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404 KLINISCHE WOCHENSCH sondern auch die Gewebszellen yon schlechtleitenden Mem- branen und Gerfistsubstanzen umgeben stud, wodurch die besser leitenden flfissigen 13estandteile dieser Zellen dem ge- w6knlichen und a11ch dem Diathermiestrom nur schwer zu- g~tnglich sind. Ffir den t(urzwellenstrom dagegen bilden diese Zellabschlfisse keinerlei Hindernis, er fiberbriickt sie kapazitiv und vermag so a11f das Zellinllere unmittelbar und direkt ein- zuwirken. Auf diese Weise werden dem Protoplasma und dem Zeltkern Energien zugefilhrt, wie das z. I3. dnrch den Diather- miestrom nicht m6glich ist. Da diese Energien sich letzten Endes wieder in W~rme umsetzen, haben wit es aIso auch hier mit ether spezifisch-thermischen Wirkung zu tun. DaB diese eigenartige Energieverteilung der Kurzwellen fiber alle Zellen des menschlichen K6rpers biologisch nnd therapeutisch nicht bedelltungslos sein kann, wird wohl kaum jemand zu leugnen vermSgen. Es Iiegt nahe, sie zur Erkl~rung der eigenartigen, unterschiedlichen Wirkung der Kurzwetlen heranzuziehen, denn diese V~'irkungen sind spezifische Wir- kungen par excellence, d. h. Wirkungen, die gar keiner anderen Heilmethode zukommen, im Gegensatz z. B. zu der im Kurz- wellenfeld beobachteten Kettenbildung, die durch jeden Hochfrequenzstrom erzeugt werden kann. Man k6nnte glauben, dab es geniigen sollte, experimentell W'irkungen zu erweisen, die den Kurzwellen ausschliel31ich eigen stud, um dadurch ihre eigenartige, vielfach iiberlegene therapeutische Wirkung zu erkl5ren. Es k6nnte dabei gleich- gfiltig sein, ob diese Sonderwirkungen auf thermischem oder athermischem \~reg zustande kommen. Entscheidend ist doch nut die Tatsache, dab unser \Vissen um den ~Virkungsmecha- nismus der Kurzwellen fortschreitet. So wtirde jeder objektiv Eingestellte dellken. Nicht die Athermiker. Sic ziehen es vor, RIFT. 17. JAHRGANG. Nr. 12 19. Mt~RZ I938 physikalisch er~desene Tatsachen zu iibersehen, sie gar nicht in den 13ereich ihres Denkens einzubeziehen, weft sie in ihre Theorie nicht hineinpassen. An Stelle dessert ist ihnen jedes, wenn auch unzulangliche Experiment willkommen, das ihrer Anschallung zu niltzen scheint. Ich glallbe nicht, dab dies der richtige Weg zur Erkenntnis ist. Ein Fortschritt in der Erforschung der Knrzwellen- wirkungen kann nicht dadllrch zustande kommen, dab Nrzte physikatisehe Theorien auistelten und diese dutch therapen- tische t3eobachtungen und biologisehe Experimente zu stfitzen s11chen, sondern nut dadurch, dab die Physiker z11n~chst das eigenartige Verhalten der Kurzwellen experimentell erforschen und die J~rzte ihre Vorstellungen den physikalisch erwiesenen Tatsachen anpassen. Literatur: ~ Arch. Electr. m6d. 40, 2I (193R). -- ~ ~Nien. reed. ~Vschr. 1937, 746. -- a Jonrn. chart. See. mass. a. med. gymn. Congr. i936 . _ a Arch. Min. Chir. I66, 251 (193~). -- ~ Handbuch der klinischen Hydro-, BMneo- und Klimatotherapie 19~o. -- s Z. Kreislaufforsch, ~9, 751 (I927). -- ~ Radiobiol. gener. 4, H. 1/2 (I935). -- s Kurzwellenbehandlung in der Chirurgie. Stuttgart: Ferdinand Enke 1936. -- ~ Klin. Wschr. i937, 75 o. -- ~0 Kurz- und Ultrakurzwelten. Berlin-\u Urban & Schwarzenberg I935. -- n W~rmebehandlung in der Medizin. Dresden u. Leipzig: Th. Stein- kopff ~ 937. -- ~ Dtsch. med.\~rschr, i936 , Nr 38. -- is Bull. Acad. M~d. Paris iie, 16o (I934). -- ~ V~ien. med.'Wschr. I937, 746. -- is Lancet I, 6, 311 (1936) .-- Arch. physic. Ther. I8, ~63 (I937). -- ~a Radio~ biolog. (Venezia) 1, 33 (1934). -- ~ Rev. d'Actinol. 8, 227 (1932) C. r. Soc. Biol. Paris Iio, 876 (~932). -- a~ C. r. Acad. Sci. Paris ~99, I688 (I934). -- ~ I. KW.-KongreB Vgien 1937, S. 2Ol. -- ~0 Wien. reed. \~'schr. I937, 746. -- ~1 Pflagers Arch. 236, 443 (1935)- -- ~ Arch. physic. Ther. 18, 263 (1937). -- ~a IKlix~. Wschr. 1933, io2 -- Z. exper. Med. 92, 341 (1933). -- ~a Dtsch. med. Xu ~937, lO6 5 . ORIGINALIEN. DIENCEPHALON UND EXTRAINSUL~RE HYPERGLYK/~MIE. Von ERWIN FROMMELT. Aus der I. Inneren Klinik des Krankenhauses Westend, Berlia-Charlottenburg (Direktor: Prof. Dr. F. UMBER). Seit Erforschung der diabetisehen KH.-Stoffwechsel- st6rung durch NAUNYN 1 und seine Schiller und der darauf sich aufbauenden ErktXrung der ttyperglyk~mie und Glykosurie beim echten pankreatogenen Diabetes mellitlls durch die Insuffizienz des insul~ren Apparates ist eine offenbar auf v611ig anderer, cerebraler Grllndlage entstehende Blutzucker- erh6hllng und Zuckerallsscheidung bekannt. CLaUD~ BER- NARD2 hat mit seinem Zuckerstich -- d. h. mit experimenteller Lgsion am 13eden des 4. Ventrikels -- bewiesen, dab dieser eerebrale Reiz genfigt, um beim stoffwechselgesllnden Ver- s11chstier eine Glykosurie hervorzurufen (1854--55). ]3Ruasc~a, DRZSZL a und LEwY ~ haben in der Folgezeit gezeigt, dab L~tsio- Hen und Reizungen anderer Hirnregionen -- besonders der 3iedulla oblongata --- die gleiche Folge hatten. Sic sahen in dem dorsalen Vaguskern den Reizempfgnger der dem chrom- affinen System zustrebenden Reizbahnen. Obereinstimmend wird von den meisten Autoren die Ausl6sung der so bedingten Hyperglykgmie und Glykosurie durch vermehrte Ausschfittung yon Adrenalin, dem An• nisten des insulgren Hormons, infotge vermehrter Zucker- bildung in der Leber angenommen. Us~BE~6 hat seit langen Jahren in scharfer Unterscheidung gegeniiber dem ,,echten" -- d11rch primgre Insuffizienz des ins111~iren Systems bedingten -- Diabetes mellitus alle diese Formen von harmloser Zucker- ausscheidung als ,,exirains11Igre Reizglykosurien" bezeichnet. Die Wiederholung der Versuche yon CL B~RN_aRD, der anfangs nach seinem Zuckerstich am Boden des 4. Ventrikels bet seinen Versuchstieren allein die Zuckerausscheidnng im Ham nachwies, ergab mit dem Fortschritt der chemischen Untersuchungstechnik auch eine der Glykosurie entsprechende HyperglykS~mie. Auf der weiteren Suche nach einem cere- bralen Zentrum der Blutzllckerspiegelregulierung fanden Tm BR~GSC~ und seine Mitarbeiter LEWY und DR~SEL2, dab die Verletzung des dorsalen Vaguskernes im mittleren und caudalen Tell eine noch weitans gr6t3ere Blntzuckererh6hung mit entsprechender Glykosurie ergab. K. DRESEL stellte bei eingehenden histologischen Untersuehungen lest, dab nach LXsionen dieses ,,vegetativen Oblongatakernes" in der Wand des 3. Ventrikels im 13ereich des yon LEwY besehriebenen ,,Nucleus paraventricularis" (urspriinglich auch periventricula- ris bezeichnet) der gleichen Seite anffallende Zetldegeneratio- nen auftraten. Die gleiche .Beobachtnng wurde von BRUGSCH~, HORSTERS und S~Lm beschrieben. H. SpATZs vertrat in seiner Arbeit tiber die ,,Physiologic und Pathologic der Stammganglien" die Ansicht, dab die ventriketnahen Abschnitte des HypothMamus EinfluB auf ,,verschiedenartigste Funktionen und Stoffwechselvorg~nge" h~tten. Die ,,vegetativen Zentren des Zwischenhirnes", insbeson- dere der paraventrikul~tre Kern (vgl. Ubersichtsskizze l) wur- den in der Folgezeit mehrmals Gegenstand experimenteller t~orschung und histologischer Arbeit. DE JAEGHER 9, ADLERSI~ERG 10, ]:?RIEDMANN, ]~ORGtKETTI tl, HEss 1~ und eine Reihe amerikanischer ]3eobachter (I~GRA~, BARRIS 18, CROUCH, ELLIOTT 1~ 11. a.) sahen nach experimenteller L~ision oder Reizung des Diencephalon erhebliche Ver/inde- rungen des Blutzuckerspiegels, ohne dabei jedoch die Funk- tion der einzelnen Kerngebiete zu differenzieren. CAMUS ]5'16, @OURNAY and z~ GRAND stellten in Serien- untersuchungen am Kaninchen die Zellgruppen lest, nach deren Verletzung Glykosurie auftrat, und fanden ausnahmslos L~sionen des Nucleus paraventricularis (~925). IR. GAuPP und SCHARRI~;R lv' ~s, ~9, die in einer Reihe histo- logischer Arbeiten den Nucleus paraventricularis nnd den Nucleus supraopticus behandelten, beha11pteten in beiden Kerngebieten helm Sgugetier das Verhandensein yon ,, Kolloid" nachgewiesen zu haben und sprachen yon einer endokrinen ,,Zwischenhirndriise". Ein analoger histologischer Befund

Diencephalon und Extrainsuläre Hyperglykämie

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Page 1: Diencephalon und Extrainsuläre Hyperglykämie

404 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

s o n d e r n a u c h die Gewebsze l len y o n s c h l e c h t l e i t e n d e n Mem- b r a n e n u n d G e r f i s t s u b s t a n z e n u m g e b e n stud, w o d u r c h die besser l e i t e n d e n flfissigen 13estandtei le d ieser Zellen d e m ge- w 6 k n l i c h e n u n d a11ch d e m D i a t h e r m i e s t r o m n u r schwer zu- g~tnglich s ind. Ffir den t ( u r z w e l l e n s t r o m d a g e g e n b i lden diese Zellabschlf isse keiner le i Hindern i s , er f ibe rb r i i ck t sie k a p a z i t i v u n d v e r m a g so a11f das Zell inl lere u n m i t t e l b a r u n d d i r e k t ein- zuwi rken . Auf diese Weise w e r d e n d e m P r o t o p l a s m a u n d d e m Zel tkern E n e r g i e n zugef i lhr t , wie das z. I3. d n r c h den D i a t h e r - m i e s t r o m n i c h t m6g l i ch ist . D a diese E n e r g i e n s ich l e t z t e n E n d e s wieder in W ~ r m e umse t zen , h a b e n w i t es aIso a u c h h ie r m i t e ther spez i f i s ch - the rmischen W i r k u n g zu t un .

DaB diese e igenar t ige E n e r g i e v e r t e i l u n g der Kurzwe l l en f iber alle Zel len des m e n s c h l i c h e n K 6 r p e r s b iologisch n n d t h e r a p e u t i s c h n i c h t bede l l tungs los sein kann , wi rd w o h l k a u m j e m a n d zu l eugnen ve rmSgen . E s I iegt nahe , sie zur E r k l ~ r u n g d e r e igena r t igen , u n t e r s c h i e d l i c h e n W i r k u n g de r Kurzwe t l en h e r a n z u z i e h e n , d e n n diese V~'irkungen s ind spezif ische W i r - k u n g e n p a r excellence, d. h . W i r k u n g e n , die ga r ke iner a n d e r e n H e i l m e t h o d e z u k o m m e n , im Gegensa tz z. B. zu de r i m Kurz - wel lenfe ld b e o b a c h t e t e n K e t t e n b i l d u n g , die d u r c h j e d e n H o c h f r e q u e n z s t r o m e rzeug t w e r d e n k a n n .

M a n k 6 n n t e g lauben , d a b es geni igen sollte, e x p e r i m e n t e l l W ' i rkungen zu erweisen, die den Kurzwel l en ausschliel31ich e igen stud, u m d a d u r c h ih re e igenar t ige , v ie l fach i iber legene t h e r a p e u t i s c h e W i r k u n g zu e rk l5ren . Es k 6 n n t e dabe i gleich- gfiltig sein, ob diese S o n d e r w i r k u n g e n auf t h e r m i s c h e m oder a t h e r m i s c h e m \~reg z u s t a n d e k o m m e n . E n t s c h e i d e n d i s t doch n u t die Ta t s ache , d a b u n s e r \Vissen u m d e n ~Vi rkungsmecha- n i s m u s de r Kurzwel l en fo r t sch re i t e t . So wtirde jeder o b j e k t i v E inges te l l t e del lken. N i c h t die A t h e r m i k e r . Sic z iehen es vor ,

R I F T . 17. J A H R G A N G . N r . 12 19. Mt~RZ I938

phys ika l i s ch er~desene T a t s a c h e n zu i ibersehen, sie ga r n i c h t in den 13ereich ih res D e n k e n s e inzubez iehen , weft sie in ih re Theor i e n i c h t h ine inpas sen . A n Stel le dessert i s t i h n e n jedes, w e n n a u c h u n z u l a n g l i c h e E x p e r i m e n t w i l l kommen , das i h r e r A n s c h a l l u n g zu n i l t z en sche in t .

I ch glal lbe n i ch t , d a b dies de r r i ch t ige W e g zur E r k e n n t n i s ist. E in F o r t s c h r i t t in der E r f o r s c h u n g de r Knrzwel l en - w i r k u n g e n k a n n n i c h t dad l l r ch z u s t a n d e k o m m e n , d a b Nrz te phys ika t i s ehe T h e o r i e n au i s t e l t en u n d diese d u t c h t h e r a p e n - t i sche t 3 e o b a c h t u n g e n u n d biologisehe E x p e r i m e n t e zu s t f i t zen s11chen, s o n d e r n n u t d a d u r c h , d a b die P h y s i k e r z11n~chst das e igenar t ige V e r h a l t e n de r Kurzwel l en expe r imen te l l e r fo r schen u n d die J~rzte ih re Vor s t e l l ungen den phys ika l i s ch e rwiesenen T a t s a c h e n anpassen .

L i t e r a t u r : ~ Arch. Electr. m6d. 40, 2I (193R). - - ~ ~Nien. reed. ~Vschr. 1937, 746. - - a Jonrn. char t . See. mass. a. med. gymn. Congr. i 9 3 6 . _ a Arch. Min. Chir. I66, 251 (193~). - - ~ Handbuch der klinischen Hydro-, BMneo- und Kl imatotherapie 19~o. -- s Z. Kreislaufforsch, ~9, 751 (I927). - - ~ Radiobiol. gener. 4, H. 1/2 (I935). - - s Kurzwellenbehandlung in der Chirurgie. S tu t tgar t : Ferdinand Enke 1936. - - ~ Klin. Wschr. i937, 75 o. - - ~0 Kurz- und Ultrakurzwelten. Berlin-\u Urban & Schwarzenberg I935. - - n W~rmebehandlung in der Medizin. Dresden u. Leipzig: Th. Stein- kopff ~ 937. - - ~ Dtsch. med.\~rschr, i936 , Nr 38. - - is Bull. Acad. M~d. Paris i i e , 16o (I934). - - ~ V~ien. med.'Wschr. I937, 746. - - is Lancet I, 6, 311 (1936) .-- Arch. physic. Ther. I8, ~63 (I937). - - ~a Radio~ biolog. (Venezia) 1, 33 (1934). - - ~ Rev. d'Actinol. 8, 227 (1932) C. r. Soc. Biol. Paris I io , 876 (~932). - - a~ C. r. Acad. Sci. Paris ~99, I688 (I934). - - ~ I. KW.-KongreB Vgien 1937, S. 2Ol. - - ~0 Wien. reed. \~'schr. I937, 746. - - ~1 Pflagers Arch. 236, 443 (1935)- - - ~ Arch. physic. Ther. 18, 263 (1937). - - ~a IKlix~. Wschr. 1933, io2 -- Z. exper. Med. 92, 341 (1933). - - ~a Dtsch. med. Xu ~937, lO6 5 .

ORIGINALIEN. DIENCEPHALON UND EXTRAINSUL~RE

HYPERGLYK/~MIE.

V o n

ERWIN FROMMELT. Aus der I. Inneren Klinik des Krankenhauses Westend, Berlia-Charlottenburg

(Direktor: Prof. Dr. F. UMBER).

Sei t E r f o r s c h u n g de r d i a b e t i s e h e n KH.-S tof fwechse l - s t 6 r u n g d u r c h NAUNYN 1 u n d seine Schil ler u n d de r d a r a u f s ich a u f b a u e n d e n E r k t X r u n g de r t t y p e r g l y k ~ m i e u n d Glykosur ie b e i m e c h t e n p a n k r e a t o g e n e n D iabe t e s mel l i t l ls d u r c h die Insuf f iz ienz des insu l~ren A p p a r a t e s is t eine o f fenbar auf v611ig andere r , ce reb ra l e r Gr l lnd lage e n t s t e h e n d e B l u t z u c k e r - e r h 6 h l l n g u n d Zucke ra l l s s che idung b e k a n n t . CLaUD~ BER- NARD 2 h a t m i t s e inem Zuckers t i ch - - d. h. m i t expe r imen t e l l e r Lgs ion a m 13eden des 4. Ven t r ike l s - - bewiesen, d a b dieser e e r eb ra l e Reiz genfigt , u m b e i m s tof fwechse lges l lnden Ver- s11chstier eine Glykosur ie h e r v o r z u r u f e n (1854--55) . ]3Ruasc~a, DRZSZL a u n d LEwY ~ h a b e n in der Folgeze i t gezeigt, d a b L~tsio- Hen u n d R e i z u n g e n a n d e r e r H i r n r e g i o n e n - - besonders de r 3 i edu l l a o b l o n g a t a --- die gleiche Folge h a t t e n . Sic s a h e n in d e m dor sa l en V a g u s k e r n d e n R e i z e m p f g n g e r de r d e m c h r o m - a f f inen S y s t e m z u s t r e b e n d e n R e i z b a h n e n .

O b e r e i n s t i m m e n d wird v o n den m e i s t en A u t o r e n die Aus l6 sung der so b e d i n g t e n H y p e r g l y k g m i e u n d Glykosur ie d u r c h v e r m e h r t e A u s s c h f i t t u n g yon Adrena l in , d e m An• n i s t e n des in su lg ren H o r m o n s , infotge v e r m e h r t e r Zucker - b i l d u n g in de r L e b e r a n g e n o m m e n . Us~BE~ 6 h a t se i t l angen J a h r e n in s cha r f e r U n t e r s c h e i d u n g gegeni iber d e m , , ech ten" - - d11rch p r imgre Insuf f iz ienz des ins111~iren Sys t ems b e d i n g t e n - - D i a b e t e s mel l i tus alle diese F o r m e n von h a r m l o s e r Zucker - a u s s c h e i d u n g als ,,exirains11Igre Re izg lykosu r i en" beze ichne t .

Die W i e d e r h o l u n g de r Ver suche y o n C L B~RN_aRD, de r a n f a n g s n a c h se inem Z ucke r s t i ch a m B o d e n des 4. Ven t r ike l s be t se inen V e r s u c h s t i e r e n al le in die Z u c k e r a u s s c h e i d n n g i m H a m nachwies , e r g a b m i t d e m F o r t s c h r i t t der chemischen U n t e r s u c h u n g s t e c h n i k a u c h eine der Glykosur ie e n t s p r e c h e n d e

HyperglykS~mie. Auf de r we i t e r en Suche n a c h e inem cere- b r a l e n Z e n t r u m der B lu tz l l cke r sp iege l regu l i e rung f a n d e n T m BR~GSC~ u n d seine M i t a r b e i t e r LEWY u n d DR~SEL2, d a b die V e r l e t z u n g des dorsa len V a g u s k e r n e s i m m i t t l e r e n u n d c a u d a l e n Tel l eine n o c h we i t ans gr6t3ere B l n t z u c k e r e r h 6 h u n g m i t e n t s p r e c h e n d e r Glykosur ie e rgab . K. DRESEL s te l l te bei e i ngehenden h i s to log i schen U n t e r s u e h u n g e n lest , d a b n a c h LXsionen dieses , , vege t a t i ven O b l o n g a t a k e r n e s " in de r W a n d des 3. Ven t r ike l s i m 13ereich des y o n LEwY b e s e h r i e b e n e n , ,Nucleus p a r a v e n t r i c u l a r i s " (urspr i ingl ich a u c h pe r i ven t r i cu l a - r is beze ichne t ) de r g le ichen Seite an f fa l l ende Ze t ldegenera t io - n e n a u f t r a t e n . Die gleiche .Beobach tnng w u r d e v o n BRUGSCH~, HORSTERS u n d S~Lm beschr i eben .

H. SpATZ s v e r t r a t in se iner A r b e i t t iber die , ,Physiologic u n d Pa tho log ic de r S t a m m g a n g l i e n " die Ans ich t , d a b die v e n t r i k e t n a h e n A b s c h n i t t e des H y p o t h M a m u s Einf luB au f , , ve r sch iedena r t ig s t e F u n k t i o n e n u n d S to f fwechse lvo rg~nge" h ~ t t e n .

Die , , vege t a t iven Z e n t r e n des Zwischenhirnes", insbeson- dere der pa raven t r iku l~ t re K e r n (vgl. Ubers i ch t s sk izze l) wur- den in de r Folgeze i t m e h r m a l s G e g e n s t a n d expe r imen te l l e r t~orschung u n d h i s to log i scher Arbe i t .

DE JAEGHER 9, ADLERSI~ERG 10, ]:?RIEDMANN, ]~ORGtKETTI t l , H E s s 1~ u n d eine Re ihe a m e r i k a n i s c h e r ]3eobachter (I~GRA~, BARRIS 18, CROUCH, ELLIOTT 1~ 11. a.) s a h e n n a c h expe r imen t e l l e r L~ision oder Re i zung des D i e n c e p h a l o n e rheb l i che Ver/ inde- r u n g e n des Blu tzuckersp iege ls , ohne dabe i j edoch die F u n k - t ion de r e inze lnen K e r n g e b i e t e zu d i f ferenzieren .

CAMUS ]5'16, @OURNAY a n d z ~ GRAND s t e l l t en in Ser ien- u n t e r s u c h u n g e n a m K a n i n c h e n die Ze l lg ruppen lest , n a c h d e r e n V e r l e t z u n g Glykosur ie a u f t r a t , u n d f a n d e n a u s n a h m s l o s L~s ionen des Nucleus p a r a v e n t r i c u l a r i s (~925).

IR. GAuPP u n d SCHARRI~;R lv' ~s, ~9, die in e iner Re ihe h i s to - logischer A r b e i t e n den Nucleus p a r a v e n t r i c u l a r i s n n d d e n Nucleus s u p r a o p t i c u s b e h a n d e l t e n , beha11pte ten in be iden K e r n g e b i e t e n h e l m Sguge t ie r das V e r h a n d e n s e i n y o n ,, Ko l lo id" nachgewiesen zu h a b e n u n d s p r a c h e n yon e iner e n d o k r i n e n ,,Zwischenhirndriise". E i n ana loger h i s to log i scher B e f u n d

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x 9. N[fl~RZ 1938 K L I N I S C H E W O C H E N S C Y I t Z I F T . 17 . J A H R G A N G . N r . 12 405

wurde yon ihnen am Zwischenhirn eines i6 j~hr . , m i t Kohlen- 0xyd vergiftetei1 M/idchens e rhoben und mitgete i l t . U~BER hzCt seit Iangem schon des 6f teren auf die hohe extrainsuI~re Hyperg lyk~mie (bis 355 rag%) bei s toffwechselgesunden CO- Vergi f te ten hingewiesen! An H a n d yon Un te r suchungen an Amphib ienh i rnen ve r such te SCHARRER 18 den Nachweis zu fiihren, dab das im Diencephalon nachgewiesene Kol loid n ich t der H y p o p h y s e en t s t ammte .

Mit dem Ziel der Funkt ionsd i f fe renz ie rung der verschiede- hen Kerngeb ie te f i ihr ten LEwY und GASSMANN ~~ a m Neuro-

Corpus callosux~

N u e Z e ~ l ' i e u Z a r i " ] ! i - - ' ~ - - '

Abb, I. ~Jbcrslchtsskizze zur Lokalisafion des Nucleus paraven~ricularis. (Naeh ,.Lokatisatioi1 der Iebenswichfigen Zentren" yon R. GREVING.)

Chirurgischen Ins t i t u t der Un ive r s i t g t Ph i lade lph ia 1935 sys temat i sch eine Reihe yon exper imente l l en Lgsionen des Zwischenhirnes an K a t z e n durch. Sie fanden f ibereinst im- m e n d bei Re izung oder Zers t6rung des Nucleus pa raven t r i cu - laris e inen auffalIend hohen und lange anha l t enden Anst ieg des ]31utzuckerspiegels, der die nach den fibrigen , ,Zucker- stichverletzungen" au f t r e t ende Hyperg lyk~mie bei we i t em fibertraf.

Die Idinische 13eobachtung e rgab des 6f teren bei K r a n k e n mi t gesundem Inse lappa ra t ohne diabet ische Antage un t e r cerebra len Reizzust~Lnden (I-Iirnblutung, SchXdelverletzungen, Vergi f tungen u. a.) mehr oder weniger erhebl iche E r h 6 h u n g des Blutzuckerspiegels und Glykosurie . U~IB~R ~t, ROS~X'- BERC3~ a n d MEYER ber ich te ten an H a n d e ingehender kl inischer Beobach tung eine Reihe derar t iger F~lle yon extrainsulXrer Hyperg lyk~mie und Glykosurie aus unserer Klinik. Anato- mische Befunde, die speziell im Hinb l ick auf gleichzeitige pathologische VerXndernngen der Zwischenhirnkerngebie te e rhoben wurden, l iegen bisher n ich t v e t .

Zu der Frage, ob sich bei re iner ext ra insul~rer Hype r - g lyk~mie und Glykosurie k r ankha f t e Ver~nderungen im Dieneephalon nachweisen tassen, seien 2 eigene klinische Beob- ach tungen des le tz ten Jahres mi tgete i l t .

Fag 1: Maria Ma., 7 ~ Jahre alt. I~21inische ]3eobaehtung vom 3 ~ . IV: bis 8. V. 1937.

Vorgeschiehte (vorwiegend yon dell Angeh6rlgen erhoben, da die Kranke selbst zun~tchst nicht ansi~reehbar, sp~Lter desorientiert ist) : Die 7oj~hr. Pat. ents tammt einer sfoffwechsetgesunden FamiIie. Sie hat selbst 4 gesunde Kinder, die s~mtlich verheiratet sind and gesunde Nachkommen haben.

Pat. selbst war frfiher niemals ernstlich krank, erst in aller- letzter Zeit t raten gelegentlich leichte Kopfschmerzen und Schwin- delarff~11e auL Insbesondere ~mrden niemals Durst, HeiBhunger, hAufiges "vVasserlassen oder Mattigkeit beobachtet.

Am3o. IV. 1937 wurde die Pat., die bis dahiin v611ig rtistig war, ,,gel~hmt und bewuBtlos" in der Kfiche yon den Angeh6rigen auf- gefunden. Der zugezogene Arzt stellte einen Schlaganfall test und veranlaBte die Einweisullg.

Be]und: 7oj~thr. Frau in ausreichendem Nllgemeinzustand; erhebliche t3enommenheit. Ant Anruf schwaehe Reaktion. Zu- stand der Muskulatur schlaff. L~hmungserscheinungen nicht mehr naehweisbar. Keine Ver~inderung der Atmung. ~Kein Acetongerueh def. Atemluft. Keine ~)deme. I-Ierz nnd Kreislauf zeigen die Symptome einer starken Ilypertonie. Es lindet sich eine Ver- breiterung der I-terzgrenzen nach links bis zu-r vorderen Axillar- linie, sowie angedeutete Aorfenkonfiguration. Der 2. Aortenton ist

stark akzentuiert. Die Herzaktion ist rhythmisch (80 SchlXge in einer Minute). Der Pals ist schnetlend and hart, Blutdruck 21o/13o mm Hg nach RIVA-ROCCL I)ber beiden Lungenunterlappen linden sich Minisch Zeichen geringer Hypostase. Der Atmungstyp ist nicht krankhaff ver~ndert (16 Atemz~ge ant i Minute). Sonstige pathologische Organbefunde sind klinisch nicht zn erheben. Psyche: Allgemeine ]3enommenheit. Pat. reagiert eben ant Anruf. Zentral- nervensystem: Sttmfiiche IReflexe sind seitengteich lebhaft ausl6s- bar. Die Ph~nomene yon Babinski, Gordon, Oppenheim sind all- fangs beiderseits positiv (nach 2 Tagen negativ). SellsibilitAts- st6rungen: nicht zu prflfen. Urinbefund: Normale Mengen (soweit meBbar) bis 60o ccm. Aussehen klar. Reaktion saner. Spezifisches Gewicht lO11--1o33. Eiweig: Am Einlieferungstage Spur vor- handen, sonst negativ. Zucker: Veto 3o, IV. bis 6. V. 1937 stets negativ, am 7. V, 1937 erstmalig eine Glykosurie yon 1,8 %. Gallen- farbstoff- nnd Sedimentulltersuchungen ergeben keinen krank- haften ]3efund. ]31ntbefunde: Senkungszeit der Erythrocyten mehr als 3 Stunden nach LI~'ZENZaEIER. Hi~moglobin 98 % nach SAHLI. Erythroeyten 4,9 Millionen. ~raR. negativ. Blutdruckmessungen: 21o/13 ~ , 18o/85, 21o/9o, I8o/85, 13o/8o, am 8. V. pramortal 21o/13o mm Hg.

Verlauf: Nach vorfibergehender leichter Besserung stirbt Pat. unter dem Bilde einer frischen Hirnblutung (erneuter Blutdruck- ansfieg, motorische Unruhe) am 8. V. 1937. Am gleichen Morgen wurde erstmallg eine Glykosurie (I,8 %) ohne Acidose gefunden. Der Ni~ehternblutzuckerspiegel betrug am gleichen Morgen 621 rag% naeh BANG.

Diagnose: Arteriotosklerose. Hypertonie. Apoplektischer Insult. Extrainsul~re Glykosurie.

Behanglung: Vorwiegelld symptomafiseh. Kopfeisblase, Ader- l~sse (2mal je 300 ccm). A m ' 4. V. 1937 einmalige illtraven6se Injektion yon 20 ccm 5oproz. Dextrosel6sung. \Vegen gelegentlicher motoriseher Unruhe Sedativa.

Sekti~n.: Atherosklerose. Apoplexie. Senile Ektasie der Aorta mit starker verkalkender Atheromatose der Pars descendells. Coronarsklerose ohne wesentliehe Einengung des Lumens. Inter- mittierende Sklerose der tlirnbasisgefXBe. Frische, fiber tauben- eigroBe Erweichung im Gebiet der vorderen, tinksseitigen Stamm- ganglien mit Einbruch der Blutung in den Seitenventriket (vgI. Abb. 2). Altersbl~hung der Lnngen mit Hypostase beider Unter- lappen. ]3raunatrophische Altersorgane. Derbes, groblappiges Pankreas. Makroskopisch nnd mikroskopisch kein Anhalt far einen Diabetes mellitus.

Die sys temat ische histoIogische Un te r suchung des Gehirns ergibt, abgesehen yon dem oben besehriebenen Erweichungs-

Abb. 2.

herd, der dem ersten Insult entspricht, eine frische Biutung im Zwischenhirn, die durch Serienschnitte im rnittleren Tell des l inken Nucleus paraventricular% zu lokMisieren is t (s: Abb. 3)- A m ]3oden des 4. Ventrikels, ~n der Medulla oblon- gata, a m Kleinhi rn sowie an der Hyp0physe sind k rankhaf t e Ver&nderungen nieht nachweisbar .

Fall 2: Siegmund He., 62 Jahre a i r . Klinisehe Beobach• vom 3, bis 8. November 1937.

Vorgesehiehte: Von dem Pat. selbst ist eine pr&zise Anamnese kaum zu erheben, . dae r verwirrt ist und auf Fragell nut unklare Antworten erteiIt. Subjektive K1agen: In letzter Zeit hAufig Herz- schmerzen and Atemnot, auBerdem Unsieherheit beim Gehen. Von den Angeh0rigell des Kranken tassen sich folgende Angabell er- mitteln: Pat. s tammt aus einer stoffwechselgesunden Familie. Er

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selbst war bis vor etwa 2 Jahren niemals ernstlich krank. Gelegent- lieh einer versicherungs~trztlichen Untersuchung wurde vor mehreren Jahren eine Zuckerausscheidung festgestellt, Pat. selbst ha t hie- reals diabetische Beschwerden (Durst, Heighunger, Polyurie, Mattigkeit) verspfirt. Die Zuckerausscheidung verhiel t sich un: abhAngig yon der Lebensweise. Es wurde nu t vortibergehend Di~t eingehalten. Bei ~rztliehen Untersuchungen war Pat . zeitweise zuckerfrei, gelegentlieh bestanden hohe Ausscheidungen - - angeb- lich bis zu 5 % -- . Seit einigen Monaten t ra ten pl6tzlich einsetzende, heftige Sehmerzen in der tIerzgegend auf, die mehrmals in den linken Arm ausstrahlten. In letzter Zeit wurde Anschwellung beider Kn6chel und Untersehenkel bemerkt . Wegen dieser :Beschwerden und der zunehmenden Kurzatmigkei t wird Pat. in die Klinik ein- gewiesen.

BeJund: 62j~hr., fettleibiger Mann in schlechtem Allgemein- zustand. Deutliche Cyanose yon Hau t und Schleimh~uten und starke Dyspnoe. 0deme beider Unterschenkel. Psychisch liegt starke Verwirrung und Unruhe vor. I<opf Irei beweglich, Nerven- austr i t tsstel len ohne krankhaf ten Befund. Augen: ]3ewegungen frei. Pupillen, gering entrundet , reagieren trage auf Liehteinfall und

19. MARZ x938

liche Vermehrung des Urobilinogen, sonst regelrecht (Stauungs- leber). Sediment: Vereinzelte Leukocyten, ganz vereinzelt Erythro- cyten, keine Zylinder. ]31utbefund: Blutzuckerspiegel (s. o.) 528 rag%, 407 rag% nach BANG. Senkungszeit der Ery throcy ten mehr als 3 Stunden. H~,moglobin i o i % nach SAHLI. WaR. negativ. Blutdruckmessungen: 9o/7o , ii5/95 , 115/95, 11o/9o mm Hg nach RIVA-RoccI. Elektrokardiogramm: Frequenz yon ioo Sehl~gen auf i Minute. Kleine, deformierte QRS-l~omplexe in allen Ableitungen. Uberleitungszeit o, I85. Breite des QiRS-Komplexes o,i . Diphasie der Kammerkomplexe in alien Ableitmlgen. Diagnose: Ver- zweigungsblock.

Klinische Diagnose: Schwere Myokardinsnffizienz mi t Kreistanf- dekompensation. Hochgradige extrainsulare HyperglykXmie und Glykosurie.

VerlauJ: Der Kranke kommt nn te r wiederholten stenokardischen AnfXllen bei gleichbleibender Dekompensation des peripheren Kreislaufs t ro tz Ruhigstellung, di~tetischer und medikament6ser Behandlung ad Exitum. Trotz der enormen Hyperglyk~mie sowie der Glykosurie lassen sich kliniseh keinerlei Zeichen eines echten Diabetes mellitus, insbesondere keine Acidose oder f iberhaupt Anzeichen eines Coma diabet icum nachweisen. Eine am 6. XI. 1937 wegen des auffallend hohen Blutzuckerspiegels yon dem diensttuen- den Arzt veranlal3te Insulinierung ha t keinen sichtlichen EinfluB auI den Zustand.

Se~ion: Coronarsklerose, Arteriolosklerose. Todesursache: Herzinsuffizienz. Schwere Arteriolosklerose beider Nieren (histo- logisch best~tigt), maligne Atheromatose d e r Kranzarter ien mit

Abb. 3. Mikroaufnahme. i : 25.

Konvergenz. Brus tkorb: Symmetrisch gebaut, gut gew6lbt. Flache, sehnelle Atemexkursionen (21 in einer Minute). Lungen: Geringe Verschieblichkeit tler unteren Grenzen (2 cm). ~3ber beiden Unter- lappen hypostat ische Gerhusche. Herz: Grenzen konzentrisch er- heblich verbrei ter t . L~tngsdurehmesser 18 cm, Querdurehmesser 15 cm. Angedeutete Aortenkonfiguration. T6ne leise und dumpf. As ~ P2- Aktion gelegentlich unregelm~Big, um ioo / i Minute. Bauch: Sehr adip6se ]3auchdecken, dutch die ein Tastbefund nicht sicher zu erheben ist. LeberdXmpfung perkussoriseh 2 cm nnter- halb des Rippenbogens. Zentralnervensystem: Patellar- und Achil- lessehnenreflexe beiderseits nicht ausl6sbar (0deme). Die tibrigen Reflexe sind seitengleich normal vorhanden. Nrankhaf te Reflexe sind nieht nachzuweisen. Keine Ataxie. Psyche: Erhebliche Ver- wirrtheit . Urinbefund: Tagesmengen zwischen 5o0 und (maximal nach Milehtag) 22oo ccm. Aussehen klar, Reaktion sauer. Spezi- fisches Gewicht i o n bis lO26. EiweiB: Am Einlieferungstage Spur vorhanden, sonst negativ. Zucker: Am Einweisungstage (3. XI. 1937) positiv. Am 4. XI . 1937 keine Glykosurie bei 48 KH. (Milch- tag), am folgenden Morgen (5. XI. 1937) Ntichternblutzucker 528 rag% nach BAI~G, am 6. XI . 1937 Nflchternblutzucker 4o7 rag%. 2r Glykosurie am 5. XI. 1937 26,4 g, am 6. XL 1937 63,9 g bei einer Nahrungsaufnahme yon etwa 12o E l i . An den, f~brigen Tagen war wegen Urinverlustes keine quant i ta t ive Harnzuckerbest immung m6glich. Eine Acidose lieB sich w~hrend der Beobachtung nicht nachweisen. Gallenfarbstoffe: Erheb-

Abb. 4. Mikroaufnahme. ~ : 32.

zurn Tell geschwiirig zerfallenen Atheromherden in der rechten A. circumflexa und im Ramus descendens anterior. Intermit t ie- rende Stenosen im Versorgungsgebiet beider GefitBe. Schwere konzentrische Hypertropbie des Herzens mi t m~13iger Dilatation der rechten und schwerster Dilatat ion der linken Herzkammer. Aus- gedehnte Verschwielung des Myokards im Bereich der Vorderwand ulld des Septums des l inken Ventrikels. Aneurysmatische Aus- weitung des linken Herzens in diesem Bezirk. Trabekel thromben und Herzohr thromben links. Subendokardiale Blutungen in der AusfluBbahn des linken Ventrikels. NodSse Atheromatose der Aorta descelldens. Chronische Tracheobronchids mit vereinzelten bronchopneumonischen Herden in beiden Unter lappen, Stauungs- lungen mi t 1Randemphysem. Stauungsorgane. Prosta tahyper- trophie. Makroskopisch fragliche Blutungen in die linke Seiten- wand des 3- Ventrikels (Hypothalamusgebiet). Allgemeine Adiposi- tas. Pathologisch-anatomisch kein Anhal t ftir Diabetes mellitus.

Die h is to logische U n t e r s u c h u n g des Gehirns , die wie bei Fal l i s y s t e m a t i s c h m i t S e r i e n s c h n i t t e n du rchge f i i h r t wird, e rg ib t in der Gegend de r l i nken S e i t e n w a n d des 3. Vent r ike]s , die m a k r o s k o p i s c h die oben v e r m e r k t e n B l u t u n g e n zeigt, er- heb l i che Gef /~Bvergnderungen im Geb ie t des 2V~cleus para- ventricularis im Sinne y o n Te leang iek ta s i en u n d zahl re iehe fr ische B l u t u n g e n . Auf fa l l end is t de r R e i c h t u m dieses K e r n - gebietes an D e g e n e r a t i o n s k u g e l n (s. Abb . 4). E i n sonsf iger

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kraa ldaaf ter B d u n d an anderen Kerngebie te n l~Bt sich - - ~de bet Fa l l I - - auch h ier nieh~ nachweisen.

Z u s a m m e ~ J a s a e n d is t festzustel len, dab es sich bet beiden ldinischen Beobach tungen u m enorme B l u t z u c k e r e r h 6 h u n g e n hal ldet t , wie sic sonst n u t bet d e m Coma d iabe t i cum ge- :funden werden. Bet beidell ~ r a n k e n is t weder, klinisch noch pa tho log isch-a l la tomisch A n h a l t ffir e inen pankrea togenen Diabetes mell i tus zu erheben, insbesondere ist keine Acidose nachweisbar . Beide t~eobachtungen ergeben ob jek t iv krank- haf te Veranderungen des Nucleus paravent r icu lar i s , ohne dab .am Boden des 4- Ventr ikels oder a m dorsalen V a g u s k e m ein pa thologischer Befund zu erheben ist. Ebensowenig sind Kle inhi rn und H y p o p h y s e k r a n k h a f t ve rander t .

I m Fal l ~ hande l t es sich u m eine frische apoplekt ische B l u t u n g i m Nucleus paraven t r i cu la r i s bet ether gleichzeit ig :auf t re tenden enormen Hyperglykfixnie und Glykosurie. Die Beobach tung 2 zeigt einen iKrallken mi t d e r typischen Vor- geschichte der ex t ra insu la ren Glykosurie, der w~hrend der kl inisehen t3eobachtung e x t r e m hohe B lu t zucke rwer t e bet wechse lnder Glykosurie ohne Acidose auLveist , ohne dab ein ,echter Diabetes mell i tus vorl iegt . H ie r erg ib t die mikro- skopische H i rnun t e r suchung neben frischen - - letal ent- s t andenen - - B lu tungen im Nucleus paraven t r icu la r i s al tere degene ra t i ve Veranderungen ulld Gef~Berweiterungen.

Bet beiden Beobach tungen hande l t es sich u m vasculare E r k r a n k u n g e n , die die t<ernseh~digung bedingen.

Un te r Berf icksicht igung der anfangs aufgeff ihr ten For - :schungsergebnisse, die du t ch das T ie rexper imen t gewonnen wurden , erscheint auf Grund der vor l iegenden ldinisehen und pa tho log i sch-ana tomischen Beobach tungen der SchluB be- recht ig t , dab aueh be im Mensehen den Kerngeb ie ten des Diencephalon - - besonders d e m N u c l e u s p a r a v e n t r i e u l a r i s - - ,eine wesent l iche zent ra le t3edeutung ffir die ex t ra insulare Hyperg lykf imie und GIykosurie zukommt .

He r rn Prof. W. Koc t t set an dieser Stelle fiir die F6rde rung t ier pa tho log iseh-ana tomischen und mikroskopischen Arbe i t in se inem Ins t i t u t mein D a n k ausgesprochen.

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SCHWANGERSCHAFTSHEMERALOPIE UND A-VITAMIN.

XIon

A. JUHASZ-SC~XF~ER, Mi lano .

I m Jah re 1923 haben ]~IRNBACHER und I{LAFTEN bet einer groSen Anzah l von un te rsuchte l l Schwangeren in 9 F~llen Hemera lop ie nachgewiesen, die meis tens in der Frf ihl ingszei t aufge t re ten ist. Bet diesen Unte r suchungen wurde als Ursache dieser S t6 rung des D~tmmerungssehens der Mangel an A-Vita-

H R I F T . 17. J A H R G A N G . Mr. 12 407

rain noeh n ich t e rkannt , was deshalb auch schon e igenar t ig erscheint , da eben BIRNBACHER in Seinen sp~teren, im J a h r e 1927 ver6f fen t l i ch ten Un te r suchungen sogar den N a m e n Mangelhemera lopie gepr~gt hat .

E ine F o r t s e t z u n g nnd E r g a n z u n g dieser Un te r suchungen bedeu ten die yon ~DMUND und CLEN~ESEN 1936 mi tge tef l ten Beobach tungen . Schon im J a h r e I925 haben MOLI.~R und EDNU~'D eine Methode ausgearbei te t , bet welcher mit te ls pho tomet r i sche r G l a s e r die Unterschiedsschwel te b e s t i m m t wird. Es soli sich bet dieser Un te r suchungsme thode vorzfigl ieh u m eine abgekfirzte, aber verla/31iehe Adapta t ionspr f i fung handeln . Mit dieser Methode, die "~thnliche VCerte wie der FOrstersche P h o t o m e t e r gibt, haben EI~NU~D und CLElU~ESg~ ill den le tz ten J a h r e n eine Anzahl yon schwangeren F r a u e n un te rsucht , die Ges ta t ionskompl ika t ionen aufwiesen. E t w a bet der H a l i t e dieser F rauen zeigte sich eine Adap ta t ions - s t6 rung ; ebenso bet F~illen mi t p ro t rah ie r t e r Hepat i t i s , deren Ernf ihrung dureh vieles E rb rechen s ta rk ges t6r t wurde. Alle K r a n k e n wurden mi t A-Vi taminen per os nnd paren te ra l be- handel t . Diese Un te r suchungen ff ihr ten ED~UI~D und CLE~- 5IESEN ZU der SchluBfoIgerung, dab bet Schwangerschaf t s - kompl ika t ionen die Vi taminresorp t ion ges t6r t wird.

Meine Untersuchungen , die ich, yon den Mi t te i lungen BIRNBAC~R s veranla/3t, v o r mehre ren J ah ren begalln - - und deren Ergebnisse auch in ex tenso erscheinen werden = be- ziehen sich auf ein r e l a t iv kleines Unte r snchungsmate r i a l yon 38 FMlen. Alle sind Schwangerschaftsf~lle. 16 un t e r diesen Sehwangeren wiesen keine pathologischen Beg le i t symptome auf, nu t waren sic alle besonders arme, schlecht e rnahr t e und s t a rk k6rper l ieh a rbe i tende Frauen. Die fibrigen F rauen zeigten folgende Beg le i t symptome : 4 FXlle yon hab i tue l l em Abor tus (die in bezug zu anderen Pr0b lemen yon uns mehr - fach un t e r such t worden sind), 8 Fglle y o n Hyperemes i s gra- v i d a r u m und 6 Fa l len yon Schwangerschaf tsnephr i t i s . I

Die Untersuchungen warden mit dem Birch-Hirschfeldschen Ffinfpunktadaptometer" durchgeffihrt, t3eide Augen der Patien- tinnen wurden erst io Minuten anf einem io ~ groBen Fetd bet 3ooo Lux helladaptiert. 0berffihrt in das Dunketzimmer wurde nach ether halben Minute die Anfangsreizsehwelle bestimmt, um dann in jeder 5. Minute eine weitere Bestimmung vorzunehmen; in der 3 o. Minute wurde endlich die letzte, die Endreizschwelle be- stimmt. Um einen Vergleich zu ermOglichen, wurde bet ether Anzahl yon normalen Individuen im Alter yon 2o--4o Jghren, ans beiden Geschlechtern, in versehiedenen Jahres-.und Tageszeiten, die Emp- Iindlichkeit gemessen und, wie bet den sehwangeren Franen, die Adaptationsbreite bestimmt. Die Untersuchnngen wurden stets am Morgen, fast oder ganz nfichtern vorgenommen; als erlaubte Nahrung wurde nnr schwarzer Xaffee mit etwas WeiBbrot zn- gelassen. Milch und Butter waren dagegen verboten. Die I<urven normaler Augen alle znsammen aufgezeichnet, ergaben einen breiten Streifen; die im Bereiche dieses Streifens gelegenen Werte haben wit im Laufe unserer Untersnchungen als normal erachtet. Unter- halb dieses Streifens gelegene Werte wnrden dagegen als subnormal bis pathologisch bezeichnet.

Bekannt l i ch wird die zwischen Anfangs- und E n d e m p f i n d - I ichkeit sieh ergebende H6he Adapta f ionsbre i t e genanll t . Auch bet normalen, gesunden Ind iv iduen zeigte sich eine wenn auch n ich t betr~eht t iche Schwankung der Adapta t io l l sbre i te , deren I-If he auch bet der gleichen Person Sehwankungen un te r - s tel l t ist.

t3ei S t6rungen der Dunke ladap ta t ion war die Anfangs- empf indl iehke i t s te ts erniedrigt , die Adap ta t ionsbre i t e ab- geflacht. In 9 Fa l len haben wir eine derar t ige Beeintracht~ gung des Dammerungssehens nachweisen kOnnen. Hie rhe r gehOren 2 F~lle normale r Schwangersehaf ten ohne Kompl ika t ionen , 2 F~lle yon Sehwangerschaf tsnephr i t i s , 2 Falle y o n hab i tu - e l lem Abor tus und 3 F~lle Hyperemes i s gravid . I l l e inem Fatle der no rma len Schwallgerschaft , ebenso ill beiden F~tllen des habi tnel le l l Abor tus war die Anfangsempf ind l ichke i t n u t ganz wenig gesunken. In allen fibrigen F~llen ging der E m p - f indl ichkei tsans t ieg yon ether 1Reizschwelle aus, die s t a rk u n t e r h a l b des Norma len lag. Charakter i s t i sch ffir alle 9 F~itle geme insam war die H e r a b s e t z u n g des Reizzuwachses , MS eine Adap ta t ionsve rminde rnng , die sich in ether enormen Ab- f lachung des graphischen K u r v e kundgab. Der Durchschni t t s - wer t der Endempf ind l i chke i t zeigte eine Verminde rung e twas