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Eberhard-Karls-Universität Tübingen Institut für Sportwissenschaften Wissenschaftliche Arbeit für die Diplomprüfung in Sportwissenschaft Slacklinen - ein neuer Trendsport? Hintergründe und Perspektiven Vorgelegt von: Patrick Engel Sieben-Höfe-Str. 105 72072 Tübingen [email protected] Tübingen, den 12.06.08

Diplomarbeit Slackline

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Page 1: Diplomarbeit Slackline

Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Institut für Sportwissenschaften

Wissenschaftliche Arbeit für die

Diplomprüfung in Sportwissenschaft

Slacklinen - ein neuer Trendsport?

Hintergründe und Perspektiven

Vorgelegt von:

Patrick Engel

Sieben-Höfe-Str. 105

72072 Tübingen

[email protected]

Tübingen, den 12.06.08

Page 2: Diplomarbeit Slackline

II

Danksagung

Recht herzlich möchte ich mich bei den Personen bedanken, die bei der Erstellung dieser

Arbeit mitgewirkt und mich in verschiedenen Bereichen unterstützt haben.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Gunter Volck. Er ermöglichte es mir, diese Arbeit im

Rahmen meines Studiengangs zu schreiben und unterstützte mich ausgiebig bei der Findung

der Problemstellung.

Einen zweiten großen Dank möchte ich Herrn Tillmann Müller aussprechen. Ohne ihn wäre

die Idee für das Thema dieser Arbeit wahrscheinlich nicht entstanden. Außerdem danke ich

ihm zum einen für die aufgebrachte Zeit in Telefongesprächen, zum anderen für sein

Engagement mir sein Fachwissen mitzuteilen um dies in die Arbeit mit einfließen zu lassen.

Natürlich bedanke ich mich auch für all die Tricks die ich von ihm erlernen konnte sowie das

von ihm und der Firma Slackline-Tools zur Verfügung gestellte Material.

Des Weiteren danke ich meiner Frau Kristin. Sie musste in der Zeit während der

Diplomprüfungen und der Erstellung dieser Diplomarbeit viel erdulden. Vielen Dank für das

erbrachte Verständnis.

Auch meine Eltern waren während meiner gesamten Studienzeit für mich da und unterstützten

mich wo sie nur konnten. Ohne euch wäre ich nicht hier!

Zuletzt möchte ich mich bei all jenen bedanken, die auf ihre Art und Weise zum Gelingen

dieser Arbeit beigetragen haben, die ich jedoch nicht alle namentlich erwähnen kann. Ohne

die Studienteilnehmer, die sich die Zeit zum Ausfüllen und zurückschicken des Fragebogens

nahmen, wäre diese Studie überhaupt nicht möglich gewesen.

Allen Slacklinern kann ein Dank dafür ausgesprochen werden, dass sie durch ihren

Enthusiasmus diese wunderbare Form des Balancierens vorantreiben und anderen Menschen

zugänglich machen.

Remember, it´s „Just One Foot In Front Of The Other!“ (Chris Carpenter)

Patrick Engel (Tübingen, 12. Juni 2008)

Page 3: Diplomarbeit Slackline

III

Eid

"Hiermit versichere ich, dass ich die vorgelegte Arbeit selbständig und nur mit den

angegebenen Quellen und Hilfsmitteln (einschließlich Quellen des www und anderer

elektronischer Medien) angefertigt habe. Alle Stellen der Arbeit, die ich anderen Werken dem

Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen habe, sind kenntlich gemacht."

Tübingen, den 12.06.2008 ______________________________________

Page 4: Diplomarbeit Slackline

IV

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis....................................................................................................................................................... IV

Abbildungsverzeichnis.................................................................................................................................................V

Tabellenverzeichnis......................................................................................................................................................V

1 Einleitung ................................................................................................................................................................1

2 Slacklinen ................................................................................................................................................................4

2.1 Historische Entwicklung.................................................................................................................................4

2.2 Darstellung und Eigenschaften unterschiedlicher Slacklines....................................................................7 2.2.1 Lowlines ...................................................................................................................................................7 2.2.2 Highlines...................................................................................................................................................9

2.3 Diskussionsansatz zur Definition des Slacklinens .................................................................................... 10

3 Trendsport............................................................................................................................................................ 13

3.1 Gesellschaftliche Veränderungen und ihre Auswirkungen auf den Sport allgemein .......................... 13

3.2 Begriffsproblematik „Trendsport“.............................................................................................................. 17

3.3 Trends als Metaphern .................................................................................................................................. 19

4 Ansätze und Modelle zur Zuordnung von Sportarten zum Trendsport .................................................... 20

4.1 Charakteristische Merkmale von Trendsportarten im Allgemeinen und Slacklinen im Besonderen . 21

4.2 Modelle zur Entwicklung von Trendsportarten ........................................................................................ 31 4.2.1 Phasenmodell nach Schwier................................................................................................................. 32 4.2.2 Trendsportentwicklung nach Lamprecht und Stamm......................................................................... 33 4.2.3 Akzeptanz – Kriterien nach Volker Nagel .......................................................................................... 37

5 Problemstellung................................................................................................................................................... 38

5.1 Anwendung des Modells von Schwier auf Slacklinen .............................................................................. 39

5.2 Anwendung des Modells von Lamprecht und Stamm auf Slacklinen .................................................... 40

6 Untersuchungsdesign.......................................................................................................................................... 43

6.1 Explorative Umfrage zum Slacklinen im deutschsprachigen Raum ...................................................... 43

6.2 Durchführung der Befragung und Auswertung ....................................................................................... 44

6.3 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse ........................................................................................ 44 6.3.1 Soziodemographische Merkmale......................................................................................................... 45 6.3.2 Fakten bezüglich Slacklinen................................................................................................................. 49 6.3.3 Hintergrundwissen über Slacklinen ..................................................................................................... 55 6.3.4 Fragen zu Merkmalen eines Trendsports nach Jürgen Schwier......................................................... 57 6.3.5 Fragen nach Volker Nagel.................................................................................................................... 68 6.3.6 Funktionsfragen .................................................................................................................................... 78

6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................................................. 83

7 Zusammenfassung und Ausblick...................................................................................................................... 84

8 Literaturverzeichnis ........................................................................................................................................... 87

9 Anhang.................................................................................................................................................................. 89

Page 5: Diplomarbeit Slackline

V

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Scott Balcom, Erfinder des Slacklinens (Balcom, 2005, Titelbild)______________________________ 6 Abb. 2: Scott Balcom auf der „Spireline“ im Yosemite Valley (Quelle: www.slackline.net)________________ 6 Abb. 3: Slackliner beim Ausführen von Tricks. (Quelle: www.slackline-tools.de, 2007) __________________ 24 Abb. 4: Europas höchst gelegene Highlinebegehung am Dent du Géant im Mont Blanc Massiv, (Quelle:

www.slackline-tools.de, 2007) _______________________________________________________ 25 Abb. 5: Damian Cooksey, Frontflip beim Event in Scharnitz (Quelle: www.slackline-event.com, 2008) _____ 26 Abb. 6: Damian Cooksey auf einer 100m langen Line beim Treffen in Scharnitz. (Quelle:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:100m_slackline_scharnitz1.jpg, 2008) ______________________ 28 Abb. 7: Phasen der Entwicklung von Trendsportarten ____________________________________________ 36 Abb. 8: Balanceakt über den Dächern von München. Heinz Zak auf einer Highline bei der Neueröffnung von

"Sport Schuster" in der Rosenstraße in München (Quelle: www.alpin.de, 2008)_________________ 40 Abb. 9: Altersverteilung der Slackliner aus der Studie____________________________________________ 45 Abb. 10: Geschlechterverteilung der Slackliner aus der Studie _____________________________________ 45 Abb. 11: Prozentuale Verteilung der englischen und deutschen Bezeichnungen für Tricks ________________ 52 Abb. 12: Motivation zum Slacklinen (n=476) ___________________________________________________ 53 Abb. 13: Einteilung der Motivation in drei Bereiche _____________________________________________ 54 Abb. 14: Prozentuale Verteilung des Bekanntheitsgrades von Slackline-Sets nach Herstellern ____________ 55 Abb. 15: Prozentuale Verteilung der bekannten Slackline-Events ___________________________________ 59 Abb. 16: Prozentuale Verteilung der Tendenzen zur Beschleunigung und Entschleunigung _______________ 61 Abb. 17: Kategorien der genannten Slackline-Adjektive __________________________________________ 63 Abb. 18: „Ja-Nein“ Verteilung in Bezug zum eigenen Slackline-Stil _________________________________ 63 Abb. 19: Kategorienunterteilung der verschiedenen genannten Slackline-Stile_________________________ 64 Abb. 20: Verteilung der Angaben bezüglich des Stils nach Könnensgrad _____________________________ 65 Abb. 21: Darstellung der verschiedenen Slackliner-Charaktereigenschaften __________________________ 66 Abb. 22: „Ja-Nein“ Verteilung zur äußerlichen Attraktivität des Slacklinens __________________________ 70 Abb. 23: Prozentuale Verteilung in Bezug zum finanziellen Aufwand ________________________________ 72 Abb. 24: Prozentuale Verteilung aus Frage 28__________________________________________________ 73 Abb. 25: Kategorisierung der Antworten aus Frage 28 ___________________________________________ 74 Abb. 26: Prozentuale Verteilung der Antworten zu Frage 29_______________________________________ 76 Abb. 27: Prozentuale Verteilung der Antworten zu Frage 30_______________________________________ 76 Abb. 28: Prozentuale Verteilung der Antwortkategorien bezüglich Trendsport im Allgemeinen ____________ 78 Abb. 29: Prozentuale Verteilung der Haltung gegenüber Slackline-Workshops ________________________ 80 Abb. 30: Prozentuale Verteilung der ermittelten Einrichtungen aus Frage 33 _________________________ 81 Abb. 31: Kinder beim Kinderjugendfestival in Stuttgart (Quelle: www.slackline-tools.de, 2008) ___________ 83 Abb. 32: Ein Kind auf der Slackline (Quelle: www.slackline-tools.de, 2008) __________________________ 83

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Angaben der Slacklineerfahrung in Jahren ______________________________________________ 46 Tab. 2: Häufigkeit des Slacklinens pro Woche __________________________________________________ 46 Tab. 3: Könnensstand der Studienteilnehmer ___________________________________________________ 46 Tab. 4: Angaben bezüglich einer Highlinebegehung _____________________________________________ 46 Tab. 5: Regelmäßigkeit des Trainings ________________________________________________________ 47 Tab. 6: Teilnahme an einem Slackline-Wettkampf _______________________________________________ 47 Tab. 7: Analyse des Könnensstandes in Bezug zur Wettkampfteilnahme ______________________________ 47 Tab. 8: Zugang der Studienteilnehmer zum Slacklinen____________________________________________ 49 Tab. 9: Erlernen des Slacklinens ____________________________________________________________ 50 Tab. 10: Ausübungsform des Slacklinens ______________________________________________________ 51 Tab. 11: Übersicht der genannten Idole _______________________________________________________ 57 Tab. 12: Interesse der Teilnehmer an Slackline-Events ___________________________________________ 59 Tab. 13: Prozentuale Verteilung der Erwartungen an Slackline-Events ______________________________ 60 Tab. 14: Vergleich der Fragen 16 und 17______________________________________________________ 62 Tab. 15: Darstellung von Frage 32 __________________________________________________________ 67 Tab. 16: prozentuale Verteilung der Fragen 21, 22, 23 des Fragebogens _____________________________ 69 Tab. 17: Spontane Nutzbarkeit des Slacklinens und Antwortkategorien zu Frage 25 ____________________ 71 Tab. 18: Ortsunabhängigkeit des Slacklinens___________________________________________________ 71 Tab. 19: Antwortenspektrum zu Slacklinen als Trendsport ________________________________________ 79

Page 6: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

1

1 Einleitung

„Als Individuen balancieren wir vielfach unbewusst auf bekanntem Terrain, es ist

nur natürlich dass wir diese Eigenschaft aktiv erfassen und sie entsprechend

fördern. Als Slackliner balancieren wir mit vollem Bewusstsein im Streben nach

Vervollkommnung und Erfüllung. Versuch es einfach. Sei du, wenn du auf einer

Slackline gehst; probier etwas aus, oder helfe einfach einem Kind Fahrradfahren

zu lernen, du wirst spüren, das Gleichgewicht im Leben durchströmt alles. Das

Arbeiten an seinen eigenen Grenzen – erkennen, bewältigen und zurücksehen –

kann jedem auf seinem Weg helfen.“ (Jungshannß, o.D., S.6)

Slacklinen, eine noch junge, aufstrebende Bewegungsform1, erfreut sich zunehmender

Beliebtheit. In den letzten Monaten erschienen verstärkt Berichte und Reportagen in

elektronischen Medien, Printmedien und in Form von Fernsehberichterstattungen, welche sich

mit diesem bisher relativ unbekannten Trend auseinandersetzen. Slacklines werden auf der

einen Seite an immer exotischeren und entlegeneren Orten auf der Welt gespannt, z.B. im

Mont Blanc Massiv. Auf der anderen Seite steigt das Interesse von Schulen2, Vereinen und

Rehabilitationseinrichtungen am Slacklinen. Was genau zeichnet nun Slacklinen aus und

rechtfertigt eine intensive Beschäftigung mit dieser neuen Bewegungsform?

Heinz Zak brachte Slacklinen etwa um das Jahr 2000 nach Europa und veranstaltete im Juli

2006 das „1. Internationale Slackline-Treffen in Scharnitz“ (Österreich). Die angereisten

Slackliner konnten dort Erfahrungen austauschen und gemeinsam Spaß haben. Dieser erste

Event in Scharnitz leitete die weitere Verbreitung dieser seit den achtziger Jahren in den USA

praktizierten Sportart sowie Neuformierungen weiterer Slacklinegruppen in Deutschland und

Nachbarländern ein, was auf ihre steigende Popularität hindeutet. In den Parkanlagen von

Städten und Gemeinden sieht man zunehmend zwischen den Bäumen gespannte Bänder und

darauf balancierende Bewegungskünstler. Ein erstes deutschsprachiges Forum im Internet

wurde bereits im Jahre 2004 gegründet. Seit 2005 kann man fertig zusammengestellte

Slackline-Sets in ausgewählten Sportfachgeschäften kaufen.

1 Der Begriff „Bewegungsform“ wurde hier anstelle des Begriffes „Sportart“ gewählt, dies wird im Kapitel zur Begriffsproblematik Trendsport weiter ausgeführt. 2 Vgl. http://www.soap-box-derby.de/slacklinen-der-neue-trendsport-95.htm, http://www.schulebewegt.ch/index.cfm?id=82, http://fudder.de/artikel/2007/06/05/gesucht-freiburgs-sportlichste-schule/

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Slacklinen – ein neuer Trendsport?

2

Blieb es im Jahre 2006 bei diesem einzigartigen Event in Scharnitz, gab es 2007 bereits mehr

als zehn Slackline-Treffen und die Anzahl aktiver Slackliner und Events wächst seither stetig

an. Nicht nur namhafte Hersteller aus dem Klettersport bieten mittlerweile Sets zum Verkauf

an, auch kleine Unternehmen beschäftigen sich intensiv mit dieser Bewegungsform und

tüfteln an neuen Materialien und Aufbauarten. Anfängerkurse, in denen Abspanntechniken

und die ersten Schritte gezeigt werden, erfreuen sich großer Beliebtheit.

Da es sich beim Slacklinen um ein neues, noch unerforschtes Feld handelt, das jedoch ein

sehr dynamisches Wachstum aufweist, soll in dieser Arbeit sowohl die bisherige Entwicklung

des Slacklinens betrachtet, als auch eine Prognose für die zukünftige Entwicklung dieser

Bewegungsform versucht werden. Darüber hinaus steht die Frage im Raum, ob Slacklinen zu

den Trendsportarten gezählt werden kann oder lediglich ein kurzlebiger Sporttrend bleibt.

In einem ersten Schritt wird daher eine historische Betrachtung des Slacklinens

vorgenommen. Die junge Bewegungspraxis wird hinsichtlich ihrer Entstehungs- und

Entwicklungsgeschichte dargestellt und die verschiedenen Disziplinen mit ihren

Anforderungen werden aufgelistet und erläutert. In einem weiteren Schritt erfolgt der Versuch

einer Definition des Begriffes Slacklinen, um ein Basiswissen als Grundlage für weitere

Analysen zu schaffen.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit Trendsport. Dabei werden zunächst die

gesellschaftlichen Hintergründe für die Ausbreitung von Trendsportarten dargestellt,

Veränderungen hinsichtlich der Werte einer Gesellschaft beleuchtet und die Frage diskutiert,

warum sich Menschen Trendsportarten zuwenden. Die Unterkapitel beschäftigen sich mit

Begrifflichkeiten des Phänomens Trendsport. Hierbei werden die Begriffe ‚Trend’ und

‚Sport’ erläutert, auf die Problematik der Trendsportdefinition eingegangen und der Begriff

Slackline im Hinblick auf „Trends als Metaphern“ untersucht.

Eine Verknüpfung der Theorien des Trendsports mit dem Slacklinen findet im Anschluss

statt. Die charakteristischen Merkmale von Jürgen Schwier, durch die sich möglicherweise

Trends im Feld des Sports auszeichnen, werden dargestellt und auf Slacklinen übertragen.

Welche Merkmale treffen auch auf Slacklinen zu und inwiefern lässt es sich dadurch dem

klassischen Trendsport zuordnen?

Zwei häufig angewandte Modelle aus der Trendsportforschung werden anschließend

vorgestellt und auf ihre Relevanz für die Entwicklung des Slacklinens untersucht. Zum einen

handelt es sich um das semiotische Modell nach Jürgen Schwier, zum anderen um das an

einem Produktlebenszyklus orientierte Modell nach Markus Lamprecht und Hanspeter

Stamm.

Page 8: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

3

Abschließend kommt ein Konzept von Volker Nagel zur Anwendung, welches ursprünglich

zur Analyse des Trendsports Inlineskaten entwickelt wurde. Dessen Fragen werden

modifiziert in der empirischen Untersuchung (Fragebogen) auf Slacklinen bezogen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine schriftliche Befragung unter Slacklinern durchgeführt

(siehe Kapitel 6: Untersuchungsdesign). Hierfür kommt ein Fragebogen zum Einsatz, welcher

durch seinen speziellen Aufbau sowohl einen Bezug zu den charakteristischen Merkmalen

nach Schwier als auch zu den Akzeptanz-Kriterien nach Nagel herstellen soll. Die im

Anschluss ausgewerteten und interpretierten Ergebnisse stützen entweder die theoretische

Analyse im ersten Teil der Arbeit oder führen zu einer Verwerfung der aufgestellten

Hypothesen zu Slacklinen als Trendsport.

Page 9: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

4

2 Slacklinen

Um eine genauere Vorstellung von der noch jungen Sportart und damit ein Grundwissen zu

erhalten, werden im Folgenden die Ursprünge des Slacklinens und seine Entwicklung

dargestellt, wobei insbesondere verschiedene Disziplinen des Slacklinens und deren

Charakterisierung im Mittelpunkt stehen. Abschließend erfolgt der Versuch einer Definition

des Begriffs Slacklinen.

2.1 Historische Entwicklung

Die historischen Wurzeln des Slacklinens lassen sich auf das Ende der 1970er Jahre

zurückverfolgen. Bis dahin balancierten Kletterer schon seit den 60er Jahren im Yosemite

Nationalpark in den USA (Kalifornien) zum Zeitvertreib an Ruhe- und Regentagen auf Tauen

und Absperrketten an Parkplätzen. Aufgrund des lockeren Durchhangs nannten sie ihr neu

entdecktes ‚Sportgerät’ slackchain. Anfangs erschien es den Protagonisten unmöglich auf der

lockeren Kette zu laufen. Nach intensivem Üben wurde es zur Routine und die Kletterer

suchten sich neue Herausforderungen. Kurze Zeit später wurden die ersten Tricks und

Übungselemente entwickelt, wie beispielsweise das Drehen, Hinsetzen, Liegen und auch das

Surfen, d.h. stehend auf der Kette hin und her schaukeln (vgl. Müller, 2007, S.3-4).

Scott Balcom, ein junger Kletterer, schreibt in seinem Buch Walk the Line3 von der

Beobachtung zweier junger Männer im Yosemite-Tal im Sommer 1983, die auf einem fix

gespannten Stahlseil im Wald balancierten. Seine besondere Aufmerksamkeit galt jedoch

nicht dem gespannten Stahlseil, sondern dem daneben gespannten Band, welches die jungen

Männer zu Trainingszwecken nutzten. Balcom und sein Freund Chris Carpenter, der ihn

begleitete, waren sofort fasziniert von den federnden Eigenschaften des Bandes. Balcom

selbst war nach eigenen Aussagen bei dem Versuch, ein Band zum Balancieren zu spannen,

gescheitert, daher schienen ihm die Leistungen der beiden unglaublich: „Here was Adam

Grosowski and Jeff Ellington with a command over the squirrellyness that made it look like a

dance“ (Balcom, 2005, S.114).

Adam Grosowksi und Jeff Ellington gelten seitdem als Pioniere, die anstelle einer starren

Kette ein dynamisches Schlauchband aus dem Klettersport mit Karabinern zum Balancieren

3 Dieses Buch kann als erste und bisher einzige Slacklineliteratur bezeichnet werden.

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Slacklinen – ein neuer Trendsport?

5

zwischen zwei Bäumen spannten. Nach Ellington ist noch heute eine Flaschenzugvariante4

zum straffen Spannen von Slacklines benannt.

Scott Balcom kehrte mit seinen Eindrücken zu seinem Bruder Ric Piegh und seinen Freunden

Charles Tucker und Darrin Carter zurück5. Sie kauften sich im Bergsportladen ein

entsprechendes Band und spannten dies zwischen zwei Bäumen. Mit etwas Übung konnten

alle darauf laufen und Tricks vollführen. Die Eigenschaften des Bandes wurden gegenüber

denen der Kette als weit überlegen eingestuft. Das bei normaler Beanspruchung im

Klettersport als statisches Material – d.h. mit minimaler Gebrauchsdehnung – eingeordnete

Band hatte, wenn man es über einige Meter spannte und darauf balancierte, eine angenehme

Dehnung, vergleichbar mit den Eigenschaften eines sehr starken Gummibandes. Von diesem

einzigartigen Gehgefühl waren alle Beteiligten begeistert (vgl. Müller, 2007, S.3-4).

Die folgenden Jahre waren dadurch geprägt, dass immer mehr Kletterer im ‚Camp Four’ (ein

Klettercamp im Yosemite Nationalpark in Kalifornien, welches immer noch als der

bekannteste Treffpunkt der Kletterszene gilt) Slacklinen ausübten. Die Grenzen des

Slacklinens wurden immer wieder aufs Neue herausgefordert. Man experimentierte mit

verschieden starken Bändern, Längen, Abspannmechanismen und schließlich auch mit der

Höhe, in der das Band gespannt wurde. So entstanden verschiedene Disziplinen, welche im

nächsten Kapitel vorgestellt werden.

Scott Balcom gelang nach intensivem mentalem Training die erste Highlinebegehung am Lost

Arrow Spire6 am 13. Juli 1985. Damit inspirierte er viele nachfolgende Highliner, unter

anderem seinen Freund Darrin Carter, den man damals aufgrund seines immensen Ehrgeizes

als erfolgreichsten Slackliner im Highlinesport betitelte. Carpenter berichtet in The evolution

of slacklining by Chris Carpenter über Carter: „A demon inside Darrin was born. He could

feel within himself that his purpose in life now made sense“ (Carpenter, o.D., S.5). Darrin

Carter beging als erster ungesichert und allein aus sportlicher Motivation die 15m lange

Slackline in über 900m Höhe über der Talsohle des Yosemite Valley (vgl. Junghannß, o.D.,

S.3f). Die Highline am Lost Arrow Spire wurde dadurch zu einem Mythos, um den sich

zahlreiche Legenden und Geschichten ranken.

4 Bei diesem Prinzip wird reine Muskelkraft zum Spannen verwendet. Es ist somit möglich längere Distanzen zu spannen als mit einer Ratsche. Der Flaschenzug klemmt sich durch das ineinander Wickeln des Bandes selbst ab und benötigt keinen zusätzlichen Knoten. 5 Mitteilung von Scott Balcom in einer E-Mail am 14.01.2008 6 Eine Felsnadel im Yosemite Valley, die etwa 17m hervorragt (siehe Abb. 2)

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Slacklinen – ein neuer Trendsport?

6

Abb. 1: Scott Balcom, Erfinder des Slacklinens

(Balcom, 2005, Titelbild) Abb. 2: Scott Balcom auf der „Spireline“ im Yosemite

Valley (Quelle: www.slackline.net)

Ric Piegh gründete 1998 ‚Slackline Brothers Inc.’ und bot das erste zusammengestellte

Slackline-Set7 zum Verkauf an. ‚Asana Pack Works’ war die nächste Firma, ehe im Jahre

2004 Scott Balcom ‚SlackDaddy’ gründete und ebenfalls Slackline-Sets anbot8. Alle weiteren

Sets, die seitdem auf den Markt gekommen sind, wurden mit einem Ratschensystem

ausgestattet. Erst ‚Slackline-Tools’, ein weiteres kleines im Frühjahr 2007 in Deutschland

gegründetes Unternehmen, bietet wieder Sets basierend auf der traditionellen Methode des

Flaschenzuges nach Jeff Ellington zum Verkauf an.

Heinz Zak, Extremkletterer und Bergfotograf aus Österreich, wurde auf diese Bewegungs-

praktik durch seine Kletterreisen ins Camp Four aufmerksam. In Europa gilt er als

Slacklinepionier, der diese Form des Balancierens um die Jahrtausendwende nach Europa

brachte. Das erste Slackline-Set, das in Europa auf den Markt kam, wurde von ihm in

Zusammenarbeit mit der Seilerei Peter (Allgäu) für ‚Mountain Equipment’9 entwickelt.

Dieses Set ist seit 2005 in Sportfachgeschäften käuflich erwerbbar. Außerdem wohnte Zak

Dean Potters10 legendärer ungesicherter Highlinebegehung 2003 am Lost Arrow Spire bei und

dokumentierte diese Überschreitung in Foto und Film und später im Film Highliner.

Im Juli 2006 eröffnete Zak das „1. Internationale Slackline-Treffen in Scharnitz“. Dort

begrüßte er rund 250 aktive Slackliner aus Deutschland, Österreich, Norwegen, Neuseeland,

Russland und der Schweiz, die sich dort zwei Tage lang zum Austausch von Ideen, Tricks

7 Ein Slackline-Set besteht meist aus 2 Rundschlingen für den Fixpunkt (z.B. ein Baum oder ein Holzpfosten), Materialien für einen Spannmechanismus und der eigentlichen Slackline, welche in verschiedenen Längen erhältlich ist. Die fertigen Sets werden in der Regel in passenden Beuteln zur Aufbewahrung verpackt und mit einer Aufbauanleitung angeboten. 8 Mitteilung von Scott Balcom in einer E-Mail am 14.01.2008 9 Mountain Equipment ist ein britischer Hersteller hochwertiger Outdoorausrüstung. Zum vertriebenen Slackline-Set siehe: http://www.globetrotter.de/de/shop/detail.php?mod_nr=me_73601&k_id=&hot=0 10 Dean Potter ist ein bekannter Extremkletterer, der häufig mit ungesicherten Kletteraktionen Schlagzeilen macht. Er war der vierte, der die Highline am Lost Arrow Spire im Jahre 1998 beging.

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Slacklinen – ein neuer Trendsport?

7

und Erfahrungen eingefunden hatten. Das weitere Programm bestand aus der Vorstellung des

Films Highliner und einem Konzert der Hardrockband ‚Caveman’. Man feierte bis in die

späte Nacht und manche sprachen danach von einer Woodstock-Stimmung (vgl. Hempel,

2006). Dieser Event scheint in Europa den Grundstein für weitere Slacklinetreffen gelegt zu

haben. Im Jahr 2007 fanden bereits mehr als 10 solcher Zusammenkünfte in ganz

Deutschland statt, welche sich großer Beliebtheit erfreuten und auf denen bereits erste

Wettkämpfe mit nicht offiziellen Regeln ausgetragen wurden. Seit einem Slackline-Treffen

im Herbst des Jahres 2007 in Radolfzell gibt es in deutschsprachigen Foren Diskussionen und

Planungen für die Gründung eines Slacklineverbandes mit einheitlichen Regeln für die

Durchführung von Wettkämpfen.

2.2 Darstellung und Eigenschaften unterschiedlicher Slacklines

In diesem Kapitel wird eine Einteilung des Slacklinens in verschiedene Disziplinen

vorgenommen. Dabei ist der Autor der Ansicht, dass generell zwischen ‚Lowlines’, d.h.

Höhen aus denen ein gefahrloses Abspringen noch möglich ist11, und ‚Highlines’, die aus

Sicherheitsaspekten in nicht weniger als 8m12 bis in beliebige Höhen gespannt werden

können, zu unterscheiden ist.

2.2.1 Lowlines

Niedere Slacklines, als ‚Lowlines’ bezeichnet, können weiter in ‚Tricklines’, ‚Rodeo- oder

Freestylelines’, ‚Longlines’, ‚Jumplines’ (häufig Sprunglines genannt) und als neuere

Disziplin ‚Wasserlines’ differenziert werden.

Die Trickline stellt die gebräuchlichste Art der Lowlines dar. Anfänger beginnen

normalerweise auf einer Trickline und lernen auf der etwa knie- bis hüfthohen Line die ersten

Schritte und Tricks. Der Untergrund sollte weich und sicher sein, am besten Gras- oder

Sandboden. Mit Hilfe eines „Spotters“13 kann die Angst beim Aufsteigen auf die Slackline

überwunden werden. Sobald die ersten Schritte klappen kann sich der Anfänger den

verschiedensten Tricks zuwenden, angefangen z.B. mit einer Drehung, Hinsetzen oder

11 Lowlines reichen bei Anfängerlines von Kniehöhe bis zu einer Höhe von 2-3m (Longlines). 12 Das zusätzliche Sicherungsband für den Slackliner, welches an einen Klettergurt geknotet wird, hat etwa eine Länge von 2m. Rechnet man zusätzlich die Dehnung der highline leash und den Durchhang der Slackline unter Last bei einem Sturz und die Größe einer Person dazu, dann sollten mindestens etwa 8m Höhe vorhanden sein, damit der Slackliner bei einem unkontrollierten Sturz nicht auf dem Boden aufkommt. 13 Ein Partner, der neben dem Anfänger steht, kann Hilfestellung beim Aufsteigen auf die Line geben, vgl. auch das Verb „spotten“.

Page 13: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

8

Hinlegen auf der Line. Den Tricks sind keine Grenzen gesetzt, auch Anfänger können hier

bereits ihre Kreativität voll entfalten.

Longlines stellen eine weitere, derzeit sehr beliebte spielerische Art von Slacklines dar.

Entsprechend dem Wortsinn geht es darum, immer längere Entfernungen zwischen den

Fixpunkten auf der Slackline zu absolvieren. Allerdings herrscht unter Slacklinern bisher

keine Klarheit darüber, ab welcher Länge man von einer Longline spricht, so dass eine

individuelle Einteilung möglich ist. Für Anfänger sind z.B. schon 20m eine fast unlösbare

Aufgabe. Zum Zeitpunkt dieser Arbeit liegt der Weltrekord von Damian Cooksey bei einer

Länge von über 154m14. Aktuell werden bereits Versuche mit einer 200m langen Line

durchgeführt und so die Grenzen von Mensch und Material ausgetestet. Bei langen Lines

besteht die Schwierigkeit darin, das Band hart genug zu spannen, um nicht aufgrund des

Durchhangs in der Mitte den Boden zu berühren. Dabei kommen oft teure Gerätschaften wie

z.B. ein Kettenzug zum Einsatz, mit dem es möglich ist, eine hohe Vorspannung von über 1t

aufzubringen. Für die Messung der aufgebrachten Kraft und der auftretenden Kräfte bei der

Belastung durch einen Slackliner werden häufig Kraftmesser in den Aufbau integriert. Lines

von über 100m Länge müssen daher mindestens in zwei bis drei Metern Höhe angebracht

werden – eine große technische, physische und psychische Herausforderung.

Eine weitere Variante stellt die Jumpline dar. Diese wird im Unterschied zur Trickline sehr

hart und üblicherweise über eine Länge von ca. 8m gespannt. Eine sehr harte Vorspannung ist

hierbei notwendig, um ähnlich wie bei einem Trampolin die dynamischen Impulse der Line

für Sprünge nutzen zu können. Beliebte Sprünge sind ein Salto vorwärts oder rückwärts als

Abgang oder mit Landung auf der Line, Drehsprünge und Sprünge in die Höhe oder Weite.

Rodeo- bzw. Freestylelines sind nicht fest gespannt sondern werden mehr oder weniger

"schlapp" aufgehängt und ähneln somit dem klassischen Schlappseil aus dem Zirkus.

Aufgrund des Durchhangs ist das Begehen solcher Lines wesentlich schwieriger, außerdem

können schwere Stürze passieren, da die Line ruckartig auf eine Seite ausweichen kann. Die

Tricks auf diesen Lines beschränken sich im Normalfall auf Gehen, Umdrehen, quer Stehen,

Liegen und Surfen, wobei letzteres eher einem langsamen und kontrollierten hin und her

Schwingen entspricht. Slacklinen auf Rodeolines stellt ein gutes Training für Longlines dar,

da in beiden Fällen die Line sehr ruhig unter dem Schwerpunkt des Slackliners gehalten

werden muss.

14 Gelaufen am 10.Juli 2007 in München, Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Slackline

Page 14: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

9

Eine neuartige Form der Balancierkunst sind so genannte Wasserlines, Slacklines über

Wasser. Durch den fehlenden festen Untergrund als Möglichkeit zum Absteigen und als

optischen Fixpunkt, ist das Begehen einer solchen Line anfangs meist wesentlich schwieriger

als über festem Grund. Nach einer gewissen Übungsphase kann man Wasserlines jedoch gut

nutzen um die Landung bei speziellen Sprung-Tricks wie beispielsweise Salti ohne

Verletzungsgefahr zu üben, wobei aber auch Stürze ins Wasser nicht immer schmerzfrei sind.

Einen Unterschied in der Begehung gibt es außerdem zwischen stehenden und fließenden

Gewässern, da die Wasserbewegung zusätzlich ablenkt und das Gleichgewichtsempfinden

stört.

2.2.2 Highlines

Das Highlinen findet als Königsdisziplin des Slacklinens immer mehr Anhänger. Wagemutige

sichern sich mit der so genannten highline leash an einer redundant15 befestigten Slackline in

Schwindel erregender Höhe, d.h. in einer Höhe, aus der ein einfacher und gefahrloser

Absprung auf den Untergrund nicht mehr möglich ist. Die Abstände bis zum Boden reichen

von wenigen Metern bis zu einigen hundert Metern. Einen besonderen Nervenkitzel bieten

Lines über einem natürlichen Abgrund oder einer Schlucht. Bei dieser Disziplin spielt nicht

mehr allein die Gleichgewichtsfähigkeit eine Rolle, sondern vor allem der psychische Faktor

der Höhe. Der Bau von Highlines wird weiterhin absoluten Experten vorbehalten sein, doch

es zeichnet sich ab, dass immer mehr Anfänger und Fortgeschrittene diesen Kick

ausprobieren und sich dabei „neu erleben“ wollen. Highlines nehmen inzwischen einen festen

Platz in Workshops ein, wobei sich Anfänger in der Regel nicht um den Aufbau kümmern

müssen, diesen jedoch erlernen können.

Diese grobe Unterteilung in Lowlines und Highlines ist ein Vorschlag des Autors, da es

bisher keine offiziellen Standards zur Bezeichnung von Slacklines gibt. Die Einteilung in

Lowline und Highline soll damit hauptsächlich zwei Extreme hervorheben, welche sich nicht

nur hinsichtlich ihrer Aufbauart, sondern auch hinsichtlich der physischen und psychischen

Komponente unterscheiden. Des Weiteren obliegt es jedem Slackliner selbst zu definieren, ab

welcher Länge er z.B. von einer Longline spricht oder welche Vorspannung er für eine

Trickline oder Sprungline wählt. Es gibt zudem keine Regeln und Richtlinien für den Aufbau

einer Slackline. Die Freiheit, die eigene Line so abzuspannen, wie man es aufgrund der

vorhandenen Gegebenheiten für richtig hält, ist vermutlich das, was Slacklinen so reizvoll

15 Dabei handelt es sich um zwei separate Systeme, welche im Fall eines Linerisses vor dem Absturz schützen.

Page 15: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

10

macht. Claudius Biehl wird auf der Website der Firma Slackline-Tools unter der Rubrik

‚Philosophie’ folgendermaßen zitiert:

„Slacklinen, ein Sport, der widerspiegelt, was in der heutigen Gesellschaft immer

wieder gefragt ist: Flexibilität, Lockerheit, Spannung, Kreativität, Anpassungs-

fähigkeit, Konzentration, Fokussierung, Wille und natürlich Balance. Zur

Erprobung all dessen bietet Slacklinen den idealen Raum, auch indem es Raum

innovativ nutzt – im kreativen Sich-Bewegen zwischen Bäumen, Himmel und

Erde. Der Sport erschließt sich aber nicht nur diesen Raum, sondern auch den

öffentlichen. Slacklinen wird nicht „verbannt“ in die Sporthallen oder Spielfelder,

sondern geschieht meist in Parks zwischen spazierenden Menschen oder mitten in

der Stadt und findet immer wieder faszinierte Zuschauer. Der Slackliner wird

damit auch zum Künstler – jedoch zum Künstler einer Sportart, die jeder erlernen

kann und grundsätzlich jedem zugänglich ist bzw. gemacht werden kann“ (Biehl,

2007).

2.3 Diskussionsansatz zur Definition des Slacklinens

Nach dieser Kurzbeschreibung der Sportart und ihrer Disziplinen wird nun der Versuch einer

Definition von Slacklinen unternommen. Dabei sollen sowohl verschiedene Begrifflichkeiten

geklärt als auch auf das verwendete Material und bestimmte Merkmale dieser

Bewegungsform eingegangen werden.

Bereits hinsichtlich des Laufmediums, auf dem sich der Slackliner bewegt, existieren

verschiedene Begriffe. In den meisten Beschreibungen wird der Begriff „Schlauchband“16

verwendet, z.B. unter www.slackliner.at oder in Presseartikeln. Fest steht, dass zu den

Anfangszeiten des Slacklinens tatsächlich auf diesem aus dem Klettersport stammenden

Material balanciert wurde. Heutzutage jedoch kommt das Schlauchband nur noch selten zum

Einsatz. Die meisten angebotenen Slackline-Sets in Deutschland werden inzwischen aus

kosten- und aufbautechnischen Gründen mit einem gewebten Flachband aus dem

Industriebedarf zusammengestellt17.

Das deutschsprachige Forum unter www.slackliner.de verwendet in seiner Beschreibung der

Bewegungsform lediglich den Ausdruck „Band“. Dieser Ausdruck ist nach Meinung des

16 Ein in Schlauchform gewebtes Band, das beim Klettern zum Sichern und zum Standplatzbau verwendet wird. 17 Siehe die Sets von Slackline-Tools, Mountain Equipment, Singing Rock und Gibbon und die Sets von Seilereien wie Slackstar und Sicherungsprofi. Lediglich das Set von AustriAlpin wird mit einem Schlauchband geliefert.

Page 16: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

11

Autors bereits zutreffender, weil allgemeiner gehalten. Das Wort „Kunstfaserband“ trifft laut

Slacklineexperten am besten auf das verwendete Material zu, da es sowohl das gewebte

Schlauchband aus dem Klettersport als auch die für den Industriebedarf hergestellten und

gewebten Gurtbänder mit einschließt. Slacklines aus Naturfasern wurden nach Kenntnis des

Autors bislang nicht hergestellt.

Eine Internetrecherche von Presseartikeln18 ergab, dass sehr häufig das Wort „Seil“ für das

Laufmedium verwendet wird. Dieser nach Meinung des Autors fälschlicherweise verwendete

Begriff lässt sich dadurch rechtfertigen, dass auch Laien sofort verstehen, um was es beim

Slacklinen geht. Zwar bedeutet das Wort line aus dem Englischen übersetzt ‚Band’, ‚Schnur’

oder ‚Seil’ (vgl. Duden Oxford, 1992, S.196), doch geht es beim Slacklinen ausschließlich um

das Balancieren auf einem „Band“, genauer auf einem Kunstfaserband mit 25mm und 35mm

Breite19. Da Slacklinen in unserer Gesellschaft noch weitgehend unbekannt ist und in den

Kinderschuhen steckt, wird übergeordnet und vereinfacht der Begriff „Seil“ verwendet. Es

bleibt abzuwarten, ob der Begriff „Slackline“ jemals so bekannt wird wie beispielsweise der

eingedeutschte Ausdruck Nordic Walking.

Was die Bewegungsform betrifft, erscheint in vielen Kurzbeschreibungen häufig der Begriff

„Seiltanzen“. Die Tübinger Zeitung Schwäbisches Tagblatt verwendet z.B. in einem Artikel

über die Eröffnung des Slackline-Platzes am Institut für Sportwissenschaft der Universität

Tübingen die Überschrift „Seiltanz über Schluchten“. Es ist nicht zu leugnen, dass eine

Verwandtschaft zum Seiltanz besteht und dass Gemeinsamkeiten vorhanden sind, dennoch ist

es vom Seiltanzen abzugrenzen20. Scott Balcom (2005) beschreibt in seinem Grundlagenwerk

Walk the Line den Unterschied zwischen Seiltanz und Slacklinen folgendermaßen:

„Wenn Passanten im Park jemanden auf einer Slackline sehen, denken viele sofort

an Zirkus und Seiltänzer auf einem Stahlseil. ... Eine Slackline kann sehr straff

gespannt sein, ist aber kein Seil sondern ein flaches Nylonband, welches zwischen

zwei Ankerpunkten so straff gespannt wird, dass man darauf gehen kann.“

(Balcom zitiert nach Mountains2bRedaktion, 2007)

Viele Anhänger der Bewegungsform sehen es daher als ihre Aufgabe an, Passanten eine

korrekte Auskunft auf die Frage, ob man aus dem Zirkus sei, zu geben. Ein weit verbreiteter

18 z.B. Schwäbisches Tagblatt am 04.09.07; www.tagesspiegel.de am 07.01.08 19 Die Firma Gibbon bietet auch eine 50mm-Gurtvariante an. 20 Vgl. Müller (2007, S.5ff) „Slacklinen – eine gleichgewichtsorientierte Sportart“ und M2b Redaktion (2007) „Themenspecial Trendsport Slackline“.

Page 17: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

12

Ehrenkodex ist es, interessierten Personen durch „spotten“ erste Erfahrungen auf einer

Slackline zu ermöglichen (vgl. Mahler, 2006).

Eine weitere Besonderheit von Slacklines ist die Dynamik und Dehnbarkeit des Bandes unter

der Last des Slackliners. Es kann in verschiedene Richtungen ausweichen, was vom

Slackliner ein ständiges aktives Ausgleichen erfordert. Nach Meinung des Autors könnte man

auch umgekehrt argumentieren: das Band bewegt sich nicht von selbst, sondern kann sich nur

durch die vom Slackliner zugeführte Energie hin und her bewegen: „Die Line ist der Spiegel

Deiner selbst“, so Müller (2006, S.19). Dies bedeutet, dass sich die Slackline genau so verhält

wie ihr Begeher, sie verändert sich jedoch nicht ohne sein Zutun. Wer sich ruhig auf der Line

bewegt, muss nicht viel ausgleichen.

Abschließend soll auf den amerikanischen Begriff des slacklining und seine Verwendung im

deutschsprachigen Raum eingegangen werden. Generell ersetzt die deutsche Sprache bei

vielen jungen Sportarten aus dem englischsprachigen Raum die Endung –ing durch die

Endung –en. Mountainbiking wird zu Mountainbiken, snowboarding zu Snowboarden und

inlineskating zu Inlineskaten usw21. Müller erklärt diesen Zusammenhang zwischen

Verbbildung und Eindeutschung ausführlich. Er begründet die Begrifflichkeiten ‚Slacklinen’

und die Kurzform ‚Slacken’ mit den entsprechenden Begriffen ‚Mountainbiken’ oder auch

‚Biken’ und ‚Boarden’, welche inzwischen weit verbreitet und laut Müller deutsche

Wortschöpfungen sind (2007, S.11f).

Nach Klärung der Begrifflichkeiten könnte eine Definition des Slacklinens nach Meinung des

Autors folgendermaßen lauten:

„Slacklinen ist eine Bewegungsform, bei der man auf einem Kunstfaserband,

gespannt zwischen zwei Befestigungspunkten, meist Bäumen, balanciert und

Tricks vollführen kann. Aufgrund der Materialeigenschaft ist die Slackline

elastisch und dehnt sich unter der Last des Slackliners. Sie verhält sich dadurch

dynamisch und erfordert vom Slackliner ein Zusammenspiel aus Balance,

Konzentration und Koordination.“

Diese Definition beinhaltet zum einen eine Beschreibung der Bewegungspraxis, zum anderen

integriert sie das verwendete Material und das Anforderungsprofil aus sportwissenschaftlicher

Sicht.

21 Dieser Ansatz der „Sporting“-arten findet sich auch bei Opaschowski 1997, S.108.

Page 18: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

13

3 Trendsport

Die moderne Sportlandschaft verändert sich ständig: Neben traditionellen Sportarten tauchen

immer wieder neue Bewegungsformen auf, was zu einem zunehmend unüberschaubaren

Sportangebot führt. Häufig fällt in diesem Zusammenhang der Begriff „Trendsport“, mit dem

viele neu aufkommende Bewegungspraktiken etikettiert werden.

Auch Slacklinen wird in vielen Presseartikeln bzw. im Internet oft als Trendsport

bezeichnet22. Doch ist es wirklich den Trendsportarten zuzuordnen? Sind bei der noch jungen

Bewegungspraktik Merkmale vorhanden, welche auch für andere klassische und etablierte

Trendsportarten charakteristisch sind? Was macht den Reiz dieser neuen Bewegungsform aus,

die nüchtern betrachtet eigentlich kein Novum darstellt, sondern in ähnlicher Form dem

Seiltanzen auf einem Stahlseil entspricht, welches aber bisher nur dem Akrobaten im Zirkus

vorbehalten war? Was fasziniert immer mehr Menschen am Slacklinen und welche

Bedeutung lässt sich den zahlreichen neu gegründeten, auf Slacklinen spezialisierten kleinen

Unternehmen beimessen? Kann sich Slacklinen tatsächlich etablieren und in den

Trendsportartenkanon einfügen oder verschwindet es bald wieder von der Bildfläche? Diese

Fragen stehen im Fokus der folgenden Ausführungen zum Thema Trendsport.

3.1 Gesellschaftliche Veränderungen und ihre Auswirkungen auf den Sport allgemein

Dieses Unterkapitel beschreibt die in einer Gesellschaft notwendigen Voraussetzungen,

welche zur Wahrnehmung einer Bewegungsform wie Slacklinen führen können. Dabei

werden zunächst gesellschaftliche Veränderungen und ihre Auswirkungen auf den Sport

nachgezeichnet, bevor der Übergang zum Phänomen Trendsport und ein theoretischer

Vergleich mit dem Slacklinen stattfindet.

Im Zeitalter der globalen Transformation moderner Gesellschaften von einer

Industriegesellschaft hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft, unterliegen die

verschiedenen Gesellschaftssysteme in Deutschland einem grundlegenden Wandel. Dieser

Wandel ist einerseits bedingt durch fortschreitende Individualisierung und Globalisierung,

andererseits spielen auch Rationalisierung, Technisierung sowie ökonomische und mediale

Entwicklungen eine Rolle. Ein umfassender Werte- und Strukturwandel ist erkennbar und

findet einen breiten Niederschlag, auch im Bereich der Freizeit und des Sports (vgl. Digel,

2001, S.27-30).

22 http://www.funsporting.de/funsporting+NEWS+Trends+Slacklinen_0238.htm; http://www.soap-box-derby.de/slacklinen-der-neue-trendsport-95.htm;

Page 19: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

14

Das Phänomen Sport hat sich mittlerweile zu einem unverzichtbaren Bestandteil unserer

Alltagskultur entwickelt. Durch den Prozess der Versportlichung unserer Gesellschaft hat der

Sport eine fast einmalige Bedeutung und Beliebtheit erlangt, die sich durch fortschreitende

Ausdifferenzierung auf das gesamte Spektrum des Sports erstrecken, vom Breiten- über

Leistungs- bis hin zum Spitzensport. Der moderne Sport, so wie er in den verschiedenen

Institutionen und Organisationen unserer Gesellschaft verankert ist, konnte sich durch

Differenzierung, Pluralisierung und eine damit einhergehende Komplexitätssteigerung zu

einem Massenphänomen entwickeln (vgl. ebd.). Die Versportlichung unserer Gesellschaft

ging Hand in Hand mit einem Wertewandel, wie Digel (1990, S.659) eindrücklich belegt:

„Die ehemals eher einheitliche Wertestruktur des Sports, die sich in erster Linie

durch Fleiß, Bedürfnisschub, Anstrengung und Leistung in Training und

Wettkampf ausgezeichnet hat, hat sich mit neuen Werten vermischt. Der Sport hat

dabei seine traditionelle Symbolkraft durch eine Hinwendung zu vermehrter

Rationalität und Wissenschaftlichkeit, durch einen offenen finanziellen

Materialismus, und durch eine Hinwendung zum Individualismus und zum

praktischen Hedonismus verloren. Das Prinzip des Fair-Play wird durch eine

Erfolgsideologie unterhöhlt, und an Stelle der Solidarität ist der Eigennutz

getreten. Im Sport ist es zu einer einseitigen Überbetonung der Interessen des

Einzelmenschen und zu einer einseitigen Überbewertung von Lust, Vergnügen

und Genuß gekommen.“

Die im Zitat angesprochene Individualisierung bildet ein wichtiges Merkmal im

Zusammenhang mit dem Wandel im Sport, insbesondere im Trendsport, ab. Der derzeitige

Sportboom wurde vor allem durch das Streben nach Individualisierung ausgelöst. Die

Menschen verfügen über mehr Freizeit, eine höhere Bildung und allgemeinen Wohlstand.

Doch die heutige Arbeitswelt und die traditionelle Sportwelt bieten kaum noch Möglichkeiten

zur freien Entfaltung, die Experimentier- und Risikofreude kann immer weniger ausgelebt

werden. Im Freizeitsport finden sich zwar verschiedene Gelegenheiten zur

Bedürfnisbefriedigung (vgl. Breuer & Sander, 2003, S.39), es ist jedoch eine abnehmende

Bindungswilligkeit der Menschen in ihrer freien Zeit festzustellen, d.h. sie wollen sich nicht

an einen Verein binden und dadurch weitere Regeln befolgen und Verpflichtungen eingehen.

„Aus diesem Grunde bleibt festzuhalten, dass der Organisation des traditionellen Sports heute

eine informell, überwiegend hedonistisch orientierte Sportkultur gegenüber steht“ (Breuer &

Sander, 2003, S.38). Es steht nicht der „Ernst“ im Vordergrund, sondern vorwiegend die

Page 20: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

15

sinnliche Erfahrung, ein spielerisches Erleben und Spontaneität. An die Stelle einer klar

definierten Bindung zum Verein sind wachsende Ich-Bezogenheit und Individualisierung

getreten (vgl. Breuer & Sander, 2003, S.39). Diesbezüglich bietet besonders der Trendsport

aufgrund seiner Vielfältigkeit für jeden Menschen genügend Möglichkeiten zur individuellen

Entfaltung und Freizeitgestaltung.

Auch Slacklinen stellt als junge, aufstrebende Bewegungsform eine Möglichkeit der

individuellen Freizeitgestaltung bereit. Aufgrund der Tatsache, dass bislang kein Verein bzw.

Verband mit Vorschriften bezüglich des Aufbaus einer Slackline-Anlage oder Regeln zum

Slacklinen existiert, können jegliche Vorzüge der freien Entfaltung genutzt werden. Die

Kreativität hinsichtlich der Gestaltung einer Slackline-Session wird positiv gefördert. Es

besteht immer die Möglichkeit, sich einen individuellen „Lieblingsplatz“ zu suchen und sich

für eine Sinnrichtung des Slacklinens zu entscheiden: Ästhetik, Vervollkommnung von

Tricks, Variation der Länge der Slackline oder Verbesserung der Konzentrations- und

Gleichgewichtsfähigkeit. Jeder der sich dem Slacklinen zuwendet, hat die Möglichkeit genau

das zu finden, wonach er sucht. Selbst wenn innerhalb heterogener Gruppen verschiedene

Werte und Ziele beim Slacklinen vorkommen, so können doch mehrere Menschen gemeinsam

Spaß haben. Aspekte der sportlichen Herausforderung sind sowohl sozialen als auch

psychischen Aspekten (wie z.B. der Förderung des sozialen Umgangs, der Gruppendynamik

oder der Konzentrationsfähigkeit) untergeordnet.

Für den Trendsport und dessen Entstehung ist des Weiteren die Globalisierung als zentraler

Aspekt zu erwähnen. Der Trendsport gilt als markantes gesellschaftliches Beispiel globaler

Veränderungsprozesse, wobei der Sport dabei nicht ausschließlich als einfache körperliche

Aktivität, sondern als Bestandteil der Kultur einer Gesellschaft zu betrachten ist (vgl. Stumm,

2004, S.11f).

Die Herausbildung bisher bekannter Trendsportarten wurde durch zwei Phänomene

begünstigt. „Zum einen stellen das IOC (Internationales Olympisches Komitee, Anm. des

Verfassers) und die internationalen Sportverbände im organisierten Sport globale

Entscheidungsträger dar, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zu globalen Organisationen

entwickelt haben“ (Stumm, 2004, S.41). Zum anderen trugen der moderne Freizeitsport und

die Sportartikelindustrie einen entscheidenden Teil dazu bei, dass eine Ausdifferenzierung

und Vielfalt im Sport die Folge war und Trendsportarten in diesem Kontext hervorgebracht

werden konnten (vgl. Stumm, 2004, S.41). „Die ‚Geburtsorte’ zahlreicher innovativer

Bewegungsformen liegen in Kalifornien und haben sich von dort aus in andere Länder

erfolgreich entfaltet“ (Stumm, 2004, S.59) – zur Erinnerung: auch Slacklinen wurde im

Page 21: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

16

Yosemite Valley in Kalifornien erfunden. Dies stellt einen bemerkenswerten Zusammenhang

in diesem Kontext dar und ist für den Sachverhalt der Entstehungsgeschichte des Slacklinens

ein relevanter Ansatzpunkt.

Der Prozess der Globalisierung lässt sich am Beispiel des Slacklinens sehr gut nachzeichnen.

Die Protagonisten in den 80er Jahren waren Amerikaner, der Geburtsort befindet sich

ebenfalls im Bundesstaat Kalifornien. Dort wurde von der Avantgarde der neuen

Bewegungskunst lange Zeit getüftelt, und Slacklinen wurde zunächst nur regional im

Klettercamp im Yosemite Nationalpark betrieben. Im Zuge der Globalisierung erreichte

Slacklinen durch einzelne Anhänger der Sportart bald Europa. Während in Amerika fast

zwanzig Jahre vergingen, bis fertig zusammengestellte und abgestimmte Sets zum Verkauf

angeboten wurden, geschah dies in Deutschland innerhalb von nur fünf Jahren. Das

ursprünglich von den Amerikanern verwendete Material mit Knoten und die herkömmliche

Abspannmethode mit Flaschenzug fanden in den in Deutschland kommerziell vertriebenen

industriellen Sets kaum Beachtung. Bei diesen Sets, welche in Zusammenarbeit mit Seilereien

entwickelt wurden, werden Ursprungsmaterialien durch industrielle Materialien wie Ratschen,

Rundschlingen und Schäkeln ersetzt. Auch beim eigentlichen Medium, dem Band, wich man

auf Industriematerial aus, welches vorwiegend zur Ladungssicherung auf Lastwägen

verwendet wird.

Im Rahmen der Ausdifferenzierung des Sportsystems und seiner Unübersichtlichkeit scheint

Trendsport zu einem Begriff geworden zu sein, der als Synonym für jede neue aufkommende

Bewegungspraktik steht. Dabei wechselt und entwickelt er sein Bild ständig. Die Art des

Sports, die zum jetzigen Zeitpunkt als Trendsport gilt, kann wenige Monate später bereits

wieder aus dem engen Kreis der Trendsportarten verschwunden sein.

Nachdem die gesellschaftlichen Veränderungen zusammengefasst dargestellt wurden, steht

nun eine Untersuchung der Frage an, ob es sich beim Slacklinen um einen neuen Trendsport

handelt, bzw. ob es dazu werden kann. Diesbezüglich wird im Vorfeld auf die Problematik

des Begriffs Trendsport eingegangen und anschließend hinterfragt, ob es sich bei dem Begriff

„Slackline“ um eine Metapher handelt.

Page 22: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

17

3.2 Begriffsproblematik „Trendsport“

Der Begriff des Trendsports stellt im deutschsprachigen Raum eine Besonderheit dar und

subsumiert zugleich eine scheinbar unübersichtliche Vielfalt neuer Bewegungspraktiken. Im

Duden wird dabei von „Sportarten, die im Trend liegen“ gesprochen (Duden, 1999, S.745).

Damit bleibt jedoch weiterhin unklar, was der Begriff Trendsport letztlich umfasst. Die

Schwierigkeit einer Definition des Begriffes Trendsport erwächst aus eben dieser nicht

eindeutigen Festlegung und Eingrenzung des Sports.

Ursprünglich stammt das Wort „Sport“ aus der lateinischen Sprache und entwickelte sich im

Französischen zu (se) de(s)porter, „(sich) zerstreuen“, „(sich) vergnügen“ (vgl. Breuer &

Sander, 2003, S.43). Aus dieser Begrifflichkeit wurde im Englischen das Wort sport, eine

Kurzform von disport („Zerstreuung“, „Vergnügen“). Die deutsche Sprache des 19. und

früheren 20. Jahrhunderts benutzte das Wort „Sport“ „als umfassende Bezeichnung für alle

mit der planmäßigen Körperschulung und mit der körperlichen Betätigung im Wettkampf und

Wettspiel zusammenhängende Belange“ (Breuer & Sander, 2003, S.43). In diesem Kontext

wird Sport auf den modernen Wettkampfsport reduziert, der sich international verbreitete

(vgl. Breuer & Sander, 2003, S.43). Der Sport hat sich jedoch mit der Entstehung des

modernen Freizeitsports ausdifferenziert und damit den organisierten Wettkampfcharakter in

Frage gestellt. Sport wird somit nicht nur im traditionellen Sinne interpretiert, sondern als

körperliche Aktivität angesehen, die als wichtiger Bestandteil der Gesellschaften gilt (vgl.

Stumm, 2004, S.60).

Um der Problematik einer Eingrenzung des Begriffs ‚Sport’ zu begegnen, „wird allgemein

versucht, mit sog. Komposita (Wortzusammensetzungen) den Bewegungsformen eine

bestimmte Bedeutung zu geben, so dass beispielsweise von Wettkampfsport, Freizeitsport,

Breitensport, Gesundheitssport, Extremsport oder eben auch ‚Trendsport’ gesprochen wird“

(Stumm, 2004, S.61).

In diesem Zusammenhang erwächst aus dem Begriff Trend eine weitere Unklarheit, da er für

unterschiedlichste Phänomene verwendet wird (vgl. Wopp, 2006, S.13), zum einen als

Vorhersage (z.B. Wetterprognose), zum anderen als Bezeichnung für neue Entwicklungen

und Produkte. Nach Wopp bezeichnet der Begriff Trend zudem etwas, das in eine bestimmte

Richtung verläuft. Laut Duden wurde er dem Englischen to trend entlehnt und meint dort,

„sich neigend“, „sich erstreckend“ oder „in eine bestimmte Richtung verlaufend“ (zitiert nach

Wopp, 2006, S.14). „Trends sind von Menschen bewirkte Grundrichtungen von

Entwicklungen in der Gesellschaft, durch die Handlungen großer Bevölkerungsgruppen

Page 23: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

18

nachhaltig beeinflusst werden“ (Wopp, 2006, S.14). Wie lang eine Entwicklung bzw. ein

Trend anhält, kann laut Stumm nicht vorhergesagt werden:

„Die Dauer eines Trends bleibt relativ offen. Der Zeitraum richtet sich lediglich

nach statistischen Fakten und kann daher sowohl auf einen Tag (z.B. an der

Börse) oder auf mehrere Monate bzw. Jahre (z.B. Inflation, Arbeitslosigkeit)

bezogen werden und sowohl eine positive als auch negative Konnotation haben“

(Stumm, 2004, S.61).

Der Begriff Trendsport wird dabei generell zur Kennzeichnung von neuartigen und

lifestylegerecht aufbereiteten Bewegungspraktiken verwendet, denen kurz- oder mittelfristig

ein erhebliches Verbreitungspotenzial vorhergesagt werden kann. Schwier verwendet den

Begriff Trendsport „zur Kennzeichnung jener Veränderungstendenzen des Sports, die

(explizit oder implizit) mit bewegungskultureller Erneuerung und Innovation hervorgehen“

(Schwier, 2002, S.18). Trends im Sport sind ferner dadurch gekennzeichnet, dass sie unsere

gewohnten Sportvorstellungen überschreiten und zuvor unbekannte oder vernachlässigte

Auslegungen des menschlichen Sich-Bewegens in den Horizont rücken. Trendsportarten

weisen diesbezüglich den Charakter des ‚Andersseins’ auf und stehen dadurch in Gegensatz

zum traditionellen Sport. In diesem Zusammenhang hat Schildmacher (1998, S.16f) zentrale

Bewegungsrichtungen des Trendsports23 ermittelt:

• Vom Indoor-Sport zur Outdoor-Variante (z.B. Beachvolleyball)

• Vom normierten zum unnormierten Sport (z.B. vom Basketball zum Streetball)

• Vom großen Mannschafts- zum kleinen Gruppensport (Sportspielvarianten)

• Vom geschützten zum risikoreichen Sport (Extrem- und Risikosport)

• Vom verbindlichen zum unverbindlichen Sport (z.B. vom Verein zur Szene)

Stumm (2004, S.65) definiert Trendsportarten folgendermaßen: „Trendsportarten stellen

innovative Bewegungspraktiken dar, die sich von dem klassischen etablierten Sport

(zunächst) abgrenzen und sich in einem mittel- bzw. langfristigen mindestens relativen

Wachstum der Nachfragesteigerung über lokale Grenzen hinweg entfalten.“

Bezug nehmend auf den Begriff „Sportart“ schreibt Wopp hingegen in seinem Handbuch zur

Trendforschung im Sport, dass „Sportarten“ als Wettkampf organisierbar sind, weil sie

eindeutig definierte, messbare Ziele mit einem internationalen Regelwerk haben. Dazu

gehören z.B. alle Disziplinen der Sportfachverbände. Es gibt jedoch Bewegungs- und

23 Schildmachers so genannte „Trends im Sport“ stellen eine weitere Möglichkeit zur Untersuchung von Trendsportarten dar, werden jedoch in dieser Arbeit nicht weiter erläutert.

Page 24: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

19

Spielformen, in denen keine Wettkämpfe durchgeführt werden, die jedoch aus Sicht der

Handelnden als sportlich bezeichnet werden. Dazu gehören z.B. viele Angebote aus dem

Gesundheitssport, wie Nordic Walking oder Rückenschulen. Solche Praxisformen werden als

„Sportformen“ bezeichnet (vgl. Wopp, 2006, S.75). Dieser Sicht folgend ist Slacklinen noch

keine „Sportart“ bzw. „Trendsportart“, sondern eine Sport- bzw. Bewegungsform. Aufgrund

seiner geschichtlichen Entwicklung kann man jedoch, im Unterschied zur Mode, von einem

sportiven Trend sprechen, da es sich über mehrere Jahre im Bewusstsein der Sporttreibenden

verankert und als Praxis etabliert hat (vgl. Schwier, 1998, S.7), aber noch kein einheitliches

Regelwerk besitzt und noch nicht in einem Verein oder Verband organisiert ist. Zum

Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit finden erste Gespräche zur Gründung eines

Slacklineverbandes statt, welcher z.B. Wettkampfregeln aufstellt24. Erste Kooperationen mit

Verbänden anderer Sportarten bestehen bereits. Hierfür lässt sich z.B. aktuell das Engagement

von Harald Dippe nennen, der für den bayerischen Turnverband Slackline-Schnupperkurse

anbietet und regelmäßig Lehrer, Therapeuten, Trainer und Interessierte zum Thema

Slacklinen weiterbildet (vgl. Dippe, 2008).

Im Gegensatz dazu vertreten Slackliner zum Teil die Ansicht, dass durch die Gründung von

Verbänden und Vereinen der „Spirit“ des Slacklinens verloren ginge. Diesen Standpunkt teilt

auch Thomas Huber, Extremkletterer und Hauptdarsteller des Filmes Am Limit: „Weltweit

gibt’s keinen einzigen Club.“ Vereinsmeierei sei den Gleichgewichtskünstlern laut Huber

eher zuwider, die Slackliner seien als „freakige Gesellschaft“ auch in Zukunft nicht an einer

offiziellen Vereinigung interessiert (vgl. Tagesspiegel 07.04.07).

3.3 Trends als Metaphern

Ein Hinweis darauf, dass Trends oft als Metaphern verwendet werden, ist im Handbuch zur

Trendforschung im Sport von Christian Wopp zu finden. Wopp stellt folgende These auf:

„Trends sind häufig sogenannte „Magic Words“ in Form von Metaphern als massive

Verdichtungen von Themen, die im Bewusstsein großer Bevölkerungsgruppen verankert

sind“ (Wopp, 2006, S.22). Es lässt sich die Vermutung aufstellen, dass es sich bei dem

Begriff ‚Slackline’ um ein solches „Magic Word“ handelt. Nimmt man den Wortteil slack

heraus, so kann man ihm eine Mehrdeutigkeit beimessen. Das Nomen slack als Teil des

Wortes ‚Slackline’ bedeutet übersetzt „Durchhang“ (Langenscheidts Taschenwörterbuch,

24 Diskussionsthema mit dem Titel „Slackline-Wettkampf-Regeln“ unter www.slackline.at, 28.08.2008

Page 25: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

20

1990, S.541). Dieser ist gegeben, wenn eine gespannte Line unter der Last ihres Begehers

durchhängt.

Verwendet man den Begriff slack als Adjektiv, so lässt es sich, wie bereits erwähnt, aus dem

Englischen mit „locker“, „lässig“ und „lose“ (Langenscheidts Taschenwörterbuch, 1990,

S.541) übersetzen. Daraus könnte man ableiten, dass dies auch als Synonym für die

Gemeinschaft der Slackliner steht. Der Zeitungsartikel „Lässiger Sport auf lockerem Band“

aus dem Konstanzer Südkurier (2006) gibt durch das Zitat „...und die Stimmung unter den

Slacklinern ‚lässig’“ einen Hinweis darauf25. Heinz Zak sagte in seiner Begrüßung zum „1.

Internationalen Mountain Equipment Slackline-Treffen“: „Das Wichtigste ist, dass wir eine

lässige Zeit miteinander haben“ (vgl. Hempel, 2006). ‚Lässig’ meint in diesem Sinne die

Entspanntheit und Zwanglosigkeit der Gruppierung. Slackliner genießen die Freiheit sich eine

Sinnrichtung des Slacklinens herauszusuchen, spannen ihre Slackline nach Lust und Laune

und genießen das Aufblühen im eigenen Tun. Slacklinen in lockerer, geselliger Runde, in der

es keinen Zwang zur Überbietung der anderen gibt, ist vermutlich ein Lebensstil, durch den

viele Menschen im Alltag abschalten und Abstand gewinnen können.

Interessant erscheint die Tatsache, dass das Verb to slack in die deutsche Sprache mit „locker

werden“ oder „sich lockern“ (Duden Oxford, 1992, S.322) übersetzt wird und metaphorisch

interpretiert eine Aufforderung enthält sich auf der Slackline zu lockern und nicht verkrampft

darauf zu stehen. Diesen Umstand beschreibt Scott Balcom treffend wenn er sagt: „It´s

important to be relaxed. If you relax completely, you would fall off. – Try to relax almost

completely“ (Balcom, 2005, S.58). Auch nach Müller bildet diese Metapher des „sich

lockerns“ bzw. des „Lockerseins“ einen der Grundzüge der Slacklinebewegung ab (vgl.

Müller, 2007, S.12).

4 Ansätze und Modelle zur Zuordnung von Sportarten zum Trendsport

Nach der Einführung ins Slacklinen und der Darstellung der Trendsportproblematik ist nun in

diesem Kapitel anhand typischer Merkmale (Schwier, 1998, 2002) und anhand zweier

klassischer Trendsport-Entwicklungsmodelle (Schwier sowie Lamprecht und Stamm) eine

mögliche Einordnung des Slacklinens in den Kanon der Trendsportarten zu prüfen. Im

Anschluss werden die von Volker Nagel aufgestellten Akzeptanz-Kriterien, welche als Basis

für die im Fragebogen modifizierten Fragen dienen, dargestellt.

25 Im empirischen Teil der Arbeit soll dieser Sachverhalt der „Magic Words“ nochmals aufgegriffen und mittels einer Frage nach drei Adjektiven zur Charakterisierung des Slacklinens weiter verfolgt werden.

Page 26: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

21

4.1 Charakteristische Merkmale von Trendsportarten im Allgemeinen und Slacklinen

im Besonderen

Die Trendsportmerkmale nach Schwier (1998, S.10f und 2002, S.22f) werden im folgenden

Kapitel erläutert und auf Slacklinen angewendet. Schwier weist darauf hin, dass nicht jedes

Merkmal in einer Praxis mitwirken muss, um einen Sport als Trendsport zu charakterisieren.

Darüber hinaus betont er, dass die Merkmale keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben

und dass auch Gegentrends, wie z.B. der Trend zur Entschleunigung, denkbar sind. Schwier

unterscheidet im Wesentlichen sieben Merkmale: Stilisierung, Tempo, Virtuosität,

Extremisierung, Ordalisierung sowie Sampling (vgl. Schwier, 1998, S.10) und Trend zum

Event (ebd. 2002, S.28).

Der ‚Aspekt der Stilisierung’ beschreibt die Tatsache, dass die Ausübung der Sportart oder

der Bewegungsform über das eigentliche Sporttreiben im traditionellen Sinn hinausgeht.

„Man geht eben nicht zum Skaten, sondern man führt – wenn auch als Teilzeitstylist – das

Leben eines Skaters“, so Schwier (1998, S.10). Roy Wiemers beschreibt im Film Elements –

Ein Slackline Abenteuer Slacklinen aus seiner Sicht folgendermaßen: „Ich würde sagen dass

Slacklinen gar kein Sport für mich ist. Es ist eine Steigerung oder ein Gewinn für Dich. Es

gehört einfach zum Leben dazu.“ Sporttreiben an sich wird immer mehr zum

selbstverständlichen Moment eines Lebensstils, wobei die Distinktion26 und der Spaß am

Sich-Unterscheiden, also an der Betonung des Andersseins, eine zentrale Rolle spielen.

Slacklinen kommt somit dem von Schwier festgestellten Bedarf nach Selbstinszenierung und

Differenz in komplexen Gesellschaften entgegen. Das Ausführen einer Bewegungsform wird

zur kulturellen Ausdrucksform, „deren Code von Außenstehenden nicht vollständig zu

dechiffrieren ist“ (Schwier, 1998, S.10). Dabei spielen die Sprache, Dresscodes und Gesten

innerhalb der Szene27 eine wichtige Rolle. Jede Szene und jedes Individuum innerhalb einer

Szene kreiert ihren bzw. seinen eigenen Stil, jede Gruppierung von Slacklinern hat ihre eigene

Sprache. Nur die Angehörigen der jeweiligen Szene wissen, was unter den individuell

festgelegten Bezeichnungen der Tricks zu verstehen ist. Die Freiheit, jeden Trick im eigenen

Jargon auszudrücken, stellt eindeutig eine Stilisierung der Gruppen dar.

Der Aspekt der Kleidung ist für das Stilisierungsmerkmal gesondert zu nennen. Natürlich lebt

man auch das Leben eines Slackliners, die Kleidung ist meist locker, leger und lässig,

vorwiegend Kleidung aus dem Klettersport. Die Ausübung einer Trendsportart wird der

26 „Die Unterscheidung des Subjekts von den anderen“ (Schulze, 2000, S.109). 27 „Eine Szene ist ein Netzwerk von Publika, das aus drei Arten der Ähnlichkeit entsteht: partielle Identität von Personen, von Orten und von Inhalten. Eine Szene hat ihr Stammpublikum, ihre festen Lokalitäten und ihr typisches Erlebnisangebot“ (Schulze, 2000, S.463).

Page 27: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

22

Außenwelt durch entsprechende Kleidung demonstriert. Aus dem Skateboarden in die

Modewelt übertragen sind z.B. die so genannten „Skaterschuhe“, welche kaum ein

Sohlenprofil aufweisen und auch von ‚Nicht-Skatern’ getragen werden. Aus verschiedenen

Trendsportarten haben sich Kleidungsmarken und -stile entwickelt, z.B. aus dem Klettersport

(„Prana“, „Chillaz“, „Monkey“, „Lost Arrow“, „E9“ u.a.), dem Snowboarden („Quicksilver“,

„Zimtstern“, „Roxy“ u.a.), dem Windsurfen („Chiemsee“) und dem Skateboarden („Vans“).

Beim Slacklinen findet zwar bisher keine speziell entwickelte Kleidung Verwendung. Die

Herstellung und der Vertrieb foreninterner und von Slacklineherstellern eigens bedruckter T-

Shirts, Mützen und Hosen können jedoch als erstes Ausdrucksmittel eines Lebensstils und

damit einer Distinktion interpretiert werden. Die Kletterartikelhersteller „Lost Arrow“ und

„Mammut“ haben bereits eine Kollektion mit Slacklinemotiven auf T-Shirts herausgebracht.

Ebenso zu erwähnen sind T-Shirts mit den Aufdrucken bisheriger Slackline-Events. Es bleibt

abzuwarten, ob sich weitere Hersteller, die traditionell im Klettersport beheimatet sind, dem

Slacklinen zuwenden, oder ob sich eventuell ein neuer Industriezweig für speziell entwickelte

Slacklinebekleidung bildet.

Die rege Beteiligung in den Foren zeigt das allgemeine Interesse an diesem jungen Sport und

an einem Austausch. Jeder Slackliner legt Wert darauf, seine „Sportart“ bekannter zu machen.

Man ist von der Form des Sich-Bewegens auf dem schmalen Band überzeugt und versucht,

diese Bewegungsform im Kanon der Sportarten zu etablieren, anstatt eine kleine elitäre

Gruppe zu bleiben, getreu der Aufforderung: „Join Slackline Brothers Inc. in our quest to

bring slackline to the world. Learn just how easy it is to become a member of this unique

sport. You´ll be amazed, and hopefully intrigued enough to try it for yourself“ (Slackline

Brothers Inc., 2006).

Mit dem ‚Aspekt der Virtuosität’ ist Schwier der Ansicht, dass „in gewisser Hinsicht eine

Neuentdeckung der ästhetischen Dimension des Sports“ stattfindet, welche die „traditionelle

Hegemonie des binären Sieg-Niederlage-Codes und die damit verbundene rationale

Leistungsproduktion stilbildend überschreitet“ (vgl. Schwier, 1998, S.11). Das Einüben,

Perfektionieren und Neuerfinden von Tricks stehen im Vordergrund. Die kreative

Auseinandersetzung mit der Bewegungsaufgabe und dem Bewegungserlebnis, verbunden mit

freudigem Experimentieren und spielerischem Verbessern, sind zwei der wichtigsten Anreize,

die Trendsportarten bieten können, wohingegen das Streben nach sportlichem Erfolg

weitgehend nachgeordnet ist.

Page 28: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

23

Schwier vertritt die Ansicht, dass die Virtuosität des Sich-Bewegens bei den jugendlichen

Szenen der Skater, Streetballer, Surfer, Snowboarder, BMXer und Mountainbiker wohl am

auffälligsten akzentuiert ist (vgl. Schwier, 1998, S.11). Hauptsächlich Sportarten wie Snow-

oder Skateboarden, Windsurfen und Wellenreiten haben Bewegungen, die sich immer weiter

perfektionieren lassen, zum Selbstzweck. Auch wenn diesen Sportarten ein relativ leicht zu

erlernendes Bewegungsmuster zugrunde liegt, können sich Freaks von der breiten Masse

durch neue, oft selbst erfundene und besonders schwierige Bewegungsformen abheben. So

genannte Risiko- und Spannungselemente, d.h. Elemente, die nicht nur großen

Trainingsaufwand sondern auch Mut erfordern, erweitern die Bewegungsvielfalt einer

Sportart. Dies können zum Beispiel ‚Halfpipes’ oder Sprünge sein. Diese Elemente dienen

gleichzeitig der Spezialisierung innerhalb einer Trendsportart und ermöglichen somit deren

Ausdifferenzierung. So unterscheiden sich zum Beispiel die Mountainbikefahrer der

Spezialdisziplinen Downhill und Cross Country nicht nur im verwendeten Material, sondern

auch in der Kleidung.

Vergleicht man Slackliner mit Skatern oder Snowboardern, so sind auch hier die

Perfektionierung und Einübung von Tricks ein deutliches Indiz für die zentrale Rolle der

Virtuosität. Beim Slacklinen scheint es vordergründig nicht um ein Überbietungsideal zu

gehen. Slackliner sehen vielmehr das ästhetische Gelingen von Bewegungshandlungen als

eigentlichen Sinn ihrer Balancierkunst. Die korrekte Ausführung von Tricks ohne Sturz von

der Line lässt den Wunsch entstehen, diesen Augenblick immer wieder neu zu erleben. Dies

betrifft nach Ansicht des Verfassers nicht nur Könner, welche im Erlernen neuer Tricks den

eigentlichen Sinn des Slacklinens sehen, sondern auch Anfänger, die das sichere Stehen auf

der Line und das erstmalige Meistern der vorgegebenen Länge als Bewegungshandlung

immer wieder aufsuchen und als reizvoll empfinden. Es ist nicht verwunderlich, dass

Slackliner es als „Sucht“ bezeichnen, ständig ihr Bewegungsrepertoire und ihren

Bewegungshorizont erweitern zu wollen und dadurch zu wiederholtem Aufbau ihrer Slackline

motiviert werden. „Wo dann der erste Schritte ging, das war einfach super und man wollte

immer mehr, länger und höher. Einmal ausprobiert und Suchtgefahr. Ich habe es probiert und

ich musste es immer wieder, das Gefühl ist immer noch da, einfach super“ (Straub, 2008).

Slacklinen bietet somit eine kreative Plattform, welche durch die einzelnen Disziplinen (siehe

Kapitel 2.2) Differenzierungsmöglichkeiten schafft. „If you dream it, you can do it, es gibt

keine Grenze. Slacklinen ist so eine junge Sportart, bei der jeder Slackliner was Neues

erfinden kann“ (Jakob, 2008). Demzufolge sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Angehörige lokaler Szenen unterrichten sich gegenseitig in neuen Bewegungshandlungen,

Page 29: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

24

egoistisches Verhalten wird selten beobachtet28.

Da Slacklinen keine Bewegungen vorschreibt, entwickelt jeder seinen individuellen Stil,

individuelle Techniken und damit eine eigene Persönlichkeit. „Not only is it a good trainer for

other sports, mainly board sports, but it´s also a sport that hasn´t been well-defined in terms of

tricks. You can make your own style“ (Hestra, 2004). Dieses Zitat betont erneut die

Individualisierungstendenz von Trendsportarten im Allgemeinen und Slacklinen im

Besonderen. Lokale Gruppierungen geben ihren Bewegungshandlungen verschiedenste

Bezeichnungen und unterscheiden sich damit von anderen Gruppen. Die so genannten Tricks

und Moves sind häufig aus Amerika, dem Ursprungsland, übernommen worden. Dies spornt

viele Jugendliche an selbst neue Bewegungen zu entwickeln, sodass die Szene fortlaufend

innovative und immer anspruchsvollere Bewegungskunststücke hervorbringt (vgl. Schwier,

2002, S.26). Dies unterstützt wiederum die identitätsstabilisierende und distinktive Funktion

von Trendsportarten. Der Aspekt der Stilisierung und der Virtuosität gehen somit Hand in

Hand.

Abb. 3: Slackliner beim Ausführen von Tricks. (Quelle: www.slackline-tools.de, 2007)

Des Weiteren sind die Aspekte der ‚Extremisierung’ und ‚Ordalisierung’ zu nennen, welche

hauptsächlich mit der Disziplin des Highlinens gleichzusetzen sind. Schwier ist der Ansicht,

dass bei zahlreichen etablierten Trendsportarten der Suche nach dem Extremen, nach der

letzten Grenze und dem ultimativen Limit eine herausragende Rolle zugeschrieben werden

kann. Nach Schwier (1998) muss scheinbar immer wieder ein neues (subjektiv)

unerreichbares Ziel gefunden werden, um sich lebendig zu fühlen, wobei die Intensität immer

wieder wie zuvor erlebt werden muss.

Thomas Jakob erläutert im Film Elements – Ein Slackline Abenteuer (2008) eindrucksvoll:

„Highlinen bedeutet für mich eine extreme Auseinandersetzung mit meinem

Unterbewusstsein. Sich einer psychischen Grenzsituation auszusetzen. Diese Grenze, an die

man sich begibt, jedes Mal wieder zu überschreiten und einfach ruhig zu bleiben.“ Wendet

28 Der verfasser gehört seit Beginn seiner Slacklinekarriere verschiedenen Slackline-Gruppen an und kann dies bestätigen.

Page 30: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

25

man nun das Merkmal der Extremisierung auf die Slacklinedisziplin Highlinen an, so muss

festgestellt werden, dass diese Disziplin bisher von verhältnismäßig wenigen Leuten betrieben

wird. Zwar entdecken immer mehr neue Anhänger dieser Bewegungskunst diese Disziplin als

besonderen Reiz für sich, aufgrund der hohen psychischen Anforderungen wird das Highlinen

nach Meinung des Verfassers jedoch weiterhin nur denjenigen vorbehalten bleiben, die sich

im Aufbau der Line und der Sicherung äußerst kompetent fühlen. Lediglich Workshops

eröffnen auch Neulingen die Möglichkeit, einmal diesen Kick zu erleben.

Die an immer exotischeren Orten aufgebauten Highlines, z.B. die bereits genannte Begehung

zweier Konstanzer Slackliner am Dent du Géant im Mont Blanc Massiv in 4008m Höhe (vgl.

www.slackline-tools.de) und damit Europas höchste Highline, oder die Highline in

Tasmanien am Totem Pole29 sowie die erfolgreiche Überschreitung einer Gletscherspalte,

sind ein weiteres Indiz für das Merkmal der Extremisierung als Trend beim Slacklinen

(speziell für das Highlinen). Besonders abgelegene und sehr ausgesetzte Orte werden

ausgewählt, um sich mit den Lorbeeren des „Erstbegehers“ schmücken zu können.

Abb. 4: Europas höchst gelegene Highlinebegehung am Dent du Géant im Mont Blanc Massiv,

(Quelle: www.slackline-tools.de, 2007)

In enger Verbindung mit dem Trend zur Extremisierung behandelt Schwier den Trend zur

Ordalisierung30. Ein extrem ordalisches Verhalten zeigten Darrin Carter und Dean Potter: sie

begingen unter Einsatz ihres Lebens ungesichert die über dem Yosemite-Tal auf einer Länge

von 15m gespannte Spire-Line, nur um dadurch die Sinnhaftigkeit des eigenen Daseins

29 http://www.bergsteigen.at/de/bericht.aspx?ID=12839 30 „Das Ordal bezeichnete ursprünglich ein Gottesurteil oder ein rituelles Gerichtsverfahren in Stammeskulturen und traditionellen Gesellschaften, bei dem ein Akteur in der Begegnung mit dem Tod seine Unschuld bzw. seine Existenzberechtigung nachweisen sollte“ (Schwier, 1998, S.11).

Page 31: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

26

unmittelbar zu bekräftigen. Ein Schritt daneben, ein kurzer Konzentrationsverlust und die

Extremisten wären 900m tief in den Abgrund gestürzt. Das ungesicherte Überschreiten dieser

Highline lässt sich laut Schwier mit der „Möglichkeit zur Erfindung neuer Extreme“ (1998,

S.11) erklären. Das Merkmal der Ordalisierung in Bezug auf das Highlinen findet sich in

Personen wieder, die sich freiwillig in lebensbedrohliche Situationen begeben (vgl. Schwier,

1998, S.11). „Man setzt sich einer Situation aus, die man hinterher eigentlich genießt, aber

vorher eigentlich fürchtet. Währenddessen bin ich woanders“ (Jakob, 2008). Schildmacher

beschreibt: „Der Körper wird der Psyche unterworfen und das Abtasten der eigenen Grenzen

ist ein Schritt auf der Suche nach Authentizität“ (Schildmacher, 1998, S.18). Charles Tucker

aus Kalifornien, genannt Chongo, Kletterlegende und dritter Begeher der Spire-Line, verriet

den Teilnehmern des „1. Internationalen Mountain Equipment Slackline-Treffens“: „Mit

soviel Luft unter den Füßen hatte ich Angst wie noch nie zuvor in meinem Leben“ (Tucker

zitiert in Hempel, 2006).

Einzig der Aspekt der Extremisierung ist auch im Bereich der Lowlines erkennbar, und zwar

bei der Longline, Jumpline und bei der Trickline. Bei den beiden zuletzt genannten

Disziplinen machen vermutlich der Aspekt der Virtuosität durch das Einüben und

Perfektionieren von Tricks und der Aspekt der Extremisierung den Reiz aus. Immer

spektakulärere Moves werden einstudiert, z.B. „720“ (Doppelschraube um die Längsachse),

Salto vorwärts und rückwärts mit Landung auf der Line (ebenso Varianten mit halben

Drehungen) sowie extrem komplexe Sprungkombinationen. „Es gibt nicht viele, die das so

exzessiv betreiben wie wir das jetzt machen und versuchen, auch was möglich ist ein wenig

raus zu schieben, einfach ein wenig mehr zu machen, mal schauen wo die Grenzen sind“

(Müller, 2008).

Abb. 5: Damian Cooksey, Frontflip beim Event in Scharnitz (Quelle: www.slackline-event.com, 2008)

Bei der Longline geht es im Sinne der Extremisierung eher darum die vorgegebene Länge zu

meistern, wofür sehr ruhiges Gehen erforderlich ist. Ist die Line einmal in Schwingung

Page 32: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

27

geraten, ist es sehr schwierig diese aufgrund ihres Eigengewichts wieder zu beruhigen31. Die

Fähigkeit sich über einen längeren Zeitraum konzentrieren zu können, ist dabei eine

entscheidende Voraussetzung und wird mit zunehmender Länge der Line immer stärker

gefordert. Bezüglich der Länge der gespannten Longlines ist derzeit kein Ende abzusehen.

Wie bereits erwähnt, liegt der Weltrekord zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit bei

einer Länge von über 150m, aufgestellt von Damian Cooksey im Herbst 2007. In

Selbstversuchen erreichte der Verfasser selbst schon bei Längen von 40m trotz langsamem

Gehen Pulswerte von über 150 Schlägen pro Minute – ein Beweis für die große körperliche

und psychische Belastung solcher Begehungen. Besonderes bei dieser Disziplin des

Slacklinens ist in letzter Zeit ist ein regelrechter Wettstreit entstanden. Meistens werden bei

Events spontan so genannte contests32 veranstaltet. Bei der Longline geht es hierbei vorrangig

um das erfolgreiche Begehen einer vorgegebenen Länge, bei Jumplines wurde hierfür

beispielsweise schon von einem highjumpcontest gesprochen. Dabei überwindet man nach

einem Absprung von der Slackline eine Stange in einer bestimmten Höhe, um danach wieder

erfolgreich auf der Slackline zu landen.

Die „Helden“ der Länge und der Höhe weisen Unerfahrene in das Geheimnis des

‚Longlinens’ und des ‚Springens’ ein und geben hilfreiche Tipps. Dies unterstreicht wiederum

die Zusammengehörigkeit der community33, die contests stellen dabei einen friedlichen

Wettbewerb dar. Nichts desto trotz zeigt das Abspannen von immer längeren Lines ein

extremes Verhalten. „Die Extremisierung stellt im Feld des Sports einen dynamischen und

quasi unaufhaltsam fortschreitenden Prozess dar, denn eine sportive Leistung und körperliche

Belastung, die einmal erreicht oder gar überschritten wird, kann nicht mehr als Limit dienen“

(Schwier, 2002, S.27). Nachdem Damian Cooksey im März 2007 einen damals gültigen

Weltrekord von 123,5m Länge aufstellte, wurde er mit der einleitenden Frage interviewt:

„What inspired you to walk the world's longest slackline?“ Auf diese Frage antwortete er:

„Just too to see what my own personal limits were, it's not about breaking other people's

records, it's about finding your own personal limits and going beyond them. Walking a

slackline is an individual experience“ (vgl. Avery, 2007).

Auch auf der Ebene der Lowlines ist obiges Phänomen in ähnlicher Weise präsent: Hat man

beispielsweise eine Länge geschafft, so kann man in gewisser Weise, in Anlehnung an das

Modell von Schwier, durchaus von „Ordalisierung“ sprechen, zwar nicht unter Einsatz des

31 Viele sprechen dabei von so genannten ‚Wellen’ die durch die Line gehen und deren Begehen sehr schwierig gestalten. 32 Kleine Wettkämpfe mit kurzfristig festgelegten Regeln. 33 community: „Gemeinschaft“ (Langenscheidts Taschenwörterbuch, 1990, S.124)

Page 33: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

28

eigenen Lebens, wohl aber unter dem Aspekt der Selbstmeisterung und des kurzfristigen

„Heldseins“.

Abb. 6: Damian Cooksey auf einer 100m langen Line beim Treffen in Scharnitz.

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:100m_slackline_scharnitz1.jpg, 2008)

Der ‚Trend zum Sampling’ bedeutet nach Schwier, dass bereits existierende Sportdisziplinen

und -praktiken aus ihrem angestammten Kontext herausgelöst und neu kombiniert oder sogar

‚re-mixed’ werden. Ganz im Trend dieses Samplings liegen die immer häufiger stattfindenden

Multi-Sport-Events. Interessant ist, dass es nicht zur simplen Addition von Sportarten kommt,

sondern dass eine eigene Symbolik entsteht (z.B. Triathlon) (vgl. Schwier, 1998, S.12).

Der Aspekt des Sampling steht beim Slacklinen für die Mischung verschiedener Sportarten

bzw. Bewegungsformen. Das Balancieren auf der Line greift z.B. Aspekte des Seiltanzens

auf, während das vielfältige Ausprobieren neuer Tricks den Rückgriff auf turnerische

Elemente belegt (z.B. ein Salto vorwärts oder rückwärts als Abgang oder mit Landung auf der

Line). Auch die Kombination von Slacklinen und gleichzeitigem Jonglieren mit Bällen oder

Keulen lässt sich diesem Aspekt zuordnen. Elemente des Yoga oder Thai Chi und die Suche

nach der inneren Mitte rücken Slacklinen in den Bereich der meditativen Bewegungsformen.

In Verbindung mit dem ‚Trend zum Event’ lassen sich die Slackline-Treffen bzw. -Festivals

nennen. Hierbei steht das gemeinsame Spannen und Begehen von Lines im Vordergrund.

Tipps und Tricks zum Aufbau, der Technik und zur Bewegung werden ausgetauscht oder

neue Techniken vorgestellt. Die Tatsache, dass bei Slackline-Events unterschiedlichste Lines

gespannt werden und somit die verschiedensten Disziplinen vertreten sind, lässt weitere

Rückschlüsse auf den Aspekt des Samplings zu. Das Experimentieren mit unterschiedlichen

Längen, Härten, Höhen usw. bietet die Möglichkeit sich ein großes Bewegungsrepertoire

anzueignen und damit Bewegungserfahrung zu sammeln. Die Treffen werden meistens von

lokalen Slacklinegruppen organisiert und mit einem Rahmenprogramm wie

Filmpräsentationen, kleinen Wettbewerben und Live-Bands untermalt mit dem Ziel einen

Page 34: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

29

nach Schwier benannten „Happening-Charakter“ (1998, S.12) zu erzeugen, die junge Sportart

vorzustellen und damit ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen (vgl. ‚Woodstock-Stimmung’

Hempel, 2006). Thomas Jakob (2008) erklärt seine Einstellung zu Slackline-Treffen

folgendermaßen: „Festivals wie das in Landshut sind eine super Möglichkeit andere

Slackliner zu treffen, sich auszutauschen in Bezug auf Material und neue Tricks. Hier trifft

sich eigentlich die ganze Slacklinecommunity.“ Slackline-Events sind ein Beweis dafür, dass

die aktiven Teilnehmer (Sportler) und passiven Zuschauer auf der Suche nach Gemeinschaft

sind und damit die bei großen Sport-Events starre Trennung von Athleten und Zuschauern

aufheben wollen. Das eigene Sich-Bewegen wird mit dem Genuss professioneller

Darbietungen, mit einer Partykultur und mit Produktwerbung verbunden (vgl. Schwier, 2002,

S.28).

Der Eventcharakter von Slackline-Treffen ist häufig von Internationalisierung geprägt. Auf

großen Events werden so genannte „Stargäste“ aus aller Welt begrüßt. Damian Cooksey aus

Amerika, Jan Galek aus Polen aber auch Charles Tucker, genannt „Chongo“, einer der

Urväter des Slacklinens, wurden schon zu Events in Europa eingeladen. Globalistisches

Denken und Austauschen von Erfahrungen sind hierbei die wichtigsten Aspekte der Events

neben dem gemeinsamen Praktizieren der Bewegung und dem gemeinsamen Feiern. In Surf

the Line – Meister im Slacklinen gekrönt beschreibt Harald Dippe (2008) in einer Zeitschrift

des bayerischen Turnverbandes den letzten Event folgendermaßen:

„Genau genommen fanden zwei Meisterschaften statt. Die des Vereinigten

Königreiches - und ein internationaler Vergleich all jener begeisterten Anhänger,

die dafür um die halbe Welt flogen. So fanden die Teilnehmer aus den USA,

Deutschland und Österreich ein grandioses Ambiente und einen perfekt

organisierten Wettkampf vor. ... Wie jung dieser Sport ist, wurde sehr schnell

deutlich: es gibt keine Regeln und keine einheitlichen Sportgeräte. Deshalb

bewerteten die Teilnehmer sich gegenseitig, was reibungslos funktionierte.“

Die Namensgebung des „1. Internationalen Mountain Equipment Slackline-Treffen“ zeigt,

dass der Outdoorartikelhersteller Mountain Equipment die innovative Bewegungsform als

Event-Marketing-Plattform nutzte und gleichzeitig die Aufnahme der neuen Bewegungsform

in seine Produktpalette signalisierte.

Bei Trendsportarten ist ferner zu beobachten, dass derartige Veranstaltungen zum Teil

verschiedene Trendsportarten kombinieren (z.B. Surfen und Inlineskaten, Snow- und

Skateboarden), und eine Nähe dieser Bewegungsformen zu bestimmten Musikrichtungen

Page 35: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

30

bzw. juvenilen Stilen (z.B. Hip-Hop) thematisieren (vgl. Schwier, 2002, S.29). Slacklinen

wird 2008 erstmals im Rahmen zweier Sportevents neben anderen Sportarten vertreten sein:

Zum einen wird beim Surfweltcup 2008 in Österreich neben der Surfaction eine große Urban

Style Area geplant, die als Rahmenprogramm neben „Parcour“, Skaten, Dirt-Biken und

anderen „stylischen“ Sportarten auch eine „Slackline Area“ enthalten soll34. Zum anderen

wird Slacklinen beim „The North Face Ice-Climbing World Cup“ in Saas Fee/Schweiz als

„Side-Event“ vertreten sein35. In Slackline-Shows und Workshops für Anfänger soll

Slacklinen damit tausenden Besuchern präsentiert werden. Diese Art von Eventisierung lässt

vermuten, dass Slacklinen selbst in naher Zukunft zu den dominierenden Trendsportevents

der Sportarten Inlineskaten, Streetball, Snowboarden, Wind- und Kitesurfen und

Beachvolleyball gehören wird. Veranstaltungen dieser Art werden von Sponsoren im

Vergleich zu „herkömmlichen“ Sportveranstaltungen bevorzugt unterstützt, sodass auch

Slacklinen davon profitieren wird (vgl. Schwier, 2002, S.29).

Trendsportarten zeichnen sich nach Schwier (1998, S.10) durch eine enorme

Ausführungsgeschwindigkeit, hohe Aktionsdichte und einen abrupten Wechsel der

Anforderungen aus. Über Geschwindigkeit erreicht der Sportler unter anderem den Ausdruck

eines eigenen, individuellen Stils. Beim Slacklinen ist hier nach Ansicht des Autors eher ein

Gegentrend, der Trend zur Entschleunigung, zu beobachten. Dieser ‚Trend zur

Entschleunigung’ lässt sich mit dem Slacklinen besser in Zusammenhang bringen als der

Trend zur Beschleunigung. Ein konkreter Hinweis ist auf dem amerikanischen Internetauftritt

der Slackline Brothers Inc., die Slacklinen als „moving meditation“ bezeichnen, zu entdecken

(vgl. Slackline Brothers Inc., o.D.). Man erkennt damit deutlich die Fokussierung auf die

langsamen und ruhigen, konzentrierten Bewegungen, die Slacklinen auszeichnen. Ein

weiterer Hinweis für die eher meditative Auslegung der Bewegungskunst findet sich auf der

Website von „Slackline-Yoga“. Dort sind verschiedene Anleitungen zu Yoga-Techniken,

welche auf die Slackline übertragen werden können, aufgeführt. Das Team um Slackline-

Yoga hat eine einleitende DVD mit dem Titel Yogaslackers – Slackasana herausgebracht.

Interessant ist die Tatsache, dass das Merkmal der Extremisierung und die Tendenz zur

Entschleunigung beim Slacklinen nicht als Widerspruch gelten müssen. Greift man nochmals

die Disziplinen Highline und Longline auf, so sind bei beiden Disziplinen Aspekte der

Extremisierung ersichtlich. Jedoch kann diese Art der Extremisierung nur erfolgreich für den

Slackliner verlaufen, wenn eine Entschleunigung stattgefunden hat. Die Entschleunigung

34 Mündliche Mitteilung von Tillmann Müller am 15.02.2008 35 http://www.mountain-life.ch/iwc/index.html, zugriff am 08.05.2008

Page 36: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

31

beschreibt dabei eine „gezielte Verlangsamung einer [sich bisher ständig beschleunigenden]

Entwicklung, einer Tätigkeit o.Ä.“36. Beschleunigung ist inzwischen charakteristisch für viele

Lebensbereiche der Gesellschaft, sodass dieser Trend sehr häufig wieder aufgegriffen wird,

um zur Ruhe zu kommen und wieder zu sich selbst zu finden. Abschalten vom Alltag, die

Seele baumeln lassen, die Hektik des Alltags vergessen – diese Aspekte werden vermutlich

beim Slacklinen auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Seine Gedanken frei machen,

sich nur auf das Wesentliche konzentrieren, dies sind nach Selbstversuchen des Autors

entscheidende Merkmale, die zur erfolgreichen Begehung einer Highline oder einer Longline

beitragen. Demzufolge schließt eine Extremisierung eine Entschleunigung beim Slacklinen

nicht aus.

Zusammenfassend lässt sich Slacklinen nur schwer einem bestimmten Bereich zuordnen.

Einerseits weisen die Tricks und Moves in Richtung Turnen und Akrobatik, andererseits

spiegelt sein meditativer Charakter Elemente des Yoga und Thai Chi wieder, während seine

Dynamik und der Szenestil Ähnlichkeiten zum Skate- und Snowboarden erkennen lassen.

Kann Slacklinen inzwischen als etwas Eigenständiges bezeichnet werden oder gehört es

weiterhin in den Bereich des Klettersports, in dem es seinen Ursprung hat? Fällt es aufgrund

seiner Disziplinen Highline und Longline gar in die Rubrik des Risiko- und Extremsports?

Die theoretische Analyse auf Basis des Merkmalskatalogs nach Jürgen Schwier hat gezeigt,

dass dem Slacklinen alle genannten Merkmale eines Trendsports zugeschrieben werden

können. Erste Indizien sprechen somit dafür, dass es sich beim Slacklinen nach den

erwähnten Gesichtspunkten um einen Trendsport handelt.

4.2 Modelle zur Entwicklung von Trendsportarten

Um den hochkomplexen Vorgang der Entwicklung von Trendsportarten zu untersuchen,

existieren in der Sportwissenschaft verschiedene Modelle, die sich jeweils auf verschiedene

Ebenen beziehen. Für die vorliegende Arbeit soll Slacklinen unter Berücksichtigung zweier

häufig verwendeter Modelle analysiert werden. Hierfür wurde zum einen das Modell aus

kultursemiotischer Perspektive nach Jürgen Schwier gewählt, wonach Trendsportarten

notwendigerweise Produkte sind, die ein aktives Zutun der sozialen Akteure erfordern. Die

Entstehungsgeschichte des Slacklinens steht hierbei im Mittelpunkt der Analyse. Zum

anderen wird das Modell von Lamprecht und Stamm herangezogen, welches auf der

Grundlage der Innovations- und Produktlebenszyklen basiert und ein idealtypisches

36 siehe http://www.duden-suche.de/suche/trefferliste.php, 2008

Page 37: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

32

Entwicklungsmuster von Trendsportarten herausarbeitet. Demzufolge wird mit diesem

Modell das Produkt bzw. „Gerät“ Slackline einer genauen Betrachtung unterzogen.

Im Anschluss werden die Akzeptanz-Kriterien aus dem Hamburger Modell „Netzwerk Inline-

Skating“ von Volker Nagel vorgestellt. Diese Kriterien wurden ursprünglich aus einer

Analyse von Trendsportarten wie Skateboarden, Snowboarden und anderen heraus entwickelt

und auf Inlineskaten angewandt. In modifizierter Form finden diese Kriterien Eingang in den

Fragebogen der empirischen Untersuchung dieser Arbeit.

4.2.1 Phasenmodell nach Schwier

Schwier geht in seinem Phasenmodell zur Entstehung von Trendsportarten davon aus, dass

Entwicklungen im Sport einem ständigen Wechsel von statischen und dynamischen Phasen

unterliegen. Er entwickelt dabei sechs idealtypische Phasen (vgl. Schwier, 1998, S.12f):

1. Phase der Erfindung und/oder Innovation

Am Anfang entdecken meist jugendliche Einzelpersonen oder Gruppen zufällig oder gezielt

eine neue Bewegungsform. Aufgrund ihrer hohen Experimentierfreudigkeit und ihres hohen

Anspruchs zählen häufig jugendliche Szenen zu den Avantgarden bzw. Vorreitern einer neuen

Bewegungsform. Dies stellt gleichzeitig einen idealen Ausgangspunkt für das Hervorbringen

neuer Sportarten oder Disziplinen dar.

2. Phase der Verbreitung im eigenen Milieu

In dieser Phase wird die neue Bewegungsform innerhalb der Szene ausprobiert und durch

spielerische Handlungsprozesse weiterentwickelt. Die „Rohform“ wird somit zu einer

„eigenständigen bewegungskulturellen Ausdrucksform“.

3. Phase der Entdeckung durch etablierte Milieus

Während der schrittweisen Verbreitung der Bewegungsform im eigenen Milieu werden

Trendscouts37 und Trendagenturen auf die neue Bewegungsform aufmerksam. Die neue

Aktivität erhält eine Bezeichnung und wird als Trendhypothese gehandelt.

4. Phase der kulturindustriellen Trendsetzung

Der neue Trendsport wird nun auf seine Vermarktungschancen hin überprüft. Die Industrie

greift ihn auf und „stylt“ ihn gegebenenfalls durch. Über Medien, Werbung und

Eventmarketing zieht er das Interesse einer immer breiteren Öffentlichkeit an. Erste

moralische und gesundheitliche Aspekte werden von Interessierten vorgetragen.

37 Trendscout = jemand, der Trends nachspürt (http://www.duden-suche.de/suche/trefferliste.php, 2008)

Page 38: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

33

5. Phase der Trenddiffusion

Diese Phase ist hauptsächlich dadurch gekennzeichnet, dass sich verschiedene Zielgruppen in

der neuen Trendsportart engagieren. Sie passen den Sport für sich an und integrieren ihn in

den eigenen Lebensstil. Die etablierten Sportarten, die sich von dem neuen Trend unmittelbar

gefährdet sehen, versuchen dem entgegenzuwirken.

6. Phase der Etablierung

In der letzten Phase setzt sich der neue bewegungskulturelle Trend durch oder verliert an

Dynamik, in beiden Fällen verliert er den Charakter des Trends. Es kommt zur Gründung von

Institutionen, Verbänden und Vereinen, der Trendsport wird in die Palette des etablierten

Sports aufgenommen.

4.2.2 Trendsportentwicklung nach Lamprecht und Stamm

Lamprecht und Stamm sprechen verschiedenen Trendsportarten Eigenschaften von Produkten

zu und zählen den Sport „zu den innovationsfreudigsten und wachstumsstärksten Bereichen

unserer Wirtschaft“ (Stamm und Lamprecht, 1997). Dieses Modell beschäftigt sich, angelehnt

an das klassische Modell des Produktlebenszyklus, somit stärker mit den wirtschaftlichen

Aspekten des Trendsports. Außerdem betonen die Autoren: „zu den zentralen Merkmalen von

Trendsportarten [gehört], dass die Verknüpfung neuer Bewegungsformen mit Lebensstil-

elementen, technologisch hoch stehenden Geräten und kommerziellen Vermarktungs-

mechanismen viel enger ist als bei den traditionellen Sportarten“ (Lamprecht und Stamm,

1998, S.371). Damit eine Bewegungsform als Trendsport gelten kann, muss sie zwingend die

Reihenfolge Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und Niedergang durchlaufen haben.

Stamm und Lamprecht verändern das Modell des Produktlebenszyklus, um es den

Besonderheiten einer kulturellen Entwicklung anzupassen und benennen folgende fünf

Phasen:

Page 39: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

34

1. Start- oder Inventionsphase

In dieser Phase wird die eigentliche Idee der Trendsportart geboren. Sehr oft kennt sie

verschiedene ursprüngliche Wurzeln und ist durch die Kreativität verschiedener Personen

geprägt. Es gibt oft verschiedene Mythen über die Geburtsstunde einer Trendsportart, die

durch die ökonomisch Erfolgreichen in ihrem Sinne bearbeitet und verbreitet werden. Sehr

häufig, so Lamprecht und Stamm, handelt es sich bei Trendsportarten um gelungene

Anpassungen herkömmlicher Sportarten.

2. Innovationsphase

In dieser Phase verlässt die Erfindung den engen Kreis der Pioniere und damit die

Geburtstätte, was jedoch nicht in unmittelbarem Anschluss erfolgen muss. Die Erfindung hat

weiterhin starken Pioniercharakter. Tüfteln und Ausprobieren sind hierfür kennzeichnend,

und das Gerät bzw. Produkt ist auf eine kleine Gruppe von Avantgarden beschränkt. Das

Produkt ist zwar noch nicht ausgereift, jedoch kommen erste Kleinserien auf den regionalen

Markt, so Lamprecht und Stamm. Pioniere werden dadurch zu Geschäftsgründern. Die Sport-

und Massenmedien zeigen noch relativ wenig Interesse. Die Bewegungsformen weisen häufig

ein Rebellen-Image auf und bekommen ein Kultpotential zugestanden, das den Übergang von

Phase 2 zu Phase 3 erleichtert.

3. Entfaltung und Wachstum

Die neue Bewegungsform bzw. das neue Produkt zieht die Aufmerksamkeit weiterer Kreise

auf sich und erlebt dadurch ihren bzw. seinen Durchbruch. Dabei erfolgen einerseits

Verbesserungen am Produkt, andererseits steigt dessen Attraktivität durch die Herausbildung

neuer Lebensstilgruppen und Szenen, die sich damit identifizieren können.

Eine gesteigerte Medienpräsenz zum einen und die Verbreitung in Verkaufsregalen zum

anderen lösen einen Konflikt zwischen etablierten und neuen Sportarten aus. Dadurch steigt

vor allem für Jugendliche, die in der neuen Bewegungsform einen Weg zur Distinktion sehen,

wiederum die Attraktivität dieser neuen Bewegungsform. Sie bekommt einen „subkulturellen

Charakter“. Spaß ist mindestens so wichtig wie sportliche Herausforderungen, die Party am

Vorabend gehört dazu, wohingegen systematisches Training, Disziplin und Wettkampf

verpönt sind. Die vorwiegend Jugendlichen beobachten sich selbst und geben sich gegenseitig

Tipps. Lamprecht und Stamm zufolge „hat die Trendsportart als Trend, nicht aber als

Sportart“ am Ende der Phase 3 ihren Höhepunkt erreicht.

Page 40: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

35

4. Reife und Diffusion

Die Phase der Reife und Diffusion ist vor allem durch die Aussicht auf Gewinne geprägt,

welche die industrielle Massenproduktion der Sportgeräte bringen soll. Voraussetzung für das

Erreichen dieser Stufe ist zum einen, dass die Bewegungsform relativ einfach zu erlernen ist,

zum anderen, dass sie ein zukunftsträchtiges Marktpotenzial beinhaltet. Nur dann, so

Lamprecht und Stamm, kann sie den harten Kern der Subkultur verlassen und von sportlichen

Erwachsenen aufgegriffen werden, die sowohl von der Sportart als auch von dem damit

verbundenen Lebensgefühl begeistert sind. Verbunden mit der Verbreitung ist eine

zunehmende Institutionalisierung. Schulen, Vereine, Verbände und häufig auch

Fremdenverkehrsorganisationen greifen den Sport auf, um damit ihre eigene Attraktivität zu

steigern. Zudem wird das Wettkampfwesen professionalisiert und kommerzialisiert. Diese

Veränderungen werden von der ursprünglichen Szene als Verlust des Speziellen und

Unkonventionellen aufgefasst, bringen aber häufig großen finanziellen Erfolg für

professionelle Sportler mit sich.

5. Sättigung (und Niedergang)

Die Sportart hat nun einen derart hohen Grad an Institutionalisierung und Ausdifferenzierung

erreicht, dass sie sich kaum noch von traditionellen Sportarten unterscheidet. Sie ist in feste

Verbandsstrukturen eingebettet und in verschiedene Segmente aufgeteilt, so dass

unterschiedlichste Zielgruppen sie ausüben können. Im Wettkampfsport hat die Sportart einen

hohen Professionalisierungs- und Kommerzialisierungsgrad erreicht und ist damit zum

Bestandteil der Olympischen Spiele geworden. Als Normalsportart hat sie nun ihren

Kultcharakter verloren und tritt in Konkurrenz zu einem breiten Sportangebot.

Die Autoren betonen, dass ihr Modell nicht der Entwicklung aller Trendsportarten gerecht

werden und dass eine Sportart, die sich nicht in dieses Modell einpassen lässt, trotzdem

Trendsportart sein könne. Sie verweisen aber darauf, dass eine „Trendsportart im engeren

Sinne [...] zumindest die Phasen 1 bis zum Anfang der Phase 4 durchlaufen“ haben muss, um

als solche zu gelten. Zudem tauchen in den letzten Jahren verstärkt „neue“ Bewegungsformen

auf, die als Trendsportarten tituliert werden. Diese sind häufig nicht aus einer Szene

erwachsen, sondern vielmehr von Marketingfachleuten konzipiert worden. Als Beispiele

werden Carving-Ski, Big-Foots und Wakeboard genannt. Lamprecht und Stamm zufolge

scheint es zurzeit einen Trend zur „Schein-Innovation“ zu geben. Sie betonen die

Notwendigkeit der Unterscheidung von „echten“ Trendsportarten, Randsportarten und

„kommerzialisierten Scheintrends“. Danach bewegen sich Randsportarten häufig in den ersten

Page 41: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

36

Phasen des Modells, wohingegen Scheintrends eher die letzten Phasen des Modells

durchlaufen, was zu einer hohen Verbreitung und einem beschleunigten Wachstum einer

Sportart führt. Wenn diese These den Tatsachen entspricht, müsste es in der Folge tatsächlich

zu einer Phase des Niedergangs kommen, da die eigentliche Szene fehlt, welche eine

bestimmte Sportart auf einem gewissen Niveau stabilisiert.

Abb. 7: Phasen der Entwicklung von Trendsportarten

Page 42: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

37

4.2.3 Akzeptanz – Kriterien nach Volker Nagel

Die Akzeptanz-Kriterien nach Volker Nagel wurden anhand einer vergleichenden Analyse

verschiedener Trendsportarten bzw. Mode-Sportgeräte entwickelt und auf Inlineskaten

angewendet. Die Fragen lauten im Einzelnen (1998, dvs Informationen 13, S.27):

1. Wie schnell lässt sich die Beherrschung des neuen Gerätes/der neuen Bewegungsform

erlernen?

2. Wie schnell erschließen sich positive Bewegungserlebnisse? Ist ein hohes Potential an

positiven Bewegungssensationen gegeben?

3. Gibt es größere, weit verbreitete, etablierte Sportarten bzw. Sportartengruppen, die in

enger Verwandtschaft zum neuen Gerät/zur neuen Bewegungsform liegen?

4. Ergeben die mit dem neuen Gerät/der neuen Bewegungsform möglichen Aktivitäten ein

äußerlich attraktives, den dominierenden Zeitgeist verkörperndes Bild (Werbesprache:

dynamisch, ungebunden, easy, ...)?

5. Ist das neue Gerät/die neue Bewegungsform „bequem“ und spontan nutzbar? Ist es/sie

wohnortnah einsetzbar und ortsunabhängig? Wie steht es mit der Handhabbarkeit und

dem finanziellen Aufwand?

6. Ist das neue Gerät auch dauerhaft interessant und reizvoll? Birgt es vielfältige

Bewegungs- und Erlebnismöglichkeiten in sich?

7. Ist das Gerät/die Bewegungsform positiv für gemeinsame Aktivität für Paare oder in

heterogenen Gruppen?

Eine Anwendung dieser Fragen auf Slacklinen erscheint als sinnvoll, da sie eine Aussage über

die weitere Verbreitung dieser Bewegungsform ermöglichen. Um dies zu überprüfen werden

die Fragen modifiziert und direkt in die explorative Umfrage übernommen. Beim Slacklinen

könnte es sich um einen Trendsport handeln, sofern die Ergebnisse der Fragen zu den

Akzeptanz-Kriterien im positiven Bereich liegen.

Page 43: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

38

5 Problemstellung

Der theoretische Teil dieser Arbeit gibt einen Überblick über die historische Entwicklung des

Slacklinens und die Problematik der Begrifflichkeit „Trendsport“. Drei bedeutsame Ansätze

aus sportwissenschaftlicher Sicht wurden im weiteren Verlauf dieser Arbeit nachgezeichnet,

wobei sich hinter jedem „Modell“ ein anderer Zugang verbirgt. Aus eben diesem Sachverhalt

lässt sich die genannte Problematik um die mögliche Zugehörigkeit einer Bewegungspraktik

zum Trendsport begründen. Dies bedeutet, dass nur bedingt feststellbar ist, wann eine

Bewegungspraktik im Allgemeinen und Slacklinen im Besonderen zum Kanon des

Trendsports gehört bzw. wann es diesen Kreis wieder verlässt und dem etablierten Sport

zuzuschreiben ist. Somit können in diesem Zusammenhang sowohl Slacklinen als auch

andere neu aufkommende Bewegungspraktiken immer nur unter Bezugnahme zum jeweils

angewendeten Modell bzw. zur verwendeten Herangehensweise den Trendsportarten

zugeschrieben werden oder nicht.

Aufgrund der soeben formulierten und konkretisierten Problemstellung lassen sich im

Folgenden 3 Hypothesen als Grundlage für die Untersuchung aufstellen:

Anhand der Merkmale nach Jürgen Schwier lässt sich die Zugehörigkeit einer neu

aufkommenden Bewegungsform zum Trendsport erklären. Demnach kann dieser

Merkmalskatalog auch auf Slacklinen angewendet werden.

H1: Slacklinen ist aufgrund des Merkmalskatalogs nach Jürgen Schwier ein Trendsport.

Anhand des Phasenmodells nach Schwier bzw. Lamprecht und Stamm lassen sich

Trendsportarten dadurch klassifizieren, dass sie bestimmte Phasen der Entwicklung (siehe

Kapitel 4.2.1 und 4.2.2) durchlaufen haben.

H2-1: Nach dem Phasenmodell von Jürgen Schwier ist Slacklinen ein Trendsport.

H2-2: Nach dem Phasenmodell von Markus Lamprecht und Hanspeter Stamm ist Slacklinen

ein Trendsport.

Die Akzeptanz-Kriterien nach Volker Nagel lassen sich modifiziert in der empirischen

Untersuchung auf das Slacklinen anwenden um eine Prognose für eine weitere Verbreitung

des Slacklinens geben zu können.

H3: Slacklinen wird sich aufgrund des positiven Befundes bezüglich der Akzeptanz-Kriterien

nach Volker Nagel weiter verbreiten können und ist somit ein Trendsport.

H1 und H3 werden mittels empirischer Untersuchung überprüft, während H2-1 und H2-2 im

folgenden Kapitel diskutiert werden.

Page 44: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

39

5.1 Anwendung des Modells von Schwier auf Slacklinen

Vergleicht man nun Slacklinen aus kultureller Sicht mit den einzelnen Phasen, so lässt sich

die Phase der Erfindung mit der Nutzung der „modernen“ Slackline als Trainingsgerät von

Adam Grosowski und Jeff Ellington gleichsetzen. Sieht man von der Nutzung der slackchain

in den Siebzigern ab, so ist die Phase der Etablierung im eigenen Milieu damit gleichzusetzen,

dass Balcom vom Zeitpunkt seiner Beobachtung ab ein Band zum Balancieren zwischen den

Bäumen spannte. Der damalige Zeitraum stand unter dem Motto des Ausprobierens und

Tüftelns mit dem Ziel, das Sportgerät technisch zu verbessern. Die Gruppe um Scott Balcom

kann somit als erste Subkultur verstanden werden.

Durch die Aufenthalte im Camp Four und die Erstbegehung der Lost Arrow Spire Line von

Balcom, sowie die weiteren Begehungen von Darrin Carter (1993) und Chongo (1994 und

1995) wurden auch andere Kletterer auf diese neue Aktivität aufmerksam. Slacklinen

verbreitete sich damals, in der Phase der Entdeckung durch etablierte Milieus, jedoch nur

langsam in der dortigen Szene. Seine Anhänger waren damit beschäftigt, Slacklinen weiterhin

zu verfeinern, neue Tricks zu entdecken und die Bewegungsform als Zeitvertreib unter

Gleichgesinnten zu nutzen.

Da das Yosemite Valley als Mekka des Klettersports galt und auch heute nichts von seiner

Anziehungskraft verloren hat, begaben sich neben Kaliforniern Kletterbegeisterte aus aller

Welt dort hin, um an den Big Walls38 zu klettern. So auch der bereits erwähnte Heinz Zak,

Extremkletterer aus Österreich, welcher heute als Pionier in Sachen Slacklinen gilt. Er brachte

Slacklinen nach Europa – und somit auf einen anderen Kontinent und in eine andere Kultur

(vgl. Hempel, 2006). Die Jahre bis zum ersten Slackline-Treffen 2006 (vgl. Kapitel 2.1)

waren hier zu Lande weiterhin dadurch geprägt, dass diese Bewegungspraxis lediglich von

Kletterern ausgeübt wurde. Erst durch Zaks Engagement im Hinblick auf die Veranstaltung

des „1. Internationalen Mountain Equipment Slackline-Treffens“, ist in Europa von einer

Phase der kulturindustriellen Trendsetzung zu sprechen.

Das Sportkaufhaus Schuster in München engagierte im Juni 2006 zu seiner Eröffnung Heinz

Zak dafür, eine Highline über die Rosenstraße vom mehrstöckigen Verkaufshauses zur

anderen Straßenseite zu begehen und mit der Aufmerksamkeit erregenden Aktion für das

Kaufhaus zu werben.

38 Big Walls stellen sehr lange Kletterrouten dar. Die Nose am El Capitan gilt z.B. als solch eine Big Wall. Hierbei sind fast 1000 Höhenmeter zu bezwingen.

Page 45: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

40

Abb. 8: Balanceakt über den Dächern von München. Heinz Zak auf einer Highline bei der Neueröffnung von

"Sport Schuster" in der Rosenstraße in München (Quelle: www.alpin.de, 2008)

Der stetige Anstieg der Zahl der Slackliner ist wohl auch auf derartige werbewirksame

Aktionen Einzelner zurückzuführen. Jedes Land weist eine eigene community im Internet mit

Foren auf, in denen ein reger Austausch stattfindet.

Andere Sportarten sehen im Slacklinen an sich keine Gefährdung, lediglich in der

Eventisierung und im Betreiben der Bewegungsform durch viele Protagonisten. Bereits

durchgeführte Kurse und Workshops haben möglicherweise dazu beigetragen, dass Slacklinen

immer mehr Anhänger fand, die nicht der Kletterszene entstammen und Slacklinen trotzdem

für ihren Lebensstilkontext als geeignet empfinden. Seit Mitte 2007 wurden bereits erste

Medienagenturen für professionelle Filmbearbeitungen engagiert und im April 2008 erschien

der Film Elements - Ein Slackline Abenteuer auf DVD. Die Unterstützung des

Outdoorartikelherstellers Mountain Equipment und des Kaufhauses Sport Schuster aus

München erfolgte gezielt zu Zwecken des Eventmarketings. Die Medien greifen inzwischen

das Thema auf, berichten in den verschiedensten Fitness-, Outdoor- und Klettermagazinen

darüber und produzierten bereits erste Kurzfilme für Fernsehreportagen.

Wie die Anwendung des Modells von Schwier zeigt, kann Slacklinen historisch betrachtet

sehr gut in die verschiedenen Phasen eingegliedert werden. Es befindet sich zum Zeitpunkt

dieser Arbeit etwa im Übergang von der vierten (Phase der kulturindustriellen Trendsetzung)

zur fünften Phase (Phase der Trenddiffusion). Somit kann H2-1 (Nach dem Phasenmodell von

Jürgen Schwier ist Slacklinen ein Trendsport) bestätigt werden.

5.2 Anwendung des Modells von Lamprecht und Stamm auf Slacklinen

Um die Slackline als Gerät in Zusammenhang mit dem Modell von Lamprecht und Stamm zu

bringen und eine Beurteilung der aktuellen Entwicklungsphase vorzunehmen, setzt der

Verfasser die Phase der Invention mit der Nutzung der Slackline aus Trainingszwecken von

Adam Grosowski und Jeff Ellington gleich. Diese beiden jungen Männer verwendeten

Page 46: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

41

Bandmaterial aus dem Klettersport und nutzten zum Spannen eine selbst entwickelte

Flaschenzugvariante, die noch heute den Namen des Erfinders trägt und deshalb kurz

„Ellington“ genannt wird.

Die Innovationsphase kann in Bezug auf Slacklinen dem Zeitpunkt des Ausprobierens und

Tüftelns um die Gruppe von Scott Balcom zugeschrieben werden. Slacklinen verlässt damit

seine eigentliche Geburtsstätte. Durch die Gründung von Slackline Brothers Inc. und dem

damit verbundenen „Slackline Brothers Tightening System!“ durch Ric Piegh kommt eine

erste Kleinserie auf den (regionalen) Markt. Sofern der neue Sport bestehende Infrastrukturen

nutzt, führen in dieser Phase Konflikte mit etablierten Sportarten häufig dazu, dass sich ein

Rebellen-Image und Kultpotenzial um diesen neuen Sport aufbaut, das die Entwicklung

weiter vorantreibt und somit den Einstieg in die dritte Phase ermöglicht. Die Autoren heben

hervor, dass die Nutzung einer bestehenden Infrastruktur absolut notwendig für das Erreichen

der nächsten Stufe ist, da sich die Sportart ansonsten nicht weiterentwickeln wird.

In der Phase der Entfaltung und des Wachstum schaffte Slacklinen durch die Zunahme der

Anhängerzahl den Durchbruch. Die Einrichtung von Foren zeigt, dass die Anhänger der

Bewegungskunst sich zusammenschließen, sich als community sehen, sich austauschen und

gemeinsame Treffen organisieren. Der Aspekt des Tüftelns bezüglich der verwendeten

Materialien und Abspannsysteme steht dabei im Vordergrund. Slacklinen ist damit noch nicht

als neue Sportart, sondern eher als kulturelle Bewegung zu verstehen. Hierbei ist auch eine

Überschneidung mit dem Modell von Schwier zu erkennen, da Lamprecht und Stamm das

Modell des Produktlebenszyklus um die Besonderheiten einer kulturellen Entwicklung

veränderten. Mit dem größeren Interesse am Slacklinen wuchs die Nachfrage nach

entsprechender Literatur zu diesem Thema. Scott Balcom, der Erfinder des Slacklinens,

veröffentlichte 2004 sein Buch Walk the Line. Im selben Jahr gründete er die Firma

Slackdaddy und bietet seitdem ein Slackline-Set zum Verkauf an. Damit entwickelte sich der

subkulturelle Charakter. Es etablierten sich kleine Unternehmen am Markt mit eigenen

Vertriebswegen abseits der traditionellen Vermarktung.

In der nächsten Phase, der Phase der Reife und Diffusion, wurden die etablierte

Sportindustrie, die Massenmedien und damit auch die branchenfremde Industrie, die den

neuen Sport als Imageträger für ihre Produkte gewinnen will, auf Slacklinen aufmerksam. In

Europa steht das Engagement von Heinz Zak für diese Phase. Die ersten käuflich erwerbbaren

Sets und die Eröffnung des „1. Internationalen Mountain Equipment Slackline-Treffens“ sind

Anzeichen der Phase der kulturindustriellen Trendsetzung. Der Sport wurde von der Industrie

aufgegriffen und modifiziert. Erstmals konnte man ein fertig zusammengestelltes Set in

Page 47: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

42

Europa kaufen. Damit war Mountain Equipment die erste Firma, die Slacklinen in ihre

Produktpalette integrierte und versuchte, durch die Zusammenarbeit mit dem Sporthaus

Schuster in München und der Finanzierung des ersten Festivals ihr Image zu verbessern und

sich einen Namen zu machen. Seit diesem Event konnte die Bewegungsform den harten Kern

der Subkultur verlassen und in Slackline-Workshops von sportlichen Erwachsenen

aufgegriffen werden. Durch weitere Events im Jahre 2007 und den Versuch eines

Slacklinewettkampfes wuchs der Wunsch einiger Anhänger nach einem Verband, was eine

zunehmende Institutionalisierung vermuten lässt.

Von einer Phase der Sättigung und des Niedergangs kann bis dato noch nicht gesprochen

werden, da bisher eine Institutionalisierung und eine verbreitete Kommerzialisierung fehlen.

Diese Analyse belegt, dass Slacklinen sich nach dem Modell von Lamprecht und Stamm

zwischen der dritten und vierten Phase befindet. Kleine neu gegründete Unternehmen sind

stets bemüht, die käuflichen Slackline-Sets mit neueren Erfindungen zu optimieren.

Slacklinen soll durch den einfachen Aufbau eines Sets jedem zugänglich gemacht werden.

Die hohen Besucherzahlen von Slackline-Events und -Kursen liefern ein weiteres Indiz für

die dritte Phase. Lediglich der Aspekt wachsenden Interesses an der Gründung eines

Slackline-Verbandes zur Ausrichtung von Wettkämpfen unter einheitlichem Regelwerk gibt

einen Hinweis darauf, dass sich Slacklinen im Übergang von der dritten zur vierten Phase

befindet.

Gemäß dieser theoretischen Analyse nach dem Modell von Lamprecht und Stamm hat

Slacklinen sämtliche einen „echten“ Trendsport konstituierende Phasen (1-3 bzw. Anfang 4)

nach Lamprecht und Stamm durchlaufen. Slacklinen entstand nicht aufgrund einer Marketing-

Idee (vgl. „Schein-Innovation“), sondern besitzt einen kulturellen Hintergrund und

entwickelte sich in einer kleinen lokalen Szene über Jahre hinweg. Slackliner sind stets daran

interessiert den Bekanntheitsgrad der Bewegungsform zu steigern, nicht aus wirtschaftlichem

Interesse, sondern aufgrund ihrer Philosophie, die positiven Bewegungserlebnisse auf der

Line auch anderen zugänglich zu machen und zu teilen. Hypothese H2-2 (Nach dem

Phasenmodell von Markus Lamprecht und Hanspeter Stamm ist Slacklinen ein Trendsport)

kann somit als bestätigt gelten.

Nach der detaillierten Analyse des Slacklinens in den vorausgegangenen Kapiteln lässt es sich

in Bezug auf die aufgeführten Modelle kaum anzweifeln, dass es sich beim Slacklinen um

einen echten Trendsport handelt. Dafür liefert sowohl die theoretische Analyse des

Merkmalskatalogs nach Jürgen Schwier als auch die Untersuchung des Entwicklungsstandes

nach Schwier sowie Lamprecht und Stamm eindeutige Beweise.

Page 48: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

43

6 Untersuchungsdesign

Für den empirischen Teil dieser Arbeit wurde eine Befragung unter Slacklinern mittels

Onlineversand eines Fragebogens durchgeführt. Der in Frage kommende Personenkreis ist auf

Slackliner in Deutschland und Österreich limitiert. Da über diese Grundgesamtheit bisher

kaum Datenmaterial vorhanden ist, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine explorative

Erhebung durchgeführt. Im Vorfeld konnte nicht eindeutig ermittelt werden, wie viele

Slackliner im deutschsprachigen Raum aktiv diese Bewegungsform ausüben und den

Fragebogen erhalten werden. Aus diesem Grund wurde dieses Verfahren als geeignet

eingestuft, um möglichst viele aktive Slackliner zu erreichen und so ein präzises Bild des

Slacklinesports und seiner Anhänger zu zeichnen.

6.1 Explorative Umfrage zum Slacklinen im deutschsprachigen Raum

Der für die Untersuchung verwendete Fragebogen wurde unter Microsoft Word (Office 2004

für Mac) in Form eines Formulars erstellt, welches ein direktes und einfaches Ausfüllen am

Computer ermöglicht. Der Fragebogen wurde in deutschsprachigen Slackline-Foren39, in

bestehenden Gruppen des studiVZ Ltd.40 und bei Freunden aus der Slacklineszene publik

gemacht.

Der Fragebogen untergliedert sich in einen Einstieg, einen Bereich Trendsport und einen

soziodemographischen Teil. Der Einstieg soll Interesse wecken und zusätzlich erste Fakten

über die Art und Weise der Ausübung der Bewegungsform erfragen. So werden das Wissen

und verschiedene Meinungen der Befragten bezüglich Slacklinen ermittelt (Fragen 1-4, 6-9,

14-15 und 31-33). Der Kern des Fragebogens bezieht sich auf den Bereich Trendsport. Es

werden einerseits die Merkmale nach Jürgen Schwier abgefragt (Frage 5, 10-13 und 16-20),

andererseits werden mit modifizierten Fragen (21-30) die Akzeptanz-Kriterien nach Volker

Nagel analysiert. Ein soziodemographischer Teil schließt den Fragebogen ab (Frage 34 – 40).

In einem Begleitschreiben wurden der Hintergrund der Arbeit kurz skizziert, die Anonymität

sowie der Datenschutz betont und Hinweise zur Beantwortung und Versand des Fragebogens

gegeben.

39 http://www.slackline.at und http://www.slackliner.de 40 Eine Austausch-Plattform mit mehr als 8 Millionen Mitgliedern. Für Slacklinen standen 10 verschiedene Gruppen zur Verfügung.

Page 49: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

44

6.2 Durchführung der Befragung und Auswertung

Die Studie wurde im Jahr 2008 durchgeführt, die Pretest-Phase begann Anfang Februar 2008.

Ausgewählte Slackliner der Szene erhielten den Fragebogen, welcher nach einigen Feedback-

Gesprächen modifiziert und optimiert wurde. Die eigentliche Testphase begann am 19.

Februar 2008 und endete mit einem spätesten Rücklaufdatum am 15. März. Der Autor dieser

Arbeit erhielt 102 verwertbare Fragebögen an die eigens dafür eingerichtete E-Mailadresse –

[email protected] – zurück.

Die Auswertung des statistischen Datenmaterials erfolgte mit Hilfe des Tabellen-

kalkulationsprogrammes Microsoft Excel (Office 2004 für Mac). Dabei wurden zunächst für

jede Frage Variablen definiert, mögliche Antworten codiert und in eine Datenmatrix

übertragen. Daraus diesen wurden im Anschluss anschauliche Diagramme, Tabellen und

Häufigkeitsverteilungen erstellt. Bei der offenen Fragestellung für Frage 14 und den häufig

vorkommenden Hybridfragen, die im zweiten Teil das „Warum“ hinterfragen, wurden die

gewonnenen Antworten mit Hilfe von Microsoft Excel (Office 2004 für Mac) zunächst in

Tabellenform erfasst, nach ihrer Häufigkeit geordnet und in übergeordnete Gruppen

klassifiziert. Anschließend wurden die gewonnenen Kategorien für die Darstellung von

Abbildungen und Tabellen verwendet.

6.3 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse

Bei der Interpretation der Ergebnisse werden die Ergebnisse bestimmter Fragen einzeln

dargestellt und im Anschluss interpretiert. In ausgewählten Fällen wie z.B. bei thematisch in

Verbindung stehenden Fragen erfolgt eine zusammenfassende Interpretation, um auf

mögliche Zusammenhänge zu verweisen. Um eine Häufigkeitsverteilung bei Fragen mit

Mehrfachantwortmöglichkeiten zu erhalten, wurde ausgehend von der Gesamtanzahl (n) der

Befragten (n) die Zahl derjenigen Personen abgezogen, die keine Angaben machten („missing

values“). Dies ergibt die Zahl der „valid cases“ (VC). Darauf hin wurde die Zahl der

Antworten insgesamt („total responses“ = TR) ermittelt. Die angegebene Prozentzahl bezieht

sich auf die TR in Bezug auf die VC. Daraus ergibt sich eine Gesamtsumme von 100%.

Bei der nachfolgenden Auswertung der Ergebnisse wird mit der Darstellung der

soziodemographischen Daten (letzter Abschnitt des Fragebogens) begonnen (Kapitel 6.3.1).

Die einleitenden Fragen bezüglich Zugang zum und Ausübung des Slacklinens werden

anschließend ausgewertet (Kapitel 6.3.2). In Kapitel 6.3.3 folgen Fragen zum

Hintergrundwissen der Teilnehmer zum Thema (1-4, 6-9). Anschließend wird der Kernteil

Page 50: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

45

des Fragebogens (Frage 5, 10-13 und 16-20) behandelt: Trendsportmerkmale nach Jürgen

Schwier und modifizierte Akzeptanz-Kriterien nach Volker Nagel (Kapitel 6.3.4 und 6.3.5).

Abschließend erfolgt die Analyse der Funktionsfragen41.

6.3.1 Soziodemographische Merkmale

In diesem Kapitel werden Fragen zu Geschlecht und Alter, sowie weitere Fragen zum

Slacklinen allgemein (Häufigkeit, Könnensstand, Highlinebegehung, Interesse an

regelmäßigem Training und Teilnahme an einem Wettkampf) aufgeführt.

Darstellung der Ergebnisse

Aus Abbildung 9 ist die Altersstruktur der Umfrageteilnehmer zu entnehmen. Den größten

Anteil stellen die 19- bis 24-jährigen mit 37,3% und die 25- bis 29-jährigen Slackliner mit

34,3%. Das Durchschnittsalter der insgesamt 71 männlichen Teilnehmer beträgt 26 Jahre, das

der 31 Slacklinerinnen ebenfalls. 70% aller Slackliner aus der Studie sind männlich, 30%

weiblich (vgl. Abb. 10).

Abb. 9: Altersverteilung der Slackliner aus der Studie

Abb. 10: Geschlechterverteilung der Slackliner aus der Studie

41 Diese dienen der Überleitung in andere Fragekomplexe, bzw. lassen sich nicht in einen bestimmten Bereich einordnen.

Page 51: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

46

Aus Tabelle 1 lässt sich ablesen, dass die meisten Slackliner seit einem halben bis ganzen

Jahr (38,2%) oder ein bis zwei Jahren (33,3%) die Bewegungsform ausüben. Im Durchschnitt

gaben 14,7% an über eine mehr als 2-jährige Slacklineerfahrung zu verfügen.

Bei der offenen Fragestellung, nach der Dauer des Slacklinens pro Woche, fällt auf, dass

Männer mehr Zeit dafür aufwenden als Frauen. Circa ein Viertel (26,8%) der männlichen

Befragten üben zwischen zwei und vier Stunden, mehr als ein Drittel (39,4%) über vier

Stunden pro Woche, wohingegen umgekehrt mehr als ein Drittel der Slacklinerinnen weniger

als 1 Stunde Übungszeit pro Woche angeben (vgl. Tab. 2). Ein Viertel der Frauen üben die

Bewegungskunst zwischen einer und zwei Stunden aus.

Bezüglich des Könnensgrades (vgl. Tab. 3) sehen sich 21,1% der Männer und mehr als die

Hälfte der Frauen (51,6%) als Anfänger. Am häufigsten bezeichnen sich die Slackliner als

Fortgeschrittene. Lediglich ein kleiner Anteil der Männer sieht sich als Profi im Slacklinen.

Eine Highline haben bereits 39,2% der Umfrageteilnehmer begangen, 46,5% der Männer und

22,6% der Frauen (vgl. Tab. 4). Tabelle 5 zeigt, dass 60,8% der Befragten Lust an

regelmäßigem Training haben, wobei der Anteil der Frauen geringfügig größer ist.

Von beiden Geschlechtern wird die Frage „Hättest Du Lust an einem Wettkampf

teilzunehmen?“ nahezu gleich mit einem Gesamtdurchschnitt von 89,2% verneint. Ergänzend

wird der Könnensstand in Bezug zum Interesse an einem Wettkampf gesetzt, wobei deutliche

Meinungsunterschiede zwischen den Könnensstadien festzustellen sind.

Tab. 1: Angaben der Slacklineerfahrung in Jahren

Jahre Gesamt Männlich Weiblich

Weniger als halbes 13,7% 11,3% 19,4%

Halbes bis ganzes 38,2% 35,2% 45,2%

Ein bis zwei 33,3% 36,6% 25,8%

Mehr als zwei 14,7% 16,9% 9,7%

Tab. 2: Häufigkeit des Slacklinens pro Woche

Std. pro Woche Gesamt Männlich Weiblich

Weniger als eine 20,6% 12,7% 38,7%

Ein bis zwei 22,5% 21,1% 25,8%

Zwei bis vier 23,5% 26,8% 16,1%

Mehr als vier 33,3% 39,4% 19,4%

Tab. 3: Könnensstand der Studienteilnehmer

Könnensstand Gesamt Männlich Weiblich

Anfänger 30,4% 21,1% 51,6%

Fortgeschritten 62,7% 69,0% 48,4%

Profi 6,9% 9,9% 0,0%

Tab. 4: Angaben bezüglich einer Highlinebegehung

Gesamt Männlich Weiblich

Ja 39,2% 46,5% 22,6%

Nein 60,8% 53,5% 77,4%

Page 52: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

47

Tab. 5: Regelmäßigkeit des Trainings

Gesamt Männlich Weiblich

Ja 60,8% 59,2% 64,5%

Nein 39,2% 40,8% 33,5%

Tab. 6: Teilnahme an einem Slackline-Wettkampf

Gesamt Männlich Weiblich

Ja 10,8% 12,7% 6,5%

Nein 89,2% 88,7% 93,5%

Tab. 7: Analyse des Könnensstandes in Bezug zur Wettkampfteilnahme

Ja Nein

Anfänger 0,00% 100,00%

Fortgeschrittene 10,9% 89,1%

Profis 57,1% 42,9%

Interpretation

Es scheint, als wäre Slacklinen in erster Linie eine Angelegenheit für junge Männer zwischen

20 und 30 Jahren, jedoch wird die Bewegungsform durchaus auch von Mädchen bzw. Frauen

mittleren Lebensalters ausgeübt. Nach Aussagen von Freunden des Autors dieser Arbeit

konnte man noch vor einigen Jahren kaum eine Frau auf einer Slackline beobachten, weshalb

eine dreißigprozentige Quote auf weiblicher Seite durchaus als positiv zu bewerten ist.

Eine Interpretation des Könnensstandes legt die Vermutung nahe, dass sich Slackliner nur

dann als reine Anfänger bezeichnen, wenn sie die ersten Gehversuche auf der Slackline

absolvieren und sich bereits als Fortgeschrittene betrachten, sobald sie die ersten Tricks

beherrschen. Die Tatsache, dass keine der Frauen sich als Profi bezeichnet, kann zum einen

darauf zurückgeführt werden, dass Frauen bislang in eher geringem Maße in dieser

Bewegungsform vertreten waren, zum anderen darauf, dass Slacklinen sowie dessen

Herkunftsbereich Klettern traditionell als Männerdomäne zu bezeichnen sind. Hinzu kommt

der Aspekt, dass Männer gerne zu Überschätzung ihrer Fähigkeiten neigen und Frauen sich

diesbezüglich eher zurückhaltend äußern.

Überraschenderweise haben bereits 22,6% der Frauen einen Balanceakt in Schwindel

erregender Höhe absolviert. Dies lässt sich höchst wahrscheinlich darauf zurückführen, dass

der Fragebogen auch in Workshops verteilt wurde, die gelegentlich die Begehung einer

Highline beinhalten.

Die männlichen Bewegungskünstler treffen sich offenbar eher spontan und in lockerem

Rahmen in Kleingruppen (ähnlich wie z.B. zum Skaten), während Frauen Slacklinen als einen

festen Termin z.B. in Form eines Kurses oder Workshops einplanen. Dies begründet sich mit

der Tatsache, dass Slacklinen (noch) nicht institutionalisiert ist. Der Anteil der Frauen bei

Page 53: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

48

einem regelmäßig stattfindenden Slacklinekurs bzw. -workshop ist tendenziell höher als bei

spontanen Slacklineaktionen42.

Slackliner treffen sich gerne in geselliger Runde um gemeinsam Spaß zu haben, anstatt auf

Wettkämpfe zu gehen, wie der hohe Prozentsatz der Ablehnung einer Teilnahme an

Wettkämpfen belegt. Folgende Antworten spiegeln diese Einstellung wieder:

• „weil ich Slacklinen für mich betreibe“

• „weil es für mich kein Wettkampfsport ist“

• „weil ich zum Abspannen und zum Ausgleich zur Arbeit slacke, da brauche ich keinen

Wettkampf-Stress“

• „weil es das Slacklinen auszeichnet, dass es keine Regeln gibt, man kann die Line so

hart oder locker spannen wie man will und Tricks ausprobieren die einen reizen, da

kann man eigentlich keine Regeln gebrauchen“

• „weil es beim Slacklinen nicht um das Messen mit anderen geht, dabei geht der Reiz

verloren“

• „weil Slacklinen für mich Spaß und geselliges Miteinander und Wettkampf aber

immer Konkurrenz bedeutet“

Eine weitere Auffälligkeit liefert in diesem Zusammenhang die Analyse des Könnensstandes

in Bezug zur Wettkampfteilnahme (vgl. Tab. 7). Die Daten können vermutlich so aufgefasst

werden, dass das Interesse an einem Wettkampf mit zunehmendem Könnensstand steigt.

Daher würden Anfänger nicht an einem Wettkampf teilnehmen, vier der sieben Profis

(57,1%) dagegen schon. Fortgeschrittene schätzen ihr Können vermutlich als noch nicht

ausreichend für eine Wettkampfteilnahme ein. Zudem besteht die Möglichkeit, dass man die

neue Bewegungsform gerade für sich im Kontext des eigenen Lebensstils entdeckt und dabei

die Sinnhaftigkeit des Slacklinens erst für sich erforscht. Führte man dieselbe Umfrage mit

denselben Teilnehmern in etwa 2 Jahren erneut durch, so würden sich vermutlich mehr

Anfänger als Fortgeschrittene und mehr Fortgeschrittene als Profis bezeichnen. Demnach

würde sich die prozentuale Verteilung und die Lust an einem Wettkampf teilzunehmen

möglicherweise verändern.

42 Mündliche Mitteilung von Tillmann Müller. In seinen Anfängerkursen konnte er auf einen Anteil von etwa 80% Frauen verweisen. Ein ähnliches Bild ergibt sich in den Kursen vom Verfasser dieser Arbeit.

Page 54: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

49

6.3.2 Fakten bezüglich Slacklinen

Dieses Unterkapitel beschäftigt sich mit den einleitenden Fragen nach dem Zugang zum

Slacklinen, der Art und Weise und Motiven für die Ausübung des Slacklinens und dem

allgemeinen Wissen der Umfrageteilnehmer zum Thema.

Frage 1: „Wie bist Du auf Slacklinen aufmerksam geworden?“

Darstellung der Ergebnisse

Die Auswertung von Frage 1 zeigt, dass knapp die Hälfte der Befragten ‚durch Freunde’ auf

Slacklinen aufmerksam wurde. Andere Nennungen waren ‚durch die Medien’ (13,2%), oder

‚durch Beobachtungen im Park’ (14,0%). ‚Durch den Verein’ bekamen lediglich 2,5%

Zugang zum Slacklinen. Bei dieser Hybridfrage waren Mehrfachnennungen möglich. 10,7%

aller teilnehmenden Slackliner gaben ‚durch Klettern’ an und 2,5% ‚durch eine Fortbildung’,

wie beispielsweise „Erlebnispädagogik“ oder „medizinische Trainingstherapie“. Unter

‚sonstiges’ (7,4%) wurden Antworten wie z.B. ein Vortrag von Heinz Zak oder den

„Huberbuam“43 zusammengefasst (vgl. Tab. 8).

Tab. 8: Zugang der Studienteilnehmer zum Slacklinen

durch Freunde

durch Medien

durch Beobachtungen

durch Verein

durch (Lebens-)

Partner

durch Klettern

durch Fortbildung

durch sonstiges

!"56,3%

#"61,3%"

!"19,7%

#"6,5%

!"26,8%

#"22,6%

!"2,8%

#"3,2%

!"0,0%

#"3,2%

!"9,9%

#"19,4%

!"2,8%

#"3,2%

!"8,5%

#"9,7%

ges. 48,8% ges. 13,2% ges. 14,0% ges. 2,5% ges. 0,8% ges. 10,7% ges. 2,5% ges. 7,4%

Interpretation

Der geringe Prozentsatz der Antwort ‚durch den Verein’ lässt sich ein weiteres Mal damit

erklären, dass Slacklinen (noch) nicht institutionalisiert ist und Slackliner vermutlich nicht

gebunden, sondern unabhängig sein wollen. Dies bestätigt das Zitat von Alexander Huber in

Kapitel 3.2. Ortsungebunden zu sein, ohne Regeln und Bindung an einen Verein sind

vermutlich Gründe, warum im Gegensatz dazu die Variable ‚durch Freunde’ so oft genannt

wird.

Die Variable ‚durch Beobachtungen’, mit welcher etwa ein Viertel der Männer und Frauen

die Frage beantworten, zeigt, dass Slacklinen vermutlich häufig in Parks und auf öffentlichen

Plätzen ausgeführt und von vielen dort zum ersten Mal wahrgenommen wird.

43 Thomas und Alexander Huber sind professionelle Extremkletterer und Hauptdarsteller im Film Am Limit, der im Yosemite Nationalpark gedreht wurde. Alexander Huber begeht selbst auch Highlines. Dean Potter und Chongo haben Gastauftritte im Film.

Page 55: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

50

Die weitere Angabe ‚durch Klettern’ versteht sich fast von selbst – zur Erinnerung: Slacklinen

hat in diesem Bereich seinen Ursprung und wird auch hierzulande in Kletterhallen und

Klettergebieten betrieben.

Dass Slacklinen, vor allem im Jahr 2007, bereits des Öfteren in den Medien war, könnte den –

wenn auch geringen – prozentualen Anteil erklären, dass manche durch Medien auf

Slacklinen aufmerksam wurden. Auch das Interesse des Verfassers dieser Arbeit wurde durch

eine Fernsehberichterstattung über diese Bewegungsform geweckt.

Als überaus aufschlussreich ist die Aufführung der verschiedenen Fortbildungen zu werten.

Slacklinen hat vermutlich längst seinen „Playground“ verlassen und wird in anderen

Bereichen erprobt und eingesetzt. Jedoch bleibt abzuwarten, ob es sich dort etablieren wird.

Frage 2: „Wie hast Du Slacklinen erlernt?“

Darstellung der Ergebnisse

Eine Auswertung dieser Frage ergibt, dass knapp die Hälfte aller Männer (48,2%) und etwas

mehr als die Hälfte aller Frauen (55,6%) die Bewegungsform ‚alleine’ gelernt haben, ein

Drittel offensichtlich ‚von Freunden’ (33,1%). Tabelle 9 zeigt außerdem, dass Frauen

Slacklinen nicht ‚in einem Verein’ und nicht vom (Lebens-) Partner’ gelernt haben.

Tab. 9: Erlernen des Slacklinens

Alleine Von

Freunden

In einem Kurs

Im Verein Vom (Lebens-)

Partner Mit Freunden

männlich 48,2% 34,1% 9,4% 2,4% 1,2% 4,7%

weiblich 55,6% 30,6% 13,9% 0,0% 0,0% 0,0%

gesamt 50,4% 33,1% 10,7% 1,7% 0,8% 3,3%

Interpretation

Der auffallend hohe Prozentsatz (50,4%) derjenigen, die Slacklinen alleine gelernt haben, ist

nicht überraschend. Als Zugangsmöglichkeiten für Anfänger boten sich bislang nicht viele

Gelegenheiten. In Deutschland gibt es nur wenige Profis, die ihr Wissen an Anfänger

weitergeben können, weshalb die meisten Slackliner Autodidakten sind.

Des Weiteren lässt sich aus der Tabelle erneut ablesen, dass Slacklinen einen geselligen

Charakter besitzt und man es offensichtlich ‚von Freuden’ (33,1%) erlernen kann. Vertrauen

in die Mitglieder des Freundeskreises und neue Freundschaften können dadurch aufgebaut

werden, es entsteht der Charakter der peer group44. Viele der Befragten, die ‚von Freunden’

ankreuzten, haben sicherlich auch ‚mit Freunden’ Slacklinen erlernt.

44 Eine Gruppe oder Gruppierung von meist Jugendlichen oder Personen gleicher Altersgruppe, welche gemeinsamen Interessen, Neigungen oder Hobbys nachgehen.

Page 56: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

51

Frage 3: „Mit wem betreibst Du vorwiegend Slacklinen?“

Darstellung der Ergebnisse

Slacklinen wird vorwiegend (51,1%) in Gruppen mit Gleichgesinnten, also ‚mit Freunden’,

betrieben (siehe Tab. 10). 29,3% der Slackliner üben die Bewegungsform hauptsächlich

‚alleine’ aus. 14,4% gehen ‚mit dem (Lebens-) Partner’ slacklinen, 5,2% der Befragten üben

Slacklinen ‚mit Vereinsmitgliedern’ aus.

Tab. 10: Ausübungsform des Slacklinens

Alleine Mit

Vereinsmitgliedern Mit Freunden

Mit (Lebens-) Partner

Männlich 30,5% 3,9% 49,2% 16,4%

Weiblich 26,1% 8,7% 56,5% 8,7%

gesamt 29,3% 5,2% 51,1% 14,4%

Interpretation

Bei der Hinterfragung des „Warum“ im zweiten Teil dieser Frage nennen 53 Teilnehmer

‚Spaß’, weitere 20 ‚lernen, austauschen, inspirieren’ als Gründe. Der Aspekt des

gegenseitigen ‚Motivierens’ wird von 11 Personen als Antwort gegeben. Die Begründungen

für Slacklinen ‚mit Freunden’ sind unter anderem:

• „große Motivation durch das gegenseitige ‚pushen’“

• „schauen was andere können, Tricks abschauen“

• „weil es riesigen Spaß macht sich einfach gechillt in einem Park zu treffen um zu

slacken...und man lernt dadurch immer mehr Leute kennen.“

• „weil es mit Freunden am meisten Spaß macht. Man trifft sich, ‚settet’ eine Line und

lernt immer wieder was Neues dazu. Man hat Phasen zwischendrin, kann zu zweit

laufen, zusammen macht es einfach noch mehr Spaß.“

• „um mit Freunden Zeit zu verbringen, in der Sonne zu chillen und kleine

Erfolgserlebnisse zu haben.“

• „alleine finde ich eher langweilig und bin froh wenn ich jemand habe mit dem ich

slacken gehen kann.“

Die häufigsten Antworten auf das „Warum“ in Bezug auf die Variable ‚Alleine’ lassen sich

mit „Abschalten und Entspannung“ zusammenfassen (17 Nennungen). 8 Personen begründen

ihre Vorliebe, alleine Slacklinen zu gehen, mit „Konzentration“, 10 Teilnehmer damit, „weil

andere keine Zeit haben“.

Page 57: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

52

Frage 4: „Kennst Du verschiedene Tricks?“

Darstellung der Ergebnisse

Während lediglich 10% aller männlichen Slackliner keine Tricks kennen, beläuft sich dieser

Prozentsatz bei Frauen auf 39%. Unabhängig vom Geschlecht listen 56% aller Teilnehmer

Tricks in einer deutschen Bezeichnung auf, wohingegen nur ein Viertel englische

Bezeichnungen verwendet (siehe Abb. 11).

Abb. 11: Prozentuale Verteilung der englischen und deutschen Bezeichnungen für Tricks

Interpretation

Diese Frage soll klären, ob die Bezeichnung eines Tricks in der deutschen Sprache geläufig

ist, oder ob Amerikanismen verwendet werden. Amerikanismen kommen in Trendsportarten

sehr häufig vor, vornehmlich als Bezeichnung für die Bewegungsform selbst und für Tricks.

Dies begründet sich aus dem Sachverhalt, dass Trendsportarten (vgl. Kapitel 3.1 und den

Sachverhalt der Globalisierung) meistens ihren Ursprung in Amerika und dort speziell in

Kalifornien haben.

Zunächst ist überraschend, dass über ein Drittel der Frauen keine Tricks nennen. Eine

mögliche Erklärung wäre, dass sich 51,6% der weiblichen Befragten in Bezug auf ihren

Könnensstand als Anfängerinnen sehen, deren Slackline-Einheiten sich vermutlich

ausschließlich auf das sichere Begehen einer Line beschränken.

In Bezug zum Gesamtergebnis lässt sich der etwa doppelt so hohe Prozentsatz an deutschen

Begriffen für Tricks dahingehend interpretieren, dass sich die Kultur um Slacklinen derzeit

sehr stark im deutschsprachigen Raum ausbreitet und vorangetrieben wird. Viele der „neuen“

Tricks werden in Deutschland entwickelt und erhalten somit vermutlich deutsche

Bezeichnungen.

Page 58: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

53

Frage 6 „Wozu betreibst Du Slacklinen?“

Darstellung der Ergebnisse

Unter den 40 Fragen des Fragebogens weist diese Frage die meisten Nennungen (n=476) auf.

Aus Abbildung 12 ist ersichtlich, dass die Variablen ‚zur Entspannung’ (86 Nennungen bzw.

84,3%) und ‚als Gleichgewichtstraining’ (85 Nennungen bzw. 83,3%) am häufigsten

angegeben werden. ‚Zur Konzentrationsübung’ und ‚um Freunde zu treffen’ folgen mit 73

und 67 (71,6% bzw. 65,7%) Nennungen.

Abb. 12: Motivation zum Slacklinen (n=476)

Interpretation

Diese Frage gibt Aufschluss über die bereits im Vorfeld vermuteten vielfältigen

Sinndimensionen des Slacklinens. Auffallend ist, dass über 80% der Befragten Slacklinen als

Gleichgewichtstraining und zur Entspannung durchführen. Dies zeigt die Absicht, durch die

Ausübung des Slacklinens eine innere und äußere Balance zu erlangen. Hierzu ist sicherlich

auch die Variable ‚Konzentrationsübung’ (71,6%), die speziell den Aspekt der Fokussierung

aufgreift, zu rechnen – ein Aufblühen im eigenen Tun und Dasein, das Verschmelzen von

innerer und äußerer Balance, möglicherweise sogar das Erleben von Flow45.

45 Der Begriff Flow lässt sich auf Mihaly Csikszentmihalyi (1987) zurückführen und beschreibt „das holistische Gefühl beim völligen Aufgehen in einer Tätigkeit.“

Page 59: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

54

Als ‚Training für andere Sportarten’ nutzen 44,1% der Befragten diese Bewegungsform und

nennen folgende andere Sportarten in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit: „Klettern“,

„Wintersport“ (Skifahren, Snowboarden, Skilanglauf), „für jede andere Sportart“, „Radsport“,

„Surfen“ und „Eisschnelllauf“.

Bei der Erstellung des Fragebogens wurde diese Frage in drei Bereiche unterteilt, welche den

Teilnehmern nicht explizit ersichtlich waren. Die Antwortmöglichkeiten 1-3 beziehen sich auf

‚physische Faktoren’, ‚soziale Faktoren’ sind in den Antworten 4-6 und ‚psychische

Faktoren’ in den Antworten 7-9 abgebildet. Abbildung 13 zeigt die prozentuale Verteilung

dieser Bereiche. ‚Psychische Faktoren’ ist mit 40% die häufigste Nennung. Die Möglichkeit

die Balancierkunst aufgrund von ‚sozialen Faktoren’ auszuüben und sich dadurch mit

Freunden zu treffen bzw. neue Leute kennen zu lernen, sowie mit dem Partner etwas

gemeinsam zu unternehmen, stellt für 27% aller Befragten eine Motivation dar, während es

33% auch aufgrund ‚physischer Faktoren’ und dem damit verbundenen Gleichgewichts- und

Kräftigungstraining betreiben.

Abb. 13: Einteilung der Motivation in drei Bereiche

Page 60: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

55

6.3.3 Hintergrundwissen über Slacklinen

In diesem Kapitel werden Fragen zum grundlegenden Wissen über Slacklinen (Bekanntheit

verschiedener Slackline-Sets und Namen von berühmten Slacklinern) dargestellt.

Frage 7: „Welche Slackline-Sets der folgenden Hersteller sind Dir bekannt?

Darstellung der Ergebnisse

Bei dieser Frage dient nicht die Gesamtzahl der genannten Slackline-Sets (n=299) als Basis

zur Errechnung der prozentualen Verteilung, sondern jede Variable wird in Bezug zu den 102

Teilnehmern gesetzt. Demnach sind die Sets von ‚Mountain Equipment’ (63,7%), ‚Slackline-

Tools’ (62,2%) und ‚AustriAlpin’ (53,9%) die bekanntesten. Das Set des „Entdeckers“ (Scott

Balcom) ‚Slackdaddy’ ist lediglich 13,7% der befragten Slackliner bekannt (vgl. Abb. 14).

Abb. 14: Prozentuale Verteilung des Bekanntheitsgrades von Slackline-Sets nach Herstellern

Interpretation

Mit dieser Frage möchte der Verfasser dieser Arbeit etwas über das vorhandene Wissen der

Befragten in Bezug zur Geschichte des Slacklinens erfahren. Durch das Erfragen der

Bekanntheit verschiedener Slackline-Sets soll herausgefunden werden, ob auch die Sets von

den „Erfindern“ (Scott Balcom und Ric Piegh) bekannt sind. Diese kamen zuerst auf den

amerikanischen Markt (‚Slackline Brothers Inc.’ und ‚Slackdaddy’). Damit könnte diese

Frage gleichzeitig ein Indiz dafür liefern, ob die Geschichte des Slacklinens bekannt ist und

welche Rolle darin die „Ursprungssets“ spielen, oder ob lediglich jene Sets bekannt sind,

welche im deutschsprachigen Raum verkauft werden.

Page 61: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

56

Es verwundert nicht, dass das am häufigsten genannte Slackline-Set (63,7%) von Mountain

Equipment kommt, welches in Zusammenarbeit von Heinz Zak und der Seilerei Peter für

diese Firma zusammengestellt und als erstes Set auf dem europäischen Markt verkauft wurde.

Der hohe Bekanntheitsgrad des Slackline-Sets der zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit

noch sehr jungen Firma Slackline-Tools (62,7%) könnte darin begründet sein, dass in diesem

Set die traditionelle Methode des Flaschenzugs wieder zum Einsatz kommt. Vermutlich

kennen einige Slackliner dieser Umfrage das erwähnte Set aus Workshops. Die häufige

Nennung des Sets von AustriAlpin lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass das

Set zum einen äußerst klein, handlich und tragbar, zum anderen relativ kostengünstig ist und

ebenfalls schon relativ früh auf den Markt kam. Durch den Einsatz eines Schlauchbandes wird

das Begehen dieser Line als angenehm und „weich“46 empfunden, was einen weiteren Grund

für die Beliebtheit und somit den hohen Bekanntheitsgrad darstellen könnte.

Das Bekanntsein weiterer Sets war zu vermuten. Daher wurde bei der Erstellung des

Fragebogens die Möglichkeit zur Nennung zweier weiterer Sets eingeräumt. Aufgrund der

Verteilung des Fragebogens in deutschsprachigen Foren war zu erwarten, dass auch das Set

von Slackliner.de (14,7%) genannt wird. Weitere genannte Slackline-Sets sind von Slackstar,

Gibbon, Slackliner.at und von anderen Seilereien.

Der relativ geringe Prozentanteil der Sets der Pioniere ist wohl darauf zurückzuführen, dass

die Befragung im deutschsprachigen Raum stattgefunden hat, sowie auf die Tatsache, dass

der größte Teil der Befragten als Könnensstand ‚Fortgeschrittene’ und ‚Anfänger’ angaben

und sich evtl. (noch) gar nicht mit der historischen Entwicklung des Slacklinens befasst hat.

In Amerika könnte das Ergebnis durchaus umgekehrt ausfallen.

Insgesamt 62 Personen besitzen eines oder mehrere eigene Slackline-Sets (siehe Frage 8), am

häufigsten das Set von ‚Slackline-Tools’ (40,3%), gefolgt vom ‚Mountain Equipment

Slackline-Set’ (29,0%) und dem Set von ‚Slackliner.de’ (16,1%).

Frage 9: „Welche der folgenden Namen sind Dir bekannt?“

Darstellung der Ergebnisse

Bei dieser Frage erhalten ‚Heinz Zak’ und ‚Dean Potter’ mit 28% bzw. 25% die meisten

Nennungen. ‚Scott Balcom’ und ‚Chongo’ folgen mit jeweils 12%, ‚Chris Carpenter’ und

‚Shawn Snyder’ mit jeweils 8%. Den geringsten Bekanntheitsgrad bei den Befragten haben

‚Charles Tucker’ mit 5% sowie ‚Ric Piegh’ mit 2%.

46 Ein Schlauchband ist weniger scharfkantig als ein Band aus dem Industriebereich, welches normalerweise in Ratschen zum Einsatz kommt.

Page 62: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

57

Interpretation

Diese Frage stellt einen Bezug zur Geschichte bzw. dem Bekanntheitsgrad berühmter

Slackliner her. Es ist nicht verwunderlich, dass Heinz Zak die Rangliste anführt, schließlich

gilt er in Europa als Pionier und veranstaltete das erste Treffen in Europa. Zudem ist er in der

Kletterszene eine ebenso bekannte Persönlichkeit wie Dean Potter, der durch unzählige

ungesicherte Kletteraktionen und Highlinebegehungen Schlagzeilen macht und als Nebenrolle

im Film Am Limit ebenfalls ungesichert auf einer Highline balanciert.

Chongo spannte mit Scott Balcom und dessen Bruder Ric Piegh (Begründer der Firma

Slackline Brothers Inc.) die ersten Highlines, vermutlich ist er den Slacklinern eher aufgrund

seiner Nebenrolle im genannten Film sowie durch seine Anwesenheit beim „1. Internationalen

Mountain Equipment Slackline-Treffen“ bekannt. Seinen bürgerlichen Namen Charles Tucker

kennen aber vermutlich nur diejenigen, die sich intensiv mit der Geschichte des Slacklinens

befassen und selbst nach älteren amerikanischen Artikeln recherchieren. Chris Carpenter

beobachtete mit Scott Balcom im Yosemite Nationalpark im Sommer 1983 Jeff Ellington und

Adam Grosowski. Der geringe Prozentsatz von 8% kann ebenfalls auf die Tatsache

zurückgeführt werden, dass die Geschichte des Slacklinens den meisten Befragten weitgehend

unbekannt ist. Shawn Snyder (8%) dürfte vermutlich nur denjenigen ein Begriff sein, die sich

intensiver mit der Disziplin des Highlinens auseinandersetzen.

6.3.4 Fragen zu Merkmalen eines Trendsports nach Jürgen Schwier

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Fragen zu den Trendsportmerkmalen nach

Jürgen Schwier dargestellt und interpretiert. Die Ergebnisse sollen Aufschluss darüber geben,

inwiefern Slacklinen schon zu den Trendsportarten gezählt werden kann oder noch eine

„exotische“ Bewegungsform darstellt.

Frage 5: „Hast Du ein „Slackliner-Vorbild“?“

Darstellung der Ergebnisse

Wie aus Tabelle 11 zu entnehmen ist, geben lediglich 17,6% der Befragten an, ein

„Slackliner-Idol“ zu haben. ‚Tillmann Müller’ führt die Liste der Idole mit 38,9% an, gefolgt

von ‚Heinz Zak’ mit 22,2%. ‚Dean Potter’ (16,7%), ‚Damian Cooksey’ (11,1%), ‚Chongo’

(5,6%) und ‚Andi Lewis’ (5,6%) wurden als weitere Idole genannt.

Tab. 11: Übersicht der genannten Idole

Idol ? Heinz Zak Damian Cooksey

Chongo Tillmann Müller

Dean Potter Andi Lewis

ja 17,6% 22,2% 11,1% 5,6% 38,9% 16,7% 5,6%

nein 82,4% - - - - - -

Page 63: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

58

Interpretation

Mit dieser Frage sollen eventuelle Rückschlüsse auf das Merkmal der Ordalisierung (vgl.

Kap. 4.1) gezogen werden. Dabei beruft sich der Autor dieser Arbeit auf das Zitat von Jürgen

Schwier (1998, S.12):

„Der Trend zur Ordalisierung von Risikosportarten und die Nachfrage an

entsprechende „Helden“ wird in näherer Zukunft wohl anhalten. Darüber hinaus

könnte ferner eine Tendenz zur massenmedialen Inszenierung sportlicher Ordale

oder ordalischer Game Shows (z.B. „American Gladiators“) wirksam werden.“

Der Aspekt des „Heldentums“ steht in diesem Kontext in Beziehung zur Frage nach dem Idol.

Zu vielen Events werden „Stargäste“ und „Altmeister“ eingeladen, die Tricks auf der Low-

sowie Highline vorführen bzw. den Spirit des Slacklinens weitergeben. Dies legt den Schluss

nahe, dass eben jene Protagonisten für viele als Idole gelten, denen nachzueifern es sich lohnt.

Bei dieser Frage ist von Interesse, ob vordergründig Idole genannt werden, die bereits

waghalsige Aktionen auf der Highline durchgeführt haben oder mit Unternehmungen ihr

Leben aufs Spiel setzten und damit ein ordalisches Verhalten aufwiesen (z.B. Dean Potters

ungesicherte Überschreitung der Spire-Line). Viele begeisterte Slackliner betrachten diese

Idole möglicherweise als Helden.

Tillmann Müller, Teilhaber der Firma Slackline-Tools, beging neben anderen die

höchstgelegene Highline in Europa im Mont Blanc Massiv erfolgreich. Nachforschungen

ergaben, dass er an der Universität Konstanz bereits Slackline-Kurse und Workshops

erfolgreich abgehalten hat. Als Gründe für seine Nennung als Idol gaben die Befragten

Antworten wie: „für mich kann er es am besten“, „die Energie neue Tricks zu lernen“, „er hat

es mir beigebracht und verkörpert dieses Gefühl einfach perfekt“, „er lebt das Slacklinen, hat

die richtige Philosophie dazu“ und „der ist der Hammer (begnadeter Slacker)“. Die häufigen

Nennungen Müllers als Idol können somit vermutlich durch den Aspekt der Integration des

Slacklinens in seinen Lebensstil erklärt werden. Dies inspiriert sicherlich viele andere

Slackliner in seinem Umfeld und besonders diejenigen, welche Slacklinen sowie die

Philosophie dazu von Müller persönlich erlernten. Slacklinen zu leben, sich mit der Thematik

intensiv zu befassen, eine Firma für Slackline-Sets zu gründen – all dies erfordert ein enormes

Engagement und Liebe zu dieser Bewegungsform.

Für Heinz Zak als Idol werden ähnliche Gründe aufgeführt: „weil er alles kann“, „über ihn

kam der Sport ins Land“ und „einfach der absolute Vorzeigeslacker“.

Page 64: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

59

Frage 10: „Hast Du schon von Slackline-Treffen gehört?“

Darstellung der Ergebnisse

Abbildung 15 zeigt, dass die meisten an der Umfrage beteiligten Slackliner schon von

Slackline–Events gehört haben (83,3%). Das ‚Mountain Equipment Slackline-Treffen in

Scharnitz’ überwiegt mit 36%, gefolgt von ‚Walk the Line in Radolfzell’ mit 18,7%. Das

‚DAV Summer Slacking in Landshut’ und ‚Slackfest in Chemnitz’ folgen mit 16,7% und

12,0%.

Abb. 15: Prozentuale Verteilung der bekannten Slackline-Events

Aus den Antworten zu Frage 11 (siehe Tab. 12) kann man folgern, dass Slackliner im

Allgemeinen an solchen Events interessiert sind (78,4%). Lediglich etwa ein Fünftel der

Befragten (21,6%) zeigt eine negative Haltung gegenüber solchen Treffen. Hiervon geben

45,5% ‚zu viele Menschen auf einem Haufen’ und ‚eine zu große Kommerzialisierung’ als

Gründe an, 54,5% begründen ihre Ablehnung nicht.

Tab. 12: Interesse der Teilnehmer an Slackline-Events

Gesamt „Zu viele Menschen auf einem Haufen“ „Zu große Kommerzialisierung“ Keine Angabe

Ja 78,4% - - -

Nein 21,6% 27,3% 18,2% 54,5%

Nach einer Teilnahme an Events befragt, antworten lediglich 34,3% der Slackliner mit einem

„Ja“ und nennen hierbei vor allem den Event in Scharnitz, gefolgt von den Events in

Radolfzell und Landshut.

Page 65: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

60

Interpretation

Fragen 10, 11 und 12 behandeln das Merkmal der Eventisierung. Die häufige Nennung des ‚1.

Internationalen Mountain Equipment Slackline-Treffens’ ist nicht verwunderlich, es stellt,

wie bereits erwähnt, den ersten Event seiner Art in Europa dar.

Auffallend ist die Nennung von Treffen in verschiedenen Ländern (Deutschland mit Treffen

in Radolfzell, Landshut, Chemnitz und Tübingen, Österreich (Scharnitz), Polen und den

USA). Somit kann man vermuten, dass in Deutschland und den umliegenden Ländern –

davon vorwiegend in Österreich aufgrund seines viel genutzten Forums www.slackline.at –

Slacklinen in verschiedenen Gruppen betrieben wird, welche sich um die Organisation von

Events kümmern und damit den Bekanntheitsgrad des Sports vorantreiben wollen. Dem

Verfasser sind weitere Gruppierungen in Freiburg, Berlin, Stuttgart, München und Wangen

im Allgäu bekannt.

Frage 13: „Was erwartest Du von einem Slackline-Event?“

Darstellung der Ergebnisse

Aus Tabelle 13 ist ersichtlich, dass 21,1% der Befragten den ‚Aufenthalt mit Gleichgesinnten’

und 19,5% ‚neue Tricks lernen’ als wichtig erachten, wohingegen Wettkämpfe mit 4,4% eine

untergeordnete Rolle spielen. Die Faktoren ‚Party/Spaß’ (19,0%) sowie die Möglichkeit, sich

‚Informationen über Slacklinen einholen’ (13,8%) und ‚technisch auf dem Laufenden halten’

(12,2%) bieten weitere Anreize für die Teilnahme an einem Slackline-Event. ‚Shows’ sind

den bereits aufgeführten Erwartungen mit 9,9% untergeordnet.

Tab. 13: Prozentuale Verteilung der Erwartungen an Slackline-Events

Show Wettkämpfe Party/Spaß Aufenthalt mit

Gleichgesinnten

Neue Tricks lernen

Technisch auf dem Laufenden halten

Informationen über Slacklinen einholen

9,9% 4,4% 19,0% 21,1% 19,5% 12,2% 13,8%

Interpretation

Die Antwortenverteilung belegt, dass der gesellige Charakter des Slacklinens offensichtlich

auch bei Events im Vordergrund steht: gemeinsames Fachsimpeln, sich in Sachen Technik

austauschen, neue Tricks weitergeben und vor allem Spaß haben. Dabei bestätigt sich auch

die Vermutung aus Kapitel 4.1, dass das Merkmal der Eventisierung beim Slacklinen bereits

Einzug gehalten hat, wobei die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt.

Page 66: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

61

Frage 16: „Welcher Tendenz würdest Du beim Slacklinen eher zustimmen?“

Darstellung der Ergebnisse

Die Auswertung der Antworten ergibt, dass die Umfrageteilnehmer mit einem Anteil von

65% beim Slacklinen eher eine ‚Tendenz zur Entschleunigung’ sehen. Knapp ein Drittel

(30%) stimmt einer Tendenz zur Beschleunigung zu, 5% machen keine Angabe (vgl. Abb.

16).

Abb. 16: Prozentuale Verteilung der Tendenzen zur Beschleunigung und Entschleunigung

Interpretation

Die Analyse dieser Frage hinterfragt das Merkmal des Tempos nach Jürgen Schwier. Damit

soll die Vermutung des Verfassers in Kapitel 4.1, dass Slacklinen eher den Gegentrend

„Entschleunigung“ verkörpert, überprüft werden.

Als Interpretationsansatz bietet sich ein Vergleich dieser Frage mit der folgenden (Frage 17

im Fragebogen) an, welche die Eingliederung des Slacklinens in einen bestimmten Bereich

erfragt. Bereits im Vorfeld der Untersuchung kam die Überlegung auf, ob diejenigen, die

Slacklinen in die Bereiche ‚Skate- und Snowboarden’ sowie ‚Turnen, Akrobatik’ eingliedern,

in der vorigen Frage eher der ‚Tendenz zur Beschleunigung’ zustimmen würden. Die

Sportarten Skate- und Snowboarden sowie das Turnen mit ihrer jeweils eigenen Dynamik,

sowie verschiedenen Tricks, Übungen und Sprüngen lassen eindeutig Rückschlüsse auf

Beschleunigung (und damit indirekt auf das Merkmal des Tempos nach Jürgen Schwier) zu.

Es ist durchaus möglich, dass Slackliner, die sich in der Disziplin der Jumpline und evtl. auch

Highline zuhause fühlen, eher eine ‚Tendenz zur Beschleunigung’ sehen. Tabelle 14 listet die

aus dem Vergleich resultierende Häufigkeitsverteilung auf, wobei jeweils zwei Prozentwerte

angegeben werden. Aus der Verteilung ergibt sich, dass eine ‚Tendenz zur Beschleunigung’

häufig mit einer Zuweisung des Slacklinens zum Bereich ‚Turnens und Akrobatik’ (51,4%)

Page 67: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

62

korreliert. 18,9% ordnen die Bewegungsform dem ‚Klettern’ und 10,8% der Befragten dem

‚Snow- und Skateboarden’ zu. Interessanterweise schreiben 34,6% der Studienteilnehmer,

welche eine ‚Tendenz zur Entschleunigung’ annehmen, Slacklinen ebenfalls ‚Turnen und

Akrobatik’ zu. Allerdings kommt für ein Viertel der Befürworter der Entschleunigung eine

weitere mögliche Zuordnung des Slacklinens zum Bereich ‚Yoga, Thai Chi und Meditation’

in Frage.

Nur wenige betrachten die Bewegungsform als ‚etwas eigenes’ und kennzeichnen dies in dem

Wortlaut „Slackline“ und „etwas eigenes“. Vereinzelt wurde Slacklinen unter „sonstiges“ als

eine Art „Koordinations- und Konzentrationstraining“ und eine „Kombination aus Yoga und

Turnen“ bezeichnet.

Tab. 14: Vergleich der Fragen 16 und 17

Snow-,

Skateboard

Yoga, Thai Chi,

Meditation

Turnen, Akrobatik

Etwas eigenes

Klettern

Koordinations-, Konzentrations-

training

Kombination aus Yoga u.

Turnen

Beschleunigung 10,8% 5,4% 51,4% 0,0% 18,9% 8,1% 5,4%

Entschleunigung 7,4% 25,9% 34,6% 7,4% 8,6% 7,4% 8,6%

Keine Angabe 0,0% 0,0% 2,4% 1,6% 0,0% 0,0% 0,0%

Frage 18: „Mit welchen drei Begriffen (Adjektiven) würdest Du Slacklinen charakterisieren?“

Darstellung der Ergebnisse

Bei dieser Frage war eine große Anzahl verschiedener Adjektive zu erwarten. Daher wurden

die genannten Begriffe zusammengefasst und nach ihrer Häufigkeit geordnet. Eine

anschließende Kategorisierung teilte die Adjektive in verschiedene Aspekte des Slacklinens

vor. Daraus resultierend konnten die Antworten dabei grundsätzlich in fünf verschiedene

Bereiche unterteilt werden: ‚Gegenstand Slackline’, ‚Szene’, ‚Mentale Aspekte’, ‚Physische

Aspekte’ und ‚Bewegung Slackline’ (vgl. Abb. 17).

Unter den ‚Mentalen Aspekt’ mit 28,2% fallen Begriffe wie „entspannend“, „beruhigend“,

„ausgleichend“ und „konzentriert“, wobei ersterer am häufigsten genannt wird.

Begrifflichkeiten zur ‚Bewegung Slackline’ mit den Adjektiven „dynamisch“,

„außergewöhnlich“, „neu“, „faszinierend“, „vielfältig“ und „spannend“ kommen zu 26,9%

vor. Die Begriffe „anstrengend“, „schwierig“ und „herausfordernd“ sind dem Bereich der

physischen Aspekte (23,3%) zugehörig. Eine geringere Anzahl an Nennungen erhält der

Begriff „spaßig“, welcher der Kategorie ‚Szene’ zugeordnet wurde. Nur wenige Nennungen

können Adjektive des Bereichs ‚Gegenstand Slackline’ (4,8%) (bspw. „benutzerfreundlich“,

„unaufwändig“ und „spontan“) vorweisen.

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Slacklinen – ein neuer Trendsport?

63

Abb. 17: Kategorien der genannten Slackline-Adjektive

Interpretation

Slacklinen stellt auf physischer Ebene eine anfangs schier unlösbare Bewegungsaufgabe dar.

Wackelige Knie und das Verlieren des Gleichgewichts auf der Slackline sind dabei völlig

normal. Aufgrund des hohen prozentualen Anteils scheint es notwendig, auch dem mentalen

Aspekt eine hohe Beachtung zu schenken. Beim Slacklinen handelt es sich somit um eine

Bewegungsform, die sehr viel Konzentration erfordert und nur dann gelingt, wenn der Körper

auch auf mentaler Ebene leistungsbereit ist.

Frage19: „Glaubst Du, dass Du einen eigenen Stil hast?“

Darstellung der Ergebnisse

61% verneinen diese Frage, 39% der Slackliner geben einen eigenen Stil an (siehe Abb. 18).

Abb. 18: „Ja-Nein“ Verteilung in Bezug zum eigenen Slackline-Stil

Page 69: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

64

Interpretation

Diese Frage steht in Zusammenhang mit dem Stilisierungsmerkmal nach Jürgen Schwier.

Nach dem Beschreiben eines eigenen Stils weitere Anzeichen für eine Stilisierung

herausgearbeitet werden (vgl. Abb. 19). Auffallend ist dabei, dass beinahe die Hälfte der

Befragten (42,5%) ihren Stil als „eigenen Stil“ charakterisiert, dabei jedoch nicht weiter ins

Detail geht. Weitere Bezeichnungen für Stile sind: „langsam und kontrolliert“ (22,5%),

„anmutig und ästhetisch“ (17,5%), „kraftvoll statt Technik (7,5%). 5% betiteln ihren Stil als

„zittrig, wackelig“ und „schnell, hohes Tempo, viele Tricks“.

Abb. 19: Kategorienunterteilung der verschiedenen genannten Slackline-Stile

Unterzieht man diese Frage einem Vergleich mit dem angegebenen Könnensgrad der

Slackliner aus Frage 37, so geben bereits fünf ‚Anfänger’ einen eigenen Stil an, welchen sie

als „wackelig, zittrig“ bzw. „kraftvoll statt Technik“ bezeichnen. Die Angaben der

‚Fortgeschrittenen’ sind über das gesamte Antwortenspektrum gestreut, wobei hauptsächlich

„eigener Stil“ genannt wurde. Alle ‚Profis’ weisen sich einen bestimmten Stil zu, der als

„langsam und kontrolliert“, „anmutig, ästhetisch“ und „eigener Stil“ beschrieben wird. Je

fortgeschrittener jemand in der Bewegungsform des Slacklinens ist, desto eher wird er seinen

eigenen Stil entwickeln und definieren. Diese Annahme steht in engem Zusammenhang mit

der Beobachtung, dass sich Slacklinen bislang in einem Entwicklungsstadium befindet und

sich nur diejenigen einen eigenen Stil zuschreiben, welche der Bewegungsform bereits seit

längerem treu sind. Die Aussagen der Befragten würden sich vermutlich im Verlauf der Zeit

ändern, z.B. bei einer erneuten Befragung derselben Teilnehmer in einigen Jahren.

Page 70: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

65

Abb. 20: Verteilung der Angaben bezüglich des Stils nach Könnensgrad

Frage 20: „Wie würdest Du den Typ „Slackliner“ charakterisieren?“

Diese Frage zielt ein weiteres Mal auf das Merkmal der Stilisierung nach Jürgen Schwier ab.

Die angegebenen Stichworte (n=216) wurden zusammengefasst und anschließend ihrer

Häufigkeit nach geordnet. Dabei wurde vom üblichen Verfahren abgewichen, da die

prozentualen Angaben nicht in Beziehung zur Summe der genannten Stichworte stehen,

sondern sich auf die „valid cases“ beziehen. Die Zahl der valid cases ist in diesem Fall auf

n=98 begrenzt, da vier der Befragten keine Angaben machten und als „missing value“ gelten.

Darstellung der Ergebnisse

Die Charaktereigenschaften „lässig“ und „hilfsbereit“ dominieren bei den Antworten (über

ein Drittel), gefolgt von den Kategorien „kreativ, Spaß am Probieren und Experimentieren“

und „sportlich“. „Naturverbunden“ (19,4%), „ehrgeizig“ (16,3%), „alternativ“ (13,3%) sowie

„konzentrationsfähig“ (11,2%) folgen als weitere Charakterbeschreibungen. 7,1% sehen in

Slacklinern „lustige, lebensfrohe“ Menschen, 4,1% bezeichnen sie als „jung und dynamisch“

und 2% als „risikofreudig“. Fast ein Viertel der Befragten sind der Meinung, dass man „den

Slackliner“ charakterlich nicht beschreiben und abgrenzen kann und weisen ihm daher das

Attribut „kein bestimmter Typ“ (23,5%) zu (vgl. Abb. 21).

Page 71: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

66

Abb. 21: Darstellung der verschiedenen Slackliner-Charaktereigenschaften

Interpretation

Das Wort „lässig“ ruft einen Zusammenhang zum Kapitel „Trends als Metaphern“ mit der

Aufführung des Begriffes slack als Adjektiv in Erinnerung und stützt somit die theoretischen

Ausführungen. Im theoretischen Teil dieser Arbeit wird ebenfalls das Ethos vieler Slackliner

angeführt, Passanten bei Fragen Auskunft über den Sport zu geben und gegebenenfalls

Hilfestellung beim Ausprobieren zu leisten. Diese Einschätzung spiegelt sich in der häufigen

Nennung der Kategorie „hilfsbereit“.

Dass Slacklinen durchaus der Kreativität förderlich ist und der Umsetzung anderer

Bewegungsaufgaben dienen kann, zeigt die Häufigkeit der Antwort „kreativ, Spaß am

Probieren und Experimentieren“. Der Spaß am Experimentieren und Ausprobieren wird mit

Sicherheit gefördert und kann einen Ausgleich zur Arbeitswelt und dem Berufsleben bieten.

Als äußerst interessant erscheint die Kategorie „kein bestimmter Typ“. Dies beschreibt

letztlich, dass jeder Mensch Slacklinen ausprobieren und erlernen kann, was auch die

Meinung des Verfassers stützt. Man muss weder „Super-Sportler“ noch im Klettersport

bewandt sein oder einen turnerischen Background haben, kann klein oder groß, dick oder

dünn, sportlich oder unsportlich, talentiert oder untalentiert sein – jeder kann im Slacklinen

genau das finden was er möchte. Slacklinen bietet somit die Möglichkeit zur Selbsterkundung

und zum Spiel mit dem Gleichgewicht, es ist jedem zugänglich.

Page 72: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

67

Frage 32: „In welchem Maße stimmst Du der folgenden Aussage zu?“

Darstellung der Ergebnisse

Bei dieser Frage wurden vier Aussagen vorgegeben, welche die Befragten jeweils bewerten

sollten. Dabei wurde erneut der soziale Charakter des Slacklinens hinterfragt

(Antwortmöglichkeit a). Die Aussagen b) – d) stellen nochmals einen Bezug zum

Extremisierungsmerkmal nach Schwier her.

Für a) ergibt sich aus Tabelle 15, dass für ein Fünftel der Befragten der gesellige Charakter

des Slacklinens voll zutrifft, für knapp die Hälfte trifft dies eher zu. Diesen Sachverhalt für

nicht zutreffend erachten 28% der Slackliner, für 5% der Befragten trifft diese Aussage

überhaupt nicht zu.

36% der Slackliner sehen es als voll zutreffend, dass sie sich ständig verbessern und mehr

Tricks lernen wollen, 12% sehen dies als eher zutreffend und 17% als eher nicht zutreffend,

lediglich 1% gaben ihre Bewertung unter ‚trifft überhaupt nicht zu’ ab. In Bezug zu Aussage

c) (Ich will immer längere Lines gehen können) konzentriert sich die Mehrzahl der Befragten

bei den Möglichkeiten ‚trifft eher nicht zu’ (46%) und ‚trifft eher zu’ (49%). Für 38% trifft

diese Aussage voll zu. Bei Aussage d) zur Begehung einer Highline ist die Stimmverteilung

breit gefächert. 39% und damit den meisten Zuspruch erhält ‚trifft voll zu’ gefolgt von 31%

bei ‚trifft eher zu’. Knapp ein Drittel distanzieren sich eher von dieser Aussage und teilen zu

20% ihre Antworten unter ‚trifft eher nicht zu’ und 10% unter ‚trifft überhaupt nicht zu’ auf.

Tab. 15: Darstellung von Frage 32

In welchem Maße stimmst Du der folgen Aussage zu? Trifft

überhaupt nicht zu

Trifft eher nicht zu

Trifft eher zu

Trifft voll zu

a) Beim Slacklinen ist mir der gesellige Charakter am wichtigsten!

5% 28% 47% 20%

b) Ich will mich beim Slacklinen ständig verbessern und mehr Tricks lernen!

1% 17% 12% 36%

c) Ich will eine immer längere Line gehen können! 1% 46% 49% 38%

d) Ich will bald eine Highline begehen können! 10% 20% 31% 39%

Interpretation

Die Ergebnisse zeigen, dass die prozentuale Verteilung der Antworten zu den vier Aussagen

eher im positiven Bereich (‚trifft voll zu’ und ‚trifft eher zu’) liegt. Für den Antwortenbereich

b) bis d) deutet dies auf eine zunehmende Extremisierung hin. Die Aussagen, dass Slackliner

ihre Tricks ständig verbessern (36% und 12%), immer längere Lines (38% und 49%) und

auch bald eine Highline begehen wollen (39% und 31%) zeigen, dass sie die individuellen

Page 73: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

68

Grenzen immer weiter verschieben möchten und bestätigen das Extremisierungsmerkmal

nach Schwier. In Slackliner-Kreisen beobachtete der Verfasser bereits einzelne Slackliner, die

den Moment nach einer erfolgreichen Longline-Begehung zwar genossen, jedoch kurze Zeit

später bereits auf der Suche nach einem größeren Abstand der Fixpunkte waren. Reichte die

Länge des Bandes nicht aus, so wurde bei den Slacklineherstellern ein längeres Band bestellt.

Immer höher gespannte Highlines an immer exotischeren Orten stehen ebenfalls für eine

Verschiebung des bisherigen Limits in Richtung Extremisierung und für die Tendenz unter

Highlinern, sich fast unüberwindbaren Herausforderungen auszusetzen.

Das vorherige Kapitel stellt die Ergebnisse des Bereichs Trendsport aus dem Fragebogen dar,

die der Erfragung des Merkmalskatalogs nach Schwier dienten. Zusammenfassend bestätigte

die empirische Untersuchung die theoretische Analyse der Merkmale angewendet auf

Slacklinen aus Kapitel 4.1. Somit kann H1 (Slacklinen ist aufgrund des Merkmalskatalogs

nach Jürgen Schwier ein Trendsport) als bestätigt angesehen werden.

6.3.5 Fragen nach Volker Nagel

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der modifizierten Fragen nach Volker Nagel

dargestellt. Die Interpretation dient dazu, eine Prognose und damit eine Aussage bezüglich

Arbeitshypothese H3 (Slacklinen wird sich aufgrund des positiven Befundes bezüglich der

Akzeptanzkriterien nach Volker Nagel weiter verbreiten können und ist somit ein Trendsport)

abzugeben.

Darstellung der Ergebnisse

Die prozentuale Verteilung bei Frage 21 zeigt, dass 67,3% glauben, Slacklinen lasse sich

‚schnell’ erlernen, 7,9% glauben sogar ‚sehr schnell’. Bezüglich der Schwierigkeit des

Erlernens der neuen Bewegungsform (Frage 22) erhält weder der Pol ‚sehr einfach’ noch der

Gegenpol ‚sehr schwierig’ eine Zuweisung. Als ‚Einfach’ erachten hingegen 54,5% und als

‚eher schwierig’ 35,6%, das Erlernen der neuen Bewegungsform, 9,9% sind der Meinung es

sei ‚schwierig’. Der Großteil der Befragten vermutet, dass sich ‚schnell’ (59,4%) positive

Bewegungserlebnisse erschließen (Frage 23), ‚sehr schnell’ meinen 20,8%, ‚eher langsam’

glauben 18,8% und 2,0% denken, dass dies nur langsam möglich ist (vgl. Tab. 16).

Page 74: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

69

Tab. 16: prozentuale Verteilung der Fragen 21, 22, 23 des Fragebogens

Frage 21: Wie schnell lässt sich Deiner Meinung nach das Slacklinen erlernen?

Sehr langsam Langsam Eher langsam Schnell Sehr schnell

1,0% 5,0% 18,8% 67,3% 7,9%

Frage 22: Wie schwierig schätzt Du das Erlernen des Slacklinens ein?

Sehr schwierig Schwierig Eher schwierig Einfach Sehr einfach

0,0% 9,9% 35,6% 54,5% 0,0%

Frage 23: Was denkst Du wie schnell sich positive Bewegungserlebnisse erschließen?

Sehr langsam Langsam Eher langsam Schnell Sehr schnell

0,0% 2,0% 18,8% 59,4% 20,8%

Interpretation

Der Großteil der Ergebnisse liegt im positiven Bereich, d.h. es findet überwiegend ein

schnelles bzw. einfaches Erlernen der neuen Bewegungsform statt, was sich in reizvollen

Bewegungserlebnissen ausdrückt. Dies könnte eine positive Grundhaltung gegenüber der

Bewegungsform widerspiegeln und mit ein Grund für das neu aufkommende Interesse am

Slacklinen sein.

Eher schwierig ist hingegen die Interpretation im Vergleich mit anderen Sportarten bzw.

Bewegungsformen. Gegenüber etablierten Trendsportarten wie z.B. Skateboarden,

Snowboarden und Inlineskaten ließe sich mutmaßen, dass Slacklinen einfacher erlernbar ist.

Die genannten Trendsportarten sind jeweils mit einer gewissen Geschwindigkeit verbunden

und stellen deswegen hohe Anforderungen an das Bewegungslernen. Zur Sicherung eines

Anfängers ist in der Regel ein Könner anwesend, welcher dem Anfänger entsprechende Tipps

zum Erlernen der Bewegung gibt. Beim Slacklinen ist die Hilfestellung vergleichsweise

einfach. Natürlich können Anfänger bei den ersten Versuchen ohne einen Spotter

herunterstürzen, jedoch geschieht dies meistens aus geringer Höhe, sodass der weiche

Untergrund (z.B. Grasboden) einen Sturz abfedert. Bereits die ersten Momente auf einer

Slackline können auch mit Spotter ein positives Gefühl auslösen. Relativ schnell klappen das

alleinige Aufsteigen auf das Band und das ruhige Stehen. Dieser Moment wird von vielen

Anfängern als Anreiz zu weiteren Versuchen empfunden mit dem Ziel, die Balance länger

halten zu können.

Page 75: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

70

Frage 24: Empfindest Du Slacklinen sei ein äußerlich attraktives Geschehen?

Darstellung der Ergebnisse

Diese Frage bejahen 91,2% aller Umfrageteilnehmer, die restlichen 8,8% sind gegenteiliger

Meinung.

Abb. 22: „Ja-Nein“ Verteilung zur äußerlichen Attraktivität des Slacklinens

Interpretation

Als attraktiv wird Slacklinen vor allem aufgrund seines ‚geschmeidigen Bildes’ und seiner

‚spektakulären und faszinierenden Wirkung auf Passanten’ empfunden (vgl. Abb. 22). Dies

stellt wieder den Bezug zu Jürgen Schwier her: Das Ausführen einer Bewegungsform wird

zur kulturellen Ausdrucksform, „deren Code von Außenstehenden nicht vollständig zu

dechiffrieren ist“ (Schwier, 1998, S.10). Slacklinen sieht von außen betrachtet spektakulär aus

und fügt sich bei Könnern zu einem geschmeidigen Bild aus rhythmischen und harmonischen

Bewegungen zusammen. Die eigentliche Schwierigkeit, d.h. eine Line begehen, Tricks

vollführen und dabei die Balance aufrecht zu halten, ist jedoch von Außenstehenden nicht

vollständig zu erkennen. Das Zitat von Schwier weist auf einen zentralen Aspekt des

Slacklinens hin. Das völlige Aufgehen in der Ausübung von Tricks, „sich nicht von Passanten

aus der Konzentration bringen zu lassen“, ist gleichzeitig Ausdrucksform dieser Kultur. Die

Bewegungskünstler geben sich als Slackliner, zeigen gerne was sie können und genießen es

dabei bestaunt zu werden.

Page 76: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

71

Frage 25 („Ist Slacklinen Deiner Meinung nach ‚bequem’ und spontan nutzbar?“) stellt für die

Zuordnung der Bewegungsform Slacklinen eine äußerst wichtige Komponente dar.

Darstellung der Ergebnisse

Unschwer lässt sich erkennen, dass 84,3% die Balancierform für bequem und spontan nutzbar

halten. Unter den Antworten können drei Bereiche differenziert werden: „Nur 2 Bäume,

Fixpunkte nötig“ (29,3%), „leicht transportabel, schnell aufgebaut“ (54,3%) und „keine extra

Kleidung nötig“ (2,6%). Als negativ merkt ein Teil der Befragten an, dass die Slackline „nicht

überall zu kaufen“ ist (2,6%) und dass „man es aufbauen muss“ (10,3%) (vgl. Tab. 17).

Tab. 17: Spontane Nutzbarkeit des Slacklinens und Antwortkategorien zu Frage 25

Gesamt Nur 2 Bäume,

Fixpunkte nötig

leicht transportabel, schnell aufgebaut

keine extra Kleidung nötig

nicht überall zu kaufen

man muss es aufbauen

ja 84,3% 29,3% 54,3% 2,6% - -

nein 15,7% - - - 2,6% 10,3%

Interpretation

Der „Gegenstand Slackline“ und der Materialumgang scheinen bei dieser Frage eine zentrale

Rolle für Slackliner zu spielen. Eine Slackline bzw. ein Set wird vermutlich als bequem und

spontan angesehen, wenn es gut in einem Rucksack verstaut und zu einem geeigneten Platz

mit zwei Bäumen transportiert werden kann. Auch die kurze Aufbauzeit und dass ‚keine extra

Kleidung nötig’ ist könnte in diese Kategorie fallen. Die Kategorie ‚man muss es aufbauen’

steht laut Meinung mancher Befragter offensichtlich einer spontanen Nutzung im Weg.

Frage 26: „Ist Slacklinen Deiner Meinung nach ortsunabhängig?“

Darstellung der Ergebnisse

79,4% betrachten Slacklinen als einen ortsunabhängigen Sport und beziehen sich darauf, dass

„überall 2 Bäume vorhanden“ (67,7%) sind und die Slackline „tragbar“ (13,1%) ist. 20,6%

verneinen diese Ortsunabhängigkeit damit, dass Bäume nicht überall bzw. „nur in gewissen

Plätzen vorhanden“ sind (vgl. Tab. 18).

Tab. 18: Ortsunabhängigkeit des Slacklinens

Gesamt überall 2 Bäume vorhanden tragbar Bäume nur in gewissen Plätzen

vorhanden

Ja 79,4% 67,7% 13,1% -

Nein 20,6% - - 19,2%

Page 77: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

72

Interpretation

Diese Frage hängt eng mit der vorherigen Frage zusammen. Ursprünglich listete Volker

Nagel diese beiden Fragen zusammengefasst auf und untersuchte, ob das Gerät/die

Bewegungsform wohnortnah einsetzbar und ortsunabhängig sind. Eine getrennte

Beantwortung dieser Frage erschien dem Verfasser dieser Arbeit jedoch sinnvoll.

Für die von Nagel untersuchte Sportart, das Inlineskaten, wird lediglich ein geeigneter

Untergrund zum Rollen benötigt. Diesen findet man direkt vor der Haustür, in Form von

Gehwegen, Radwegen und wenig befahrenen Straßen. Slacklinen zeigt eine ähnliche

Ortsunabhängigkeit: Eine Slackline wird an einem Platz mit zwei Bäumen bzw. Fixpunkten

aufgebaut, was sich z.B. in städtischen Parkanlagen gut realisieren lässt. Im Vergleich zu

Sportarten wie Joggen oder Mountainbiken ist Slacklinen aufgrund der benötigten Fixpunkte

hingegen als stärker abhängig von einem geeigneten Platz einzustufen.

Frage 27: „Wie siehst Du den finanziellen Aufwand?“

Darstellung der Ergebnisse

Fast zwei Drittel aller Befragten sind sich einig, dass Slacklinen keinen besonders hohen

finanziellen Aufwand benötigt. Etwas mehr als ein Drittel schätzt den finanziellen Aufwand

als mittel ein, lediglich 1% glaubt der finanzielle Aufwand sei hoch (vgl. Abb. 23).

Abb. 23: Prozentuale Verteilung in Bezug zum finanziellen Aufwand

Interpretation

Da die Preise für Slackline-Sets schon unter 50 Euro beginnen, ist nachzuvollziehen, dass so

viele Slackliner dies als kostengünstige Bewegungsform betrachten. Anfänger sowie

Fortgeschrittene können für diesen geringen Geldbetrag qualitativ gute Sets mit einer Länge

von 15m bekommen. Darauf lassen sich ohne weiteres viele Tricks erlernen und sie können

ebenso als Sprungline verwendet werden.

Page 78: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

73

Die Grenze zwischen einem mittleren bis hohen finanziellen Aufwand ist nur schwer zu

ziehen und wird individuell verschieden ausfallen. Wendet man für Slackline-Material

zwischen 70 und 150 Euro auf, so erhält man dafür qualitativ hochwertige Profisets mit

entsprechend längeren Lines. Womit lässt sich der Betrag für ein Slackline-Set am ehesten

vergleichen? In einem Fitnessstudio der oberen Kategorie ist ein monatlicher Zahlungsbetrag

von 50 Euro keine Seltenheit. Laufschuhe kosten zwischen 80 und 150 Euro, sollten bei

häufigem Gebrauch jedoch aufgrund des nachlassenden Dämpfungssystems schon nach etwa

einem halben bis dreiviertel Jahr ausgetauscht werden. Ein gutes Mountainbike beginnt bei

circa 1000 Euro, Skateboarder und Inlineskater bezahlen für ihre Sportgeräte in der Regel

über 100 Euro. Für ein Snowboard mit Schuhen und entsprechender Bekleidung samt Helm

sind mehrere 100 bis 1000 Euro fällig. Im Vergleich zu anderen Sportarten handelt es sich

beim Slacklinen somit um einen eher kostengünstigen Sport. Anfängern genügt in der Regel

ein Set bzw. eine Slackline für die Ausübung aller Disziplinen des Lowlinebereiches. Des

Weiteren benötigt man wie bereits erwähnt keine spezielle Sportkleidung bzw. Schuhe.

Außerdem könnten sich mehrere Personen das „Sportgerät“ Slackline teilen und gemeinsam

nutzen, was bei anderen zum Vergleich herangezogenen Sportarten kaum möglich ist.

Frage 28: „Denkst Du Slacklinen wird dauerhaft interessant und reizvoll sein?“

Darstellung der Ergebnisse

In dieser Frage sind sich die Umfrageteilnehmer nahezu einig. 89% vertreten die Meinung,

Slacklinen wird dauerhaft interessant und reizvoll sein, 9% verneinen diese Frage, 2% können

nicht in die Auswertung eingehen, da keine Bewertung abgegeben wurde. Bei den

Befürwortern lassen sich vier Bereiche, bei den Gegnern entsprechend drei Antwortbereiche

unterscheiden (vgl. Abb. 24 und 25).

Abb. 24: Prozentuale Verteilung aus Frage 28

Page 79: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

74

Abb. 25: Kategorisierung der Antworten aus Frage 28

Interpretation

Am häufigsten (38,2%) wird als Begründung für einen überdauernden Anreiz des Slacklinens

der Aspekt genannt, dass es immer neue Schwierigkeiten aufzuweisen vermag (vgl. Kap. 5.1).

Durch kreatives Ausprobieren auf der Slackline entstehen neue Bewegungen und

Kombinationsmöglichkeiten von Bewegungen, sodass man sich stets neue Ziele setzen kann

(z.B. bei der Disziplin des Lowlinens die Unterdisziplin Longline oder die etwas neuere

Unterdisziplin ‚Wasserline’, die völlig andere Anforderungen an den Slackliner stellt). Auch

neue Ideen wie z.B. das Verbinden der Augen und damit der Wegfall eines optischen

Fixpunktes und die Reduktion der Sinne auf den Tastsinn oder das Balancieren verschiedener

Gegenstände (z.B. Tabletts mit gefüllten Wasserbechern) erhöhen den Reiz dieser

Bewegungsform. Auch Jonglieren und das Aus- und Anziehen von Kleidungsstücken

während des Slacklinens stellen selbst Könner vor eine große Herausforderung.

Der „Zusammenhang der Physis und Psyche“ (18,6%) als überdauernder Reiz hat seinen

Ursprung in der Ansicht vieler Slackliner, dass Slacklinen als ganzheitliches

Bewegungsprogramm interessant erscheint. Die ständig erforderliche Konzentration zur

Bewältigung der Slackline schärft die Sinne und richtet den Fokus auf das Tun selbst. Der

Körper erfährt durch das ständige Anspannen und Entspannen des Muskelapparates einen

kräftigenden Effekt. Es entsteht ein neues Körpergefühl, dessen Verbesserung als weiterer

Anreiz gesehen werden kann.

Die Aussage, Slacklinen werde sich weiterentwickeln, weist auf eine mögliche zukünftige

Etablierung des Slacklinens als Sportart hin. Für Schulen und Kindergärten könnte es im

Sinne der Bewegungserziehung reizvoll sein, Erwachsene könnten im Rahmen der

Page 80: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

75

Betrieblichen Gesundheitsförderung davon profitieren47. In der Erlebnispädagogik, bei

Incentives48 und in der medizinischen und psychischen Therapie wäre es ebenso denkbar.

Die genannten Antworten „Trend, wird wieder abklingen“ (5,9%), „schwer dran zu bleiben,

man muss üben“ (4,9%) und „nicht für die große Allgemeinheit“ (1,0%) zeigen eher eine

negative Haltung gegenüber der Beständigkeit des Slacklinens. Nach Meinung des Verfassers

ist die Antwortkategorie „schwer dran zu bleiben“ keine slacklinespezifische Antwort,

sondern eine auf den Sport im Allgemeinen übertragbare. Ohne Fleiß kein Preis – wenn man

sich in einer Sportart im Allgemeinen und beim Slacklinen im Besonderen verbessern möchte

(Perfektion von z.B. Tricks), ist regelmäßiges Üben die Voraussetzung. Jedoch steht dies in

keinen Zusammenhang zu der Frage, ob Slacklinen dauerhaft interessant und reizvoll sein

wird.

Die Antwort „Trend, wird wieder abklingen“ zeigt, dass die Befürworter dieser Kategorie

Slacklinen vermutlich zum jetzigen Zeitpunkt als einen Trend betrachten. Im Allgemein

klingt etwas, das zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Trend ist, auch wieder ab. Nordic

Walking lässt sich hierfür als Beispiel nennen. Die Sportart erfuhr vor etwa fünf Jahren einen

enormen Zuwachs an Aktiven und Kursteilnehmern. Die Bewegungsform war ein Trendsport,

jedoch hat sie sich mittlerweile dem etablierten Sport angefügt und wird als Breiten- bzw.

Freizeitsport angesehen. Dieser Sachverhalt ist jedoch beim Slacklinen noch nicht eingetreten,

denn Slacklinen erlebt zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit erst einen Zulauf an

Interessierten. Der Verfasser ist daher der Ansicht, dass diese Antwort zwar berechtigt ist, da

dieser Sachverhalt für gewöhnlich regelmäßig bei einem Trend eintritt, jedoch auf Slacklinen

noch nicht übertragbar ist.

Zusammenfassung Frage 29 und 30: „Ist Slacklinen positiv für gemeinsame Aktivitäten für

Paare bzw. in heterogenen Gruppen?“

Darstellung der Ergebnisse

Slackliner stimmen im Wesentlichen überein, dass diese Bewegungsform als gemeinsame

Aktivität für Paare (80,4%) und heterogene Gruppen (89,2%) geeignet ist. Lediglich 10%

bzw. 7% der Befragten verneinen dies (vgl. Abb. 26 und 27).

47 Dies wurde laut Aussage von Tillmann Müller bereits in einem Unternehmen am Bodensee erprobt. 48 Incentives sind Geld- oder Sachprämien, Reisen oder Veranstaltungen die von Unternehmen eingesetzt werden um Einzelpersonen oder Gruppen zu beeinflussen, zu motivieren oder zu belohnen. Die ursprüngliche Bedeutung ist vergleichbar mit dem deutschen Begriff Anreiz.

Page 81: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

76

Abb. 26: Prozentuale Verteilung der Antworten zu Frage 29

Abb. 27: Prozentuale Verteilung der Antworten zu Frage 30

Interpretation

Diese beiden Fragen sollen abklopfen, ob Slacklinen für eine Ausübung in heterogenen

Gruppen oder als Paar geeignet ist. Dieses Merkmal spielt eine nicht unbedeutende Rolle bei

der Frage, ob sich ein Trendsport etablieren kann oder wieder abklingt. Für eine erfolgreiche

Verbreitung der Trendsportart ist damit nicht Leistung ein entscheidender Faktor, sondern der

gemeinsame Spaß am Ausüben einer Tätigkeit. Dass dies beim Slacklinen zweifelsohne

gegeben ist, zeigen die Prozentwerte von 80% bzw. 89% der Befürworter. Im Vergleich zum

Joggen oder Radfahren stellt z.B. ein Leistungsunterschied beim Slacklinen keinen

Hinderungsgrund dar, gemeinsam die Bewegung auszuüben. „Du bist mir zu schnell beim

Joggen“ oder „So weite Strecken wie Du halte ich beim Radfahren nicht durch“ sind

Aussagen, die leicht nachvollziehbar sind. Die Bewegungsform Slacklinen kann zumeist von

mehreren Personen am selben Ort ausgeübt werden. Zudem besteht die Möglichkeit sich eine

Slackline zu teilen oder eventuell zwei verschiedene Lines zu spannen. Beim Sichern hilft

man sich gegenseitig, gibt den anderen Tipps oder entspannt sich in der Sonne und beobachtet

die anderen.

Page 82: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

77

Sehr gut lässt sich diese Art der sportlichen Betätigung nach Meinung des Autors z.B. auf

Schulklassen übertragen, die als heterogene Gruppen mit spezieller Gruppendynamik gelten.

In Schulprojekten wurde dies vom Verfasser bereits erfolgreich umgesetzt.

Für Slacklinen in heterogenen Gruppen und als Paar sprechen folgende ausgewählte

Antworten:

• „Ja, weil sich jeder auf sich konzentrieren kann und man immer doch gemeinsam

etwas macht und zwischendurch auch Zeit zum reden hat“

• „Ja, weil Männer und Frauen es gleich gut beherrschen können und es unheimlich

entspannt“

• „Ja, weil es ganz egal ist auf welcher Leistungsstufe man steht, man sich gegenseitig

helfen kann und gemeinsam einfach Zeit verbringen und dabei chillen kann“

• „Ja, weil man zu zweit auf der gleichen Line ein ganz neues Gefühl von Nähe, Distanz

und Abhängigkeit bekommt“

• „Ja, weil man gemeinsam neue Tricks erfinden kann“

• „Ja, weil gemeinsame Erfolgerlebnisse und Körperkontakte schweißen zusammen“

• „Ja, weil Berührungsängste abgebaut und Schlüsselqualifikationen wie z.B.

Teamarbeit erlernt werden können“

Ablehnend standen einige Studienteilnehmer der Frage nach dem gemeinsamen Ausüben des

Slacklinens mit einem Partner mit der Begründung gegenüber, es sei von Vorteil, beim

Slacklinen seine Ruhe zu haben und nicht von einem Partner bevormundet zu werden.

Das vorherige Kapitel stellt die Ergebnisse der modifizierten Akzeptanz-Kriterien nach

Volker Nagel aus dem Fragebogen dar. Diese dienen der Überprüfung der Hypothese H3

(Slacklinen wird sich aufgrund des positiven Befundes bezüglich der Akzeptanz-Kriterien

nach Volker Nagel weiter verbreiten können und ist somit ein Trendsport). Aufgrund des

weitgehend positiven Befundes der Ergebnisse kann man davon ausgehen, dass sich

Slacklinen weiter verbreiten wird (und es somit auch zu den Trendsportarten gezählt werden

kann). H3 kann demnach als bestätigt gelten.

Page 83: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

78

6.3.6 Funktionsfragen

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Funktionsfragen dargestellt, welche gleichzeitig

eine Prognose für Slacklinen erlauben.

Frage 14: „Was zeichnet Deiner Meinung nach einen Trendsport aus?“

Darstellung der Ergebnisse

Ein Drittel (34,9%) der Befragten sind sich darin einig, dass sich ein Trendsport durch eine

‚steigende Teilnehmerzahl und eine schnelle Verbreitung’ auszeichnet. 22,6% sehen in einem

Trendsport etwas neues, plötzlich Auftretendes, 17,8% glauben dass ‚Spaß, keine Regeln,

Ortsungebundenheit’ kennzeichnend sind, während 11% einem Trendsport ‚innovative und

abstrakte Ideen’ zuschreiben (vgl. Abb. 28).

Abb. 28: Prozentuale Verteilung der Antwortkategorien bezüglich Trendsport im Allgemeinen

Interpretation

Bei dieser Frage wurde nach der subjektiven Meinung der Umfrageteilnehmer in Bezug auf

Trendsport im Allgemeinen gefragt. Offensichtlich sind die Befragten der Ansicht, ein

Trendsport unterscheide sich vom etablierten Sport nicht durch Wettkämpfe und das Befolgen

von Regeln, sondern durch den damit verbundenen Spaß an der Bewegung und die

Ortsungebundenheit. Großen Zuwachs erfährt ein Trendsport nach Meinung des Autors vor

allem aufgrund des vorherrschenden Zeitgeistes49 und durch innovative und abstrakte Ideen.

Die häufige Nennung der Antwortkategorie ‚steigende Teilnehmerzahlen, schnelle

49 Zeitgeist: für eine bestimmte geschichtliche Zeit charakteristische allgemeine Gesinnung, geistige Haltung (Duden – Das Bedeutungswörterbuch, 2002, S.1070)

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Slacklinen – ein neuer Trendsport?

79

Verbreitung’ könnte damit begründet werden, dass in kurzer Zeit viele Menschen von einer

jungen und neuen Bewegungsform begeistert sind, sie ausprobieren und in ihrem

Lebensstilkontext integrieren was dazu führen kann, dass der neue Trendsport überall zu

sehen ist.

Die bedeutende Rolle der Medien bei der Verbreitung einer neu aufkommenden

Bewegungsform darf ebenfalls nicht unterschätzt werden, wie der Anteil von 9,6% am

Gesamtergebnis zeigt. Vermutlich tragen sie einen entscheidenden Teil dazu bei, dass

Menschen erst durch deren Berichterstattungen auf eine junge und unbekannte

Bewegungsform aufmerksam werden.

Ein geringer Prozentsatz der Befragten ist der Ansicht, ein Trendsport sei ein von der

Sportartikelindustrie entworfenes Produkt oder eine Marketingstrategie, welche der

Umsatzsteigerung dienen soll.

Die Aussage ein Trendsport sei aus den USA, deckt sich mit den Aussagen zur Globalisierung

in Kapitel 3.1.

Frage 15: „Ist Slacklinen Deiner Meinung nach ein Trendsport?“

Darstellung der Ergebnisse

Über ein Drittel der Umfrageteilnehmer sehen im Slacklinen einen Trendsport. Als Gründe

für diese Entscheidung geben 19,2% ‚neu’, 2,9% ‚aus den USA’, gut ein Drittel ‚immer mehr

Leute kennen und machen es’ und ‚Spaß, keine Regeln, Erfolge in kurzer Zeit’ (11,5%) an.

15,4% der Befragten ordnen Slacklinen nicht dem Trendsport zu bzw. sind sich nicht sicher.

Laut den Befragten sprechen Argumente wie ‚nicht die Dimension von Trendsport erreicht,

nicht populär genug’ (15,4%) dagegen. Die Antworten ‚noch zu sehr ein Randsport’ (3,8%)

sowie ‚noch sehr jung und neu’ (11,5%) stehen für eine nicht eindeutige Zuordnung (vgl. Tab.

19).

Tab. 19: Antwortenspektrum zu Slacklinen als Trendsport

Ja, weil Nein, weil Bin mir nicht sicher, weil

Neu Kommt aus den

USA Immer mehr Leute

kennen und machen es

Spaß, keine Regeln,

Erfolge in kurzer Zeit

Nicht die Dimension von Trendsport erreicht, nicht populär genug

Noch zu sehr ein Randsport

Noch sehr jung und neu

19,2% 2,9% 35,6% 11,5% 15,4% 3,8% 11,5%

69,2% 15,4% 15,4%

Page 85: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

80

Interpretation

Mit dieser Frage soll ein direkter Bezug zur Bewegungsform Slacklinen hergestellt werden.

Bei der prozentualen Verteilung der Antworten fällt ins Auge, dass die Unterkategorien für

die Zustimmung zum Trendsport fast identisch mit vier Antwortkategorien aus der vorherigen

Frage sind. ‚Neu’ ist in Frage 14 mit dem Wert 22,6% vertreten, in Frage 15 mit 19,2%.

‚Steigende Teilnehmerzahlen, schnelle Verbreitung’ (34,9%) verglichen mit ‚immer mehr

Leute kennen und machen es’ (35,6%) zeigt ebenfalls einen Zusammenhang zwischen den

beiden Fragen. Auch ‚Spaß, keine Regeln, ortsungebunden’ (17,8%) aus Frage 14 ist

prozentual vergleichbar mit der ähnlichen Kategorie ‚Spaß, keine Regeln, Erfolge in kurzer

Zeit’ (11,5%) aus Frage 15. Einen ähnlich geringen Prozentsatz weisen die Variabeln ‚kommt

aus den USA’ (1,4% und 2,9%) in beiden Fragen auf. Die Ähnlichkeit der Antworten beider

Fragen belegt, dass Slacklinen von den meisten Befragten als Trendsport gesehen wird.

Frage 31: „Sind Deiner Meinung nach Slackline-Workshops sinnvoll?“

Darstellung der Ergebnisse

Eine negative Haltung gegenüber Slackline-Workshops besitzen ein Viertel der Befragten,

zwei Drittel halten sie jedoch für durchaus sinnvoll, 7% machten keine Angabe (vgl. Abb.

29).

Abb. 29: Prozentuale Verteilung der Haltung gegenüber Slackline-Workshops

Interpretation

Die negative Haltung gegenüber Slackline-Workshops lässt sich am besten mit einer Auswahl

aussagekräftiger und unverändert aus dem Fragebogen übernommener Antworten belegen:

„nein, weil ich mir das lieber selber beibringe – mit Freunden lerne“, „nein, weil es kein

richtig und falsch gibt solange man es richtig aufbaut“, „nein, weil jeder seinen eigenen Stil

und Weg finden muss um da rauf zu kommen“ und „nein, weil man von Freunden kostenfrei

und mit weniger Konkurrenz lernen kann“. Positive Äußerungen betonen vor allem den

Page 86: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

81

Sicherheitsaspekt: „ja, weil gerade auch das Sicherheitsrisiko dem Anfänger näher gebracht

werden soll (Spanntechniken, Rücksicherung, Baumschutz,...)“, „ja, weil man in der Gruppe

schneller und besser lernt als alleine“, „ja, weil sie den Einstieg erleichtern und Tricks für

Fortgeschrittene vermitteln“, „ja, weil schnelleres ‚ungefährlicheres’ lernen mit mehr

Erfolgserlebnis“, „ja, weil unter Anleitung ist der Einstieg leichter und sicherer da der

Materialumgang und die Bewegungstechnik durch Input von einem erfahrenen Trainer

erleichtert werden kann“ und „ja, weil man einen einfachen Zugang dazu erhalten kann, unter

professioneller Anleitung es erlernen kann und auf die Sicherheit und Gefahren hingewiesen

wird“.

Frage 33: „Für welche Einrichtungen könnte Deiner Meinung nach Slacklinen interessant

sein?“

Mit dieser Frage soll zum einen eine Prognose der Slackliner bezüglich eines zunehmenden

Interesses an dieser Bewegungsform abgefragt werden, zum anderen, in welchen Bereichen

möglicherweise die weitere Verbreitung stattfindet.

Darstellung der Ergebnisse

Das Balkendiagramm (vgl. Abb. 30) listet die prozentuale Verteilung der bereits

vorgegebenen Ankreuzmöglichkeiten sowie die weiteren, von den Umfrageteilnehmern

genannten Einrichtungen auf. Für ‚Schulen’ (34%) und für ‚Reha-/Therapiezentren’ (31,1%)

wurde es zu gut einem Drittel als interessant erachtet, zu einem Viertel für ‚Vereine’.

‚Erlebnispädagogik/Incentives’ (3,4%), ‚Kindergärten’ (1,7%), ‚Sportevents’ (0,4%) und

‚Jugendcamps/soziokulturelle Veranstaltungen’ (3,8%) wurden als weitere Bereiche genannt,

in denen sich Slacklinen eventuell etablieren könnte.

Abb. 30: Prozentuale Verteilung der ermittelten Einrichtungen aus Frage 33

Page 87: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

82

Interpretation

Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Auflistung der verschiedenen Einrichtungen und

Bereiche unterschiedliche Aspekte des Slacklinens im Vordergrund stehen. Die Förderung

sozialer Interaktionen in Gruppen bzw. Schulklassen ohne Wettkampfcharakter durch eine

neuartige Bewegung, die bisher noch nicht explizit im Sportunterricht an Schulen vermittelt

wird, dürfte Slacklinen für die Institution Schule interessant machen. In Rehabilitations- und

Therapiezentren könnte eher der physische Aspekt des Slacklinens zum tragen kommen.

Verschiedene Kleingeräte werden dort erfolgreich zur Kräftigung der Muskulatur, z.B. nach

Bänderrissen und Knieoperationen, eingesetzt. Slacklinen könnte spielerische Abwechslung

in das Training bringen und zur Stabilisierung der betroffenen Gelenke durch Stärkung der

dazugehörigen Muskeln und Bänder beitragen.

Auch als Therapieform für Menschen mit ADHS-Syndrom wäre Slacklinen denkbar. Geduld

ist eine wesentliche Voraussetzung für erste erfolgreiche Schritte auf der Slackline. Zudem

fördert die Bewegungsform die Konzentrationsfähigkeit, was eine Heilung und Besserung

dieses Syndroms durchaus positiv beeinflussen könnte.

Slacklinen eignet sich darüber hinaus gut als Ergänzungstraining zu anderen Sportarten. In

verschiedenen Vereinen könnte es eine attraktive Alternative zum Trainingsalltag bieten und

gleichzeitig die Gleichgewichtsfähigkeit verbessern. Prädestiniert für ein derartiges

Ergänzungstraining sind z.B. Sportarten wie Skilanglauf und Biathlon50, Skispringen (z.B. zur

Verbesserung der Landungsphase) oder Skiabfahrt51. Aber auch andere Sportarten, die ein

ausgesprochen gutes Gleichgewichtsvermögen erfordern, wie z.B. Klettern, Mountainbiken,

Wellenreiten, Snowboarden und viele andere, können vom Slacklinen profitieren.

Im Kindergarten könnte Slacklinen den psychomotorischen Bereich ergänzen. Durch

Wahrnehmung und Bewegung erschließt sich das Kind in den ersten Lebensjahren seine

Umwelt und könnte durch Slacklinen zusätzlich in dieser Hinsicht gefördert werden. In

Jugendcamps und bei soziokulturellen Veranstaltungen würde beim Slacklinen wiederum der

Gruppencharakter im Vordergrund stehen. Gegenseitiges Helfen und Sichern kann das Gefühl

der Gruppenzugehörigkeit fördern und das Vertrauen der Kinder untereinander stärken.

Slacklinen könnte ein fester Bestandteil der Freizeitgestaltung solcher Jugendevents werden.

Bei Sportevents anderer Sportarten käme Slacklinen möglicherweise als Side-Event zum

Einsatz. 50

Der Norweger Ole Einar Bjoerndalen trainiert zusätzlich sein Gleichgewicht auf einer Slackline (vgl. Mountains2b (2007), „Themenspecial Trendsport Slackline“) 51

Der amerikanische Skiabfahrtläufer Bode Miller betreibt bereits Slacklinen (vgl. http://www.nationalgeographic.com/adventure/0511/sports/bode_miller2.html, Zugriff am 08.05.02008

Page 88: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

83

Abb. 31: Kinder beim Kinderjugendfestival in Stuttgart

(Quelle: www.slackline-tools.de, 2008) Abb. 32: Ein Kind auf der Slackline

(Quelle: www.slackline-tools.de, 2008)

6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die vorliegende Umfrage ist zum einen geeignet ein differenziertes Bild über Slackliner im

deutschsprachigen Raum zu zeichnen. Zum anderen dient sie dazu, die theoretische

Sichtweise des Verfassers und die Analyse der genannten Herangehensweisen der Kapitel

„Charakteristische Merkmale von Trendsportarten allgemein und Slacklinen im Besonderen“

und „Modelle zur Entwicklung von Trendsportarten“ sowie „Akzeptanz-Kriterien nach

Volker Nagel“ zu überprüfen. Die Ergebnisse der zuletzt genannten Herangehensweise

zeigen, dass die Befragten zum größten Teil den Fragen zustimmen und Slacklinen ein

positives Fazit hinsichtlich der Akzeptanz-Kriterien zugeschrieben werden kann. Eine weitere

Verbreitung der Bewegungsform könnte durch die Dichte dieser positiven Merkmale

begünstigt werden und wird vom Verfasser als wahrscheinlich angesehen. Damit kann

Hypothese H3 (Slacklinen wird sich aufgrund des positiven Befundes bezüglich der

Akzeptanz-Kriterien nach Volker Nagel weiter verbreiten können und ist somit ein

Trendsport) als bestätigt gelten. Die Hinterfragung des Merkmalskatalogs in der empirischen

Untersuchung deckt sich ebenfalls mit der Ansicht des Verfassers aus dem theoretischen Teil,

was zur Bestätigung von H1 (Slacklinen ist aufgrund des Merkmalskatalogs nach Jürgen

Schwier ein Trendsport) führt.

Insgesamt gesehen führte der bewusst umfangreiche und sehr offen gehaltene Fragebogen zu

einer großen Antwortvielfalt. Slacklinen wird auf verschiedene Art und Weise mit den

unterschiedlichsten Motiven betrieben – ein Ergebnis, welches das Individualisierungs-

theorem aus Kapitel 3.1 stützt.

Page 89: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

84

7 Zusammenfassung und Ausblick

Ziel dieser Arbeit ist die Überprüfung der Frage, ob es sich beim Slacklinen um einen

Trendsport handelt oder nicht. Im ersten Teil der Arbeit wurde ein historischer Überblick über

Slacklinen und seine bisherige Entwicklung bis in die Gegenwart erarbeitet. Anschließend

erfolgte die Einteilung der jungen Bewegungsform in verschiedene Bereiche bzw.

Disziplinen. Hierbei kristallisierten sich zwei grundlegende Unterscheidungen von Slacklines

heraus, der Bereich Lowline mit verschiedenen Unterdisziplinen und der extremere Bereich

des Highlinens. In der Diskussion über eine Begriffsdefinition für Slacklinen wurde zunächst

seine Verwandtschaft zum Seiltanzen erörtert und das verwendete Material analysiert um

darauf basierend eine Definition für diese Bewegungsform zu formulieren.

Das zweite Kapitel beschäftigte sich ausführlich mit dem Phänomen Trendsport.

Gesellschaftliche Veränderungen, die sich auch auf den Sportbereich auswirkten, bildeten die

Einleitung zur Thematik. Mögliche Gründe für eine Partizipation an Trendsportarten lassen

sich aus Veränderungen im Sport allgemein ableiten. Schließlich wurde die Problematik des

Begriffs „Trendsport“ erörtert.

Im nächsten Kapitel wurden verschiedene Ansätze und Modelle zur Zuordnung von

Sportarten zum Trendsport aufgeführt. Dabei wurde der Merkmalskatalog nach Jürgen

Schwier beschrieben und in Zusammenhang mit dem Slacklinen gebracht. Alle genannten

Merkmale eines Trendsports können aufgrund der theoretischen Analyse und der

Umfrageergebnisse auch dem Slacklinen zugeschrieben werden, was ein erstes Indiz für eine

Zuordnung zum Trendsportbereich sein könnte. Zwei verschiedene und viel beachtete

Modelle zur Entwicklung von Trendsportarten wurden anschließend nachgezeichnet: das

semiotische Modell nach Jürgen Schwier und das am Produktlebenszyklus orientierte Modell

nach Lamprecht und Stamm.

Nach der konkreten Problemstellung erfolgte die Anwendung der Modelle zur Entwicklung

von Trendsportarten auf Slacklinen. Sowohl nach dem semiotischen Modell nach Jürgen

Schwier als auch nach dem am Produktlebenszyklus orientierten Modell nach Lamprecht und

Stamm konnte Slacklinen in seinem aktuellen Entwicklungsstadium einer Phase zugeordnet

werden. Daraus lässt sich folgern, dass diese Bewegungspraktik dem Trendsportkanon

zugeschrieben werden kann. Als äußerst interessant erschienen dem Verfasser dieser Arbeit

die Akzeptanz-Kriterien nach Volker Nagel. Daher wurden sie in den Sachverhalt dieser

Arbeit in einem separaten Kapitel aufgenommen. Da der Inhalt dieser Fragen viel

versprechend bezüglich einer Hinterfragung des Slacklinens als Trendsport klang, wurden die

Page 90: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

85

Fragen modifiziert, auf Slacklinen angepasst und in den Fragebogen der empirischen

Untersuchung in der entsprechenden Reihenfolge übernommen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Slacklinen aufgrund der vorliegenden Befunde und

unter Bezugnahme zu den aufgeführten sportwissenschaftlichen Modellen dem

Trendsportkanon zugeordnet und als „echter“ Trendsport gelten kann. Slacklinen weist

sowohl auf kultureller Ebene als auch auf Ebene des „Gerätes“ eine geschichtliche

Entwicklung auf, welche darüber hinaus durch unterschiedliche Mythen vorangetrieben

wurde und immer noch wird. Als weitere Begründung für diese Zuordnung können einige

Trendsportmerkmale nach Schwier ins Feld geführt werden, durch welche sich auch das

Slacklinen auszeichnet. Schließlich sprechen die Ergebnisse zu den modifizierten Akzeptanz-

Krizterien nach Volker Nagel für die Bezeichnung von Slacklinen als Trendsport. Auf das

Inline-Skaten bezogen bemerkte Nagel: „Diese Dichte positiver Merkmale machte und macht

eine weite und dauerhafte Verbreitung sehr wahrscheinlich“, was nach der Auswertung des

Fragebogens auch auf Slacklinen zutreffen könnte.

Nach Meinung des Verfassers kann diese Arbeit dazu beitragen, ein klareres und präziseres

Bild über Slackliner und deren Motivation bzw. Art und Weise der Ausübung dieser

Balancierform zu erhalten. Dies ist jedoch nur ein erster Schritt, eine Art Grundlage in

Richtung weiterer und tiefgründigerer Forschungen in diesem Bereich. Das umfangreiche

Themengebiet Slackline bietet vielen Teildisziplinen der Sportwissenschaft weitere

Untersuchungsmöglichkeiten, z.B. der Biomechanik und Bewegungslehre sowie der

Sportpsychologie und Sportpädagogik.

Slacklinen stellt nach Meinung des Verfassers eine wesentliche Bereicherung sowohl für die

Bewegungskultur des Freizeitsports als auch für die Sparte Ergänzungstraining im

Leistungssport dar. Dieser Bewegungsform kann besonders die Möglichkeit zum

ganzheitlichen Training durch die gleichzeitige positive Förderung der physischen (z.B.

Förderung der Gleichgewichtsfähigkeit, stabilisierende Wirkung auf Haltemuskulatur und

Bänder im Fußgelenksbereich) und psychischen Fähigkeiten (z.B. Förderung der

Wahrnehmungsfähigkeit, speziell Konzentrationsschulung) zugesprochen werden, was sie zu

einem äußerst interessanten Sport macht. Zugleich wirkt sich Slacklinen positiv auf die innere

und äußere Balance aus und sorgt damit für Ausgeglichenheit.

Besonders im Kinder- und Jugendbereich bietet Slacklinen durch seinen hohen

Aufforderungscharakter eine Möglichkeit, dem gravierend zunehmenden Bewegungsmangel

in dieser Personengruppe zu begegnen. Aufgrund der schnellen Erschließung positiver

Page 91: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

86

Bewegungserlebnisse und des benutzerfreundlichen Handlings (schneller und einfacher

Aufbau einer Line) kann es zudem einen wichtigen Beitrag für die Erschließung neuer

Räume, z.B. städtischer Bewegungsräume, leisten. Dadurch kann unter anderem eine

sozialpädagogische Wirkung erreicht werden, indem Jugendliche von der Straße geholt

werden, im Slacklinen evtl. einen neuen Inhalt finden bzw. neue Freundschaften knüpfen und

es in ihren Lebensstilkontext integrieren können. Slacklinen kann somit als motivierender

Sport angesehen werden, mit dem verschiedene Gruppen (s.o.) angesprochen werden können.

Dieses aufgeführte Wertepotential des Slacklinens bietet meiner Meinung nach einen Anreiz

für neue und weitere Forschungen mit dem Ziel, das Wissen über diese aufstrebende

Bewegungsform erweitern.

Page 92: Diplomarbeit Slackline

Slacklinen – ein neuer Trendsport?

87

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Filme:

Runschke, S. (2008). Elements – Ein Slackline Abenteuer. Waiblingen: AtelierBusche.Media.

9 Anhang

Page 95: Diplomarbeit Slackline

1

_____________________________________________________________________________________________________

Fragebogen an alle Slacklinerinnen und Slackliner

Liebe Slacklinerinnen, liebe Slackliner, derzeit arbeite ich im Rahmen meines Studiums der Sportwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen an meiner Diplomarbeit zu dem Thema „Slackline – ein neuer Trendsport?“

Um einen umfassenden Überblick über die Slackliner und deren Bewegungskultur zu erhalten habe ich einen Fragebogen konzipiert. Durch die gewonnen Erkenntnisse möchte ich die theoretische Analyse stützen oder verwerfen.

Die Meinungen und ehrlichen Aussagen eines jeden Slackliners und Slacklinerin spielen dabei für meine Arbeit eine wichtige Rolle. Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen bin ich auf Deine Mitarbeit angewiesen.

Zum Ausfüllen benötigst Du etwa 15 Minuten Zeit. Als spätester Rücklauftermin gilt der 15. März.

Ich bedanke mich schon im Voraus recht herzlich für Deine Mithilfe sowie die investierte Zeit. Durch Deine Teilnahme trägst Du dazu bei, weitere Aufschlüsse über das Slacklinen zu erhalten. Bitte speichere den Fragebogen nach dem Ausfüllen unter Word ab und sende ihn

mir an die E-Mailadresse [email protected] zurück. Viel Spaß beim Ausfüllen! Patrick Engel Hinweise zum Ausfüllen: - Alle Daten werden anonym und streng vertraulich behandelt, Namen der ausfüllenden Personen

werden daher nicht abgefragt, jedoch sind Altersangaben und das Geschlecht ein wichtiges Merkmal.

- Die meisten Fragen haben mehrere Antwortmöglichkeiten. Bitte setze beim zutreffenden Rechteck

mit der Maus ein Kreuz - Bei offenen Fragen und Fragen mit Zahlenangaben verwende bitte die vorgegebenen grauen Felder

indem Du einfach mit der Maus hineinklickst und anschließend mit der Tastatur ausfüllst.

Patrick Engel Sieben-Höfe-Str. 105

72072 Tübingen Institut für Sportwissenschaft

Page 96: Diplomarbeit Slackline

2

1 Wie bist Du auf Slacklinen aufmerksam geworden? (Mehrfachnennung möglich)

Durch Freunde Durch einen Verein

Durch die Medien Durch den (Lebens-)Partner

Durch Beobachtungen im Park

2 Wie hast Du Slacklinen gelernt?

Alleine Im Verein

Von Freunden Vom (Lebens-)Partner

In einem Kurs

3 Mit wem betreibst Du vorwiegend Slacklinen? (Mehrfachnennung möglich, bitte nur Stichworte)

Alleine, wenn ja, warum?

Mit Vereinsmitgliedern, wenn ja, warum?

Mit Freunden, wenn ja, warum?

Mit (Lebens-)Partner, wenn ja, warum?

4 Kennst Du verschiedene Tricks?

Nein Ja

wenn ja, welche drei Tricks machst Du am liebsten? (Stichworte)

1.

2.

3.

5 Hast Du ein „Slackliner-Vorbild“?

Nein Ja wenn ja, wen?

warum gerade diese Person?

6 Wozu betreibst Du Slacklinen? (Mehrfachnennung möglich)

als Training für eine andere Sportart, wenn ja welche: als Kräftigungstraining als Gleichgewichtstraining um Freunde zu treffen um neue Leute kennen zu lernen um mit dem Partner etwas zu machen zur Entspannung zur Selbstverwirklichung zur Konzentrationsübung

7 Welche Slackline-Sets der folgenden Hersteller sind Dir bekannt? (Mehrfachnennung möglich)

Slackline Brothers Inc. Slackdaddy

Mountain Equipment AustriAlpin

Slackline-Tools Mammut

andere: 1. 2.

Page 97: Diplomarbeit Slackline

3

8 Besitzt Du eines der oben genannten Sets?

nein ja

wenn ja, welches?

9 Welche der folgenden Namen sind Dir bekannt?

Scott Balcom Ric Piegh

Chongo Charles Tucker

Chris Carpenter Dean Potter

Heinz Zak Shawn Snyder

10 Hast Du schon von Slackline-Events gehört?

Nein Ja

wenn ja, von welchem?

11 Hast Du Interesse an solchen Events?

Ja Nein

wenn nein, warum? Weil

12 Wenn ja, warst Du schon bei einem Event?

Nein Ja

wenn ja, bei welchem?

13 Was erwartest Du von einem Slackline-Event? (Mehrfachnennung möglich)

Show Wettkämpfe

Party/Spaß Aufenthalt mit Gleichgesinnten

neue Tricks lernen

mich technisch auf dem Laufenden zu halten

Informationen über das Slacklinen einholen

14 Was zeichnet Deiner Meinung nach einen Trendsport aus? (Bitte nur Stichworte!)

15 Ist Deiner Meinung nach Slacklinen ein Trendsport?

Ja, weil

Nein, weil

Bin mir nicht sicher, weil

16 Welcher Tendenz würdest Du beim Slacklinen eher zustimmen?

Tendenz zur Beschleunigung Tendenz zur Entschleunigung

Page 98: Diplomarbeit Slackline

4

17 In welche der folgenden Bereiche würdest Du Slacklinen eingliedern? (bitte nur eine Nennung!)

Skateboarden, Snowbaorden Yoga, Thai-Chi, Meditation

Turnen, Akrobatik sonstiges:

18 Mit welchen 3 Begriffen (Adjektiven) würdest Du Slacklinen charakterisieren?

1.

2.

3.

19 Glaubst Du dass Du einen eigenen „Slackline-Stil“ hast?

Nein Ja

wenn ja, wie würdest Du ihn beschreiben: (in Stichworten!)

20 Wie würdest Du den Typ „Slackliner“ charakterisieren? (in Stichworten!)

21 Wie schnell lässt sich Deiner Meinung nach Slacklinen erlernen?

sehr langsam

langsam eher langsam schnell sehr schnell

22 Wie schwierig schätzt Du das Erlernen des Slacklinens ein?

sehr schwierig

schwierig eher schwierig einfach sehr einfach

23 Was denkst Du wie schnell sich positive Bewegungserlebnisse erschließen lassen?

sehr langsam

langsam eher langsam schnell sehr schnell

24 Empfindest Du Slacklinen sei ein äußerlich attraktives Geschehen?

Ja, weil

Nein, weil

25 Ist Slacklinen Deiner Meinung nach „bequem“ und spontan nutzbar?

Ja, weil

Nein, weil

26 Ist Slacklinen Deiner Meinung nach ortsunabhängig?

Ja, weil

Nein, weil

Page 99: Diplomarbeit Slackline

5

27 Wie siehst Du den finanziellen Aufwand?

hoch mittel gering

28 Denkst Du Slacklinen wird dauerhaft interessant und reizvoll sein?

Ja, weil

Nein, weil

29 Ist Slacklinen positiv für gemeinsame Aktivitäten für Paare?

Ja, weil

Nein, weil

30 Ist Slacklinen positiv für gemeinsame Aktivitäten in heterogenen Gruppen?

Ja, weil

Nein, weil

31 Sind Deiner Meinung nach Slackline-Workshops sinnvoll?

Ja, weil

Nein, weil

32 In welchem Maße stimmst Du der

folgenden Aussage zu trifft

überhaupt nicht zu

trifft eher nicht zu

trifft eher zu

trifft voll zu

_____________________________________________________________________________________________________

a Beim Slacklinen ist mir der gesellige Charakter am wichtigsten!

_____________________________________________________________________________________________________

b Ich will mich beim Slacklinen ständig verbessern und mehr Tricks lernen!

_____________________________________________________________________________________________________

c Ich will eine immer längere Line gehen können!

_____________________________________________________________________________________________________

d Ich will bald eine Highline begehen können!

_____________________________________________________________________________________________________

33 Für welche Einrichtungen könnte Deiner Meinung nach Slacklinen interessant sein?

Schulen Vereine

Reha- /Therapiezentren sonstige:

34 Du bist Jahre alt.

35 Geschlecht: w m

36 Du slackst seit Jahren und

gehst im Durchschnitt etwa Stunden pro Woche slacklinen.

Page 100: Diplomarbeit Slackline

6

37 Du siehst Dich als: Anfänger

Fortgeschrittener

Profi

38 Welches Spannsystem verwendest Du um Deine Slackline aufzubauen? (Mehrfachnennung möglich)

Traditioneller Flaschenzug Ratsche

Anderes System:

39 Bist Du schon eine Highline gegangen?

Nein Ja

wenn ja, wie oft? Ca. mal

40 Hast Du Interesse an einem regelmäßigen Training? Ja Nein

Hättest Du Lust an einem Wettkampf teilzunehmen?

Ja, weil

Nein, weil

Ich bedanke mich nochmals recht herzlich für Deine Mitarbeit und bitte Dich, mir den Fragebogen per

E-Mail an [email protected] zurück zu senden.

Für Rückfragen stehe ich gerne jederzeit zur Verfügung! Patrick Engel Sieben-Höfe-Str. 105 72072 Tübingen tel: 07071 / 995661 mobil: 0172 / 7359771 mail: [email protected]