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EINFÜHRUNG IN DIE ALLGEMEINE TECHNOLOGIE -UMRISS EINER THEORIE DER TECHNIK- Historische Quellen der Chemischen Technologie Prof. Dr. Klaus Krug Merseburg, Sommersemester 2013 2. Teil

Einführung in die Allgemeine Technologie -Umriss einer ...web.hs-merseburg.de/~martin/Allg Technologie/Krug 2. Vorlesung.pdf · EINFÜHRUNG IN DIE ALLGEMEINE TECHNOLOGIE-UMRISS EINER

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EINFÜHRUNG IN DIE ALLGEMEINE TECHNOLOGIE-UMRISS EINER THEORIE DER TECHNIK-

Historische Quellen der Chemischen Technologie

Prof. Dr. Klaus Krug Merseburg, Sommersemester 2013

2. Teil

Karl MarxDas Kapital, 1. Band

Die große Industrie zerriß den Schleier,der den Menschen ihren eigenen Produk-tionsprozeß versteckte und … zu Rätselnmachte. Ihr Prinzip, jeden Produktions-prozeß … in seine konstituierenden Elemente aufzulösen, schuf die ganzmoderne Wissenschaft der Technologie …

ArbeitsgegenstandArbeitsmittel Arbeitskraft

Konstruktion Technologie Arbeitswissenschaften

• MIW• BIW

• Verfahrenstechnik• Verarbeitungstechnik• Fertigungstechnik• Energietechnik• Informationstechnik

• Arbeitsorganisation• Ergonomie• Arbeits-/Umweltschutz• Arbeitssicherheit

TechnikwissenschaftenBetriebswissenschaften

Naturwissenschaften Geistes-/Sozialwissenschaften

Quellen des Chemieingenieurwesens

naturwissenschaftlich-methodische Quelle

technologisch-gegenständliche Quelle

Technologie(BECKMANN)

Alchemia(LIBAVIUS)

Handarbeit(Ak/Am/Ag)

Maschinenarbeit(Am/Ag)

Mechan. Künste(LEUPOLD)

spezielleTechnologie

allgemeineTechnologie

chemischeTechnologie

UnitOperations

Fertigungs-operationen

(Ag)

(Am)

Industrielle Revolution

Konzepte

mechanischeTechnologie

Erscheinungsjahre allgemein-technologischer & chemisch-technologischer Lehr- & Handbücher in Deutschland (Auswahl)

Technologie allgemeinBeckmannHerrmannCunradiLamprechtPoppeHermbstädtRüst

Chemische TechnologieGmelinLampadiusSchubarthHerzbergMusprattKnappWagnerBolleyZwickPost (Ost; Rassow)Medicus

1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960

I I I I I IIII

I I I I I II I

I

II

I I I II I

I I II I I

I II I I II III I I I I II I I IIII I

II I I II I I I I I IIIIII II I I IIII III I

I

Spezielle Technologie

K. Karmarsch (1803 - 1879): F. L. Knapp (1814 - 1904):

Grundriss der mechanischen Technologie (1837 - 1841)

Lehrbuch der chemischen Technologie (1847)

Hauptgebiete der mechanischen & chemischen Technologie

Mechanische Technologie(nach KARMARSCH)

1. Metallverarbeitung2. Holzverarbeitung3. Steinverarbeitung4. Glasverarbeitung5. Spinnerei/Weberei6. Papierverarbeitung

Chemische Technologie(nach KNAPP)

1. Brennstoffe, Heizung, Beleuchtung2. Alkalien und Erden3. Tonwaren4. Kalk, Mörtel, Gips5. Nahrungsmittelgewerbe6. Bekleidungsgewerbe

Beispiele für die Gliederung der mechanischen & chemischenTechnologie um 1850

Metallverarbeitung (KARMARSCH) Industrie der Alkalien und Erden (KNAPP)

o Eigenschaften und Gewinnung

o Operationen der ersten Verarbeitungsstufe:Gießen, Schmieden, Walzen, Drahtziehen

o Operationen zum Zusammenfügen:Falzen, Nieten, Löten, Schweißen

o Operationen zum verzieren:Schleifen, Polieren, verzinken, Vergolden

o Metallfabrikation:Nägel, Ketten, Nadeln, Münzen, Zahnräder, Schlösser, Uhren

o Schwefel (u.a. Sublimieren)

o Schwefelsäure (u.a. Destilieren)

o Kochsalz (u.a. Versieden)

o Soda (u.a. Kristallisieren)

o Borax (u.a. Kristallisieren)

o Schweißpulver (u.a. Trocknen)

o Scheidewasser (u.a. Destillieren)

o Alaun u. Vitriole (u.a. Kristallisieren)

Struktur der Chemischen Technologie nach G. Lunge (um 1890)

Allgemeine chemische Technologie Spezielle chemische Technologie

o Prozesse und Apparate:

Filtration, Kondensation,Absorption, Schmelzen,Destillation, Kristallisation,Elektrolyse, Verdampfung,etc.

o Technische Analyse

o Grundlagengebiete:

Technologie des Wassers, der Brennstoffe, der anor-ganischen Großversuche

o Spezialgebiete:

Metallurgie, Baustoffe,Sprengstoffe, Glas, Keramik,Papier, Farbstoffe, Fette,Seifen, Düngemittel, Gerberei, Lebensmittel, etc.

Wesentliche französische & englische Vertreter bei der Entwicklung der Schwelsäure- & Sodaproduktion

L. H. Duhamel de M.

L. B. G. de Morveau

J. F. M. Malherbe

J. A. C. Chaptal

J. Dizé

CH. B. Desormes

N. Clement

J. -L. Gay-Lussac

Frankreich England

1720 1760 1800 1840 1880

N. Leblanc

J. Roebuck J. Muspratt

W. Gossage

D. Gamble

J. S. Russel

J. Glover

H. Deacon

A. W. Williamson

W. Weldon

L. Mond

700

600

500

400

300

200

100

1840 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910

EnglandFrankreichDeutschlandUSA

1930[kt/a]

800500600

1.520

Sodaproduktion der haupterzeugenden LänderPr

oduk

tions

men

gekt

/a

vorwiegend LeBlanc-Verfahren ab ca. 1880 vorwiegend Solvay-Verfahren

3000

2000

1000

200

1840 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920

GAY

-Lus

sac-

„Tur

m“

Blei

lötv

erfa

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GLO

VER-

„Tur

m“

Prod

uktio

nsm

enge

ktJahresproduktion an Schwefelsäure (62,5% H2SO4)

EnglandFrankreichDeutschlandUSAWelt

1925[kt]

1.3001.8401.8006.300

ca. 15.000

F. Redtenbacher (1809 - 1863) über die CHEMIE:

[„125 Jahre TH Karlsruhe“ S.83]

„Diese Wissenschaft ist bis jetzt ihren isoliertenErfahrungsweg gegangen, und sie hat darin rechtgetan, … aber sie hat so ungeheure Fortschrittegemacht, daß sie über ihren eigenen Kopf hinaus-gewachsen ist, sie erkennt es selbst, daß sie sichin das Gebiet der Physik und Mechanik hinauf-kultiviert hat und wird sicherlich in Verbindungmit der Mechanik zu einem neuen großenAufschwung gelangen.“

30er Jahre

Gründungen wesentlicher chemischer Fabriken in Deutschland von 1830 - 1880

Ultramarinfabriken WermelskirchenNürnbergRheinlandMineralfarbenfabriken

1840

1841

Erste dt. Sodafabrik(LEBLANC - Verfahren)

Erste dt. Schwefelsäurefabrik(Bleikammerverfahren)

Schönebeck

Berlin

1861

1863

18601863

186518671872

Erste Kalisalzfabrik Staßfurt

Chem. Fabrik Griesheim

Teerfarbenfabriken:QEHLER - WerkeFr. BAYER u. Co.MEISTER, LUCIUS und BrüningKALLE u. Co.LEONHARD, Farbenwerke

BASFAGFAL. Casella

OffenbachElberfeld (Leverkusen)HöchstBiebrichMühlheim

LudwigshafenBerlinFrankfurt/M.

AN

ORG

AN

IKA

ORG

AN

IKA

Zahl der Betriebe & Beschäftigten in der chemischen Industrie

Deutschlands 1850 - 1924 [%](berechnet und angepasst aus Gewerbe- und Berufsstatistiken sowie Zählungen der Berufsgenossenschaft)

Zahl der Beschäftigten/chemische Fabrik

Jahr 1880 1900 1920

Chem. Industrie 19 35 63

Sprengstoffindustrie 28 80 110

Kohleteerdestillation 20 90 120

Säure/Laugen/Salze/Gase 50 110 240

Teerfarbenindustrie 150 620 2150

BASF 1.534 6.700 11.000 (1914)

1500

1000

500

300

100

1860 1880 1900 1920

Gründerphase Konzentrationsphase

Beschäftigte

Fabriken

Stei

geru

ng

%

Typische Merkmale der Produktion von Teerfarben & Grossanorganika

Merkmale Teerfarbenproduktion Anorganika-Produktionstoffliche:

Produktzahl

Masse/Produkt

Veredlungsgrad

Preis/t (um 1900)

8.000 bis 9.000

ca. 100 t/a

sehr hoch

103 bis 104 M

ca. 250

ca. 100.000 t/a

gering

101 bis max. 103 M

technisch-technologische:

Faktor Maßstabsübertragung

Arbeitsmittel

Chemismus

Hauptoperationen

Prozessbedingungen

Prozessführung

Mechanisierungsgrad

ca. 101 bis 102

Billige Einzelapparate

kompliziert und im Mittelpunkt

chemische

in der Nähe der Normalbedingungen

vorwiegend Chargenbetrieb

relativ gering

wissenschaftliche Anforderungen

- an Chemie

- an physikalische Chemie

- an Technikwissenschaften

sehr hoch

gering

gering

gering

sehr hoch

sehr hoch

bis 103

Großanlagen

überschaubar

physikalische

Temperatur 2.500 K; Druck: 200 at

kontinuierliche Verfahren

sehr hoch

Zusammenhang zwischen wesentlichen chemischen Verfahren 1860 - 1914 in der Chemieindustrie Deutschlands

Verfahren Probleme/Bemerkungen1860 - 1880 Entwicklung der TEERFARBEN-INDUSTRIE

(Beginn der Ablösung von Naturprodukten)Beginn umfassender WECHSELBEZIEHUNGENzwischen CHEMIE und CHEMIEINDUSTRIE

MASSENBEDARF an ANORGANIKA(billiger, hohe Reinheit)

1880 - 1914 Neue Generation ANORGAN. GROSSVERF::

Anstieg TECHN.-TECHNOLOG. Problemeo Heterogene Katalyseo Hochtemperaturverfahren

Produkt

SodaSchwefelsäureChlorNatriumhydr.ReinmetalleAluminium

Karbide

alt

Leblanc-VerfahrenBleikammer-Verf.Weldon/DeaconKaustifizier. v. Soda

------

---

neu

Solvay-Verf.Kontakt-Verf.ElektrolyseElektrolyseElektrolyseSchmelzfluss-elekrolyseElektrtherm.Verfahren

1900 - 1920 Echtfarbstoffeo Indigo, Indanthrene, Schwefel-Naphthol

Pharmazeutika

Forderungen Textilindustrie:lichtecht, waschechtTypenbereinigung Teerfarben → Massenproduktion

Rahmenbedingungen für die Entwicklung derchemischen Industrie in Deutschland (2. Hälfte 19. Jh.)

o kaum Kolonialmärkte und Rohstoffquellen

o politische Zerrissenheit bis 1871

o wenig Bankkapital; damit weniger Risikobereitschaftfür größere Anlagen

o ein miserabler Maschinen- und Apparatebau („billig und schlecht“ Zitat REULEAUX 1876)

o Reformen nach der Reichseinigung u.a. einheitliches Patentgesetz (mit Vorprüfung und „Verfahrenspatent“)

o ein modern ausgebildetes und großes Chemikerpotential(z.B. Liebig-Schule)

anorganisch organisch

„Wirst leicht sehen, welches Fach seinen Mann am besten nährt …“

Piloty,K. A. Hofmann,L. Vanino

Baeyer,W. Königs,Joh. Thiel

(Professor Vanino, München)

Quellen des andauernden Erfolges der deutschen chemischenIndustrie nach Heinrich CARO (1834 - 1910)

o wissenschaftliche Durchdringung der Praxis bis in die letzten Adern

o unablässige Fühlung mit − dem Erfindungsgebiet− der theoretischen wie angewandten Chemie− den Marktbedürfnissen

o streng durchgeführte Teilung der Arbeit

o harmonisches Zusammenwirken aller Kräfte

o Charakterfestigkeit der Leiter:

• Geschäftssinn, Fleiß, Ordnung, Sparsamkeit

„Es ist falsch zu sagen, dass die deutsche Farbindustrie engereBindung an die Wissenschaft als die englische und diefranzösische hat, sondern in den deutschen Betrieben selbstsind Wissenschaftler beschäftigt.

Es sind Chemiker, die ein regelmäßiges Gehalt beziehen, für das, was der Engländer `Nichtstun´, der Deutsche aber `Forschen´ nennt.“

G. Williams1895

„Der ALKOHOL gab den Anlaß zurDESTILLATIONSINDUSTRIE,

dem Grundstock dermodernen chemischen Industrie und der

ersten Industrie auf wissenschaftlicher Grundlage.“

J. D. Bernal

Erstanwendung verfahrenstechnischer Prinzipien in charakteristischen chemisch-technologischen Verfahren

VerfahrenPrinzip

Nebenprodukt-verwertung

Abwärme-nutzung

KontinuitätKreislauf

„recycling“Gegenstrom

Ethanolgewinnung 17. Jh. 18. Jh.16. Jh.

(Kühlprozess)um 1800

16. Jh.(Kühlprozess)

Bleikammerverfahren um 1860 um 1860 um 1815 um 1860 um 1835

SOLVAY-Verfahren nach 1860 nach 1870 nach 1870 um 1870 um 1870

Ammoniakgewinnung aus Gaswasser

(um 1880) nach 1880 nach 1890 --- um 1890

Teerverarbeitung (um 1860) um 1880nach 1900

(z.T. um 1925)um 1880 um 1890

Erdölverarbeitung um 1880 um 1880 um 1880 um 1880 um 1900

Rosenhut mit zwei Ausgussrohren

Kontinuierliche still-head Kühlung

Entwicklung des LEBLANC - Soda - VerfahrensCaCl

H2SO4

HCl

bis ~ 1840Zersetzungsreaktionab 1790: off. Bleipfannenab 1840: Gußeisen-Pfannen

u. geschloss. Öfen

NaHSO4

HCl

Calcinieren (700°C)ab 1790: offene Herdeab 1840: geschl. Muffelöfenab 1875: mechan. Öfen

Schmelzprozess mitC + CaCO3; 1000°Cab 1790: off. Flammöfenab 1840: geschl. Herdöfen

geschl. Etagenöfenab 1865: Drehrohröfen

(patent. 1853)

Auslaugen (~40°C)ab 1790: Dekantierlaugereiab 1820: 10-12 Holzkästen in

Kaskadenanordnungaushebbare Siebkästen

ab 1860: Laugenumlauf im4- bis 8-Kammer-Wechselbetrieb

Rückst.CaSetc.

Roh-soda-lauge

Na2SO4

1

Eindampfen und„Weißbrennen“ab 1790: Bleipfannen

Flammöfen

„black ash“82%

Endproduktbis ~ 1870

bis ~ 1860

bis ~ 1850

Fließschema des SOLVAY - Verfahrens zur Sodaproduktion

gesatt.NaCl-Lsg. NH3 CO2

NH3 - AbsorptionT = 60 - 70°CKesselbatterie mitGlockenbodenkolonneNachkonzentrieren

CO2 - Absorption undNaHCO3 - FällungT = 30 - 40°C p = 2-3 at• Gefaßabs. quasikontin.• Kolonnenabs. kontin.Siebbodenkolonnen

Filtration

Kreislauf

Kreislauf

NaHCO3

NH3-Ablauge

CO2

Calcinierengescloss.THELEN-Pfannen

Desorption u. Zer-setzung m. CaCO3

Obersäule mitTellerbödenUntersäule mitGlockenbödenRöhrenkond.T ~ 60 - 70 °C

NH3

Na2CO3

98- 99 %

AblaugeCaCl2

Der Fällturm der SOLVAY-Anlage

Anlagenteil zur Ammoniak-rückgewinnung nach SOLVAY

Erdölfraktionierungsapparat nach H.A. COFFEY

Erdölfraktionierungsapparat nach SCHUCHOW und INTSCHIK

Der Destillationsapparat zur Benzolgewinnung aus Teer nach MANSFIELD

Der Teerfraktionierapparatvon COUPIER

Tendenzen der chemischen Industrie ab etwa 1900:

oKontinuierliche Verfahren

oKatalyse

oMassenproduktion

Entwicklungsmerkmale der chemischen Industrie im 20 Jh.

Bereich Merkmale

Wirtschaftsstruktur Multinational, global

Wirtschaft Massenproduktion

Technik Hochdruckanlagen

Technologie Kontinuität, Prozesssteuerung

Technikwissenschaften Chemieingenieurwesen

Chemie

KunststoffeProdukte

Katalyse, Polymerisation

Rohstoffe Kohle, Erdöl/Erdgas

Großtechnische Verfahren zur heterogenen Gaskatalyse

1896

1908

1913

1923

1927

1929

Schwefelsäure - Kontaktverfahren BASF

(CI. Winkler/R. Knietsch)

Oxidation von NH3 am Pt-Kontakt Zeche Bochum

(W. Ostwald/E. Brauer)

Ammoniaksynthese BASF

(F. Haber/ C. Bosch)

Methanolsynthese BASF

(M. Pier)

Kohlehydrierung - IG - Verfahren BASF/IG

FT - Verfahren KWI/

(F. Fischer/H. Tropsch) Ruhrchemie AG

Men

sche

n pr

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land

20

15

10

5

01800 1815 1900 1950 2000

Ägypten

Java

Niederlande China

Bevölkerungsentwicklung nach Einführung der Ammoniaksynthese (1913)

NH3

Wel

tbev

ölke

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illia

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Verb

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Meg

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Stic

ksto

ff

1900 1925 1950 1975

100

80

60

40

20

00

1

2

3

4

5

6

3 H2 (Wasser) + N2 ↔ 2 NH3 ∆RH = -92,4 KJ

steigender Druck: Ausbeute steigt

Steigende Temperatur: Ausbeute sinkt aber Geschwindigkeit steigt

Betriebsbedingungen: 250 bar (Risiko!)550 °CAusbeute 15% !

Ökonomie durch

KREISLAUFPRINZIP!

UMLAUF - „PUMPE“(als Beginn einer techn. Entwicklung)

Chronologie zu physikalisch-chemischen Grundlagen der Ammoniaksynthese

ab 1850

1904/05

1904

1907

1908

1908

1908/09

1909

1909

1909

1909

Chemische Gleichgewicht, Kinetik, Katalyse, Massenwirkungsgesetz

Grundlagenarbeit

Bildung von NH3 aus den Elementen,bis 1000 °C

Ausbeute 0,01% F. HaberG. v. Oordt

erste experimentelle Arbeiten zurNH3 - Synthese

unter erhöhtemDruck

W. Nernst

Arbeitsdruck 40-75 at; 685-1040 °C Ausbeute ~ 1% W. Nernst

Arbeitsdruck bis 30 at; bis 1000 °C Ausbeute 1,6% F. HABERR. leRossignol

Brief an die BASF; Einverständnis;Übergabe der Forschungsergebnisse

[Carl Bosch] F. Haber

Zirkulationspatent F. Haber

Osmiumpatent F. Haber

Hochdruckpatent > 100at F. Haber

Uranpatent F. Haber

Arbeitsdruck 185 at; ~900 °C;Kreislauf mit Umlaufpumpe im “Laboröfchen“

Ausbeute 80g/h F. Haber

Chronologie zur Überführung der Ammoniaksynthese

1900

bis 1908

1909

1909

1910

bis 1919

ab 1910

1911

1911

1913

1911/13

Fehlerhafte Versuchsresultate an BASF W. Ostwald

Abwartende und beobachtende Haltung der BASF

Mischkatalysatorpatent (reine Schutzbehauptung)

Laborhochdruckapparatur bei BASF

Eisenmischkatalysator-Patent Katalysatorproblem

ca. 10.000 Versuche mit ca. 4000 Katalysatoren Katalysatorproblem

Pilotanlage (1000-fach zu Haber´s Laborapparatur)

Nichtdruckfestes Futterrohr, druckfestes Mantelrohr genialer Gedanke von Bosch

Erster Betrieb ohne ständige Heizung; mit Knallgas-flamme Wurde angefahren (umständlich und gefährlich)ab 1921 elektrische Widerstandsheizung

Patent: Katalysatorkühlung; (Temperaturregelung,Vermeidung lokaler Überhitzung)

Lösung von weiteren Werkstoff-,Apparate- undAnordnungsproblemen

Planung & Ausführung des Werkes Oppau

1911

1912

09.09.1913

1914

April 1915

ab Mai 1916

27.04.1917

Plan der BASF für ca. 8.000 t/Jahr = 20.000 kg/Tag

Baubeginn

Produktionsaufnahme

Erweiterungsbauten für 40.000 t/Jahr = 100.000 kg/Tag

Erster großer Kontaktofen 800 mm Ø; 12 m Länge

Fliegerangriffe auf das Werk Oppau→ Plan für die Ammoniakfabrik

Merseburg

Mai 1916 Baubeginn der AmmoniakfabrikMerseburg

erstes Ammoniak aus Leuna

Zahl der deutschen Reichspatente während der Entwicklungs- & der Rationalisierungsphase der Ammoniaksynthese

Zur Geschichte des Begriffs: IngenieurIm klassischen Rom gehörte die Entwicklung, der Bau und dieAnwendung von „Maschinen“ zur architectura, und verantwortlichfür die Kriegstechnik war der architektus militaris

1196

1238

1248

1196

um 1450

erst 1828

In „Annales Placentini Guelfi“ nennt man die Erbauer von Befestigungsanlagen …

---

in Frankreich erwähnt …

im navarresischen Krieg wird ein „maestra Bertran“ bezeichnet als …

für die Verfertiger von Kriegsmaschinen findet breitere Verwendung der Begriff…

Thomas TREDGOLD (Dampfmaschineningenieur) …

encignerius

inzegnerium

maistre enginierre

engeynnyre

ingenier

civilingenieur

Gelehrsamkeit versus Handarbeit oder(Natur-) Wissenschaft versus Technik

o “Laß Dir das Schreiben angelegen sein, auf daßDu Dich vor harter Arbeit jeder Art bewahrest undein hoher Beamter von großem Ansehen werdest“

o “Sklaven sind sprechende Werkzeuge“

o “Die mechanischen Künste sind des Schweißesder Edlen nicht wert.“

o “Die Festigkeit eines Bauwerkes ist umgekehrtproportional zur Gelehrsamkeit seines Baumeisters.“

o “Ekelnamen der Brotwissenschaften“ gilt für Fächer,die zum Gebrauch des Lebens dienen

o Praktische Wissenschaft ist etwas für “mittelmäßige Geister“,für “Köpfe zweiter Klasse“

Ägyptische Urkunde(ca. 3000 v.u.Z.)

Aristoteles(um 350 v.u.Z.)

M. Seneca(um 50 n.u.Z.)

Mittelalterliche Sentenz(um1700)

F. W. Schelling(um 1820)

F. Schleiermacher(um 1810)

Vorläufer der Polytechnica(nichtzünftige Gewerbe!)

oUm 1750: Militärschulen• Frankreich (Colbert)• Österreich (Maria Theresia)

oBergakademien

• 1765 Freiberg• 1770 Berlin• 1770 Schemnitz (Ungarn)• 1775 Clausthal

Der Neuhumanismus gepaart mit philosophischem Idealismus und Romantik zog tiefe Gräben zwischen:

oHumanismus und Utilitarismus

o„Geist“ und „Industrie“

o„Menschenbildung“ und Spezialbildung

o„reiner“ und (bloß!) „angewandter“ Wissenschaft

o„ Wissenschaft“ und „Leben“

Die neuhumanistische Universität

o Einheit von Lehre und Forschung

o „zweckfreier Bildungsauftrag“

o „Menschenbildung an sich“

o „Wissenschaft als reine Idee“

o Einsamkeit und Freiheit

Vertreter:

u. a.

J. G. Fichte (1762 - 1814)

W. v. Humboldt (1767 - 1875)

F. Schleiermacher (1768 - 1834)

H. Steffens (1773 - 1845)

Polytechnische Schulen(bis in die 1850er Jahre)

o In den Residenzstädten (starkes Bürgertum)

o „Höhere“ Berufsbildung in den „Niederen“ Künsten

o per Gesetz:

• Dozent hat nur eine „weisungsgebundeneUnterrichtsaufgabe“

• Polytechnika werden durch das Prinzip der• Einheit von Lehre und Forschung nicht gedeckt

o „Zöglinge“, ab 1880 „Studierende“ (nicht Studenten)

Technische Hochschulen(Gründungsjahre & Umbenennungsjahr zu Technische Hochschule)

1794 Ecole Polytechnique Paris1799 Bauakademie/Gewerbeakademie 1879 Berlin1803 Polytechnische Schule 1879 Prag1815 Polytechnische Schule 1872 Wien1825 Polytechnische Schule 1865 Karlsruhe1823 Polytechnische Schule 1890 Dresden1827 Polytechnische Schule 1868 München1828 Polytechnische Schule 1902 St. Petersburg1829 Polytechnische Schule 1876 Stuttgart1831 Polytechnische Schule 1879 Hannover1835 Polytechnische Schule 1877 Braunschweig1836 Polytechnische Schule 1869 Darmstadt1849 Polytechnische Schule 1873 Brünn

1855 Technische Hochschule Zürich1870 Technische Hochschule Aachen1904 Technische Hochschule Danzig1910 Technische Hochschule Breslau

… einige Highlights …

1856

1860er

1868

1871

1877

Gründung des VDI in Alexisbad (Harz),1. Vors.: F. Grashof

Betriebslaboratorien bei Krupp(später: chem. Industrie)1. techn. Prüfanstalt: J. Bauschinger (München)

1. Maschinenlaboratorium auch für LehrzweckeC. Linde (München)

1. Deutsches Reichspatentgesetz, “Verfahrenspatent“

1876 Weltausstellung in PhiladelphiaF. Reuleaux: deutscher Maschinenbau

=„billig und schlecht“

1887 Einführung “made in germany“ durch Großbritannien

Titelfrage / Promotionsrecht (I)1880 Versammlung von Vertretern aller TH in Berlin

o Einigung auf „Doktortitel“o „Ingenieur“ war noch „vogelfrei“

1894 Geheimversammlung in Eisenach

o „Doktor der Chemie“ als Trojanisches Pferd

1895 Anträge „Dr. Chem.“ (Ausnahme: TH München)

o Sturm der Entrüstung durch Universitätschemiker (u.a. Hofmann, Nernst)

o E. Fischer: „vorbehaltlos ebenbürtig und gleichrangig“

1897 Alleingang TH München: „Dr. techn. Wiss.“

o Althoff wartet abo Kultusminister Bosse lehnte strikt ab

Tector, Technognost, Technosoph, Technologe, Ductor, Constructor, Bauleiter, Regierungsingenieur, Staatstechniker, Reichsingenieur,

Ingenieur, Oberingenieur

Diplom-Ingenieur

Doktor-Ingenieur

Titelfrage/Promotionsrecht (II)ab 1898 Fortgang zunehmend von der Rolle des Kaisers bestimmt; er

beruft Rektoren von Aachen, Berlin und Hannover ins „Herrenhaus“„Kraft allerhöchsten Vertrauens“Rolle des Elektrotechnikers Prof. A. Slaby!

27. Jan. 1899 Kaisers Geburtstagvorher Anträge „Promotionsrecht Dr. rer. techn.“(Ausnahme: TH München)

Aug. 1899 Versprechungstaktik von Kultusminister Bosse o Sendet erst jetzt Bericht an Kaiser o Bosse tritt zurück; Nachfolger: Studt

Aug./Sept. 1899 salomonische Lösung von Althoff:o „Dipl.-Ing.“ in deutscher Schrifto „Dr.-Ing.“ in deutscher Schrift

11. Okt. 1899 „Gnadenakt“ des Kaisers

… die Universitäten müssen sich jetzt vorkommen

wie die entthronten Könige

im Zuge des Triumphators …

Rektor der Heidelberger Universitätzur Centenarfeier der Berliner TH (1899)

„ Gleich sei keiner dem anderen,doch gleich sei jeder dem höchsten!Wie das zu machen?Es sei jeder vollendet in sich!“

J. W. v. Goethe(in der Festrede des Kaisers zur Centenarfeier der Berliner THvom 18. bis 21.10.1899)

Name Studienfach Gebiet der PromotionOrt bzw. Einrichtung und Jahr der Prom.

L. M. Norton(1855 - 1893)

Chemie organ. Chemie Göttingen, 1879

F. H. Thorp(1864 - 1932)

Chemie organ. Chemie Heidelberg, 1893

A. A. Noyes(1866 - 1932)

Chemie physik. Chemie Leipzig, 1890

W. H. Walker(1869 - 1934)

Chemie physik. Chemie Göttingen, 1892

W. K. Lewis(1882 - 1975)

Chem. Engin. physik. Chemie Breslau, 1908

W. H. McAdams(1892 - 1975)

Chemie Chem. Engin. MIT, 1917

T. K. Sherwood(1903 - 1976)

Chem. Engin. Chem. Engin. MIT, 1929

E. R. Gilliland(1909- 1973)

Chem. Engin. Chem. Engin. MIT, 1933

Bildungsgang der Nestoren des Chem. Engin. am MIT

Ursachen für die späte Herausbildung der Verfahrenstechnik in Deutschland

1. Bis um die Jahrhundertwende genügte das stofforientierte Konzept der chemischen Technologie.

2. Die im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts herausgebildete physikalische Chemie ersetzte zum Teil das Konzept der Grundoperationen.

3. Der Erfolg der neuen Großsynthesen (Ammoniak, Methanol, Kohlehydrierung, Polymere u.a.) gab bis ca. 1930 keine Veranlassung zur Konzeptänderung.

4. Die Goßkonzerne organisierten die Zusammenarbeit zwischen Natur- und Technikwissenschaften und ersetzen zum Teil das Profil des Verfahrenstechnikers.

5. Die verfahrenstechnischen Erkenntnisse waren in der Regel patentiert; den Hochschulen fehlte bis um 1930 die Anregung für die Institutionalisierung.

6. Für die Neuhumanistische Wissenschaftsauffassung war der Chemie-Ingenieur ein Antagonismus

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