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Empirische Forschungsmethoden
Was ist empirische Sozialforschung?
Unter Sozialforschung versteht man die systematische bzw. wissenschaftliche Beschäftigung mit Phänomenen, die im weitesten Sinne mit dem Verhalten von Menschen zu tun haben
Empirisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Erkenntnisse auf Beobachtungen (auf 'Erfahrung') beruhen bzw. dass theoretische Überlegungen mit der Wirklichkeit konfrontiert werden.
Empirische Forschungsmethoden
Erhebung empirischer Daten in
Naturwissenschaften:Beispiele: Mikroskop, Radioteleskop, ...
Sozialwissenschaften:auch Vielzahl von Techniken: Interviews (persönlich, telefonisch, schriftlich, ...) qualitative Befragung Experimentelle bzw. quasi-experimentelle Quer- und
Längsschnittuntersuchungen Einstellungsmessung und Skalierung
Empirische Forschungsmethoden
Methoden
„Werkzeuge“ - die in der Sozialwissenschaft zur Verfügung stehen, um sich Wissen über die soziale Welt zu verschaffen
Gesamtheit der Methoden - Werkzeugkiste Einsatzorte: soziales Feld, Labor, Archiv, ... wie bei Werkzeug:
unsachgemäße Verwendung – Schaden (z.B. Hammer-Schrauben)
Verwendung muss gelernt werden
in dieser Veranstaltung: Überblick über die grundsätzlichen Möglichkeiten
Empirische Forschungsmethoden
Sozialforschung nicht nur Umfragen, Demoskopie,...
Aufgaben: Wissenschaftliche Grundlagenforschung Praktische, angewandte Forschung
Unterscheidung quantitativequantitative empirische Sozialforschung
beruht auf numerischen Größen und statistischen Verfahren
qualitativequalitative empirische Sozialforschung Erfassen der „Wirklichkeit“ weitgehend mit verbalen Mitteln
wichtig: nicht Methode bestimmt Problem sondern Problem
bestimmt Methode
Empirische Forschungsmethoden
Soziologie Politologie Demographie Betriebswirtschaftsleh
re Ökonomie Psychologie Pädagogik
Humanmedizin Geschichtswissenscha
ft Rechtswissenschaft Kriminologie Ethnologie Anthropologie
Anwendungen in sozialwissenschaftlichen Disziplinen
Empirische Forschungsmethoden
Anwendungen in
Soziologie (hier viele Methoden entwickelt) Ausmaß und Ursache sozialer Mobilität Gefüge sozialer Schichten Sozialprestige von Berufen Veränderung von Familienformen
Politologie (zentrales Thema: Wahlforschung) Wer wählt welche Partei aus welchem Grund? Nehmen die Abstimmungsquoten (demokratische
Partizipation) ab? Wer sind die Nichtwähler? u.a.m.
Empirische Forschungsmethoden
Anwendungen in
Psychologie, Sozialpsychologie
Wie funktioniert Gedächtnis / Lernen ? Wie funktionieren Wahrnehmungsprozesse ? Messung / Skalierung von Einstellungen ? Testpsychologie ...
hier viele experimentelle, statistische Techniken entwickelt,
die in der empirischen Sozialforschung verwendet werden
Empirische Forschungsmethoden
Anwendungen in
Betriebswirtschaftslehre
Welche Organisationsformen sind erfolgreich? Wie sollte die Beförderungsstruktur aussehen? Wie sollte die Entlohungsstruktur beschaffen sein? Welche Unternehmen sind erfolgreich, aus welchem
Grund? Welche Märkte werden sich wie entwickeln? Wie verhalten sich die Konsumenten? Welche Auswirkungen haben neue Technologien auf
den Produktionsprozess?
Empirische Forschungsmethoden
Anwendungen auch in
Humanmedizin Gesundheitsverhalten, Ausbreitung von AIDS
Rechtswissenschaften empirische Auswirkungen von Sorgerechtsalternativen Produktbenennung (Urheberrecht) Auswirkungen von Gesetzen
Geschichtswissenschaften Inhaltsanalyse von Texten, Interviews mit Zeitzeugen,
Sozial-, Wirtschaftsgeschichte, ... Ethnologie
teilnehmende Beobachtung, Kulturvergleiche, ...
Alltagswissen und Sozialforschung
Einige Forschungsergebnisse:
je höher Beförderungsrate umso höher Zufriedenheit je liberaler Ehescheidungsgesetze, umso geringer
Anteil Verheirateter in Bevölkerung steigender Ausländeranteil – niedrigere Gehälter,
höhere Arbeitslosigkeit höheres Umweltbewusstsein – stärkere Bereitschaft
zum Energiesparen Vpn in Experiment üben langweilige Tätigkeit aus –
müssen darüber berichten, dass es interessant war – bekommen Entlohnung (1$, 20$) – sollen beurteilen, ob Tätigkeit interessant war:je höher Entlohnung – umso eher Urteil: „interessant“
Alltagswissen und Sozialforschung
alle vorherigen Thesen falsch !
oft Einwände gegen Sozialforschung: „praktische Erfahrung“, kluge Intuition genügen aufwendige Untersuchungen – Wissensvermehrung gering
aber: oft überraschende, tiefergehende Einsichten Alltagswissen weder präzise noch eindeutig bei Zutreffen von Alltagswissen – trotzdem
Erkenntnisgewinn, Reduktion von Unsicherheit nach aufwendigen Untersuchungen – Ergebnisse
Allgemeingut („self-fulfilling prophecy“, „Chancengleichheit“)
Alltagswissen nur qualitativ – nicht Richtung, Stärke(Bildung – Einkommen, 7% mehr Einkommen/Bildungsjahr)
Untersuchungsarten und Ziele
Deskriptive Untersuchungen
Schätzung von Häufigkeiten, Anteilen, Durchschnittswerten und anderen Merkmalen der Verteilung von sozialen Aktivitäten, Einstellungen und sonstigen Variablen in der Gesamtbevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe
Beispiele: durchschnittliches Einkommen abhängig Beschäftigter Anteil von WählerInnen mit Präferenz für Partei X Einschaltquote bei einer Fernsehsendung Marktanteil von Produkt Y Anteil der Personen, die im letzten Jahr Opfer eines kriminellen
Delikts wurden „repräsentative“ Stichproben oder Totalerhebung
notwendig
Untersuchungsarten und Ziele
Prüfung von Hypothesen und Theorien Hauptaufgabe im Rahmen der Sozialwissenschaften
Erforschung sozialer Zusammenhänge und Verhaltensursachen
Hypothesen sind Aussagen über vermutete Merkmals- oder Variablenzusammenhänge („wenn-dann“, „je-desto“)
Die Prüfung von Hypothesen ist in der Forschungspraxis mit vielerlei Unsicherheiten behaftet
Unsicherheiten reduzieren Fehlerquellen unter Kontrolle bringen
Dieser Bereich wird der wissenschaftlichen Grundlagenforschung zugeordnet.
Untersuchungsarten und Ziele
Evaluationsforschung ist ein Sonderfall der Hypothesenprüfung Ziel ist die Ermittlung der Wirksamkeit oder
Unwirksamkeit praktisch-politischer oder sozialplanerischer Maßnahmen bzw. eines oder mehrerer Erfolgskriterien
Weiters die Abschätzung unbeabsichtigter positiver oder negativer Nebenwirkungen einer Maßnahme
Formal: Untersucht wird eine Hypothese dahingehend, ob und inwieweit eine Maßnahme X (bzw. Maßnahmenbündel oder Projekte) die sozialen Merkmale U, V, W ... beeinflusst.
Beispiele Analyse der Auswirkungen neuer Gesetze Erfassung der Auswirkungen institutioneller Reformen
Untersuchungsarten und Ziele
Explorative Untersuchungen wenn sozialer Bereich relativ unbekannt wenn nur vage oder unspezifische Vermutungen
über Strukturen / Regelmäßigkeiten Ziel: Gewinnung von Hypothesen Anwendungen meist in Vorstudien / Pretests
Beispiele offene Erhebung unbekannter Kategorien einer
Variable („Motive für Doktoratsstudium“) Erfassen der Struktur von Subkulturen („U-Bahn
Surfen“), Unternehmen, Parteien, informelle Gruppen:
teilnehmende Beobachtung, Normen/Rituale erst begreifen, Regeln Aussenstehenden unbekannt
Phasen einer empirischen Untersuchung1. Formulierung/Präzisierung des Forschungsproblems
2. Planung und Vorbereitung der Erhebung Konstruktion des Erhebungsinstruments Festlegung der Untersuchungsform Stichprobenverfahren Pretests
3. Datenerhebung
4. Datenauswertung Aufbau eines analysefähigen Datenfiles Statistische Datenanalyse
5. Umsetzung von Forschungsergebnissen
Phase 1: Formulierung und Präzisierung des Forschungsproblems
Auswahl aus wissenschaftlicher Literatur Neue Idee Praktisches Problem Auftraggeber Anregung aus explorativer Studie Evaluation
theoretische Hintergründe (Begründungen)vom Allgemeinen zum Speziellen
Formulierung konkreter Fragestellungen deskriptive Fragestellungen Prüfung einer Theorie bzw. Hypothese
Phase 2: Planung und Vorbereitung der Erhebung
Konstruktion des Erhebungsinstruments
Definition der Begriffe
Konzeptspezifikation
Operationalisierung (Messung und Skalen)
Festlegung von Variablen unabhängige („wenn“) abhängige(„dann“) Drittvariablen – Störvariablen
Festlegung der Untersuchungsform
UntersuchungsebeneIndividual- oder Kollektivebene, Mehrebenenuntersuchung(Individuen, Organisationen, Regionen / Staaten)
Querschnitt-, Trend-, Panel-, Kohortendesign
Nicht-experimentelles, quasi-experimentelles, experimentelles Untersuchungsdesign
Phase 2: Planung und Vorbereitung der Erhebung
Stichprobenverfahren
Definition der Population Art der Stichprobenziehung Umfang der Stichprobe
Pretest
Test des Erhebungsinstrumentes
Phase 2: Planung und Vorbereitung der Erhebung
Phase 3: Datenerhebung
Befragung persönlich (face-to-face) telefonisch schriftlich
Beobachtung (teilnehmend oder nicht teilnehmend)
Inhaltsanalyse (Textdokumente, Fernsehreportagen, ...)
Nicht reaktive Methoden
Phase 4: Datenauswertung
Aufbau eines analysefähigen Datenfiles
Datenerfassung (auf elektronische Datenträger) Fehlerkontrolle Fehlerbereinigung
Statistische Datenanalyse
Bildung von Indizes, Itemanalyse, Konstruktion von Skalen
Univariate Statistiken , deskriptive Information Analyse von Zusammenhängen
Phase 5: Umsetzung der Forschungsergebnisse
Forschungsbericht
Veröffentlichung in Fachzeitschriften
Praktische Umsetzung der Ergebnisse