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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9 613 DOI: 10.1002/best.201200039 FACHTHEMA ARTICLE Fritz Hunkeler FACHTHEMA Einfluss des CO 2 -Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton 1 Einleitung In den 1950er und 1960er Jahren war die Korrosion infol- ge karbonatisiertem Beton ein stark beachtetes Thema in der Praxis und in der Forschung. Die damals gewonnenen Erkenntnisse führten zur Forderung nach dichteren Beto- nen (kleinere w/z-Werte), nach der Überwachung des Frischbetons und nach erhöhten Bewehrungsüberde- ckungen. Dies fand schließlich Niederschlag in den ent- sprechenden Normen. In der Schweiz wie auch in Europa wandelt sich der Ze- mentmarkt in einem schnellen Tempo. Die treibende Kraft dahinter ist die Forderung nach nachhaltigen und dauerhaften Betonbauten. Während 1995 der Anteil der CEM I-Zemente am gesamten schweizerischen Zement- verbrauch noch bei ca. 90 % lag, betrug er 2011 weniger als 20 % (Bild 1). Die CEM I-Zemente wurden zunächst mit CEM II/A-Zementen (hauptsächlich CEM II/A-LL, Portlandkalksteinzement, PKZ), seit einigen Jahren zu- nehmend durch CEM II/B-Zemente ersetzt. Der PKZ er- reichte 2010 in der Schweiz mit einem Anteil von etwa 73 % das Maximum. Neben diesen Veränderungen wird das Rückbauvolumen von Bauteilen aus Beton und Mauerwerk in den nächsten Jahren erheblich ansteigen und zu einem zunehmenden Einsatz von Recyclingbeton führen. Parallel zu diesen Entwicklungen sind auf der Normie- rungsebene Bestrebungen im Gange, die Leistungsfähig- keit (Dauerhaftigkeit) von Betonen in Zukunft weniger mit Vorgaben an die Zusammensetzung, sondern mittels Prüfungen nachzuweisen und zu sichern. Gleichzeitig wird angestrebt, mit deterministischen oder probabilisti- schen Modellen Aussagen zum langfristigen Verhalten zu machen. Die genannten Veränderungen sind im Sinne der Nach- haltigkeit sinnvoll und notwendig, erfordern aber, dass die Dauerhaftigkeit von Beton neu beurteilt wird. Insbe- sondere ist zu prüfen, ob die bisherigen Anforderungen an die Betonzusammensetzung (w/z-Wert, Zementgehalt) noch ausreichend sind. Diese Fragen waren der Aus- gangspunkt eines vom Bundesamt für Strassen mitfinan- zierten Forschungsprojektes [1], mit dem folgende Ziele verfolgt wurden: Festlegen der Anforderungen an den Karbonatisie- rungswiderstand von Betonen Die Karbonatisierung von Beton war Mitte des letzten Jahrhun- derts ein stark beachtetes Thema. Die damals entstandenen Schäden durch Bewehrungskorrosion führten zu entsprechen- den Anpassungen in den Normen. Wegen den Veränderungen des Zement- und Betonmarktes steht die Dauerhaftigkeit von Beton heute erneut im Fokus des Interesses. Dabei geht es da- rum, die Leistungsfähigkeit von Beton vermehrt mit Prüfungen nachzuweisen. Der vorliegende Beitrag setzt sich mit der Prü- fung des Karbonatisierungswiderstandes von Beton auseinan- der. Es wird gezeigt, dass die Prüfung mit 4 % CO 2 möglich ist und erlaubt, verschiedene Einflüsse zu bewerten. Weiter wer- den Ergebnisse zum Einfluss der Nach- und Vorbehandlung so- wie zum Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit vorgestellt. Influence of CO 2 -content, curing, preconditioning and relative humidity on the carbonation rate of concrete In the middle of the last century the carbonation of concrete was an important issue. The damages then occurred, caused by the corrosion of the reinforcement, led to corresponding im- provements of the standards. Due to changes in the cement and concrete market the durability of concrete is now again in the centre of attention. Thereby the performance of concrete has to be assured increasingly by testing. The present paper deals with the testing of the carbonation resistance of con- crete. It is shown that the test with 4 % CO 2 is feasible and al- lows evaluating various factors. Furthermore, results on the in- fluence of curing, preconditioning (pre-treatment) as well as of the relative humidity are presented. 0 20 40 60 80 100 1995 2000 2005 2010 Anteil [ % ] Jahr CEM I CEM II/A CEM II/B CEM III Diverse CEM II/A: vorab CEM II/A-LL CEM II/B: vorab CEM II/B-M (T-LL) Bild 1 Anteile der verschiedenen Zementarten am Zementverbrauch in der Schweiz. Daten von cemsuisse Proportion of the different cement types on the consumption in Switzerland. Data from cemsuisse

Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

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Page 1: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9 613

DOI: 10.1002/best.201200039

FACH

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Fritz Hunkeler FACHTHEMA

Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

1 Einleitung

In den 1950er und 1960er Jahren war die Korrosion infol-ge karbonatisiertem Beton ein stark beachtetes Thema inder Praxis und in der Forschung. Die damals gewonnenenErkenntnisse führten zur Forderung nach dichteren Beto-nen (kleinere w/z-Werte), nach der Überwachung desFrischbetons und nach erhöhten Bewehrungsüberde-ckungen. Dies fand schließlich Niederschlag in den ent-sprechenden Normen.

In der Schweiz wie auch in Europa wandelt sich der Ze-mentmarkt in einem schnellen Tempo. Die treibendeKraft dahinter ist die Forderung nach nachhaltigen unddauerhaften Betonbauten. Während 1995 der Anteil derCEM I-Zemente am gesamten schweizerischen Zement-verbrauch noch bei ca. 90 % lag, betrug er 2011 wenigerals 20 % (Bild 1). Die CEM I-Zemente wurden zunächstmit CEM II/A-Zementen (hauptsächlich CEM II/A-LL,Portlandkalksteinzement, PKZ), seit einigen Jahren zu-nehmend durch CEM II/B-Zemente ersetzt. Der PKZ er-reichte 2010 in der Schweiz mit einem Anteil von etwa73 % das Maximum.

Neben diesen Veränderungen wird das Rückbauvolumenvon Bauteilen aus Beton und Mauerwerk in den nächstenJahren erheblich ansteigen und zu einem zunehmendenEinsatz von Recyclingbeton führen.

Parallel zu diesen Entwicklungen sind auf der Normie-rungsebene Bestrebungen im Gange, die Leistungsfähig-keit (Dauerhaftigkeit) von Betonen in Zukunft wenigermit Vorgaben an die Zusammensetzung, sondern mittelsPrüfungen nachzuweisen und zu sichern. Gleichzeitig

wird angestrebt, mit deterministischen oder probabilisti-schen Modellen Aussagen zum langfristigen Verhalten zumachen.

Die genannten Veränderungen sind im Sinne der Nach-haltigkeit sinnvoll und notwendig, erfordern aber, dassdie Dauerhaftigkeit von Beton neu beurteilt wird. Insbe-sondere ist zu prüfen, ob die bisherigen Anforderungenan die Betonzusammensetzung (w/z-Wert, Zementgehalt)noch ausreichend sind. Diese Fragen waren der Aus-gangspunkt eines vom Bundesamt für Strassen mitfinan-zierten Forschungsprojektes [1], mit dem folgende Zieleverfolgt wurden:

– Festlegen der Anforderungen an den Karbonatisie-rungswiderstand von Betonen

Die Karbonatisierung von Beton war Mitte des letzten Jahrhun-derts ein stark beachtetes Thema. Die damals entstandenenSchäden durch Bewehrungskorrosion führten zu entsprechen-den Anpassungen in den Normen. Wegen den Veränderungendes Zement- und Betonmarktes steht die Dauerhaftigkeit vonBeton heute erneut im Fokus des Interesses. Dabei geht es da-rum, die Leistungsfähigkeit von Beton vermehrt mit Prüfungennachzuweisen. Der vorliegende Beitrag setzt sich mit der Prü-fung des Karbonatisierungswiderstandes von Beton auseinan-der. Es wird gezeigt, dass die Prüfung mit 4 % CO2 möglich istund erlaubt, verschiedene Einflüsse zu bewerten. Weiter wer-den Ergebnisse zum Einfluss der Nach- und Vorbehandlung so-wie zum Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit vorgestellt.

Influence of CO2-content, curing, preconditioning and relativehumidity on the carbonation rate of concreteIn the middle of the last century the carbonation of concretewas an important issue. The damages then occurred, causedby the corrosion of the reinforcement, led to corresponding im-provements of the standards. Due to changes in the cementand concrete market the durability of concrete is now again inthe centre of attention. Thereby the performance of concretehas to be assured increasingly by testing. The present paperdeals with the testing of the carbonation resistance of con-crete. It is shown that the test with 4 % CO2 is feasible and al-lows evaluating various factors. Furthermore, results on the in-fluence of curing, preconditioning (pre-treatment) as well as ofthe relative humidity are presented.

0

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1995

2000

2005

2010

Ante

il [ %

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Jahr

CEM ICEM II/ACEM II/BCEM IIIDiverse

CEM II/A: vorab CEM II/A-LL

CEM II/B: vorab CEM II/B-M (T-LL)

Bild 1 Anteile der verschiedenen Zementarten am Zementverbrauch in derSchweiz. Daten von cemsuisseProportion of the different cement types on the consumption inSwitzerland. Data from cemsuisse

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614 Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9

F. Hunkeler: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

– Erarbeiten eines Vorschlags für eine schweizerischeNorm für eine Schnellprüfung des Karbonatisierungs-widerstandes von Beton (Dauerhaftigkeitsprüfung,Qualitätssicherung).

In diesem Beitrag werden einige wesentliche Ergebnissedes genannten Forschungsprojektes sowie Resultate eineranderen Arbeit vorgestellt.

2 Grundlagen2.1 Zeitgesetz der Karbonatisierung

Über die zeitliche Entwicklung der Karbonatisierung liegteine Vielzahl von Arbeiten vor. Bereits in den 1960er Jah-ren wurde das √t-Gesetz basierend auf dem 1. FICK’schenGesetz hergeleitet [2, 3], welches dann in vielen weiterenArbeiten verwendet wurde. In allgemeiner Form und un-ter Berücksichtigung des CO2-Gehaltes gilt Gl. (1).

Gl. (1)

mit:dK Karbonatisierungstiefe, mm a Konstante (Nullwert), mmK Karbonatisierungskoeffizient, mm/Tagb, mm/Jahrb

t Zeit, Tage, Jahreb Zeitexponent

Die Konstante a kann bei der Auslagerung unter natür -lichen Bedingungen in der Regel mit Null eingesetzt undmuss nicht gemessen werden. Für die Auswertung vonResultaten der beschleunigten Karbonatisierung bei er-höhten CO2-Gehalten oder auch beim Start von neuenAuslagerungsbedingungen (z. B. beim Wechsel von der In-nen- zur Außenlagerung) muss der Nullwert hingegenzwingend gemessen werden.

Der Zeitexponent b ist hauptsächlich abhängig von derBewitterung. Es können folgende Fälle unterschiedenwerden:

– konstante Bedingungen (Labor-, Innenlagerung):b = 0.5

– unbewitterte Außenlagerung, d.h. vor Regen geschützt:b < 0.5

– bewitterte Außenlagerung: b → 0

– sehr trocken (Wassermangel):b → 0

Das √t-Gesetz (Zeitexponent b = 0.50) ist nur dann gültig,wenn die relative Luftfeuchtigkeit ausreichend tief und,wie die Temperatur, konstant ist. Dies ist bei Labor -bedingungen und in der Regel auch bei Innenlagerungengegeben. Bei der unbewitterten Außenlagerung schwan-ken Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in einemweiten Rahmen. Ist der Beton sehr trocken oder sehrnass, so ist der Karbonatisierungsfortschritt sehr kleinund in der Praxis kaum von Bedeutung.

= +d a CO K · tKb[ ]2

2.2 Einfluss des CO2-Gehaltes

Die Luft enthielt früher etwa 0.033 Vol.% CO2. Bei 20 °Centspricht dies ca. 0.6 mg/Liter bzw. 0.6 g/m3 (1 Vol.%CO2 ≈ 18.3 mg CO2/Liter). Aus den Gln. (2a) und (2b)ergeben sich für den Fall, dass die Karbona tisierungstiefeunter normalen und beschleunigten Bedingungen iden-tisch ist (dN = dS) bzw. für identische Karbona -tisierungszeiten (tN = tS) folgende theoretische Beschleu-nigungsfaktoren bzgl. KarbonatisierungskoeffizientBK,theor und Zeit Bt,theor:

Für tN = tS gilt:

Gl. (2a)

BK,theor Theoretischer Beschleunigungsfaktor für denKarbonatisierungskoeffizienten

Für dN = dS gilt:

Gl. (2b)

Bt,theor Theoretischer Beschleunigungsfaktor für die Kar-bonatisierungszeit

Bei 100 % CO2 betragen BK,theor 55 und Bt,theor 3030.

Die beschleunigende Wirkung von erhöhten CO2-Gehal-ten wird in Laborprüfungen genutzt, um den Karbonati-sierungswiderstand von Betonen rasch und vergleichendzu prüfen. Aus dem gemessenen Karbonatisierungskoeffi-zienten unter beschleunigten Bedingungen KS kann derKarbonatisierungskoeffizient für die natürlichen Bedin-gungen KSN berechnet werden.

Gl. (3a)

KSN Karbonatisierungskoeffizient unter beschleunigtenBedingungen, aber auf den natürlichen CO2-Gehalt(oder auf den Referenzwert) umgerechneter Wert,mm/Tag1/2 oder mm/Jahr1/2

Wenn der Karbonatisierungskoeffizient unter beschleunig-ten (KSN) und parallel dazu auch unter natürlichen Bedin-gungen (KN) ermittelt wird, kann aus dem Verhältnis vonKSN/KN die effektive Beschleunigung berechnet werden.

Gl. (3b)

KRel Relativer Karbonatisierungskoeffizient, dimensions-los

Wenn KRel = 1 ist, entspricht die Wirkung des erhöhtenCO2-Gehaltes genau der theoretischen Beschleunigung.

= =Btt

COCOt,theor

S

N

S

N

[ ][ ]

2

2

=KK

COCO

SNS

S

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2

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= =BKK

COCOK,theor

S

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S

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[ ][ ]

2

2

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F. Hunkeler: Influence of CO2-content, curing, preconditioning and relative humidity on the carbonation rate of concrete

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Wenn k < 1 ist, ist die Wirkung des CO2-Gehaltes schwä-cher als der theoretische Erwartungswert. KRel kann nichtgrößer als 1 sein.

Eine der ersten systematischen Untersuchungen zum Ein-fluss des CO2-Gehaltes wurde von UOMOTO et al. [4]durchgeführt. Sie ermittelten an Betonen mit CEM I(w/z-Werte: 0.5, 0.6 und 0.7; Nachbehandlung: 0 und 5Tage) die Karbonatisierungskoeffizienten bei 0.07, 1 und10% CO2. Der CO2-Gehalt von 0.07% entsprach den natürlichen Bedingungen im Labor. Leider enthält die Arbeit keine Angaben zur Genauigkeit der CO2-Gehalte.In Bild 2 ist der Einfluss des CO2-Gehaltes und des w/z-Wertes auf den Karbonatisierungskoeffizienten darge-stellt. Zunächst ist festzustellen, dass die Karbonatisie-rungskoeffizienten mit zunehmendem w/z-Werte steigen.Für den Einfluss des CO2-Gehaltes geben die Autoren fol-gende Gleichung an (K = 1 für 0.07% CO2).

KRel = 0.742 – 0.224 log[CO2] Gl. (4)

Diese Gleichung, aber normiert auf 1% CO2, ist zusam-men mit den experimentellen Werten in Bild 3 gezeigt. DieStreuung der Werte bei 0.07% CO2 ist – absolut betrachtet– erheblich, im Hinblick auf den Beschleunigungsfaktorvon über 14 aber akzeptabel. Die Beschleunigung fällt tie-fer als der theoretische Wert gemäß Gl. (3b) aus und istpraktisch unabhängig vom w/z-Wert.

Neben den Karbonatisierungsprüfungen wurden in dieserStudie auch die Druckfestigkeit und der Wasserverlustüber die Zeit verfolgt. Dabei konnte festgestellt werden,dass die Druckfestigkeit mit steigendem CO2-Gehalt überdie Zeit stärker zunahm, der Wasserverlust hingegendeutlich kleiner war als bei den Vergleichsprüfkörpern.Die Autoren schlossen daraus, dass mit steigendem CO2-Gehalt die Poren des Zementsteins stärker verstopfenund dadurch die Karbonatisierung im Vergleich zu Refe-renzproben verlangsamt wird.

Seit den Untersuchungen von UOMOTO et al. [4] gab es eine Vielzahl von Arbeiten zur Karbonatisierung von

Betonen, aber nur wenige, die sich grundlegend mit derWirkung der Erhöhung des CO2-Gehaltes befasst haben(z. B. [5]).

3 Prüfverfahren für den Karbonatisierungswiderstand

In der Schweiz wurde seit Mitte der 1980er Jahre die erst-mals im Cementbulletin [6] beschriebene Schnellkarbona-tisierung mit 100% CO2 (Dauer 36 Tage) für eine Vielzahlvon Untersuchungen mit sehr unterschiedlichen Zielset-zungen eingesetzt. Schon vor einiger Zeit wurde erkannt,dass die damit ermittelten Karbonatisierungskoeffizien-ten im Vergleich zu praktischen Erfahrungswerten und zuden Resultaten anderer Arbeiten zu tief ausfielen (Bild 3).Diese Feststellung war u. a. ein Grund, dazu ein For-schungsprojekt zu lancieren und nach Verbesserungen zusuchen.

In den letzten Jahren wurden vom CEN verschiedenePrüfvorschriften publiziert. Die Technische SpezifikationCEN/TS 12390-10:2007 [7] legt ein Verfahren zur Prü-fung des relativen Karbonatisierungswiderstandes vonBeton fest. Die Prüfung wird unter kontrollierten Bedin-gungen bei einer (evtl. leicht erhöhten) Konzentration anCO2 im Labor (Prüfumgebung A, CO2-Gehalt 0.035% ±0.005%) oder unter natürlichen Bedingungen vor Regengeschützt (Prüfumgebung B) durchgeführt. Die Prüfungdauert zwei Jahre. Während dieser Zeit wird mehrmalsdie Karbonatisierungstiefe gemessen. Die Technische Spe-zifikation macht sehr rigorose Vorgaben für die Herstel-lung und Prüfung der Betone. Sie ist daher sehr aufwen-dig und teuer. Sie eignet sich nicht, um im Rahmen derQualitätskontrolle oder für die Produktentwicklung ein-gesetzt zu werden.

Seit der Publikation der CEN/TS 12390-10 wurde auf eu-ropäischer Ebene an einer Schnellprüfung (Nachbehand-lung: 28 Tage, Vorbehandlung: 14 Tage in Laborluft, Prü-fung: 4.0 ± 0.5% CO2, 55% RL, 20 ± 2 °C, 70 Tage) gear-beitet. Die FprCEN/TS 12390-12 (Fassung vom Novem-ber 2010) [8] fiel jedoch in der Formellen Abstimmung im

y = 13,20x - 5,00

y = 8,68x - 3,16

y = 6,83x - 2,62

y = 6,18x - 2,38y = 5,66x - 2,34

y = 3,77x - 1,54

0

1

2

3

4

5

0,4 0,5 0,6 0,7 0,8

Kar

b.ko

eff.

[ mm

/Jah

r1/2

]

w/z-Wert [ - ]

0.07%; NB: 0d

1%; NB: 0d

10%; NB: 0d

0.07%; NB: 5d

1%; NB: 5d

10%; NB: 5d

[Uomoto 1993]

Werte auf 0.033 % CO2 umgerechnet

Bild 2 Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nachbehandlung und des w/z-Wertesauf den Karbonatisierungskoeffizienten. Daten von [4]Influence of the CO2 content, curing and w/c ratio on the carbonationcoefficient. Data from [4]

0,0

0,4

0,8

1,2

1,6

0,01 0,1 1 10

Nor

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Kar

b.ko

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[ -]

CO2-Gehalt [ % ]

Gleichung

0.7; NB: 0d

0.6; NB: 0d

0.5; NB: 0d

0.7; NB: 5d

0.6; NB: 5d

0.5; NB: 5d

[Uomoto 1993]

Referenz: 1.0% CO2

Bild 3 Einfluss des CO2-Gehaltes auf den auf 1 % CO2 normierten Karbona -tisierungskoeffizienten von Betonen. Daten von [4]Influence of the CO2 content on the carbonation coefficient of con-cretes, normalized to the values at 1% CO2. Data from [4]

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F. Hunkeler: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

Jahre 2011 aus verschiedenen Gründen durch. Für meh-rere Länder war der CO2-Gehalt von 4% zu hoch. Auchdie Schweiz lehnte den Entwurf ab. Zum einem wurdedie Bestimmung des relativen Karbonatisierungswider-standes über eine einzelne Messung der Karbonatisie-rungstiefe nach 70 Tagen als ungenügend erachtet, zumanderen wurde die Prüfung im Verhältnis zum Ergebnisals zu aufwendig beurteilt. Aus schweizerischer Sicht soll-te der für die Praxis wichtige Karbonatisierungskoeffi-zient ermittelt werden.

Die Norm SN EN 13295:2004 [9] ist Teil der Normenrei-he für Produkte und Systeme für den Schutz und die In-standsetzung von Betontragwerken. Sie legt ein beschleu-nigtes Laborverfahren (1% CO2, Luftfeuchte 60 ± 10 %,Dauer 56 Tage) zur Messung des Widerstands gegen dasEindringen von Kohlendioxid in Produkte und Systemefür die Instandsetzung nach SN EN 1504-3 fest. Die Prü-fung muss an zwei parallelen Proben des Produkts oderSystems für die Instandsetzung durchgeführt und mitzwei Proben eines Kontrollbetons (CEM I 42,5 R360 kg/m3, w/z 0.45, 28-Tage-Würfeldruckfestigkeit 50 ± 5 N/mm2) verglichen werden. Die TFB AG wendetdiese Prüfung regelmäßig an. Die Mörtel müssen gemäßderen Erfahrungen einen Karbonatisierungskoeffizientenunter etwa 3.0 bis 3.5 mm/Jahr1/2 (bezogen auf0.033% CO2) haben, um gegen den Kontrollbeton zu be-stehen. Dieser Wert ist nicht sehr tief.

4 Untersuchungen4.1 Betone

Die Untersuchungen wurden zweistufig durchgeführt.Für die Vorversuche (Phase 1) wurden die Betone gemäß

Tabelle 1, für die Hauptversuche (Phase 2) die Betone ge-mäß Tabelle 2 hergestellt und geprüft. Die Gesteinskör-nung (Sand und Kies) stammte aus dem schweizerischenMittelland. Das Maximalkorn betrug 32 mm. Für die Herstellung der Betone wurden Zusatzmittel (Fließmittelund Luftporenbildner) gemäß Norm SN EN 934-2 ver-wendet.

4.2 Nach- und Vorbehandlung der Betone

Die Art der Nachbehandlung der Prüfkörper und derenVorbehandlung vor dem Beginn der Karbonatisierungs-prüfung sind in der Tabelle 3 zusammengefasst. Die Temperatur während der Lagerung im Wasser und imSchwind raum betrug 20 °C.

4.3 Klimatisierung

Es bestand die Absicht, die Karbonatisierung imSchwind raum als Referenzverfahren zu verwenden. Ein-zelne Messungen bei den Arbeiten während der Vorver-suche zeigten aber, dass der CO2-Gehalt im Schwind -raum sehr stark schwankte (Bild 4). Die Zunahme des CO2-Gehaltes konnte auf die Anwesenheit von Perso-nen, die Abnahme bis weit unter den natürlichen Grenzwert auf die Einlagerung von frischen Betonprüf-körpern zurückgeführt werden. Frischer Beton nimmtsehr viel CO2 auf. Dies ist zu beachten, wenn die Laborlagerung als Referenzverfahren angewendet wer-den soll.

Bei den Vorversuchen waren aber auch die CO2-Gehaltefür 1, 4 und 10% CO2 nicht konstant. Die manuelle Regu-

Tab. 1 Betonmischungen für die VorversucheConcrete mixes for the preliminary tests

Mischung Nr. Zement w/z-Wert Künstliche Luftporen

Art Gehalt [kg/m3]

AGB11 CEM I 42,5 N 300 0.50 NeinAGB12 CEM III/B 42,5 L-LH HS 300 0.50 Nein

Tab. 2 Betonmischungen für die HauptversucheConcrete mixes for the main tests

Mischung Nr. Zement w/z-Wert Künstliche Luftporen

Art Gehalt [kg/m3]

AGB21 CEM I 42,5 N 280 0.60 NeinAGB22 CEM III/B 42,5 L-LH-HS 320 0.45 JaAGB24 CEM II/A-LL 42,5 N 300 0.50 NeinAGB25 CEM II/A-LL 42,5 N 320 0.45 JaAGB26 CEM II/B-LL 32,5 R 280 0.60 NeinAGB27 CEM II/B-LL 32,5 R 300 0.50 NeinAGB28 CEM II/B-LL 32,5 R 320 0.45 JaAGB29 CEM II/B-M (T-LL) 42,5 N 280 0.60 NeinAGB30 CEM II/B-M (T-LL) 42,5 N 300 0.50 Nein

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lierung mittels Gasblende (Gasteiler), mit der die Volu-menströme von trockener Druckluft (wasserfrei) und dem100% CO2-Gas gemischt wurden, war ungenügend. DieUrsache hierfür lag beim nicht konstanten Druck vor derBlende, der sich insbesondere wegen dem variablen CO2-Druck der Gasflasche zeitlich veränderte. Zudem warendie verwendeten CO2-Sensoren nicht ausreichend stabilund genau.

Die CO2-Gehalte für die Schnellkarbonatisierung bei100% CO2 konnten gut eingehalten werden und lagen imMittel bei 99.9%.

Wegen den angesprochenen Schwierigkeiten wurde beiden Hauptversuchen der CO2-Gehalt im Schwindraumkontinuierlich gemessen. Der Mittelwert lag dabei bei etwa 320 ppm mit einer Standardabweichung von150 ppm. Dieser Wert wurde auch für die Auswertung derResultate der Vorversuche übernommen.

Für die Hauptversuche wurden neue Schnellkarbonatisie-rungskammern gebaut und die angestrebten CO2-Gehaltevon 1% und 4% mit kalibrierten Sensoren kontinuierlichgemessen und über Ventile automatisch geregelt. Mit die-sem System konnten die CO2-Gehalte recht gut konstantgehalten werden. Einzelne Ausfälle traten aber auch hierauf. Um auch diese weitestgehend zu vermeiden, wurdeergänzend ein Alarm eingebaut, der ein rasches Eingrei-fen ermöglichte.

Die Luftfeuchtigkeit im Schwindraum wird mit einem Kli-magerät automatisch auf ≤70% geregelt. In den Schnell-karbonatisierungskammern wurde die Luftfeuchtigkeit inden Vorversuchen und zu Beginn der Hauptversuche miteiner Ammoniumnitrat-Lösung konstant auf 65% gehal-ten. Es zeigte sich aber, dass dies ungenügend war undbeim Einlagern von mehreren Prüfkörpern zu langsamreagierte. Für den Großteil der Hauptversuche wurde dieLuftfeuchtigkeit daher kontinuierlich mit trockenerDruckluft und einem Wasservernebler reguliert. Im Mittelkonnte so die angestrebte Luftfeuchtigkeit ≤ 60% einge-halten werden. Um auf größere Abweichungen rasch zureagieren, wurde, wie beim CO2, ein Alarm eingerichtet.

Tabelle 4 fasst die Prüfbedingungen der Vor- und Haupt-versuche zusammen.

Tab. 3 Beschreibung der Nach- und Vorbehandlung des Betons vor Beginn der KarbonatisierungsprüfungenDescription of the curing and the preconditioning of concrete before the start of the carbonation tests

Abkürzung Nachbehandlung (NB) Vorbehandlung Alter bei Prüfbeginn

A-A 1 Tag in Schalung (NB 1d) 27 Tage bei 70 % RL 28 TageB-A 1 Tag in Schalung, 6 Tage Wasser (NB 7d) 21 Tage bei 70 % RL 28 TageC-A 1 Tag in Schalung, 27 Tage Wasser (NB 28d) 14 Tage im Schwindraum (70 % RL) 42 TageC-V 1 Tag in Schalung, 27 Tage Wasser (NB 28d) Trocknung der Prüfkörper bei 60 °C, 18 Tage 49 Tage

Tab. 4 Mittelwerte für die Prüfbedingungen der Vor- und HauptversucheAverage of the test conditions of the preliminary and main tests

Bezeichnung der Untersuchung Temperatur, °C Rel. Luftfeuchtigkeit, % CO2-Gehalt, %Lagerung Mittel (Schwankungsbreite)

Schwindraum 20.2 69.0 0.032 (0.04 bis 0.06)1)

Lagerung 1 % CO2 Vorversuche21.1 60.0 1.0 (0.8 bis 1.8)

Lagerung 10 % CO2 20.8 60.8 10 (10.6 bis 12.2)Lagerung 100 % CO2 20.6 59.5 100 (97.4 bis 100)

Schwindraum 20.2 69.0 0.032 (0.01 bis 0.11)Lagerung 1 % CO2 Hauptversuche 20.3 59.8 0.99 (0.95 bis 1.05)Lagerung 4 % CO2 20.6 61.8 4.02 (3.9 bis 4.1)

1) Es wurde der Mittelwert der Hauptversuche übernommen, da bei den Vorversuchen nicht kontinuierlich gemessen wurde und die verwendeten CO2-Sensoren ungenauwaren.

1) The average of the main tests has been taken since no continuous measurements have been carried out during the preliminary tests and the CO2 sensors used have been inaccurate.

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]

Rel. Luftfeuchtigkeit Temperatur CO2-Gehalt

Bild 4 Zeitlicher Verlauf des CO2-Gehaltes, der Temperatur und der relativenLuftfeuchtigkeit im Schwindraum der TFB AGCourse of the CO2 content, temperature and relative humidity over timedetermined in the laboratory room for shrinkage measurements of theTFB AG

Page 6: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

618 Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9

F. Hunkeler: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

4.4 Karbonatisierungsprüfungen und Messung der Karbonatisierungstiefe

Die Karbonatisierungsprüfungen wurden an Prismen mitden Abmessungen 120 mm × 120 mm × 360 mm durchge-führt. Die Herstellung erfolgte gemäß SN EN 12390-2,wobei aber die Nachbehandlung variiert wurde.

Die Karbonatisierungstiefen wurden zu Beginn der Ausla-gerung (Nullmessung) und danach mindestens zu dreiweiteren Zeitpunkten bestimmt. Dabei wurde wie folgtvorgegangen:

– Bei jeder Messung wurde vom Prisma je eine ca.50 mm dicke Betonscheibe mechanisch abgespalten(beginnend von der einen Stirnseite des BohrkernsRichtung andere Stirnseite, nicht wechselnd). Danachwurde die Karbonatisierungsprüfung fortgesetzt. DieUnterbrechung bei der Schnellkarbonatisierung wur-de so kurz wie möglich gehalten (<1 Stunde).

– Die frisch abgespaltene Oberfläche der Betonscheibewurde zunächst von Staub und Restmaterial befreitund danach möglichst rasch (<1 Stunde) mit der Phe-nolphthaleinlösung gemäß SN EN 14630 [10] be-sprüht. Nach dem Abtrocknen der Phenolphthaleinlö-sung (einige Minuten) wurde die Betonoberfläche miteiner filmbildenden Lösung zur Konservierung desFarbumschlages besprüht. Anschließend wurde dieKarbonatisierungstiefe bestimmt und ein Foto der ein-gefärbten Betonscheibe gemacht.

– Die Karbonatisierungstiefe wurde an drei bis fünf Stel-len der vier Seitenflächen des Prismas auf 1 mm genaugemessen und daraus die mittlere Karbonatisierungs-tiefe pro Seite dKE auf 0.1 mm genau berechnet undprotokolliert.

– Aus den mittleren Karbonatisierungstiefen der vierSeiten dKE wurde die mittlere KarbonatisierungstiefedKM pro Messtermin auf 0.1 mm genau berechnet undprotokolliert.

– Bei der Messung der Karbonatisierungstiefe wurdender Bereich der Kanten (Kanteneffekt) und einzelnepunktuelle Karbonatisierungsspitzen nicht berücksich-tigt. Grobe Unregelmäßigkeiten wurden protokolliert.

4.5 Weitere Prüfungen

Neben den üblichen Frischbetonprüfungen wurden diver-se physikalische und chemische Prüfungen am Festbetondurchgeführt. Die Prüfkörper wurden, je nach beabsich-tigtem Vergleich der Ergebnisse, teilweise gemäß SNEN 12390-2 (Wasser, 20 °C), teilweise im Schwindraum(70% RL, 20 °C) gelagert.

5 Resultate der Vorversuche

Das Bild 5 zeigt beispielhaft den Einfluss des CO2-Gehal-tes auf den zeitlichen Verlauf der Karbonatisierung desBetons mit CEM III/B. Mittels Regression wurden zu-

nächst der Karbonatisierungskoeffizient für die beschleu-nigten Bedingungen KS (Steigung der Geraden in Bild 6)und daraus mit Gl. (3a) der Wert für KSN für einen CO2-Gehalt von 0.032 % berechnet. Nur dieser Wert wird inden weiteren Erläuterungen verwendet.

Bild 6 zeigt die Abhängigkeit des Karbonatisierungskoef-fizienten des Betons mit CEM  I in Abhängigkeit vomCO2-Gehalt (Nach- und Vorbehandlungen: A-A, B-A undC-V). Die Kurven für den Beton CEM III/B liegen etwashöher, zeigen aber einen ähnlichen Verlauf. Mit der Vor-trocknung werden die Karbonatisierungskoeffizientenwesentlich erhöht (Parallelverschiebung zu höheren Wer-ten). Der relative Einfluss des CO2-Gehaltes bleibt dabeiim Wesentlichen unverändert, d. h. die Vortrocknung hatkeinen erkennbaren Einfluss auf die Abhängigkeit derKarbonatisierungsgeschwindigkeit vom CO2-Gehalt. DieBetonfeuchtigkeit ist damit auch nicht ausschlaggebendfür die bei hohen CO2-Gehalten tieferen Karbonatisie-rungskoeffizienten.

In den Bildern 7 und 8 sind die bei 0.032, 10 und 100%CO2 gemessenen Werte gegen jene, die bei 1% CO2 ge-

y = 5,66x + 0,12R² = 0,95

y = 2,60x + 2,21R² = 0,99

y = 1,22x + 1,23R² = 0,99

y = 0,26x + 1,67R² = 0,99

0

10

20

30

40

0 5 10 15 20 25 30

Kar

bona

tisie

rung

stie

fe [m

m]

Zeit [ Tage1/2 ]

AGB 12 A-A 100%

AGB 12 A-A 10%

AGB 12 A-A 1%

AGB 12 A-A 0.032%

AGB12: CEM III/B, w/z 0.50Nachbehandlung 1 TagVorbehandlung: 70% RL bis 28 Tage

Bild 5 Einfluss des CO2-Gehaltes auf den zeitlichen Verlauf der Karbonatisie-rung des Betons mit CEM III/B. Nachbehandlung A, Vorbehandlung AInfluence of the CO2 content on the course of the carbonation overtime for the concrete with CEM III/B. Curing: A, preconditioning A

0

1

2

3

4

5

6

0,01 0,1 1 10

Kar

b.ko

eff.

[ mm

/Jah

r1/2

]

CO2-Gehalt [ % ]

CEM I, mit/ohne Vortrocknung;Umgerechnet auf 0.032% CO2

CEM I, NB 1d, 60 °CCEM I, NB 7d, 60 °CCEM I, NB 28d, 60 °CCEM I, NB 1dCEM I, NB 7d

Bild 6 Abhängigkeit des Karbonatisierungskoeffizienten vom CO2-Gehalt derBetone mit CEM IDependence of the carbonation coefficient on the CO2 content of theconcrete mixes with CEM I

Page 7: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9 619

F. Hunkeler: Influence of CO2-content, curing, preconditioning and relative humidity on the carbonation rate of concrete

FACH

THEM

A A

RTICLE

messen wurden, dargestellt. Der Vergleich zu den Wertenbei 1% CO2 wurde gewählt, weil der CO2-Gehalt imSchwindraum relativ stark schwankte. Der relative Kar-bonatisierungskoeffizient ist unter natürlichen Bedingun-gen etwas höher als die bei 1% CO2 gemessenen Werte(Tabelle 6). Die Werte bei 10 % und 100% CO2 sind we-sentlich tiefer. Bemerkenswert ist, dass zwischen den Prü-fungen ohne und mit Vortrocknung keine signifikantenUnterschiede bestehen.

6 Resultate der Hauptversuche

Das Bild 9 zeigt exemplarisch den Einfluss des CO2-Ge-haltes auf den zeitlichen Verlauf der Karbonatisierungbeim Beton AGB24 mit der Nach- und Vorbehandlung A.Generell sind die Korrelationskoeffizienten der Regres-

y = 1,0954xR² = 0,8945

y = 0,5512xR² = 0,6063

y = 0,2902xR² = 0,3926

0

2

4

6

0 2 4 6

Kar

b.ko

effiz

ient

(um

gere

chne

t)[ m

m/J

ahr1

/2]

Karbonatisierungskoeff. 1% CO2 (umgerechnet) [ mm/Jahr1/2 ]

0.032% CO2

10% CO2

100% CO2

Theoretisch (1 : 1)

Ohne Vortrocknung

Bild 7 Karbonatisierungskoeffizienten bei 0.032, 10 und 100 % CO2-Gehalt vs.Karbonatisierungskoeffizienten bei 1 % CO2 der Betone der Vorver -suche. Probekörper ohne VortrocknungCarbonation coefficients at 0.032, 10 and 100% CO2 vs. carbonation coefficients at 1% CO2 of the concrete mixes of the preliminary tests.Specimens without predrying

y = 1,0901xR² = 0,6424

y = 0,6101xR² = 0,5363

y = 0,3724xR² = 0,7748

0

2

4

6

8

0 2 4 6 8

Kar

b.ko

effiz

ient

(um

gere

chne

t)[ m

m/J

ahr1

/2]

0.032% CO2

10% CO2

100% CO2

Theoretisch (1 : 1)

Mit Vortrocknung

Karbonatisierungskoeff. 1% CO2 (umgerechnet) [ mm/Jahr1/2 ]

Bild 8 Karbonatisierungskoeffizienten bei 0.032, 10 und 100 % CO2-Gehalt vs.Karbonatisierungskoeffizienten bei 1 % CO2 der Betone der Vorver -suche. Probekörper mit VortrocknungCarbonation coefficients at 0.032, 10 and 100% CO2 vs. carbonation coefficients at 1% CO2 of the concrete mixes of the preliminary tests.Specimens with predrying

y = 1,20x + 2,38R² = 0,97

y = 0,83x + 1,77R² = 0,99

y = 0,18x + 1,10R² = 0,98

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20

Kar

bona

tisie

rung

stie

fe [

mm

]

Zeit [ Tage1/2 ]

AGB24 A-A 4%

AGB24 A-A 1%

AGB24 A-A Lab

CEM II/A-LL; w/z-Wert 0.50

Bild 9 Einfluss des CO2-Gehaltes auf den zeitlichen Verlauf der Karbonatisie-rung des Betons AGB24 mit der Nachbehandlung A und Vorbehand-lung AInfluence of the CO2 content on the course of the carbonation overtime for the concrete AGB24. Curing A, preconditioning A

Tab. 6 Karbonatisierungskoeffizienten relativ zu den Werten bei 1 % CO2 (Mittelwerte aller Mischungen der Vorversuche)Carbonation coefficient relative to the values for 1% CO2 (average of all mixes of the preliminary tests)

Prüfkörper Relativer Karbonatisierungskoeffizient im Vergleich zu 1 % CO2

0.032 % CO2 1 % CO2 10 % CO2 100 % CO2

Ohne Vortrocknung 1.09 1.00 0.55 0.29Mit Vortrocknung 1.10 1.00 0.61 0.37Mittelwert 1.09 1.00 0.58 0.33

Tab. 5 Übersicht über die weiteren PrüfungenOverview of the additional tests

Prüfung Norm/Prüfvorschrift Prüfalter

Druckfestigkeit SN EN 12390-3 1, 7 und 28 Tage oder nur 28 TageWasserleitfähigkeit (inkl. Porenkennwerte) Norm SIA 262/1, Anhang A [11] 1, 7 und 28 Tage oder nur 28 TageGaspermeabilität Cembureau-Methode 1, 7 und 28 Tage oder nur 28 Tagesäure- und wasserlöslicher Na2O-Gehalt SN EN 196-2 ca. 30 und teilweise 180 Tagesäure- und wasserlöslicher K2O-Gehalt SN EN 196-2 ca. 30 und teilweise 180 TageCa(OH)2 thermogravimetrischer Analyse (TGA), ca. 30 und teilweise 180 Tage

teilweise mit FT-IR

Page 8: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

620 Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9

F. Hunkeler: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

sionen sehr hoch (>0.95). Sie belegen damit die hoheQualität der Ergebnisse und bestätigen die Gültigkeit des√t-Gesetzes. Nachfolgend werden nur die Werte für KSN

verwendet. Anzufügen ist, dass die Messungen nach1.5 Jahren im Schwindraum noch ausstehen. Geringfügi-ge Änderungen bei den Ergebnissen sind daher nicht aus-zuschließen.

6.1 Einfluss des CO2-Gehaltes

Bild 10 zeigt die Abhängigkeit des Karbonatisierungsko-effizienten vom CO2-Gehalt für die verschiedenen Mi-schungen mit der Nachbehandlung B und der Vorbe-handlung A. Bei der Nach- und Vorbehandlung A-A sinddie Kurvenverläufe mehr oder weniger parallel zu höhe-ren, bei der Nach- und Vorbehandlung C-A zu tieferenWerten verschoben. Der Einfluss des CO2-Gehaltes aufKSN ist insgesamt gering, jener der Nachbehandlung sehrausgeprägt. Die Vorbehandlung hat keinen erkennbarenEinfluss. Aus der Gegenüberstellung der Werte aus denverschiedenen Karbonatisierungsbedingungen (Bild 11)geht hervor, dass die Karbonatisierungskoeffizienten un-

ter Laborbedingungen im Mittel 13% höher liegen als je-ne bei 1% CO2. Die entsprechenden Werte bei 4% CO2

sind demgegenüber im Mittel 14% tiefer als jene bei1% CO2.

0

2

4

6

8

0,01 0,1 1 10 100

Kar

b.ko

eff.

[ mm

/Jah

r1/2

]

CO2-Gehalt [ % ]

CEM I, 0.60

CEM III/B, 0.45

CEM II/A-LL, 0.50

CEM II/A-LL, 0.45

CEM II/B-LL, 0.60

CEM II/B-LL, 0.50

CEM II/B-LL, 0.45

CEM II/B-M (T-LL), 0.60

CEM II/B-M (T-LL), 0.50

Nachbehandlung A: 7 TageVorbehandlung B: 21 Tage bei 70% RL

Bild 10 Abhängigkeit des Kar bonati sie rungs koef fizienten vom CO2-Gehalt beiden Betonen der Hauptversuche. Nachbehandlung B und Vorbehand-lung ADependence of the carbonation coefficient on the CO2 content of theconcrete mixes of the main experiments. Curing B, preconditioning A

y = 1,1291xR² = 0,8578

y = 0,8641xR² = 0,9423

0

2

4

6

8

0 2 4 6 8

Kar

b.ko

eff.

[ mm

/Jah

r1/2

]

Karb.koeff. 1% CO2 (umgerechnet auf 0.032%) [ mm/Jahr1/2 ]

CO2-Gehalt: Labor, 0.032%

CO2-Gehalt: 4% (umgerechnet auf 0.032%)

Theoretisch (1:1)

Laborprüfungen noch nicht abgeschlossen

Bild 11 Kar bonati sie rungs koef fizient aus der Karbo natisierung unter normalenLaborbedingungen (0.032 % CO2) und der Schnellkarbonatisierung bei4 % CO2 vs. Karbonatisierungskoeffizient bei 1 % CO2Carbonation coefficients form the carbonation tests under natural lab-oratory conditions (0.032 % CO2) and accelerated conditions at 4% CO2vs. carbonation coefficients at 1% CO2

Bild 12 Vergleich der relativen Karbonatisierungs koeffizienten in Abhängigkeitvom CO2-Gehalt. Mittelwerte aus den Vor- und Hauptversuchen sowieDaten von UOMOTO et al. [4] und CEN 2011 [12]Comparison of the relative carbonation coefficients in dependence ofthe CO2 content. Averages of the preliminary and main tests as well asdata from UOMOTO et al. [4] and CEN 2011 [12]

Tab. 7 Einfluss des CO2-Gehaltes auf den relativen Karbonatisierungskoeffizienten der Betone der Vor- und Hauptversuche (Mittelwerte)Influence of the CO2 content on the relative carbonation coefficient of the preliminary and main tests (averages)

CO2-Gehalt [Vol. %] Relativer Karbonatisierungskoeffizient im Vergleich zu 1% CO2

Vorversuche, ohne Vorversuche, mit Hauptversuche Vortrocknung Vortrocknung (Bild 11)

0.032 1.09 1.10 1.131.0 1.00 1.00 1.004.0 — — 0.8610 0.55 0.61 —100 0.29 0.37 —

Verhältnis „0.032“ zu „4“ — — 1.31

Verhältnis „0.032“ zu „100“ 3.76 2.97 —

3.37 —

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Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9 621

F. Hunkeler: Influence of CO2-content, curing, preconditioning and relative humidity on the carbonation rate of concrete

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In Bild 12 sind die mittleren relativen Karbonatisierungs-koeffizienten der Vor- und Hauptversuche gegen denCO2-Gehalt aufgetragen. Aus der Tabelle 7 können dieZahlenwerte entnommen werden. In diesem Bild sind außerdem die Ergebnisse von [4] und ein im Rahmen desCEM X-Projektes ermittelter Wert (1% bzw. 4% CO2)[12] enthalten. Folgendes ist festzuhalten:

– Die unter natürlichen Bedingungen (0.032% CO2) ge-messenen Karbonatisierungskoeffizienten liegen beiden Hauptversuchen im Mittel 13% höher als dieWerte bei 1% CO2. Bei den Vorversuchen ergabensich sehr ähnliche Werte (ca. 10%). Diese Werte sinderheblich tiefer als jene von [4].

– Die Werte der Hauptversuche bei 4% CO2 sind imMittel 14% tiefer als die Werte bei 1% CO2. DieserWert liegt etwas über den Geraden aus den Vorversu-chen und der Gleichung von [4], aber unter dem Wertaus dem CEM X-Projekt [12]. Um aus den Werten für4% CO2 den Karbonatisierungsfortschritt unter natür-lichen Bedingungen (hier 0.032% CO2) abzuschätzen,müssen diese mit dem Korrekturfaktor 1.31 multipli-ziert werden. Für 100% CO2 beträgt der mittlere Kor-rekturfaktor 3.35.

– Zwischen den verschiedenen Vor- und Nachbehand-lungen gibt es keine systematischen Unterschiede inBezug auf den Einfluss des CO2-Gehaltes.

– Auch wenn die Werte der Vorversuche mit einer ge-wissen Vorsicht zu betrachten sind, ist in Bild 12 er-kennbar, dass bei CO2-Gehalten über 1% der Abfallsteiler wird.

Für die mit zunehmendem CO2-Gehalt abnehmende Be-schleunigung der Karbonatisierung gibt es verschiedenemögliche Ursachen:

1. Abdiffusion von Wasser aus dem Beton (Trocknung)ist zu langsam.

2. Änderung der Wassersättigung der Luft mit zuneh-mendem CO2-Gehalt.

3. Erhöhung des Wassergehaltes in der Karbonatisie-rungsfront, da die Karbonatisierungsreaktion Wasserfreisetzt und die Abdiffusion des Wassers zu langsamist und so die Reaktionsgeschwindigkeit mit dem CO2

reduziert.4. Karbonatisierung von zusätzlichen Komponenten des

Zementsteins.

Punkt 1: Die durchgeführten Untersuchungen belegen,dass bei den hier gegebenen Randbedingungen der Abtransport des Wassers aus dem Porenraum nicht kritisch ist. Wäre dies der Fall, müssten zwischen den Ergebnissen bei 0.032, 1 und 4% CO2 weit größere Unterschiede auftreten. Zudem hätte die Vortrocknungdes Betons keine Parallelverschiebung der Kurven inBild 6 zur Folge. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Diffu sion von Wasser aus dem Betongegenüber der Diffusion von CO2 in den Beton aus -reichend viel schneller ist und eine Vorlagerung vonzwei Wochen bei einer relativen Luftfeuchtigkeit ≤ 70%

bis zum Beginn der Schnellkarbonatisierung ausrei-chend ist.

Punkt 2: Dieser Punkt kann vernachlässigt werden. DieLiteraturrecherche ergab, dass sich die Wassersättigungder Luft mit zunehmendem CO2-Gehalt bis zu einer Tem-peratur von 50 °C kaum ändert [1]. Oberhalb von etwa55 °C ist die Wassersättigung des 100% CO2-Gases tieferals jene der Luft.

Punkt 3: Der Punkt wurde bisher nicht systematisch un-tersucht. Die mögliche Wasseranreicherung in der Karbo-natisierungsfront ist messtechnisch schlecht zugänglich.Sie könnte u. a. auch dazu führen, dass sich die Abhängig-keit der Karbonatisierungsgeschwindigkeit von der relati-ven Luftfeuchtigkeit ändert und das Karbonatisierungs-maximum bei einer tieferen relativen Luftfeuchtigkeit auf-tritt. Systematische Untersuchungen dazu gibt es nicht.Hingegen können die Resultate von [13] herangezogenwerden. Demnach verändert sich das Karbonatisierungs-maximum kaum [1].

Punkt 4: Gemäß verschiedenen Arbeiten (z. B. [4, 5, 14])karbonatisieren bei erhöhten CO2-Gehalten zusätzlicheBestandteile des Zementsteins. Damit verstopfen die Po-ren des Zementsteins bei hohen CO2-Gehalten stärkerund evtl. schneller als unter natürlichen Bedingungen. Obdies für die reduzierte Beschleunigung bei hohen CO2-Gehalten alleine verantwortlich ist, kann zurzeit nicht be-urteilt werden. Auf jeden Fall ist es eine plausible Erklä-rung.

y = 0,69xR² = 0,89

y = 0,63xR² = 0,88

0

2

4

6

8

0 2 4 6 8

Kar

b.ko

eff.

[ mm

/Jah

r1/2

]

Karb.koeff., NB A-A [ mm/Jahr1/2 ]

NB B-A, 4% CO2

NB C-A, 4% CO2

Einfluss der Nach- und Vorbehandlung (4% CO2)(umgerechnet auf 0.032 % CO2)

Bild 13 Einfluss der Nach- und Vorbehandlung auf den Karbonatisierungs -koeffizienten bei 4 % CO2Influence of curing and preconditioning on the carbonation coefficientat 4 % CO2

Tab. 8 Relative Wirkung der Nachbehandlung und Vorbehandlung auf denKarbonatisierungskoeffizienten der Betone der Hauptversuche (Mittel-werte)Relative influence of the curing and preconditioning on the carbona-tion coefficient of the concretes of the main tests (averages)

CO2-Gehalt Relative Wirkung der Nachbehandlung (NB)[Vol. %]

A-A (NB 1d) B-A (NB 7d) C-A (NB 28d)

0.032 1.00 0.67 0.631.0 1.00 0.69 0.634.0 1.00 0.69 0.63

Page 10: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

622 Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9

F. Hunkeler: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es mehrere Er-klärungen gibt für den Befund, dass der Karbonatisie-rungskoeffizient nicht mit dem theoretischen Beschleuni-gungsfaktor gemäß Gl. (2a) zunimmt.

6.2 Einfluss der Nachbehandlung

In Bild 13 sind die Karbonatisierungskoeffizienten derNach- und Vorbehandlung B-A und C-A gegen die Wertevon A-A für den CO2-Gehalt von 4% aufgetragen. Für dieCO2-Gehalte von 0.032 und 1% sind die Kurvenverläufeähnlich (Tabelle 8). Wie schon oben festgestellt, ist derEinfluss der Vorbehandlung nicht relevant. Dahingegenreduziert eine Verlängerung der Nachbehandlung denKarbonatisierungskoeffizienten sehr erheblich. Die Re-duktion ist zwischen 1 und 7 Tagen sehr stark, zwischen 7und 28 Tagen nur noch schwach. Sie ist abhängig von derZementart. Diese Aussagen gelten für eine Temperaturvon 20 °C und eine Luftfeuchtigkeit von ≥ 60%.

6.3 Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit (RL)

Die nachfolgend vorgestellten Untersuchungen entstan-den im Rahmen eines Forschungsauftrages der cemsuisse[15]. Dabei wurden Betone mit CEM II/A-LL (300 kg/m3)mit w/z-Werten von 0.65, 0.60 und 0.50 ohne und mitteilweisem Ersatz des Zementes durch Kalksteinmehl(KSM) untersucht. Bei der Berechnung des w/z-Werteswurde nur der effektive Zementgehalt berücksichtigt. Die Schnellkarbonatisierung erfolgte bei einem CO2-Ge-halt von 4% und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60, 80 und 90%. Die Prüfung dauerte teilweise fast300 Tage.

Die bisherigen Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass das√t-Gesetz auch bei erhöhten Luftfeuchtigkeiten gültig ist(Bild 14). Die Messungen werden fortgesetzt, um eine all-

fällige Abweichung erkennen zu können bzw. sicher aus-zuschließen.

Der Karbonatisierungskoeffizient nimmt mit zunehmen-der relativen Luftfeuchtigkeit ab. In Bild 15 sind die aufRL = 60% normierten Werte dargestellt. Der Einfachheithalber wurde angenommen, dass die Karbonatisierungs-geschwindigkeit bei 100% RL Null ist. Das Bild zeigt,dass der Verlauf deutlich vom w/z-Wert abhängig ist. Die-ser Befund kann auf das unterschiedliche Sorptionsver-halten der Betone zurückgeführt werden [16]. Damit ver-knüpft ist der CO2-Diffusionskoeffizient im Beton, dermit zunehmender Luft- bzw. Betonfeuchtigkeit abnimmt(vgl. [17, 18, 19]). In der Tabelle 9 sind die normiertenEinzel- und Mittelwerte der Karbonatisierungskoeffizien-ten zusammengestellt.

Zusammenfassung und Folgerungen

Die umfangreichen Untersuchungen haben zu folgendenErkenntnissen geführt:

– Die Beschleunigung der Karbonatisierung ändert dieBeurteilung des Karbonatisierungswiderstandes derBetone nicht grundlegend. Die beschleunigte Prüfungdes Karbonatisierungswiderstandes ist daher möglich.

– Mit zunehmenden CO2-Gehalten nimmt die auf dennatürlichen CO2-Gehalt bezogene Beschleunigung derKarbonatisierung (relativer Karbonatisierungskoeffi-zient gemäß Gl. (3b)) ab, insbesondere bei CO2-Gehal-ten über 1%. Dies muss bei der Berechnung des Kar-bonatisierungskoeffizienten für natürliche Bedingun-gen mit einem Korrekturfaktor berücksichtigt werden.Dieser beträgt 1.13 für einen CO2-Gehalt von 1% und1.31 für 4% CO2.

– Die geringere als die theoretisch mögliche Beschleuni-gung der Karbonatisierungsgeschwindigkeit kann mitder verstärkten Karbonatisierung der CSH-Phasen des

y = 1,89x + 2,52R² = 0,99

y = 1,63x + 2,47R² = 0,98

y = 1,29x + 3,07R² = 0,98

y = 1,08x + 3,33R² = 0,94

0

10

20

30

0 4 8 12 16 20

Kar

bona

tisie

rung

stie

fe [m

m]

t1/2 [ Zeit in Tage ]

w/z 0.65, ohne KSM

w/z 0.65, mit KSM

w/z 0.60, ohne KSM

w/z 0.60, mit KSM

4% CO2, 90% RL

Bild 14 Zeitlicher Verlauf der Karbonatisierung von vier Betonen (Nachbe-handlung A, Vorbehandlung A) [15]. Zement CEM II/A-LL mit und ohneteilweisen Ersatz durch Kalksteinmehl (KSM)Course of the carbonation over time of 4 concrete mixes (curing A,preconditioning A) [15]. Cement CEM II/A-LL with and without partialreplacement with limestone filler (KSM)

0

20

40

60

80

100

60 70 80 90 100

Kar

b.ko

effiz

ient

(nor

mie

rt) [

% ]

Relative Luftfeuchtigkeit [ % ]

w/z 0.65, ohne KSMw/z 0.65, mit KSMw/z 0.60, ohne KSMw/z 0.60, mit KSMw/z 0.50, ohne KSMw/z 0.50, mit KSM

Bild 15 Abhängigkeit des auf RL = 60 % normierten Karbonatisierungs -koeffizienten von der relativen Luftfeuchtigkeit und vom w/z-Wert(Nachbehandlung A, Vorbehandlung A) [15]. Zement CEM II/A-LL mitund ohne teilweisen Ersatz durch Kalksteinmehl (KSM)Dependence of the normalized carbonation coefficient (reference: val-ues at a relative humidity of 60%) on the relative humidity and w/c ratio(curing A, preconditioning A) [15]. CEM II/A-LL with and without partialreplacement with limestone filler (KSM)

Page 11: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9 623

FACH

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Zementsteins und dem damit verbundenen verstärktenVerstopfen der Poren bzw. der Reduktion des CO2-Dif-fusionskoeffzienten erklärt werden. Es ist möglich, dassauch das mit der Karbonatisierung freigesetzte Wasserin der Karbonatisierungsfront bremsend wirkt.

– Eine Vortrocknung der Prüfkörper erhöht die Karbo-natisierungskoeffizienten, die relative Änderung inAbhängigkeit vom CO2-Gehalt bleibt aber erhalten.

– Die Karbonatisierungsprüfung bei normalen CO2-Ge-halten kann nur dann als Referenzverfahren benutztwerden, wenn der CO2-Gehalt in engen Grenzen kon-stant gehalten werden kann [1]. In der Regel ist diesnur mit einer aktiven Regelung möglich.

– Zwischen Karbonatisierungskoeffizient und physikali-schen Parametern (Druckfestigkeit, Gesamtporosität,Wasserleitfähigkeit und Gaspermeabilität) und chemi-schen Größen (wasser- und säurelösliches Na2O-Äqui-valent und Ca(OH)2-Gehalt) sind keine oder nur sehrschwache Zusammenhänge vorhanden. Keiner derParameter eignet sich für eine Beurteilung des Karbo-natisierungswiderstandes von Betonen mit verschiede-nen Zementarten und/oder Zusatzstoffen bzw. als Er-satz für die Bestimmung des Karbonatisierungswider-standes. Diese Ergebnisse werden später publiziert [1].Der Karbonatisierungswiderstand eines Betons kanndaher nur mit einer Prüfung ermittelt werden.

– Die Verlängerung der Nachbehandlung von 1 auf 7Tage reduziert den Karbonatisierungskoeffizientenganz erheblich. Die Verlängerung von 7 auf 28 Tagebewirkt nur noch eine geringe Verbesserung. Die Ze-mentart hat dabei einen wesentlichen Einfluss. Diese

Aussagen gelten zunächst nur für die Randbedingun-gen dieser Untersuchung (Temperatur: 20 °C, relativeLuftfeuchtigkeit: ca. 70 %). Bei anderen Bedingungen(vorab tiefere Luftfeuchtigkeit und Wind) kann sichdie Wirkung der Nachbehandlung ändern.

– Die Ergebnisse können für die deterministische oderprobabilistische Modellierung der Karbonatisierungverwendet werden.

Auf der Basis dieser Arbeit wurde eine Prüfnorm erarbei-tet. Diese wird als Anhang I zur Norm SIA 262/1 [11], diezurzeit in der Vernehmlassung ist, publiziert. Die Ergeb-nisse können auch für die Weiterentwicklung der Prüf-norm für ein beschleunigtes Karbonatisierungsverfahren[8] sowie für Anpassungen bei den übrigen europäischenPrüfnormen dienen. Weiter konnten für die Expositions-klassen XC3 und XC4 Grenzwerte für den Karbonatisie-rungskoeffizienten festgelegt werden. Die Herleitung die-ser Werte wird zusammen mit weiteren Ergebnissen ausden noch laufenden Untersuchungen (z. B. Einfluss desw/z-Wertes und des Luftgehaltes, Korrelation zu Fest -betoneigenschaften) später publiziert [1].

Dank

Der Autor dankt dem Bundesamt für Strassen (ASTRA),Bern, für die finanzielle Unterstützung des Forschungs-projektes. Ein weiterer Dank geht an die cemsuisse, Bern,für die Genehmigung, ihre Resultate in dieser Publikationzu verwenden.

Tab. 9 Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit und des w/z-Wertes auf den auf RL von 60 % normierten Karbonatisierungskoeffizienten [15]Influence of the relative humidity and the w/c ratio on the normalized carbonation coefficient (reference: values at a relative humidity of 60%)

Rel. Luft- Normierter Karbonatisierungskoeffizient, %feuchtigkeit [%]

w/z-Wert = 0.65 w/z-Wert = 0.60 w/z-Wert = 0.50

CEM II/ CEM II/ Mittel- CEM II/ CEM II/ Mittel- CEM II/ CEM II/ Mittel-A-LL A-LL + KSM wert A-LL A-LL + KSM wert A-LL A-LL + KSM wert

60 100 100 100 100 100 100 100 100 10080 93 103 98 75 74 75 46 63 5590 73 64 69 58 41 49 27 19 23100 0 0 0 0 0 0 0 0 0

Literatur

[1] F. HUNKELER; L. LAMMAR: Anforderungen an den Kar -bonatisierungswiderstand von Betonen. Abschlussberichtzu Projekt AGB 2008/012, Bundesamt für Strassen (in Ar-beit).

[2] F. SCHRÖDER; H.-G. SMOLCZYK; K. GRADE; R. VINKELOE;R. ROTH: Einfluss der Luftkohlensäure und Feuchtigkeitauf die Beschaffenheit des Betons als Korrosionsschutz fürStahleinlagen. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, HeftNr. 182, 1967.

[3] P. SCHIESSL: Zur Frage der zulässigen Rissbreite und der er-forderlichen Betondeckung im Stahlbetonbau unter beson-

derer Berücksichtigung der Karbonatisierung des Betons,Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft Nr. 255, 1976.

[4] T. UOMOTO; Y. TAKADA: Factors affecting concrete carbona-tion ratio. Concrete Library of JSCE, No. 21, June 1993,p. 31–43.

[5] N. HYVERT: Application de l’approche probabiliste à la du-rabilité des produits préfabriqués en béton. Thèse de l’uni-versité de Toulouse, 2009.

[6] Schnellverfahren zur Beurteilung der Betonkarbonatisie-rung. Cementbulletin, Vol. 56, Nr. 8, August 1988.

Page 12: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton

[7] Technischen Spezifikation CEN/TS 12390-10:2007 – Prü-fung von Festbeton – Teil 10: Bestimmung des relativenKarbonatisierungswiderstandes von Beton.

[8] FprCEN/TS 12390-12:2010 – Prüfung von Festbeton – Teil12: Bestimmung des potentiellen Karbonatisierungswider-standes von Beton: Beschleunigtes Karbonatisierungsver-fahren (Entwurf für die Formelle Abstimmung).

[9] SN EN 13295:2004, Produkte und Systeme für den Schutzund die Instandsetzung von Betontragwerken – Prüfverfah-ren – Bestimmung des Karbonatisierungswiderstands.

[10] SN EN 14630:2006, Produkte und Systeme für den Schutzund die Instandsetzung von Betontragwerken – Prüfverfah-ren – Bestimmung der Karbonatisierungstiefe im Festbetonmit der Phenolphthalein-Prüfung.

[11] Norm SIA 262/1, Betonbau – Ergänzende Festlegungen.Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, 2003,zurzeit in Revision.

[12] O. GERMAIN; CH. PIERRE; E. BROUARD; M.A. CHONIER:Development of new ternary cements with reduced clinkercontent. CEN TC 51 WG 6 Ad Hoc Group „CEM X“, Pre-standardisation Research, „CEM X program“, Joint reportCRIC – Lafarge, October 2011.

[13] T. GONEN; S. YAZICIOGLU: The influence of compactionpores on sorptivity and carbonation of concrete. Construc-tion and Building Materials 21, 2007, p. 1040–1045.

[14] M. CASTELLOTE; L. FERNANDEZ; C. ANDRADE; C. ALONSO:Chemical changes and phase analysis of OPC pastes car-bonated at different CO2 concentrations. Materials andStructures, Volume 42, Number 4, 2009, p. 515–525.

[15] F. HUNKELER: Karbonatisierung von Hochbaubetonen.cemsuisse, Projekt Nr. 201103, 2012 (unveröffentlicht).

[16] F. HUNKELER: Grundlagen der Korrosion und der Potential-messung bei Stahlbetonbauwerken. Eidg. Verkehrs- undEnergiewirtschaftsdepartement, Bundesamt für Strassen,FA 86/90, Bericht VSS Nr. 510, 1994. http://www.tfb.ch/de/Publikationen/Publikationsliste.html.

[17] Y. F. HOUST; F. H. WITTMANN: Influence of porosity andwater content on the diffusivity of CO2 and O2, through hy-drated cement paste. Cement and Concrete Research, Vol.24, No. 6, 1994, p. 1165-1176.

[18] V. G. PAPADAKIS: Effect of supplementary cementing mate-rials on concrete resistance against carbonation and chlo-ride ingress. Cement and Concrete Research, Vol. 30, 2000,291-299.

[19] S.-J. KWON; H.-W. SONG: Analysis of carbonation behaviorin concrete using neural network algorithm and carbona-tion modeling. Cement and Concrete Research, 40, 2010, p.119–127.

Autor

Dr. sc. techn., dipl. Werkstoffing. ETH/SIA Fritz HunkelerTFB AGLindenstrasse 105103 Wildegg, [email protected]

624 Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 9

F. Hunkeler: Einfluss des CO2-Gehaltes, der Nach- und Vorbehandlung sowie der Luftfeuchtigkeit auf die Karbonatisierungsgeschwindigkeit von Beton