n n es augenb l i ck l i ch be i ~ rz t l i chen Versamxnlungen fiir w i s senscha / t l i che r gilt, die 2Vaehteile der 6 r t l i chen ]3etAubung e twas s t a r k zu be to l l en u n d zur Z u r i i c k h a l t u n g zu m a h n e n , so s ind das S t i m m u n g e n , die die t a t s~ch l i chen Verh~ l tn i s se n i c h t ganz r i ch t ig wieder- geben. R u n d 50% al ler O p e r a t i o n e n werden h e u t z u t a g e wohl in der i ibe rwiegenden M e h r z a h l al ler ch i ru rg i schen K r a l l k e n a n s t a l t e n D e u t s c h l a n d s in 6 r t l i cher B e t ~ u b u n g aus- gef i ihr t u n d das b e d e u t e t viM. Jedenfa l l s d i i r fen wi r u n s d u r c h be r ech t i g t e K r i t i k an Auswfichsen l l icht d a v o n a b h a l t e n lassen, n a c h wei te re r V e r v o l l k o m m n u n g der 6 r t l i chen Be- t ~ u b u n g zu s t r eben . W i r b r a u c h e n

I. ein besseres u n d ungi t t igeres Schlelmhaut-Andisthetiloum~ W i r mt issen sowei t k o m m e n , d a b wir - - genau wie die Kehl - kopI- u n d Augen~rz te d u r c h E in t rAufe ln oder Bep inse ln m i t Cocain ihre O p e r a t i o n e n schmerz los ges t a l t en - - , d u r c h E in - sp r i t zungen in die Har l l r6h re u n d H a r n b l a s e diese Organe v o l l k o m m e n n n e m p f i n d l i c h machen , ohne zu groBe Gefahr .

2. Wi r b r a u c h e n ein Mit te l , das d u r c h A u i b r i n g e n auf die u n v e r l e t z t e ~uBere H a u t diese u n e m p f i n d l i c h m~ch t . D a s Oper ie ren n a c h E in f r i e r en mi t Ch lo r~ thy l i s t doch e twas r e c h t Rt icks t~ndiges , Umsch l~ge m i t Carbo l zu gef~Lhrlich ulfd un - s icher .Versuche m i t E l ek t ropho re se s t ehen n o e h i n den Anf~ngen .

3. Die a l lgemein be tAubenden E i n s p r i t z u n g e n s ind ver - besserungsf~hig . S c o p o ! a m i n - P a n t o p o n i s t noch n i c h t res t los zuf r iedens te l lend .

Die Lis te lieBe sich noch vergr6Bern ; a b e t m a n s i eh t schon aus d e m Gesag ten , dab wir n i c h t wie A l e x a n d e r de r GroBe zu k lagen b r a u c h e n , dab uns n i ch t s m e h r zu e robe rn i ibrig bl iebe.

g i t e r a t u r : BRAUN, Die 6rtliehe Bet~ubung. 7. Aufl. 1925. - - F1NSTERER, Die Methoden der Lokalan~sthesie in der Bauch- chirurgie 1923. -- HKRTEL, Nelle deutsche Chirurgie. 2. Aufl. 192o.

- - HIRSCHEL, Lehrb. d. LokMall~sthesie. 3. Aufl. 1923. Dtsch, Chir.-Kongr. 1921; Ungar. Chir.-Kongr. 1924 u. Brit. mecL journ. 1923. -- DENK, Arch. f. klin. Chir. 116. 1921. -- KONIG, Dtsch. Zeitschr. 5. Chir. 172. 1922. - - Z E L L E R , Jahresber. f. Arztl. For t - bitdullg 192o.

0FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. DIE VERORDNUNG UBER G L E I C H S T E L L U N G V 0 N Die Schweiz ha t t e schon im Bundesgesetz yore 23. M~rz 1877

BERUFSKRANKHEITEN MIT DEN UNFALLEN. Won

Dr . TELEKY, Diisseldorf.

D e r A r b e i t e r u n f a l l v e r s i c h e r u n g s - G e s e t z g e b u n g l iegt der Gedaaake zugrunde , d a b de r ] 3 e t r i e b s u n t e r u e h m e r fiir die aus d e m Be t r i ebe s ich e r g e b e n d e n G e s u n d h e i t s s c h ~ d i g u n g e n zu haYten, daf3 er das ,,Berufsrisiko" der A r b e i t e r in geldl icher ]3eziehullg zu t r a g e n ha t . Es i s t begreif l ich, d a b in a l len L0mdern, in d e n e n es auf dieser r e c h t s t h e o r e t i s c h e n Grund lage zu Arbe i t e r en t schAdigungs -Gese t zen oder zur Unfa l lve rs iche- r u n g der Arbe i t e r g e k o m m e n war , sehr ba ld die A n s c h a u u n g s ich du rchse t z t e , d a b in de rse lben A r t wie K 6rpe r sch~d igung d u r c h Betriebsunf~Llle -- ein Unfa l l i s t i m m e r ein bes t immtes , . in e inen r e l a t i v k u r z e n Z e i t r a u m eingeschlossenes Ere ign is -- a u c h die G e s u n d h e i t s s t 6 r u n g e n , die d u r c h l~nger d a u e r n d e E i n w i r k u n g beruf l i cher Scb~d l i chke i t en e n t s t a l l d e n sind, zu entsch~Ldigen seien. ]3esollders l e b h a f t w a r die B e w e g u n g n a c h dieser R i c h t u n g lain i n j e n e n L~ndern , in d e n e n infolge des F e h l e n s e iner obligatoriscl~en I s die a n ]3e ru f sk rankhe i t en L e i d e n d e n ohne jede U n t e r s t f i t z u n g b l ieben . A b e r a u c h in j e n e n L~Lndern, in d e n e n K r a n k e n - v e r s i c h e r u n g b e s t e h t , i s t die h 6 h e r e u n d we i t e rgehende E n t - s ch~d igung der B e r u f s k r a n k h e i t e n d u r c h die Unfa l lve rs iche- r u n g e in G e b o t der Gerech t igke i t .

grullds~tzlich die Berufskrankheiten in die Haftpfl icht einbezogen~ aber erst 1887 f01gtell die notwelldigen n~heren Vorschriften. I n England ffihrte das Gesetz yon 19o6 die Gleichstellung der Berufs- krankhei ten mi t den UnfMlell ein. Ill beiden L~nderll dient zur Ausfi~hrung des Gesetzes eine Liste, die ein VerzeichlliS der unter die Haftpfl icht fallendell Berufskrankheiten enthMt. Die erste ellg- lische Liste umfaBte 6 Krankheitsgruppen, die erste Schweizer i i , w~hrelld die heute geltende englische Liste 22, die Schweizer 28 Ru- briken hat, wobei aber hier wie dort der Umfang der einzelnen Rubr i - ken ein sehr verschiedener ist, auch mallche Krallkheit, die in Deutschland seit Jahren als Ullfatl gilt, ml t R~cksicht auf die be- sonderen Eigelltfimlichkeiten der Gesetzgebung oder Rechtspre- chung in die Liste der BeruIskrallkheitell aufgenommen wurde.

Auch auf den verschiedenell interllationalell Arbeiterschutz- u n d Arbeiterversieherullgskongressell, zuerst auf dem Kongrel3 in Bern 1891, ist die Frage der Versicherullg der Berufskrankheiten bespro- chen wordell, ulld j etzt ha t das Illternatiollale Arbei tsamt des V61ker- bundes in Gent diese Frage lleuerlich zur Er6r terung ges te l l t .

I n D e u t s c h l a n d h a t t e die RVO. d e m B u n d e s r a t das Rech t : gegeben, die U n i a l l v e r s i c h e r u n g auf b e s t i m m t e gewerb l i che B e r u f s k r a n k h e i t e n auszudehne l l u n d fiir die Durch f i ih ru l lg besonde re Vor sch r i f t en zu er lassen (w 547). E i n m a l wAhrend des Kr leges u n d e i n m a l u n m i t t e l b a r n a c h i h m is t yon d i e s e r E r m ~ c h t i g u n g G e b r a u c h g e m a c h t worden , u n d Todesfi i l le (n ich t E r k r a n k u n g e n ) in der Kr i egs indus t r i e infolge der V e r - a r b e i t u n g b e s t i m m t e r in ih r in a u s g e d e h l l t e s t e m MaBe ve r - w e n d e t e n Gif ts toffe w u r d e n r e c h t l i c h den Unf~l len gleich- gestel l t . Be ide V e r o r d n u n g e n s ind schon l~ngere Zei t ohne :

io. SEPTEMBER x925 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

prakt ische Bedeutung . Wenige Wochen vor Beginn der in ter- na t iona len Bera tungen fiber die Gleichstel lung der Berufs- k rankhe i ten mi t den Uiif~illen im Genfer Arbe i t samt erschien die Verordnung des Reichsarbe i t sminis te r iums v o m 12. V. 1925, durch die die Unfa l lvers icherung auf b e s t i m m t e Berufs- kra l lkhei ten ausgedehnt wird, die in einer , ,Anlage I " auf- gez~hlt werden.

Es sind dies die Vergif tungen durch Blei, Quecksilber, Arsen und deren Verbindungen, durch Phosphor , Schwefel- kohlenstoff, Benzol und seine Homologe, Ni t ro- und Amido- verbindui igen der a romat i schen Reihe, ferller der Hautkrebs , durch Teer und v e r w a n d t e Stoffe hervorgerulen , der Glas- machers tar , E r k r a n k u n g e n dureh R6n tgen- and ve rwand te Strahlen, die Wurmkra l lkhe i t der ]3ergleute, die Schneeberger Lungenkrankhe i t (Lungen- und Bronchialdrf isenkrebs im Gebiete yon Schneeberg i. Sachsen).

Bei Aufs te l lung dieser Liste handel te es sich darum, solche E rk rankungen herauszugreifen, die als , ,spezifische Gewerbe- k rankhe i t en" , b e s t i m m t e n Gewerben eigentf imliche Er - k rankungen amzusehen sind, und ferner solche, die diagnost isch taBbar sind. ]:)as a l lgemeine Streben in den Bera tungen ging dahin; diesen ers ten Versuch der Gleichstel lung yon Gewerbe- k rankhe i ten mi t UnfXllen nicht mi t allzu vie len Schwierig- kei ten in der Durchff ihrung zu belas ten und l ieber Erk ran- kungen, die ebeiifalls mi t vo l lem Rechte mi t den Ullf~tllen gleichzustel len w~ren, aus dieser Lis te lloch fortzulassen, als den AnlaB zu zahlreichen und schliel31ich doch dann meis t ungfinst ig ausgehenden Ren tenk~mpfen zu geben. Niemai id f i i rchtete ernst l ich eine s tarke Be las tung der Indus t r ie aus dieser Gleichstellung, v ie lmehr aber eine groBe Anzahl kost- spieliger mid frucht loser Ren tenk~mpfe mi t al len ihren Nachtei len. Von diesem Ges ich tspunkt aus wurde beispiels- weise das Gewerbeekzem nicht in die Lis te aufgenommell , ebenso nicht die Pneumokoniosen.

Die obengenannten Vergi f tungen fallen begreifhcher- weise nur insoweit un ter diese Verordnung, als sie n icht als , , akute" Vergif tul lgen an sich schon als Unfgl le ai izusehen sind ; es sind nur die mehr oder weniger chronischen Vergif tungen, auf die sich die Verordllui ig e rs t reckt ; auch werden nicht aim obengenannten Vergi f tungen und E rk rankungen als Berufskrankhe i t entschXdigt - - sie k o m m e n ja auch, wenn auch sehr selten, du tch n ich t berufl iche Einfli isse zus tande - - , sondern der Aufz~hlung der genannten Gifte (Spalte I I der Anlage zur Verordnung) ist eine wei tere Spal te (Spalte I I I ) gegenfibergestell t , die die Bet r iebe aufz~hlt , , ,welche der Vers icherung gegen die in Spal te I I bezeichneten Krankhe i t en unter l iegen" . Man h~t te nun mi t Rech t sagen k6nnen IIIId sollen, dab jede Vergi f tung der Spal te I I dann als Berufs- k rankhe i t gilt, wenn sie bei e inem Arbei te r eines Betr iebes der Spal te I I I vo rkommt , delln dab ein Arbe i te r z. B. einer Bleiweil3fabrik seine Ble iverg i f tung sich durch ein schlecht glasiertes EBgeschirr holt , ist ein so seltener Zufall, d a b er p rak t i sch nicht in Be t r ach t zu ziehen ist, oder m a n h~tte, wie dies die englische Lis te tut , die berufl iche N a t u r a l s ge- geben ansehen k6nnen, so lange n ich t der Beweis des Gegen- teils e rbracht ist. Leider ha t diese feste IZoppelung zwischen d e n beiden Spal ten n ich t s ta t tgefunden, was wohl zu IIutz- losen St re i t igkei ten AnlaB geben wird, und diese werden noch ve rmehr t durch die unglfickliche Fassung des Tex tes der Spal te I I I , ,,Betriebe, in denen Vers icher te regelmABig der E inwi rkung der in SpaRe I I bezeichl le ten Stoffe aus- gesetz t s ind" . Diese Fassul lg ist saehlich falsch: auch ein Anstreicher, in dessen Bet r ieb nicht regelm~Big mi t Bleiweil3 gearbei te t wird, kann an Bleivergif tung, ein Goldarbei ter , in dessen Be t r i eb nur zweitweise and gelegentl ich feuervergol- de t wird, an Quecksi lbervergi f tung erkrai iken; gerade Betr iebe, in denen mi t den Gif ten nicht , ,regelmSBig" gearbe i te t wird, sind besollders gef~hrlich, well gerade dor t die l l6tigen Vor- s ichtsmaBregeln h~ufiger auBer ach t gelassen werden - - und w a r u m Vergif tungen, die so zustai ide kommen, n ich t ellt- sch/~digt werden solleii, is t n icht einzusehen. Aul3erdem wird zweifellos in vielen F~kllen ein heft iger K a m p f u m die Auslegung des Wor tes , , regelm~3ig" entbrennen, dies W o r t Anlal3 zu vielen St re i t igkei ten geben.

R I F T . 4. J A H R G A N G . N r . 37 178 3

Beides ffihlen auch deutlich die beiden Beamten des Reichs- versicherungsamtes, die bisher fiber die Verordnung geschrieben haben; sie bemflhen sich, dem Worte ,,regelmitgig" eine best/mmte und engere Deutung zu geben. , ,Im Verlauf des regehnABigen Her- stellungsverfahrens oder der sonstigen regelm~Bigen Beta-iebs- t/~tigkeit" sagt KNOLL; KROHN meint, ,,es sollen nur alle Einwirkun- gen ausgeschlossen werden, die zufi~llig oder nur ausnahmsweise in eiiiem Betriebe erfolgen, in dem sonst Einwirkungen der fraglichen gef~hrdenden Art nicht zu befflrchten sind". Wenn dadurch nach seiner Meinung beabsichtigt ist, ,,aussichtslose Ansprfiche yon vorn- herein auszuschlieBen und Rechtsstreifigkeiten zu vermeiden", muB bemerkt werden, dab der Nachweis des Zusammenhanges gerade in solchen FMien nicht besonders schwierig ist, es wird die Zahl der durch das -Wort ,,regelm~gig'" erst hervorgerufenen Rechtsstreitig- keiten weft gr6Ber sein als die dadurch verhfiteten.

DaB nur die Arbe i te r jeiier Betr iebe, die heute schon unter das Gewerbeunfal lvers icherul lgsgesetz fallen, kfillftig gegen BerufskrankheiteI1 vers icher t sind, is t ebellfalls eine Einschr/~nkullg, aber eine aus vers icherungstechnischel l Grfinden nicht zu umgehei ide .

Die Haup t schwie r igke i t des ganzeii P rob lems aber ist die Diagnosestellung. Ffir m6gl ichst sichere uiid rasche Dia- giiosestellullg muD' gesorgt werden; rasch schon deshalb, well einerseits j a mazlche Krankhei t serscheinungen, die die Dia- gnosestel lung wesent l ich erleichtern, in kurzer Zeit versehwin- den, anderersei ts manche E rk rank te in kurzer Zei t s terben. Die Vorkehrungen, die die Verordnung nach dieser R i c h t u n g trifft , s ind folgende : die Unfal lanzeige, die der Arbei tgeber fiber den Erkrankungsfa l l zu e r s ta t t en hat , geht n ich t an die Orts- polizeibeh6rde, sondern an das Vers icherungsamt, an diese gelangt auch die Anzeige, zu der der behandelnde Arzt verp]l$ehtet is t ulld ffir die er eine Gebfihr yon dex Berufsgenossenschaf t er- h~Llt. Das Vers icherui igsamt l~il3t dann jeden E r k r a n k t e n durch einen ,,gee4xdnCten Amt" untersuchen und entscheidet darfiber, ob noch wei tere ]~rhebungen s t a t t zu f inden haben.

Die Vordrucke ffir die ikrztliche Anzeige ver langen, dab der behande lnde Arz t urcverz~glich die E r k r a n k u n g d e m Vers icherungsamt anzeig t ; sie verweisen auf die lZichtl inien des Reichsarbei tsminis ters , die bisher noch nicht erschienen sind, denen auch keine b indende I4raft, sondern nur die yon Ratschl~igen zukommt , und betonen, dab auf Erkrankungen , die auf eine pI6tzliche, i l lnerhalb einer Arbei t sschicbt sich vol lz iehende sch~idigende E inwi rkung zurfickzufi ihren s ind (Betriebsunf~ille), sich die Anzeigepf l icht n ich t ers t reckt .

Wie soll sich nun der prakt ische Arz t dieser neuen Ver- pf l ichtung gegenfiber ve rha l t en ? Von einer an der F~rstattung einer m6glichst ger ingen Zahl yon Anzeigen in teress ier ten Seite ist kfirzlich dargelegt worden, dab der Arz t erst nach genauer Fes t s te l lung der Diagnose, nach Fests te l lung, dab es sich nicht l lm eine aku te Vergif tung, sondern eine chronische handel t , nach Fests te l lung, dab der be t ref fende ]3etrieb ver- s icherungspfl icht ig und nachdem er auf Grund seiner Er - hebungen und des Unte rsuchungsbefundes zur Oberzengui ig gekommen ist, dab die bet ref fende Besch~iftigung den I~rank- hei t szus tand ve ru r sach t ha t - - die Anzeige e r s ta t t en dfirfe. Ein solches Vorgehen wiirde nicht nur d e m W o r t l a u t und d e m Si~ln der Verordnung widersprechen, es ware auch an sich unm6glich. Der behande lnde Arz t ha t eine Anzeiffe zu er- s ta t ten , aber kein G u t a c h t e n abzugeben, uiid er hat keine Erhebungen und Feststelhvngen vorz~nehmen. Die E r s t a t t u n g eines Gutach tens ist Sache des , ,geeigneten Arz tes" , die Durch- ffiltrung yon Erhebungen und Fes t s t e l lungen Sache des Ver- s icherungsamtes. Mit tZecht sagt der v o m Reichs~cersicherungs - amt herausgegebene Vordruck, dab zur Aus]4~'~ng der au] Art und Dauer der Besch~]tigung be~iig~ichen Punkte desselben die Angaben des Arbeiters und seiner Angeh6rigen zu benutzen sin& U m bier Fes t s te l lungen machen zu k6niien, fehlt es d e m behande lnden Arz t an jeder M6glichkeit , sowohl an den rein ~ul3eren M6gl ichkei ten (Recht zur Bet r iebsbes ich t igung nsw.) a l s auch den tecbnologiscl len und sonst igen Kelmtnissen , um die R ich t igke i t ibm gemach te r Angaben kont ro l l ie ren zu k6nnen. E r h a t auf Grund seiner Un te r suchung die yon ihm e rmi t t e l t en sub jek t iven Beschwerden und den objek• Unte r suchungsbefund anzugeben, zu sagen, welcher Krank - he i t szus tand seiner Meinuiig nach vorl iegt , und wei ter anzu-

1784 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4. J A H R G A N G . N r . 37 IO. S E P T E M B E R 1925

geben, worau f s ieh die ,,Annahrae", dal3 dieser Z u s t a n d vor - liege, s t t i tz t . HXlt er s ich also zu dieser , , A n n a h m e " be rech t ig t , d a n n i s t die Anzeige zu e r s t a t t e n . Abe r daxi iber h i n a u s wi rd er auch d a n n , w e n n e in s c h e i n b a r beyriindeter Verdaeht einer so lchen E r k r a n k u n g vor l iegt , die P f l i ch t zur Anzeige h a b e n u n d n u r d a n n in der R u b r i k , , B e m e r k u n g e n " angeben , inwie- we i t er die Diagnose fiir ges icher t oder zweife lhaf t h~ l t ; d e n n eine N i c h t e r s t a t t u n g der Anzeige k~me einer Rech t sve rwe ige - r u n g gegent iber d e m s ieh geschS~digt f i ih lenden Arbeis gleich.

Naeh der Reichsversicherungsordnung ers ta t te t die Unfallanzeige der Arbeitgeber, ebenso naeh der vorliegenden Verordnung. Dem Arbeiter ist es, wenigstens nach dem Wor t lau t des Gesetzes, n icht m6glich, selbst eine Anzeige zu ers ta t ten und sich so die f6rmliche Grundlage ftir seinen weiteren Rechtsanspruch zu schaffen. W~h- rend eine durch Unfall hervorgerufene K6rpervefletzung stets etwas ist, was meist gar nicht bezweifelt werden kann, ein Vorwand, der Nichters ta t tung der Anzeige m6glich machen wiirde, nur h6chst selten vorhanden ist, weig jeder prakt iseh Erfahrene, wie h~ufig yon Betriebsleitungen die Diagnose einer Berufskrankhei t und ihr Zu- sammenhang mit der Berufst~tigkeit in Abrede gestellt werden (s. sparer) ; dami t aber ist ftir den Unternehmer die M6glichkeit ge- geben, die Anzeige zu unterlassen. Es wird notwendig sein, hier durch erg~nzende Best immungen die Ers t a t tung der Unfallanzeige yon der subjekt iven Anschauung des Unternehmers unabh~ngig zu rnachen.

Die Diagnose h a t der A r z t s e l b s t v e r s t ~ n d l i c h u n t e r Be- ri~eksiehtigung des gesamten Symptomenbilcles zu stel len, wobei d e m Vorhandens e i n , j edoch we l t weniger d e m F e h l e n v o n sog. Zeichen der ,,Gi]teinwirkung" weitgeher~dste, unter Umst~inden ausschlaggebende Bedeutung zukommt.

Se lbs tve r s t~nd l i ch h a t de r A r z t j eden Fa l l anzuzeigen, der i m phys io log i sch -pa tho log i schen S inne oder i m rech t - l i chen S inne als ]crank a n z u s e h e n i s t ; in r e c h t l i c h e m Sinne i s t dies jeder , d e m be i F o r t s e t z u n g de r B e r u f s a r b e i t eine e rns t e r e Sch~d igung se iner G e s u n d h e i t d roh t . V o l l k o m m e n fa lsch ware es, w e n n ein A r z t - - wie es die , ,Arztlichen Merk- b lA t t e r " der Fabr ikArz te de r c h e m i s c h e n I n d u s t r i e bei ein- ze lnen E r k r a n k u n g e n vo r s ch l agen - - n u r schwers te F~tlle zu r Anzeige b r i n gen wfirde. Wie n o t w e n d i g gerade die Anzeige l e i ch te r F~lle ist, g e h t vo r a l l em a n d e r e n aus der B e s t i m m u n g der V e r o r d n u n g he rvor , d a b die Beru f sgenossenschaf t , w e n n zu be f i i r ch t en ist, , ,dab eine gewerbl iche B e r u f s k r a n k h e i t e n t s t e h e n , wieder e n t s t e h e n oder s ich v e r s c h l i m m e r n wi rd" , w e n n der Vers i che r t e wei te r der b e t r e f f e n d e n Sch~dt ichke i t ausgese tz t ist, i h m b e h u f s E r l e i c h t e r u n g des l~lberganges zu a n d e r e r Besch~f t i gung eine O b e r g a n g s r e n t e gew~hren k a n n . N o t w e n d i g i s t sie auch, weil die K e n n t n i s v o r a n g e g a n g e n e r l e ich te r E r k r a n k u n g e n bei A u f t r e t e n yon gewissen Sp~t- e r s c h e i n u n g e n die sehwier ige Diagnose dieser l e t z t e ren wesen t - l i ch zu e r l e i ch te rn i m s t a n d e ist, schlieBlich auch deshalb , weil sie den B e h 6 r d e n die M6gl ichke i t g ibt , M a g n a h m e n gegen das A u f t r e t e n zah l re i che r u n d schwere re r E r k r a n - k u n g e n zu ergreifen.

D a bei d e m h e u t i g e n S t a n d de r I~enn tn i s der Gewerbe- k r a n k h e i t e n u n t e r den p r a k t i s c h e n A r z t e n ga r n i c h t ange- n o m m e n werden k a n n , d a b den Anze igen eine a n d e r e Be- d e u t u n g als die der V e r m u t u n g e iner K r a n k h e i t zukomln t , o r d n e t die V e r o r d n u n g die U n t e r s u c h u n g jedes Fal les d n r c h e inen , ,gee igneten A r z t " an.

W e r soll n u n dieser geeiynete Arz t sein. I n der RVO. is t b e s t i m m t , d a b die U n f a l l e r h e b u n g e n d u r c h die Or tspol ize i - b e h 6 r d e v o r z u n e h m e n sind, yon der V o r a u s s e t z u n g aus- gehend , d a b diese als B e h 6 r d e eine u n p a r t e i i s c h e S te l lung zwischen d e m angeb l i ch V e r u n f a l l t e n u n d der zur E n t - sch~d igung v e r p f l i c h t e t e n B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t e i n n i m m t . W e n n a u c h in der Verord .nung an Stel le de r Or t spo l i ze ibeh6rde a u s ~Zweckm~gigke i t sg r i i nden das V e r s i e h e r u n g s a m t t r i t t , so ware es n a h e gelegen, u n d h ~ t t e d e m W o r t l a u t u n d d e m S i n n e der RVO. e n t s p r o c h e n , w e n n der wich t igs t e Teil der E r h e b u n g e n fiber Vor l i egen e iner B e r u f s k r a n k h e i t , n~kmlich die F e s t s t e l l u n g de r D iagnose e inem b e h 6 r d l i c h e n Organ, dem Amtsarzt f i be r t r agen w o r d e n wAre. Dieser yon den ver- s c h i e d e n s t e n S te l l en au fges t e l l t en F o r d e r u n g gegeni iber w u r d e v o n - a n d e r e r Sei te die U n t e r s u c h u n g d u r c h den A r z t d e r B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t geforder t . DaB die V o r n a h m e d e r U n t e r s u c h u n g d u r c h d iesen l e t z t e r en be i der Arbe i t e r - s c h a f t das g r6g te M i B t r a u e n er regen wtirde, d a b aus d iesem M i B t r a u e n a l le in s chon eine groBe Menge yon Rech t s s t r e i t i g -

ke i t en e n t s t e h e n mtiBte, l iegt au f der H a n d . Abe r doch h a t die V e r o r d n u n g s ich leider n i c h t ffir den A m t s a r z t en t sch ieden , sonde rn sie s p r i c h t yon d e m , ,gee igneten A r z t " , es d e m Ver- s i c h e r u n g s a m t f iber lassend, wen es als so lehen ansehen will. Es wi rd n u n Sache jedes V e r s i c h e r u n g s a m t e s sein, s ich die M i t w i r k u n g eines gee igne ten Arz tes zu s ichern , u n d zwar wi rd es zweckmABig sein, w e n n es noch vor E i n l a n g e n de r e r s t en K r a n k h e i t s m e l d u n g e n m i t e inem so lchen A r z t in Ver - b i n d u n g t r i t t , u n d w e n n es e inen u n d dense lben Arz t d a u e r n d ffir alle F~lle h e r a n z i e h t ; d e n n n u r d a d u r c h wi rd d ieser in w a c h s e n d e m Mal3e K e n n t n i s n n d E r i a h r u n g gewinnen . Die AmtsArz te s ind a u c h de sha lb be sonde r s geeignet , wei l sie ja a u c h die M6gl ichke i t h a b e n , auf Ve rbes se rungen in den G e w e r b e b e t r i e b e n h i n z u w i r k e n -- was a l le rd ings in d e n A u g e n m a n c h e r sie als besonders ungee igne t e r sche inen l~13t - - u n d d a n n deshalb , weil die S t a a t s v e r w a l t u n g die M6glich- ke i t ha t , ih re A u s b i l d u n g auf d e m Gebie te der G e w e r b e k r a n k - h e i t e n zu u n t e r s t f i t z e n u n d zu f6rdern . F o r t b i l d u n g s k u r s e f iber G e w e r b e k r a n k h e i t e n s ind b i she r a n de r Di isse ldorfer Soz ia lhyg ien i schen A k a d e m i e geha l t en w o r d e n u n d auI G r u n d e iner U n t e r s t t i t z u n g d u r c h das preuBische Woh~fah r t smin i s t e - r i u m yon zah l re i chen A m t s A r z t e n ( insgesamt 7 o) b e s u c h t worden u n d w e r d e n n~chs t ens auch in den a n d e r e n A k a d e m i e n geha l t en w e r d e n ; auch die U n i v e r s i t ~ t e n werden wohl n a c h - folgen. Auf j eden Fa l l wi rd es Sache der bisherigen Trgiger des gimtlichen Fortbildungswesens sein, auch auf d iesem Geb ie t e ihre W i r k s a m k e i t zu e n t f a l t e n ; a b z u w e h r e n werden }3estrebun- gen yon n ich tArz t l i cher Sei te oder yon n ich tArz t l i chen Organ i - s a t i onen sein, h ier Einf luB zu gewinnen.

Der , ,geeignete A r z t " m u g die Diagnose auf G r u n d g e n a u e r U n t e r s u c h u n g , auf G r u n d sorgfSlt iger Abw~tgung der kl i- n i schen S y m p t o m e stel len. E r muB d a r a u f gefaBt sein, d a b seine Diagnose angezweife l t wird, dar f s ich aber yon se iner woh le rwogenen Diagnose weder d u r c h Zweifel noch d u r c h noch so b e s t i m m t aufges te l l te B e h a u p t u n g e n a b b r i n g e n lassen.-

]3es teht bei V o r k o m m e n yon UnfXllen die na t t i r l i che A b w e h r r e a k t i o n vieler t3e t r i ebs le i tungen in de r Dar legung , d a b n i c h t die B e t r i e b s e i n r i c h t u n g e n , sonde rn Fahr l~ss igke i t des V e r u n f a l l t e n oder ungl i ick l icher Zufal l a n d e m Ungl f ick Schuld seien, so se tz t bei G e w e r b e k r a n k h e i t e n die A b w e h r - r e a k t i o n eine E t a p p e frf iher ein. Es wi rd zun~chs t die Diag- nose angezweife l t u n d d a n n die M6gl i chke i t be s t r i t t en , d a b der K r a n k e s ich die E r k r a n k u n g im Be t r i ebe zugezogen habe . Hier n u r zwei Beispie le : N a c h F e s t s t e l l u n g e iner Ble ivergi f - t u n g bei e inem Arbe i t e r e iner B l e i f a r b e n f a b r i k : , ,der M a n n h a t m i t B le i f a rben gar n i c h t s zu t u n ; er i s t nnse r Killer"; das is t a u c h r i ch t ig ; abe r als sotcher r e p a r i e r t er zurfick- k o m m e n d e BleiweiB- u n d Mennigef~sser . N a c h e iner Arsen- wasse r s to f fve rg i f tung : , ,unser Mate r i a l i s t arsenfrei , die Diag- nose k a n n n i c h t r i ch t ig s e i n " ; es t a n d s ich Arsen sowohl in den O r g a n e n des e r k r a n k t Gewesenen als auch in der ve r - a r b e i t e t e n Subs t anz . ZANGGER-Ziirich ~uBer t s ich in schroffs te r Weise fiber die Gewa l t t~ t i gke i t n n d Ha r tn~ck igke i t , m i t der diese B e k ~ m p f u n g der Diagnose u n d A M e u g n u n g erfolgt. A u c h der Arbe i te r , der d n r c h den Be t r i eb gesch~dig t zu sein g laub t , wi rd na t t i r l ich , w e n n der Arz t seine V e r m u t u n g n i c h t bes t~ t ig t , die Diagnose of t ftir u n r i c h t i g h a l t e n .

In Eng!and ist vorgesehen, dab wenn eine der beiden Parteien (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) slch durch die Diagnose des zu- nXchst zur Entscheidung berufenen ,,Zeugnis ausstellenden Arztes" -- diese 2~rzte spielen seit Jahrzehnten bei Uberwachung gesundheits- geffihrlicher Betriebe und bei Unfal lerhebungen eine bedeutende Rolle, sie erha!ten ihre ErmXchtigung vom Ministerium, und gibt es in England ungef~hr 2ooo solche Jkrzte -- beschwert ffihlt, er inner- hMb weniger Tage an einen yon der Regierung ernannten ~rztlichen Schiedsrichter berufen kann. Auch ft~r Deutschland ist die Schaf- lung einer rasch entscheidenden zweiten Ins tanz in dieser Ar t vor- geschlagen worden; doch land dieser Vorschlag leider keine Be- rficksichtigung.

Die Erhebungen, die das V e r s i c h e r u n g s a m t wei te r an- zus te l len ha t , w e n n es sie ftir n o t w e n d i g h~lt , werden keines- wegs le ich te sein. Es wi rd dazu die IZreisArzte, die GewerbeArzte , u n d die Gewerbe r~ te he rbe i z i ehen mfissen, wi rd auchh~uf ig ge- zwungen sein, chemische U n t e r s u c h u n g e n v o r n e h m e n zu lassen.

]3ei der Schwier igke i t de r Mate r i e wi rd die Z a h l der R e c h t s - s t r e i t i gke i t en an fangs wohl ke ine ger inge sein, u m so mehr , da die V e r o r d n u n g se lbs t in i h r en ]3es t immungen , wie da r -

xo. SEPTEMBER x925 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4' J A H R G A N G . N r . 37

gelegt, n i c h t alle n o t w e n d i g e n V o r k e h r u n g e n zu ih re r Ver- r i n g e r u n g t r i f f t . D a m i t m6g l i chs t r a sch d u r c h die E n t s c h e i - d u n g e n der h 6 c h s t e n Ste l len eine sichere R e c h t s b a s i s geschaf fen werden kann , b e s t i m m t die Vero rdnung , d a b ein tZekurs auch d a n n g e s t a t t e t ist, w e n n es s ich u m die F rage hande l t , ob e in I { r a n k h e i t s z u s t a n d ganz oder tei lweise als Berufs - k r a n k h e i t im S inne der V e r o r d n u n g a n z u s e h e n is t oder w e n n der A n s p r u c h sons t d e m G r u n d e n a c h s t r i t t i g ist.

Zweifellos wi rd diese V e r o r d n u n g dazu f i ihren, dal3 eine A n z a h l yon K r a n k e n , die n a c h d e m V o l k s e m p f i n d e n n n d den r e c h t s t h e o r e t i s c h e n A n s c h a u u n g e n A n s p r u c h auf En t schAd igung h a b e n , sie kf inf t ig in gr6Berem U m f a n g e als b i she r e rha l t en . Doch da r f m a n die Zah l dieser F~lle ke ineswegs f iberschAtzen.

I n de r Schweiz k a m e n in den J a h r e n i 9 2 o - - I 9 2 2 d u r c h die in der d e u t s c h e n Lis te v e r z e i c h n e t e n Gif te 217, das is t j gh r l i ch 72,7 FAlle zur E n t s c h g d i g u n g -- abe r e ingeschlossen alle a k u t e n Ve rg i f t ungen m i t diesen S tof fen ; in E n g l a n d im J a h r e 1923 ebenfa l l s einschliel31ich der a k u t e n FAlle 314 . Von diesen FAllen s ind lO 9 bzw. 236 Ble ive rg i f tungen . I n diesen Zah len s ind abe r auch v i d e le ichte Fgl le e ingeschlossen, da die En t schAd igungsp f l i ch t n a c h der G es e t zgebung dieser LAnder schon n a c h wenigen Tagen e inse tz t . N a c h der D e u t - schen RVO. b e g i n n e n die L e i s t u n g e n der Berufsgenossen- s c h a f t e n aber e rs t n a c h der 8. bzw. 12. Woche . Es i s t also gewil3 n i c h t zu beff i rchten , d a b die deu t s che I n d u s t r i e d u r c h die neue V e r o r d n u n g n e n n e n s w e r t b e l a s t e t wird. A u c h w e r d e n gerade in der e r s t en Zei t v im zu wenig Fglle zur E n t s c h g d i g u n g k o m m e n und viel zu wenig zur Anzeige, u n d dies ware se lbs t d a n n der Tall, w e n n n i c h t - - wie es schon h e u t e in r e i chem Mage ge- sch ieh t - - d u r c h un r i ch t ige Anwe i sungen auf die E r s t a t t u n g e iner m6g l i chs t ge r ingen Zah l yon Anze igen h i n g e w i r k t wfirde.

In den das klinische I3ild meist gut beschreibenden, oben er- w/~hnten , ,Merkbl/ittern" der Fabrik/irzte der chemischen GroB- industr ie wird mehrfach die Anweisung gegeben, die Anzeige erst in schwersten FAllen zu maehen und selbst dann erst, nachdem der praktische Arzt -- was ganz augerhalb des Bereiches seiner M6g- lichkeiten und seiner Verpfiichtung -- aueh die Gif taufnahme und den Zusammenhang zwischen Erkrankung und 13etrieb festgestellt ha t ; und denselben S tandpunkt ver t r i t t CIJRSCI~MAI~N in der Zeit- schrift ffir Gewerbehygiene.

H a t sich die K e n n t n i s des Gesetzes wei te r du rchgese tz t , so wird zwar die Zah l der en t schAdig ten FAlle s teigen, abe r d a n n wird wahr sche in l i ch ers t r ech t t r o t z des oben ffir die N o t w e n d i g k e i t der Anzeige le ichter FAlle Ange f i i h r t en die Anzeige der FAlle, bei d e n e n yon v o r n h e r e i n zu v e r m u t e n ist, d a b sie wegen 1Kfirze ih re r Daue r zu ke iner E n t s c h g d i g u n g ffihren, un t e rb l e iben , so d a b aus den E r gebn i s s en de r Anzeige- p f l i ch t doch ke in r icht iges Bi ld yon de r V e r b r e i t u n g der G e w e r b e k r a n k h e i t e n zu e r l angen sein wird.

DaB gar m a n c h e E r k r a n k u n g e n unbegr t inde te rwe i se (mit un - r i ch t ige r Diagnose) werden angeze ig t werden, be i sehr v ie len

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anderen , die angeze ig t w e r d e n soll ten, die Anze igen u n t e r - b l e iben werden, das i s t m i t S icherhe i t vo rauszusehen , ebenso d a b Ineeressier te , die s ich h e u t e schon bemfihen , die Z a h l der Anze igen m6g l i chs t zu ve r r ingern , v e r s u c h e n werden , d a r a u s a l lgemeine gewerbehyg ien i sche Schlfisse zu z iehen.

Die H a n d h a b u n g der V e r o r d n u n g wird eine n m so bessere werden, je m e h r d u r c h sie -- u n d das i s t als ein keineswegs ger inger N u t z e n zu b u c h e n - - die Arz te in ih re r G e s a m t h e i t u n d schlieBlich a u c h die Un ive r s i tA t sMin iken v e r a n l a g t werden, s ich m i t G e w e r b e k r a n k h e i t e n zu beschgf t igen , sie e ingehende r zu s tud ie ren , zu l ehren u n d zu er forschen.

Der d e u t s c h e n W i s s e n s c h a f t t u t es d r i n g e n d not , d a b end l i ch die h ierzu b e r u f e n e n Trgger der W i s s e n s c h a f t d iesem Geb ie te ih re A u f m e r k s a m k e i t zuwenden , d a m i t die ob- j ek t i ve F o r s c h u n g den i m m e r m e h r f ibe rhand neh - m e n d e n B e s t r e b u n g e n w i r t s cha f t l i ch in te ress ie r t e r Igreise en tgegen t r e t e .

Es i s t ke in Zweifel, d a b auf G r u n d der E r f a h r u n g e n der nAchsten J a h r e m a n c h e s a n de r ge l t enden V e r o r d n u n g wird geAndert werden mfissen. Auf e inzelnes is t oben h ingewiesen . Vor a l lem aber b e d a r f die , ,Gi f t l i s te" m e h r e r e r E r g g n z u n g e n , yon d e n e n mi r die d u r c h A u f n a h m e gewisser F o r m e n des N y s t a g m u s als die d r i n g e n d s t e erschein t . Die eng l i schen E r - f a h r u n g e n m i t d e m N y s t a g m u s m a h n e n zwar zur Vors ich t , abe r doch ware es schon h e u t e m6gl ich, die schweren F o r m e n dieses Le idens den Be t r iebsunfAl len gle ichzuste l len , u n d es e r sche in t wohl als ein U n r e c h t , K r a n k e yon der W o h l t a t dieser V e r o r d n u n g gAnzlich auszuschl ieBen, die zweifellos a n e iner B e r u f s k r a n k h e i t le iden und yon d e n e n der grf ind- l i chs te K e n n e r des Le idens (OHM) sag t : , ,Viele yon i h n e n pende ln zwischen Krankfe i e rn , I n v a l i d i t g t u n d A r b e i t u n t e r Tage ze i t lebens b in u n d h e r . " E b e n s o wAren die L u n g e n - e n t z f i n d u n g e n der A r b e i t e r in T h o m a s s c h l a c k e n m f i h l e n ein- zureihen. F e r n e r g ib t die Novel le zur U n f a l l v e r s i c h e r u n g v o m 14. VI I . 1925 n u n die M6gl ichkei t , a u c h n i c h t g e w e r b - l iche B e r u f s k r a n k h e i t e n in die Lis te e inzubez iehen , so d a b gewisse S e e m a n n s k r a n k h e i t e n , die in e inze lnen L g n d e r n zue r s t den Unfg l len g le ichges te l l t w u r d e n : Ber iber i , S k o r b u t u n d a u c h I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n , sowei t sie n i c h t schon d u r c h R e c h t s - s p r e c h u n g als Unfa l l angesehen wnrden , ba ld ig s t angef t ig t werden k6nnen . A u c h die F rage der P n e u m o k o n i o s e n , ins- besonde re der Silicosis, w i rd wohl hof fen t l i ch in k t i rzes ter Ze i t so wel t geklgr t sein, d a b a u c h fiir diese K r a n k e n ges0rg t werden k a n n . E n g l a n d u n d mehre r e se iner D o m i n i o n s h a b e n besonde re Gesetze zur E n t s c h g d i g u n g u n d vor a l l em zur 7Verhfitung der schweren Grade dieses Leidens . A u c h an die gewerb l i chen E k z e m e wird m a n sich wohl in e inem spAteren Z e i t p u n k t h e r a n w a g e n mfissen.

Mi t dieser V e r o r d n u n g i s t ein e r s te r b e d e u t u n g s v o l l e r S c h r i t t ge tan , wei tere w e r d e n folgen mfissen.

R E F E R A T E N T E I L . EINZELREFERATE UND

ALLGEMEINES. O Handbuch der pathogenen Protozoen. Hrsg. v. S. yon PROWA- ZEK, tortgef, v. W. NOLLER. 22 Textabb. u. 2 farb. Taf. 187 S. Leipzig: Johann Ambrosius Bar th 1925. Geh. 12 Goldmark.

Die Lieferung enth~l t zwei Bearbeitungen: Die Spiroch~tosen (Nachtrag) yon MARGARETE ZUELZER und ,,Die parasit ischen Proto- zoen der Pflanzen" von OTTO NIESCHULZ (Buitenzorg, Java). Erste- rer, der bei weitem grGflere Teil, ist ein Nachtrag zu den Artikeln fiber Spiroch~tosen yon ~/If3HLENS im I. und GONDER im 2. Band des Handbuches. Der je tzt vorliegende Nachtrag ha t seinen Schwer- punk t in einer 45 Seiten langen grfindlichen Darstellung von dem heutigen Stand unserer Kenntnisse fiber den Erreger der Weilschen Krankheit , in dem nacheinander besprochen werden: Die Ge- schichte, Technik der Spiroch~tenuntersuchung, Morphologie, Be- wegung, Fortpf ianzung der SpirochAten der Seuche, ihre Kultur, Filtrierbarkeit , Widerstandsfi~higkeit und FormAnderung auf ~uflere Einflfisse, der klinische u der Erkrankung und ihre pathologische Anatomie beim Menschen, die experimentelle und natfirliche Infektion bei Tieren, Immuniti~t, Immunisierung, Serum- therapie und Chemotherapie, die ~3bertragungswege und die Epi- demiologie. Es ist hier wie auch in den andern A b s c h n i t t e n ent-

Klinische Wochenschrift, 4. Jahrg.

BUCHBESPRECHUNGEN. sprechend den Absichten des Handbuches der Erreger mehr in den Vordergrund ges td l t als die Erkrankung. Die Verfasserin ist noch nicht ganz fiberzeugt, dab die gleichnamigen Seuchen Europas und Japans v611ig gleich und ihre Erreger dieselben sind. Obera11 verr~t sich die grfindliche Kenntnis des Stoffes durch eigene For- schung auf dern behandel ten Oebiet und die pers6nliche Ffihlung mi t den andern einschlggigen aus dem Uhlenhuthschen Ins t i tu t hervorgegangenen Untersuchungen, so dab der Artikel eine sehr wertvolle Erglinzung des Handbuches ist, dessen frfihere B~nde naturgem~B fiber diese Spirochete noch nichts brachten. Das gleiche gilt yon dem 2o Seiten umfassenden Artikel fiber die genitale Kaninehenspiroch~tose (Spirochaeta pallida var. cuniculi). Viel kfirzer sind die Rat tenbiBkrankhei t (Spir. Inorsus muris) und das japaniscbe Siebentagefieber (Spir. hebdomadis) behandelt . In dem Literaturnachweis zu letzterer Seuche sind auch in Rfieksicht auf einige neuere angebliche Spiroch~tenbefunde die Arbeiten aus letzter Zeit fiber Dengue, einiges fiber Pappatacifieber und fiber Wolhynisches Fieber aufgenommen. In dem einleitenden allgemeinen Abschni t t fiber Spiroch~ten wird besonders auf die VerAnderungen der Virulenz eingegangen, vor allem die Umzfichtung der harmlos saprophytischen Sp. pseudoicterogenes in eine pathogene yon dem Erreger des in fekt i6sen Ik terus n i ch t abgrenzbare Form. Bei dem

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