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Ein Beitrag zur Auswanderung der Blutk6rperchen aus den Gef~ssen des Frosches. Von Fritz Schmuziger, 3tttd. reed. *) }lierzu Tafel XXu Seitdem Cohnheim in seiner allgemein gekannten Arbeit die Auswanderung farbigcr und farhloser BlutkSrperchen aus den Gefiissen, den Venen und Capillaren dargethan hat, fehlte es be- kanntlich nicht an bestiitigenden wie verneinenden Angaben yon Seite anderer Forscher. Bei dem hohen Interesse, welches der Gegenstand mit vollstem Rechte in Anspruch nimmt, mag die Ver- 6ffentlichung einer kleinen Beobachtungsreihe entschuldigt sein, welche hSchst pr~gnante Resultate ergab. Die einzelnen Phasen der sich entwickelnden Entziindungsprocesse nochmals zu schildern, halte ich fiir hgchst i~berfifissig. Dagegen glaube ich aber, dass Manchem, dessen Zeit die Wiederholung der Cohnheim'schen Beobachtungen entweder nicht oder nur ganz unvollst~ndig erlaubt, die VorfO~hrnng einiger naturgetreuen Zeichaungen nicht uner- wiinscht sein diirfte. Als Beobachtungsobject diente auch mir die klassische Localititt, das Mesenterium des durch Curare gel~ihmteu Frosches. Einmal verwendete ich das Gekr5se des Eileiters. Ich injicirte 1/2--3/4 Centigramme einer Curareliisung yon 0,1% und gewann die vollkommenste Bewegungslosigkeit nach 11/.o--13/4 Stunden. In manchen F~llen war der Kreislauf gleich Anfangs so schwach, und die Herzaction so unbedeutend, dass yon einem Herz- stoss in den hrterien des ~r nichts zu sehen war und *) Der Verfasser hat, ws des Dezember3 1872 die betreffenden Studien in meinem Laboratorium anges'~ellt. Die Veranlassung war eine ~usserlicb.e; ich bedurfte einiger Zeichnungen fiir die neue Auflage meiner Histologie. Die Gewissenhafl;igkeit der Mittheilung verbiirge ich. Haben wir uns doch Stunden lang zusammen erfreut an dem wunderbaren Vorgange ! W. Frey.

Ein Beitrag zur Auswanderung der Blutkörperchen aus den Gefässen des Frosches

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E i n B e i t r a g z u r A u s w a n d e r u n g d e r B l u t k 6 r p e r c h e n

aus d e n G e f ~ s s e n d e s F r o s c h e s .

Von

F r i t z S c h m u z i g e r , 3tttd. reed. *)

}lierzu Tafel XXu

Seitdem Cohnheim in seiner allgemein gekannten Arbeit die Auswanderung farbigcr und farhloser BlutkSrperchen aus den Gefiissen, den Venen und Capillaren dargethan hat, fehlte es be- kanntlich nicht an bestiitigenden wie verneinenden Angaben yon Seite anderer Forscher. Bei dem hohen Interesse, welches der Gegenstand mit vollstem Rechte in Anspruch nimmt, mag die Ver- 6ffentlichung einer kleinen Beobachtungsreihe entschuldigt sein, welche hSchst pr~gnante Resultate ergab. Die einzelnen Phasen der sich entwickelnden Entziindungsprocesse nochmals zu schildern, halte ich fiir hgchst i~berfifissig. Dagegen glaube ich aber, dass Manchem, dessen Zeit die Wiederholung der Cohnheim'schen Beobachtungen entweder nicht oder nur ganz unvollst~ndig erlaubt, die VorfO~hrnng einiger naturgetreuen Zeichaungen nicht uner- wiinscht sein diirfte.

Als Beobachtungsobject diente auch mir die klassische Localititt, das Mesenterium des durch Curare gel~ihmteu Frosches. Einmal verwendete ich das Gekr5se des Eileiters.

Ich injicirte 1/2--3/4 Centigramme einer Curareliisung yon 0,1% und gewann die vollkommenste Bewegungslosigkeit nach 11/.o--13/4 Stunden. In manchen F~llen war der Kreislauf gleich Anfangs so schwach, und die Herzaction so unbedeutend, dass yon einem Herz- stoss in den hrterien des ~r nichts zu sehen war und

*) Der Verfasser hat, ws des Dezember3 1872 die betreffenden Studien in meinem Laboratorium anges'~ellt. Die Veranlassung war eine ~usserlicb.e; ich bedurfte einiger Zeichnungen fiir die neue Auflage meiner Histologie. Die Gewissenhafl;igkeit der Mittheilung verbiirge ich. Haben wir uns doch Stunden lang zusammen erfreut an dem wunderbaren Vorgange !

W. Frey.

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diese Thiere dann auch nicht fttr die Untersuchung verwendet wurden.

Die Versuche wurden an Rana temporaria angestellt. Nicht ohne Einfluss auf die Dauer des Emigrationsprocesses mag tier Umstand gewesen sein, dass die Thiere WinteffrSsche waren. Die mikroskopische Priifung konnte in einzelnen F~tllen bis zur 51., ja 53. Stunde fortgesetzt werden. Wi~hrend dieser ganzen Zeit bl[eb die Herzaction energisch genug, um den Kreislauf in gentigender St~rke zu unterhalten. So war es mSglich, alle einzelnen Phasen an demselben Thiere zu durchmustern. Mit diesen Verh~iltnissen ist wahrscheinlich in Zusammenhang zu bringen, dass die Reizbar- keit des Mesenteriums bedeutend verringert erschien, d. h. dass in jenen F~illen mehr Zeit zu denselben entziindlichen Processen ver- langt wurde, als nach der Cohnheim'schen Darstellung erwartet werden durfte; damit auch im Zusammenhange, dass die Verlang- samung im Kreislaufe der CapiIIaren, welche fttr alas Austreten und Hindurchschlfipfen der farblosen KSrperchen durch die Wandung giinstig wirkt, ausserordentlich lange Zeit hindurch nicht er- scheinen wollte, die Mehrzahl tier Capillaren wenigstens lange eine uasserordentliche Regsamkeit des Kreislaufes zeigte. Dem ent- sprechend konnte auch der Durchtritt der rothen Blutk(irperchen erst dann eriolgen, als eine geniigende Verlangsamung und Stauung eingetreten war, um fiir dieselben den Durchgang zu erzwingen. Der Durchtritt der rothen Blutk(irperchen liess sich in einzelnen F~llen erst am 2. Tage, nach Ablauf yon 24 Stunden constatiren und auch jetzt erst an wenigen Stellen. War in solchen FSllen die Auswanderung aus den wirklichen Capillaren, deren Wandung deutlich aus einer einzigen Membran gebildet war~ auch verzSgert, so zeigten daftir die Venen verh~ltnissmiissig frtther die Emigrations- verh~tltnisse; bier begtinstigte trotz des energischen Kreislau/es die sich bildende ruhige Randzone farbloser BlutkSrperchen offenb~tr den Durchtritt des einzelnen Individuums. ~ Umgekehrt aber zeigten andere Versuchsthiere schon nach Verlauf yon drei Stunden einen Austritt von rothen Blutkiirperchen, nebst massenhafter Aus- wanderung yon farblosen.

ttervorzuheben ist, was bei halbausgetretenen rothen Blut- kSrperchen besonders sch6n sich zeigte, dass der innerhalb des Gefiisses befindliche Theil in Folge des Kreislaufs der iibrigen Blut- k(irperchen pendelnde Bewegungen ausfiihrte; in einzelnen Fiillen,

Beitr. z. Auswanderung d. BlutkSrperch. a. d. GeFassen d. Frosches. 711

wo zeitweise die Stromrichtung im entgegengesetzen Sinne umschlug, der pendelnde Theil jedes Mal im Sinne der neuen Stromrichtung flottirte, ohne dass jemals der Ort der Anheftung an der Gefass- wand verandert worden wKre.

Betreffs der Zeit, welche das einzelne farblose Blutkgrperchen ftir seinen Darchtr~tt brauchte, l~sst sich nur sagen, dass dieselbe sehr versehieden lang war. In vielen Fallen verlangte das weisse BlutkSrperchen eine Beobachtung yon l~nger als eider Stunde, bis der Austritt sicher constatirt war und kein Theil der betreffenden Zelle mehr innerhalb des Gefi~ssrohres sich befand. Hinwiederum liess sich der Austritt, und dann natiirlich um so schfner und aus- gesprochener, in einem Zeitraume yon 15--20 Minuten beobachten, yon der Ankunft des BlutkSrperchens und seinem Festsetzen bis zum vollendeten Austritt gerechnet.

Fiir die rothen BlutkSrperchen freilich gilt diese Beobachttlng nicht in derselben Weise, denn oft liess sich ein rothes Blutkfir- perchen auffinden, dem ein Austritt aus dem Gef~ssrohr eigentlich unmSglich wurde; die eine, noch im Gefasslumen zudickgebli.ebene H~ilfte wurde n~mlich so energisch yon der StrSmung erfasst, dass nur dcr schon durchgetretcne Theil das Wegschwemmen verhinderte, das Blutk~rperchen gleichsam am Ietzteren vor Anker lag. In anderen Fallen wurde der noch im Gefassrohre befindliche Theil einfach abgerissen und verschwand unter der Menge der iibrigen BlutkSrperchen; ausserhalb des GefSsses aber lag der andere Theil als das Fragment eines rothen BlutkSrperchens.

Erkl~irung der Abbfldnngen auf Tar. XXVIII.

Fig. 1. 24 Stunden nach Beginn der Bewegungslosigkeit.

Fig. 2. 30 ,, ,, ., ,, ,, ,,

Fig. 3. 50 . . . . . , ,, ,, ,,

Fig. 4. 3 ,, , , , ,, ,, ,,

Figur 1--3 sind von demselben Versuchsthiere genommen worden, Figur 4

yon einem andern Exemplare.

Zu bemerken ist, dass obige Zahlen nieht den Beginn des Auswandernngs-

processes angeben sollen, sondern nur die Zeit, zu weleher alas vortiegende

mikroskopische Bild copirt worden ist. Der Buehstabe a bezeichnet iiberall

das farblose, im Durehtritt befindliehe KSrperehen, b das rothe im selben

Bewegungszustande.