2
594 Die zweite (aikalotische) Phase zeigt uns in iiberraschender Vollst~ndigkeit alle chemisch-physikalischen Symptome tier manifesten Tetanie: Alkalose im Bht; Ca-Verrninderung irn Blut; K-Verrnehrung irn Blut; P-Vermehrung irn Blur; Hypoglyk~rnie ; verrninderte S~ureausscheidung rnit dern Ham; Stoffwechselbeschleunigung. Da nun bet der floriden Rachitis eine Acidose, bet der rnani- festen Tetanie eine Alkalose besteht, ist diese ~3bereinstirn- rnung rnit den Symptornen der beiden Adrenalinphasen ein neuer Beweis fiir die Richtigkeit der mit unserem Schema aus- gesprochenen Thesen. So wird es such wahrscheinlich, dab der Verschiebung des Phosphatgehaltes ulld der H-Ionen- konzentration des Blutes nach tier Adrenalininjektion eine fibergeordnete Bedeutung f/it alle fibrigell Adrenalinwirkungen zukomrnt. ( Aus der Kinderklinilc der Universit~it Heidelberg. Direktor: Pro]. Moro.) L i t e r a t u r: 1) VOLLMER, Arch. L exp. Pathol. u. Pharmakol., im Druck. -- 2) DRESEL U. KATZ, Klin. Wochenschr. I. Jg., S. 16Ol. __ a) Erscheint in der Biochem. Zeitschr. 1923. KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. 13 DIE QUANTITATIVE ANALYSE DER KNOCHENASCHE BEI KRIEGSOSTEOPATHIE1). Von WILHELM LOLL. Um ill Wesen und Pathogenese der gegell Kriegsende und in der Nachkriegszeit so geh~iuft aufgetretenen osteornalacie- artigen Knochellerkrankung Einblick zu gewinllen, wurden rOll uns verschiedene Untersuchungen angestellt. U. a. wur- den die Knochen yon vier schweren F~Lllen, und zwar Rippen, Becken und Tibia, gesondert der quantitativen Analyse zu- gefiihrt, deren Ergebnisse hier kurz mitgeteilt sein rn6gen. 26. M)kRZ 1923 Ich land bet den schwer osteopathisch erkrankten Knochen eine welt auBerhalb der Fehlergrenzen der Analysen Iiegende relative Zunahrne yon CaO rnit ether starken relativen Ab- nahme yon P~O 5 kornbiniert bet allgernein hochgradiger Re- duktion der Knochensubstanz. Der Gehalt an MgO ist kon- stant und erscheint der Norm gegentiber kaurn verXndert. W~hrend ich bet norrnaler Knochenasche ffir CaO, MgO und P205 v611ig normale Werte land (CaO = 51,8o--52,oo%, MgO = o,.78--o,85%, P205 = 38,7o--38,9o%, Rest = 8,55 bis 8,66~ ergab dieAnalyse der Rippen- und Beckenknochen Osteopathischer Werte yon CaO = 56,8--76,8%, MgO = o,74--o,8o%, P205 I6,2--37,3%, Rest = 4,04--8,590/0 . Geringer waren die Abweichungen yon der Norm und untereinander bet den Tibien, in welchen der ProzeB an- scheinend langsarner vor sich gegangen oder bereits im Ab- klingen begriffen war: CaO = 54,5--54,8%, MgO = 0,77 biso,8I%, PsO5 = 36,I--36,8%, Rest = 7,61--8,59%. Die Versuche, die Zusarnmensetzung der Knochenaschc in eine starre chemische Forrnel pressen zu wollen, erscheinen uns yon vornherein ihrern Wesen nach verr Offenbar handelt es sich beirn Verkalkungsvorgange urn Niederschlags- bildungen schwer 16slicher Erdalkalisalze, wobei die Menge des im Knochen vorhandenen Calciums gr6Ber ist, als dern Ab- sgttigullgsverrn6gen der vorhandenen Phosphor- und Kohlen- sgure entspricht; vermutlich ist dieser KMkiiberschug im lebenden Knochell in organischer (EiweiB-) Bindung vorhand en. Bet der Osteopathie ist dieser Kalkfiberschul3 allern Anscheine nach iniolge einer prirngren Abnahme der Phosphors~ure abnorm grol3. Wghrend bet der Rachitis und Osteornalacie die Relation der Aschenbestandteile der Norm gegenfiber llicht sehr wesentlich verschobenist, erscheint die Kriegsosteopathie durch die weitgehende prozelltuelle u der Aschen- bestandteile irn Sinne einer Kalkanreicherung der Osteornalacie und Rachitis gegeniiber a!s ein grundverschiedener ProzeB gekennzeichnet. (Aus der Chemisehen Abteilung des Physio- logisehen Institutes der Universit(it und der III. Medizinisehen Abteilung des Kaiser Eranz Josel-Spitals in Wien.) KASUISTISCH EIN FALL VON PARADOXER FIEBERSTEIGERUNG NACH NATRIUM SALICYLICUM. Von Dr. PAUL KAHN. Aus der II. Inneren Abteil. des Auguste Viktoria-Krankenhauses in Berlin-Sch6neberg. (Dirig. Arzt: Prof. Dr. GLASER.) Bet einem Patienten, der im hiesigen Krankenhaus wegen einer akuten Polyarthritis zur Anfnahme kam, traten infolge Salicyl- medikation anaphylaktoide Fiebererscheinungen auf. Zwar sind in den ffinfzig Jahren seit der Einffihrnng der Salieyls/iure schon etwa ffinf F~lle dieser Art ver6ffentlicht worden, nachdem aber gerade in den letzten Jahren die Frage der Anaphylaxie mehr in den Vordergrund getreten ist, halte ich es doch nicht ganz fflr verfehlt, einen Fall yon Salieylidiosynkrasie mitzuteilen, der sich durch das Auftreten st~rkster Schfittelfr6ste auszeichnete. Der 28 j~hrige Karl I-I. wurde am 7. VIII. 1922 wegen Poly arthritis eingelieiert. Die Anamnese hot nichts Besonderes. Er war vor I I Tagen erkrankt und hatte auf Verordnung seines Haus- arztes im ganzen 8 g Aspirin eingenommen. ]3ei der Aufnahme betrug die K6rpertemperatur 39,3~ beide Handgelenke und das linke Knie waren gesehwollen und sehr schmerzhaft, sonst kein krankhafter Organbefund. Der Pat. erhielt 3 real t~glich 1,o Natr. salicyl. An den n/ichsten beiden Tagen bestanden die Beschwerden nnver~ndert fort; die Temperatur schwankte zwischen 37, I und 4o,o~ Am Mittag des Io. VIII. hatte der Pat., nachdem er ins- gesamt 9,0 Natr. salicyl, eingenommen, einen Schflttelfrost yon 15 Mill. Dauer ; die Temperatur stieg von 38, i auf 40,8 ~ W~hrend der Nacht Fieberabfall auf 37,2 ~ Am 11. wurde nur frflhmorgens I,o Natr. salicyl, gereieht; Abendtemperatur 39,4 ~ An den beiden folgenden Tagen, an denen er kein Medikament bekam, blieb der Pat. fieberfrei; die Schmerzen und Schwellungen der Gelenke hatten abgenommen. -- Am 14. VIII. um 2 Uhr p.m. ernente ~) Erscheint ausfiihrlich in der Biochem. Zeitschr. E MITTEILUNG. Gabe von i,o Natr. salicyl., um 5 Uhr einstflndiger, heitigster Schiittelfrost, dabei Temperaturanstieg auf 40,5 o W/ihrend der Nacht fiel die Temperatur wieder unter mgBigem SchweiBe. Be- sondere Beschwerden /iuBerte der Pat. nicht ; Milz nicht vergr6Bert. An den beiden n/ichsten Tagen wurde wieder je 3real t~glich 1,o Natr. salicyl, gereicht mit dem Erfolg, dab es an beiden Tagen zu starken Schfittelfr6sten kam mit Temperatursteigerungen bis 40,5 ~ An beiden Tagen wurde wgthrend des Schflttelfrostes Blut entnommen, doeh wurden keine Malariaplasmodien gefunden, und die mit dem Blut beschiekten Agarplatten und BonillonrShr- chen zeigten beide Male keinerlei \u Nachdem sieh somit fiir die Fieberanfglle keine andere ~tiologie hatte finden lassen als das Natrium ~alicylicum, wurde die Salicylmedikation ausgesetzt, worauf die Temperatur wgthrend der n/ichsten Iflnf Tage normal blieb. Am 23. VIII. erhielt der Pat. nochmals probatoriseh 2real I,o Natr. salicyl. Darauf wiederum leichter Schflttelfrost mit Temperaturanstieg auf 39,0 ~ Der Pat. wurde am 6. IX. mit nor- malem Organbefund entlassen, ohne dab es nach dem Aussetzen der Salicyls~iure nochmals zu Fiebersteigerungen gekommen wgre. Wie ich schon eingangs erw~hnt habe, linden sich in der Lite- ratur einige F~lle yon Salicylidiosynkrasie, die sich in Fiebersteige- rungen und z.T. recht bedrohlichen Erscheinungen ~iul3erte. So beschreibt schon 1876 LORMANN 1) einen solchen Fall, der neben Schiittelfr6sten und der Hyperpyrese starke 0deme an den Extre- miffiten aufwies. M. BARUCH 'z) fand bet zwei Patienten Ersehei- nungen ~hnlicher Art wie bet dew. hier beschriebenen Falle, und ERBs) ver6ffentlicht einen Tall, bet dem es w~ihrend eines sich fiber mehrere Tage hinziehenden Fieberanfalles zum Ausbruch eines kleinfleckigen Exanthems kam. DaB sich gegeniiber anderen Antipyreticis, wie Chinin nnd Anti- pyrin, h~iuliger eine Idiosynkrasie findet, die meist im Auftreten von Exanthemen zum Ausdruck kommt, ist bekannt, weniger, dab sich dabei auch manchmal hyperpyretische Temperaturen ze;~gen. Einen eindrueksvollen Fall dieser Art beriehtet VOGEL4): Bet seinem Patienten kam es anl~iBlieh ehler Chinintoleranzprihiung zu einer Temperatursteigerung bis 42,o~ zum Ausbruch eines pustu-

Ein Fall von Paradoxer Fiebersteigerung nach Natrium Salicylicum

Embed Size (px)

Citation preview

594

Die zweite (aikalotische) Phase zeigt uns in i iber raschender Vol ls t~ndigkei t alle chemisch-phys ika l i schen S y m p t o m e tier m a n i f e s t e n Te tan ie :

Alkalose im B h t ; Ca-Verrn inderung irn B lu t ; K-Ver rneh rung irn B l u t ; P - V e r m e h r u n g irn Blur ; Hypoglyk~rnie ; ve r rn inder te S~ureaussche idung rnit dern H a m ; Stof fwechse lbeschleunigung.

Da n u n bet der f lor iden Rach i t i s eine Acidose, bet der rnani- fes ten Te tan ie eine Alkalose bes teh t , is t diese ~3bereinstirn- rnung rnit den S y m p t o r n e n der be iden Adrena l inphasen ein neuer Beweis fiir die R ich t igke i t der mi t unse r em Schema aus- gesp rochenen Thesen. So wird es s u c h wahrscheinl ich , dab der Versch iebung des P h o s p h a t g e h a l t e s ulld der H - Io n en - k o n z e n t r a t i o n des Blutes nach tier Adrena l in in jek t ion eine f ibergeordnete Bedeu tung f/it alle fibrigell Adrena l inwi rkungen zukomrnt . ( Aus der Kinderklinilc der Universit~it Heidelberg. Direktor: Pro]. Moro.)

L i t e r a t u r: 1) VOLLMER, Arch. L exp. Pathol. u. Pharmakol., im Druck. - - 2) DRESEL U. KATZ, Klin. Wochenschr. I. Jg., S. 16Ol. __ a) Erscheint in der Biochem. Zeitschr. 1923.

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr . 13

DIE QUANTITATIVE ANALYSE DER KNOCHENASCHE BEI KRIEGSOSTEOPATHIE1).

Von

WILHELM LOLL.

Um ill Wesen und Pathogenese der gegell Kriegsende und in der Nachkriegszeit so geh~iuft aufgetretenen osteornalacie- artigen Knochellerkrankung Einblick zu gewinllen, wurden rOll uns verschiedene Untersuchungen angestellt. U. a. wur- den die Knochen yon vier schweren F~Lllen, und zwar Rippen, Becken und Tibia, gesondert der quantitativen Analyse zu- gefiihrt, deren Ergebnisse hier kurz mitgeteilt sein rn6gen.

26. M)kRZ 1923

I c h l and bet den schwer o s t eopa th i sch e r k r a n k t e n K n o c h e n eine wel t auBerhalb der Feh le rg renzen der Ana lysen Iiegende re la t ive Zunahrne yon CaO rnit ether s t a rken re la t iven Ab- n a h m e yon P~O 5 kornbin ier t bet allgernein hochgrad ige r Re- duk t ion der K n o c h e n s u b s t a n z . Der Gehal t an MgO ist kon- s t a n t und e rsche in t der N o r m gegentiber kaurn verXndert .

W ~ h r e n d ich bet norrnaler K n o c h e n a s c h e ffir CaO, MgO und P205 v611ig normale W e r t e l and (CaO = 51 ,8o- -52 ,oo%, MgO = o, .78--o,85%, P205 = 38 ,7o- -38 ,9o%, R e s t = 8,55 bis 8,66~ ergab d i eAna lyse der R ippen- und Beckenknochen Os teopa th i sche r W e r t e yon CaO = 56 ,8 - -76 ,8%, MgO = o , 7 4 - - o , 8 o % , P205 I 6 , 2 - - 3 7 , 3 % , R e s t = 4,04--8,590/0 . Geringer waren die Abweichungen yon der N o r m und u n t e r e i n a n d e r bet den Tibien, in welchen der ProzeB an- sche inend langsarner vor sich gegangen oder bere i t s im Ab- kl ingen begriffen war: CaO = 54 ,5 - -54 ,8%, MgO = 0,77 b i s o , 8 I % , PsO5 = 3 6 , I - - 3 6 , 8 % , R e s t = 7 ,61- -8 ,59%.

Die Versuche, die Zusa rnmense tzung der K n o c h e n a s c h c in eine s ta r re chemische Forrnel pressen zu wollen, erscheinen uns yon vornhere in ihrern Wesen nach verr Offenbar h an d e l t es sich beirn Verka lkungsvorgange urn Niederschlags- b i ldungen schwer 16slicher Erdalkal i sa lze , wobei die Menge des im K n o c h e n v o r h a n d e n e n Calciums gr6Ber ist , als dern Ab- sg t t igul lgsver rn6gen der v o r h a n d e n e n P h o s p h o r - und Kohlen- sgure e n t s p r i c h t ; ve rmut l i ch ist dieser KMki iberschug im l ebenden Knochel l in organischer (EiweiB-) B i n dung vo rhand en. Bet der Os teopa th ie ist dieser Kalkfiberschul3 allern Anscheine nach iniolge einer pr i rngren A b n a h m e der Phosphors~ure a b n o r m grol3.

W g h r e n d bet der Rach i t i s und Osteornalacie die Rela t ion der Aschenbes t and te i l e der N o r m gegenfiber l l i c h t sehr wesent l ich ve r schoben i s t , e rschein t die Kr i egsos t eopa th ie durch die we i tgehende prozel l tuel le u der Aschen- bes t and te i l e irn Sinne einer Ka lkan re i che rung der Osteornalacie und Rachi t i s gegeni iber a!s ein g rundversch iedener ProzeB gekennze ichne t . (Aus der Chemisehen Abteilung des Physio- logisehen Institutes der Universit(it und der I I I . Medizinisehen Abteilung des Kaiser Eranz Josel-Spitals in Wien.)

K A S U I S T I S C H

EIN FALL VON PARADOXER FIEBERSTEIGERUNG NACH NATRIUM SALICYLICUM.

Von

Dr. PAUL KAHN. Aus der I I . Inneren Abteil. des Auguste Viktoria-Krankenhauses in Berlin-Sch6neberg.

(Dirig. Arzt: Prof. Dr. GLASER.)

Bet einem Patienten, der im hiesigen Krankenhaus wegen einer akuten Polyarthrit is zur Anfnahme kam, traten infolge Salicyl- medikation anaphylaktoide Fiebererscheinungen auf. Zwar sind in den ffinfzig Jahren seit der Einffihrnng der Salieyls/iure schon etwa ffinf F~lle dieser Art ver6ffentlicht worden, nachdem aber gerade in den letzten Jahren die Frage der Anaphylaxie mehr in den Vordergrund getreten ist, halte ich es doch nicht ganz fflr verfehlt, einen Fall yon Salieylidiosynkrasie mitzuteilen, der sich durch das Auftreten st~rkster Schfittelfr6ste auszeichnete.

Der 28 j~hrige Karl I-I. wurde am 7. VIII . 1922 wegen Poly arthritis eingelieiert. Die Anamnese hot nichts Besonderes. Er war vor I I Tagen erkrankt und hat te auf Verordnung seines Haus- arztes im ganzen 8 g Aspirin eingenommen. ]3ei der Aufnahme betrug die K6rpertemperatur 39,3~ beide Handgelenke und das linke Knie waren gesehwollen und sehr schmerzhaft, sonst kein krankhafter Organbefund. Der Pat. erhielt 3 real t~glich 1,o Natr. salicyl. An den n/ichsten beiden Tagen bestanden die Beschwerden nnver~ndert fort; die Temperatur schwankte zwischen 37, I und 4o,o~ Am Mittag des Io. VIII. hat te der Pat., nachdem er ins- gesamt 9,0 Natr. salicyl, eingenommen, einen Schflttelfrost yon 15 Mill. Dauer ; die Temperatur stieg von 38, i auf 40,8 ~ W~hrend der Nacht Fieberabfall auf 37,2 ~ Am 11. wurde nur frflhmorgens I,o Natr. salicyl, gereieht; Abendtemperatur 39,4 ~ An den beiden folgenden Tagen, an denen er kein Medikament bekam, blieb der Pat. fieberfrei; die Schmerzen und Schwellungen der Gelenke hat ten abgenommen. - - Am 14. VIII. um 2 Uhr p .m . ernente

~) Erscheint ausfiihrlich in der Biochem. Zeitschr.

E M I T T E I L U N G . G a b e von i,o Natr. salicyl., um 5 Uhr einstflndiger, heitigster Schiittelfrost, dabei Temperaturanstieg auf 40,5 o W/ihrend der Nacht fiel die Temperatur wieder unter mgBigem SchweiBe. Be- sondere Beschwerden /iuBerte der Pat. nicht ; Milz nicht vergr6Bert. An den beiden n/ichsten Tagen wurde wieder je 3real t~glich 1,o Natr. salicyl, gereicht mit dem Erfolg, dab es an beiden Tagen zu starken Schfittelfr6sten kam mit Temperatursteigerungen bis 40,5 ~ An beiden Tagen wurde wgthrend des Schflttelfrostes Blut entnommen, doeh wurden keine Malariaplasmodien gefunden, und die mit dem Blut beschiekten Agarplatten und BonillonrShr- chen zeigten beide Male keinerlei \u Nachdem sieh somit fiir die Fieberanfglle keine andere ~tiologie hat te finden lassen als das Natrium ~alicylicum, wurde die Salicylmedikation ausgesetzt, worauf die Temperatur wgthrend der n/ichsten Iflnf Tage normal blieb. Am 23. VIII. erhielt der Pat. nochmals probatoriseh 2real I,o Natr. salicyl. Darauf wiederum leichter Schflttelfrost mit Temperaturanstieg auf 39,0 ~ Der Pat. wurde am 6. IX. mit nor- malem Organbefund entlassen, ohne dab es nach dem Aussetzen der Salicyls~iure nochmals zu Fiebersteigerungen gekommen wgre.

Wie ich schon eingangs erw~hnt habe, linden sich in der Lite- ratur einige F~lle yon Salicylidiosynkrasie, die sich in Fiebersteige- rungen und z.T. recht bedrohlichen Erscheinungen ~iul3erte. So beschreibt schon 1876 LORMANN 1) einen solchen Fall, der neben Schiittelfr6sten und der Hyperpyrese starke 0deme an den Extre- miffiten aufwies. M. BARUCH 'z) fand bet zwei Pat ienten Ersehei- nungen ~hnlicher Art wie bet dew. hier beschriebenen Falle, und ERB s) ver6ffentlicht einen Tall, bet dem es w~ihrend eines sich fiber mehrere Tage hinziehenden Fieberanfalles zum Ausbruch eines kleinfleckigen Exanthems kam.

DaB sich gegeniiber anderen Antipyreticis, wie Chinin nnd Anti- pyrin, h~iuliger eine Idiosynkrasie findet, die meist im Auftreten von Exanthemen zum Ausdruck kommt, ist bekannt, weniger, dab sich dabei auch manchmal hyperpyretische Temperaturen ze;~gen. Einen eindrueksvollen Fall dieser Art beriehtet VOGEL4): Bet seinem Patienten kam es anl~iBlieh ehler Chinintoleranzprihiung zu einer Temperatursteigerung bis 42,o~ zum Ausbruch eines pustu-

26. MARZ 1923 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr . 13 595

16sen, z .T. pemphigoiden l?;xanthems, zu Hautpigmentierungen und kollapsartigen Erscheinungen. Nach Aufh6ren der Medika- tion Abklingen s/imtlicher Erscheinungen.

A. FRAENK~;LS), YAMADA6), R I T T E R 7) u n d B R U C K 8) v e r b f f e n t -

lichen Fglle von Antipyrinidiosynkrasie in Verbindung mit Tem- peratursteigerungen.

Was die Atiologie dieses immerhin seltenen Vorkommnisses betrifft, so bedauere ich, darauf wegen des Raummangels bier nut knrz eingehen zu kbnnen. "~u der grogen Nhniichkeit der aus- gel6sten Reaktionen kann man wohl Iiir die paradoxe Wirkung aller drei Antipyretica die gleiche Ursache annehmen. Aus diesem Grunde sind auch die Theorien von BARUCH und E. ARONSOI~ ~) als veraltet und zu e~ag gefaBt abzulehnen, die 1Reizungen des W/irmezentrums resp. Blutungen im Corpus striatum annahmen. Wesentlicher ist die Hypothese von BRIJCI~, dal3 das eingefiihrte Medikament mit dem SerumeiweiB in Verbindung tritt und dadurch ein Allergiezustand geschaffen wird. Und in jiingster Zeit wies Plc~ ~~ darauf hin, dab die Arzneimittelidiosynkrasie auf dem Boden einer unerkannten EiweiBidiosynkrasie entstanden sein

k6nne, und dab diese gewissermaBen als Sensibilisierung, die Arznei- idiosynkrasie als Anaphylaxie aufzufassen ware, in /ihnliehem Sinne wie etwa der Heuschnupfen und die Urticaria factitia. - - Bei unserem Pat. wurde an 3 aufeinander folgenden Tagen die sog. hgmoklasische Krise ausgefiihrt und dabei die von F. GLASER n) beschriebene vagotonische Leukopenie als konstanter Befund fest- gestellt. Dieselbe weist nach den Untersuchungen yon GI.ASER auf einen anaphylaktischen Zustand hin, besonders da sie bei Urti- caria als exquisit best~indiges Symptom zu linden ist. Der Hyper- tcnus im Vagusgebiet deutet bei unserem Kranken aller Vfahr- scheinlichkeit naeh auf eine Eiweii?idiosynkrasie lain, auf deren ]Boden die Uberempfindlichke"t gegen Salicylsgure entstanden ist.

L i t e r a t u r : 1) LURMANN, Berl. klin. Wochenschr. 1876, Nr. 33. - - ~) M. BARUCH, Berl. klin. Wochenschr. x883, Nr. 23. - - 3) ERB, Berl. klin. Wochenschr. 1886, Nr. 44- - - a) VOGEL, Miinch. reed. Wochenschr. 1919, Nr. i i . - - ~) A. FRAENKEL, Dtsch. med. Wochenschr. i886, Nr. 44. - - 6) YAMADA, Dermatol. Zeitschr. 19o3 . - - v) RITTER, Berl. klin. Wochenschr. 19o8, Nr. 6. - - 8) BRUCK, Berl. klin. Wochenschr. 191o , Nr. 12 u . 42. - - 9) E. ARONSOHN, Dtsch. reed. Wochenschr. 1888, Nr. 3 u. 4. - - ~0)PICK, Jahresk. 4. 5rztl. Fortbild. 8. 1 9 2 2 . - 11) F. GLASER, Med. Klinik 11, 15 und 22. 1922.

Pt AKTISCHE DIE WUNDDIPHTHERIE,

IHRE ERKENNUNG UND KLINISCHE BEDEUTUNG.

V o n

P r i v a t d o z e n t Dr . HANS LANDAU, Assistent der Chirurgischen Universit~tsklinik der Charit6 zu Berlin.

(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. O. HILDEBRAND.)

Nach der En tdeckung des Diphtheriebaci l lus im Jah re i884 war CONRAD BRUNNER der erste, der sich kri t isch- exper imentel l mi t der F r a g e der Wundd iph the r i e befaBte. Im AnschluB an seine Publ ika t ionen erschienen dann noch andere Mit te i lungen fiber das selbe Thema, die jedoch keines- wegs zu einer rest losen Klgrung der Frage ffihrten. Es wurde i n der Folgezei t sehr still yon der Wunddiphther ie , dieselbe gal t als sehr seltene Krankhei t , die den wenigstens be- kann t war, da sie besoliders durch die Eil i f t ihrung der asept ischen MaBnahmen und des Behringschen Hei lserums f iberwunden zu sein schien. Ers t nach E n d e des Krieges

w u r d e plbtzl ich wieder aui das Auf t re ten der Wunddiph the r i e aufmerksam gemach t ; die Folge war, dab yon allen S~iteli diesem Gegenstande e rneut Beach tung geschenkt mad die gesamte Frage lieu aufgerol l t wurde. DaB bisher unter den Autoren eine eilimfitige Auffassung in derselben herrschte, 1/igt sich nicht behauptenl) .

ANSCHi2TZ ulid NlSSKALT in Kiel, ~rEINERT in A'Iagdeburg und LAEWEN lind IREINHARDT in Leipzig waren die ersten, die im Jah re 1918 auf Grund gr6Berer Beobachtungsre ihen auf das Vorhandensein yon Wunddiph ther ieep idemien hin- wiesen. In e inem sehr hohen Prozentsa tz s tel l ten diese Autoren auf verd/ icht igen und unverd/ icht igen W u n d e n Diphther iebaci l len lest, er lebten teilweise sogar Todesf/Llle a n Wunddiph the r i e und t ra ten daffir ein, dab dem Auf t re ten der Wunddiph the r i e die gr6Bte Beach tung zu schenken sei, da sowohl in !dinischer wie in epidemiologischer Hins icht schwere Gefahren durch sie ents tehen k6nnten. I m Anschlul? an diese Beobach tungen ist eine groBe Reihe anderer Publi- ka t ionen fiber Wunddiph the r i e ver6ffent l icht worden die ich im R a h m e n meiner Ausffihrungen bier unmSglich alle erw{ihnen kann ; sie en tha l ten die versehiedensten Auf- fassungen f iber Schwere, Therapie und En t s t eh ung der Er- krankung. Bemerkenswer t is t immerhin , dab in den Arbei- t en der le tz ten Zeit der Prozentsatz , in dem anf Wunden echte Diphther iebazi l !en gefunden worden sind, immer geringer geworden ist, da run te r bef inden sich auch Mittei- hmgen yon fachbakter iologischer Seite. Als ganz auffallende Beispiele daffir m6chte ich hier WEINERTS Zahl 58,6%

:(NIETER) gegen " RO~tDES Ergebnis mi t 5 ,17% pos i t ivem Diphther iebefunde anffihren. ADAMI ha t t e be! 3o6 Unte r - suchungen nur 2mal , d . h . in o ,65% DiphtheriebaciHen ge- funden, IKEHL unte r 6o F/~llen keinrnal! Wenn die gefun-

x) Ich verweise auf meine ausffihrliche Arbeit fiber dieses Thema im Arch. 4. ken. Chirurg. Bd. I~3.

E R G E B N I S S E . denen Mikroorganismen nicht e inwandfrei als echte Loeffler- sche Bacillen anzusehen sind, so darI n icht die Bezeichnung Wunddiphther ie angewandt werden. Es ist anzunehmen, dab es sich bei den Untersuchungsbefunden mi t den auf- fallend hohen Prozentzahlen posi t iver Wundabs t r i che gar nicl~t immer u m echte Diphther iebaci l len gehandel t hat. Diese Auffassung werde ich weiter un ten bei der Besprechung meiner eigenen Untersuchungsergebnisse begri inden.

I m ganzen habe ich 17o verschiedene Wunden, da run te r einen groBen Teil mehrmals , auf Wunddiph the r i e hill unter- sucht. D a yon allen Autoren beschrieben worden ist, dab auch auf klinisch nnverd/%chtigen W u n d e n echte Diphther ie- bacillen v o r k o m m e n k6nnen, so habe ich f fir meine Unter - suchungen nicht nur die schlecht heileliden, a u f Wunddi - phther ie verd/ icht igen Wunden genommen, sondern solche der verschiedenstel i Ar t mi t allen Uberg~ngen yon le icht secer- nierenden und gut granulierel iden his zu schmierig belegten, schwer infizierten W u n d e n mi t ausgesprochen geringer Hei lungstendenz. Prinzipiel l habe ich niemals frischen Ei te r und Sekrete in diese Ui i tersuchungen hineinbezogen, die aus geschlossenen Phlegmonen oder Abscel3h6hlen s t ammten ,

d a in solchen Fglleli ein Befulid yon Diphther iebaci l len nicl~t zu erwar ten gewesen w~ire, sondern d i e Abstr iche s t a m m t e n s/~mtlich IIur yon Wuliden, die schon l~ngere Zeit often gewesen waren.

Ich mug kurz die Schilderung meiner Methodik bei diesen bak- teriologischen Untersuchungen folgen lassen, d a dieselbe ftir die gesamte ]Bewertung meiner Resultate yon gr6Bter Wichtigkeit ist. Das Sekret bzw. der Eiter der zu untersuchenden Wunde wurde mit der Platin6se entnommen und unmittelbar auf sine Loefflerserumplatte verstriehen. Letztere wurde nach etwa 2ostiindiger Bebriitung bei 37 ~ zum erstenmal untersucht, bei negativem Befunde wurde jede Platte in den Brutschrank zuriick- gestellt und nach 48 und 72 Stunden nochmals untersucht. Nach entsprechend langer Bebriitung wurde von der Kultur sin nach NE,~SSER gefgrbtes Prgparat angefertigt, mitunter wurde auBerdem noch ein Ausstrich mit Methylenblau gemacht Ergaben sich bei der Untersuchnng diphtherieverd/ichtige Bacillen, so wurde yon mir stets eine Reinkultur derselben angelegt. Diese habe ich dann in jedem Falls auf alie ftir Diphtherie eharakteristischen Eigen- schaften untersucht, d .h . Prfifung der Unbewegtichkeit, Fgr- bungen nach NEISSER, mit Methylenblau und naeh GRAM. Zur Prii- lung auf anaerobes Wachstum erfolgte sodann Ztichtung in Trauben- zuckeragar, zur Feststellung der Sgurebildung wurde der be- treffende Stare m a u f Iesten Saccharose- und L~vulosenfhrbSden gezfichtet Als meines Erachtens allerwichtigste Untersuchung erfolgte dann mit jedem geziichteten Stamm der Tierversuch am Meerschweinchen zur Giftprtifung. Ss dem echten Di- phtheriebacillus zustehende Eigenschaften sind durch die soeben geschilderte Methodik gepr/ift worden; da ich dieselben insgesamt zur Beurteilung sines jeden Falles fiir unerl~glich halts.

Un te r den 17o untersuchten W u n d e n habe ieh in 31 F/illen, d . h . in 18,2% diphtherieverd~ichtige St~behen bzw. zur Diphther iegruppe geh6rige Mikroorganismen gefunden. Be- vor ich auf die Frage eingehe, zu welcher Spezies diese yon