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Einführung in die psychosomatische Medizin und Psychotherapie Priv.-Doz. Dr. med. Dipl.-Psych. Grabhorn

Einführung in die psychosomatische Medizin und Psychotherapie P riv.-Doz. Dr. med. Dipl.-Psych. Grabhorn

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Einführung in die psychosomatische Medizin

und Psychotherapie

Priv.-Doz. Dr. med. Dipl.-Psych. Grabhorn

...Bereich Psychosomatik

Kranken-versorgung Lehre Forschung Kooperation

Ambulanz

Tagesklinik 15 Betten

Station 716 Betten

Station 816 Betten

Konsil/Liaison-dienst

Zentrum für Psycho- traumatologie

Sigmund-Freud-Institut

Ausbildung:•Medizinstudium

Weiterbildung:•Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie

Fortbildung:•Kolloquien•Wissenschaftliche Konferenz

Essstörungen

SomatoformeStörungen

Depressionen

Psychotherapie-forschung

Neurobiologie

Zentrum fürEssstörungen

Trauma und Traumafolgestö-rungen

Sigmund Freud und die „Entdeckung“ des Unbewussten

• 1885/86 Forschungsaufenthalt bei Charcot an der Salpêtrière, Paris

• Berührung mit Hysterie & Hypnose:Anfälle, Körpersymptome, Erinnerungsausfälle, somnambule und posthypnotische Erscheinungen, irrational unverständliche Träume

• Die Existenz unbewusster seelischer Vorgänge wurde im Hypnotismus „zuerst leibhaft, handgreiflich und Gegenstand des Experiments“ (GW XIII, S. 407)

Von der Neuropathologie zur Psycho-/Neurosenpathologie

Dokumentation hysterischer Symptome unter Hypnose

• Diverse Lähmungen und Zustände psychischer Verworrenheit während der Pflege ihres Vaters.

• Im Wachbewusstsein konnte Anna O. nichts über die Entstehung der Symptome sagen, in Hypnose konnte sie diese Situationen erinnern.

• Konnte sie den in der Situation des ersten Auftretens unterdrückten Affekt abreagieren, verschwanden die Symptome.

• „Kathartisches Verfahren“: Bewusstmachung scheinbar vergessener Erlebnisse und Ausagierung unterdrückter Affekte unter Hypnose.

Anna O.

• Verdrängung: Der Mensch sträube sich dagegen, sich offen mit den unverträglichen Vorstellungen zu konfrontieren.

• Die Konversion seelischer Schmerzen in körperliche diene der Befreiung aus dem quälenden Konflikt zwischen Wunsch und moralischer Verpflichtung, dazu sich eines unerträglichen psychischen Zustands zu entziehen.

• Widerstand: Um es sich bewusst zu machen, musste der Arzt „eigene Anstrengung“ aufwenden, „der Kraftaufwand des Arztes war offenbar das Maß für einen Widerstand des Kranken“ (GW XVI, S. 54)

Das dynamisch Unbewusste: Abwehrkonzept

„Die wenigsten Menschen dürften sich klar gemacht haben, einen wie folgenschweren Schritt die Annahme unbewußter seelischer Vorgänge für Wissenschaft und Leben bedeuten würde.“ (1917, GW XII, S. 11)

Zur Aktualität Freuds

• Das Verstehen unbewusster Motive bleibt Kern des psychoanalytischen Arbeitens

• Das Setting bleibt die Matrix psychoanalytischer Erkenntnis

• Biographisches Verstehen und Entwicklungskonzepte bleiben klinisch bedeutungsvoll (vgl. Habermas, T., 2006)

Zur Aktualität Freuds

Basisannahmen

Die menschliche Psyche …• funktioniert zu großen Teilen unbewusstund ist• wesentlich durch Konflikte bestimmt.

Adverse Childhood Experience Study (ACE)Felitti et al. 2002 (USA, N=18.000)

•ACE-Prävalenz:- Seelische Mißhandlung 11%- Körperliche Mißhandlung 11%- Sexueller Mißbrauch 22%- Substanzabusus d. Eltern 26%- Psych. Kh. der Eltern/Suizid 19%- Gewalt durch Mutter 13%- Inhaftierung Eltern 3% •Je höher ACE-Score desto höher Risiko für:Depressionen, fam. Gewalt, Drogen, Arbeitslosigkeit etc. aberauch Adipositas, Rauchen (COLD)

Das Trauma durchschlägt den Schutzschild, den die seelische Bedeutungsstruktur des Menschen bildet. Es wird dem Körper eingeschrieben und wirkt sich unmittelbar auf das organische Substrat seelischen Funktionierens aus.

Bohleber, Psyche, 2004

Trauma

• Weder Kampf noch Flucht möglich

• Wechsel von Alarm- und Distanzierungs- Kapitulationsreaktion

• Eingefrorener Zustand

Frühe Erfahrungen, persönliche Entwicklung, Gesundheit und Krankheit

Die wichtigsten basalen Erfahrungen des Menschen werden nur zum Teil bewusst, zum größten Teil unbewusst gespeichert.

Schwierige primäre Erfahrungen hinterlassen als „biologischeNarben“ geringere Stressresistenz, was sich z.B. ingesundheitlichem Risikoverhalten, emotionaler Instabilität oder höhererVerletzlichkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen zeigt.

Was ist Psychosomatik heute?

Die Psychosomatische Medizinbeschäftigt sich mit den

Wechselwirkungen zwischenkörperlichen, seelischen und sozialenProzessen im Bezug auf Entstehungvon Gesundheit und Krankheit, ihren

Verläufen undBewältigungsmöglichkeiten.

Was ist das Organ der Psychosomatik ?

Was Sie oft nur sehen,ist die Spitze desEisbergs.

Es ist immer eine individuelleGeschichte

interpersoneller,somatischer undsozialerWechselwirkungen.

Übertragung

Wiederholung früherer (kindlicher oder adoleszenter)Beziehungsmuster in gegenwärtigen Beziehungen.Sowohl positiv als auch negativ.

Bei seelischen Erkrankungen sind die Übertragungen verzerrt:Fixierung des Erlebens auf interindividuell „unangemessene“ Weise (z.B. übergroße Wut, übergroße Angst).

In der psychodynamischen Therapie werden wesentlicheÜbertragungsmuster wieder belebt und bearbeitet.

Gegenübertragung

Zentrale Bedeutung im allen klinischen Bereichen

Wandlung vom „Störfaktor“ (Freud, 1910) zum bedeutsamen Instrument im therapeutischen Prozess (Heimann, 1950)

Psychotherapie wird damit zu einem interaktiven Geschehen.

Kernberg (1983): „die gesamte emotionale Reaktion des Analytikers auf den Patienten in der Behandlungssituation“

Relativ wenig Beachtung in der empirischen Psychotherapieforschung

Wichtigsten psychosomatischen Erkrankungen und ihr Vorkommen in der

Bevölkerung•Somatopsychischen Erkrankungen:

Schwere körperliche Erkrankungen, deren Entstehung oder Verlauf durch psychische Faktoren beeinflusst werden, z.B. Colitis oder Asthma.Schwere körperliche Erkrankungen, in deren Folge es zu einer psychischen Störung kommen kann, z.B. Tumorerkrankungen.

•Essstörungen (Anorexie und Bulimie): 3 %•Depressionen: 12,7 %•Somatoforme Störung (z.B. Schmerzstörungen): 11 %•Angst- und Panikstörungen: 14,9 %•Posttraumatische Belastungsstörung 8 %•Persönlichkeitsstörung: 3-10 %

41% aller Arbeitsunfähigkeitszeiten (der letzten vier Wochen)wegen psychischer Erkrankung (Wittchen et al. 2001)

Klassifikation psychischer Störungen nach der Ätiologie

A ) psychotraumatischA ) psychotraumatischPTBS, dissoziative Störungen,PTBS, dissoziative Störungen, somatoforme Störungen, somatoforme Störungen, Persönlichkeitsstörungen usw. Persönlichkeitsstörungen usw.

B ) ÜbersozialisationB ) Übersozialisation

neurotische Störungenneurotische Störungen

D ) UntersozialisationD ) Untersozialisation

dissoziale Störungendissoziale Störungen

C ) psychobiologischC ) psychobiologisch

genetisch, erworbengenetisch, erworben

Vier ätiologische Einflusssphären und deren wechselseitigen Verflechtungen nach FischerVier ätiologische Einflusssphären und deren wechselseitigen Verflechtungen nach Fischer

1. 30-40% hausärztlicher oder internistischer Patienten leiden an psychischen bzw. psychosomatischenErkrankungen!

2. Oft wird aber zunächst / nur eine körperliche Symptomatik geschildert

3. Psychische Kausalfaktoren / Folgen bei vielen körperlichen Krankheiten bedeutsam

Jeder Arzt ein Psychosomatiker?

Psychosomatik Querschnittsfach + Spezialdisziplin

Innere Medizin Psychiatrie

Psychosomatik &

Psychotherapie

Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie

Spezialgebiet mit besonderer Expertise in der

Erkennung und (insbes. psychotherapeutischen)

Behandlung von krankheitswertigen Störungen leib –und seelischer Vorgänge

Weiterbildung: 5 J.

• 1 Jahr Innere Medizin

• 3 Jahre Psychosomatik

• 1 Jahr Psychiatrie

• Psychosomatik als ärztliche Grundhaltung bei jedem Patienten sinnvoll• Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit spezifischem Profil• Verständnisgrundlage: Biopsychosoziales Modell• Spezielle psychosomatische Krankheitsbilder und Therapie…

Zusammenfassung

• Insgesamt sind Psychotherapien außerordentlich wirksam

Mittlere Effektgrößen aus Metaanalysen (Lipsey, Wilson 1993):

• Psychotherapie (allgemein) 0.85Psychotherapie mit Erwachsenen 0.93Einzelpsychotherapie 1.36Gruppentherapie 1.19

• Demgegenüber:AZT für AIDS 0.47Bypass (Effekt auf Angina) 0.80Cyclosporin (Organabstoßung) 0.39Antikoagulation (Thromboserisiko) 0.30

Ergebnisse von Psychotherapie

• Etwa 25% der Bevölkerung leiden unter einer psychischen Störung von Krankheitswert (Punkt-Prävalenz).

• Etwa 40% der Bevölkerung sind lebenslänglich gesund, d.h. die Lebenszeit-Prävalenz für psychische Störungen liegt bei etwa 60%.

• Psychotherapie ist bei fast allen psychischen Störungen indiziert.

Epidemiologische Untersuchung von Schepank (1994)

Psychotherapie Indikation

• ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess,• zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die behandlungsbedürftig sind (Konsens),• mit psychologischen Mitteln (Kommunikation, verbal/averbal),• in Richtung auf ein definiertes, gemeinsam erarbeitetes Ziel (Symptomminimierung/Änderung derStruktur),• mittels lehrbarer Techniken,• auf der Basis einer Theorie von normalem/pathologischen Verhalten.• In der Regel ist dazu eine tragfähige emotionale Bindung notwendig.

„Psychotherapie ist ...Strotzka (1975)

• unzureichende Motivation u./o. fehlende Möglichkeit für ambulante Behandlung ( regionale Indikation)• Symptomeinschränkungen verhindern ambulante Therapie (z.B. Agoraphobie; somatoforme Schmerzstörung)• Ich-strukturelle Schwäche mit reduzierter Fähigkeit zu kontinuierlicher ambulanter therapeutischer Beziehung• Milieugründe (Partnerschaftskrisen; familiäre Verstrickung etc.)• Herauslösung aus pathogenem Umfeld• z.B. bei somatoformen Störungen zur Erarbeitung einer Therapiemotivation• zu diagnostischen Zwecken bei noch unklarer Einordnung des Beschwerdebilds• bei indizierter komplexer bzw. multimodaler Behandlungsform (z.B. Ess-Störungen)• Krisenintervention

Stationäre PsychotherapieIndikationen - Störungsmerkmale

Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Station 17/1 Therapie-Plan MONTAG DIENSTAG MITTWOCH DONNERSTAG FREITAG

8.00 - 9.00 Uhr RR - P – Gewicht

Einzeltherapie/VT n. Pla

Ab 08.20 Uhr Einzeltherapie

Gr.1 und 2 Nach Plan

9.00-10.15 Uhr Körperth. Gr.2

9.00.9.50uhr PMR

Ess Therapie-Einzel Termine

Ab 08.20 Uhr Einzeltherapie

Gr.1 und 2 Nach Plan

9.00-10.15 Uhr Gestaltungsth. Gr.2

Körperth. Gr.1

Einzeltherapie/VT n. Plan

11.00– 11.50 Uhr Musik-Therapie Gr.2

10.00-10.25Uhr Achtsamkeit

10.30–12.00Uhr Visite

11.00- 12.00 Uhr

Gruppen-Therapie Ess-Therapie Einzel

Feste Essenszeiten: 08.30 - 09.30 12.30 - 13.30 18.30 - 19.30

12.00 - 13.30Uhr Gesamt-

Konferenz

12.15 - 13.ooUhr Team-Sitzung 13.30 - 15.00 Supervision

12.00 - 13.30Uhr Gesamt-

Konferenz

13.30 - 14.30 Uhr Gruppen-Therapie

14.00-15.15 Uhr Gestaltungsth. Gr.2

Körperth. Gr. 1

15.20-16.35 Uhr Märchen/Rollenspiel-

GruppeGr.2

13.30-14.45Uhr Gestaltungsth. Gr.1

Körperth. Gr.2

13.45 - 14.45Uhr Gruppen-Therapie

15.00-15.25 Uhr Achtsamkeit

15.40 – 16.30 Uhr

Ess Therapie(Gruppe)

17.00-17.50Uhr

Musiktherapie Gr.1 15.00-15.25 Uhr

Achtsamkeit

16.00 – 17.00 Uhr Sport

15.40-16.30 Uhr PMR

15.30- 16.45 Märchen/RollenspielGr.1

15.45-16.10Uhr Stations-Runde

Stand 28.4.2010