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Ein weiterer (III.) Fall yon Akromegalie und Untersuchungen tiber den Stoffwechsel bei dieser Krankheit. Von Dr. E. Prauu und Dr. Ft. Pr6seher in Darmstadt, Hierzu Taf. IX~ Fig. 1--5. Im vergangenen Jahre hatte Dr. Praun Gelegenheit, zwei Fi~lle yon Akromegalie der ophthahnotogischen Ge- sellsehaft vorzustellen. Wir ftigen nun noeh einen neuen Fall hinzu, der im Laufe dieses Jahres zur Beobaehtung kam. Da tiber den Stofl\~eehsel bei Akromegalie sehr wenig bekannt ist., so steltten wit mit dem ersten Falle, dessert Krankengesehiehte in dem 28. Jahresberieht der ophthMmo- logisehen 1) Gesellsehaft eingehend mitgetheilt ist, und mit dem nenen dritten Falle Stoffweehseluntersuehungen an. Zun~ehst theilen ~'ir die Krankengesehiehte des dritten Falles mit. Frii~flein B., 35 Jahre aib stammt yon gesunden Eltem~ 5futter gestorben; Vater lebt noeh. Bruder hat sieh im Delirium tremens erh~ngt. Nervenleiden sind in der Familie unbekannt. Die lIenses stellten sieh mit dem 15. Jahre ein~ mit dem 20. Jahre verloren sieh dieselben, hn 22. Lebensjahre war Patientin sehr ehlorofiseh und wurde daraufhin behandelt. Ein Jahr sp~tter bemerkte dieselbe, dass sie an K~irperumfi~ng zunahm~ RScke~ ~) Frau G. (II. Fall) ist im ~ r z dieses ,lahres an Diabetes mit 5% Zucker gestorben.

Ein weiterer (III.) Fall von Akromegalie und Untersuchungen über den Stoffwechsel bei dieser Krankheit

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Page 1: Ein weiterer (III.) Fall von Akromegalie und Untersuchungen über den Stoffwechsel bei dieser Krankheit

Ein weiterer (III.) Fall yon Akromegalie und Untersuchungen tiber den Stoffwechsel bei dieser

Krankheit. Von

Dr. E. P r a u u und Dr. Ft. P r 6 s e h e r in Darmstadt,

Hierzu Taf. IX~ Fig. 1--5.

Im vergangenen Jahre hatte Dr. P r a u n Gelegenheit, zwei Fi~lle yon Akromegalie der ophthahnotogischen Ge- sellsehaft vorzustellen. Wir ftigen nun noeh einen neuen Fall hinzu, der im Laufe dieses Jahres zur Beobaehtung

kam. Da tiber den Stofl\~eehsel bei Akromegalie sehr wenig bekannt ist., so steltten wit mit dem ersten Falle, dessert Krankengesehiehte in dem 28. Jahresberieht der ophthMmo- logisehen 1) Gesellsehaft eingehend mitgetheilt ist, und mit dem nenen dritten Falle Stoffweehseluntersuehungen an.

Zun~ehst theilen ~'ir die Krankengesehiehte des dritten Falles mit.

Frii~flein B., 35 Jahre ai b stammt yon gesunden Eltem~ 5futter gestorben; Vater lebt noeh. Bruder hat sieh im Delirium tremens erh~ngt. Nervenleiden sind in der Familie unbekannt. Die lIenses stellten sieh mit dem 15. Jahre ein~ mit dem 20. Jahre verloren sieh dieselben, hn 22. Lebensjahre war Patientin sehr ehlorofiseh und wurde daraufhin behandelt. Ein Jahr sp~tter bemerkte dieselbe, dass sie an K~irperumfi~ng zunahm~ RScke~

~) Frau G. (II. Fall) ist im ~ r z dieses ,lahres an Diabetes mit 5% Zucker gestorben.

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376 E. Praun und Ft. PrSseher.

ttandsehuhe et% wurden ihr zu eng. Sogleieh stellten sieh aneh heftige Kopfsehmerzen ein, die trotz medieament/Sser und hygieni- seher Behandlung nieht weiehen wollten. 1887 beseand vortiber- gehend galaetorrhoe. 1890 gebrauehte Patientin Salzb~ider, worauf die Kopfs&merzen etwas naehliessen und die Menses sieh vortibergehend wieder einstellten. W~hrend der n~tebsten Jahre Nnd eine stetige WaehsNumszunahme start; ferner beobaehtete Patientin ein Ansehwellen der 8&ilddrtise. 1893 erkrankte FrSulein B. an einer reehtsseit[gen Pleuritis~ die ohne weitere Fotgen iiberstanden wurde. Ende 1898 wurde Patientin an einem Atherom in der Ges~issgegend dutch Herrn Dr. Kolb bier operirt, der uns den Fall zur weiteren Untersuehung gtitigst t~berliess. Patientin bemerkte seit 1888 vortibergehendes Flimmern und besonders Abends Abnahme der Sehseh~rfe in die Ferne.

Sta tus praesens (AligemeinbeNnd): Patientin ist 1~78em gross und krMfig gebaut. Die Hautfhrbe normal, Haut stark verdiekt~ Gesi&t etwas gerSthet. Die Kopfmaasse sind betT~teht- !ieh vergrSssert. Der Unterkiefer springt etwas hervor, die Jo&- bogen weniger. Nase verlSagert und verbreitert. NasenlSeher weit~ Lippen dick und wulstig, Ohren ziemlieh stark vergrSssert. Hals dutch die Struma im Umfang bedeutend verdiekt. Reehter und linker Lappen der Thyreoidea circa faustgross. ZNme grSsstentheils gut erhalten~ nieht verdiekt. Zahnreihen passen gut aufeinander~ Zunge etwas vergrSssert, zeigt keine fi'ibrill~iren Zuekungen. Kehlkopf wenig vergrSsse~% Brustbein~ Rippen~ Becken~ Arm- und Beinknoehen verl~ngert und verbreitert. Mnskeln des Stammes kr~iftig entwi&elt. H.~inde und Ffisse auffallend vergrSssert~ sowohl die Weiehtheile als die Knoeben. Finger be- deutand verdiekt. Epiphysen nieht wesentlieh verdiekt. Lunge und Herz normal. 8pitzenstoss im ftinften Intereostalraum in der Mammillarlinie. tterztSne rein, Leber und 3Iilz nieht ver- grOssert. Uterus infantil, hfihnereigross. Urin enN~ilt Eiweiss nnd Zueker. Urinmenge nieht vermehrt. Oerueh~ Oesehmaek und GehSr normal. Sensibilif~tt aberall erhalten. Patellal~'eflex vof handen~ nieht gesteigert. Sensorium ktar. Patientin klagt fiber heftige Kopfsehmerzen~ die sieb zur Zeit~ wo die 5ienses sieh einstellen solIten, zur gn~5ssten Heftigkeit steigern.

Augenbefund: Das reehte Auge weicbt beim Btiek gerade- aus etwas yon tier Oesiehtslinie naeh ausse~a a.bo Die ~iusseren Theite sind normal. Die tb~pille reagirt indireet und direct prompt. Die Sehseh~fe betNgt re&ts 5/1a~ links 5/~ o. Das Gesichtsfeld ist belderseits fiir Weiss und Farben, besonders fiir Iloth con-

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Eta weiterer iIII.~ Fall yon ~kkromegalie etc. 377

centrisch eingesehrSnkt, am st~irksten naeh oben (circa 20°/o). ~Iehrere Monate lfindureh fehlten die beiden oberen Gesiehts- h~ilften ganz. Die Sehnervenscheiden sind beiderseits temporal- wiirts nnd nach unten etwas abgeblasst~ besonders reehts; die Gef~tsse sind normal. Weitere Ver~tnderungen fehlen.

S to f fw¢chse lun te r suehungen : Bet dem soeben besdlrie- bench Fall; der m~t Diabetes comptid~ war, f~hrten wir einige quantitative knalysen des Harnes aus. Im ersten Fall, der zueker- fi'ei war; bestimmten wir aueh nodl die N-Ein- und Ausgaben.

Im eben besehriebenen dritten Falle betr/igt die Gesammt- menge des Urins im Dm'ehsehnitt yon ftinf Tagen 1296 ebem, speeifisehes Gewi&t 1;041. Reaction s&wach saner. Urin itoekig, leieht getrtibt, yon strohgelber Farbe und obstarfigem Gerueh. Eiweissgehalt im Durchschnitt yon vier Analysen 0;0822 °/o , Zueker l --~°/o. Der 24sttindige Ham enth~lt 1;0377 g Harn- s~iure, 2;77 g Phosphors~iure, 0;522 g Magnesiumphosphat, 0;2963 g Kalk, 6;974=g Chlor~ 8,1~tg Natron, 3,20g Kali, 2~343g Am- moniak und 0,0190 g Aeeton. Gesammtstiekstoff nach Kje ldah l 12,9~1 g. Die gefundenen Werthe ftir Harns~ure~ PhosphorsS~ure, Magnesiumphosphat; Kalk, Chlor, Natron und Kali sehwanken innerhalb normaler Grenzen. Die erhShte Ammoniakausseheidung ist auf Reehnnng der Diabetes zu setzen.

Im Fall I. wurden N-Ein- und Ausgabe bestimmt. Urin enthielt Spnren yon Eiweiss, die nieht quantitativ bestimmbar waren. Trotz gteichm~issiger Nglieher Darreiehung yon Eiweiss und den n~thlgen QuantitSoten Fett- und Kohlenhydrate konnte kein N-Gleiehgewieht erreieht werden. W/~hrend siebent/igiger Versudls- dauer wnrden 123,22 gN gereicht und 102,67 gN in Ham und Koth ansgesehieden. Es bIeibt somit ein N-Deficit yon 20.55 g 2;93 g pro die.

Ferner wurde der Ham auf Pepton untersu&t ugd zwar mit negativem Erfolg. Im ersten Fall wurde der Urin mit Ferroeyankalium eiweissfrei gemaeht, das tibersehtissige Ferroeyan- kalium mit essigsaurem Kuptgroxyd und das iibersch%sige Knpfer- oxyd mit S&wefelwasserstoff enffernt. Das Filtrat wurde mit Salzs~ture anges~iuert, mit Posphorwolfi'amsaure gefittlt uncl der Niedersehlag mit Barythydrat zersetzt. Das Filtrat gab keine Biaretreaetion.

U n t e r s u e h u n g des Blutes: Zahl der rothen BlutkSrper- &en 4,600000~ Zahl tier weissen BlntkSrpehen 9500, speeifisclms Gewi&t 1;057; "Ih'oekenrtiekstand 22~87.

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378 E. Praun und Ft. PrSscher.

GrSssere Mengen Blurs konnten wir zur Untersuehung nieht erlangen~ um genanere Studien damit anznstellen. Interessant w~ire es das Blut anf einen eventnellen Jodgehalt zu untersuehen~ vielMeht gelingt es uns noeh sp~iter Untersuehungen darttber an- zustdlen.

Aus vorstehender Untersuehung ergiebt sich, dass in unserem Falle die N-Ausscheidung vermindert ist., der iibrige Stoffwe&seI abet innerhalb normeder Grenzen bleibt. Wei- tere Untersuchungen werden feststellen miissen, ob die N- Ausseheidung iv. alien F~.illen yon Akromegalie vermin- alert ist.

Die D u r e h l e u c h g u n g mig 1RSntgenstra.hlen, dereu Vornahme wit der Giite des I-Ierrn Dr. Lossen bier ver- danken, zeigg Zunahme aller Kopfmaasse, bedeutende Ver- diekung der Kopfschwarte und VergrSsserung des Unter- kiefers. An Hand und Fuss sind die Weichtheile beson- ders im ),{etaearpus und ~Ietatarsus verbreitert. Die Epiphysen der Metacarpal und l~[etatarsalknochen sind ~,er- grSssert. Die I-Iandwurzelknoehen sind weiter auseinander geriiekt. Die Metaphysen des Fusses sind ditnn und atrophiseh.

Gewiehte and Maasse.

K~rpergewieht 162 Phnd~ Gr~Ssse 178 era, Liinge zw. ausgestr. Armen x ~ a ~ Kopfumfang fiber der C-labdla 59~5~ Glabella bis Oeeiput 20~ Nasenwurzel his SeheitelhShe 15~ Nasen- wurzel bis Spina oedp. ext, 19~ Unterkieferwinkel bis Sdmitd 24~ /{inn his 8cheitel 27~ Sehlgfe his S&lgfe 16, Abstand des Tuber pariet. 14~ Abstand des Proe. mas~. 15, Nasenwurzd his Haa> ansatz 7, Nasenwnrzel his Kinn 14~ oberer Orbitalrand bis nnterer ginnrand 15~ Breite zwisehen den Joehbogen 14~ 0berkietgrhShe 6, Breite zwisehen den Unterkieferiisten 12~ Breite zwisehen dem Unterkieferwinkel 21~ Unterkiefergdenk bis Kinn 14~ Kiefer- winkd 9~ nnterer 0rbitalrand his Unterkieferrand 11~ voNerer Rand des Tragus his Nasenfl~igel 11, Abstand der gusseren AugenMnke! 12~ Abstand der inneren Augenwinkel 3, MdspaI~en- lgnge 3~5~ Nasenl~.nge 6,5~ Breite der Nase am Naseneingang" 3, Durehmesser der Nasenl6eher 0sS~ Ohrl~nge 7~5, Nnndbreite 5~ Zungenbreite 4, Halsumfang 45~ Sehulterbrdte 14~ Clavieula-

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l~inge 1775 ~ VorderarmI~inge 307 HandlSnge 21~ Oberarmumfang 307 Vorderarmumfang oben und unten 2775 ~ Handwinkelumfang 21, Handgelenkbreite 13~ Handgelenkumfang 2075 ~ Mittelhandbreite ohne Danmen 14~ Mittelhandumfang ohne Daumen 25~5~ Danmenlg, nge 9, Zeigefingerl~ing'e 11,Mittelfingefl~nge 12~57 RingfingeflS~nge 1 17 Klein- fingefl~inge 107 Daumenumfhng Orundphalanx 9; Damnenumfang Endphalanx 875 , Zeigefingerumfang Grundphalanx 97 Zeigefinger- umfimg Endphalanx 875 , Mittelfingerumfang Grundphalanx 9, Mitt;elfingerumfhng- Endphalanx S~5, Ringfingerumfang Orund- phalanx 8, Ilingfingerumihng Endphala.nx 7~ Kleinfingerumfhng Grundphalanx 8~ Kleinfing'erumfang Endphalanx 675 ~ Nagelbreite je naeh den Fingern 2,3--3, Dnrehmesser zwisehen den Malleolen 6,5, Breite der Patella 7'~ J~usst~tnge 28,5, Breite an den Zehen- gelenken 14, Umfang an der Spanne 36~ L~tnge der grossen Zehe 7, Umfang der g'rossenZehe 11~5, die tibrigen Zehen 6--7, Nagelbreite 3 em.

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