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Eigene Untersuchungen. A. Blu t f arb s t o f f menge und Blu t f arbs to f fver t eilung bei der weissen Maus. 1. Methodik. In der Literatur findet man keine Methode, die eine Ubersicht iiber die Blutmenge in den verschiedenen Teilen des Korpers von Tieren, die sich in einem einigermassen ungeschadigten Zustand befinden, gibt. Folgende Methoden sind die einzigen, die den Zweck hatten, eine solche zu geben. Die altesten Untersuchungen wurden, wie erwahnt, von G s c h e i d 1 e n mit Hilfe von W e 1 c k e rs Methode - s. weiter unten - vorgenommen. Er verwandte unbetaubte Kaninchen, bei denen Unterbindungen an die grossten Gefasse, und zwar zuerst in Hohe des Zwerchfells und danach an der Verzweigungsstelle der Aorta, gelegt wurden, worauf man den Farbstoff der Brust- und Bauch- eingeweide extrahierte. G a b b e und 0 b e r h o f injizierten Meerschweinchen und Hunden Farbstoff in die Gefasse, offneten dann den Thorax uncl unterbanden die Herzbasis, worauf sie den Gehalt der verschiedenen Organe an eingespritztem Farbstoff bestimmten. In keinem dieser Falle besteht grossere Wahrscheinlichkeit dafur, dass das Blut an den Stellen, wo es sich zu Lebzeiten des Tieres befand, liegengeblieben ist. Der hohe Druck in der Aorta muss in G s c h e i d- l e n s Versuch das Blut aus der Brusthohle pressen. Seine und G a b b e und 0 b e r h o fs Untersuchungen haben das gemeinsam,. dass bei Anlegung der ersten Unterbindung das Zustandekommen. einer starkeren Verschiebung der Blutmenge infolge der Kontraktionem und Dilatationen des misshandelten Gefassystems denkbar ist. Dage-.

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Page 1: Eigene Untersuchungen : A. Blutfarbstoffmenge und Blutfarbstoffverteilung bei der weissen Maus

Eigene Untersuchungen.

A. Blu t f arb s t o f f menge und Blu t f arbs to f fver t eilung bei der weissen Maus.

1. Methodik.

In der Literatur findet man keine Methode, die eine Ubersicht iiber die Blutmenge in den verschiedenen Teilen des Korpers von Tieren, die sich in einem einigermassen ungeschadigten Zustand befinden, gibt. Folgende Methoden sind die einzigen, die den Zweck hatten, eine solche zu geben.

Die altesten Untersuchungen wurden, wie erwahnt, von G s c h e i d 1 e n mit Hilfe von W e 1 c k e rs Methode - s. weiter unten - vorgenommen. Er verwandte unbetaubte Kaninchen, bei denen Unterbindungen an die grossten Gefasse, und zwar zuerst in Hohe des Zwerchfells und danach an der Verzweigungsstelle der Aorta, gelegt wurden, worauf man den Farbstoff der Brust- und Bauch- eingeweide extrahierte.

G a b b e und 0 b e r h o f injizierten Meerschweinchen und Hunden Farbstoff in die Gefasse, offneten dann den Thorax uncl unterbanden die Herzbasis, worauf sie den Gehalt der verschiedenen Organe an eingespritztem Farbstoff bestimmten.

In keinem dieser Falle besteht grossere Wahrscheinlichkeit dafur, dass das Blut an den Stellen, wo es sich zu Lebzeiten des Tieres befand, liegengeblieben ist. Der hohe Druck in der Aorta muss in G s c h e i d- l e n s Versuch das Blut aus der Brusthohle pressen. Seine und G a b b e und 0 b e r h o fs Untersuchungen haben das gemeinsam,. dass bei Anlegung der ersten Unterbindung das Zustandekommen. einer starkeren Verschiebung der Blutmenge infolge der Kontraktionem und Dilatationen des misshandelten Gefassystems denkbar ist. Dage-.

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gen durften G s c h e i d 1 e ns Untersuchungen uber die Blutver- teilung bei vergifteten Tieren einwandfreier sein, und zwar deshalb, weil in diesen Fallen der Blutdruck fiel, sodass eine starkere Ver- anderung der Blutverteilung durch die Anlegung der Unterbindung nicht zustandegekommen sein durfte, da ja der Kreislauf vollig oder fast vollig aufhorte.

Auch die Methoden, die man fur das Studium der Blutmenge der einzelnen Organe verwandt hat, geben wenig Aufschluss. R a n- k es Studien uber das Blutvolumen des Hinterkorpers und der Leber wurden an Tieren vorgenommen, die sich infolge des Schmerzes bei der Abtrennung der Organe nahezu im Kollapszustand befanden. Sowohl G s c h e i d 1 e ns wie R a n k es Arbeiten leiden unter dem Fehler der W e 1 c k e rschen Methode, auf den oben hingewiesen wurde und der in anderem Zusammenhang noch behandelt werden wird. Ferner haben beide das gemeinsam, dass ein ziemlich langes Mani- pulieren mit den Eingeweiden bei der Unterbindung der Bauchgefasse ihre Blutmenge verandert haben kann.

Nur fur das Studium der Blutmenge der Milz und ihre naturlichen Veranderungen sind gute Methoden vorhanden, aber dieses Organ durfte nur eine sehr kleine Rolle fur die Blutverteilung beim Menschen und vielen Tierarten spielen. Es mussen also neue Methoden fur das Studium der Blutverteilung eingefuhrt werden.

Eine Voraussetzung dafur, dass man einen Wert fur den Blut- gehalt eines Organs erhalt, ist die, dass man seine zu- und abfuhrenden Gefasse schnell und vollstandig verschliessen kann und dann eine zuverlassige Methode fur die Bestimmung der Blutmenge des Organs zur Hand hat. Der Gefassverschluss lasst sich bei grosseren Tieren wohl fur kleinere Gefassbezirke bewerkstelligen, aber nur bei sehr kleinen Tieren kann man einen wirklich schnellen Venchluss ganzer Korperteile erzielen. Ein in dieser Hinsicht sehr geeignetes Tier ist die weisse Maus. Ihr Korperbau macht sie auch fur das Studium der Verteilung der Blutmasse geeignet.

Nach W e 1 c k e r und B r a n d t (1902) stimmt der prozen- b a l e Anteil der einzelnen Organe am Gesamtgewicht der Maus im grossen ganzen mit dem anderer Tiere uberein. Die Muskulatur ist bei der Maus, beim Kaninchen, beim Hund und auch beim Menschen

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verhaltnismassig ebenso schwer. Der Darmkanal wiegt beim Hund and bei der Maus relativ ebenso viel, wahrend der des Kaninchens schwerer und der des Menschens leichter ist. Die Leber ist bei der Maus relativ schwerer, wahrend die Haut und das Skelett verhaltnismassig ebenso schwer sind wie bei den zwei obenenvahnten Tierarten. Die Maus ist ferner ein aktives Tier, das fur ein so kleines Tier beachtens- werte Korperleistungen vollbringen kann. Der Eindruck der Plump- heit, den man leicht erhalt, ist dadurch bedingt, dass das Fell ihren wirklichen Korperbau verbirgt. Nur an Tieren, denen das Fell abge- zogen ist, sieht man, wie wohlproportioniert die Maus ist. Es besteht kein Anlass zu der Voraussetzung, dass die Maus wegen der Propor- tionen ihres Korpers eine Blutverteilung hat, die sich prinzipiell von der der ubrigen fur experimentelle Zwecke verwandten Tiere unter- scheidet.

Bei der Maus kann eine Absperrung von Korperteilen sehr leicht dadurch erfolgen, dass man ganz einfach einen PCan auf ihren Hilus setzt oder, wo ein solcher nicht vorhanden ist, den Korperteil zwischen zwei gleichzeitig angebrachten PCans einklemmt. Auch wenn diese P6ans quer uber den Tierkorper geklemmt wurden, erhielt man eine vollige und so gut wie augenblickliche Zusammenpressung der Gefasse an der betreffenden Stelle, da die Gewebe der Maus einschliesslich des Knochensystems auffallend zart sind und durch den P6an leicht und vollstandig zerquetscht wurden. Bei der vorliegenden Untersuchung wurden PCans mit ungefahr 4 mm breiten - fast gleichbreiten - Branchen benutzt.

Die Bestimmung der Blutmenge in den abgesperrten Korperteilen erfolgte auf Grund des Hamoglobingehaltes nach einer weiter unten zu beschreibenden Methode. Damit dieser Wert die Blutmenge angibt, ist es erforderlich, dass man weiss, welcher Hamoglobinwert ' dem extravaskularen Farbstoff entspricht. Diese Bestimmung, die ebenfalls weiter unten beschrieben werden soll, Iiess sich bei der Maus leicht ausfuhren.

Ferner ist erforderlich, dass der Hamoglobingehalt des Blutes der verschiedenen Korperteile der Prozentzahl nach einigennassen gleichgross oder wenigstens zu bestimmen ist. Ein verschiedener Hamoglobingehalt des Blutes in verschiedenen Teilen des Geftiss- systsme des Korpers ist jedoch mit Ausnahme des Blutes, das sich in der Milz befindet und das etwas reicher an Blutkorperchen ist, nicht

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bekannt. Zwar hat man das Vorkommen einer Plasmarandstromes und von Plasma enthaltenden Kapillaren angenommen, aber dass dies in diesem Fall einen grosseren Unterschied in der Zusammensetzung des Gesamtblutes der Organe zur Folge hat, ist weder bewiesen noch wahrscheinlich. Vielmehr geht aus von S m i t h, A r n o 1 d und if' h i p p 1 e (1921) und vor allem von S c h u b e r t h (1936) vor- genommenen Untersuchungen hervor, dass die durchschnittliche Zusammensetzung des Blutes im Korper wenig von dem in den grossen Gefassen vorhandenen Blut abweicht. Die erstgenannten Autoren haben einen kleinen Unterschied beobachtet, aber dieser durfte auf einer zu kurzdauernden Zentrifugierung bei der Bestimmung des Hamatokritwertes beruhen.

Nur betrachtliche Variationen des Hamoglobingehaltes des Blutes wirken storend auf eine mit der in vorliegender Arbeit angewandten Methode erhaltene Obersicht uber die Blutverteilung ein. Im folgen- den sol1 jedoch allgemein der Ausdruck Blutfarbstoffgehalt der Organe angewandt und Verteilung des Blutfarbstoffs anstelle von Blutver- teilung gesetzt werden. Beim Studium der Verteilung des Blutfarb- stoffs verfolgt man ja auch die Verteilung des in vielen Beziehungen wichtigsten Bestandteils des Blutes.

Viele der Untersuchungen uber die Blutverteilung in den ver- schiedenen Versuchsgruppen hatten das gemeinsam, dass die Blut- menge der aus einem Teil des Riickens und den meisten Bauchorganen bestehenden Mittelpartie des Korpers nicht bestimmt wurde, sondern dass der Wert fur dieses Gebiet durch Subtraktion von der Gesamt- menge des Blutfarbstoffs erhalten wurde. Um diese Methode anwenden zu konnen, muss man einen zuverlassigen Wert fur diese Gesamtmenge des Farbstoffs haben. Da ein solcher in der Literatur nicht zu finden war, wurde zunachst eine Untersuchung uber diese Frage angestellt. Ein sicherer Wert fur die Gesamtmenge des Blutes muss naturlich immer die Grundlage von Erorterungen der Blutverteilung bilden.

Vie1 Arbeit wurde im Laufe der Jahre auf die Ausarbeitung von Methoden zum Studium des Blutvolumens verwandt. Die hierbei erreichten Resultate sind jedoch wenig zufriedenstellend.

Wenn man von den Untersuchungen absieht, die mit W e 1 c k e rs Methode ausgefuhrt wurden, so sind die wichtigsten Methoden zur

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Bestimmung der Blutmenge die Farbstoffinjektionsmethode und die Kohlenoxydmethode. Wahrend der ungefahr 40 Jahre, wo diese Methoden fleissig angewandt wurden, hat man jedoch nicht Werte erhalten, die miteinander ubereinstimmten.

Bezuglich der Farbstoffinjektionsmethode ist zu bemerken, dass man nie sicher feststellen konnte, dass die Mischung des Farbstoffs mit dem Blut befriedigend war. Es ist ja hekannt, dass sich das Blut in gewissen Teilen der Gefassbahn - in der Milz - in sehr langsamer Zirkulation befindet. Man kann deshalb nicht hehaupten, dass die mit dieser Methode erhaltenen Resultate das Gesamtvolumen des Blutes genau angeben.

Die Kohlenoxydmethode gibt ebenfalls keinen Aufschluss uber stagniertes Blut. Hinzukommt, dass man nicht sicher sagen kann, inwieweit das Muskelhamoglobin in gewissen Fallen imstande war, Kohlenoxyd aus dem Blut aufzunehmen.

Diese beiden Methoden, die gut durchprobiert sind, haben also bisher keine Werte ergeben, durch die man exaktere Angaben uber die gesamte Blutmenge des Tieres erhalten konnte.

W e 1 c k e rs Methode, bei der eine Bestimmung der Gesamtmenge des Blutes an Hand der Hamoglobinmenge des Korpers erfolgt, ist alter als die beiden anderen und wurde ebenfalls vie1 benutzt. Auch diese Methode hat bisher keine einwandfreien Resultate ergeben. Dies sol1 im folgenden naher erortert werden.

W e 1 c k e r (1854) arbeitete eine Methode aus, die die erste war, mit der man eine einigermassen gute Vorstellung von der Grosse des Blutvolumens erhalten konnte. Sie war den alteren, vom modernen Gesichtspunkt ziemlich naiven Methoden bedeutend uberlegen und erregte grosses Interesse.

W e 1 c k e r spulte das Gefassystem des Tieres mit Wasser aus und extrahierte dann den Blutfarbstoff aus den Geweben ebenfalls rnit Wasser. Die Ausspiilungs- und Extraktionsflussigkeiten wurden mit einer kleinen von den Tieren entnommenen Blutprobe, die auf die gleiche Farbe verdunnt wurde, verglichen.

Spater wurde diese Methode von anderen Forschern bedeutend modifiziert, da in mehreren ihrer Einzelphasen die Moglichkeit betrachtlicher Fehler bestand. Die Extraktion war schwer durch-

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zufuhren, die Vergleichbarkeit der Blutlosungen - oder vielleicht richtiger der Blutaufschlammungen - wurde durch Trubungen gestort und es war schwer zu entscheiden, wieviel Farbe das extravaskulare Hamoglobin ergab.

Eine Menge verschiedene Wege, die hierdurch bedingten Fehler- quellen zu vermeiden, wurde im Laufe der Jahre angegeben. Da die Methode in der vorliegenden Arbeit von Grund auf geandert ist, besteht kein Anlass, auf diese Untersuchungen naher einzugehen. Nur in den Fallen, wo die Resultate ein direktes Interesse fur die Beurtei- lung der hier beschriebenen Versuche besitzen, sollen die Methoden der betreffenden Autoren kurz besprochen werden. Im ubrigen genugt es, auf die Tatsache hinzuweisen, dass es keinem der Autoren gegluckt ist, die genannte Methode so zu modifizieren, dass zufrieden- stellende Resultate erhalten werden konnten. Die Extraktion wurde nie vollig befriedigend, die Trubung liess sich nie einwandfrei besei- tigen und zuverlassige Bestimmungen des Anteils des extravaskularen Pigments an der Farbe der Extraktionsflussigkeiten wurden nicht vorgenommen.

F 1 e i s c h e r-H a n s e n gibt in seiner Ubersicht (1928) an, dass die Welckerwerte im allgemeinen zu hoch sind, und zwar deshalb, weil man das extravaskulare Pigment nicht auf seinen vollen Wert eeschatzt hat.

An der Maus wurde die Bestimmung der Gesamtblutmenge von W e l c k e r (1854), B r o z e i t (1870), J o l y e t und L a f f o n t (1877) sowie von D r e y e r und R a y (1911) - samtlich mit Hilfe der W e 1 c k e rschen Methode oder einer Modifikation davon -vorge- nommen.

W e 1 c k e r fuhrte seine Untersuchung auf die oben beschriebene Weise aus. Er machte nur einige wenige Versuche, von denen zwei an sehr kleinen Tieren und einer an einem trachtigen Tier vorgenom- men wurden. Nur einer der Werte fur die Blutmenge der Mausist deshalb als einigermassen brauchbar anzusehen. In diesem Fall gab W e l c k e r das Blutgewicht mit 8.5 % vom Nettogewicht des Tieres an, also nach Entfernung des Darminhalts. Auf das extra- vaskulare Pigment nahm W e 1 c k e r keine Rucksicht.

B r o z e i t extrahierte den Farbstoff, stellte ihn rein dar und bestimmte so seine Gesamtmenge durch Wagen, also eine ziemlich

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&rke Abweichung von W e 1 c k e rs Methode. Auch er nahm keine Rucksicht auf das extravaskulare Pigment und gibt ausserdem selbst an, dass die Versuche an der Maus schlecht ausgefiihrt und nicht wert sind, dass man sie beriicksichtigt.

J o l y e t und L a f f o n t haben keine Abweichungen von W e 1 c k e rs Methode beschrieben. Auch sie benutzten sehr kleine (ungefahr 5 g schwere) Mause, weshalb ihr Resultat - ungefahr 6.5 yo des Bruttokorpergewichts - wenig Interesse fur die vorliegende Un- tersuchung besitzt.

D r e y e r und R a y machten ihre Studien an grosseren Serien. Sie verwandten eine besondere Modifikation der Methode, indem sie die Standardblutprobe mit Olivenol triibten, um die Vergleich- barkeit mit der Extraktionsfliissigkeit zu erhohen. Ob sie die Trii- bung ebenso stark machen konnten, geben sie nicht an. Wahrend W e 1 c k e r selbst seine Praparate im Morser stiess, hackten D r e y e r und R a y die Tiere, wahrscheinlich, um eine Extraktion des extravaskularen Pigments zu verhindern. Sie fanden mit ihrer Methode, dass die Blutmenge der Maus ungefahr 6 y-, des Brutto- korpergewichts betrug, was ungefahr 6.5 Yo des Nettogewichts ent- sprechen diirfte.

Es fragt sich, ob man auf diese Weise den Fehler, den das extra- vaskulare Hamoglobin verursacht, vermeiden kann. Es ist moglich, dass sie dabei das in den Kapillaren befindliche Blut nie im ganzen erhielten, was nach meiner Erfahrung der Fall ist, wenn man die Gewebe nicht sehr fein zerquetscht.

Von den obenerwahnten Studien uber die Blutmenge der Maus sind also nur die von W e 1 c k e r und die von D r e y e r und R a y eine Beriicksichtigung wert; auch sie leiden aber an betrachtlichen Fehlerquellen. Die Resultate weichen auch, wie man sieht, sehr von- einander ab.

Hier konnen auch die Methoden erwahnt werden, die von denjeni- gen, die die Blutverteilung nach der W e 1 c k e rschen Methode studier- ten, namlich G s c h e i d 1 e n und R a n k e, benutzt wurden.

G s c h e i d 1 e n s Modifikation der W e 1 c k e rschen Methode ist dadurch gekennzeichnet, dass er die Blutmenge nach Behandlung des Hamoglobins mit CO bestimmte. Er filtrierte seine Losungen, disku-

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tiert aber nicht die Fehlerquelle, die infolge der Trubung des Extraktes entsteht. Die Gesamtblutmenge wurde durch Ausspulung des Gefass- systems ermittelt; den zuruckbleibenden Farbstoff in der Muskulatur halt er fur Muskelhamoglobin. Der Wert fur dieses wechselte bedeu- tend.

R a n k e verzichtete darauf, die Menge des extravaskularen Pigments zu bestimmen, sondern begnugte sich damit, die gesamte Farbstoffmenge der Tiere zu bestimmen. E r ist der Auffassung, dass es unnotig ist, den Farbstoff mit Hilfe von CO in einen einheitlicheren zu uberfuhren.

Sowohl G s c h e i d 1 e ns wie H a n k es Methode kranken also an dem typischen Fehler der W e 1 c k e rschen Methode zur Bestim- mung der Gesamtblutmenge. Da sie fur ihre Bestimmungen der gesamten Blutverteilung auf diesen Wert angewiesen waren, besit- Zen diese Ermittelungen schon deshalb geringeren Wert. Die Bestim- mung der Blutmenge der einzelnen Korperteile litt naturlich unter den schon erwahnten Fehlerquellen der We 1 c k e rschen Methode.

Die fur die Ermittelung der Blutmenge der hlaus angewandten Modifikationen der W e 1 c k e r schen Methode mussen samtlich als unzuverlassig bezeichnet werden. Das gleiche gilt fur die von G s c h e i d 1 e n und R a n k e zur Bestimmung der Blutmenge der einzelnen Korperteile benutzte Methode. Die alteren Welckermethoden mussten also fur die vorliegende Arbeit verbessert werden.

Es zeigte sich, dass die Literatur einige Methoden zur Bestimmung der Gewebsfarbstoffmenge enthalt, die fur Welckerversuche ver- wendbar waren. Diese Methoden waren nicht fur die Bestimmung des Blutgehaltes der Organe, sondern fur die Bestimmung des Pigment- gehaltes der Gewebe nach Ausspulung des Blutes aus den Gefassen benutzt worden. Von den Methoden schien die von Y a b a s o e 1927 angewapdte die handlichste zu sein. Dieser Autor nahm bei W a r b u r g eine Bestimmung der Farbstoffmenge der Gewebe vor, um die quantitative Verteilung des Eisens auf den Farbstoff und die ubrigen Bestandteile der Gewebe zu studieren, also fur ganz andere Zwecke als die der vorliegenden Arbeit. Nach Y a b a s o es Beschrei- bung konnte man sehr leicht photometrierbare Losungen erhalten. Nachdem er das Gefassystem des Korpers ausgespult hatte, zer-

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mahlte er die Gewebe mit Sand in einem Morser, setzte Normalsalz- saure hinzu, extrahierte mit Methylalkohol, schuttelte mit Magnesium- sulfat und verdunnte dann noch mehr mit salzsaurem Methylalkohol. Auf diese Weise glaubte er den Farbstoff in Form von Hamin erhalten zu konnen. Nach der gebrauchlichen Nomenklatur handelt es sich doch wohl um salzsaures Hamatin. Die quantitative Bestimmung wurde dann im Spektrophotometer vorgenommen. '

Fur die hier zu beschreibenden Experimente wurde die Methode in mehreren Beziehungen modifiziert, ohne dass man prinzipiell von Y a b a s o es Verfahren abwich. Statt Methylalkohol erwies sich die An- wendung von 96 %-igem Athylalkohol geeigneter, und die Konzentra- tion der Losungen wurde in Pulfrichs Stufenphotometer bestimmt. Es wurde eine Eichkurve nach auf die gleiche Weise behandeltem Kanin- chenblut aufgestellt, dessen Saurebindungsvermogen bestimmt worden und dessen annahernder Hamoglobingehalt (Multiplikationsfaktor 1.34) also bekannt war. Auf diese Weise erhielt man einen Standard fur die Bestimmungen. Der Farbstoffgehalt des Extrakts wurde als Hamoglobin angegeben. W e im nachsten Kapitel beschrieben werden wird, konnte man fur die verschiedenen Korperteile bestimmen, ein wie grosser Teil des Gesamtfarbstoffes von extravaskularem Pigment herruhrte. Im ubrigen wurde wiederholt kontrolliert, dass die Hama- tinlosungen des Mauseblutes der gleichen Eichkurve folgten wie der Hamatinextrakt des Kaninchenblutes.

Um einen Wert fur die absolute Blutmenge der Organe zu erhalten, muss man aber nicht nur die Menge des extravasalen Pigments, son- dern auch die Verdunnung des Blutes kennen. Der Hamoglobingehalt des Mauseblutes wurde jedoch, wie weiter unter beschrieben werden wird, an Hand der gleichen Eichkurve bestimmt, und auf diese Weise konnte man den Tabellen bei Bedarf einen Wert fur die ungefahre Blutmenge der Organe entnehmen. Das durch diese Untersuchung Bestimmbare ist also die Verteilung des Blutfarbstoffs im Korper, was aus den im nachsten Kapitel beschriebenen Studien hervorgeht. Die Verteilung des Mauseblutes folgt wahrscheinlich den gleichen Prinzipien, die in anderem Zusammenhang analysiert werden.

Die Gewebe wurden gewogen und mit Quarzsand im Morser gestos- sen. Jedem Gramm Gewebe wurde mindestens 1 cm3 Normalsalz-

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saure zugesetzt, wobei die Reaktion kongosauer wurde. Fur jeden cm3 Saure wurden darauf 8 cm3 96 %-iger Athylalkohol zugesetzt, wonach man wahrend 15 Minuten ab und zu umriihrte. Hierauf wurde 15 Minuten lang zentrifugiert (2300-3000 Umdrehungen/Minute) und der Bodensatz auf die gleiche Weise und mit der gleichen Alkohol- menge \vie vorher verriihrt. Danach zentrifugierte man wieder 15 Minuten lang. Die beim Zentrifugieren erhaltenen Losungen wurden zusammengegossen und 3 Minuten lang mit einer Messerspitze f t in- pulverisiertem Magnesiumsulfat geschuttelt, wonach sie wieder 30 Minuten lang zentrifugiert wurden. Die hierbei erhaltene Losung, die oft opaleszent war, wurde kristallklar, wenn man salzsauren Alkohol in ausreichender Menge zusetzte. Der salzsaure Alkohol bestand aus 8 Teilen 96 %-igen Alkohol und 1 Teil Normal-HC1. Relativ kleinen blutreichen Teilen des Korpers wie der Leber wurden je nach dem Blutreichtum grossere Mengen Saure und Alkohol zugesetzt.

Dass die Extraktion durch diese Prozedur gut wurde, geht daraus hervor, dass auch die blutreichsten Organe, die nach der uberfuh- rung des Farbstoffs in Hamatin schwarzbraun wurden, nach der zweiten Extrahierung fast weiss waren. Wenn man eine dritte Extra- hierung mit salzsaurem Alkohol machte, erhielt man fast farblose Losungen. Hier kann bemerkt werden, dass auch eine Losung von Hamatin, die nur 5 mg Hamoglobin in 20 cm3 Alkohol entsprach, gut braungefarbt war (ebenso die Gewebsmasse, aus der diese Farb- stoffmenge extrahiert werden konnte). Wenn also die dritte Extrahie- rung mit beispielsweise 5 cm3 Alkohol vorgenommen wurde und der Extrakt fast farblos war, so ist es klar, dass die Extrahierung durch die zwei gewohnlichen Behandlungen so gut wurde, dass der zuruck- bleibende Farbstoff kaum eine Bedeutung fur die Untersuchungen in vorliegender Arbeit besitzen kann.

Die Ablesungen erfolgten im Stufenphotometer rnit einer 30 mm-Kuvette und Filter S 53 (also einem griinen) im Bezirk D = 30 -50 %. Einige wenige Ablesungen wurden rnit S 57 vorgenommen. Da in diesem Bezirk auch gute Farbgleichheit vorhanden war, konnten die Ablesungen mit grosser Genauigkeit erfolgen.

Zwecks Kontrolle wurde eine Serie Bestimmungen gemacht, wobei von der gleichen Mauseblutprobe 15 Proben rnit Filtrierpapier auf- gesogen wurden, das vor und nach der Entnahme der Probe gewogen wurde. Die Probe wurde in der fur die Organe angegebenen Weise

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zwecks Bestimmung des Farbstoffs behandelt. Zur Extrahierung wurden verschieden grosse Mengen Saure und auch der Saure ent- sprechende Mengen Alkohol zugesetzt, und zwar so, dass die Ver- dunnung der am starksten verdunnten Proben das Doppelte der am schwachsten verdunnten betrug. Auf diese Weise wurden die Ablesun- gen an einem grossen Teil der Eichkurve vorgenommen und alle ubrigen kleinen Fehler beim Dekantieren, Abmessen usw., die bei verschie- dener Konzentration der Losung etwas verschieden werden konnen, mit berucksichtigt.

Der mittlere Fehler des Durchschnitts liegt bei ungefahr f 2 yo fur eine Serie von 15 Proben mit dieser Anordnung fur die Priifung der Methode.

Aus dem Obenstehenden geht hervor, dass die beschriebene Methode der fruher fur W e 1 c k e r-Versuche angewandten uber- legen zu sein scheint.

2. Die Gesamtmenge des Blutfarbstoffs bei der weissen Maus.

Fur die Experimente wurden hier wie in den folgenden Kapiteln nur ganz gesunde weisse Mause (Mannchen) benutzt. Es wurde fest- gestellt, dass Mause mit einem Gewicht von ungefahr 15 g sich im allgemeinen in guter Kondition befanden und keine Fettansamm- lungen in der Unterhaut und im Omentum aufwiesen. Grossere und mithin altere Mause litten oft an Lungen- oder Leberkrankheiten.

Zur Bestimmung der Gesamtblutmenge der Maus wurden die Tiere getotet, indem man einen PCan auf ihren Hals setzte. Die Tiere wurden gewogen, und danach wurde der Darmkanal ausgespult.

Zunachst wurde der ganze Darmkanal mit Flussigkeit gefullt, indem man Leitungswasser in ihn spritzte. Der hierdurch flussig wordene Darminhalt konnte dann leicht entfernt werden. In die der Mesenterialinsertion abgewandte Seite des Darms wurden ein oder zwei Locher geschnitten, wobei keine Blutung entstand. Die Spulung wurde danach fortgesetzt, und hierbei kam der Darminhalt vollstan- dig heraus. Die Extrahierung und Bestimmung des Blutfarbstoffs erfolgte in der oben beschriebenen Weise. Die Resultate findet man in Tabelle 1.