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„Ein Blick über den Tellerrand: Schulsozialarbeit/Jugendsozialarbeit an
Schule im internationalen Vergleich“
Dokumentation der Fachtagung von DRK und PARITÄTISCHEM Gesamtver-
band im Rahmen des Kooperationsverbundes am 30. September 2014 in Berlin
Berlin, November 2014
Herausgeber:
Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit (Rechtsträger: Bundesarbeitsge-
meinschaft Katholische Jugendsozialarbeit e. V.)
Chausseestraße 128/129, 10115 Berlin
Tel.: 030/288 78 95-38, Fax: 030/288 78 95-5
E-Mail: [email protected]
Internet: www.jugendsozialarbeit.de
V. i. S. d. P.:
Doris Beneke (Sprecherin Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit)
Redaktion: Dr. Oliver Trisch, Annika Koch
Sarina Ahmed, Fachhochschule Nordwestschweiz, Basel
Dr. Frank Nieslony, Prof. i. R. für Soziale Arbeit
Dr.in Michaela Marterer, Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft
Sarina Ahmed, Fachhochschule Nordwestschweiz, Basel © [email protected]
Schulsozialarbeit in der Schweiz – Grundlagen und Herausforderungen
"Ein Blick über den Tellerrand: Schulsozialarbeit/Jugendsozialarbeit an Schule im internationalen Vergleich«, Berlin, 30.09.2014
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel , [email protected]
Gliederung
• Allgemeine Verortung: Kontext «Schweiz», Kinder- und Jugendhilfe in der Schweiz
• Rahmenbedingungen: Rechtliche Verortung, Trägerschaft, Ausbildung, Qualifizierung und Qualitätssicherung
• Profile und Diskurse: Leitlinien, Ziele, Arbeitsprinzipien und Konzepte
• Herausforderungen
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Kontext «Schweiz»: 8, 1 Mio Einwohner_innen - davon 20% unter 18 Jahren, 895’000 SchülerInnen Förderale Struktur 26 teilsouveräne Kantone Dreigliedriges Schulsystem, 9 Jahre Schulpflicht 4 offizielle Amtssprachen Deutsch (73,3 % alle Schweizer_innen) Fokus: deutschsprachige Schweiz
Kinder- und Jugendhilfesystem (vgl. Schnurr 2012)
Horizontale und vertikale Fragmentierung – «Heterogenität», «Komplexität»
und «Kleinräumigkeit» als spezifische Merkmale der KJH.
- Autonomie der Kantone bedingt eine Vielfalt der Angebots- und Steuerungsstrukturen. Die Zuständigkeiten für Fachdienste liegen
grundsätzlich in mehreren kantonalen Direktionen (z.B. in Sozial- Bildungs- oder
in der Sicherheits-Direktion etc.) und ob soziale Fachdienste kantonal oder
kommunal (Gemeindeebene) verantwortet werden, ist höchst unterschiedlich.
- Es gibt kaum «Freie Träger» - Öffentlichen Träger haben klaren Vorrang
- Es gibt keine bundesgesetzliche Verankerung der Kinder- und Jugendhilfe (kein Kinder- und Jugendhilfegesetz; Keine Jugendämter. Für
Kinderschutz: Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden).
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit I
Unterschiedliche Sprachregionen haben unabhängige Entwicklungen des Ausbaus der Schulsozialarbeit (SSA)
In der Deutschschweiz: Ausbau seit Ende der 1990er Jahre an Sekundarstufe I - überproportionaler Anstieg der SSA im Vergleich mit anderen Angeboten der KJH
SSA ist ein Angebot neben anderen schulnahen Diensten (Schulpsych. Dienst, Logopädie) im Kontext Schule, jedoch Keine rechtliche Verankerung auf Bundesebene
Überwiegend: Kommunale Trägerschaft in schulischer Zuständigkeit
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit II
Grosse Differenzen hinsichtlich der Rahmenbedingen (z.B. Stellenausstattung)
BA Soziale Arbeit und CAS SSA
Qualitätssicherung: Supervision, Evaluationen
Qualitätsrichtlinien von AvenirSocial, http://www.avenirsocial.ch/cm_data/QMRichtlinienSSA0906.pdf
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Profil und Leitlinien der Schulsozialarbeit
Keine einheitliche Ausrichtung
unterschiedliche Zielgruppenbestimmung
unterschiedliche Arbeitsprinzipien
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Arbeitsprinzipien der Schulsozialarbeit (Kanton Basellandschaft)
Dienstleistungsorientierung
Freiwilligkeit
Partizipation, Aushandlung und Ko-Produktion
Niederschwelligkeit
Rollendarstellung und Präsenz
Schweigepflicht und Datenschutz
Systemisches Denken und Handeln
Geschlechterdifferenzierung
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Arbeitsprofile Vier Arbeitsbereiche finden sich in vielen Konzeptionen und Handreichungen zur SSA - Beratung
- Interdisziplinäre Fallarbeit
- Durchführung schulinterner Projekte
- Präventionsarbeit und soziokulturelle Animation
(Jugendarbeit)
Beratung und die Fokussierung auf Einzelfälle
überwiegt
Arbeitszeitverwendung in der Schulsozialarbeit (aus: Baier/Heeg 2011, S. 20ff.) Ergebnisse aus 5 Evaluationen der SSA in 5 Gemeinden der Dt.Schweiz Beratungsgespräche für einzelne SchülerInnen überwiegen. In der Regel sind es vier bis sechs Sitzungen pro Schüler/in Thematisch allerlei Themen, wobei sich empirisch 3 Themen als zentral erweisen: 1) Konflikte und Probleme mit anderen Kindern/Jugendlichen 2) Probleme mit Lehrkräften und in Schule 3) Persönliche Probleme und Herausforderungen der Lebensbewältigung
Standort AStandort B
Standort C1Standort C2
Standort D
0
20
40
60
Fachliche Diskurse zur Schulsozialarbeit (vgl. Baier 2011)
Schulorientierung vs. Subjektorientierung
Prävention vs. Bildung, Kinderrechte
Früherkennung vs. Dienstleistungsorientierung
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
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Herausforderungen
Profilbildung – speziell Schulsozialarbeit im Kindergarten und Primarbereich
Schulsozialarbeit im Kontext von Tagesschulen
Vernetzung und Austausch (Gesamtschweiz)
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Literatur: Baier, Florian (2011). Schulsozialarbeit in der Schweiz. In: Baier, Florian/Deinet, Ulrich (Hg.).
Praxisbuch Schulsozialarbeit. Methoden, Haltungen und Handlungsorientierungen für eine professionelle Praxis. Opladen: Barbara Budrich. S. 57-84.
Baier, Florian/Heeg, Rahel (2011). Praxis und Evaluation von Schulsozialarbeit. Sekundäranalysen von Forschungsdaten aus der Schweiz. Wiesbaden: VS Verlag.
Drilling, Matthias/Fabian, Carlo (2010). Schulsozialarbeit in der Schweiz und in Lichtenstein. In: Speck, Karsten/Olk, Thomas (Hg.). Forschung zur Schulsozialarbeit. Stand und Perspektiven. Weinheim/München: Juventa. S. 155-168.
Kanton Baselland: Rahmenkonzept Schulsozialarbeit. http://www.baselland.ch/fileadmin/baselland/files/docs/ekd/kjb/kind_jugend/rahmenkonzept_schulsozialdienst_bl.pdf
Schnurr, Stefan (2012). Grundleistungen der Kinder- und Jugendhilfe. In: Gewalt und Vernachlässigung in der Familie: notwendige Massnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und der staatlichen Sanktionierung. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Fehr (07.3725) vom 5. Oktober 2007; Bern: BSV, S. 66-109.
Sarina Ahmed, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel
Frank Nieslony
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1
Schulsozialarbeit in den Niederlanden
Einleitung
In meinem Beitrag werde ich nicht die Vorgaben für die Veranstaltung in der Form
einhalten, dass ich Ausbildungsstandards, gesetzliche Grundlagen u.a.m. der
Schulsozialarbeit beim niederländischen Nachbarn vorstelle. Das System der
"Wohlseinspolitik" (Welzijn), also der niederländischen Sozialarbeit (Maatschappelijk
Werk) und seiner Struktur, ist zu komplex und mit der deutschen Sozialpolitik und
verbandlichen Trägerstruktur nicht vergleichbar.1 Im Folgenden möchte ich mich auf
strukturelle Organisationsformen beziehen, die für die weitere Entwicklung der
bundesdeutschen Schulsozialarbeit von Interesse sein könnten. Das möchte ich am
Beispiel der niederländischen Schulsozialarbeit (Schoolmaatschappelijk Werk) – verkürzt
– darstellen (vgl. ausführlich Nieslony 1997).
Ich gehe von der bildungs- und schulpolitischen Prämisse aus, dass Schule allgemein nur
noch mangelhaft diejenigen Bestimmungen erfüllt, die ihr – historisch gesehen – aus
schulpolitischer Perspektive vor schon geraumer Zeit zugewiesen wurden. Um es pointiert
zu formulieren: Allein die schulische Selektion scheint bei uns zu funktionieren – wie uns
die Studien zu TIMSS, PISA, IGLU, VERA und andere Untersuchungen gezeigt haben.
Noch immer hängt der Schulerfolg von der sozialen Herkunft ab. Zur Realisierung
übergeordneter Qualifikations- und Erziehungsziele in unserer Wissensgesellschaft bedarf
es jedoch grundsätzlicher struktureller Veränderungen und Innovationen.
In diesem Diskussionsprozess befinden wir uns derzeit. Ob es zu mehr als schulischem
Flickwerk kommen wird, muss sich noch zeigen. Es ist allerdings zu vermuten – verfolgt
man aus Erfahrung etwas pessimistisch die Debatten um die Einführung der
Ganztagsschule.
Diese Ausführungen sind deshalb bedeutsam, weil von bildungspolitischer und
schuladministrativer Seite lange Zeit keine Einsicht darüber bestand, dass die Reform des
deutschen Schulsystems ohne systematische Begleitung anderer (sozial-)pädagogischer
Professionen kaum gelingen kann – von einer Beteiligung der Jugendhilfe in diesem
Prozess in der deutschen Schulgeschichte kaum die Rede war. So wurde über viele
Jahrzehnte im deutsch-historischen Reigen gymnasial-humanistischer Geringschätzung
die Entwicklung in der Sozialen Arbeit übergangen. Meine Hauptthesen mit der Überschrift
1 Grundlegende Informationen waren Bestandteil der Tagungsmappe.
Frank Nieslony
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2
"Fachpolitische Grundsätze" bilden den Hintergrund meiner Aussagen. In gekürzter
Darstellung lauten sie.2 1. Die historisch-traditionellen Funktionen von Schule, zu qualifizieren und zu integrieren, können durch die
Schule allein nicht mehr wahrgenommen werden.
2. Die Schule der Zukunft wird ohne Implementierung anderer Berufsdisziplinen in ihre Organisation, ohne
strukturelles und interdisziplinäres Zusammenwirken, die an sie herangetragenen Erwartungen nicht
erfüllen können. Von daher muss sie heute multiprofessionell arbeiten, will sie erzieherische,
qualifikatorische, fördernde und integrative Ansprüche glaubwürdig einlösen.
3. Moderne Erziehungsformen, orientiert am Lebens- und Lernrhythmus der Kinder und Jugendlichen, unter
Berücksichtigung eines erweiterten Bildungsverständnisses (informelle Bildungsprozesse), sind nur in
einer veränderten (Ganztags-)Schulform zu realisieren. Orientiert am wissenschaftlichen und
internationalen Erkenntnisstand bezieht diese Schule multiprofessionelle Standards und teamgerichtete
Lehrformen in Erziehung und Unterricht mit ein.
4. Vor dem Hintergrund der bildungsföderalistischen Gestaltung des deutschen Schulwesens, den
jahrzehntelangen Erfahrungen der Schulsozialarbeit in den unterschiedlichen Schulen und mit Blick auf
die (notwendigen) Reformen des Schulsystems gilt es, Schulsozialarbeit verstärkt in diesen Prozess zu
integrieren und zu qualifizieren.
5. Schulsozialarbeit muss sich in der fachpolitischen Landschaft offensiver positionieren. Das bildungspoliti-
sche Ziel muss sein, unverzichtbarer Bestandteil multiprofessioneller Schulreformprozesse zu sein.
Vor dieser – nur angedeuteten – Folie vertrete ich also die Meinung, dass eine moderne
Schule heute nur noch multiprofessionell arbeiten kann, will sie erzieherische, qualifikatori-
sche fördernde und inkludierende Ansprüche glaubwürdig einlösen.
Um es einmal bildhaft – wenn auch verkürzt und vorweg – zu formulieren: "interdisziplinär"
(oder "multiprofessionell") in der Schule zu arbeiten würde im Idealfall bedeuten, dass
Lehrkräfte mit Psychologen, Logopäden, Ergo- und andere Therapeuten und – nicht
zuletzt – mit Sozialpädagogen, also Schulsozialarbeitern, unter einem Dach
zusammenwirken. Jawohl – "unter einem Dach"! Und nicht in einem Netzwerk fakultativer
Unzulänglichkeiten, in dem unterschiedliche Professionen für mehrere Schulen zuständig
sind und in denen die Schülerinnen und Schüler nur minutenweise gefördert werden
können.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung der bundesdeutschen Schulsozialarbeit haben wir
Anlass zu der Frage, ob sich denn überhaupt nichts geändert hat. Ich wage – vorsichtig –
zu behaupten: Wir sind dabei, das Verhältnis "Jugendhilfe und Schule" fachlich neu zu
sondieren, die Erscheinungsvielfalt der Fachliteratur, aber auch vielfache Kooperations-
formen weisen zumindest darauf hin. Bildungspolitisch bin ich schon skeptischer. Denn
2 Siehe Anlage; sie waren Bestandteil der Tagungsmappe mit Begründungen.
Frank Nieslony
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3
schon einmal waren Schulreformen (gemeint ist die Gesamtschulreform des Deutschen
Bildungsrates 1969) mit "sozialpädagogischer Blindheit" (Tillmann 1982) belastet.
Das war und ist in den Niederlanden anders. Angesichts der großen Schulreform zur
Basisschule (1985) – also der strukturellen Vereinigung des Primar- und
Sekundarbereichs – formulierte der niederländische Bildungsssoziologe Klaas Doornbos
damals: "Ohne eine systematische Einbeziehung der Sozialarbeit wäre die Reform nie
gelungen" (in: Nieslony 1997, 42).
In meinen bisherigen Beobachtungen über die Grenzen der deutschen Schulsozialarbeit
hinaus kristallisierte sich oft alles um eine Frage: Was begründet die
Selbstverständlichkeit des Zusammenwirkens unterschiedlicher Professionen in
pädagogischen Prozessen? Den Hintergrund dieser erkenntnisleitenden Vorstellung
bilden hauptsächlich vier Merkmale. Es sind
• die strukturellen Gegebenheiten unterschiedlicher Bildungskulturen (hier NL);
• die (Ganztags-)Schule als Bestandteil formeller und informeller Lebenswelten;
• die "pädagogische Philosophie" (gemeint ist der Umgang mit Kindern unter
Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Entwicklungs- und Förderpotenziale);
• das Selbstverständnis multiprofessionellen Zusammenwirkens.
Das letzte Merkmal – das multiprofessionelle Zusammenwirken – möchte ich näher
erläutern. Dabei werde ich es um einen strukturellen Akzent, nämlich der
schulbegleitenden Schulsozialarbeit, erweitern. Es könnte den weiteren Ausbau der
deutschen Schulsozialarbeit beeinflussen.
Strukturelle Schulsozialarbeit – Schulbegleitungsdienste
Die Hauptfragestellung in Bezug auf eine strukturelle Ordnung und mögliche
Qualifizierung der Schulsozialarbeit in der BRD für die fachliche Diskussion in
Deutschland müsste lauten: "Wie kann eine bisher schulformbezogene Einzelorientierung
der Schulsozialarbeit um eine schulbegleitende Schulsozialarbeit gestaltet bzw. ergänzt
werden?" (vgl. a. Hollenstein/Iser/Nieslony 2012).
Eine sozialraumorientierte, schulbegleitende Schulsozialarbeit hätte für Träger, Schulen
und Schulsozialarbeiter/-innen eine finanzielle und akteursbezogene Funktion – insgesamt
für alle Beteiligten eine Entlastungsfunktion. Diese schulbegleitende Schulsozialarbeit
würde zeitlich begrenzt und problemorientiert in unterschiedlichen Schulformen
eingesetzt. Sie würde – im günstigsten Fall – die vorhandene Schulsozialarbeit nicht nur
unterstützen, sondern auch dort, wo letztere noch nicht etabliert ist, diese zumindest
anteilig personell und fachlich ersetzen können. Mit anderen Worten:
Frank Nieslony
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4
• Die drohende Überbelastung der – heutigen – schulformbezogenen Schulsozi-
alarbeit im Rahmen ihrer Aufgabenzuweisung könnte sowohl quantitativ wie quali-
tativ durch eine schulübergreifende und steuerungsbezogene Schulsozialarbeit
gemildert werden.
• Schulinterne, bildungsplanerische und sozialraumorientierte Aufgaben könnten so
einander ergänzend verwirklicht werden.
• Öffentliche und freie Träger der Jugendhilfe wären allerdings in die Lage versetzt,
haushaltstechnisch neue finanzielle Modalitäten kreieren zu müssen.
Am Beispiel der niederländischen Schulbegleitung will ich diese Form der schulbe-
gleitenden Schulsozialarbeit kurz erläutern. Es ist allerdings eine wichtige Vorinformation
nötig: Es gilt, einen Blick auf die schulische Versorgungsstruktur in den Niederlanden zu
werfen.
Schulbegleitung/Schulsozialarbeit in den NL
In den Niederlanden war die Soziale Arbeit immer an den Schulreformen beteiligt.
Undenkbar ist hier, dass zwei so bedeutende Handlungsfelder der Erziehung wie die
Sozialpädagogik und die Schule separat und ohne den Willen zur Zusammenarbeit ihre
eigenen Wege gehen.
Zwei wesentliche Voraussetzungen sind in den NL gegeben, die wir bei der
schulpolitischen Diskussion um Innovationen immer berücksichtigen sollten:
• Zum einen geht es um – ich nenne es – die "die professionelle Gleichwertigkeit".
Sie hat eine soziokulturelle Tradition, die sich auf die Anschauung beruflicher Quali-
fikationen bezieht und – bekannt in der deutschen Diskussion – das interdiszi-
plinäre Zusammenwirken auf "gleicher Augenhöhe" gestaltet. Berufliche Profilun-
terschiede verlieren zugunsten pragmatischer Erledigung der Aufgabenstellung so
an Bedeutung. Profan und verkürzt auf unseren Zusammenhang übertragen heißt
das: Ein Gymnasiallehrer würde einem Sozialpädagogen kaum eine
Minderqualifikation vorwerfen. Nur so kann interdisziplinäre Kooperation vollzogen
werden.
• Zweitens existiert in den Niederlanden ein sozialhistorisch gewachsenes und
bildungspolitisch gewolltes Netzwerk der gesamten schulischen Versorgung.
Dieses unter "Verzorgingsstructuur" in der Bildungssoziologie bekannt gewordene
Unikum bezeichnet eine Struktur, die sich parallel zur Herausbildung des Bil-
Frank Nieslony
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5
dungssystems zu einem "Netzwerk von koordiniert zusammenarbeitenden Institu-
ten zur Unterstützung und Erneuerung des Schulwesens sowie der Wahrnehmung
schülergerichteter Beratungs- und Begleitungsarbeit" entwickelt hat und die auf ir-
gendeine Weise mit dem niederländischen Schulwesen verbunden ist.
Schulen sind also Teil eines äußerst komplexen sozialen Geflechts, das aus vielen staatli-
chen, halbstaatlichen und privaten Organisationen besteht, die das gesamte Schulwesen
in organisatorischen, curricularen, didaktischen und anderen Formen unterstützen.
Schulbegleitungsdienste sind hier ein Bestandteil.
Die "Schulversorgung" entstand zeitlich parallel zum niederländischen Schulwesen und
beeinflusst die Schulpolitik noch heute sowohl strukturell wie auch organisatorisch. Zu ihr
gehören die verschiedensten Forschungseinrichtungen und Institute, die zur optimalen
Versorgung der Schulen auf den Gebieten der Schul- und Schulbuchentwicklung,
didaktischer Materialien, Testentwicklungen etc. beitragen. Die größten Einrichtungen sind
das Institut für Bildungsforschung (SVO), das Institut für Lehrplanentwicklung (SLO) und
das Institut für Testentwicklung (CITO).
Darüber hinaus gibt es die "Nationalen Pädagogischen Zentren". Jedes dieser Zentren hat
eigene Arbeitsschwerpunkte:
• APS (Algemeen Pedagogisch Studiecentrum, Amsterdam); zuständig für die Berei-
che "Primarschulwesen" und "weiterführende Schulen";
• CPS (Christelijk Pedagogisch Studiecentrum, Hoevelaken); Sonderschulen, Ausbil-dungswesen;
• KPC (Katholiek Pedagogisch Centrum, ´s-Hertogenbosch): mittleres/berufliches Ausbildungswesen, Lehrerausbildung.
Die gesetzliche Grundlage ist das "Schulversorgungsgesetz" (Wet op de Onderwijsverzor-
ging, 1986). Es ist die normative Basis für die Dienstleistungen der zur
Versorgungsstruktur gehörenden Einrichtungen und deren Finanzierung.
Zur klassischen Struktur schulischer Versorgung mit Sozialarbeit gehören darüber die
Schulbegleitungsdienste.
Schulbegleitungsdienste (SBD)
Als integrierter Teil der "Versorgungsstruktur" ist die Geschichte der Schulbegleitungs-
dienste eng mit der Entwicklung der niederländischen Schulsozialarbeit verbunden. Als
"Schulbegleitungsdienste" wurden sie Bestandteil der sich anbahnenden Schulreform der
1970er Jahre, die das gesamte Schulsystem im Rahmen der Bildungsplanung umfassen,
Frank Nieslony
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6
sich in der Realisierung zunächst aber auf das Elementarschulwesen (Basisonderwijs) be-
schränken sollte.
Die gesetzliche Grundlage war die "Nota Schoolbegeleiding" aus dem Jahr 1975. Im
Erscheinungsjahr der Nota waren landesweit bereits rd. 64 Schulbegleitungsdienste
entstanden. Zum überwiegenden Teil waren sie aus der Einsicht einer notwendigen fach-
didaktischen und psychologisch-sozialpädagogischen Begleitung für die Schulen von den
Gemeinden selbst eingerichtet und finanziell getragen.
Schulbegleitungsdienste definieren sich über ihre Nähe zur Praxis (Schule), den hier un-
mittelbar Betroffenen (Schüler, Lehrer, Eltern) und den sie einbeziehenden Prozess
(Unterricht). Diese wesentliche Unterscheidung hebt die Schulbegleitungsdienste gegen-
über anderen Institutionen innerhalb der Versorgungsstruktur hervor.
Schulsozialarbeit wurde als eine in die Schulbegleitung integrierte Fachdisziplin gesehen,
die kooperativ mit anderen, den Diensten ebenfalls zugehörigen Berufsgruppen (u.a.
Psychologen, Pädagogen, Didaktikern, Logopäden) zusammenarbeitet. Heute spielen die
Schulbegleitungsdienste für die Schulsozialarbeit eine nachrangige Rolle aufgrund
veränderter Finanzierungsmodalitäten. Im System der Schulversorgung sind sie jedoch
immer noch unverzichtbar.
Schulbegleitungsdienste unterliegen nach dem Gesetz verschiedenen Leistungs-
anforderungen:
• Schülerprobleme, Lernsituationen und Unterrichtsbedingungen signalisieren,
diagnostizieren und analysieren;
• hinsichtlich der Lehr- und Lernprozesse aufklären und beraten;
• zwischen Schule und sozialem Herkunftsmilieu vermitteln, an Experimenten und
Neuerungen mitwirken;
• bei Untersuchungen und Evaluationen mitarbeiten;
• an Beratungen nationaler, regionaler und örtlicher Untersuchungen und
Experimenten mit dem Ziel teilnehmen, Fortbildungsprogramme für Mitarbeiter der
Schulbegleitungsdienste landesweit zu organisieren.
Das Berufsbild der in den Schulbegleitungsdiensten beschäftigten Mitarbeiter/-innen war
damals so bunt wie es sich heute noch darstellt. Hauptsächlich arbeiteten und arbeiten
dort Pädagogen, Psychologen, Beratungslehrer, Sozialarbeiter, therapeutische
Fachkräfte, Bibliothekare, Verwaltungskräfte und andere Berufsgruppen. Der älteste
Schulbegleitungsdienst befindet sich in Amsterdam und wurde 1973 gegründet ("Stichting
Advies- en Begeleidings Centrum voor het Onderwijs in Amsterdam" (ABC).
Artikel 5 der Statuten des ABC beschreibt, wie die Zielsetzungen aus der Sicht des Beglei-
tungsdienstes verwirklicht werden sollen:
Frank Nieslony
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7
• durch kontinuierliches Zusammenwirken zwischen Schulleitungen, Lehrenden und
Eltern;
• durch verantwortlichen Einsatz von Mitteln i.R. von Untersuchungen (die individuelle,
schulische und soziale Anamnese betreffend);
• durch Beratungen hinsichtlich der möglichen Inanspruchnahme sozialstaatlicher
Leistungen;
• durch Einflussnahme auf Erziehung in den Schulen, ihrer Organisation und
Unterrichtsgestaltung;
• durch Einflussnahme zur Unterrichtsverbesserung aufgrund veränderter
pädagogischer Einsichten.
Das "ABC" wird zum größten Teil aus dem staatlichen (Ministerium für Unterricht und
Wissenschaft, MOW) und dem kommunalen (Stadt Amsterdam) Haushalt finanziell
gefördert. Daneben sind "Schenkungen, Nachlässe und andere Zuwendungen" (Statuten,
Artikel 7) bedeutende Quellen der Finanzierung. Die heute gesetzlich geltende Fi-
nanzierungsgrundlage bildet das schon erwähnte 1989 in Kraft getretene
"Schulversorgungsgesetz" (WOV) in modifizierter Form.
Demnach subventioniert der Staat die Stiftung zu rd. 25 Prozent, während die Stadt Am-
sterdam die Hälfte der Gesamtkosten übernimmt. Ein Viertel der Gesamtkosten muss
durch die Einrichtung selbst erwirtschaftet werden. Dazu tragen z.B. die in Kooperation mit
beteiligten Schulen, Instituten und anderen Einrichtungen durchgeführten Projekte als
Finanzierungsgrundlage mit zu bei. Auf vertraglicher Basis subventioniert die Gemeinde
Amsterdam über die Schulverwaltung in der Regel alle Vorhaben. Sofern andere Institute
an der Projektarbeit beteiligt sind, werden sie anteilsmäßig zur Finanzierung herange-
zogen.
Eine der bedeutendsten Zuwendungen ergibt sich aus dem der schulischen Beglei-
tungsarbeit zugrunde liegenden Finanzierungsmodus. An einer sozialpädagogischen Be-
gleitung interessierte Schulen schließen mit der Stiftung einen zeitlich befristeten Betreu-
ungsvertrag ab, der die Organisationsberatung an den Schulen (Systembegleitung) wie
die individuelle Beratung (Schülerbegleitung) vereinbart. Dieser Vertrag hat eine Gültig-
keitsdauer von mindestens vier Jahren. Die Kooperation verlängert sich, wenn der Vertrag
nicht widerrufen wird.
Die Initiative für eine Schulbegleitung geht immer von den Schulen aus. Ohne ihren
ausdrücklichen Wunsch wird das ABC-Amsterdam nicht tätig. Auf der Grundlage eines
differenzierten Begleitungs-Finanzplanes, der die Beratung pro Schüler/Zeit festlegt,
führen die Schulen finanzielle Leistungen an die Kommune ab, die der Stiftung über den
Frank Nieslony
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8
städtischen Haushalt wieder zugeführt werden. Die Zuschüsse für die Stiftung hängen
also von der Zahl der Verträge mit den Schulen ab.3
In den Schulbegleitungsdiensten arbeiten Schulsozialarbeiter/-innen selbstverständlich
mit. Soziale Arbeit an Schulen ist kein neues Handlungsfeld. Schon 1946 (!) wurden in
Amsterdam die ersten Schulsozialarbeiter eingestellt. Und bereits 1956 gab es in 12
Gemeinden 14 Dienststellen für Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen.
Schulsozialarbeit gibt es an vielen Schulformen des niederländischen Bildungswesens.
Schulsozialarbeit – und das ist bedeutsam – hat hier eine wesentliche Integrationsfunktion
zu erfüllen. Die Niederlande haben beispielsweise – gegenüber Deutschland – eine
vergleichbar hohe Migrantenquote, praktizieren jedoch einen anderen Umgang mit
Heterogenität und Differenz. So gibt es Schulen, in denen sich über 80 Prozent
Migranten-Kinder befinden (sog. "Schwarze Schulen"). Sie erhalten fast doppelt so viele
Pädagogen wie andere Schulen. Ein Effekt ist, dass sich in den Niederlanden nur ca. 2
Prozent der Schüler/innen in Sonderschulen (hier: Förderschulen) befinden.
Schulsozialarbeit wird nach ihrer Trägerschaft – in einer groben Klassifizierung – in vier
Hauptgruppen unterteilt:
• Kommunale Allgemeine Sozialarbeit bzw. freie Träger (Stichting), (auch: Jugend-
hilfe-"Servicestellen" z.B. in Rotterdam und Den Haag);
• Anstellung der Schulsozialarbeiter bei den von ihnen betreuten Schulen;
• Schulsozialarbeit bei einem Sozialpädagogischen Dienst der Sonder-
/Förderschulen;
• Schulsozialarbeit in Trägerschaft der Schulbegleitungsdienste.
Nach den Subventionsleistungen kann folgendermaßen unterschieden werden:
• Die Faustregel besagt, dass das Schulministerium oder das Sozialministerium sowie
die zuständige Gemeinde je ein Drittel sämtlicher Aufwendungen finanzieren. Das
letzte Drittel muss der jeweilige Träger selbst aufbringen.
• Der Sozialpädagogische Dienst in den Sonderschulen wird direkt vom Ministerium
gefördert und beschäftigt, je nach Art und Größe eine bestimmte Anzahl Schulsozial-
arbeiter.
3 Ich habe nur alte Zahlen zur Verfügung (zur Verdeutlichung der Größenordnung): 1990 wurden die er-
warteten Zuwendungen an die Stiftung mit 13,78 Mio. Gulden (entspricht etwa rd. 7 Mio. EURO) veran-schlagt (Begroting); der städtische Anteil belief sich etatmäßig auf 5,028 Mio. Gulden (vgl. ABC-Am-sterdam 1990, Reorganisatieplan, 33 f.).
Frank Nieslony
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9
• Schließlich kann es durchaus möglich sein, dass ein Schulsozialarbeiter bei einem
kirchlichen oder freien Träger der Jugendhilfe angestellt ist, der Schulen einer be-
stimmten Weltanschauung/Religion in der Gemeinde betreut und von der Kommune
bezahlt wird.
Die schulbezogene Sozialarbeit in den Niederlanden ist sehr vielfältig. Hinsichtlich der
Träger, Finanzierungen und Schulformen gleicht sie einem bunten Flickenteppich,
deshalb konnten hier nur die filterbaren Grundzüge genannt werden. Vieles ist nicht
vergleichbar mit der deutschen Schulsozialarbeit, wie auch das Schulwesen nicht
vergleichbar und nur vor dem Hintergrund historisch gewachsener Sozialstrukturen
verständlich ist. Gemeinsam ist jedoch allen niederländischen Schulsozialarbeiter/-innen
das von ihnen entwickelte Leitbild in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den
Schulen. Es wurde im Berufscode der Dachorganisation der niederländischen
Sozialarbeitervereinigung (Vereniging van Maatschappelijk Werkers, NVMW)
festgeschrieben und lautet:
"Früh anfangen,
individuell fördern
über mehrere Jahre dran bleiben!"
Literatur
Hollenstein, E./Iser, A./Nieslony, F. (2012): Neue Entwicklungen im Schulsystem als
Herausforderung für die Praxis der Schulsozialarbeit, in: Hollenstein, E./Nieslony, F.,
Hrsg., Handlungsfeld Schulsozialarbeit. Profession und Qualität, Baltmannsweiler:
Schneider Verlag Hohengehren, S. 272-294.
Nieslony, F. (1997): Schulsozialarbeit in den Niederlanden. Perspektiven für Deutsch-
land?, Opladen: Leske+Budrich.
Tillmann, K.-J. (1982): Schulreform als neue Herausforderung der Sozialpädagogik? Ein
Beitrag zur aktuellen Diskussion, in: Ders., Hrsg., Sozialpädagogik in der Schule. Neue
Ansätze und Modelle, München: Juventa Verlag, S. 44-69.
Dr. Frank Nieslony, Prof.i.R. für Soziale Arbeit (Arbeitsschwerpunkte: Sozialadministra-
tion/Soziale Dienste, Sozial- und Jugendhilfeplanung, Jugendhilfe und Schule, Ge-
schlechteridentität und Soziale Arbeit)
Email: [email protected]
„Fachtagung Schulsozialarbeit / Jugendsozialarbeit an Schule im internationalen Vergleich“
Berlin, 30.09. 2014
Fachtagung Ein Blick über den Tellerrand: „Schulsozialarbeit/Jugendsozialarbeit an Schule im internationalen Vergleich“
“Der Blick nach Österreich”
Dr.in Michaela Marterer Geschäftsführung Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft
Fakten Österreich: Kontext - Schule Österreich: Föderale Republik, 9 Bundesländer Schule gemäß Verfassung grundsätzlich nationale Kompetenz Einwohner 8.507.786 (1. Jänner 2014) Anzahl Schüler/innen im Schuljahr: 2012 / 2013 Schüler/innen ( 6-19 jährige) 1.142.726 (davon weiblich: 557.499) Davon Pflichtschulen ( 6- 15 jährige) 571.545 ( davon weiblich 271.110)
„Fachtagung Schulsozialarbeit / Jugendsozialarbeit an Schule im internationalen Vergleich“
Berlin, 30.09. 2014
I.1. Rechtliche Verortung: Gesetzliche Grundlagen
Schulsozialarbeit ist rechtlich der Jugendwohlfahrt zuzuordnen. Das Bundes-Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 (BGBl. Nr. 161/1989)
Novelle: Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013, legt die Rahmenbestimmungen für die einzelnen KJH-Gesetze und –ordnungen der einzelnen Bundesländer fest.
In allen 9 österreichischen Bundesländern wurden zu dieser bundesgesetzlichen Rahmenreglung Ausführungsgesetze der Länder erlassen.
In einigen Bundesländern ist Schulsozialarbeit im jeweiligen Kinder- und Jugendhilfegesetz verankert. (z.B. Oberösterreich: Sozialarbeit der Kinder- und Jugendhilfe an Schulen als Schulverbindungsdienst in Abstimmung mit der Schulverwaltung; z.B. Tirol )
„Fachtagung Schulsozialarbeit / Jugendsozialarbeit an Schule im internationalen Vergleich“
Berlin, 30.09. 2014
I.2. Abgeleitete Zuständigkeiten
• Schulsozialarbeiter sind Sozialarbeiter, die im Auftrag der Jugendwohlfahrt und im Rahmen der entsprechenden jeweiligen Landesgesetze handeln. Die Zuständigkeit liegt ausschließlich beim Land (das betrifft auch deren Besoldung).
• Die Tätigkeit ist daher strikt von den Aufgaben von Lehrer/innen
(§ 17 SchUG) Schulpsycholog/innen und Schulärzten (§ 66 SchUG) zu trennen, die im Rahmen der Schulgesetze im Bundesvollzug tätig sind. Überschneidungen der Zuständigkeiten und fachlichen oder dienstrechtlichen Über- oder Unterordnungen müssen vermieden werden.
• Die Schule kann nach Maßgabe des § 65a SchUG 5auf der
Grundlage schulautonomer Beschlüsse auch mit Ein- richtungen der Jugendwohlfahrt kooperieren.
I.3. Rechtliche Verortung: Trägerschaft 4 Modelle Modell 1: Schulischer Träger Anbindung an die Schulbehörde Dienst- und Fachaufsicht durch eine fachlich qualifizierte Person in der Landes- oder Stadtschulbehörde
Modell 2: Jugendwohlfahrt (JWF) Einstellung und Finanzierung durch öffentliche JWF; konzeptionelle, fachliche und organisatorische Begleitung, Dienst- und Fachaufsicht durch die Jugendwohlfahrtsbehörde
Modell 3: Verein / Organisation Einstellung der Schulsozialarbeiter/innen durch Vereine/Organisationen Freie Träger der JWF Dienstaufsicht Verein/Org.; Fachaufsicht öffentliche JWF
Modell 4: Verein / Organisation Einstellung der Schulsozialarbeiter/innen durch Vereine/Organisationen Andere Vereine / können auch freie Träger der JWF sein Dienstaufsicht Verein/Org. Fachaufsicht Verein/ Org.
„Fachtagung Schulsozialarbeit / Jugendsozialarbeit an Schule im internationalen Vergleich“
Berlin, 30.09. 2014
I. 3. Rechtliche Verortung: Trägerschaft Finanzierung und Steuerung
• Je nach Bundesland: Schulerhalter / Bildung (Gemeinden) und Soziales (Länder) zwischen 20 % zu 80 % bis zu 35 % zu 65 %
• Steuerungsgremien: auf Landesebene teilweise zur Entscheidung welche Schulen ausgewählt werden (je nach Modell Jugendwohlfahrt, Bildung, Schulbehörde, Schulpsychologie, Integration, Soziales, Träger …)
• Steuerungsgruppen: auf Bezirksebene zur Implementierung ( je nach Modell: Jugendwohlfahrt, Träger, Schule, Schulbehörde, Schulpsychologie…)
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II. 1. Ausbildung Fachhochschule: Studiengang Soziale Arbeit Grün: Möglichkeiten Orange: Beruf, Arbeit, Schule, Jugend
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Berlin, 30.09. 2014
Fachhochschule Bachelor Master Vollzeit Berufs-
begleitend Vollzeit Berufs-
begleitend Donau-Universität Krems Fernstudium Fachhochschule Burgenland Fachhochschule Kärnten Fachhochschule Oberösterreich Fachhochschule Salzburg Fachhochschule St. Pölten FH Campus Wien FH Joanneum (Steiermark) FH Vorarlberg MCI – Management Center Innsbruck
II. 2. Qualifizierung
• Keine ausgewiesene Fort- und Weiterbildung nach Abschluss des Studiums für soziale Arbeit
• Interne Fort- und Weiterbildungen sowie
Qualifizierungen je nach Trägerorganisation und Rahmenbedingungen bzw. Förderrichtlinien der Bundesländer
• PädagogenInnenbildungen NEU
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II. 3. Berufsbezeichnung
• Schulsozialarbeiter/innen • Je nach Träger verschiedene
Bezeichnungen für Schulsozialarbeit z.B. – Vorarlberg, Steiermark, Schulsozialarbeit – Tirol: SchuSo – Schulsozialarbeit Tirol – Oberösterreich: SUSA
• In Diskussion: Sozialarbeit an Schulen, Soziale Arbeit an Schulen
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Exkurs: Die Entwicklungspartnerschaft / Vernetzungsprojekt 2013/ 2014 Entwicklungspartnerschaft: 8 Organisationen & 1 wissenschaftliche Begleitung & 1 Koordination Vernetzungstreffen im Rahmen der EP + 2
Österreichische Kinderfreunde, Landesorganisation Kärnten
YOUNG Verein für Kinder und Jugendliche
Tiroler Kinderschutz GmbH
ISOP
VEREIN SPEKTRUM
ISK – Institut für Soziale Kompetenz
Volkshilfe Burgenland
Kultur‐ und Sportverein der Wiener Berufsschulen
IfS (Institut für Sozialdienste)
bm:ukk Abt. Schulpsychologie-Bildungsberatung, Gesundheitsförderung, Schulinformation [I/9]
STVG
LBIHPR
Land Oberösterreich
Tätigkeitsfelder - Zielgruppen
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Tätigkeitsfeld APS AHS BMHS BS
BBP SBB SP SSA JC SBB SP JC SBB SP SSA JC
SP SSA LC
Primarbereich
Sekundarst. I
Sekundarst. II
„10 Leitsätze“: (Ergebnis des österreichweiten Workshops im April 2012)
1. Schulsozialarbeit ist eine kontinuierliche Hilfestellung für Schüler/innen.
2. Schulsozialarbeiter/innen sind für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene da und begleiteten sie im Prozess des Erwachsenwerdens.
3. Schulsozialarbeit ist offen, freiwillig, vertraulich. 4. Schulsozialarbeit ermutigt und begleitet Kinder,
Jugendliche und junge Erwachsene in einem wertschätzenden Rahmen bei der Suche nach eigenen Wegen und Antworten.
5. Schulsozialarbeit bezieht die Lebenswelt und das Umfeld von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsene ein.
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Schule im internationalen Vergleich“ Berlin, 30.09. 2014
10 Leitsätze (6-10)
6. Schulsozialarbeit arbeitet mit Lehrer/innen, Erziehungsberechtigten und anderen schulnahen Personen zusammen.
7. Schulsozialarbeit arbeitet direkt in der Schule, darüber hinaus auch im außerschulischen Bereich.
8. Schulsozialarbeit arbeitet vernetzt mit schulinternen und externen Einrichtungen.
9. Schulsozialarbeit setzt verschiedene Methoden der sozialen Arbeit ein.
10. Schulsozialarbeit passt das Konzept je nach Schulstandort und den sozialräumlichen Gegebenheiten an.
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Schule im internationalen Vergleich“ Berlin, 30.09. 2014
III. 1. Profil der Schulsozialarbeit
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III.2. Standards, Leitlinien, Konzepte
Standards, Leitlinien und Konzepten sind je nach Bundesländer und Auftraggeber unterschiedlich gewichtet -stellen jedoch immer das Wohl des Kind – des Jugendlichen ins Zentrum und greifen auf folgende Arbeitsfelder und Methoden der Sozialarbeit zurück:
– Einzelfallhilfe und Beratung – Sozialpädagogische und sozialarbeiterische Gruppenarbeit – Gemeinwesenarbeit Einsatzfelder (je nach Modell und Bundesland) – Außerunterrichtlicher Bereich – In speziellen Fällen auch unterrichtlicher Bereich – Außerschulischer Bereich
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III. 3. Ziele und Qualitätssicherung • Positionspapiere und Leitfäden zur Zielsetzung und
Qualitätssicherung (vgl. Steiermark und Niederösterreich)
• Schulauswahl- und Steuerungsgremien (vgl. Steuerung
auf Bundesland, Bezirks und Schulstandortsebene) • Fachaufsicht und Dienstaufsicht (je nach Modell) • Evaluierungen (jedes Bundesland – Fachhochschulen
und Universitäten) • Interne Trägerbezogene Qualitäts-
sicherungssysteme
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Herausforderungen, Handlungsansätze in Österreich basierend auf den Erkenntnissen der Vernetzungsprojekte
• Vom Projektstatus ins System (erster Schritt über das KJHG und Regierungsprogramm)
• Rahmengesetz Österreichweit • Finanzierungsmodelle zwischen Bund und
Länder entsprechend der Zuständigkeiten • Sozialindexbasierte Ressourcenverteilung • Verankerung in der Erstausbildung (soziale
Arbeit und alle anderen Unterstützungssysteme)
• Spezifische Fort- und Weiterbildung • Vergleichbare Dokumentation und Evaluation
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Wünschenswert und Vision…
• Geklärte Zusammenarbeit zwischen allen Unterstützungssystemen (innerhalb der Schule und außerhalb) inklusive des Datenschutzes und der Fallführung bzw. Case Managements zum Wohl der Kinder und Jugendlichen
• Vergleichbares, österreichweites Angebot der
sozialen Arbeit an Österreichs Schulen • Mittel- und langfristige Finanzierung von
Schulsozialarbeit
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Berlin, 30.09. 2014
„Schulsozialarbeit in Österreich ist im europäischen Vergleich relativ jung, vielfältig und bunt!“
“Der Blick nach Österreich” und der Blick aus Österreich über den Tellerrand
zum gemeinsamen Weiterentwickeln Kontakt: Dr.in Michaela Marterer Geschäftsführung Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft [email protected]
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FACHTAGUNG
Ein Blick über den Tellerrand: „Schulsozialarbeit/Jugendsozialarbeit
an Schule im internationalen Vergleich“ 30. September 2014 in Berlin
Ergebnisse der Workshops
1: Rechtliche Verortung, gesetzliche Grundlagen
Larissa Meinunger - Deutscher Verein
Forderungen und Empfehlungen für die Fachpolitik/ -praxis
- Gesellschaftlich-Politisches Bewusstsein für die Bedeutung der Schulsozialarbeit schaffen
- Angemessene Bezahlung und Entfristungen
Forderungen und Empfehlungen für die Fachpolitik
- Eine Statistik zur Schulsozialarbeit - Ein Gesetz zur Kooperation von Jugendhilfe und Schule
Forderungen und Empfehlungen für die Fachpraxis
- Ein Verbund an Fachorganisationen (der Basis) - … zur Lobbyarbeit und zur Stärkung der politischen Schlagkraft
2: Ausbildung, Qualifizierung, Berufsbezeichnung
Marko Röstel - Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Brandenburg
Empfehlungen für die Fachpolitik/ -praxis
- Einstellung von Schulsozialarbeiter_innen entsprechend den Qualifikationsrichtlinien!
- Zudem: Erfahrung in anderen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit ist „sinnvoll“
3: Profil, Leitlinien, Konzepte, Ziele, Qualität
Dr. Thomas Pudelko - Paritätischer Gesamtverband
- Es wurden verschiedene Themen diskutiert: Leitlinien der Schulsozialarbeit wie Freiwilligkeit, Niedrigschwelligkeit, Partizipation, Vertraulichkeit, systematische Arbeit etc. sowie die verschiedenen Ziele der Schulsozialarbeit wie etwas Nachteilsausgleich, Unterstützung von Chancengerechtigkeit, Übergangsgestaltung etc.
- Empfehlungen für die Fachpolitik/ -praxis wurden keine formuliert.