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(Aus der Lungenheilsthtte Oberkaufungcn. -- Leitender Arzt: Dr. L. Lagr~e.) Ein Fall yon Pleuritis exsudativa der Gegenseite nach Phrenicoexairese. Von Dr. H. E. Symens~ chcmal. Assistenten der Heilstittte, z. Zt. Vol.-Assistcnt aln Sanatorium Wchrawahl. (Eingegangen am 16. Juli 1932.) Bisherige Berichte fiber die seltene kontralaterale Exsudatbildung nach Phrenicoexairese schildern den unmittelbaren Verlauf dieser Komplikation, der nicht ungfinstig zu sein pflegt (Ricci, Maendl und Lichtwitz). Wir haben bei einem Falle auch das sp~itere Schicksal verfolgt und dab Krankheitsbild genauer zu analysieren versueht. Bezfiglieh def. Entstehung erscheint eine perifokale Entzfindung der Pleura yon nahegelegenen Lungenherden aus ~m wabrscheinliehsten. ]m Gegensatz zu einseitigem Pneumothorax und Thorakoplastik wird die Exairese night selten noch ausgefiihrt, wenn auch die andere Lunge ziemlich weitgehend er- krankt ist. An unserer Anstalt wurden mehrfach troekene Pleuritiden, speziell an der Basis der Gegens~ite beobachtet, die dutch Reizung solcher Lungenherde zu erkl~ren sind. Die beschriebenen Fitlle yon kontralateraler Exsudatbildung, ebenso wie der unsrige, ereigneten sich bald nach der Exairese. Bei sp5terem Auftreten nach vielen Monaten k6nnte man, falls die basalen Lungenabschnitte keine subpleuralen Herde aufweisen, an eine leichte Form der selbstiindigen Pleuraerkrankung auf h~imatogenem oder lymphogenem Wege denken. Der Einflul~ der Exsudatbildmlg auf Atmung und Kreislauf ist, wie schon Ricci hervorhob, nicht so unheilvoll, als man nach der doppelseitigen Stbrung der Zwerchfellatmung erwarten sollte. Immerhin wird nur ein relativ kleiner ErguB ohne Punktion vertragen, wit z. B. bei unserem FMle und bei einem von Maendl. Im akuten Stadium ist strenge 1-r geboten, um die bei frisch entziindeter Pleura nachteilige Punktion nach M6glichkeit hinaus- zuschieben. Anderweitige Komplikationen nach der Operation sind ebenfalls selten. Eine akut einsetzende laryngeale Perichondritis (Zehner), eine Bronchopneumonie der gesfinderen Lunge (Wirth und Kdhn v. Jaski), auch eine schleichend sich ent- wickelnde Mittelfeldinfiltrierung der Gegenseite (beobachtet am Sanatorium Wehrawald [Chefarzt Dr. K. Kau/mann]) hat jeweils den ungfinstigen Ausgang besiegelt; der letzterw~hnte Fall starb allerdings erst 16 Monate nach der Exairese. Maendl und Lichtwitz heben im Gegensatz dazu hervor, dag die Pleuritis bei ihren F~llen ohne sichtlichen EinfluB auf den Verlauf der Lungentuberkulose

Ein Fall von Pleuritis exsudativa der Gegenseite nach Phrenicoexairese

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(Aus der Lungenheilsthtte Oberkaufungcn. - - Leitender Arzt: Dr. L. Lagr~e.)

Ein Fall yon Pleuritis exsudativa der Gegenseite nach Phrenicoexairese.

V o n

Dr. H. E. Symens~ chcmal. Assistenten der Heilsti t t te, z. Zt. Vol.-Assistcnt aln Sana tor ium Wchrawahl.

(Eingegangen am 16. Juli 1932.)

Bisherige Berichte fiber die seltene kontralaterale Exsudatbildung nach Phrenicoexairese schildern den unmittelbaren Verlauf dieser Komplikation, der nicht ungfinstig zu sein pflegt (Ricci, Maendl und Lichtwitz). Wir haben bei einem Falle auch das sp~itere Schicksal verfolgt und dab Krankheitsbild genauer zu analysieren versueht.

Bezfiglieh def. Entstehung erscheint eine perifokale Entzfindung der Pleura yon nahegelegenen Lungenherden aus ~m wabrscheinliehsten. ]m Gegensatz zu einseitigem Pneumothorax und Thorakoplastik wird die Exairese night selten noch ausgefiihrt, wenn auch die andere Lunge ziemlich weitgehend er- krankt ist. An unserer Anstalt wurden mehrfach troekene Pleuritiden, speziell an der Basis der Gegens~ite beobachtet, die dutch Reizung solcher Lungenherde zu erkl~ren sind. Die beschriebenen Fitlle yon kontralateraler Exsudatbildung, ebenso wie der unsrige, ereigneten sich bald nach der Exairese. Bei sp5terem Auftreten nach vielen Monaten k6nnte man, falls die basalen Lungenabschnitte keine subpleuralen Herde aufweisen, an eine leichte Form der selbstiindigen Pleuraerkrankung auf h~imatogenem oder lymphogenem Wege denken.

Der Einflul~ der Exsudatbildmlg auf Atmung und Kreislauf ist, wie schon Ricci hervorhob, nicht so unheilvoll, als man nach der doppelseitigen Stbrung der Zwerchfellatmung erwarten sollte. Immerhin wird nur ein relativ kleiner ErguB ohne Punktion vertragen, wit z. B. bei unserem FMle und bei einem von Maendl. Im akuten Stadium ist strenge 1-r geboten, um die bei frisch entziindeter Pleura nachteilige Punktion nach M6glichkeit hinaus- zuschieben.

Anderweitige Komplikationen nach der Operation sind ebenfalls selten. Eine akut einsetzende laryngeale Perichondritis (Zehner), eine Bronchopneumonie der gesfinderen Lunge (Wirth und Kdhn v. Jaski), auch eine schleichend sich ent- wickelnde Mittelfeldinfiltrierung der Gegenseite (beobachtet am Sanatorium Wehrawald [Chefarzt Dr. K. Kau/mann]) hat jeweils den ungfinstigen Ausgang besiegelt; der letzterw~hnte Fall starb allerdings erst 16 Monate nach der Exairese.

Maendl und Lichtwitz heben im Gegensatz dazu hervor, dag die Pleuritis bei ihren F~llen ohne sichtlichen EinfluB auf den Verlauf der Lungentuberkulose

H. E. Symens: Ein Fall yon Pleuritis exsudativa der Gegenseite nach Phrenicoexairese. 617

n a c h b e i d e n l ~ i c h t u n g e n h in bl ieb. Dasse lbe t r i f f t f i ir die an u n s e r e r A n s t ~ l t

b e o b u c h t e t e n t r o c k e n e n P l e u r i t i d e n zu. W e n i g e r k l a r l i egen die Ve rhS l tn i s s e bei f o l g e n d e m F a l l :

Die 26jiihrige Kontoristin K. S. wurde am 7. VIII . 1928 in der Heilstiitte aufgcnommen. Sie hatte mit 7 Jahren eine Lungcn- und Rippenfellentziindung (mit Punktion) durch- gemaeht. 1924 Grippe.

Am 19. I I I . 1928 aus vollem Wohlbefinden heraus Bluthusten, anschlicl~end mit Ficber, Nachtschweil~en, Husten, Auswurf 5 Woehen zu Bett. Danach Reise yon Nordamerika nach Deutschland. Abgesehen yon zeitweiliger Heiserkeit Wohlbefinden.

R6ntgenfihn (Mai 1928) naeh ]-I/~moptoe: Reehts kleinfleekige Triibung der ganzen Scite (gr6]te Dichtigkeit in medialer H~ilfte des Unterfeldes). Unter Clavicu]a sowie im Mittelfeld je ein marksttickgrol~er Ringsehatten. Links l-Iilus gefleckt mit verst/trkter Streifenzeichnung am Mediastinalrand herunter und kleinfleekige Aussaat im Herzzwerehfell- winkel.

Befund am 8. VIII . 1928: Aussehen und Ernahl~lngszustand gut (Gr613e 1,61 m, Gc- wieht 59,6 kg). Tonsillen etwas zerklfiftet. - - Larynx: Plica vie]leicht ctwas plump. - - Herz: Neigung zu Taehykardie, sonst o. B. - - Lungen: Rechts obere HSlfte Schallverktirzung, untere Grenze wenig verschieblich. Atmung oben hauchend-verl~ngert, unten rauh-unrcin; ziemlich dichtes Iein- und mittelblasiges Rasseln nach unten abnehmend fiber fast ganzer Seite. Links Atmung fiber Spitze rauh-verseh/~rft mit z/~hem Krepitieren hinten oben, spi~rliehe Rhonchi auch hinten unten. - - Auswurf: Eitrig-schleimig (GaffkyIV, Elast. Fasel~a 0). - - Kein Fiebcr (bis 37,1--37,2 ~ oral).

17. VIII . Blutiger Auswurf. Bei den folgenden Untersuchungen ]inks keine Neben- ger/~usche mehr.

17. IX. Pneumothoraxversuch rechts nach etwa 50 cem wegen positiven Druckcs abgebrochen. 15--20 ccm Auswurf t/~glich, Temperatur bis 36,8 ~

6. X. Phrenicoexairese rechts. Wird zun/iehst gut vertragen; am 14. bis 16. X. nur l0 cem Aus~narf.

14. bis 17. X. Menses. Seit 16. X. Schmerzen links! 22. X. 35 cem Auswurf. Tem- peratur zeigt Sehwankungen bis 37,5 ~ dann seheinbar fallend.

30. X. Links hinten in HShe Ang. scap. Pleurareiben, rechts Katarrh eher reich- licher als seither. - - R6ntgenologisch: Zwerchfell rechts n u r 2 Querfinger hSher als links, linker Sinus phren.-eost, wird nicht frei.

1. XL Fieberanstieg, 2~/2 Woehen lang tiber 38 ~ bis 39,2 ~ seit 23. XI. bis 13. XII . zwischen 37,4 and 37,5 ~ pendelnd. Zun/~chst zunehmender Magendruek. Mitre November Di~mpfung links hinten unten bis Mitte, vorn unten nur wenig gedSmpft, abgesehw/iehte bis aufgehobene Atmung, am oberen Rand Pleurareiben. Ruhepuls 120.

Auswurf seit 5. XI. 50 ecm. W/ihrend Exsudatditmpfung allm/itfiieh aufhellt, steigt Auswurfmenge: 22. XI . 70 ccm, Anfang Dezember 80--100 ccm.

11. XII . Links hinten unten keine deutliche Dttmpfung mchr, hinten oben bis Mitre m~ti]ig diehtes feinblasiges Rasseln naeh Husten. Rechts fiber oberem Absclmitt deutlieh feuchteres t~asseln als vor Exairesc. Auswurfmenge geht etwas zuriick.

1. L 1929. Links trocken, auch rechts Katarrh weniger feucht, dann aber wieder bis Miirz sparlieh zerstreuter Katar rh ]inks hinten oben. - - Probelmnktiou links hintcn unten am 1. I. ergibt 15 ccm blutig ser6sen, leieht getriibten Exsndates, das mikroskopisch steril, neben reichlich roten Blutk6rperchen sparlich Lymphocyten enth/ilt.

Am 22. I. is$ vor dem R6ntgenschirm der im November handbreithohe, typisch lateral ansteigende Exsudatsehatten nicht mehr naehweisbar.

19. I I . 5 Tage vor Menses blutiger Auswurf. Erst Anfang Mi~rz wird Allgemein- befinden gut. Auswurf nunmehr 40 ecm.

Seit l l . XII . 1928 wird eine intracutane Injektionskur mit B.E., beginnend mit 1/10000omg, in Abst~nden yon 8 - -10Tagen durchgeffihrt und reaktionslos (nur Stich- reaktionen) vertragen. Die letzte Dosis (4/1000 mg) wird am 2. V. 1929 gegeben.

Im Laufe der Kur h/iufig Halsbeschwerden, tells durch Mandelpfr6pfe, tells vom Kehlkopf aus. Schon 17. IX. 1928 leichte zackige Unebenheiten an Kehlkopfhinterwand

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fcstgcstcllt ncbst lcichtcr RStung der StimmbSnder. Am 1. I. 1929 ist dcr glcichc Befund etwas ~usgesprochener, dazu leichte subglottische Verdickung beiderseits. Bis 6. V. 1929 bildct sich cin Gcschwiir mit t3Tischcr Zacke an dcr Hintcrwand, mit lcichtcr Heiscrkcit; am 12. V. mit Erfolg kauterisiert.

Der R5ntgenfilm vom 7. III. 1929 (auf Wiedergabe der Fihne mui~te wegen Raum- mange]s verzichtct wcrdcn) zeigt die Kuppe des rechten Zwerchfellcs 5,5 cm h0her uls die des linken. Rechts keine sicheren Ringschatten mehr zu erkennen, ganze Seite kleinfleckig verschattet, aber nicht mehr so intensiv. Links im Unterfeld Lungenhcrdc anschcincnd wenig verandert, Zwerchfellsinus verstrichen.

Inzwischen weiterer Riickgang dcr Sputummenge, seit 20. V. 15-:-20 ccm. Obwohl such lizlke Zwerchfellhalfte nur flach atmet, nur maBige Kurzatmigkeit beim Gehen.

Blutsenkung (nach Liuzenmeier): 18. VIII. 1928:87 Minuten. - - 24. XI.: 62 Minuten. - - 11. II. 1929:200 Minuten. - - 25. V.: 145 Minutcn.

Bis zur Entlassung am 30. V. 1929 gehen die Rasselgerausche rechts auf den Stand vor der Exairese zuriick; links trocken, nur feincs Knistern am untercn Lungcnrand; Atmung rechts abgeschwitcht, links versch~rft vesicular.

Patientin lebt danach bei ihren Eltern. Infolge der Reisc (Obcrkaufungen--Frank- furt a.M.) Auswurfvermehrung, Heiserkeit und weniger gutes Befinden. Danach Tem- peratur wieder in Ordnung. In der folgenden Zeit subjektives Befinden bedeutend gebessert, was Patientin der Versenkung in religi6sc Ideen zuschreibt (!). Stimme wieder klar, Ab- nahme der Auswurfmenge; Dezember 1929 bei 3ma]iger Untersuchung negativ. Danach gar kein Auswurf mehr.

Regelmal~ige ~*achuntersuchungen beim Facharzt (Dr. Lips) crgeben bis Sommer 1930 dauerndc Abnahme dcr Rasselgcrauschc. l)atientin macht keine Liegekuren.

R6ntgenaufnahme am 21. X. 1930 ergibt bedeutende Besserung. Die Herdschatten haben sich zuriickgebildet; Zeichnung in bciden Unterfcldern ist mehr streifig; rechtcr Hilus noch groB, aber scharf begrenzt; in rechter Spitze zartstreifige, netzf6rmige Triibung. fibrige Lungenfelder frei. Leider ist der lfilke Zwerchfellsinus nicht getroffen.

Seit Dezember 1930 Wiederaufnahme regelm~Biger Arbeit. Zunachst erneute Aus- bildung als Kontoristin. Seit August 1931 Haushaltt/~tigkeit im Ausland (Paris).

Nach Mittcilung vom 21. II. 1932 fiihlt Patientin sich daucrnd v611ig wohl und leistungs- f/thig; schwimmt wieder seit 2 Jahren.

Wir kSnnen also mit gr613ter Wahrscheinl ichkei t eine perifokale En t s t ehung der feuchten Pleurit is annehmen . Die Exace rba t ion der Lungenerscheinungen war im weiteren Verlauf der E r k r a n k u n g ganz ausgesproehen. E ine beachtens- werte Rolle spielt hierbei auch die Menst ruat ion. Bei dem einen Fal le Maendls erfolgte menstruel ler :Fieberanstieg 41/2 Wochen naeh der Exairese, bei unserem begann 10 Tage nach der Operat ion der a]lm/ihlich sich verst/s Reizzustand. Die Mens t rua t ion hat te sieh vorher in der F ieberkurve n ich t deut l ich abgehoben u n d t a t es auch nachher n ieh t ; nu r gelegentlich t r a t pr/~menstruell blutiges S p u t u m auf. getzt aber war durch die Exairese das Gleichgewicht gestSrt, die nach 8 Tagen e int re tende Mens t rua t ion gab vielleicht den le tz ten AnstoB. Das volle 11/2 Monate ws Anste igen der Auswurfsmenge war n icht der Ausdruck einer neuen Aussaat , aueh n ich t yon for tschrei tendcn Einschme]znngen, sondern es zeigte vermehrte entzi indl iche Vorg/s an den bes tehenden alten Herden an. Der KehlkopfprozeB flackerte einige i~onate sp/iter ebenfalls vor- i ibergehend auf, nachdem die Ver/~nderungen an der H i n t e r w a n d monate lang station/~r u n d kaum naehweisbar gewesen waren. Dal~ es zu e inem Pleura- exsuda t kam, kSnnte m a n auf dispositionelle Momente zuriickfiihren, auf die Reakt ionsweise des Organismus der Tuberkulose gegeniiber. Die exsudative K o m p o n e n t e 5ul~erte sich klinisch in den beiden Exace rba t ionen nach der Ex-

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airese und nach Heilst&ttenentlassung; sie fiihrte aber nicht zu ausgesprochenen Infiltrierungen, sondern nur zu vermehrter serSser Durchtrankung der Gewebe (der Kehlkopf zeigte niemals st/~rkere Schwellung: giinstige Immunitatslage ~.). Die kleinherdige Aussaat im linken Unterlappen brauchte nur an einzelnen Stellen sieh bis in die Nahe der Pleura zu erstrecken, damit diese sehon durch einen ms Grad yon perifokaler Entziindung zur Exsudation veranlal~t wurde. Aus naheliegenden Griinden fehlt ein Thorakoskopiebefund aus dam Anfangsstadium der Pleuritis, so dal3 die pathologisch-anatomische Frage letzt~n Endes offen bleibt.

Wenn wit noch mit einigen Worten auf den vermutliehen Charakter der vorliegenden Lungentuberkulose eingehen wollen, so wars folgendes zu sagen: die hoehgradige Tuberkulinallergie zeigte ghnlich wie der R6ntgenbefund (rela- tives Freisein aueh der reehten Spitze), dab nieht eine gewShnliehe sog. ,,terti~re" Phthise (,,Phthisis fibrocaseosa communis" naeh W. Neumann) vorlag, sondern eher eine ,,sekundgre" Form mit groger Neigung zum Aufflaekem, abet auch zu weitgehender Riickbildung der tuberkulSsen Veranderungen.

Kurz m6chten wir auch den Zusammenhang yon Psyche und Krankheits- ablauf in unserem Falle Streifen. Es handelte sich um eine hypomanische Per- sSnlichkeit mit depressiven Erscheinungen wghrend der Kur und vor allem in den ersten Woehen nach der Entlassung. Die letzte Reizung des tubcrkul6sen Prozesses hat te gerade ihren Gipfel fiberschritten, als religi6se Gedankengange yon auBen an die Patientin herangebracht wurden, in welche sie sieh sogleich stark vertiefte. Anschliegend an die hierdurch bewirkte Beruhigung und Ord- nung der vorher bedriickten seelischen Verfassung begann eine raseh ffihlbare kSrperliche Besserung. Eine wechselseitige Beeinflussung lggt sich nieht yon der Hand weisen, da seelische Momente im Tuberkuloseablauf bekanntlich nieht selten eine bedeutsame Rolle spielen.

Es soll hier nicht n~her auf die noch ungekl~rten Beziehungen yon cycloiden (hypo- manischen) Charakteren einerseits, schizoiden andererseits zu Sympathicotonie und Vago- tonie, auch nicht auf die Bedeutung des vegetativen Tonus fiir die Prognose tier Tuber- kulose eingegangen werden. Nach t~edeker zeigt der ,,sekund/~r-allergische Typus" eine be- sonders enge Verkn~ipfung psychischer Reize und somatischer Reaktionen und umgekehrt somatischer Reize und psyehischer Reaktionen.

Bemerkenswert ist jedenfalls, dab im Laufe eines Jahres die Krankheits- h e r d e infolge mehrfacher Reizung eine verhil tnismiBig geringe Rfickbildung

zeigten, wihrend in den darauffolgenden 12--14 Monaten trotz wenig kurgem~13en Lebens subjektiv und objektiv eine stetige Besserung bedeutenden Grades eintrat.

Zusammen/assung. Es wird ein Fall yon Phrenicoexairese auf der rechten Lungenseite mit

nachfolgender Pleuritis exsudativa der linken Seite besehrieben. Diese wird als direkf~ Folge der Operation dureh Herdreizung betrachtet, wobei aber der Menstruation eine weitere begiinstigende l~olle zuzufallen scheint. Der nach- teiligen Anfangswirkung der Exairese steht der spatere giinstige Verlauf (bis- herige Beobachtung fiber 3 Jahre) gegeniiber.

Die Behandlung wurde kombiniert mit Tuberkulin-(B.E.)-Einspritzungen, die bei der hochgradigen Tuberkulinempfindlichkeit der Kranken intracutan vorgenommen wurden.

620 H.E. Symens: Ein Fall yon Pleuri~is exsudabiva der GegenseRe nach Phrenieoexairese.

W e n n sich die Begf ins t igung der k l in ischen Aushe i lung durch die Pleur i t i s e inersei ts n ich t beweisen l~Bt, so h a t sich andere r se i t s auch ke in nachtei l iger Einflul~, e twa durch Bee in t r~ch t igung der A t e m f u n k t i o n infolge yon Schwar ten- b i ldung im vor l i egenden Fa l l e b e m e r k b a r g e m a c h t (wei tgehende Resorp t ion u n d Res t i tu t io ) .

W i r n e h m e n an, da[3 die Prognose der Lungen tube rku lose bei Kol laps- behand lung (Phrenicoexairese) weniger yon dem E i n t r e t e n oder Ausble iben e iner K o m p l i k a t i o n wie der k o n t r a l a t e r a l e n E x s u d a t b f l d u n g , abh~ngig ist, als v ie lmehr yon der Konst i tu t ion , der p sychophys i schen Gesamtpe r s5n l i chke i t des K r a n k e n .

Literaturverzeichnis. z Maendl, H., u. O. Lichtwitz, Exsuda~ive Pleuritis der Gegenseite bei Phrenico-

tomierten. Z. Tbk. 55, 41--42 (1929). - - 2 Ricci, F., Frenicoexeresi e versamento pleurico controlaterale. Boll. Soc. med.-chir. Pavia 1925; Ref. Zbl. Tbk.forsch. ~5, 785. - - a Neu- mann, W., ]~ed. Klin. 23, 1029--1033 (1927). - - 4 Redeker, F., Beitr. Klin. Tbk. 70, 259--279 (1928). - - 5 Wirth, A., u. Gertrud KShn v. Jaski, Beitr. Klin. Tbk. 73, 1 (1930). - - 6 Zehner, K., ]Beitr. Kiln. Tbk. ~6, 227--229 (1930).