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Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung e.V. DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Liebe DVM-Mitglieder und Freunde des Verbandes, im Jahr 2014 stand der DVM im 118. Jahr seines Be- stehens seit der ursprünglichen Gründung 1896 und im 60. Jahr nach seiner Wiedergründung 1954. Anläss- lich dieses Datums fand am 18. November 2014 eine Jubiläumsveranstaltung am Sitz der DVM-Geschäfts- stelle in Berlin in würdigem Rahmen statt. Die geladenen Festgäste – ehemalige und aktive Vorstände, Beiräte und verdiente Strategen – waren zahlreich gekommen und lauschten zunächst dem Grußwort des Bezirks- bürgermeisters von Steglitz-Zehlendorf, Norbert Kopp , der ins- besondere auf das histo- rische Gutshaus Steglitz (vorgestellt in den DVM- N 58, 2013), den Sitz des DVM, einging. Der erste Fachvortrag, Redner war der ehemalige DVM-Vorsitzende Dr. Man- fred Wilhelm, beschrieb die Gründung des DVM 1896 und seine Geschichte bis zur Wiedergründung 1954. Mit der revolutionären technischen Entwicklung im 19. Jahrhundert entstan- den ganze Industrien. Neue Werkstoffe, Produkte und Herstellungsverfahren wurden entwickelt. Damit hatte sich das Bedürfnis herausgestellt, die Eigenschaften der Werkstoffe experimentell zu ergründen und Ver- einheitlichungen vorzunehmen. Deutsche Fachleute gründeten daher 1896 den „Deutschen Verband für die Materialprüfungen der Technik“ (DVM). Die Normung von Prüfverfahren war in der Folgezeit die Hauptakti- vität des Verbandes über alle historischen Ereignisse und daraus resultierende Durststrecken hinweg bis zur Neugründung 1954. Die gesamte Rede von Dr. Wilhelm ist im internen Mitgliederbereich auf der DVM-Website veröffentlicht. Einen historischen Ein- blick in den Lebenslauf und das Wirken von Au- gust Wöhler gab Prof. Harald Zenner, ehem. DVM-Vorsitzender und Eh- renmitglied des DVM-Vor- standes, im folgenden Vor- trag „Anmerkungen zur Geschichte der Schwing- festigkeitsforschung aus Anlass des 100. Todesta- ges von August Wöhler 2014“. Im ersten Teil beschrieb Prof. Zenner den Lebenslauf Wöhlers. Der zweite Teil beschäftigte sich mit den fünf Veröffentlichungen Wöhlers, die als Begründung der Schwingfestigkeitsforschung gelten. Diese Arbeiten führte Wöhler von 1847 bis 1869 bei der Eisenbahn durch. Von Beginn an wird ein gesamtheitliches Aus- legungskonzept deutlich mit Betriebsmessungen, der Entwicklung von Prüfmaschinen und umfangreichen Versuchen mit wesentlichen Einflussparametern. 1870 folgten dann Ergänzungen der Versuche und die For- mulierung eines „Gesetzes“: Brüche treten bei wieder- holter Belastung auch unterhalb der statischen Fes- tigkeit auf, maßgebend sind die Schwingweiten und nicht die absolute Höhe der Belastung, es gibt einen Mittelspannungseinfluss. Daraus leitete Wöhler ein Si- cherheitskonzept ab. Übrigens hat Wöhler selbst noch keine Formel für den Zusammenhang zwischen Last und Lebensdauer angegeben und die Ergebnisse nicht grafisch dargestellt, die „Wöhlerlinie“ wurde erst später hergeleitet. Interessanterweise wurden die Leistungen Inhalt Profil: DVM-Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 – 3 Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Berichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 – 9 Ehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 – 11 Interna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 NACHRICHTEN Mitteilungen für DVM-Mitglieder www.dvm-berlin.de DVM-Geburtstagstorte

DVM-Nachrichten 63

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Verbandszeitschrift des Deutschen Verbandes für Materialforschung und Prüfung e.V. Ausgabe 63

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Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung e.V. DVM-N 63 • Frühjahr 2015

Liebe DVM-Mitglieder und Freunde des Verbandes,im Jahr 2014 stand der DVM im 118. Jahr seines Be-stehens seit der ursprünglichen Gründung 1896 und im 60. Jahr nach seiner Wiedergründung 1954. Anläss-lich dieses Datums fand am 18. November 2014 eine Jubiläumsveranstaltung am Sitz der DVM-Geschäfts-stelle in Berlin in würdigem Rahmen statt.

Die geladenen Festgäste – ehemalige und aktive Vorstände, Beiräte und verdiente Strategen – waren zahlreich gekommen und lauschten zunächst dem Grußwort des Bezirks-b ür ge rm e i s te r s vo n S t e g l i t z - Z e h l e n d o r f , Norbert Kopp, der ins-besondere auf das histo-rische Gutshaus Steglitz (vorgestellt in den DVM-N 58, 2013), den Sitz des DVM, einging.

Der erste Fachvortrag, Redner war der ehemalige DVM-Vorsitzende Dr. Man-fred Wilhelm, beschrieb die Gründung des DVM 1896 und seine Geschichte bis zur Wiedergründung 1954. Mit der revolutionären technischen Entwicklung im 19. Jahrhundert entstan-den ganze Industrien. Neue Werkstoff e, Produkte und Herstellungsverfahren wurden entwickelt. Damit hatte sich das Bedürfnis herausgestellt, die Eigenschaften der Werkstoff e experimentell zu ergründen und Ver-

einheitlichungen vorzunehmen. Deutsche Fachleute gründeten daher 1896 den „Deutschen Verband für die Materialprüfungen der Technik“ (DVM). Die Normung von Prüfverfahren war in der Folgezeit die Hauptakti-vität des Verbandes über alle historischen Ereignisse und daraus resultierende Durststrecken hinweg bis zur Neugründung 1954. Die gesamte Rede von Dr. Wilhelm ist im internen Mitgliederbereich auf der DVM-Website

veröff entlicht.Einen historischen Ein-

blick in den Lebenslauf und das Wirken von Au-gust Wöhler gab Prof. Harald Zenner, ehem. DVM-Vorsitzender und Eh-renmitglied des DVM-Vor-standes, im folgenden Vor-trag „Anmerkungen zur Geschichte der Schwing-festigkeitsforschung aus Anlass des 100. Todesta-ges von August Wöhler 2014“.

Im ersten Teil beschrieb Prof. Zenner den Lebenslauf Wöhlers. Der zweite Teil beschäftigte sich mit den fünf Veröff entlichungen Wöhlers, die als Begründung der Schwingfestigkeitsforschung gelten. Diese Arbeiten führte Wöhler von 1847 bis 1869 bei der Eisenbahn durch. Von Beginn an wird ein gesamtheitliches Aus-legungskonzept deutlich mit Betriebsmessungen, der Entwicklung von Prüfmaschinen und umfangreichen Versuchen mit wesentlichen Einfl ussparametern. 1870 folgten dann Ergänzungen der Versuche und die For-mulierung eines „Gesetzes“: Brüche treten bei wieder-holter Belastung auch unterhalb der statischen Fes-tigkeit auf, maßgebend sind die Schwingweiten und nicht die absolute Höhe der Belastung, es gibt einen Mittelspannungseinfl uss. Daraus leitete Wöhler ein Si-cherheitskonzept ab. Übrigens hat Wöhler selbst noch keine Formel für den Zusammenhang zwischen Last und Lebensdauer angegeben und die Ergebnisse nicht grafi sch dargestellt, die „Wöhlerlinie“ wurde erst später hergeleitet. Interessanterweise wurden die Leistungen

Inhalt

Profi l: DVM-Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 – 3

Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Berichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 – 9

Ehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 – 11

Interna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

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Profil DVM-N 63 • Frühjahr 2015

von Wöhler international zunächst mehr gewürdigt als national, wahrscheinlich da Bauteilermüdung zuerst in England durch spektakuläre Schäden zu einem wichtigen Thema geworden war. Bemerkenswert ist auch, dass Wöhler seine 12jährige Tätigkeit als „Ne-benarbeit“ bezeichnet hat! An dieser Stelle sei für In-teressierte auf die DVM-Sonderpublikation „Bauteiler- müdung“ verwiesen, die die Arbeit Wöhlers und ihre Rezeption behandelt.

Im Vortrag „Das Leben und Wirken von Adolf Mar-tens – Zum 100. Todestag 2014“ beschrieb Dr. Alois Wehrstedt, ehem. Deutsches Institut für Normung, Berlin, die Verdienste des DVM-Gründungsvorsit-zenden Adolf Martens. Diese wurden in der letzten Ausgabe der DVM-Nachrichten Nr. 62 in der Beilage ausführlich gewürdigt. In seinem Beitrag „Der DVM

in seiner historischen Verbindung zur BAM“ ging Dr. Pedro Portella, BAM, auf die Geschichte der Bun-desanstalt für Materialforschung und –prüfung und ihrer Vorgängerorganisationen sowie auf die jewei-ligen historischen und aktuellen Standorte in Berlin ein. Anhand historischer Dokumente ließen sich frühe Versuche der BAM an Eisenbahn-Werkstoffen gemäß der Erkenntnisse von Wöhler sowie Diskussionen um Materialeigenschaften belegen. Anschließend be-

schrieb Dr. Portella das Wirken Wöhlers, insbesonde-re dessen selbst konstruierte Prüfmaschinen, sowie Martens Arbeiten im Bereich der Werkstofftechnik und Schadensanalyse, Metallografie und Entwicklung von Prüfmaschinen. Aus der von Martens geleiteten Königlichen Mechanischen Versuchsanstalt ging spä-ter die BAM hervor. Anhand dieser Arbeiten zeigten

N. Kopp, Bezirksbürgermeister Steglitz-Zehlendorf

I. Maslinski, ehem. DVM-Geschäftsführerin, H. A. Richard, K. Leers

P. D. Portella

M. Wilhelm

A. Wehrstedt, ehem. DIN

L. Krüger

K.-H. Schwalbe, K. Mädler

H. Zenner

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sich die Felder der Zusammenarbeit mit dem DVM. Abschließend gab der amtierende DVM-Vorsitzende Lothar Krüger einen Überblick über die aktuelle Situation des DVM und seine strategische Aus-richtung sowie einen Ausblick auf die Zukunft des Verbandes. Unter der Überschrift „Dem DVM geht’s gut!“ richtete er einen herzlichen Dank an die anwe-senden Festgäste und mit ihnen an alle, die zu dieser anhaltend erfolgversprechenden Entwicklung maß-geblich beigetragen haben. Herr Krüger betonte, dass es der fachliche Nutzen ist, der den DVM für seine in den Verbandsgremien durchweg ehrenamtlich arbeitenden Aktiven attraktiv macht. Sie haben den Verband so ausgerichtet, dass es heute das Verständ-nis des DVM ist, den Begriff „Materialforschung und -prüfung“ nicht auf den Werkstoff zu begrenzen, son-dern Bauteile und Systeme ganzheitlich zu sehen. So ordnen sich alle Verbandsaktivitäten unter dem Dach der „Strukturintegrität“ ein. Das neu erstellte DVM-Haus visualisiert diese Strukturintegrität, indem das Zusammenwirken der Disziplinen deutlich wird. Die gesamte Rede ist im internen Mitgliederbereich der DVM-Website veröffentlicht.

An die Festvorträge schloss sich dann ein gesel-liges Beisammensein an, bei dem sich alte Kollegen

und junge Weggefährten ausgiebig in festlicher Stim-mung austauschen konnten. Abgerundet wurde der Tag durch eine Zeitreise durch Berlin zu historischen Schauplätzen.

Eine gelungene Veranstaltung, die auch schon auf die 125-Jahr-Feier des DVM im Jahr 2021 verwies.

Dr.-Ing. Jens Hoffmeyer Volkswagen AG Wolfsburg

DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Profil/Kommentar

Prof. Dr. Horst Czichos Präsident der Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung a.D.

Von der Statik zur Dynamik zur Strukturintegrität

– Eine Bemerkung zum Leitmotiv des DVM –

Die fachlich und organisatorisch sehr gelungene DVM-Jubiläumsveranstaltung gab neben einem interessan-ten Rückblick auch einen Ausblick auf die zukünftige Strategie des DVM. Man kann sie schlagwortartig wie folgt kennzeichnen: von der Statik zur Dynamik zur Strukturintegrität.

Die tradierten Aufgaben der Materialforschung und Materialprüfung zur Bestimmung statischer und dyna-mischer Eigenschaften von Werkstoffen und Bauteilen sind und bleiben natürlich nach wie vor wichtig. Aber in der heutigen Technik ist die Strukturintegrität – die Unversehrtheit funktionell zusammenwirkender Bau-elemente unter komplexen Beanspruchungen – von zentraler Bedeutung für die Funktionalität und die Zuverlässigkeit technischer Systeme.

Ich gratuliere daher dem DVM zur Wahl des Begriffs Strukturintegrität als zukunftsorientiertes Leitmotiv seiner Aktivitäten für Technik, Wirtschaft und Gesell-schaft.

Berlin, 18. November 2014

H. Czichos

Festgäste

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Bericht DVM-N 63 • Frühjahr 2015

Fortbildungsseminar Mechanisch-technologische Prüfverfahren

Das zweitägige DVM-Fortbildungsseminar „Mechanisch-technologische Prüfverfahren“ fand am 25. und 26. März 2014 statt. Seminarstätte war erstmalig die Staatliche Materialprüfungsanstalt des Zentrums für Konstrukti-onswerkstoffe in Darmstadt. Für die rechnerische Aus-legung von Bauteilen, die Bewertung der betrieblichen Ist-Zustände und für die Schadensanalyse bilden zuver-lässig ermittelte Werkstoffkennwerte eine wesentliche Grundlage. Die Themen am ersten Tag waren: Wozu Werkstoffkenn-werte (Prof. M. Oechsner), Zugversuch (Prof. U. Wuttke), Kerbschlagbiegeversuch (Dr. M. Bauer), Kalibrierung von Werkstoffprüfmaschinen zur Qualitätssicherung (Prof. R. Tscheuschner). Prof. Oechsner betonte in seinem Vor-trag „Wozu Werkstoffkennwerte“ die Wichtigkeit der Werkstoffkennwerte für die Qualitätssicherung und ging dabei auf die verschiedenen Charakteristiken der unter-

schiedlichen Werkstoffkennwerte ein. Weiter erläuterte Prof. Oechsner die Übertragbarkeit von Werkstoffkenn-werten und deren Grenzen und ging auf deren Qualität und die damit verbundene Sicherheit für Bauteile ein.Zum Zugversuch wurden von Prof. Wuttke die theoreti-schen Grundlagen und Normen vorgestellt. In weiteren Schritten wurden die Versuchs- und Messtechnik sowie die Auswertung mit der Bestimmung der Werkstoff-kenngrößen (Zugfestigkeit, Dehngrenze, Streckgrenze, Bruchdehnung) und des E-Moduls erläutert. Anschlie-ßend erfolgte an Prüfmaschinen die praktische Durch-führung des Zugversuchs mit der Auswertung durch die Teilnehmer.Auch für den Kerbschlagebiegeversuch wurden zuerst die Grundlagen mit den neusten Normen (DIN EN ISO, ASTM), die Versuchs- und Messtechnik (Instrumentie-rung) und die Auswertung zur Ermittlung der Kenngrö-ßen und der Kerbschlagarbeit-Temperaturkurven theo-retisch von Dr. Bauer präsentiert, bevor die praktische

Umsetzung im Versuch erfolgte. Der erste Tag fand sei-nen Abschluss in einem Vortrag von Prof. Tscheuschner zur Qualitätssicherung von Werkstoffprüfmaschinen durch Kalibrierung. Dabei wurden ebenfalls die Nor-men vorgestellt. Im Detail ging Prof. Tscheuschner auf die Durchführung von Kalibrierungen der Kenngrößen Kraft, Härte, Schlagarbeit, Länge und Temperatur ein. Dabei wurde die Wichtigkeit der Kalibrierung der Prüfmaschi-nen durch ein akkreditiertes Labor hervorgehoben.

Am zweiten Tag des Seminars wurden die Themen Härteprüfung und Messunsicherheit (beide Prof. R. Tscheuschner) den Teilnehmern präsentiert. Bei dem Thema „Härteprüfung“ wurden die Grundlagen, Defini-tionen und Normen zu den Standardhärteprüfverfahren aber auch zu mobilen Härteprüfverfahren vorgestellt. Außerdem wurde die Korrelation zwischen der Härte und der Festigkeit vermittelt. Im Praktikum konnten die Teilnehmer des Seminars die Umsetzung der Theorie an den Härteprüfverfahren Vickers, Rockwell, Brinell, Mar-tens, Leeb, UCI und TIV üben und vertiefen.

Abschließend konnten sich die Teilnehmer noch über das Thema Messunsicherheit (Prof. Tscheuschner) mit Vertiefung im Bereich der Härteprüfverfahren unter-richten. Hier gab es eine theoretische Einführung in die Messunsicherheit mit anschließenden praktischen Beispielen. Somit wurden den Teilnehmern des Fortbil-dungsseminars ein umfassender Einblick in die theore-tischen Grundlagen, Normen und Verfahren der mecha-nisch-technologischen Werkstoffkennwerte vermittelt, den sie anhand der praktischen Versuche vertiefen konn-ten. Aufgrund der positiven Teilnehmerresonanz soll die Veranstaltung im Zwei-Jahres-Turnus stattfinden.

Bild: Messwert als Qualitätskriterium für das Laboratorium

Bild: Messunsicherheit – Definition, Abweichung, Häufigkeit

Dr.-Ing. Jörg Ellermeier Zentrum für Konstruktionswerkstoffe Staatliche Materialprüfungsanstalt (MPA) Darmstadt

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Bericht

Fortbildungsseminar Bauteilschäden – Ursachen und Folgerungen

Vom 23. bis zum 25. September 2014 fand in Esslin-gen das Fortbildungsseminar „Bauteilschäden“ zum 9. Mal statt. Die Teilnehmer erwartete ein spannen-des Programm aus Vorträgen und Übungen bzw. Fallbeispielen inklusive „metallischem Anschauungs-material“.

In dem Einführungsvortrag wurden die unter-schiedlichsten Schäden von gerissenen Schrau-ben bis zu zerbrochenen Schiffen präsentiert und einige der Ursachen und Zusammenhänge schon kurz angerissen. Was es zu beachten gibt, wenn ein Schaden eingetreten ist, und in welchen Einzelschrit-ten dann eine Schadensanalyse durchzuführen ist, erfuhren wir im folgenden Vortrag. Hierbei helfen verschiedene Regelwerke weiter, wie z. B. die VDI-Richtlinie 3822. Die erforderliche Bestandsaufnah-me kommt einer „Spurensicherung am Tatort“ gleich, bei der eine genaue Dokumentation durch-geführt wird. Die hieraus abgeleitete Schadenshypo-these dient als Orientierung für die danach durch-zuführenden Untersuchungen mit den geeigneten zerstörungsfreien und zerstörenden Verfahren.

Die nächsten zwei Vorträge befassten sich mit „Schäden bei statischer Belastung“. Verschie-dene Auslegungskonzepte wurden erörtert und miteinander verglichen. Wir beschäftigten uns im Detail mit den Versagensarten aus statischen Be-lastungen und welche Materialeigenschaften für die Auswahl eines Werkstoffs heranzuziehen sind. Wie eindrucksvolle Beispiele belegten, können allerdings durch eine ungeeignete Wärmebehandlung gute Werkstoffeigenschaften wieder zunichte gemacht werden. Die verschiedenen Schadensmerkmale mit ihren mannigfachen Ursachen wurden anhand von vielen Bruchbildern und REM-Aufnahmen erläutert. Von großer Bedeutung sind die sogenannten „se-kundären Biegespannungen“, die gegenüber dem Nennspannungsverlauf zu stark abweichenden Beanspruchungen führen können – leider werden sie oft nicht korrekt beachtet. Das gilt im Kleinen (z. B. in Schweißnähten), wie auch im Großen (z. B. im Flansch des Pylons eines Schiffskrans).

Wie Brüche nach makroskopischem Erscheinungs-bild und wirksamer Beanspruchung unterschieden werden, wurde im Folgevortrag behandelt. Mit einer Vielzahl von REM-Aufnahmen wurden sie erläutert. Die „Schäden bei zeitlich veränderlicher Belas-tung“ und geeignete Festigkeitsnachweise waren das Thema am späten Nachmittag.

Am Abend wurden uns die Prüfstände des Stein-beis Transferzentrums und der Hochschule Esslingen

gezeigt, auf denen mit vielfach selbst entwickelten Probenträgern die unterschiedlichsten statischen und dynamischen Versuche durchgeführt werden. Auch ein Kerbschlagbiegeversuch mit Auswertung wurde vorgeführt. Beim kommunikativen Abend konnten weitere fachliche Details vertieft werden.

Am 2. Tag wurden „Bruchmechanische Konzepte“ behandelt und Berechnungsverfahren für das Riss-wachstum aufgezeigt. Auf Übungen zu den Themen des Vortages folgte ein Vortrag über thermische Schäden. Dabei ging es vor allem um das Kriechen, d. h. wie sich metallische Werkstoffe bei hohen Tem-peraturen verhalten und wie sich die Belastungs-grenzen ermitteln lassen.

Dem zweiten abendlichen Treffen ging eine kurz-weilige Führung voran in der sehr reizvollen Esslin-ger Altstadt durch den Leiter des Steinbeis Trans-ferzentrums, Herrn Professor Issler, inklusive eines Besuchs der ältesten Sektkellerei Deutschlands.

Die schon vorher verschiedentlich erwähnten Schäden an Schweißverbindungen wurden am 3. Tag eingehender behandelt, wobei die metallurgi-schen Besonderheiten von Schweißnähten heraus-gestellt wurden. Wie Schäden vermieden werden können, z. B. durch korrekte Konstruktion, Werk-stoffauswahl und Nachbehandlung, wurde im letzten Vortrag beschrieben.

Dr. Johannes Heinrich BorgWarner Drivetrain Engineering GmbH, Ketsch

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Bericht DVM-N 63 • Frühjahr 2015

Veranstaltungen des DVM-Arbeitskreises Betriebsfestigkeit

Dieses Jahr fand das Fortbildungsseminar am 7. Okto-ber, sowie die Tagung am 08. und 09. Oktober 2014 in Ingolstadt statt. Großartige Veranstaltungsorte waren zum einen das Audi Forum Ingolstadt, zum anderen das Stadttheater Ingolstadt. Ein herzlicher Dank hierfür geht an die Audi AG Ingolstadt.

Bei der Fortbildungsveranstaltung wurde das in 2013 eingeführte Konzept fortgesetzt: Das Fortbildungssemi-nar führt in eines der Hauptthemen der im Anschluss stattfindenden Tagung des Arbeitskreises Betriebsfes-tigkeit ein. Dadurch soll das Fortbildungsseminar den Besuch der Tagung ergänzen, aber auch ohne späteren Besuch der Tagung eine Teilnahme sinnvoll machen.

Für das diesjährige Thema „Methoden der Last- und Beanspruchungsanalyse und Statistik für Betriebs-festigkeitsanwendungen“ konnten Dr. Dressler und Dr. Speckert vom Fraunhofer ITWM Kaiserslautern als Referenten gewonnen werden. Mit ihren engagierten Vorträgen gewährleisteten sie den Erfolg der mit 47 Teil-nehmern sehr gut besuchten Veranstaltung.

Unter der Thematik „Von der Lastannahme bis zur Absicherung – Betriebsfestigkeit entlang der Prozesskette“, fand anschließend die diesjährige, 41. Tagung des DVM Arbeitskreises Betriebsfestigkeit in In-golstadt statt. Der gewählte Oberbegriff umschließt alle Teilschritte der betriebsfesten Bauteilentwicklung und bot den Teilnehmern der betroffenen Industriezweige ein hohes Potential, Forschungsfortschritte zu teilen und zu diskutieren.

19 Fach- und 7 Posterbeiträge gaben einen Einblick über aktuelle Entwicklungen zu folgenden Schwerpunkten:• Lastannahmen für Optimierungen hinsichtlich

effizienter Auslegung und unter Berücksichti-gung regionaler und kundenspezifischer Nutzung im Bereich PKW, Nutz- und Schienenfahrzeuge

• Lastermittlung und Lastaufbereitung, virtuell und experimentell:* Simulative und numerische Methodik der Laster-

mittlung z.B. mittels Mehrkörpersimulation (MKS)* Erfahrungsberichte aus realer PKW-Schädigungs-

überwachung und Beschleunigungsmessungen mit Fahrrädern

• Optimierung und Anwendung des Auslegungs- und Absicherungsprozesses in der PKW- und Schienenfahrzeugentwicklung

Auch in diesem Jahr gelang es, die fachlichen Beiträ-ge durch einen interessanten Gastvortrag zu ergänzen. Herr Friese nutzte diese Gelegenheit, um den Teilneh-mern in seinem lebendigen Beitrag „Die vier Ringe – Wurzeln und Technik im Wandel der Zeit“ die Histo-rie der Audi AG näherzubringen. Im Anschluss an den

ersten Tagungstag konnte die dargestellte Entstehungs-geschichte zudem im Audi-Museum vertieft werden.

Der fachliche Teil der Tagung wurde außerdem von der Verleihung zweier Auszeichnungen begleitet. Herr Prof. Dr.-Ing. Karl Ludwig Kotte erhielt die Erich-Siebel-Gedenkmünze, die höchste Auszeichnung des DVM, für sein Lebenswerk. Zudem wurde Herr Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka für seine Leistungen auf dem Gebiet der Materialforschung und –prüfung, sowie für sein DVM-Engagement mit der August-Wöhler-Medaille ausgezeichnet. Der Rahmen und fachliche Inhalt der Ta-gung entsprach in jeder Hinsicht den Zielen des Arbeits-kreises Betriebsfestigkeit, eine praxisnahe Prozesskette von der Lastannahme bis zur Bauteilabsicherung dar-zustellen. Insgesamt 224 Teilnehmer und 22 Aussteller besuchten die Tagung und spiegelten erneut das sehr hohe Interesse an der Veranstaltung wider. Der Be-richtsband 141 enthält die Fachvorträge in schriftlicher Form sowie digital auf CD.

Die nächste Tagung des DVM Arbeitskreises Betriebs-festigkeit wird am 07. und 08.10.2015 in Dresden mit dem Titel „Betriebsfestigkeit – Bauteile und Systeme unter komplexer Belastung“ stattfinden.

Benedikt Brune

Dr.-Ing Andreas Müller Dr.-Ing. h.c. F. Porsche AG Weissach

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Bericht

Dr. Patrick David Audi AG Ingolstadt

Workshop Zuverlässigkeit und Probabilistik

Nach einer erfolgreichen Auftaktveranstaltung im Jahr 2013 lud der DVM am 29. und 30. Oktober 2014 zum zweiten Mal zu diesem Workshop rund um das weit ge-fasste Thema „Statistik“. Gastgeber war in diesem Jahr Prof. Klemens Rother, der den Vorsitz des Programm-ausschusses von Prof. Eberhard Roos übernommen

hat. Ihm und seinem Team gebührt ein herzlicher Dank, wir haben uns bei Ihnen sehr wohl gefühlt.

Der fachliche Teil der Veranstaltung begann mit einem Übersichtsvortrag und dort mit einem sehr treffenden Zitat des Philosophen und Mathematikers Bertrand Russel: „Probability is the most important concept in modern science, especially as nobody has the slightest notion of what it means“. Gemessen an dem Zeitpunkt des Gesagten (1929) zu der heute ge-lebten Praxis muss man manchmal Zweifel hegen, ob sich an der Gesamtsituation deutlich etwas geändert hat. Aber mit Veranstaltungen wie dieser wird ver-sucht, entsprechendes Wissen aufzubereiten und zu streuen. Dies ist den Vortragenden gelungen, wobei die Spannweite des fachlichen Tiefgangs von recht einfachen Anwendungen probabilistischer Metho-den bis hin zur komplexen Analyse der mathema-tischen Zusammenhänge reichte. Kurz: Unabhängig

vom Vorwissen konnte jeder der Teilnehmer etwas Praktisches mit nach Hause nehmen.

Den ersten Block bildeten die Grundlagenvorträge, meine persönlichen Favoriten auf diesen Veranstal-tungen. Auch wenn man nicht jede Folie bis ins letzte Detail versteht, so bekommt man doch ein Potpourri an Schlagworten inkl. der zugehörigen Anwendungs-möglichkeiten geliefert. Bei Themen, die für meine täg-liche Arbeit oder meinen persönlichen Wissendurst interessant sind, liefern die persönlichen Gespräche mit den Referenten im Nachhinein oder auch ganz einfach Google später jede Menge Möglichkeiten, das Wissen zu vertiefen. In weiteren Blöcken wurden in den Themenblöcken

• Strukturintegrität

• Zerstörungsfreie Prüfung

• Lebensdauerbewertung

speziellere Aufgabenstellungen beleuchtet. Der Fokus lag dabei stets auf den probabilistischen Methoden, wodurch z.B. die gängigen Methoden der Lebens-dauerbewertung mit alternativen Ansätzen gewürzt wurden. Ein Gastvortrag aus Sicht eines Versicherers rundete die Veranstaltungsreihe ab.

Die zwei Tage dauernde Veranstaltung war mit ca. 40 Teilnehmern gut besucht. Das anschließend aufge-nommene Feedback der Teilnehmer war durchweg po-sitiv. Es ist allerdings deutlich geworden, dass gerade bei solch komplexen und vor allem nicht alltäglichen Themen mehr Zeit für Diskussionen nach den Vorträ-gen eingeräumt werden sollte.

Impressum Die DVM-Nachrichten sind die Verbandsmitteilungen des Deutschen Verbandes für Materialforschung und -prüfung e. V.

DVM-Redaktion: Dr.-Ing. Jens Hoffmeyer Volkswagen AG, EGDB/4Brieffach 1712, 38436 [email protected]

Prof. Dr.-Ing. Manuela SanderUniversität Rostock / Fakultät für Maschi-nenbau und Schiffstechnik / Lehrstuhl für Strukturmechanik Albert-Einstein-Str. 2, 18051 Rostock [email protected]

Dr.-Ing. Andreas MüllerDr.-Ing. h.c. F. Porsche AGWerkstofftechnik BetriebsfestigkeitPorschestrasse, 71287 [email protected]

Susanne Bachofer, MA(Berlin)DVM-Geschä[email protected]

Geschäftsführung: Dipl.-Kfm. Kathrin-Luise [email protected]

DVM-Geschäftsstelle: Schloßstr. 48, 12165 Berlin Tel. (030)8113066 / Fax (030) [email protected] Vorsitzender:Dipl.-Ing. Lothar Krü[email protected]

Stellvertretender Vorsitzender:Prof. Dr.-Ing. H. A. RichardFachgruppe Angewandte MechanikUniversität PaderbornPohlweg 47-49, 33098 Paderborn [email protected]

Redaktionell begründete Kürzungen und Änderungen von Beiträgen sind ausdrücklich vorbehalten.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Alle Angaben sind ohne Gewähr.

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Bericht DVM-N 63 • Frühjahr 2015

Workshop Prüfmethodik für Betriebsfestigkeitsversuche

in der FahrzeugindustrieAm 28. und 29.01.2015 fand in Zwickau der DVM-Workshop „Prüfmethodik für Betriebsfestigkeits-versuche in der Fahrzeugindustrie“ stat t. Wie immer sorgte das DVM-Team routiniert für einen reibungslosen Start der Veranstaltung und so konn-te Dr. Rainer Masendorf vom IMAB der TU Clausthal den sechsten Workshop dieser Reihe vor fast 100 Teilnehmern im sehr schönen Saal des Zwickauer Rathauses eröffnen.

In den praxisnahen Vorträgen stellten insgesamt über 20 Vortragende lebendig und umfassend den aktuellen Stand der Betriebsfestigkeitsprüfmetho-dik in der Fahrzeugindustrie dar. Hierbei wurden folgende Bereiche abgedeckt:

• Lastdatenermittlung• Neue Messmethoden• Prüfstandstechnik• Prüfmethodik• Einsatzbereiche typischer Prüfstandstypen• Methoden zur Effizienzsteigerung.

Im Anschluss an die Vorträge wurde eifrig disku-tiert und die Erfahrungen der anderen Workshop-Teilnehmer brachten manch hilfreiche Ergänzung.

Das Verhältnis zwischen Berechnung und Ver-such wurde in einer von Dr. Martin Brune und Dr. Lothar Jung moderierten Diskussion kritisch hinter-fragt und mit dem Fazit beendet: „Wir brauchen beides und die aktuelle Aufgabe liegt vor allem darin, beide Methoden zusammen zu bringen!“.

Die Veranstaltung wurde abgerundet durch einen geschichtl ichen Vor trag anlässlich des

100. Todestages von August Wöhler gehalten durch Dr. Karsten Hinkelmann und Prof. Harald Zenner, der als Mitautor der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“ hohes Ansehen genießt. Während des teilweise schon phi-losophisch orientierten Vortrags von Prof. Zenner trauten sich selbst DVM-Urgesteine kaum zu atmen, um kein Wort zu verpassen.

Besonderer Dank gebührt der „Fahrzeug-Entwicklung Sachsen GmbH“ und Herrn Frank Weidenmüller und seinem Team, welche keine Mühen scheuten. So war beim Kommunikativen Abend im August Horch Museum der Namensgeber sogar „persönlich“ für eine Führung durch das beeindruckende Haus gewonnen worden!

Philipp SpaneyJungheinrich AG, NorderstedtDr.-Ing. Andreas MüllerDr. Ing. h. c. F. Porsche AG, Weissach

Besuch im August Horch Museum F. Weidenmüller

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06.10.2015 in DresdenFortbildungsseminar des DVM-Arbeitskreises „Betriebsfestigkeit“„Vorbereitung und Auswertung von Betriebsfestigkeitsversuchen“

07. und 08.10.2015 in Dresden42. Tagung des DVM-Arbeitskreis „Betriebsfestigkeit“„Betriebsfestigkeit – Bauteile und Systeme unter komplexer Belastung“

Details zu allen Veranstaltungen fi nden Sie auf der DVM-Website www.dvm-berlin.de.

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Bericht

Andreas Seupel Institut für Mechanik und Fluiddynamik, TU Bergakademie Freiberg

Veranstaltungen des DVM-Arbeitskreises Bruchmechanik und

BauteilsicherheitEine Plattform zur interdisziplinären Diskussion bruchmechanischer Problemstellungen bot die diesjährige Tagung des DVM Arbeitskreises „Bruch-mechanik und Bauteilsicherheit “ am 10. und 11. Februar 2015 an der TU Bergakademie Freiberg. Der Tagung vorangestellt war am 09.02.2015 wiederum ein Fortbildungsseminar dieses Mal mit dem Titel „Bruchmechanische Bauteilbewertung – Beispiele und praktische Übungen“. Die mit 75 Teilnehmern sehr gut besuchte Tagung zeigte, wie gewinnbringend das Zusammenwirken von Experten mit unter-schiedlichem ingenieurstechnischem und natur-wissenschaftlichem Hintergrund sein kann. Im Fokus der Tagung standen die Anwendungsaspekte der Bruchmechanik. Hervorzuheben ist jedoch die Tatsache, dass neben experimentellen und ingeni-eurmäßigen Arbeiten auch wertvolle theoretische Beiträge zur Schädigungsmechanik, zur Multiskalen-simulation und zur mathematischen Beschreibung komplexer Rissprobleme eingereicht wurden. Dass diese grundlagenorientierten Untersuchungen auch für die Praxis immer mehr Bedeutung gewinnen, zeigt sich in der angekündigten Wiederbelebung von Arbeitsgruppen zur schädigungsmechanischen Simulation und zur Mixed-Mode-Rissproblematik.

Die Höhepunkte der Tagung stellten die hervor-ragenden Vorträge in den Plenarsitzungen dar. Der Eröffnungsvortrag wurde von Prof. Meinhard Kuna (TU Bergakademie Freiberg) zur Entwicklung der Finiten Elemente Methode im Bereich der Bruchme-chanik in den letzten 40 Jahren gehalten. Für seine Verdienste im Bereich der numerischen Analyse von bruchmechanischen Problemen und insbesondere für die Förderung der Zusammenarbeit von Werk-stofftechnik, –prüfung und –modellierung wurde Prof. Kuna mit der August-Wöhler-Medaille des DVM ge-ehrt. Weiterhin war Prof. Kuna langjähriges Mitglied des DVM Programmausschusses und Obmann des AK Bruchvorgänge. Im Zuge der Verleihung der Aus-zeichnung sorgte die humorvolle Laudatio von Prof. Gerhard Pusch für einen weiteren Höhepunkt.

Einen Rahmen der Veranstaltung bildeten die pra-xisbezogenen Ausführungen zum Rissfortschritts-verhalten und zur Absicherung von Prüfinter-vallen bei Radsatzwellen durch Dr. Katrin Mädler und Dr. Markus Traupe (DB Systemtechnik GmbH). Aufgrund ihrer herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Bahntechnik wurde Frau Dr. Mädler die DVM-Ehrennadel in Gold verliehen.

Weitere Schwerpunkte der Tagung wurden in den Parallelsitzungen lebhaft diskutiert. In der Sitzung „Simulation“ wurden weite Bereiche der Schädi-gungs- und Bruchmechanik bedient: Die Themen umfassten die Entwicklung und Anwendung von Schädigungsmodellen, die numerische Untersuchung der Rissausbreitung, Mehrfachrissprobleme und die Anwendung von Bauteilbewertungskonzepten.

Eine Sondersitzung wurde der Vorstellung von Ergebnissen des Forschungsvorhabens „Thermisches Ermüdungsrisswachstum“ (THERRI) gewidmet, wel-ches von der Universität Rostock (Prof. Manuela San-der) und dem TÜV Nord ins Leben gerufen wurde. Dieses Projekt dient der Erforschung bruchmecha-nischer Versagenskonzepte zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Kraftwerken.

Ergebnisse zur Prüfmethodik und dem bruch-mechanischen Verhalten verschiedener Werk-stoffe wurden im dritten Programmschwerpunkt vorgestellt. Darin enthalten waren u. a. Beiträge zur Bruchzähigkeitsmessung bei hohen Temperaturen, zur Rissinitiierung unter dynamischer Belastung, zum Risswachstum in Naturfaser-Kunststoffverbunden und zur bruchmechanischen Prüfung von metallischen Werkstoffen.

Als ein besonders erfreulicher Aspekt der Tagung ist die gesunde Mischung aus jungen und erfahrenen Wissenschaftlern zu nennen, welche auch von Prof. Peter Hübner (Obmann des AK) betont wurde. Einen zusätzlichen Ansporn für vortragende junge Wissen- schaftler stellte zudem die Vergabe des DVM-Junior- preises dar. An dieser Stelle möchte ich mich für diese Ehrung bedanken, welche meiner Arbeit zur schädigungsmechanischen Modellierung von TRIP-Stählen zuteil geworden ist. Für die Jury war es sicherlich eine schwere Entscheidung, denn alle neun Bewerber stellten Forschungsergebnisse auf hohem wissenschaftlichem Niveau vor.

Nicht zuletzt haben auch der kommunikative Abend im Ratskeller zu Freiberg und der ungezwungene Erfahrungsaustausch zu einer rundum gelungenen Ver-anstaltung beigetragen. Mit den gewonnen positiven Ein-drücken darf man bereits auf das nächstjährige Treffen gespannt sein, welches im Fraunhofer IWM in Freiburg am 15., 16. und 17. Februar 2016 stattfinden wird.

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Erich-Siebel-Gedenkmünze für Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Ludwig Kotte, TU Dresden

Im Rahmen der 41. Tagung des DVM-Arbeitskreises Betriebsfestigkeit am 8. und 9.10.2014 in Ingolstadt erhielt Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Ludwig Kotte von der TU Dresden die Erich-Siebel-Gedenkmünze.

Die Laudatio hielt Prof. Dr.-Ing. Cetin Morris Sonsino ehem. Fraunhofer LBF Darmstadt.

August-Wöhler-Medaille des DVM für Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, KIT Karlsruhe

Im Rahmen derselben Veranstaltung erhielt Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die August-Wöhler- Medaille.

Die Laudatio hielt Prof. Dr.-Ing. Harald Zenner ehem. Technischen Universität Clausthal.

Galileo-Preis Werkstoffprüfung für Prof. Dr.-Ing. Martina Zimmermann, Fraunhofer IWS und TU Dresden

Der Galileo-Preis Werkstoffprüfung wird jährlich vom Gemeinschaftsgremium Werkstoffprüfung von DGM, DVM und Stahlinstitut VDEh für herausragende Verdienste auf dem Gebiet der Werkstoffprüfung verliehen.

Frau Prof. Zimmermann erhielt den Preis am 4. Dezember 2014 im Rahmen der Vortrags- und Diskussionstagung „Werkstoffprüfung“ in Berlin. Ausrichter im dreijährigen Turnus war 2014 der DVM unter der Federführung von Prof. Dr.-Ing. Holger Frenz, Westfälische Hochschule Recklinghausen.

Die Laudatio hielt Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Christ, Universität Siegen.

Ehrungen DVM-N 63 • Frühjahr 2015

Wir gratulieren allen Preisträgern ganz herzlich!Eine Übersicht aller Träger von DVM-Ehrungen ist auf der Website www.dvm-berlin.de veröffentlicht.

v.l.n.r.: H. Frenz, M. Zimmermann, H.-J. Christ

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Ehrungen

August-Wöhler-Medaillefür Prof. Dr. rer.nat.habil. Meinhard Kuna

Im Rahmen der 47. Tagung des DVM-Arbeitskreises „Bruchmechanik und Bauteilsicherheit“ erhielt Prof. Dr. rer. nat. habil. Meinhard Kuna vom Institut für Mechanik und Fluiddynamik der TU Bergakademie Freiberg die August-Wöhler-Medaille.

Die Laudatio hielt Prof. Dr.-Ing. habil. Gerhard Pusch vom Institut für Werkstoff technik der TU Bergakademie Freiberg.

DVM-Ehrennadel in Goldfür Dr. Katrin Mädler

Im Rahmen derselben Veranstaltung erhielt Frau Dr. Katrin Mädler, DB Systemtechnik GmbH, Brandenburg-Kirchmöser, die DVM-Ehrennadel in Gold.

Die Laudatio hielt Dr. Michael Luke vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff mechanik IWM, Freiburg.

DVM-Juniorpreisfür Andreas Seupel

Ebenfalls in Freiberg erhielt Andreas Seupel den DVM-Juniorpreis für den besten Vortrag eines jungen Wis-senschaftlers.

Der Beitrag ist als Kurzfassung in der Beilage dieser Nachrichten veröff entlicht.

v.l.n.r.: P. Hübner (Obmann), M. Kuna, G. Pusch

v.l.n.r.: M. Luke, K. Mädler, P. Hübner (Obmann)

A. Seupel

Bundesverdienstkreuz für Professor Dr. Manfred Hennecke

Aus der BAM wurde mitgeteilt, dass Bundespräsident Joachim Gauck Herrn Professor Dr. Manfred Hennecke am 15.07.2014 das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen hat. Dies in Anerkennung seines heraus-ragenden nationalen und internationalen Engage-ments sowie seiner Verdienste an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Der DVM gratuliert Herrn Prof. Hennecke und möchte bei dieser Gelegenheit einen sehr herzlichen Dank aus-sprechen für die langjährige treue Mitgliedschaft und immer konstruktive richtungsweisende Unterstützung als DVM-Beiratsmitglied von Amts wegen in seiner Ära als Präsident der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. M. Hennecke

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Beilage

Stochastic Life ApproachBauteilauslegung und ökonomischer Betrieb mittels statistischer Verfahren

Die Stochastic Life Approach Philosophie (SLAP) ist ein Auslegungskonzept für Luftfahrzeuge, welches sich von der Damage Tolerance Philosophie (DTP) ableitet. Bei dem Betrieb von Bauteilen wird bewusst in Kauf genom-men, dass während der Nutzungsdauer Schä-digungen (Risse) ent-stehen. Bei kritischen Bauteilen ergibt sich die Konsequenz, solche Schädigungen durch In-spektionen zu erkennen, bevor sie zu einem ka-tastrophalen Versagen führen.

In der DTP sind die Anforderungen an ein Inspektionsschema so gestellt, dass eine hohe Sicherheit erreicht wird. Jedoch sind viele Inspektionen aus statistischer Sicht nicht notwendig, da eine mögli-che Schädigung noch nicht erkennbar ist oder es wei-tere Inspektionen gibt, bevor sie kritisch wird. Durch die SLAP werden mittels statistischer Auswertung und stochastischer Überlegungen nur Inspektionen defi-niert, bei denen eine signifikante Chance besteht, die Schädigung zu entdecken. Die Anforderung an den si-cheren Betrieb bleibt bestehen.

Die Lebensdauer einer Struktur wird u.a. durch Ma-terialeigenschaften, Bauteilgeometrie, Lastspektrum, etc. beeinflusst. Alle Einflussgrößen haben einen Zu-fallscharakter und lassen sich mittels einer geeigneten Verteilungsfunktion erfassen. Bei Lebensdauerproble-men wird häufig eine Weilbullverteilung angenommen, da diese einen sicheren Lebensdauerwert t0 hat und wenige Ansprüche an die benötigten Inputdaten stellt. Selbst ohne bekanntes Schädigungsverhalten kann mit Daten ungeschädigter Strukturen eine (konservative) Verteilung erzeugt werden.

Für eine gute statistische Auswertung kommen die Inputdaten bevorzugt aus In-Service-Auswertungen ei-nes vergleichbaren Bauteils, andere mögliche Quellen sind Gesamtzellenermüdungsversuch oder Bauteiltests. Ein Inputdatensatz besteht aus einem Lebensdauerin-dikator und einer Schädigungsgröße (Risslänge). Der Lebensdauerindikator steht in Bezug zu der Beanspru-chung des Bauteils. Infrage kommen z.B. Flugstunden, Anzahl der Landungen oder ganz allgemein ein Fatigue Index als abstrakte Größe. Während der Auswertung wird das Rissmodell mit seinen streuenden Parametern simuliert und gegen das Spektrum der möglichen Ins-

pektionsschemata geprüft. Als Resultat ergeben sich für jedes Inspektionsschema drei Kennwerte, nämlich der Zeitpunkt der Erstinspektion, die Gesamtzahl an Inspektionen und die Wahrscheinlichkeit, eine Schädi-

gung nicht zu erkennen bevor diese kritisch wird (POF – Probability of Fai-lure). Trägt man diese in einem Diagramm auf, welches die Gesamtzahl der Inspektionen über dem Lebensdauerindi-kator der Erstinspekti-on darstellt, so erhält man eine Kurvenschar. Jede Kurve steht für eine konstante Versa-genswahrscheinlichkeit. Höher liegende Kurven

haben eine geringere Versagenswahrscheinlichkeit, die entsprechenden Inspektionsschemata sind also siche-rer als die tiefer liegenden. Jede Kurve hat ein Minimum bezüglich der Zahl an Gesamtinspektionen.

Bei der Strukturauslegung werden Rissfortschritts-modelle über ihren Lebensdauerindikator aufgetragen. Dabei können Rissmodelle mit verschiedenen Lebens-dauerindikatoren, jedoch gleichem Verhalten, zusam-mengefasst werden, indem auf einen abstrakten Fa-tigue Index skaliert wird, daher eine Normierung auf die Gesamtlebensdauer.

Die SLAP optimiert die Anzahl an Inspektionen, je-doch müssen Zulassungsvoraussetzungen wie die Betriebssicherheit beachtet werden. Anhand der er-zeugten Kurvenschar kann die Grenzkurve für die ge-forderte Sicherheit identifiziert werden. Eine weitere Zulassungsforderung der DTP ist ein spätester Zeit-punkt der Erstinspektion. Im Diagramm erfüllen alle Inspektionsschemata die Zulassungsvoraussetzungen, welche oberhalb der Grenzkurve und links der spätes-ten Erstinspektion liegen.

Weitere Anforderungen bei einer Strukturauslegung sind in der Regel ökonomischer Natur, z.B. Forderungen nach einer Mindestlänge der Inspektionsintervalle. Im Diagramm begrenzt diese Forderung die möglichen In-spektionsschemata durch eine fallende Diagonale. Nur Schemata, die unterhalb der Diagonalen liegen, erfüllen die Forderung.

Olaf Schwerdtner, Dr. Holger Hickethier, Christian Stolz (Airbus Defence and Space)

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Beilage DVM-N 63 • Frühjahr 2015

Lastdatengenerierung anhand MKS-Gesamtfahrzeugsimulationen mit

Fahrwerkregelsystemen(Kurzfassung: Vollversion im DVM-Berichtsband 141, 2014, S. 129-141)

GesamtfahrzeugsimulationenDer Einfluss elektronischer Systeme auf Fahrwerks-

belastungen kann im digitalen Entwicklungsprozess der Automobilbranche ausschließlich anhand von Gesamtfahrzeugsimulationen abgeschätzt werden. Hierfür wird das als Mehrkörpersystem modellierte Fahrwerk um zahlreiche Subkomponenten erweitert: Hochaufgelöste digitalisierte Straßenoberflächen, physikalische Reifenmodelle, Fahrermodelle und Regelsystemmodelle sind erforderlich.

Kopplung von RegelsystemmodellenAufgrund hoher Rechenzeiten bei Lastdatensimula-

tionen werden Regelsysteme als Software-in-the-Loop Modelle eingebunden und in Co-Simulation betrieben. Ohne standardisierte Schnittstelle ist dies im Ent-wicklungsprozess zeitlich jedoch kaum möglich. Das Functional-Mock-Up Interface ist hierfür ein vielver-sprechender Ansatz mit stark wachsendem Einsatz in der Automobilbranche.

Einfluss der RegelungAbhängig vom betrachteten Manöver unterscheiden

sich die Belastungseinflüsse und somit die Anforde-rungen an entsprechende Regelsystemmodelle und deren Notwendigkeit: Bei Geradeausbremsungen auf ebenen Straßenoberflächen kann auf ein Mo-dell der Bremsregelung noch verzichtet werden. Auf Schlechtweg hingegen ist dieses zwingend erforder-lich. Insbesondere das regelungstypische Öffnen der Bremse führt hierbei zu einer hohen Lastreduktion. Bei der ebenfalls betrachteten semiaktiven Verstell-dämpfung zeigt sich auf Schlechtweg, aufgrund zusätz-licher Randbedingungen, ein untergeordneter Einfluss der Regelung. Auf einem mit maximal möglicher Ge-schwindigkeit gefahrenen Rundkurs hingegen ist zur Gewährleistung der Stabilität eine Vielzahl an Regler-eingriffen notwendig. Die dadurch direkt verursachten Belastungen sind jedoch vergleichsweise gering.

Weitere LasteinflussgrößenNeben der Regelung selbst nehmen die jeweiligen

Aktorikmodelle großen Einfluss auf die Ergebnisgüte: Bei Bremsmanövern ist beispielsweise auf eine korrek-te Abbildung der Reibwertcharakteristik des Reifens sowie der physikalischen Eigenschaften der Bremse zu achten. Der dort wirksame nichtlineare Zusam-

menhang zwischen Bremsdruck und Bremsmoment beeinflusst insbesondere das erste Lastmaximum. Auch der in der Numerik anspruchsvoll zu modellie-rende Übergang von Gleit- zu Haftreibung zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe ist physikalisch darzu-stellen, um die schädigungsrelevanten Schwingungen der Karosserie nach Bremsende abzubilden. Bezüglich der Schwingungsdämpfer muss deren Charakteristik bis in einen hohen Last- und Geschwindigkeitsbereich hinein bekannt und entsprechend modelliert sein. An-regungsbedingte Kavitationseffekte führen beispiels-weise zu einem verzögerten Druckkraftaufbau und sollten bei der Lastdatenermittlung daher berück-sichtigt werden. Besonderes Augenmerk muss zudem auf Ein- und Ausfederanschläge gelegt werden, da die resultierenden Lastspitzen schädigungsdominierend sind. Auf dem Rundkurs nehmen die Simulationsvor-gaben in Form der Fahrspur und Fahrgeschwindigkeit eine zentrale Bedeutung hinsichtlich der resultieren-den Bauteilbelastungen ein.

FazitLastdatenermittlungen anhand von Gesamtfahr-

zeugsimulationen mit Fahrwerkregelsystemen sind prinzipiell möglich. Der direkte Einfluss auf die Fahr-werksbelastungen ist jedoch manöver- und system-spezifisch zu untersuchen. Neben dem Original-Steuer- geräte-Code können daher auch entsprechende Sys-tem-Verhaltensmodelle zur Lastabschätzung ausrei-chen, was insbesondere in frühen Entwicklungsphasen eine praktikable Möglichkeit darstellt. Um zukünftig den digitalen Entwicklungsprozess weiter zu stärken, sind neben standardisierten Schnittstellen insbeson-dere ausreichende funktionale Verhaltensbeschrei-bungen zur Parametrierung von Aktorikmodellen unabdinglich.

S. Brandes, U. Leidner, B. Seufert Daimler AG, Sindelfingen T. Melz, R. Möller Fraunhofer LBF, Darmstadt

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Beilage

A. Seupel, M. KunaInstitut für Mechanik und Fluiddynamik, TU Bergakademie Freiberg

Erweiterung eines duktilen Schädigungsmodells zur Beschreibung von TRIP-Stählen

(Kurzfassung; Vollversion im DVM-Berichtsband 247, 2015, S. 83-92)

In der vorliegenden Studie stehen die numerische Untersuchung der bei TRIP-Stählen auftretenden Schädigungsmechanismen und deren Modellierung im Rahmen der Kontinuumsmechanik im Vordergrund. Die betrachteten metastabilen austenitischen Stähle verfügen aufgrund der TRansformationsInduzierten Plastizität (TRIP) über ein enormes Verfestigungsver-mögen bei hoher Duktilität. Die zusätzlichen inelas-tischen Dehnungen werden durch eine austenitisch-martensitische Phasenumwandlung hervorgerufen, wobei der entstehende Martensit gleichzeitig wesent-lich zur Gesamtverfestigung des Materials beiträgt.

Die martensitische Phasenumwandlung wird dabei durch mechanische und chemische Triebkräfte her-vorgerufen. Um deren Auswirkungen auf das Ver-formungs- und Verfestigungsverhalten in Modellen berücksichtigen zu können, wird eine entsprechen-de Martensitkinetik benötigt. Der relevante Schädi-gungsprozess in diesem duktilen Stahl wird durch das Wachstum und die Vereinigung von Mikroporen hervorgerufen.

Die vorgeschlagene Formulierung des kontinuums-mechanischen Modells baut auf die Fließbedingung nach Rousselier auf, welche sowohl das plastische Materialverhalten als auch den duktilen Schädigungs-prozess beschreibt (Rousselier, G., J. Mech. Phys. Solids 49 (2001), S. 1727-1746). Damit kann entfestigendes Materialverhalten abgebildet werden. Neben der plas-tischen Dehnung und einer skalaren Verfestigungs-variable liegt zusätzlich die Porosität als Schädigungs-variable vor.

Die Martensitentwicklung wird über eine Umwand-lungsbedingung bereitgestellt (Hallberg, H., Hakans-son, P., Ristinmaa, M., Int. J. Plast. 23 (2007), S. 723-748). Als Triebkraft der Umwandlung geht der Spannungs-zustand in das Kriterium ein. Aus der Umwandlungs-bedingung werden Evolutionsgleichungen für den Martensitvolumenanteil und die transformationsbe-dingten Dehnungen abgeleitet. Gleichzeitig wird eine Abhängigkeit der Anfangsfl ießspannung vom Martensit-volumenanteil angenommen, womit die zusätzliche Verfestigung durch die Phasenumwandlung in die Fließbedingung eingebunden wird.

Das entwickelte Modell wird folgendermaßen einge-setzt: Zunächst erfolgt eine Anpassung der Material- und Modellparameter unter Nutzung von Zugversuch-sergebnissen eines hochlegierten TRIP-Stahls, welcher im Sonderforschungsbereich 799 „TRIP-Matrix-Com-posite“ entwickelt wurde. Damit werden die reinen

Matrixeigenschaften bestimmt, d. h. die Schädigung ist deaktiviert. Im Anschluss werden Zellmodellsimu-lationen unter Verwendung des Modells mit diskret aufgelösten Poren unter verschiedenen makroskopi-schen Mehrachsigkeiten durchgeführt. Als Mehrach-sigkeit wird das Verhältnis von hydrostatischer Span-nung zur von Mises Vergleichsspannung defi niert. Die Anpassung des Materialmodells mit aktiver Schädi-gung erfolgt zuletzt anhand der simulierten makro-skopischen Fließ-, Schädigungs- und Martensitent-wicklungskurven.

In Abb. 1 a) sind die makroskopischen Fließkurven der Zellmodelle und des angepassten Schädigungs-modells dargestellt (Anfangsporosität 1%). Bis zum Einsatz der plötzlichen Entfestigung aufgrund des Porenzusammenwachsens kann das Verhalten für alle betrachteten Mehrachsigkeiten sehr gut abgebil-det werden. Im Anschluss überschätzt das Modell die Zellmodellergebnisse. Das Sättigungsverhalten der Martensitevolution aus den Zellmodellrechnungen in Abb. 1 b) kann qualitativ wiedergegeben werden. Mit Erhöhung der Mehrachsigkeit sind jedoch größere Ab-weichungen vorhanden.

Um das Materialverhalten bei Porenvereinigung besser darstellen zu können, sind weitere Modifi kationen not-wendig und geplant.

Abb. 1: Vergleich der mikromechanischen Simulationen und des vorgeschlagenen Modells anhand der normierten Fließ-kurven a) und des Martensitvolumenanteils b) bei verschie-dener Spannungsmehrachsigkeit

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DVM-N 63 • Frühjahr 2015 Beilage

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