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304 Zusammenfassung. Es wird gezeigt, dag die Ansicht, der Kaut- schuk ver~indere sich in seinen Eigenschaften im Laufe der Vulkanisation ,vollst~.ndig konti- nuierlich", irrig ist. Mit Hilfe der Chloroformextraktionsmethode 5) wird der Anfang einer neuartigen Vulkanisations- kurve festgelegt (der KV-Kurve), und es zeigt 5) Als das Manuskript dieses Berichtes schon fertig vorlag, erhielt ich die Arbeit yon B ysow: ,,Ueber die Natur de r Kautschukvutkanisation", Journal der russischen physikalisch- chemischen Gesellschaft Bd. 53, S. 1 180. Hier wird zum ersten Male in der Literatur die auf meine Veranlassung yon Ingenieur-Chemiker P au 1 Z i 1c h e r tim Laboratorium der Russisch- ameri- kanischen Gummimanufaktur Treugolnik zu St. Peters- burg 1907--08 ausgearbeitete Chloroformextraktions- methode erw~ihnt. Bysow kommt in seiner ~iufierst interessanten, das Problem der Vulkanisation yon den verschiedensten Seiten beleuchtenden Arbeit auf einen -- yon uns in diesem Bericht noch nicht erw~ihnten Knick in der LOslichkeitskurve zu sprechen, der (wie seit 1908 bekannt) sich nach Beendigung der Weich- gummivulkanisation in gewissen FNlen schaff aus- spricht. Die von uns jetzt gefundenen Ciesetzm~ifiig- keiten mfissen Bysowentgangen sein. Untersuchungen fiber den Beginn der Vulkanisation nach der Extrak- tionsmethode erw~ihnt Bysow in seiner Arbeit nicht. Nauck. sich, dat~ der Kautschuk bei der Vulkanisation eine Reihe von scharf charakterisierten Ver~inde- rungen erleidet, die sich tells nach-, tells neben- einander abspielen. Der Charakter der KV-Kurve bleibt unter allen VerhNtnissen der gleiche. Ver~inderungen der Vulkanisationsbedingungen (des Schwefel- zusatzes, der Vulkanisationstemperatur, des Zu- satzes eines Beschleunigers) vedindern nur die Geschwindigkeit der einzelnen Vorg~nge. Die Vorvulkanisation wird n~iher untersucht und gezeigt, dab sich in ihrem Verlauf zun~ichst eine kontinuierliche Viskosit~tszunahme bemerk- bar macht und dag sie ~ mit einem plStzlichen Herabsetzen der L6slichkeit des Kautschuks endet. Nach beendeter Vorvulkanisation setzen zwei gleichzeitig verlaufende Vorg~inge ein, yon denen der eine durch eine Zunahme, der andere durch eine Abnahme der LSslichkeit des Kautschuks charakterisiert ist. Von dem Aufstellen einer theoretischen Erkl~irung dieser Vorgg.nge wird zun~iehst ab- sichtlieh Abstand genommen. Diese soll erst geliefert werden, wenn weitere Tatsachen bei- gebracht sind. Einige Beobachtungen tiber das gegenseitige Verhaiten yon Silberhalogeniden und sauren bzw, basischen l=arbstoffen Von O d d H a s s e 1 (M/inchen). ( Eingegangon am 12, August 1923.) Im Anschlug an eine gemeinsam mit K. Faj ans 1) verSffentlichte Mitteilung betreffend das gegenseitige Verhalten yon Silberhalogeniden und Eosinfarbstoffen und eine darau~ gegr/in- dete neue Methode zur titrimetrischen Bestim- mung von Silber- und Halogenionen seien hier einige der: dort erw~ihnten und aueh einige weitere kolloidchemisehe Beobaehtungen und zur Demonstration geeignete Versuche etwas n~iher beschrieben. Wegen der Theorie der zu beschreibenden Erscheinungen sei auf die er- w~ihnte Mitteilung verwiesen. 1. Die Nat~riumsalze des Fluoreszeins und seiner Substitufionsprodukte Dibrom-, Tetrabrom- (Eosin), Dijod- und Tetrajodfluoreszein (Ery- 1) K. Fajans u. O. Hassel, Zeitschr. f. Elektro- chem. 29, 495 (1923); vgl. auch Chem.-Ztg. 47, 427, 696 (1923). In der Arbeit in der Zeitschr. f. Elektro- chem. seien zwei Versehen korrigiert. S. 495 (Furl- note 2) mug es heifien: C~oH10OsNa~, S. 496 rechte Spalte, S. 24 lieg: ,,Fluoreszeinnatrium" start ,,Eosin- natrium". throsin) geben in gen/igend konzentrierterLSsung auf Zusatz kleiner Mengen yon Silbernitrat einen Farbenumschlag, wobei der Farbton der LSsung sich vertieft~). Hierbei verschiebt sich (wovon wir uns bei den drei letztgenannten Farbstoffen durch spektroskopische Beobachtung tiberzeugen konnten) die langwellige Grenze des Adsorp- tionsstreifens der L6sung bedeutend gegen rot, w~ihrend die kurzwellige Grenze nur wenig naehfolgt: Fiihrt man den Versuch bei allen Farbstoffen unter gleichen Bedingungen aus, z. B. indem man 0,1 ccm n/10 AgNOs-LSsung zu 50 ccm FarbstofflSsung hinzuffigt, so ist die kl e i n s t e Konzentration, bei der die Farb~inde- rung noch deutlich auftritt, ffir die verschiedenen Farbstoffe sehr verschieden, und zwar unter den erw~ihnten Bedingungen ungef~ihr folgende: 2) Diese Erscheinung, die auf der Bildung der undissoziierten bzw. der kolloiden Silbersalze der Farbstoffe beruht, wird im hiesigen Laboratorium noch eingehender untersucht.

Einige Beobachtungen über das gegenseitige Verhalten von Silberhalogeniden und sauren bzw. basischen Farbstoffen

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Z u s a m m e n f a s s u n g .

Es wird gezeigt, dag die Ansicht, der Kaut- schuk ver~indere sich in seinen Eigenschaften im Laufe der Vulkanisat ion ,vollst~.ndig konti- nuierl ich", i rr ig ist.

Mit Hilfe der Chloroformextrakt ionsmethode 5) wird der Anfang einer neuar t igen Vulkanisat ions- kurve festgelegt (der KV-Kurve), und es zeigt

5) Als das Manuskript dieses Berichtes schon fertig vorlag, erhielt ich die Arbeit yon B y s o w : ,,Ueber die Natur de r Kautschukvutkanisation", Journal der russischen physikalisch- chemischen Gesellschaft Bd. 53, S. 1 180. Hier wird zum ersten Male in der Literatur die auf meine Veranlassung yon Ingenieur-Chemiker P au 1 Z i 1 c h e r t i m Laboratorium der Russisch- ameri- kanischen Gummimanufaktur Treugolnik zu St. Peters- burg 1907--08 ausgearbeitete Chloroformextraktions- methode erw~ihnt. B y s o w kommt in seiner ~iufierst interessanten, das Problem der Vulkanisation yon den verschiedensten Seiten beleuchtenden Arbeit auf einen - - yon uns in diesem Bericht noch nicht erw~ihnten Knick in der LOslichkeitskurve zu sprechen, der (wie seit 1908 bekannt) sich nach Beendigung der Weich- gummivulkanisation in gewissen FNlen schaff aus- spricht. Die von uns jetzt gefundenen Ciesetzm~ifiig- keiten mfissen Bysowentgangen sein. Untersuchungen fiber den Beginn der Vulkanisation nach der Extrak- tionsmethode erw~ihnt B y s o w in seiner Arbeit nicht.

N a u c k .

sich, dat~ der Kautschuk bei der Vulkanisat ion eine Reihe von scharf charakteris ier ten Ver~inde- rungen erleidet, die sich tells nach-, tells neben- einander abspielen.

Der Charakter der KV-Kurve bleibt unter allen VerhNtnissen der gleiche. Ver~inderungen der Vulkanisa t ionsbedingungen (des Schwefel- zusatzes, der Vulkanisat ionstemperatur , des Zu- satzes eines Beschleunigers) vedindern nur die Geschwindigkei t der einzelnen Vorg~nge.

Die Vorvulkanisat ion wird n~iher untersucht und gezeigt, dab sich in ihrem Verlauf zun~ichst eine kontinuier l iche Viskosit~tszunahme bemerk- bar macht und dag sie ~ mit einem plStzlichen Herabsetzen der L6slichkeit des Kautschuks endet.

Nach beendeter Vorvulkanisat ion setzen zwei gleichzeit ig verlaufende Vorg~inge ein, yon denen der eine durch eine Zunahme, der andere durch eine Abnahme der LSslichkeit des Kautschuks charakter is ier t ist.

Von dem Aufstellen einer theoret ischen Erkl~irung dieser Vorgg.nge wird zun~iehst ab- sichtlieh Abstand genommen. Diese soll erst gel iefert werden, wenn weitere Tatsachen bei- gebracht sind.

Einige Beobachtungen tiber das gegenseitige Verhaiten yon Silberhalogeniden und sauren bzw, basischen l=arbstoffen

Von O d d H a s s e 1 (M/inchen). ( Eingegangon am 12, August 1923.)

Im Anschlug an eine gemeinsam mit K. F a j a n s 1) verSffentlichte Mittei lung betreffend das gegense i t ige Verhal ten yon Si lberhalogeniden und Eosinfarbstoffen und eine darau~ gegr/in- dete neue Methode zur t i t r imetr ischen Bestim- mung von Silber- und Halogenionen seien hier einige der: dort erw~ihnten und aueh einige weitere kol lo idchemisehe Beobaehtungen und zur Demonst ra t ion geeignete Versuche etwas n~iher beschrieben. Wegen der Theorie der zu beschre ibenden Erscheinungen sei auf die er- w~ihnte Mit tei lung verwiesen.

1. Die Nat~riumsalze des Fluoreszeins und seiner Subst i tuf ionsprodukte Dibrom-, Tetrabrom- (Eosin) , Dijod- und Tetrajodfluoreszein (Ery-

1) K. F a j a n s u. O. H a s s e l , Zeitschr. f. Elektro- chem. 29, 495 (1923); vgl. auch Chem.-Ztg. 47, 427, 696 (1923). In der Arbeit in der Zeitschr. f. Elektro- chem. seien zwei Versehen korrigiert. S. 495 (Furl- note 2) mug es heifien: C~oH10OsNa~, S. 496 rechte Spalte, S. 24 lieg: ,,Fluoreszeinnatrium" start ,,Eosin- natrium".

thros in) geben in gen/ igend konzent r ie r te rLSsung auf Zusatz kleiner Mengen yon Silbernitrat einen Farbenumschlag, wobei der Farbton der LSsung sich vertieft~). Hierbei verschiebt sich (wovon wir uns bei den drei le tz tgenannten Farbstoffen durch spektroskopische Beobachtung t iberzeugen konnten) die langwell ige Grenze des Adsorp- t ionsstreifens der L6sung bedeutend gegen rot, w~ihrend d i e kurzwell ige Grenze nur wenig naehfolgt: Fiihrt man den Versuch bei allen Farbstoffen unter gleichen Bedingungen aus, z. B. indem man 0,1 ccm n/10 A g N O s - L S s u n g zu 50 ccm Farbstoff lSsung hinzuffigt, so ist die k l e i n s t e Konzentrat ion, bei der die Farb~inde- rung noch deutlich auftritt, ffir die verschiedenen Farbstoffe sehr verschieden, und zwar unter den erw~ihnten Bedingungen ungef~ihr fo lgende :

2) Diese Erscheinung, die auf der Bildung der undissoziierten bzw. der kolloiden Silbersalze der Farbstoffe beruht, wird im hiesigen Laboratorium noch eingehender untersucht.

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Fluoreszein ;> 1 : t000, Dibrom 1:8000, Tetra- brom 1 : 60 000, Dijod 1 : 300 000 a). Bei Erythrosin ist die n6tige Farbstoffkonzentration so klein, dag kS schwer ist, eine bestimmte Angabe zu machen.

2. Arbeitet man mit einer mit AgNOs ver- setzten Parbstoffl6sung, deren Konzentration u n t e r dieser Orenze liegt, so kann man doch sehr sch6ne Farb/mderungen erhalten, wenn man kleine Mengen yon KC1, KBr, K J, KCN oder KCNS hinzuffigt und dafiir sorgt, daft das Silbernitrat noch im Ueberschufi bleibt. Bei Fluoreszein wird dabei die LSsung rosa, bei Dibromfluoreszein braunrot und bei Eosin und Dijodfluoreszein rotviolett. Die Erscheinung wurde in der erw~ihnten Mitteilung auf eine Adsorption des Farbstoffes an den umer den angegebenen Bedingungen entstehenden, mit /iberschtissigen Silberionen bedeekten Solen der schwerlSslichen Silbersalze (z. B. AgCI) zurfick- geffihrt, und es ist deshalb verst~ndlieh, daft sic bei Zusatz yon KF oder K~SO4 ausbleibt.

Ftir einen Demonstrationsversueh oder zum Nachweis yon Chlorionen eignet sich besonders gut eine EosinnatriumlSsung 1 : 8 0 0 0 0 . Man fiigt zu 100 ccm dieser LSsung 7 bis 8 Tropfen (0,25 ccm) einer n/10 AgNO3-L6sung hinzu, wobei die LSsung keine wahrnehmbare Ver- /inderung erf/ihrt. Auf Zusatz yon 1 bis 2 Tropfen n/10 KCI tritt eine Farb~inderung ein. Aueh das Mfinchener Leitungswasser, das ziemlich reich an Chlorionen ist, gab in genfigender Menge zugesetzt die F/irbung.

3. Eine andere hfibsche Farbenerscheinung beobachtet man bei Erythrosin. Gibt man zu 40 cem Erythrosinnatriuml6sung 1 : 50000 etwa 0,70 cem n/50 AgNOs-L6sung, so f~rbt sich die L6sung sehr v.iel tiefer violett4). Beim Zu- ftigen eines Ueberschusses von KBr (z. B. 1 ecru n/50 LSsung) wird die L6sung t beim Passieren des Aequivalenzpunktes) nur ein ganz wenig heller, ohne im entferntesten die Farbe der ursprfinglichen L6sung zu erreichenS/. "Ffigt man jetzt schnell einige Tropfen einer n/50 KJ-L6sung hinzu, so hellt sich die LSsung auf. L~igt man nun die L6sung ganz kurze Zeit stehen, so wird sie allm~ihlich wieder dunkler und erreicht bald fast den Farbton, den sie vor dem KJ-Zusatz hatte. F/igt man jetzt

a) Diese und die folgenden Konzentrationsangaben sind in Gramm Farbstoff pro Kubikzentimeter L6sung ausgedrtiekt.

~) Vgl. Abschnitt 1. 5) N/iheres vgl. loc. cit.

weiteres KJ hinzu, so kann man wiederum eine Aufhellung und dann Vertiefung der Farbe beobachten, und zwar soIange die insgesamt zugeffigte KJ-Menge imVerh~iltnis zu d er urspr ting~ lichen AgNOa-Menge im Unterschuf bleibt. Nut wird die durch Stehenlassen erreichte Farb- vertiefung jedesmal etwas schw~icher. Erst wenn KJ im Ueberschug (etwa 0,75 ccm) ist, vertieft sich beim Stehenlassen die Farbe fiberhaupt nicht mehr.

Die Erkl/irung dieser Erscheinung ist wohl die folgende: Die tiefe F/irbung de rmi t AgNO3 und dann mit fiberschfissiger KBr-LSsung ver- setztenErythrosinlSsung rfihrtvon der Adsorption der Farbstoffanionen am AgBr-Sol her, indem die fiberschtissigen Br-Ionen nicht imstande sind, die Farbstoffanionen aus ihrer Bindung mit den Silberionen 6) der Bromsilberoberfl~tche 7) zu verdr~ingen. Setzt man ]edoch KJ-LSsung hinzu, so werden die Farbstoffanionen durch die leichter als die Br-Ionen adsorbierbaren J-Ionen yon der Oberfl~che verdr~ingt. Man hat also alas System AgBr mit J-Ionenbedeckung, w~ihrend die Farbstoffanionen sich mit der ihnen eigenen Farbe in der LSsung befinden. Infolge der kleinen Lgslichkeit des AgJ wandelt sich aber dieses System [AgBr]J-in das stabilere System: festes AgJ mit Br-Ionenbedeckung 8) urn. Ist dies geschehen, so k6nnen die Farbstoffanionen wieder unter Farbvertiefung adsorbiert werden, indem sie die Br-Ionen yon der Agd-Oberfl~iehe verdr~ingen. Erst wenn alles AgBr in AgJ umge- wandelt und ein kleiner Ueberschuf yon J-Ionen anwesend ist, wird eine Adsorption yon Farb- stoffanionen und dadurch auch das Auftreten der tiefen F~irbung verhindert.

4. Die eingangs erw~ihnte T[trationsmethode beruht darauf, daf die Adsorption der Farbstoff- anionen am Halogensilber s o 1 (unter Farb/inde- rung) leichter erfolgt, wenn die L6sung einen Ueberschufi yon Ag-Ionen enthNt, als im Faile eines Halogenionenfiberschusses. Ganz analoge VerhNtnisse sind bereits be/der Anf/~rbung yon Halogensilber n i e d e r s c h 1 ~ g e n durch einige

s) Die Aniagerung der Farbstoffanionen an SiIber- ionen ist yon einer Farb/inderung begleitet, vgl. auch loc. cit.

7 1 ) Wie ein besonderer Versuch zeigte, genOgt die geringe, in Oegenwart ~berschfissiger Br-Ionen vor- handene Ag-Ionenkonzentration der L6sung nieht, um mit dem Erythrosin ohne Anwesenheit vom AgBr- Sol einen Farbumschlag zu geben.

s) Wahrscheinlich entsteht bei dieser Umwandlung auch neue Bromsilberoberfl~iche, die ebenfatls zur Ad- sorption tier Farbstoffanionen und Vertiefung der Farbe ftihrt.

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der erw~ihnten Eosinfarbstoffe beobachtet worden. So erwahntA, v. Hfiblg) , daf dasmi t AgNO~ Ueberschuf gef/illte, mit Eosinl6sung behan- delte nnd dann ausgewaschene AgBr angeffirbt erscheint. E r land auch, daft dieses rotgef[irbte AgBr durch KBr-LSsung wieder entf~irbt wird.

L/i p p o - C r a m e r i0) untersuchte diese Er- scheinungen n~iher am Erythrosin, wobei es sich zeigte, daf die Entfernung des Farbstoffes durch Bromid-Zusa~ keine vollst~indige ist und dat~ durc~ Baden einer mit Erythrosin sensibilisierten Kollodiumemulsionsplatte (ohne Ag- Ueberschuf) in zehnprozentiger KBr-LSsung deren Empfind- lichkeit nicht gelitten hatte. Er machte darauf aufmerksam, daf dem AgBr der Farbstoff nicht nur dutch Bromide, sondern auch dutch Jodide und Chloride teitweise entzogen werderi kann, w~ihrend Soda und Glaubersalz ohne Wirkung sind. Aehn- liches Verhalten wie beim Anf~irben yon AgBr mit Erythrosin beobachtete er auch mit Eosin und Rose Bengale, w~ihrend das mit anderen Farbstoffen, wie etwa Chinolinrot, Malachitgr/in usw. angef~irbte AgBr beim Hi~zuffigen yon Bromsalz unvefiindert blieb. Besonders interessant ist die Bemerkung L f i p p o - C r a m e r ' s , daf das mit Erythrosin gef~irbte BaSO~ nicht durch Halogenide, wohl aber durch Sulfate, w~ihrend gef~irbtes CaCO3 nicht durch Halogenide oder Sulfate, Wohl aber durch Karbonate entf~irbt wird. Dies steht im besten Einklang mit der Adsorptionsregel yon F. P a n e t h 11) und den yon uns loc. cit. herangezogenen Vorstellungen.

Unsere der neuen Titrationsmethode zugrunde liegenden Beobachtungen an Silberhalogenidsolen stehen auch in bester Uebereinstimmung mit den yon K i e s e r 1~) bei seiner Untersuchung der Anftirbung Yon Silberhalogenid p u 1 v e r n erhal- tenen Resultaten. So vor allem bezfiglich des Einflusses des Ueberschusses yon Brom- bzw. Silberionen in der L6sung, wie auch in bezug auf die Steigerung der Adsorption in der Reihenfolge Fluoreszein, Eosin, Erythrosin, die sich ja bei den Titrationsversuchen, wo noch

9) A. v. Hfibl , Ede r ' s Jahrbuch 1894, S. 189. Diese Arbeit, und die folgenden zwei von Lf ippo- C r a m e r und K i e s e r sind in unserem Anfsatz in der Zeitschr. f. Etektrochem. nicht n~iher besprochen, sondern nut auf S. 497, Fuflnote 4, nachtr~iglich zitiert worden, da sie uns erst nach Erledigung tier Korrektur bekannt geworden sind.

10) L t i p p o - C r a m e r , Arch. f. wiss. Phot. 2, 277 (19ol).

11) F. P a n e t h , Physik. Zeitschr. 15, 928 (1914). r2) K. K i e s e r , Diss. (Freiburg i. Br. 1904).

einige andere Substitutionsprodukte des Fluore- szeins nntersucht wurden, vollst/indigbest/itigt hat.

Auch wir haben einige Adsorptionsversuche mit B r o m s i t b e r n i e d e r s c h l f i g e n ausgeftihrt und zwar zwecks Untersuchung yon deren spek- traler Empfindlichkeit. Es wurde einmal mit Silbernitratfibersehuf. ein anderes Mal mit Ueber- schufi von KBr (in beiden F/illen im Verh~iltnis 5 : 4 ) gef/illt; drittens wurden AgBr-Nieder- schI~ige dutch Vermischen sehr genau aufeinander eingestellter L6sungen yon KBr und AgNO~ erzeugt, wobei darauf geachtet wurde, dab eine ganz minimale Spur yon KBr im Uebersehu~ blieb. Die Niederschlfige wurden einige Male mlt destilliertem Wasser ausgewaschen und mit verdfinnter Eosin- oder Erythrosin-LSsung ver- setzt (Konzentration der Eosinl6sung yon 1:5000 abw~irts; die Erythrosinl6sung war entsprechend verdfinnter). Der erste Niederschlag (AgNO3- Ueberschu~) wurde durch Eosin viel st~irker gef~irbt als der zweite (KBr-Uebersehut~); beim Auswaschen ~inderte der erste die Farbe nicht. w/ihrend aus dem zweiten der Farbstoff fast ganz zu entfernen war. Der dritte Niederschlag nahm gewisserma~en eine Mittelstellung ein, indem er etwas kr/iftiger angeffirbt wurde als der mit K Br-Ueberschuf gef/~llte. Bei Erythrosin war zwischen den verschiedenen F/illungen in bezug auf Anffirbung keiri deutlicher Unterschied zu bemerken ; alle Ffillungen waren kr/iftig ge- f/irbt, und der Farbstoff war durch Auswaschen nicht zu entfernen.

Aehnliches war bei den Titrationen zu beobachten. Hierbei wurden z. B. n/10 KBr und AgNO~- L6sungen aufeinander eingestellt, indem yon jeder L/~sung etwa 20 c c m verwendet wurden und das Volumen beim Endpunkt fund 100 ccm betrug. Die Eosinkonzentration war dabei ungefiihr 1 : 40000. Unmittelbar nach Passieren des Aequivalenzpunktes scheidet sich aus der trfiben Fltissigkeit das AgBr flockig aus, und zwar wenn man vom Br0m- zum Silberfiberschuf schreitet, stark geffirbt, indem der L~sung fast aller Farbstoff entzogen wird; hingegen wird beim Uebergang vom Silber- zum Brom- Ueberschuf das ausfallende AgBr nut sehr sehwach gef~irbt: fast der ganze Farbstoff bleibt in L6sung. Beim Titrieren yon KJ mit AgNO~ und mit Eosin als Indikator finder man sehon bei sehr kleinem Silber-Ueberschuf eine fast vollsfiindige Entf~irbung der LSsung und starke F~.rbung des Niederschlages, w/~hrend beim geringsten Ueberschufi an Jodionen der Niederschlag fast farblos, die L6sung kr/iftig rot erscheint.

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5. Was die Lichtempfindlichkeit ~a) der oben erwfihnten drei Arten yon Niederschltigen be- trifft, so erweist sich der mit Silberfiberschug gef~llte und mit Eosin angeffirbte unter allen verwendeten Liehtfiltern als ~ut3erst empfindlich, indem er sogar unter dem Rotfilter, dessen kurzwellige Durchlftssigkeitsgrenze etwa bei 620 r lag, in wenigen Stunden ganz schwarz wurde. Diezwei anderen Arten derNiederschl~ige (mit Eosin angeffirbt) blieben unter dem Rot- filter v611ig unvertindert; unter einem Grfinfilter (kurzwellige Grenze etwa 490 ~qu) war aber bei dem mit ~qaJivalenten Mengen gefiillten Nieder: schlag eine deutliche, bei dem mitKBr-Ueber- schuB gef~llten eine sehr schwache Verftirbung zu bemerken.

6. Im Zusammenhang mit den theoretischen Vorstellungen, die zur Erkltirung der obigen

.Beobachtungen loc. cit. herangezogen worden s ing schien es yon Interesse zu sein, n~iher zu untersuchen, wie sich basische Farbstoffe gegen- fiber fiberschfissigem groin- bzw. Silbersalz bei der Anf~rbung von Bromsilber verhalten ~4). Ein ans kleinen Mengen yon AgNO3-L6sung and fiberschtissiger KBr-L6sung entstandenes Sol wurde durch lsochinolinrot unter Farb~nderung der L6sung krliftig geftirbt, die intensive Farbe verschwand aber auf Zusatz gr6flerer Mengen yon AgNOa. Die VerhNtnisse liegen also umge- kehrt wie bei den sauren Eosinfarbstoffen. Das Verhalten des ebenfalls basischen R h o d a m i n s 6 G15~ ist ganz analog.~dem des Isochinolinrots; bei jenem verschwindet die intensive Ffirbung schon bei einem ganz kleinen Silberfiberschufl.

la) Die Zersetzung wurde dutch direkte Schw~rzung der Niederschltige im Licht festgestellt, die Empfind- liehkett aus dem Grad der Schw~rzung beurteilt. Die Untersuchungsmethode war ~hnlich der von W. Fran- kenburger, Zeitschr.f. physik. Chem. 1115, 278 (1928), angewandten, vgl. aueh Fajans und W. Franken- burge r , Zeitschr. f. Elektrochem. 28, 499 H922).

t~j Ueber schon vortiegende Versuche fiber die Anf~rbung yon AgBr-Solen durch basische Farbstoffe siehe z. B. Lf ippo-Cramer , Koll.-Zeitschr. 1, 227 (19071; 19, 19 (1916~.

15~ Den Farbstoff verdanken wir tier Freundlich- keit yon Herrn Prof. Dr. H. O o l d s c h m i d t in Kristi- ania. Ueber seine Eignung als tndikator bei Titration yon Silberionen mit Bromionen in saurer LBsung, sowie tiber die Theorie der obigen Beobachtungen vgl. Fajans und H. Wolff, Zeitschr. f.anorg. Cbem. 1924.

Sowohl diese intensive F~rbung als auch die Farbe der Farbstoffl6sung selbst sind den ent- sprechenden Farben bei Eosin sehr tihnlieh, was durch fo!genden Versuch sch6n demonstriert wird: Man gibt in einen Titrierkolben 100 ccm einer EosinI6sung I :50000. in einen anderen 100 cem einer Rhodaminl6sung 1 : 90000. Die zwei LSsungen sehen sehr ~.hnlich aus, nur fluoresziert die letztere kriiftiger Gibt man jetzt aus einer Bfirette zur .Eosinl6sung ein paar Tropfen a l l0 AgNOa-L6sung und zur Rhod- aminlSsung aus einer anderen Bfirette ein paar Tropfen n/10 KBr, so ~ndern sich die Farben nicht. Tauscht man jetzt die Kolben um und gibt zur Eosini6sung einen Tropfen KBr, zur Rhodaminl6sung einen Tropfen AgNOa hinzu, so werden beide L{Ssungen seh6n violettrot. Ffigt man noeh weitere Mengen yon denselben L6sungen. hinzu, so scbI~gt in beiden Kolben die Farbe in die urspr~ingliche am; dabei bleibt die Eosin!Osung noch klar, w~hrend die Lbsung des Rhodamins, das offenbar eine kleinere Schutzwirkung auf das AgBr-So] ausfibt, trfib erscheint. Oiegt man ie~zt die beiden LSsungen zusammen, so kommt die violette Farbe wieder zum Vorschein, indem in der Farbstoffmischnng, g!eichgfiltig ob sie einen Silber- oder Brom- Uebersehug enthNt, entweder das'Eosin oder das Rhodamin am Bromsilber unter Farb~,er- tiefung adsorbiert wird.

Zum Schlug sei noch erwtihnt, dab auch schon bei Zusatz einer genfigend konzen- trierten KBr- oder KJ-L~Ssung zu einer L/Ssung yon Isochinolinrot oder Rhodamin *6) eine Farb- vertiefung eintritt. Das diirfte in ~,hnliehem Zusammenhang mit den Farb~tnderungen bei der Adsorption dieser Farbstoffe amBromsilber stehen, wie es ffir die entspreehenden Farb~inderungen der Eosinfarbstoffe bei AgNOa-Zusatz einerseits, bei ihrer Adsorption am AgBr anderseits in der erw~ihnten Mitteilung besprochen wurde.

Herrn Professor Dr. K. Faj a n s m~chte ieh auch an dieser Stelle fiir sein grot~es and ent- gegenkommendes Interesse bestens danken.

Nanchen, Juli I923.

Chem. Lab. d. Bayer. Akad. d. Wiss,, Physik.-~em. Abtlg.

18) Die k~uflichen Pr~parate dieser Farbstoffe sind salzsaure Salze,

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