11
Archive of Applied Mechanics 65 0995) 13-23 Springer-Verlag 1995 Eine Randbedingung fiJr die Ausbreitung von Kugelwellen B. Schhpert6ns,W. Wunderlich f2bersicht Ffir die Simulation der Ausbreitung yon kugelf6rmigen Dilatationswellen im elastischen Kontinum mittels der Methode der.finiten Elemente wird eine Randbedingung abgeleitet, welche das abgetrennte unbeschr~kte Gebiet analytisch exakt ersetzt. Die mit dieser Randbedingung erhaltenen Ergebnisse werden mit vorhandenen N~herungen verglichen, so daff deren Einfluff auf die G~ite der Ergebnisse abgesch~itzt werden kann. Erweiterungen auf andere Problemstellungen werden aufgezeigt. Key words Wave radiation, infinite elastic domain, absorbing boundary conditions 1 Einfiihrung Die Leistungsf/ihigkeit der Methode der finiten Elemente bei der Untersuchung yon Problemstellungen der Kontinuumsmechanik ist inzwischen hinreichend erwiesen. Es liegt jedoch in der Natur dieser Method~, dag das untersuchte Gebiet beschr~inkt sein muff. Erstreckt sich die Problemstellung auf ein unbeschr~ktes Gebiet, so kann mit finiten Elementen nur ein Ausschnit diskretisiert werden. An der Grenze dieses Ausschnitts entsteht ein ktinstlicher Rand, an dem bei Eintreffen yon Wellen Reflexionen auflreten. Um diese Reflexionen zu verhindern, muff entweder der diskretisierte Ausschnitt so groff gew/ihlt werden, daff zum Ende des Berechnungszeitraums die Wellen den ktinstlichen Rand noch nicht erreicht haben, oder es miissen geeignete Maflnahmen zur Vermeidung dieser Reflexionen getroffen werden. Eine Maffnahme stellt die Einfi.ihrung yon Randbedingungen am k~instlichen Rand dar, welche die Eigenschaften des abgetrennten unbeschr~kten Gebiets m/~glichst gut nachbilden und so Reflexionen, die durch den Abbruch der Diskretisierung entstehen, weitgehend verhindern. FOr den allgemeinen Fall sind diese Randbedingungen unbekannt, man kennt sie aber f~ir den eindimensionalen Fall der ebenen Wellenausbreitung. Diese Randbedingung ist proportional zur Partikelgeschwindigkeit und kann n~iherungsweise auf den ebenen oder r/iumlichen Fall iibertragen werden [1]. Um den statischen Grenzzustand zu erfassen, kann man die statische Steifigkeit des abgetrennten unbeschr~kten Gebiets beriicksichtigen [6]. Ein fiir die Methode der finiten Elemente geeignetes Verfahren ist der Einsatz infiniter Elemente [7]. Eine weitere M6glichkeit zur Simulation des infiniten Raums erh~ilt man, wenn man Einzell6sungen des beschriinkten Gebiets so iiberlagert, daff sich die am ki.instlichen Rand reflektierten Wellen dieser EinzelliSsungen gegenseitig auslSschen [2]. Nachteil dieser Methode ist die Voraussetzung der Superponierbarkeit der L6sungen und die mit den Reflexionsm6glichkeiten anwachsende Zahl der erforderlichen Einzell6sungen. Schlieglich besteht ein weiteres Verfahren darin, die allgemeine Differentialgleichung so zu transformieren, daff sie nut L6sungen besitzt, die Wellen mit bestimmter Ausbreitungsrichtung darstellen [5]. Man erh~ilt diese paraxial genannte Differentialgleichung aus einer Reihenentwicklung. Die Kopplung der paraxialen mit der f~ir das innere Gebiet geltenden Differentialgleichung fCihrt im allgemeinen zu numerischen Schwierigkeiten. Im Unterschied zu den angeftihrten Wegen wird im folgenden aus der allgemeinen Differentialgleichung des elastischen isotropen Kontinuums eine exakte Randbedingung ftir die Ausbreitung yon kugelf6rmigen Dilatationswellen algeleitet. Sowohl die viskose Randbedingung [1], die zus~itzliche Berticksichtigung der Steifigkeit [6] als auch die paraxiale Differentialgleichung [5] liefern in diesem Fall nur N~aherungen. Received 19 February 1994; accepted for publication 5 May 1994 Dipl.-Ing. BernhardSch~pert6ns, o. Prof. Dr.-Ing. Walter Wunderlich Lehrstuhl ffir Statik, TechnischeUniversit~t M~inchen, Arcisstr. 21, D-8o333 Mfinchen, Germany 13

Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

Archive of Applied Mechanics 65 0995) 13-23 �9 Springer-Verlag 1995

Eine Randbedingung fiJr die Ausbreitung von Kugelwellen B. Schhpert6ns, W. Wunderlich

f2bersicht Ffir die Simulation der Ausbreitung yon kugelf6rmigen Dilatationswellen im elastischen Kontinum mittels der Methode der.finiten Elemente wird eine Randbedingung abgeleitet, welche das abgetrennte unbeschr~kte Gebiet analytisch exakt ersetzt. Die mit dieser Randbedingung erhaltenen Ergebnisse werden mit vorhandenen N~herungen verglichen, so daff deren Einfluff auf die G~ite der Ergebnisse abgesch~itzt werden kann. Erweiterungen auf andere Problemstellungen werden aufgezeigt.

Key words Wave radiation, infinite elastic domain, absorbing boundary conditions

1 Einfiihrung Die Leistungsf/ihigkeit der Methode der finiten Elemente bei der Untersuchung yon Problemstellungen der Kontinuumsmechanik ist inzwischen hinreichend erwiesen. Es liegt jedoch in der Natur dieser Method~, dag das untersuchte Gebiet beschr~inkt sein muff. Erstreckt sich die Problemstellung auf ein unbeschr~ktes Gebiet, so kann mit finiten Elementen nur ein Ausschnit diskretisiert werden. An der Grenze dieses Ausschnitts entsteht ein ktinstlicher Rand, an dem bei Eintreffen yon Wellen Reflexionen auflreten. Um diese Reflexionen zu verhindern, muff entweder der diskretisierte Ausschnitt so groff gew/ihlt werden, daff zum Ende des Berechnungszeitraums die Wellen den ktinstlichen Rand noch nicht erreicht haben, oder es miissen geeignete Maflnahmen zur Vermeidung dieser Reflexionen getroffen werden.

Eine Maffnahme stellt die Einfi.ihrung yon Randbedingungen am k~instlichen Rand dar, welche die Eigenschaften des abgetrennten unbeschr~kten Gebiets m/~glichst gut nachbilden und so Reflexionen, die durch den Abbruch der Diskretisierung entstehen, weitgehend verhindern. FOr den allgemeinen Fall sind diese Randbedingungen unbekannt, man kennt sie aber f~ir den eindimensionalen Fall der ebenen Wellenausbreitung. Diese Randbedingung ist proportional zur Partikelgeschwindigkeit und kann n~iherungsweise auf den ebenen oder r/iumlichen Fall iibertragen werden [1]. Um den statischen Grenzzustand zu erfassen, kann man die statische Steifigkeit des abgetrennten unbeschr~kten Gebiets beriicksichtigen [6]. Ein fiir die Methode der finiten Elemente geeignetes Verfahren ist der Einsatz infiniter Elemente [7].

Eine weitere M6glichkeit zur Simulation des infiniten Raums erh~ilt man, wenn man Einzell6sungen des beschriinkten Gebiets so iiberlagert, daff sich die am ki.instlichen Rand reflektierten Wellen dieser EinzelliSsungen gegenseitig auslSschen [2]. Nachteil dieser Methode ist die Voraussetzung der Superponierbarkeit der L6sungen und die mit den Reflexionsm6glichkeiten anwachsende Zahl der erforderlichen Einzell6sungen.

Schlieglich besteht ein weiteres Verfahren darin, die allgemeine Differentialgleichung so zu transformieren, daff sie nut L6sungen besitzt, die Wellen mit bestimmter Ausbreitungsrichtung darstellen [5]. Man erh~ilt diese paraxial genannte Differentialgleichung aus einer Reihenentwicklung. Die Kopplung der paraxialen mit der f~ir das innere Gebiet geltenden Differentialgleichung fCihrt im allgemeinen zu numerischen Schwierigkeiten.

Im Unterschied zu den angeftihrten Wegen wird im folgenden aus der allgemeinen Differentialgleichung des elastischen isotropen Kontinuums eine exakte Randbedingung ftir die Ausbreitung yon kugelf6rmigen Dilatationswellen algeleitet. Sowohl die viskose Randbedingung [1], die zus~itzliche Berticksichtigung der Steifigkeit [6] als auch die paraxiale Differentialgleichung [5] liefern in diesem Fall nur N~aherungen.

Received 19 February 1994; accepted for publication 5 May 1994

Dipl.-Ing. Bernhard Sch~pert6ns, o. Prof. Dr.-Ing. Walter Wunderlich Lehrstuhl ffir Statik, Technische Universit~t M~inchen, Arcisstr. 21, D-8o333 Mfinchen, Germany

13

Page 2: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

14

Kugelwellen stellen die einfachste Form von Raumwellen dar, die bei r/iumlich begrenzter dynamischer Beanspruchung entstehen. Durch die r~iumliche Ausbreitung dieser WeUen entstehen an der Welienfront Reflexionen, die zu einem Nachschwingen des Kontinuums hinter der Front fiihren. Gehen die Wellen yon einer lokal begrenzten Quelle aus, so kann die neue Randbedingung auch bei diesen Wellen mit allgemeiner Form angewendet werden. Ihre Front wird dann in jedem Punkt des ktinstlichen Randes durch eine Kugelfl~che angen/ihert.

2 AIIgemeine Wellengleichung Ausgangspunkt der Untersuchungen ist die Naviersche Gleichung [3] - [4] in einer auch ffir krummlinige Koordinatensysteme giiltigen Form

(2 + 2 # ) V V . u - # V x V x u = pti, (1)

mit dem Verschiebungsfeld u, den Lam~schen Konstanten 2 und # sowie der Massendichte p des elastischen Kontinuums. Das Verschiebungsfeld wird nach Stokes-Helmholtz in ein Skalarpotential

und ein Vektorpotential ~zerlegt:

u = V ~ O + V x ~. (2)

Wegen der dadurch vergr6flerten Anzahl der Unbekannten wird es erforderlich, eine zusiitzliche Gleichung anzugeben. Hier wird die Bedingung eines divergenzfreien Vektorpotentials gew~ihlt:

V. W=O. (3)

Einsetzen in die Naviersche Gleichung liefert

v ( d v ~ a~- d,) + v • ( d v ~ v - ~ = o, (4)

mit den Geschwindigkeiten c I der Dilatations- undc 2 der Distorsionswelle. Diese Gleichung ist erftillt, wenn jeder Term ffir sich Verschwindet:

~ V ~ ' = 4'~ (5)

(6)

Man erh/ilt also je eine skalare Wellengleichung Rir das Skalarpotential q~ und die Komponenten des Vektorpotentials ~.

3 Spharischer Hohlraum Um die Ausbreitung yon Kugelwellen zu untersuchen, wird ein sphiirischer Hohlraum betrachtet (Bild 1). Der Hohlraum habe einen Radius a und sei mit einer riiumlich konstanten, aber zeitlich veriinderlichen Belastung pder Oberfliiche in radialer Richtung beansprucht. Bei diesem kugelsymmetrischen Zustand verschwindet die Rotation des Verschiebungsfelds. Die Anwendung des Laplace-Operators auf das Skalarpotential in (5) ergibt:

82q~ 2c3~ 1 82~

8r ~ q r ~r ~ ~t ~" (7)

Dies l~flt sich in eine skalare Wellengleichung fiir r~ umformen:

O2(r~) 1 O2(r~) 8r 2 ~ 8t 2 (8)

Page 3: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

Bild 1. Sph/irischer Hohlraum im elastischen Kontinuum

15

Die D'Alembertsche L/Ssung dieser Gleichung lautet:

aO(r, t) = 1 r f (r - c,t) + ~ g(r + c,t). (9)

Da sich das Medium bis ins Unendliche erstreckt und nur L6sungen interessieren, die sich in positiver radialer Richtung bewegende Wellen darstellen, wird der zweite Term der rechten Seite unterdriickt. Nach Umformung des Arguments hat die L6sung also die Form

@(r, t) = 1V (z) (10) r

mit der um die Ausbreitungsdauer der Welle verschobenen Zeit

r m a z = t - - - (11)

Cl

Die Verschiebung ergibt sich in Abh~ngigkeit von F (z) zu:

u = - - - F(O -- L F'(I) . (12) 8r rc I

Der Strich steht ffir die Ableitung nach dem Argument z. Die Erf'tillung der Anfangsbedingung

r - - a u ( r , t ) = O fiir t _ - < - - (13)

Cl

erfordert:

F ( z ) = 0 F ' ( z ) = O J ffir z < O .

Die Spannung in radialer Richtung ist

2 ( 0 u 2u) 8u o- = \~r+T + 2 / ~ r ,

also

(14)

(15)

o- ( r, t ) -- '~ +ySd2212 F " ( z ) + 4T~ F ' ( z ) + ~3 F ( z ) ' r c 1 r c 1

(16)

so daft man aus der Randbedingung

G~(a, t) = - p ( t ) (17)

Page 4: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

16

und y = ql(2c~) folgende gew6hnliche Differentialgleichung fiir F (z = t) [3] erh/ilt:

4// P-F"(t) + F'(t) + (t) -p( t ) . a -~F = 0s)

4 Sprunghafte Belastung Aus der L6sung der Differentialgleichung (18) fiir eine pl6tzlich aufgebrachte Last

0 f~r t__<O

p(t) = Po fiir t > O 09)

lassen sich Lfsungen ffir beliebige Lastfunktionen durch Faltung bestimmen. Zudem kann man ihr Verhalten anhand dieser.L0sung diskutieren. Die LSsung lautet:

f a3p 0 for z__<0

V(~) =

I - l + e - r ffir z > O [ 4# co

mit

(20)

co=c1 /1 / --/\[c--2] 2 und ( = C 1

7a ~l \ q / 2 y2a" (21)

Die Verschiebung ist dann aUgemein

u(r,O = 0 ffir z ~ 0

4#r: [ + e - ~ - 1 sin coz - cos coz fiir z > 0

(22)

und fiir die Hohlraumoberfl~iche

(23)

Diese Funktion zeigt eine gewisse )~hnlichkeit mit der L6sung der Bewegungsgleichung eines Einmassenschwingers unter sprunghafier Belastung und besonderen Anfangsbedingungen, n~imlich der An fangsgeschwindigkeit

P v 0 = - - , (24) pCx

so daft die dort iibliche Beschreibungsweise zur Diskussion der vorliegenden L/Ssung verwendet werden kann. Mit Einfiihren einer dimensionslosen Zeit

Cl 2c2 t-=COot mit co o . . . . (25)

7a a

und dem Lehrschen D~npfungsmafl

o=C2= /1 - -2v q X/2(1--v)

(26)

sowie der Abkiirzung

~ = x/1 -- D2 = ~/~-~ 1 2__ v) (27)

Page 5: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

ergibt sich FOx Gleichung (23) nach Normierung auf den statischen Wert die Form

_DFI/D . . . . A ~ ( i ) = 1 + e ~,-~slncot--cose)t). (28)

Das Abklingverhalten, beschrieben durch das Lehrsche Dgmpfungsmaf], hLngt nur vonder Querdehnzahl v ab (Bild 2) und ist im Gegensatz zur Amplitude der Verschiebung vom Radius des Hohlraums unabh/ingig. Die D~impfung ist ftir v = 0 am st~irksten, und geht ffir v ~ 0.5 gegen Null, so dat~ ftir gr6flere Querdehnzahlen mit langsamer abklingenden Schwingungen zu rechnen ist. Ftir den praktisch interessierenden Bereich yon v = 0.1 bis v = 0.4 liegt die D/impfung zwischen 67 und 41 Prozent. Daraus l~iflt sich folgern, dat] die Wellenausbreitung einen viel gr6geren Einflufl auf die Amplitudenabnahme der Antwort hat als eine m6gliche MaterialdLmpfung. So liegt das Dfimpfungsmafl yon Stahl bei 0.4%, yon Stahlbeton bei 2% und ftir Sande bei bis zu 25% [8]. Die Frequenz der Schwingung ist umgekehrt proportional zum Radius des Hohlraums, wird also mit wachsendem Radius kleiner und steigt mit gr6flerer Steifigkeit des Materials.

5 Die Randbedingung far spharische Wellen Aus der Differentialgleichung ffir F (t) l~igt sich eine Randbedingung ftir den ktinstlichen Rand ableiten, der durch den Abbruch der Diskretisierung mit finiten Elementen entsteht. Man denke sich im elastischen Kontinuum in einer gewissen Entfernung vom Ursprung einen radialen Schnitt um diesen. An den Schnittufern treten Oberflgchenkrafte auf, die miteinander im Gleichgewicht sein mtissen. (J'ber das Gleichgewicht der Schnittkr/ifte und die Gleichheit der Verschiebtmgen an beiden Schnittufern kann das ~iuflere Gebiet, das durch die Randbedingung simuliert wird, mit dem inneren Gebiet verkniipft werden.

Zuerst werden F u n d dessen Ableitungen durch die Verschiebung u, die Geschwindigkeit ti und die Beschleunigung//ersetzt:

1 F"(z), (29) it = F'(z) rc~

1 1 i~ = - -~F"(z ) - - - -F '" ( z ) . (30)

rc t

Da die Verschiebung sowohl yon F als auch yon F ' abh~ngt, erMlt man aus der Beschleunigung als fiberzahlige Unbekannte F " , so daft eine zus/itzliche Bestimmungsgleichung ben6tigt wird. Gew/ihlt wird die Zeitableitung der Differentialgleichung ftir F"

4# , P-F'"(t)a + F"(t) +-a~F (t) = -p ' ( t ) . (31 )

17

0.8

0.7

0.6

0,5

0.4 c~

0.3

0.2

0.I

0 0

\

i E I t

0.1 0.2 0.3 0.4 V

0.5 Bild 2. Einflug der Querdehnung auf den Dgmpfungsgrad

Page 6: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

18

Die umgeformte Differentialgleichung lautet nun:

+Clp f~+4#u=p+a apa y2 a q P" (32)

Der Vergleich mit der Differentialgleichung des Einmassenschwingers liefert die Ersatzmasse

m=ap, (33)

die Ersatzd~npfung

c = c l p (34) y2

und die statische Steifigkeit

k =--4P (35) a

sowie einen zus~tzlichen "Lastterm" auf der rechten Seite mit dem Faktor

a

f = --. (36) Cl

Ffihrt man ffir obige Differentialgleichung den Grenzfibergang a ~ ~ durch, erhalt man

C 1 4c~ p • ~ /~ /~ = 0, (37)

was nach Integration fiber die Zeit der Ausbreitungsbedingung ffir eindimensionale ebene elastische Wellen entspricht.

Der zweite Term der rechten Seite yon Gleichung (32) entspricht in der Einmassenschwingeranalogie der Anfangsgeschwindigkeit (24). Um die damit verbundene Impulszufuhr auszudrficken, bekommt der Term den Namen "Kick".

6 I)iskretisierung Mit der abgeleiteten Randbedingung wird es m~glich, die Ausbreitung von Kugelwellen im unendlichen elastischen Kontinuum in einem endlichen Gebiet zu beschreiben (Bild 3). Im endlichen Gebiet gilt jetzt die Differentialgleichung (7) in Verbindung mit der Randbedingung (32). Damit wird die L6sung auf die Form (12) eingeschrankt. Die Differentialgleichung kann mit der Methode der finiten Elemente gel~bst werden, wenn die Randbedingung (32) das abgetrennte unendliche Gebiet ersetzt. Da die Oberfl~ichenkrafi mit ihren Zeitableitungen in der entwickelten Randbedingung auftritt, mug sie als zus~itzliche Unbekannte eingeffihrt werden.

F fir die Berechnung wird das Gebiet in einen Bereich aufgeteilt, der mit finiten Elementen modelliert wird (Index 1), sowie einen Koppelknoten, an dem die abgeleitete Randbedingung mit dem Elementnetz verknfipft wird (Index 2). Mit dem gew6hnlichen Differentialgleichungssystem der finiten Elemente und der Forderung nach Stetigkeit yon Verschiebung und Oberfl~ichenkraft, die nun wegen der

Bild 3. Diskretisierung des elastischen Kontinuums

Page 7: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

Kopplung der beiden Gebiete eine Gleichgewichtskraft darstellt und im folgenden als Kopplungskraft bezeichnet wird, erh~lt man:

mll m,2 i) 1t ,ell ,2 k12 o ria22 \P2/ \ o ~2~ P2 k22

m 1" ~ ~

I

(38)

Die tiberstrichenen Gr6flen sind die tiber die Schnittfl~iche integrierten Koetiizienten der speziellen Randbedingung. Der Masse, der D~impfung und der Steifigkeit entsprechen die Terme

= J ~ - d A . (39) fit22 = f apdA'a c~2 ! ~q-~-P2 dA und k-z2 ='A a4#

Aus der Zeitableitung der Kopplungskraft folgt der Anteil

19

f = ~ a dA. (40) A C1

Der Term

I= S dA = A (41) A

ergibt sich aus dem Gleichgewicht der Kopplungskraft. Durch die Kopplung und das gleichzeitige Auftreten der Zeitableitung der Kopplungskraft sind die Systemmatrizen unsymmetrisch.

7 Numetische Simulation Als Beispiel wird eine Finite-Element-Berechnung ftir die Ausbreitung einer Dilatationswelle gezeigt, die durch eine impulsartige Belastung der Hohlraumoberfl~iche erzeugt wird.

Der Hohlraum hat einen Radius yon a = 2.5 m, das elastische Kontinuum einen Elastizit~itsmodul yon E = 1000 kN/m 2, eine Dichte yon p = a t/m 3 und eine Querdehnzahl yon v = 0.3. Der Zeitverlauf der Belastung ist dreiecksf~rmig mit einer Amplitude yon P0 = 1.0 kN/m 2. Die Belastung hat eine Einwirkungsdauer yon 0.08 s. Der infinite Bereich wird mit zwanzig Elementen und der entwickelten Randbedingung diskretisiert.

Das Ergebnis der Berechnung mit finiten Elementen soll mit der analytischen L6sung verglichen werden (Bild 4). Dargestellt ist die radiale Verschiebung fiber Radius und Zeit. Mit der Ausbreitung der Dilatationswelle wird der Wellenberg kleiner und die Form der Welle ver~indert sich mit der Zeit. Die Abweichungen der numerischen yon der analytischen L~sung sind sehr gering. Insbesondere lassen sich keine zus~itzlichen Reflexionen der numerischen L6sung am ktinstlichen Rand nach Eintreffen der Welle beobachten.

u ]//,,A'\\ exakt - -

0.00050 -~

0 2 z r t -Z:_~J 0.4 a~--"--"r 12.5 ~" �9 0.5 -

2.5

Bild 4- Kugelwellenausbreitung im elastischen Kontinuum

Page 8: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

20

0.0020

0.0015

0.0010

t 0.0005

-0.0005

u_l (lang) - - ~ , u_5 (lang) ......

u_l (kurz) ........ u_5 (kurz) ...............

.......................... ~: :~!!!~i; i : i i i~i i~; : ; : : .~:~ ~,- . . . . . . .

t i i i i i i i i

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 t I.

1.o Bild 5. Verschiebung ffir Knoten 1 und Knoten 5 unter impulsartiger Belastung

Um den Einflut~ der Belastungsdauer auf die Antwort des Systems zu untersuchen, wird die Hohlraumoberfl~tche mit einer im Zeitverlauf dreiecksf6rmigen Belastung mit Einwirkungsdauer yon 0.08 s beziehungsweise 0.4 s beaufschlagt. Dabei wird das infinite Kontinuum mit vier finiten Elementen und der entwickelten Randbedingung modelliert.

Die Zeitverl~iufe der radialen Verschiebung der Hohlraumoberfl~iche sowie des letzten Knotens des diskretisierten Bereichs sind in Bild 5 dargesteUt. Die angeregte Schwingung klingt bei beiden Belastungen nach Ende der Einwirkung schnell ab. Hier zeigt sich der grot~e Einflutt der geometrischen DLrnpfung (D = 53%). Die ersten Verschiebungsmaxima zeigen einen Nachlauf gegenfiber denen der Last, wobei das Maximum bei kfirzerer Einwirkungsdauer deutlich kleiner ist als bei der liingeren.

Die Zeitverl~iufe der Kopplungskraft zwischen dem diskretisierten Bereich und dem infiniten Gebiet zeigt Bild 6. Die maximale Kopplungskraft ist bei kfirzerer Einwirkungsdauer doppelt so grot3, beh~t die scharfe Form der Belastung im Zeitverlauf bei und klingt nach dem Wechsel in den Zugbereich schneller ab als bei l~ingerer Belastung. Hier wechselt die Kopplungskraft schon w~thrend der Einwirkung der Last das Vorzeichen.

Durch die Wellenausbreitung wird Energie in das unendliche Gebiet abgestrahlt. Der Zuwachs dieser abgestrahlten Energie ist in Bild 7 fiber die Zeit aufgetragen. Bei kurzer Belastungsdauer zeigt der Energiezuwachs bei Eintreffen der Welle einen steilen Anstieg und klingt dann ebenso rasch wieder ab. In einem zweiten Schub wird noch einmal Energie an das ~iut~ere Gebiet abgegeben, der Zuwachs zeigt aber ein um ein vielfaches kleineres Maximum. Bei liingerer Belastungsdauer k6nnen mehrere Schfibe beobachtet werden. Dies l~itk sich durch s toker angeregte Schwingung erkl~en. Interessant ist der nach dem ersten Schub negative Zuwachs an Energie. Das bedeutet, dat~ Energie aus dem ~iut3eren Gebiet in das Innere reflektiert wird. Die WeUenbewegung 16st also im Kontinuum Schwingungen aus.

8 Vergleich mit N~iherungen Mit der entwickelten exakten Randbedingung ffir die Ausbreitung yon Kugelwellen ist es mSglich, vorhandene N~iherungen auf ihre Gfite hin zu untersuchen.

0.2

0.1

0

I -0.1 e.

-0.2

-0.3

-0.4

-0.5

t t

] t

V i i i i i i i

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 t------~-

p_5 (lang) - - p_5 (kurz) ......

i i

0.8 0.9 LO Bild 6. Kopplungskraft fiir Knoten 5 unter impulsartiger Belastung

Page 9: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

0.0006

0.0905

0.0004

I 0.0003

m 0.0002

0.0001

0

-0.0001

d

i i r I i i i

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 t

dE_r (lang) - - dE_r (kurz) ......

i i

0.8 0.9 1.0 Bild 7. Zuwachs an abgestrahlter Energie unter impulsartiger Belastung

21

Ausgangspunkt ist wieder der kugelf6rmige Hohlraum, dessen Oberfl~iche mit einer r/iumlich konstanten Last beaufschlagt ist. Zuerst werden die N~herungslSsungen, die sich aus der Integration der entsprechenden Randbedingungen mit sprunghafter Belastung ergeben, der exakten LiSsung (28) gegentibergestellt. Die der viskosen Randbedingung entsprechende Differentialgleichung ist

c]pfl = Po (42)

mit der normierten LiSsung

a(t-) = 2Dr. (43)

Die der doppelt asymptotischen Randbedingung entsprechende Differentialgleichung ist

clPfi+4YU=po (44) a

mit der normierten L6sung

~ ( ~ ) = l - - e -z~ (45)

Man erkennt in Bild 8, daft die viskose Randbedingung das Verhalten zu Beginn der Bewegung gut ann~er t , das Abklingen auf die statische Verschiebung aber nicht erfassen kann, w~ihrend die doppelt asymptotische Ngherung am Anfang gr6flere Abweichungen zeigt, aber am Ende wie die exakte LiSsung gegen den statischen Wert konvergiert.

Nun wird der Einflufl der Randbedingungen (42) und (44) auf die Ergebnisse einer numerischen Berechnung mit der Methode der finiten Elemente untersucht. Die Geometrie des Hohlraums und das

2.0

1.8

1.6

1.4

1.2

1,0

0.8

0.6

0.4

0.2

0

/ ~

exakt - - doppeIt asymptotisch ......

viskos ........

I 2 3 4 5 6 7 8 9 t

Bild 8. Normierte Verschiebung an der Hohlraumoberfl~iche (v = 0.3)

Page 10: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

22

0.0010

0.0008

0.0006

i 0.0004

= 0.0002

0

-0.0002

-0.0004

i

Kick - - Lysmer ......

///'- "",, ,,, doppelt asymptotisch ........

i i i i i i i i r

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 Bild 9. Vergleich der Verschiebungen am t . Knoten 5

Material des Kontinuums entsprechen den Angaben aus dem ersten Beispiel. Auf die Hohlraumoberfl~iche wirkt eine im Zeitverlauf dreiecksfi~rmige Belastung mit einer Einwirkungsdauer yon 0.4 s. Die Ergebnisse werden der L/Ssung gegeniibergestellt, die mit Einsatz der exakten Randbedingung erhalten wurde, und die so als ReferenzlSsung dienen kann.

In Bild 9 werden die VerschiebungszeitverRiufe am Knoten 5, dem Ende des mit finiten Elementen diskretisierten Bereichs, verglichen. Die viskose Randbedingung macht das System insgesamt zu weich, das Ausschwingen der Verschiebung wird nicht erfaBt. Mit der doppelt asymptotischen Randbedingung ergibt sich zwar eine Schwingung, diese stimmt aber nicht mit der der exakten LiSsung ~iberein, sondern resultiert aus der Reflex.ion der am ktinsflichen Rand einfallenden Wellen.

Die Kopplungskraft zeigt bei beiden N~erungen einen qualitativ ~ihnlichen Verlauf wie die ReferenzRisung, quantitativ sind die Abweichungen bei Einsatz der viskosen Randbedingung jedoch groB. Die doppelt asymptotische Randbedingung liefert ffir die Kopplungskraft die bessere N/iherung (Bild lo).

Beim Vergleich der Energieabfltisse ergibt sich, dab dem System durch die viskose Randbedingung zuviel Energie entzogen wird. Dies liegt auch daran, daft w~hrend des Belastungszeitraums mehr Arbeit verrichtet wird. Die doppelt asymptotische Randbedingung entzieht dem System zuwenig Energie (Bild n). Letzteres ftihrt zu den Reflexionen, was am Verschiebungszeitverlauf an der Vergr6Berung der Schwingungsfrequenz abgelesen werden kann.

Wird die Einwirkungsdauer der Last immer mehr verkiirzt, dominiert der EinfluB des geschwindigkeitsproportionalen Terms der Randbedingungen, so dab sich die Ergebnisse, die mit der viskosen oder der doppelt asymptotischen Randbedingung erhalten werden, der exakten LSsung annahern.

9 Fazit und Ausblick Mit der entwickelten Randbedingung wird die Ausbreitung yon kugelf~irmigen DilatationsweUen im linear elastischen Komtinuum exakt erfaflt. Damit steht ein Mittel zur Reduzierung des

0.20

0.15

0.10

0.05

0

-0.05

-0.10

-0.15

-0.20

-0.25

-0.30

,////--"'"; Kick - - Lysmer ......

. doppelt asymptotisch ........

i i i i t i i i i

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 t

Bild lo. Vergleich der Kopplungskr~fte am Knoten 5

Page 11: Eine Randbedingung für die Ausbreitung von Kugelwellen

0.00020

,; !

/ i ;

0.00010

5e-05

Kick - - Lysmer --

doppelt asymptotisch ........

-5e-05 I i i ':f; i . . . . . ] 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0,9 1.0

t ~ Bild 11. Vergleich der Energieabfltisse

z3

Diskretisierungsaufwands bei Berechnungen mit finiten Elementen zur Verfiigung. In dem mit finiten Elementen diskretisierten inneren Gebiet k6nnen Nichtlinearit~iten beriicksichtigt werden, wenn ihr Einflufl am kiinsflichen Rand verschwindet. Die Giite der bisher iiblichen N~herungen wird im Vergleich mit der hier entwickelten exakten Randbedingung aufgezeigt.

Ziel der niichsten Entwicklungen ist die Erweiterung auf Wellenausbrei tungsprobleme im elastischen Halbraum (Wechselwirkung zwischen Boden und Bauwerk). Da dort sowohl Dilata t ions-als auch Distorsionswellen gekoppelt auftreten, mug eine Annahme fiber deren jeweiligen Anteil an den Verschiebungen getroffen und eine Bedingung ftir die Distorsionswellen gefunden werden.

Literatur 1. Lysmer, J.; Kuhlemeyer, R. L.: Finite dynamic model for infinite m~dia. J. Engng. Mech. Div. EM 47 (1969) 859-887 2. Smith, W. D.: A nonreflecting plane boundary for wave propagation problems. J. Comp. Physics 15 (1974) 492-5o3 3. Graft, K. F.: Wave motion in elastic solids. Oxford: Clarendon Press 1975 4. Eringen, A. C.; ~;uhubi, S.: Elastodynamics, volume II, linear theory. New York: Academic Press 1975

5. Cohen, M.: Silent boundary methods for transient wave analysis. EERL 8o-o9. Pasadena California Inst. of Technology 198o

6. Underwood, P.; Geers, T. L: Double asymptotic boundary element analysis of dynamic soil structure interaction. Int. J. Solids Struct. 17 (1981) 687-697

7. Bettess, P.; Bettess, J. A.: Infinite elements for static problems. Eng. Comput. 1 (1984) 4-16 8. Eibl, J.; Henseleit, O.; Schliiter, F.-H.: Baudynamik. In: Franz, G. (ed.) Betonkalender 1988. Bedim Ernst u. Sohn

1988