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Schmaziger,Ein Fallv0nech~em, idi0pathischem, chxonischem Hypoparaghyreoidismus 203 Ein Fall yon echtem, idiopathischem, ehronischem Hypoparathyreoldismus Yon Dr. Margrit Schmuziger, Ziirich Mit 18 Abbilelungelx Wenn beim akuten IIypoparathyreoidismus die tetanisehen Anf~lle als Zeichen neuromuskuliirer Ubererregbarkeit im Vordergrund stehen, so fiberwiegen bei der Chronisehen Form die weniger alarmierenden trophischen St6rungen. Teta- nische Erscheinungen kSnnen fiber Jahre latent bleiben, weshalb die Krankheit oft erst sp~t erkannt wird. Der ehronische Hypop~rathyreoidismus kann sieh ausnahmsweise ~aus dem akuten entwiekeln, h/~ufiger s er jedoeh l%lge toxiseher oder infekti6ser Sch~digungen. Er kann aber aueh idiopathisch, gelegentiieh familigr anftreten. Unsere Patientin, ein l l~/2jahriges M~dehen, entstammt als die jiingere yon zwei T6ehtern einer Familie in der, zuriick bis zur GroBelterngeneration, keine Anhaltspunkte ffir die Erblichkeit ihres ehronisehen Elypoparathyreoidismus ge- funden werden konnten (Abb. 1). Es sind nie Fglle yon Endokrinopathien, Epi- 8~ I~ ges. 8z+~ ges. ~ 37.]. Unfa/! .52]: Herzleiden 5chyverhb'rig, l<e/r~nd Toubhelt .~e.ft (u~burl" ( z,,2j: 75]: ITSlzaj': Tdiopatfscher eo~rer Hgpopa roThfl reoid/3 m us Abb. 1. Stammbaum eines F~llos u echtem idiopathischem l~.vt)oparathyreoidismus 0tree knhaltspunkte ffir eine Vererbung. I%bexxbeftm,4: Schwerhsr}gkeit bei 3 vo~ 4 Kiadern einer Grol~t~nte v/~terlicherseits lepsie oder Debflit/~t vorgekommen. Ms interessanter Nebenbefund f/~llt ~uf, dab drei yon vier Kindern einer Grol3tante Vaterlichersei~s eine angeborene Schwer- h6rigkeit,; respektlve Taubheit aufwiesen. Ajleh unsere PatientSn leidet ar~ einer ausgesprochenen Sehwerh6rigkeit, deren Sitz zum Tell zentral, zum Tefl peri- pher ist. Die Sehwangersehaftsanamnese gibt keine AnhalSspunkte ffir irgendwelehe keimschadigende Noxen. Die Mutter war gesund und ha~ sieh w/ihrend der Sehwangersehaft ausgespr0chen wohl geffihlt. Die Geburt erfolgte sp0ntan und leicht 3 Woehen vor dem Terrain. Das Neugeborene war normal grog und sehwer und semen auch sonst gesund, wurde 3~ Monate voll gestillt und erhielt nachher die fibliche kfinstliche Er-

Ein Fall von echtem, idiopathischem, chronischem Hypoparathyreoidismus

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Page 1: Ein Fall von echtem, idiopathischem, chronischem Hypoparathyreoidismus

Schmaziger, Ein Fallv0nech~em, idi0pathischem, chxonischem Hypoparaghyreoidismus 203

Ein Fall yon echtem, idiopathischem, ehronischem Hypoparathyreoldismus

Yon Dr. Margrit Schmuziger, Ziirich

Mit 18 Abbilelungelx

Wenn beim akuten IIypoparathyreoidismus die tetanisehen Anf~lle als Zeichen neuromuskuliirer Ubererregbarkeit im Vordergrund stehen, so fiberwiegen bei der Chronisehen Form die weniger alarmierenden trophischen St6rungen. Teta- nische Erscheinungen kSnnen fiber Jahre latent bleiben, weshalb die Krankheit oft erst sp~t erkannt wird. Der ehronische Hypop~rathyreoidismus kann sieh ausnahmsweise ~aus dem akuten entwiekeln, h/~ufiger s er jedoeh l%lge toxiseher oder infekti6ser Sch~digungen. Er kann aber aueh idiopathisch, gelegentiieh familigr anftreten.

Unsere Patientin, ein l l~/2jahriges M~dehen, entstammt als die jiingere yon zwei T6ehtern einer Familie in der, zuriick bis zur GroBelterngeneration, keine Anhaltspunkte ffir die Erblichkeit ihres ehronisehen Elypoparathyreoidismus ge- funden werden konnten (Abb. 1). Es sind nie Fglle yon Endokrinopathien, Epi-

8~ I~ ges. 8z+~ ges. ~ 37.]. Unfa/! .52]: Herzleiden

5chyverhb'rig, l<e/r ~nd Toubhelt .~e.ft (u~burl"

( z,,2j:

75]: IT Slzaj': Tdiopatfscher eo~rer Hgpopa roT h fl reo id /3 m us

Abb. 1. Stammbaum eines F~llos u echtem idiopathischem l~.vt)oparathyreoidismus 0tree knhal tspunkte ffir eine Vererbung. I%bexxbeftm,4: Schwerhsr}gkeit bei 3 vo~ 4 Kiadern einer Grol~t~nte v/~terlicherseits

lepsie oder Debflit/~t vorgekommen. Ms interessanter Nebenbefund f/~llt ~uf, dab drei yon vier Kindern einer Grol3tante Vaterlichersei~s eine angeborene Schwer- h6rigkeit,; respektlve Taubheit aufwiesen. Ajleh unsere PatientSn leidet ar~ einer ausgesprochenen Sehwerh6rigkeit, deren Sitz zum Tell zentral, zum Tefl peri- pher ist.

Die Sehwangersehaftsanamnese gibt keine AnhalSspunkte ffir irgendwelehe keimschadigende Noxen. Die Mutter war gesund und ha~ sieh w/ihrend der Sehwangersehaft ausgespr0chen wohl geffihlt. Die Geburt erfolgte sp0ntan und leicht 3 Woehen vor dem Terrain.

Das Neugeborene war normal grog und sehwer und semen auch sonst gesund, wurde 3 ~ Mona te voll gestillt und erhielt nachher die fibliche kfinstliche Er-

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nahrung. Seit dem S~ughngsalter hat das Kind stets mit Appeti t gegessen. Gewiehts- und Gr6Benzunahme waren auch immer gut und regelm~Big. Trotzdem hatte die Mutter sehon bald des Gefiihl, daB irgend etwas mit dem Kir/d nicht in Orduung sei, ohne daB ein fa•barer pathologiseher Befund vorgelegen h/~tte and ging deshalb, trotz des ~dederholten Vorwurfes, fiber~ngstlich zu sein. mit dem Kind regelm~Big in/~rztliehe Kontrol]e. Wahrseheinlieh zur Beruhigung der Mutter nnd damit etwas getan werde, verschrieb der Kinderarz~ schon w~hreud des S/~uglingsalters wiederholt Vitamin D tropfenweise.

Die stati:sche Entwicklung war etwas verzSgert: Des Kind lernte erst mit 18 Monaten gehcn. Die erssen Worte sprach es mit 14 Mouaten, machte aber auBerordentlich langsame Fortsehritte. Die Mutter ffihrte dies auf eine Schwer- h6rigkeit zurfick, die ihr auigefa]len war. nachdem des Kind im Alter yon 8 Mo- naten eine Otitis media dextra durcbgemacht hatte. Die Schwerh6rigkeit ver- schlimmerte sich in der Folge derart, dab das Ms eine Schwerh6rigenschule besuchen muBte.

Ganz besondere Schwierigkeiten erwuchsen dem Kind auBerdem you seiten der Zghne. Seit seinem 4. Altersjahr war es regelmEi~ig in zahns Be- handlung. Die Milchz~hne seien sehr h~Blich und kariesanf~llig gewesen. Aus: der ]~eschreibung und an Hand des noch vorhandenen unteren rechten zweiten Mflchmolaren dfirfen wir aul~erdem annehmen, dab sie zum Tefl such Schmelz- hypoplasien anfwiesen. Der Zahnarzt hat schon bei der ersten Untersuchung die Mutter anf einen ausgesprochenen Katkmangel aufmerksam gemacht und dem Kinde Ca-D-Redoxontabletten (Ca etwa ] g, Vitamin C 0,017 g, Vitamin D 300 JE) verschrieben, die es fiber all die Jahre hin, mit relativ kleiuen Unter- breelhnngea, regelm~Big einnahm (l Tablette/die).

Tetanische Zei~hen t raten erst etwa im Alter yon 6- -7 Jahren auf. Des M/~d- ehen k tag te hin nnd ~deder fiber Paraesthesien, n~mlich Kribbeln und Prickeln in.de~ H~nden nnd Vorderarmen (typisehe Lokalisation!) Wiederholt lift es an unk]aren Bauehsehmerzen, die bald ats Blinddarmreizung, bald als Blasen- besehwerden angesehen wurden. Es handelte sieh dabei um die, ffir diese F/~l]e tyRisehen, tetanischen Eingeweidekr~mpfe. Ira Juli 1956, im Alter yon 9 J ahren, erl i t t des Kind den ersten tetanisehen Anfall zu Hause, mit Verdrehen der Augen, Gebnrtshelferstelluug dsr Finger, Steffhalten der A~'me verbmlden mit BewuBt- losigkeit yon 10--15 Min. und darauf folgenden klordsehen Kr~mpfen in Armen nnd Beinen. l m Frfihjahr oder Sommer 1958 soll es in der Sehule umgefatlen und be~mBtlos gewesen sein. Ein dritter Anfall erfolgr~e am 30. November 1958 wieder zu Hause t{nd mi t denselben Svmptomen, wie beim ersten Mal, jedoeh bedeutend kiiyZerem BewuStseinsverlnst. D e r sofort zngezogene Arzt fiberwies die Patientin zur Abkls an das Zfirieher Kinderspital. Dort Wurde die Diagnose eines eehten, idippa~hisehe n Hypoparathyreoidismus gestellt.

An' pathologischen Befunden stellte man fblgendes f'est: Der Blut-Ca-Gehalt war mR 7,25 mg:~/o (Mittelwert aus versehiedenen Bestimmungen) ans ta t t 9 bis 11 mg~~ , deutlich unter der Norm. Die Phosphate sind auf 10,75 m g % (Mittel verseh/edener Messungen) erhSht, bei einer Norm yon 4 6 rag%. Das Verh/iltnis yon- Ca und Phosphaten, da s zwisehen 2 und 2,5 liegen sollte, schwankte in den einzelnen Bestimmungen zwisehen 0,5 und 1,09 (Tabelle 1).

Wir erwarten, dab die trophisehen St6rungen vor allem alas Skelett und die Z/~hne als die besonders Ca- und phosphatreiehen Gewebe betreffen. Am Skelett kSnnen allerdings weder ldiniseh noah r6ntgeuologisch wesentliehe pathologisehe Ver/inderungen festgestellt werden. Naeh der Meinung des Pediaters soll die Korti-

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Sehmuziger, Ein Fall yon echtem, idiopathischem, chronischem Kypoparath3n.eoidismus 205

Tabellel. Blutserumwerte: Deutliche Tendenz zur Normalisiernng der Ca- und Phosphatwer~e nach P~r~thormomnjekt ionen zu diagnostischen Zwecken

(500 USP-E ~4ie i.v.)

Datum Diagzmse

Phos- Gesamt- Alkal. :Blur- ~a phate e iweiB Phos- Ca : P

er~t~ahme (9--1 1 (4--6 (5,5 bis phat~se (2--2,5) mg%) ' rag%) 7,5 g%) (4--10 E) !

3.12.58 Tet~nie 7~3 5,2 6.12.58 Tetanie 7,8 10,9 7,7 7,4 0,71

14. 12.58 Hypopara- 6,65 t0,6 7,65 8,0 0,62 thyreoidismus

17.12 .58 l-typop~a- thyreoidismnl

8 Uhr vor Parathor- moninjektion 8 Uhr nach 3 Tagen Pa- rathormort injektion

8,5 7,8 7,07 9,7 1,09

kalis im Bereich des Tibiasohaf~es verdiekt sein (Abb. 2). Die horizontalen Zonen stgrkerer Verkalkung sind ebeIffalls ein Ausdruek gest6rter Kaoehens ~ruktur.

Aueh die Schgdelkalo~te seheint eher dick zu sein (Abb. 3). Aui3erdem finden wit innerhalb des SchgdelS pathologisehe Verkalkungen an versehiedenen Stellen. Es handeltsieh dabe ium s~nn- metrisehe perivaskulgre intrazerebrale Verkalkungen. Sie imponieren als schalenfSrmige Verk~lkungen in der Auskleidung der Seitenventrikel und als ,,Kalkspritzer" im Gebiet der Stammganglien und des Kleinhirns ~Abb. 3 und 4). Diese intrazerebralen Verkalkungen werden bei Erwaehsenen mit Hypop~ra~hyreoidismus hgufig gefun- den (Fah r sche Krankheit), sind jedoch bei Kindern a.ul3erordentlich selten. Es ist dies der einzige Fall, in dem PrdL F a n e o n i eine solehe Verkalkung im Kindesalter feststellen konn~e. Die Sehwerh6rigkeit ist wohl zum Teil auf diese intrazerebralen VerRnderungen zurfickzufiihren, zum Teil ist sie im vortiegenden Fall aueh peripherer Natur, also dutch pathologisehe Vergnderungen im ~][i{tel- und Innenohr bedingv. Die zerebrale~ St6rtmgen kommen aueh im EEG ~ls temperookzipital betonte Allgemein- st6rungen zum Ausdruek. Iatelligenzmgl]ig ist das Mgd- ehen seheinbar noeh lxieht gest6rt, da es yon den Leh- rern als normal intelligence, aufgeweekte Schtilerin ge- sehildert wird.

Weitere pathologisehe Verkalkungen fanden sieh irmer- halb der Augen in Form yon spritzenfSrmigen Verkal- k ungsherden in der Linse. Diese Form der Verkalkung ist ffir den chronisehen Hypoparathyreoidismus atypiseh: darauf zurfiekzuffihrende Linsenverkalkungen sind sonst viel massiver.

Deugliehe Verkalkungsst6rungen weisen vor allem ~bb..2. ~,~ssive ~om,akta im Tibiaschaft. Deut]ieh aus- die Zghne auf. Sgmtliehe bleibenden Zghne haben mas- ge, r~gte Lil~ien dicaterer

sire 8ehmelzhypoplasien. zum Tefl in zirknlgrer, zum Verkalkqmglinien..}t,,Wachstmns-

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206 FortSC~i% e :der: Kieferorthopgdie Bd. 21 :H~2:f1960)

Abb, 3, SchalCrffOrmigc Yerkaflmuge~ i~r 4er W~tt4 der Sei~em'e:~.trike!. ;,Kalkspritzer" im Gebiet tier Stamln- �9 ga}iglie~l told im Kleinhirrt

- Teil in fleckfSrmiger Ausdehnung (Abb. 5 ,6 , 7). Sie betreffen, mi~ Ausnahmen von 1 1 2 ' , deren Kau- k:anten n0Cti einlgermaBen �9 sind;' den gaflzen Sehmelzber~ich. Wahrseheinlich war:diese nor~iale SehmelZbiMung unter dem Einflag der wiederholten nnd langdauern- den Vitamin-D=Medikati0n. im S~uglingsMter mgglieh. -Am einzi- gen noch .vorhandenen ~,:ilehzahn V konnten wit mit der Sonde nut eine tmsichere Sehmetzeinziehuag hal oberen Kronendrigtel feststellen. In der Hoffnung , eirien Einblick in den Feinbaudes Den tins unter der Jahre dauernden Ca-P-Stoffwech- selst6~sang zu gewinnen, haben wir den M]lehzahh extrahiert und histo- logiseh untersucht (Abb. 8). Wir haben, weder i m hier gezeigten Selfliff, noch in den. Sehnittserien. auBer der. seharf begrenzten Schmelzhypoplasie, mit dem en~- sprechenden O w e n sehen Band im Dentin, histologisch fagbare Den-

- ~inaufbaust6rungen. gefunden. Es Abb. 4. Symmetrische Verkatkurtge~l d e r StammganglieI1 und deren Umgebung w~re immerhin m6glich, dab in den

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mehr apikalen Wurzelpartien weitere DentinverkalktmgsstSrungen aufzufinden gewesen waren. Leider waren aber die Wurzeln des Zahnes sehon zu gut zwei Drit teI resorbiert. Diese seha.rf begrenzte Sehmelzhypoplasie muB als Antwort auf eine relativ kurzdauernde Noxe gedeutet werden. Sie mu~, nach der Lokalisation, im Alter yon 4 6 Monater/aufge~re~en sein.

Auf dora zugeh6rigen l%Sntgenstatus (Abb. 9 bis I6) sehen wir, dab die Ver- kalkungsstSrung nut den Schmelz betr i f f t . Die Dentink5rper sind r6ntgeno- logiseh sowohl in bezug auf Radioluzenz, wie GrSl]e und Form betreffend, nor- mal. Ve@eiehende Zahnbreitenmessungen am RSntgenbild auf t t6he der Sehmelzzementgrenze haben normale Werte ergeben, wpgegen die im'Mund gemessenen 'Kronenbreiten wegen des hypoplastisclmn Sehmelzmantels deutlich unter der Norm sieh bewegen.

7 7 haben vielleicht aueh f/it die- ses Entwiqklungsstadium ein etwas gr0Bes Pulpakavum, ein Befund. den A l b r i g h t Und S t r o c k an Zi ihnen parathyreoidektomierter Rat ten mehrfaeh aufgefallenist. Die Pulpen der anderen Z/~hne haben jedoch nor- male Ausmage mit Ausnahme yon 6 @, wo sie deutlieh eingeeng~ ist. Abb. 5. Fro~t~le 3'[undaufaahme: Deutliche Schmelz-

hypoplaaien alle'r s ichtbaren Zfi.hne

)2bb. 6 Abb. 7

• 6 . Oberkieferaufsicht:'hL%Ssive Sellmelzh~poplasien a ~ ullml Z~tmen. ]~ehten vor~ 2 - t - 2 (Nichtanlage). Beachte r issige Oberli~)t~e

Abb. 7. Urt%erkieferaufsicht: Schmelzhypoplasicn an allen Z~hilen. Kauk~nten yon 1=--12 zeigen, n0rm~l e Schmelz- bil4m~g

Der Stand der Zahnentwicklung, d . h . de r Grad der Wurzelentwieklung ist , vergliehen mit :den ~Ziircher Normen, normal., .Ddsselbe gil t ffirl den S~and des Zahndurchbru ehs. Das .Kind ist also in iseiner k6ri)erlilehen"geffe dem Alter ent- Spreehend f6rtgeSehritten, was auch die Ana lySe des Handwurzelskelett~s be- stg~igte. AuBerdem entsprich~ aueh Sein SexUelle~ Reifungigra& der Norm

ES bleib~ festzustellen , dal] 2 ~ 2 t rod altelvier WeisheitsZs nieht angelegt sind, eineAbweiehung yon der Norm, die so h/tufig ist, dab :sie nicht mit der hor- monalen St6rung in: urs~Chliehen ZusammeIthang gebraeht werden daft.

Der Alveolarknochen seheint soweit normal: Im Unterkiefer'ist er eher weit- maschig, im Gebiet 'der oberen Inzivisi vielleicht etwas dieht, doch nicht sieher pathotogiseh;

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208 Fortschritte der Kieferorthop~die ]~d. 2~ ill. 2 (1960}

Die gelegentlieh beim Hypoparathyreoidismus vorkommenden trophischen StSrungen yon Haut , g a a r e n und N/~geln, die sich im ~ypisehen Fall in Form briiehiger Haare und N~gel, troekener Hau t und sehiitterem Huarwuehs mani- festieren, sind in unserem Fall sehr diskret. Das Kind leidet lediglieh seit 4 Jahren an trockenen rissigen Lippen und trockenen H/~nden. Die N~gel sind n o r m a l nieht brfiehig. Die Havre normal und der gaarwuehs iippig.

~eben diesen: ~erschiedenen trophisehen St6ruugen, die aus dem gest5rten Ca-Phosphatgleichgewieht des Serums resultieren, finden wit Funktionsst6rungen, die auf eine zu ger'inge Ca-Ionenkonzentration zuriiekzufiihren sind. Es k o m m t zur neuromuskul~ren ~bererregbarkeit , die sieh in versehiedenster Weise aus-

dr/ieken kann. ~ul3erst empfincllieh reagier~. z .B . das Reizleitungssystem des Herzens auf Sehwankungen des Ca-IonengehalCes. So zeigt aueh bei unserer Patientin das. E K G .die ffir eine Hypokalzamie typisehen Veranderungen.

Aul~erdem litt die Pat ient in wahrend der letzten 5 6 Jahre an tetanisehen Zei- chert versehiedenster Intensits wie Par- /isthesien, tetanisehen Eingeweidekr~mpfen und typisehen tetanisehen Anfallen. Ferner sind die Reflexe seitengleich deutlich ge- steigert.

Interessanterweise hat Prof. F a n c o n i die Diagnose eines Hypop~rathyreoidismus an Hand des Gesichtsausch~ekes der Patien- t in gestellt (Abb. 17). Besonders die Mund- patt ie sei sehr typisch: ~eben den sprSden rissige~l Lippen und den Sehmelzhypoplasien falle besonders die verkrampftd Lippenhal- tung auf: Die Oberlippe ist rfisselarbig vor- gestreckt, die Unterlippe wird eingezogen. D a e s sioh um eine habituelle Munda.tmerin

J b b . 8. Schl i f f des V - - : Scha r f begrenzte handelt, ist diese Verkrampfmlg besonders Schmelzhypoplas ie m i t e~lts]~reehe1~dem O w e n -

~chem ]Jand.im Dentin auff~llig, wie das Vergleichsbild mi t einer ge- wShnliehen Mundatmerin zeigt (Abb. 18).

Die Therapie wird in Praxi nicht mit Para thormon durehgefiihrt, sondern es werden die parathormon~hnlich wJrkenden Stoffe Dihydrotachysterin (Calcamin ,,Wander", AT 10 ,,Merck") oder, wie in unserem Fall, hohe Dosen yon Vit- amin D 3 verwendet. Unsere Patientin erhMt vorl~ufig als t~gliehe Unterhaltungs- dosis per os 50000 I E Vitamin D. Das viel zu teure Para thormon wird heute fast nur noeh zu kliniseh-diagnostischen Zweeken verwendet. Es eigne~ sieh wenig ftir die Therapie, da ~llen verfiigbaren Parathyreoide~-Extrakten der grol~e Naehteil einer nach mehr oder weniger kurzen Zeit auftretenden I=~ormonresistenz anhaftet.

Je naehdem welches Mittel verwendet wb:d, fSrdert man m erster Linie die Phosphatausseheidung dureh die Nieren and erh~lt einon sekund~ren Anstieg des Blur-Ca dutch Ca-Mobilisution ~us dem Skelett, oder es wird ve t allem die Resorption yon Ca aus dem D~rm gefSrdert.

Entscheidend bei der Therapie ist die strengste regelms ~trztliehe Kon- trolle, da es bei Uberdosierungen zu gesteigerter Ca-Ausseheidung dutch die

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Niere~ und zu Verkalkungen ur~d irreversiblen ~Nierensch/~digungen, in ungfin- stigste.m Fall zur Niereninsuffizienz kommen kann.

Gar nieht zn empfehlen sind Ca- und VitamimD-Medikationen yon seiten des Zahnarztes in F/~llen von ausgedehnten Schmdzhyp0plasien unbekannter Genese. Haben sie in diesem Falle nicht direk~ geschade~, solhaben sie sicher nicht viel

Abb. 9 his 16. Rbntgenstatus: Nichtat~Iage 2 § 2 uud 8 -~ 8. ~[USsive' SohmelzhYpoplasiea an alle~ bleibe,a(ten ZghlmIL Dentink6rper ill Cn'bf~e uncl Radioluze~z r~ormal. N0rmale Xnochenstr~ktur auBer in C, ege~d vox~ 1 -~ ! ,

wo sie etwas 4icht ersoheint

Abb. 17 Abb. 18

Abb. 17 uu4 18. VergleichsbHd zwischen verkrampfter LippeasSelhmg bei Hypoparathyreoidismt~s (Abb. 17} und gewShnlicher 5fundatmerin (.~bb. 18)

gen/itzt. Solche Medikationen k6nnten aber z. B. in einem Fall yon chronischem Hyperparathyreoidismus, bei dem der Zahnbefund unserem Fall identisch sein kann, t6dlich wirken. Es ist hingegen zu empfehlen0 in Fallen, die ausgedehnte Schmelzhypoplasien unbekannter Genese aufweisen, entspreehende Urin- und Blu~untersuchungen zu veranlassen und den Patienten, wenn n6tig, dem Endo- k3"inologen zu iiberweisen.

Anschrif~ d. ~,'erf" : Zahl~rztliches Institt~t. Postfach Zfirich 28