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5. FEBRUAR x923 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. 6 Ionen des Serums hierbei spielen, hoffe ich an anderer Stelle demn/ichst ausffihrlich berichten zu k6nnen. (Aus dem Phy- slologischen Institut und dem Biologlschen Laboratorium der Ohirurgisehen Klinlk in Buenos Aires.) UBER DEN EINFLUSS DER GUANIDINVERGIFTUNG AUF DEN CALCIUM- UND PHOSPHATGEHALT DES BLUTES1). Yon L. NELKEN. Durch die Untersuchungen yon NOEL PATEN und FINDLAY sowie yon FRANK, STERN und NOTHMANN ist wahrscheiiilich gernacht worden, dab die parathyreoprive Tetanie aui eine Vergiftung mit Gnanidinen, nach den letztgenannten Autoren nlit dem unmittelbar durch CO~-Abspaltung aus dem Kreatin entstehenden, das Guanidin achtfach an Giftigkeit fiber- treffenden Dimethy]guanidin, zurfickzuffhren sei. Dieser An- schauung steht die s gegenfiber, dab St6rungen des Salz- stoffwechsels, insbesondere Verschiebungen des Ca- und des Phosphatgehaltes der S~/te bei der Entstehung des Sym- ptomenkomplexes der Tetanie wesentlich beteiligt seien. Verminderung des Ca-Gehaltes des Blutes ist/fir die experi- mentelle Tetanie durch Epithelk6rperchenexstirpation beim Tiere and ffr die Spasmophilie der Kinder yon allen Uiiter- suchern fbereinstimmend gefunden worden; bei der Tetanie der Erwachseiien sind die wenigen vorhandenen Resnltate noch nicht zu verwerten; bei der experimeiitellen Tetania gastrica und der durch forcierte Atmnllg erzeugbaren ,,Decar- bonisationstetanie" ergab sich sogar ein Ansteigen des Blut- Ca-Gehaltes. Der Versuch, die beideii Theorieii in Einklang zu bringen, ist zuerst veil WATANABE (Jollrn. of biol. chem. 36, 1918) in der Weise gemacht worden, dab er den Ca-Gehalt des Blutserums bei der Guallidinvergiftung von Kallinchen bestimmte. Er /and, dab der Ca-Spiegel des Serums etwa in der H~Llfte der F~lle zum Tell erheblich sank. Neuerdings konnten GY6RGY und VOLLMER (Arch. f. exp. Pathol. u. Phar- makol. 1922. H. 3/4) bei Katzen nach wiederholter In- ]ektion veil o, I--O,2 g Guan.-nitr. geringes Sinken des Serum- Ca-GehMtes feststellen, bei einem Kanincheii blieb nach Guanidininjektioiien der Ca-Gehalt unver~ndert. In eigellen Versucheii wurde nach der de Waardschen Methode bei Kallinchen und Katzen nach Guanidinintoxi- kation, die zu akuten Tetanieerscheinungen ffihrte, der Ca-Gehalt des Blutes nicht vermindert, sondern bis um 35 % des Ausgangswertes vermehrt gefuiideii ; auch bei chronischer, fiber viele TaRe ausgedehllter Vergiitung mit ]deinen Desert (0,o5--0,2 g pro kg), die nur das Erbsche Ph/inomen aus- 16sten, war kein Absinken des Ca im Blute nachzuweisen. Die anorganischen Phosphate wurden nach der yon EMBDEN zur Bestimmung kleiner Phosphatmengen ange- gebenen gravimetfischen Methode bestimmt und waren bei akuter Guanidinvergiftungin Ubereinstimmung mit WATANABE bis um 125% des Normalwertes vermehrt. W/ihrend die Phosphataiih~ufung im Blute wie bei den fibrigen Tetallieformen (GREENWALD, HASTINGSund MURRAY, ELIAS und SPIEGEL, GY6RGY) SO auch bei der Guanidin- tetanie ein konstanter Befund ist, stellt also die Vermiuderung des Gesamt-Ca-Gehaltes des Blutes und Serums aiischeineiid keine regelm~13ige Erscheiiiung bei Tetanie dar ; bei der Gua- nidintetaiiie kann sie fehlen oder sogar ins Gegenteil um- schlagen. Gleichwohl kann die weselltliche Bedeutung der Calcium-Ioneii-Verminderung /fir die Eiitstehung der Uber- erregbarkeit des Nervensystems bei Tetanie zu Recht be- hauptet werden, da die Ca-Ionen vermindert sein k6nnen, ohne dab sich der Gesamt-Ca-Gehalt des ]3lutes ~ndert. Ein Versuch, die Ca-Ionen-Verminderung /fir sich llachzu- weiseii, ist yon TRENDELENBURG und GOEBEL, VON BAYER nnd YON GEUSSENHAINER mittels des Froschherzens als III- dikator gemacht worden; exakte Bestimmungeii der Ca- Ionen llach der yon ]3RINKMAN und VAN DAM angegebeiien Methode stehen noch aus. *) Die Arbeit erscheint ausffihrlich in der Zeltschr. t. d, "ges. exp. Medlzin. 261 Die~Phosphatvermehrung im Blute steht nach GY6RGY mit der Verarmung des Blutes an freien H-Ionen (Alkalosis) in Zusammenhang und hat nach ELIAS und KORNFELD sowie nach JEPPSSON durch spezifische Phosphat-Anioneii- Wirkung, nach BINGER sowie FREUDENBERG und GY6RGY letzten Endes durch Entionisierung des Calciums des Blutes die tetanische Ubererregbarkeit zur Folge. (Aus der Medl- zinisehen Klinik der Univ. Breslau.) EINIGE BEOBACHTUNGEN 0BER DAS VERHALTEN DER SENKUNGSGESCHWINDIGKEIT DER ROTEN BLUT- KORPERCHEN BEI DER HAMOKLASTISCHEN KRISE. Yon ERNST WIECHMANN und ERIKA VON SCHRODER. Als Ursache der Blutver/inderungen bei der h~moldastischell Krise sieht WIDAL eine brfiske St6rung des physikalisch- chemischeii Gleichgewichts des Blutplasmas resp. seiner Kolloide infolge des Ubertritts uiivollst~ndig abgebauter EiweiBprodukte in die Blutbahll an. Auf der anderen Seite wissen wir, dab Einschwemmung yon h6heren EiweiI3spalt- produkteii in die Blutbahn eine auffallende Senkungsbeschleu- nigung der roten Blutk6rperchen zur Folge hat. Auch hierffir wird neuerdings eine Anderung der physikalischen Struktur des Blutplasmas resp. der Dispersit~t der Plasmakolloide verantwortlich gemacht. Diese Tatsachen veranlaBten fins, der Frage nachzugehen, ob bei Leberinsuffizienz parallel mit der h~moklastischen Krise auch eine Allderullg in der Sedimentierungsgeschwindig- keit der roten BlutkSrperchen eintritt. Untersucht wurden im ganzen 23 Personen. Was die Versuchsanordnullg anlangt, so wurde nach dem GenuB yon 30o ccm Milch in nfichternem Zustande bei vollkommener Bettruhe W~hrend der Dauer yon meistens 3 Stuiiden in Intervallen yon, wenn irgend ang/ingig, 20 Minuten die Leukocytenzahl, der Blutdruck und die Sedi- mentierungsgeschwiiidigkeit der roten Blutk6rperchen' be- sdmmt. Ein Urtefl fiber die Wcrtigkeit der Widalschen Probe steht uns natfflich bei der tdeinen Zahl yon Beobachtungen nicht zu. YVir kSnnen ]edoch sagen, dab die Angabe RETZ- LAIn*S, die h/~moklastische Krise sei bei nachweislich kranker Leber immer positiv, nicht zu Recht besteht. Die folgende Tabelle gibt unsere Resultate wieder. Diagnose Zahl Leukocyten- Absinken des Sedimentierungs- sLurz Blutdrucks beschleunigung r/ I r I Gesund ........ Graviditas mens III . . Graviditas mens VI . . Lues latens (w~hrend de~ SMvarsanbehandlung) Herzinsuffizienz mit Stau. ungsleber ...... Herzinsuffizienz mit Stau. ungsleber ...... Salvarsanikterus .... Icterus catarrhalis . . Icterus catarrhalis . . . Magencarcinom mit Leber. metastasen ..... Cholecystitis ...... Carcinom der Gallenwege Lebercirrhose ..... Megalosplenische Cirrhose (NAUNYN) . . . . . . Exsudativ-proliferativ-cir- rhotische Lungentbc. + + + + + + + + Beim Normalen/~nderte sich die Senkungsgeschwindigkeit durch Milchzufuhr nicht. In Fallen, we ldinisch eille Paren- chymsch/idigung der Leber zu erwarteii war, Ring ganz ver- einzelt ein Leukocytellsturz resp. Absinken des Blutdrucks mit eiller Senkungsbeschleunigung parallel. Diese Senkungs- beschleunigullgmag mallchen fiberraschen, da man ill Analogie

Einige Beobachtungen über das Verhalten der Senkungsgeschwindigkeit der Roten Blut-Körperchen bei der Hämoklastischen Krise

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5. F E B R U A R x923 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 6

Ionen des Serums hierbei spielen, hoffe ich an anderer Stelle demn/ichst ausffihrlich berichten zu k6nnen. (Aus dem Phy- slologischen Institut und dem Biologlschen Laboratorium der Ohirurgisehen Klinlk in Buenos Aires.)

UBER DEN EINFLUSS DER GUANIDINVERGIFTUNG AUF DEN CALCIUM- UND PHOSPHATGEHALT DES

BLUTES1).

Yon L. NELKEN.

Durch die Untersuchungen y o n N O E L P A T E N u n d F I N D L A Y

sowie yon FRANK, STERN und NOTHMANN ist wahrscheiiilich gernacht worden, dab die parathyreoprive Tetanie aui eine Vergiftung mit Gnanidinen, nach den letztgenannten Autoren nlit dem unmit telbar durch CO~-Abspaltung aus dem Kreatin entstehenden, das Guanidin achtfach an Giftigkeit fiber- treffenden Dimethy]guanidin, zurfickzuffhren sei. Dieser An- schauung steht die s gegenfiber, dab St6rungen des Salz- stoffwechsels, insbesondere Verschiebungen des Ca- und des Phosphatgehaltes der S~/te bei der Entstehung des Sym- ptomenkomplexes der Tetanie wesentlich beteiligt seien.

Verminderung des Ca-Gehaltes des Blutes is t /f ir die experi- mentelle Tetanie durch Epithelk6rperchenexstirpation beim Tiere and ffr die Spasmophilie der Kinder yon allen Uiiter- suchern fbereinst immend gefunden worden; bei der Tetanie der Erwachseiien sind die wenigen vorhandenen Resnltate noch nicht zu verwerten; bei der experimeiitellen Tetania gastrica und der durch forcierte Atmnllg erzeugbaren ,,Decar- bonisationstetanie" ergab sich sogar ein Ansteigen des Blut- Ca-Gehaltes. Der Versuch, die beideii Theorieii in Einklang zu bringen, ist zuerst veil WATANABE (Jollrn. of biol. chem. 36, 1918) in der Weise gemacht worden, dab er den Ca-Gehalt des Blutserums bei der Guallidinvergiftung von Kallinchen bestimmte. Er /and, dab der Ca-Spiegel des Serums etwa in der H~Llfte der F~lle zum Tell erheblich sank. Neuerdings konnten GY6RGY und VOLLMER (Arch. f. exp. Pathol. u. Phar- makol. 1922. H. 3/4) bei Katzen nach wiederholter In- ]ektion veil o, I--O,2 g Guan.-nitr. geringes Sinken des Serum- Ca-GehMtes feststellen, bei einem Kanincheii blieb nach Guanidininjektioiien der Ca-Gehalt unver~ndert.

In eigellen Versucheii wurde nach der de Waardschen Methode bei Kallinchen und Katzen nach Guanidinintoxi- kation, die zu akuten Tetanieerscheinungen ffihrte, der Ca-Gehalt des Blutes nicht vermindert, sondern bis um 35 % des Ausgangswertes vermehrt gefuiideii ; auch bei chronischer, fiber viele TaRe ausgedehllter Vergiitung mit ]deinen Desert (0,o5--0,2 g pro kg), die nur das Erbsche Ph/inomen aus- 16sten, war kein Absinken des Ca im Blute nachzuweisen.

Die anorganischen Phosphate wurden nach der yon EMBDEN zur Bestimmung kleiner Phosphatmengen ange- gebenen gravimetfischen Methode bestimmt und waren bei akuter Guanidinvergiftung in Ubereinstimmung mit WATANABE bis um 125% des Normalwertes vermehrt.

W/ihrend die Phosphataiih~ufung im Blute wie bei den fibrigen Tetallieformen (GREENWALD, HASTINGS und MURRAY, ELIAS und SPIEGEL, GY6RGY) SO auch bei der Guanidin- tetanie ein konstanter Befund ist, stellt also die Vermiuderung des Gesamt-Ca-Gehaltes des Blutes und Serums aiischeineiid keine regelm~13ige Erscheiiiung bei Tetanie dar ; bei der Gua- nidintetaiiie kann sie fehlen oder sogar ins Gegenteil um- schlagen. Gleichwohl kann die weselltliche Bedeutung der Calcium-Ioneii-Verminderung /fir die Eiitstehung der Uber- erregbarkeit des Nervensystems bei Tetanie zu Recht be- hauptet werden, da die Ca-Ionen vermindert sein k6nnen, ohne dab sich der Gesamt-Ca-Gehalt des ]3lutes ~ndert. Ein Versuch, die Ca-Ionen-Verminderung /fir sich llachzu- weiseii, ist yon TRENDELENBURG und GOEBEL, VON BAYER nnd YON GEUSSENHAINER mittels des Froschherzens als III- dikator gemacht worden; exakte Bestimmungeii der Ca- Ionen llach der yon ]3RINKMAN und VAN DAM angegebeiien Methode stehen noch aus.

*) Die Arbeit erscheint ausffihrlich in der Zeltschr. t . d, "ges. exp. Medlzin.

261

Die~Phosphatvermehrung im Blute steht nach GY6RGY mit der Verarmung des Blutes an freien H-Ionen (Alkalosis) in Zusammenhang und hat nach ELIAS und KORNFELD sowie nach JEPPSSON durch spezifische Phosphat-Anioneii- Wirkung, nach BINGER sowie FREUDENBERG und GY6RGY letzten Endes durch Entionisierung des Calciums des Blutes die tetanische Ubererregbarkeit zur Folge. (Aus der Medl- zinisehen Klinik der Univ. Breslau.)

EINIGE BEOBACHTUNGEN 0BER DAS VERHALTEN DER SENKUNGSGESCHWINDIGKEIT DER ROTEN BLUT- KORPERCHEN BEI DER HAMOKLASTISCHEN KRISE.

Yon ERNST WIECHMANN und ERIKA VON SCHRODER.

Als Ursache der Blutver/inderungen bei der h~moldastischell Krise sieht WIDAL eine brfiske St6rung des physikalisch- chemischeii Gleichgewichts des Blutplasmas resp. seiner Kolloide infolge des Ubertritts uiivollst~ndig abgebauter EiweiBprodukte in die Blutbahll an. Auf der anderen Seite wissen wir, dab Einschwemmung yon h6heren EiweiI3spalt- produkteii in die Blutbahn eine auffallende Senkungsbeschleu- nigung der roten Blutk6rperchen zur Folge hat. Auch hierffir wird neuerdings eine Anderung der physikalischen Struktur des Blutplasmas resp. der Dispersit~t der Plasmakolloide verantwortlich gemacht.

Diese Tatsachen veranlaBten fins, der Frage nachzugehen, ob bei Leberinsuffizienz parallel mit der h~moklastischen Krise auch eine Allderullg in der Sedimentierungsgeschwindig- keit der roten BlutkSrperchen eintritt . Untersucht wurden im ganzen 23 Personen. Was die Versuchsanordnullg anlangt, so wurde nach dem GenuB yon 30o ccm Milch in nfichternem Zustande bei vollkommener Bettruhe W~hrend der Dauer yon meistens 3 Stuiiden in Intervallen yon, wenn irgend ang/ingig, 20 Minuten die Leukocytenzahl, der Blutdruck und die Sedi- mentierungsgeschwiiidigkeit der roten Blutk6rperchen' be- sdmmt. Ein Urtefl fiber die Wcrtigkeit der Widalschen Probe steht uns natff l ich bei der tdeinen Zahl yon Beobachtungen nicht zu. YVir kSnnen ]edoch sagen, dab die Angabe RETZ- LAIn*S, die h/~moklastische Krise sei bei nachweislich kranker Leber immer positiv, nicht zu Recht besteht. Die folgende Tabelle gibt unsere Resultate wieder.

Diagnose Zahl Leukocyten- Absinken des Sedimentierungs- sLurz Blutdrucks beschleunigung

r/ I r I

Gesund . . . . . . . . Graviditas mens III . . Graviditas mens VI . . Lues latens (w~hrend de~

SMvarsanbehandlung) Herzinsuffizienz mit Stau.

ungsleber . . . . . . Herzinsuffizienz mit Stau.

ungsleber . . . . . . Salvarsanikterus . . . . Icterus catarrhalis . . Icterus catarrhalis . . . Magencarcinom mit Leber.

metastasen . . . . . Cholecystitis . . . . . . Carcinom der Gallenwege Lebercirrhose . . . . . Megalosplenische Cirrhose

(NAUNYN) . . . . . . Exsudativ-proliferativ-cir-

rhotische Lungentbc.

+

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Beim Normalen/~nderte sich die Senkungsgeschwindigkeit durch Milchzufuhr nicht. In Fallen, we ldinisch eille Paren- chymsch/idigung der Leber zu erwarteii war, Ring ganz ver- einzelt ein Leukocytellsturz resp. Absinken des Blutdrucks mit eiller Senkungsbeschleunigung parallel. Diese Senkungs- beschleunigullg mag mallchen fiberraschen, da man ill Analogie

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262 K L I N 1 S C H E W O C H E N S C H R I F T . e. J A H R G A N G . Nr . 6 5. FEBRUAR 1923

z u m anaphy lak t i s chen Schock (L6HR) zun/ichst eine Ver- l angsamung und dann erst eine ]3eschleunigung der Sedimen- t ie rungsgeschwindigkei t h/ i t te e rwar ten mfissen. Es mag seth, dab der beobach te ten Beschleunigung in Wirk l ichke i t eine

Ver langsamung der Senkungsgeschwindigkei t vorangegangen ist, die allerdings wohl k a u m fagbar gewesen w/ire. (Aus der 1. Medizinlschen Klinik [ ProJ. yon Romberg] der Universitiil, M i~nehen. )

K A S U I S T I S C H E M I T T E I L U N G . UMSCHRIEBENE OSTEOMYELITIS DES SCHAMBEINS

UNTER DEM BILDE DIER TUBERKUL~SEN ANALFISTEL BEI EINEM KINDE.

Von

HANS PLAUT. Aus dem Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhause der Stadt Berlin.

Weil die Analfisteln fast framer tuberkulSser Natur sind, kommt man allzu leicht dazu, auch die seltenen F~lle als tuberkul6s anzusehen, welche eine andere Ursache haben. Einen Beleg hierffir hefert die Beobachtung einer Analfistel als Folge ether Meinen postosteomyelitischen Knochensequesterbildung am Schambein.

Ein 6j/ihriger Knabe, familifir tuberkul6s belastet, wird im Oktober 1921 ins Kinderkrankenhaus aufgenommen. Er soll seit 4 Wochen fiebern, naeh• sehwitzen und h/~ufig dfinne Sttihle haben. Die Mutter beobachtete im Sommer 1921 eine kleine, harte, bl/iuliche, Geschwulst neben dem After, ohne ihr Bedeutung beizulegen. Jetzt bemerkt sie an dieser Stelle eine Geschwfirs- 6ffnung und bringt deshalb das Kind tags darauf (Angaben un- genau, siehe unten).

Be]und: Graeil gebauter Knabe in dfirftigem Ern/~hrungs- zustand. Klinisch und r6ntgenologisch wird ein tuberkul6ser Herd im rechten Hilus und Mittellappen und l!nksseitige pleuritische Schwarte festgestellt. Pirquet hum. 4 : 4 , boy. o; Intracutan- probe leicht ger6te~ nnd infiltriert. Einen Querfinger links yore After 6Ifnet sich eine Fistel. Die Sonde dringt 7,5 cm ein, ohne dab eine Verbindung mit dem Rectum festgestellt werden kann. Die W a R ist negativ. Im Zusammenhang mit dem Lungenbefund und der positiven Tuberkulinreaktion wird die Analfistel flit tuber- kul6s angesehen.

Die Behandlung ist entsprechend. W~ihrend sicli abet das All- gemeinbefinden hebt, der Knabe an Gewicht zunimmt, bet Frei- luft und Sonne aufblfiht, t rotzt die Fistel jeder Therapie. Tannin- 16sung, Pepsininjektionen, Spaltung zweier in den Darm durch- gebrochener Seiteng~nge sind erfNglos. Vergebens werden Koch- salz, Pyrogal!olst~ibchen und R6ntgenbestrahlung angewandt. Deshalb wird der Pat. im Mat 1922 nochmals zur chirttrgischen ]3e- handlung verlegt. Bet der Untersuchung in Narkose st6Bt die Sonde in 6, 5 c m Tiefe auf rauhen Knochen. AnschlieBend erfolgt die Operation (Geh.-Radc GLrzCX): Spaltung naeh dem Darm zu, Entfernung eines dattelgrogen Sequesters, Auskratzen des Granu- lationsgewebes Die Wunde vernarbt gut bet relativer Insuffizienz des Sphincterschlusses An der Symphyse ist keine Verscliieblich- keit Iestzustellen, wolff aber ffihlbare Eindellung am 1. horizon- talen Schambeinast.

Histologisch: Der Sequester ist guterhaltener Knocheu mi t kleinen osteomyelitischen Eiterherden. .Die Schnittpr~iparate vom

Fistelwandgewebe sprechen nicht ffir Tuberkulose; es werden keine Tuberkulosebacillen gefunden (Dr. RHEINDORF).

Rdntgenologisch: Links zeigt die Symphyse (Ende des horizon- talen und aufsteigenden Schambeinastes) unregelm~Bigen Defekt mit Verdichtung (Knochennaxbe). Keine Atrophie des Knochens. Geheilte Osteomyelitis (Dr. LANGE).

Nachtr~glich wird folgendes ermittelt: Einige Zeit nach ziem- lich heffigem Trauma der Symphyse erkrankt das Kind im April i92I eines Nachmittags 5 Uhr schlagartig mit Fieber fiber 39 ~ und Mfidigkeit. Es ist nachts verwirrt und schreit auf. Viele Tage abends Fieber. Nach dem Aufstehen scheut sich der Knabe vor dem Gehen, zieht 1/ingere Zeit das linke Bein nach und hat unbe- stimmte Schmerzen im rechten Oberschenkel (Uberlastung?). Die Krankheit wird ffir ,,ReiBen" gehalten. Die ,,dfinnen Stfihle", welche die Mutter im Bert des Kindes land, waren gelb und klebrig (Eiter).

Auf Grund dieser ganz anders lautenden Vorgeschichte und des Verlaufs, zusammen mit dem histologischen und Durchleuchtungs- befund, ist die Fistel Ms niehttuberkul6s anzusehen. Der vorhandene osteomyelitische Sequester erld/~rt ihr Entstehen.

Dazu set auI 3 Punkte aufmerksam gemacht:

1. Den selten isolierten Sitz der Osteomyelitis am Schambein. FR6HN~R hat unter 545 F~illen yon Osteomyelitis nut IO Beckenerkrankungen = 1,8~ . Unter den Beckenknochen wiederum erkrankt das Schambein nicht h~ufig (nach KL~MM 2 real unter 4o F.). Sein geringer Spongiosaanteil wi-d als Grund daffir angegeben. Eine isoberte Osteomye- lJtis des Os pubis ist fiberhaupt nur vereinzelt beschrieben (A. v. BERGMANN, KLZMM).

2. Der auffallend gutartige Verlauf ohne Operation im akuten Stadium. Gerade bet der 13eckenosteomyelitis wird die Prognose ffir sehr ernst gehalten (WALrHER), radikale Ent - fernung bis ins Gesunde gilt als erforderlich (A. v. BERGMANN, KAREWSKI, KLEr~M). Von einem nichtoperierten, am Leben gebliebenen Pat. wird das Auftreten zahlreieher Metastasen (Pleuraempyem, Abscesse) berichtet (SCHNITZLER).

3. Der ungew6hnliche Ort der Fistel6ffnung. Man denke an den suprasymphys~iren oder Leistenabsceg bet Symphysen- tnberkulose. Auch VALTANCOLI sah bet 5 F~llen yon Tuber- kulose des Os pubis nut Fisteln in der Gegend der Adduc- toreninserfion.

SchlieBlich k6nnen tuberkul6se Analfisteln auch durch einen vergessenen Gazestreifen oder eine vereiterte Dermoidcyste vor- get~uscht werden (A. A. LANDSMAN), auch kommen gr6flere Becken- eiterungen ziemlich h/iufig neben dem After zum Vorschein. Der geschilderte Befund ist aber wohl auBergew6hnlich.

PRAKTISCHE ERGEBNISSE. DIE CHIRURGISCHE BEHANDLUNG DES PYLORO-

SPASMUS DER SAUGLINGE.

Von

Professor Dr. HEILE. Aus dem Krankenhaus Paulinensti{t, Wiesbaden.

I n t e rne und chirurgische Behand lung sind be im Pyloro- spasmus in den le tz ten J ah ren zu er f reul ichem For t s ch r i t t gekommen, soweit, dab sie notgedruf igen sich das Krankhe i t s - feld s t re i t ig machen. Sicher w e r d e n viele Kinder / i rz te die chirurgische Hilfe wie frfiher nur fiir desolate F/~lle anrufen, d ie jenigen aber, die den verblf iffenden, m o m e n t a n e n Erfolg der Opera t ion sahen, werden sich ve rp f l i ch te t fiihlen, im ]?;in- zelfalle zu unterscheiden, ob in terne oder ehirurgische Hilfe n6t ig ist.

Die in terne Behand lung h a t gezeigt, dab das Kind bis zum Skele t t abmagern kann, dab es a m Grabesrand v o r b e i k o m m t

und sich doch erhol t und gesund wird, wenn auch of t ers t nach mona te l ange r Zeit. I m Durchschn i t t wird die in te rne Be- handlung, gi inst ig gerechnet , e twa lO% Mortalit/~t haben, wenn moderne ]3ehandlung m i t allen Hi l f smi t t e ln einer An- s ta l t usw. zu Hilfe gezogen werden kann. Die Chirurgie

w i r d gegenfiber dieser S ta t i s t ik e inwenden, dab sie ein zu giinstiges Bi ld gibt , weft die F/~lle e infach und gfinstig ver- laufender Pylorospasmen bet der in te rnen S ta t i s t ik mi t - gerechne t werden. Der Chirurg kann demgegeni ibcr nur schwere F/ille in seiner S ta t i s t ik fi ihren ; er kann keine Fehl - d iagnosen mi t rechnen, da die Opera t ion den obj ek t iven Befund kontrol l ier te , und muB er die klinisch schweren Ffille durchweg im Sp~Ltkrankheitszustand s ta t i s t i sch ffihren, da bislang Fri th- opera t ion nieht in Frage kam. T r o t z d e m haben einzelne Opera- teure gr6Berer Serien nur eine Morta l i t~ t yon 4 % und weniger gehabt . RAM~CISTEDT ha t t e un te r 15 Opera t ionen ke inen Todes- fall, und ich ver lor un te r 26 Ope ra t i onen nur einen desola ten Sps der schon m i t s chweren Stoi fwechsels tSrungen zur