(Aus der orthop~dischen IIeilanstalt yon Prof. Dr. A. B le n c ke, Magdeburg.)

Ein Fall yon Erbst.her Liihmung naeh Schiefhalsol)eration.

Yon

Dr. H a n s Blencke. _~.~istent der ~ns ta l t .

(Eiageffetngen am 31, Oklober 192l.)

Die in dieser Zeitschrift ersehienene Arbeit von E n g e l fiber einen Fall yon Erb.-:cher Lhhmung naeh Sehiefhalsopcration beriehtet yon der Seltenheit derartiger Vorkommnisse. In folgendem bringe ieh einen kurzen kasuistisehen Beitrag iiber einen 5~hnliehen Fall yon Erbseher Li~hmung, der sich yon dem Engelsehen darin unterscheidet, dab die L~thmung nicht auf der Seite des Sehiefhalses, sondern auf der C~'genseite auftrat.

Das 10jhhrige MSdchen Liesbeth O. wurde am 4. MS~rz in unserer Klinik wegen eines reehtsseitigen Sehiefhalses operiert. Bei der Operation mul3ten naeh Durchtrennung der beiden Ansatzsehnen des Sternokleidomastoideus vor allen Dingen auch in der Tiefe sehr stark(, bindegewebige Strange mit dureh- sehnitten werden, um eine vollkommene Entspannung der reehten Halsseite zu erzielen. Naeh der Operation wurde der Kopf manuell kr:Mtig redressiert und in einem Sehanzschen Watteredressionsverband fimert, der sieh uns in allen F~tllen bisher aufs beste bew:~thrt hat und den wit ausnahmslos anwenden, und zwar so, (tag wit ihn etwas a~ymmetriseh anlegen, insofern, dab wit die Wattepolsterung auf der Sehiefhalsseite noeh etwas st~trker maehen als auf der entgegengesetzten Seite. Dadurch dri~ngen wit den Kopf noeh mehr naeh der C~*genseite hiniiber. Bei den vielen Sehiefhalsoperationen, die in unserer Klinik durehgeffihrt werden, haben wit uns v o n d e r Giite dieses Verbandes genugsam iiberzeugen und aueh beobaehten kSnnen, dag dieser Verband be- sonders auf der dem Sehiefhals entgegengesetzten Halsseite einen verhhltnis- mSllig starken Druek ausfibt. Irgendwelehe ernstliehe StSrungen batten wir sonst, bisher nieht beobachtet. Bei der Patientin L. O. stellten sieh nun drei Woehen naeh (ler Operation -- der Watteredressionsverband wird bei uns im allgemeinen einmal wSehentlieh noeh versti~rkt bzw. ganz erneuert und bleibt insgesamt 6 Woehen liegen -- im Bereieh des linken Armes Lghmungsersehei- nungen ein, naeh dem Typ der Erbsehen Lghmung. Der linke Arm konnte im Schultergelenk aktiv nicht gehoben werden, der Deltoideus war nieht zur

322 H a n s B l e n c k e : Ein Fall yon Erbschcr Iiihmung nach Schiefhalsoperation.

Kontrakt ion zu bringen und das Ellbogengelenk konnte aktiv nieht gebeugt werden. Auf3erdem klagte die Patientin fiber Pargsthesien auf der Auflenseite des ganzen linken Armes. Der Faustsehlug und alle Fingerbewegungen watch yon der Li~hmung vollkomnwn frei geblieben. Beim Verbandwechsel, der sofort vorgenommen wurde, wurde mm besondere Riieksieht auf die linke SeRe ge- nommen, die erneut gut gepolstert wurde, um den etwa s ta t tgehabten Druek

r ,~ . . auf die am Halse entlang ziehenden Nerven. ttmmle abzusehw:,tehen. Augerdem wurde mit regehn:M~igen 5[assagen und Elektrisieren zur Beseitigung der Lith- mung vorgegangen, die darauf aueh l~ngsam zuriiekging. Bei de( ersten elek- trisehen Untersuehung mugte eine v611ige Entartungsreaktion im Bereieh de( gelithmten 3[uskelnfestgestellt we(den. Es konnten erst wieder normale Zuckungpn ausgelSst werden, naehdem die Fmlktion der gelghmten ~[uskeln sehon etwa 14 Tage wiedergekehrt war. Im Verlauf der Beobaehtung entwiekelte sich eine deutliehe Atrophic der linken Sehultermuskulatur und vor allem ties Del- toideus, die aueh auf einer photographisehen Aufnahme noch erkennbar ist. welehe am 28. April angefertigt wurde. Die Entfernung des Redressionsver- bandes erfolgie am 15. April und ergab be((its ein fast vSlliges Versehwinden der eigenlliehen Lithmungserscheinungen.

Es hand(It( sieh also in unserem Falle um das typisehe Bild einer Erbsehen LShmung, (lie dadurch zustande gekommen war, (lab der den Kopf naeh der linken Seite hintiber redressierende Verband auf der linkt, n Hals- seite einen Druek auf den 5. und 6. Zervikalnerven ausgel6st halt( , e twa in 5hn- lieher Weise, wie (ties naeh 0 p p e n h e i m bei Steintrhgern, Kohlentr:,tgern und Sohlaten dureh Druek de( Tornisterriemen auf den Erb~cehen Punkt beoh- achtet wurde.

Zur Vermeidung derartiger L;~thmungserseheimmgen i)flegen wir svitdem auf (lie Watteiiberp~.,lsterung des Erbsehen Pmlktes hesondere II.ii('ksieht zu nehmen, l)er Verlauf un.~eres Falles war wohl in der Haupts~che deshalb ein g/instiger und sclmeller, wei[ wir unmittelbar naeh (teln Auftreten der ersten IAihmungserseheinungen (lie Ursache beseit.igten und die gel~ihmte Muskulatur sofort mit 5[assage und Elektrizit:,'~t behandelten.