Energie & Umwelt

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  • 7/27/2019 Energie & Umwelt

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    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Mehr als drei Netzeingriffe pro Tagwaren 2011 notwendig,um das deut-che Energienetz stabil zu haltenndum teilweise groeStromausfl-

    e zu verhindern. Doch kaum etwasindet in der ffentlichen Wahrneh-

    mung weniger Beachtung als ein ab-ewendeter Black-out.

    Nahezu ungebremst schreitet derUmbau des Energiesystems Rich-ung erneuerbare Energien voran.

    Mittlerweile tragen diese mehr als0% zur deutschen Stromversor-ung bei und bis 2030 sollen sie die

    Hlfte des bentigten Stroms erzeu-en. Bereits heute gibt es Tage, anenen die Leistung der erneuerba-en Energien Deutschland ohne Un-ersttzung der fossilen Kraftwerkeersorgen kann. Was fr die einen

    ls unbestreitbarer Erfolg und Belegr ein funktionierendes Regelwerkesehen wird, definieren andere als

    wachsende Ge fahr fr den Stando rtDeutschland. Hauptgrund frdie Kri-ik sind neben den sehr hohen Kos-en auch die Herausforderungen frie Versorgungssicherheit sowie dieteigenden CO2-Emissionen.

    berdurchschnittliche Kosten

    Der Ausbau der erneuerbarennergien, vor allem der Fotovoltaik,

    hat den Strompreis in den letztenJahren in standortgefhrdende H-hen geschraubt. Die Stromkosten frdie deutsche Industrie liegen mittler-

    weile um rund 19% ber demEU-Durchschnitt. Deutsche Haushal-te zahlen sogar durchschnittlichrund 39% mehr als Haushalte in an-deren EU-Lndern.

    Dass am derzeitigen Gesetzesrah-men nderungsbedarf besteht, be-streiten heute nur noch die wenigs-ten.Es geht darum,eine ausgewoge-ne Balance zwischen den Zielen derEnergiewende und der Sicherungdes Standorts Deutschland zu schaf-fen.Dazu gehrt neben einer vertrg-lichen Kostenentwicklung auch Ver-sorgungssicherheit. Und letztlichzahlen sich alle Bemhungen nuraus, wenn Deutschland als Nettoex-

    porteur fr Industriegter, zu denenauch die Energietechnik zhlt, wei-terhin auf den Weltmrkten erfolg-reich ist.

    Versorgung gewhrleisten

    Der aktuelle gesetzliche Rahmenverhindert, dass sich das Dreieck ausNachhaltigkeit, Versorgungssicher-heit und Wirtschaftlichkeit wiederschliet. Was ist damit gemeint?Nach aktuellen Berechnungen wer-den im Jahr2030 zwischen 5 und 10

    Gigawatt an flexibler Leistung imSystem fehlen. Diese ist jedoch drin-gend ntig,um beieinemAusfalldererneuerbaren Energien Stromausfl-le zu vermeiden und somit Versor-gungssicherheit zu gewhrleisten.

    Im derzeitigen Marktrahmen habenhocheffiziente und CO 2-arme Gas-und Dampfkraftwerke (GuD) aller-dings keine Geschftsperspektive.Sie werden von den erneuerbarenEnergien und der kostengnstigenKohle aus dem Markt gedrngt.

    Entsprechend gering ist das Inter-esse, in Gaskraftwerke zu investie-ren. Das hat einerseits zur Folge,dass derzeit dieCO2-Emissionenstei-gen, obwohl noch nie so viel Stromdurch erneuerbare Energien produ-

    ziert wurde wie in diesem Jahr. DerGrund: Die Bedarfslcken im Tages-laufdurch die schwankende Einspei-sung der Erneuerbaren fllen Kohle-kraftwerke,die vongnstigenBrenn-stoffkosten und niedrigen CO2-Kos-

    ten profitieren. Bei der-zeitigem Stand wird dasCO2-Ziel der Energie-

    wende fr 2050 defini-tiv verfehlt. Anderer-seits knnen mittelfris-tig nur GuD-Kraftwerkedie Versorgungssicher-heit garantieren, die n-tig ist, wenn der ber-

    wiegende Anteil imStrommix aus erneuer-baren Energien kom-men soll.

    Bis kostengnstige

    Technologien fr Lang-zeitspeicher einsatzfhig sind, umDeutschlandauch ber mehrere Wo-chen,etwa in einemwindstillen, ver-schneiten Januar, stabil mit Stromzu versorgen, fhrt an der hochfle-xiblen und effizienten GuD-Technikkein Weg vorbei, vorausgesetzt, dasCO2-Ziel soll erreicht werden.

    Investitionsanreize setzen

    Wir knnen das positive Potenzialder Energiewende heben, wenn wirdie Regularien des Energiemarkts sogestalten, dass dieser entsprechendeInvestitionssignale an die Akteuresendet. Die Rechnung ist einfach:Geht der Ausbau der erneuerbaren

    Energien in der Intensitt wie bisherweiter, werden im Jahr 2030 etwadreimal so viel Kapazitten zurStromerzeugung aus erneuerbarenEnergien installiert sein, wieDeutschland an einem normalenTag bentigt. Das fhrt an windrei-chen, sonnigen Tagen zu erhebli-chenPreiserosionen, whrend umge-kehrt an trben Januartagen die ge-samte Last zustzlich durch einenkonventionellen Kraftwerkspark zur

    Verfgung stehen muss. Wie man esdreht und wendet: Versorgungssi-cherheit bei 90 % Anteil der erneuer-baren Energien an der Stromversor-gung bedeutet, dass man zwei paral-lele Kraftwerksparks vorzuhaltenhat: einen aus Wind, Sonne, Wasserund Biomasse sowie einen aus kon-

    ventionellen Kraftwerken bezie-

    hungsweise in Zukunft auch ausSpeichern.Verlangsamt man durch ein intelli-

    gentes Marktdesign den Ausbau vorallem der Fotovoltaik etwas und be-gnstigt dafr Investitionen inGuD-Kraftwerke und die effizienteund stromertragsstarke Offshore-Technik, lassen sich erheblicheKosten einsparen. Bis zum Jahr2030 ergbe sich in solch einemSzenario ein theoretisches Einspar-potenzial von ber 150 Mrd. Euro.Die Strompreise knnten auf demohnehin schon zu hohen Niveauimmerhin eingefroren werden. Wiegesagt: Es geht nicht um ein Endedes Ausbaus der erneuerbaren Ener-gien, sondern vielmehr um einen in-

    telligenten Ausbaumix, damit Windund Sonne ihr Potenzial auch wirt-schaftlich voll ausspielen knnen.

    Fnf Ideen fr den Markt

    Dazu braucht man dauerhaftplanbare und verlssliche Rahmen-bedingungen, die ein entsprechen-des Klima fr Investitionen schaffen.Entscheidend ist, dass die erneuer-baren Energien knftig auch Verant-

    wortung fr das System berneh-men. Dieser Grundsatz steht hinterunseren fnf Ideen fr ein neuesMarktdesign:

    1. Einspeiseverantwortung: DieProduzenten von Strom aus regene-rativen Energiequellen werden zurDirektvermarktung verpflichtet undmssen knftig wie alle anderen

    Stromerzeuger auch zuverlssignach Fahrplan einspeisen. Es ent-steht ein freier Markt fr sicherenStrom, denn die fluktuierendenErneuerbaren mssen sich fr ihre

    verlsslich angebotene Leistungrckversichern, entweder durch eige-ne, gesicherte Kapazitt oder aufeinem Markt fr Residualenergie,also Optionen auf flexibel zuschalt-bare Leistung. Dort knnen flexibleKraftwerke und Speicher anbieten.

    2. Gezielte Technologiefrderung:Um den knftigenAusbauder erneu-erbaren Energien besser als bishertechnologiespezifisch steuern undzugleich die Kostenentwicklung be-grenzen zu knnen, werden Einspei-

    Fortsetzung Seite B2

    Brsen-Zeitung, 6.7.2013n der deutschen Debattenland-chaft hat sich ein Schlagwort her-usgebildet, das bei der Wahl des

    Unwortes des Jahres schon jetztuteChancen auf einen Spitzenplatz

    at:Fracking. Der Begriff wird auf-eladen mit Emotionen und ngs-en,aber nur mit wenigen Informati-nen versehen. Zu Unrecht: Daschlagwort sollte eigentlich dazuuffordern, eine versachlichendend tiefergehende Diskussion berines derwichtigsten Themen zu fh-en, die wir derzeit in Deutschlandnd Europa haben: eine wettbe-

    werbsfhige, langfristige Energiever-orgung.

    Die Energiedebatte ist zugegebe-nermaen komplex und nicht sehr

    ingngig weder in medialer noch

    politischer Hinsicht. Zuspitzungensind davon die logische Folge undein Standardmittelin der politischenRhetorik. Ebenso ist es natrlich,spontane Bedenken und Gefhle inDebatten einzubringen. Sie sind ein

    Teil von Vernderungs-prozessen und mssendaher Beachtung fin-den. Emotionen drfenaber nicht bewirken,dass Chancen bereits

    verworfen werden, be-vor berhaupt fundiertgeprft wurde, wie aus-sichtsreich diese sind.

    Erprobte Methode

    Hinter dem Schlag-wort Fracking steht eineMethode,die inDeutsch-

    land und Europa seit vielen JahrenzurFrderung von Erdgas eingesetztwird. Hydraulic Fracturing ist dieSchlsseltechnologie zur Frderung

    von Erdgas aus tiefliegenden Lager-sttten mit besonders dichtem Ge-stein. Das so in Deutschland gefr-derte Erdgas, sogenanntes TightGas, trgtschonseit mehr als30 Jah-ren zur Versorgungssicherheit bei.Erdgas aus Schiefergestein wird hin-gegen derzeit nicht in Europa gefr-dert. Um dies zu tun, muss man dasbei uns aus der Tight-Gas-Frderungbekannte und bewhrte vertikale

    Hydraulic-Fracturing-Verfahren miteiner horizontalen Bohrung verbin-den. Nur so lsst sich Schiefergas

    wirtschaftlich frdern.

    Heimische Einbahnstrae

    Wer heute in Deutschland Fra-cking sagt, meint aber zumeistdamitnicht dieMethode, sondern stellt un-terschiedliche Grundberzeugungen

    von Energieversorgung gegeneinan-der der Begriff wird damit zumSammelbecken der Meinungen. Die-se berzeugungen lassen sich leichtumreien. Auf der einen Seite gibtes den europischen Weg: Hierherrscht die Ansicht, dass nur teureEnergie gute Energie ist, weil nur siezum Sparen anhlt. In anderen Regi-onen der Welt herrscht genau dieentgegengesetzte Meinung. Auer-

    halb Europas ist man glcklich,wenn Energie gnstig ist, denn sieist ein Treiber fr mehr Wettbe-

    werbsfhigkeit und Wachstum.Seit mehreren Jahren erlebt Nord-

    amerika einenSchiefergasboom. Sei-ne Folgen sindbekannt:Der US-ame-rikanische Gaspreis liegt derzeit beinur einem Viertel bis Drittel deseuropischen, Nordamerika wird inZukunft unabhngiger von Energie-importen werden, milliardenschwe-re Investitionen der US-amerikani-schen Industrie laufen oder sind an-gekndigt. Hier kommt harte Kon-kurrenz auf die europische Indus-trie zu.

    Technologie per se ist neutral

    Doch damit nicht genug. Auch an-dere Lnder, wie beispielsweise Ar-gentinien undChina,schauensich ih-re Potenziale genau an. Whrend

    man dort interessiert Chancen ab-wgt, luft Deutschland derzeit Ge-fahr, ein neues technologisches

    Angstthema zu schaffen. Auf einenGesetzentwurf, der Klarheit ber dieRahmenbedingungen gebracht ht-te, konnte sich die Politik bislangnicht einigen. Vielfach wird eingrundstzliches Verbot gefordert.Das hiee fr Deutschland: DieseEnergiequelle wird nur in anderenRegionen erschlossen und wird nurdort Arbeitspltze schaffen in derEnergiebranche und auch in nachge-lagerten Industrien wie der Chemie.Eins ist sicher: So reduzieren wir un-sereImportabhngigkeit nicht,auch

    Fortsetzung Seite B3

    AUS DEM INHALTtandortsicherungls oberstes Ziel

    Von Dr. Michael S B1

    Energiegenossenschaftenim AufwindVon Dr. Eckhard Ott B5

    Weiter Weg vom Schlagwortur fundierten Debatte

    Von Dr. Harald Schwager B1

    Der Brgerals InvestorVon Myriam Schilling B5

    nergiewende nicht frWahlkampf missbrauchenVon Klaus Josef Lutz B 2

    Zukunftsmarkt mitnachhaltigem RenditepotenzialVon Markus Pimpl B6

    Vom Energie- zumKlimaschutzland Nummer 1Von Dietmar P. Binkowska B3

    Strommarktliberalisierungnur teilweise geglcktVon Andreas Herga B6

    Herausforderungener Energiewende annehmen

    Von Dr. Jrg Zeuner B4

    Asset-Finance-Modelleals Motor der EnergiewendeVon Wolf-Rdiger Stahl B7

    volution stattRevolutionVon Georg Mller B4

    Investitionen in effizienteAnlagentechnik lohnen sichVon Jrn-Erik Mantz B8

    VonHarald Schwager

    Mitglied des Vorstandsder BASF SE

    Standortsicherung als oberstes Zielnderungen im Regelwerk fr den Energiemarkt sind gefordert Wirtschaftliches Potenzial von Wind und Sonne mit intelligentem Ausbaumix heben

    Weiter Weg vom Schlagwortzur fundierten Debatte

    Der Begriff Fracking wird zu einem Sammelbecken der Meinungen

    Energie&Umwelt

    VonMichael S

    Mitglied des Vorstandsder Siemens AG

    Foto: Siemens

    onnabend, 6. Juli 2013 Sonderbeilage Brsen-Zeitung Nr. 127 B1

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    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Aktuelle Schlagzeilen ber den Zu-tand der jungen Solarindustrie er-

    wecken den Eindruck, die Solarener-ie insgesamt stecke in der Krise.

    Doch der Eindruck tuscht. Bei allerDramatik fr die betroffenen Unter-nehmen leiden im Wesentlichen dieModulhersteller unter den stark sin-

    enden Weltmarktpreisen ihrer Pro-ukte. Der Trend zur Solarenergie ls einer Sule unserer knftigennergiepolitik und als Geschftsfeld

    m internationalen Markt ist weiter-inintakt. Das Potenzial der Solarin-ustrie und der Energiewende alseutsches Exportprojekt besteht un-erndert, jedoch erschwert di e Un-orhersehbarkeit des politischen

    Handelns planvolles wirtschaftlichesHandeln und damit den wirtschaftli-hen Erfolg betrchtlich.

    Rahmen muss stimmen

    Jngste Erfahrungen des Bay-Wa-Konzerns als weltweit ttigerHndler von Photovoltaikmodulen,Montage- und Komplettsystemen so-wie Investor und Projektierer von Er-neuerbare-Energie-Projekten einer-eits wie auch aktuelle Marktstudienndererseits belegen den ungebro-

    henenWachstumstrendim Solarbe-eich. So korrigierten beispielsweiseie Analysten der Deutschen Bank in

    hrem Marktausblick vom Mrz dieweltweite Z ubauprognose fr Solar-

    nergie auf 30 Gigawatt fr 2013 ine um 20% hhere Markterwar-ung als noch einige Monate zuvor nd sie sagen fr den Solarsektor ei-

    nen endgltigen Durchbruch imommenden Jahr voraus.

    Trotzdem sieht sich der Solar-markt, wie im brigen der gesamte

    Markt der erneuerbaren Energien,stndigen Angriffen ausgesetzt,nicht zuletzt zugespitzt in der (vor-erst) gescheiterten Diskussion umdie sogenannte Strompreisbremse.Es zeigt, dass politisch nicht durch-

    dachte Eingriffe und stndige nde-rungen gesetzter Rahmenbedingun-gen Verzerrungen auslsen und so-gar Fehlallokationen verursachenknnen. Auch wenn klar ist, dass ei-neFrderungwie z.B.der jungenSo-larindustrie immer mit dem Ziel ver-bunden war und ist, dass die Unter-nehmen ab einem bestimmten Zeit-punkt ohne Subventionen auskom-men: Der Weg dahin muss von ver-

    lsslichen Rahmenbedingungen ge-prgt sein.ber das Wie zu diskutieren ist

    notwendig, aber das Ob dabei stn-dig in Frage zu stellen, ist nicht ziel-fhrend. Denn permanente Wechsel

    von Regeln und Parametern verunsi-chern Wirtschaft und Industrie mitder Folge, dass sich Geschftsmodel-le, Investitionen sowie die Technolo-gieentwicklung in die falsche Rich-tung bewegen oder gnzlich unter-bleiben.

    Dies als ntiges bel der politi-schen Willensbildung zu betrachten,geht am Problem vorbei: Verlssli-che und bezahlbare Energieversor-gung wird von der Politik scheinbarnicht wirklich ernst genommen, son-

    dern lieber zu Wahl-kampfzwecken genutzt.Beobachten lsst sich,

    dass die politische Dis-kussion viel zu hufigvon Dogmen, Partikular-interessen und Profilie-rungsbemhungen Ein-zelner geprgt und inkeinerWeise lsungsori-entiert ist. Der Bedeu-tung der Energieversor-gung als wesentlicheGrundlage allen Wirt-schafts- und Gesell-schaftslebens tragen die

    politischen Akteure nicht Rechnung.

    Zweifel am Erfolg wachsen

    Das hat unter anderem zur Folge,dass Deutschland in Europa undauch international kein berzeugen-des Bild in Energiefragen abgibt.NacheinerUmfragedes Weltenergie-rats (Ergebnisse von April 2013)

    wachsen die Zweifel am Erfolg der

    deutschen Energiewende. Internatio-nale Experten sind sich inzwischensicher, dass sie die deutsche Wirt-schaft schwcht. Was jetzt erforder-lich ist, um wieder auf Kurs zu kom-men, sind Manahmen, mit denensich die Energiezukunft in nachvoll-ziehbarenSchritten,eindeutigen Pri-oritten sowie tragfhigen Parame-ternund Regelnumsetzen lsst. Diessollte im Einklang mit den Einscht-zungen von Wissenschaft und For-schung sowie der Energiewirtschaft

    und dem Einverstndnis von Ver-brauchern geschehen. Eine klare po-litischeFhrungist dabeiohne Alter-native.

    Europaweit vernetzen

    Die Zukunft unserer Energiesyste-me und die Umstellung des Energie-

    marktes auf regenerative Quellensind langfristig nur gemeinsam mitden europischen Partnerlndern zugestalten. Was national erfolgreichbegonnenwurde, kannin die berle-gungen eineseuropaweitviel strker

    vernetzten Energiesystems einge-bracht werden. Es wird im Kanon ei-ner zunehmend regenerativen Ener-gieerzeugung und -versorgung im-mer wichtiger, Volatilitten undSchwankungen ber eine greregeografische Verteilung auszuglei-chen, gemeinsam gesicherte Kapazi-tt (Wind,Solar, Bio-Rohstoffe,Gas)

    vorzuhalten und entsprechende Fle-xibilittsoptionen in Europa zu nut-zen. Umdas zuerreichen,sindweite-re Manahmen zur Interkonnektivi-tt und Harmonisierung von Frder-programmen in Europa erforderlich.

    Eine Grundvoraussetzung frneue Investitionen ist Planungssi-cherheit. (Institutionelle) Investoren

    stehen bereit, sich im Energiemarktzu engagieren allerdings nur,wenn das Risikoprofil stimmt und ei-ne nachhaltige Rendite mglich ist.Eine stabile Dividendenausscht-tung und langfristige und sichereCash-flows sindKriterien,die einEn-gagement fr (institutionelle) Anle-ger attraktiv machen. Das ist ange-sichtsder Planungsvorlufefr Gro-projekte etwa drei bis fnf Jahrebei Windparks angemessen. Fin-den Unternehmen keine stabilen

    Rahmenbedingungen vor, dann in-vestieren diese das Geld im Sinne ei-ner abgewogenen Risikodiversifikati-on woanders.

    Beispiel BayWa: Der Konzern istim Verbundmit seinen Tochtergesell-schaften der BayWa r.e. ein soliderund innovativer Partner, wenn esum Planung, Finanzierung, Realisie-

    rung und den Bau von Windkraft-,Solar- und Biogasanlagen geht. Alsinternationales Unternehmen mitstarken regionalen Wurzeln ist dieBayWa von der Energiewende ber-zeugt. Dementsprechend wird aucham Standort Deutschland investiert.Der Erfolgsolcher Projektesteht undfllt allerdings mit der Planungssi-cherheit; und Kapital wird vor allemdort investiert, wo diese gegeben ist.

    Stndiges, oft unvorhersehbaresUmsteuern, wie die diversen nde-rungen des Erneuerbare-Ener-gien-Gesetzes (EEG), untergrabendas Vertrauender Investorenund be-hindern eine neue Energieordnung.Ohne Absprache mit Verbnden,Wirtschaft und Industrie sind nde-rungen mit weitreichenden Folgenundenkbar und bedrohen unntigdie Wirtschaftlichkeit von Technolo-gien und Geschftsmodellen.

    Neue Spielregeln am Markt

    Mit dem Energiekonzept von2010 definierte die Bundesregie-rung die erneuerbaren Energien alseine tragende Sule der zuknfti-gen Energieversorgung. Wird diesernst genommen, bedeutet das einegrundlegende Transformation unse-res Versorgungs- und Vermarktungs-systems fr Energie. Das stellt enor-me politische, konomische undtechnische Anforderungen, die nurin gemeinsamer Anstrengung undim Konsens jenseits von Partikularin-teressen zu lsen sind. Bisher bietetdie ganze Strom-Wertschpfungsket-te trotz des gesetzlich verankertenEinspeisevorrangs fr erneuerbareEnergiennicht die notwendigenRah-menbedingungen, um einen groen

    Anteil Energie aus erneuerbarer Er-zeugung zu integrieren bzw. denbergang zu einem geeigneten

    Marktdesign zu ermglichen.Grundstzlich ist die BayWa derAuffassung, dass ein neues Marktde-sign den Vorrang fr erneuerbareEnergienbeibehalten sollte. AusSon-ne, Wind und Wasser erzeugterStrom ist annhernd grenzkosten-frei, da nicht brennstoffbasiert, sehremissionsarm, er weist kaum laufen-de oder externe Kosten auf und ge-niet gesellschaftliche Akzeptanz.Die Einfhrung ist allerdings mithohen Fixkosten (Investitions- undKapitalkosten) verbunden.Daher be-ntigen erneuerbare Energien geeig-nete, hinreichende und verlsslicheRefinanzierungsmechanismen.

    Da die Sonne nicht immer scheintund der Wind nicht immer weht,

    brauchen erneuerbare Energien mitBlickauf einezuverlssige Stromver-sorgung vielfltigeFlexibilittsoptio-nen zur berbrckung kurz-, mittel-und langfristiger Angebotslckenund -berschsse. Fr eine lngerebergangsfrist sind daher weiterhinfossile Kraftwerke notwendig. Dem-entsprechend muss es fr Betreiber

    und Investoren rentabel sein, zumBeispielflexibleGaskraftwerke zu be-treiben oder konventionelle Kraft-

    werke mit neuer, effizienterer Tech-nologie auszursten.

    Auerdem mssen alle Speicher-technologien mit Nachdruck er-forscht und die Speichersysteme frImmobilien weiterentwickelt wer-den. So kann beispielsweise Biomas-se als gut verfgbare Energieformmit Speichermglichkeiten vielflti-ge Flankierungsfunktionen berneh-men. Voraussetzung ist aber auchhiereine notwendige technologischeWeiterentwicklung. Daher solltenauch fr die Biomasse hinreichendeund verlssliche Refinanzierungsme-chanismen und stabile Rahmenbe-dingungen entwickelt werden.

    Politik muss klar fhren

    Die Weichenstellung in Richtung

    regenerative Energiewirtschaft unddie Finanzierung dieser Umstellungwird weitere Strompreiserhhungen zumindest fr eine bergangsfrist nach sich ziehen. Dies gilt es, dem

    Verbraucher klar zu kommunizie-ren. Die Energiewende ist nicht kos-tenlos zu haben. Zudem sollte einePolitik, die den Mut hatte, ein Ab-schalten der AKW bis 2020 zu ent-scheiden, ohne genau zu wissen,

    was danach kommt, auch den Muthaben festzulegen, welche Kraftwer-ke freine bergangsfrist zur Bereit-stellung der Grundlast bzw. als Stt-zungsreserve am Netz bleiben sollenund welche abgeschaltet werden.

    Insgesamt betrachtet umfasst dieArbeit an der Ausgestaltung des zu-knftigenSystems der Energieversor-gung ein breites Bndel von Ma-nahmen in Bezug auf die Verg-tungsmechanismen fr die einzel-nen Technologien, die Gestaltung

    der Mrkte und der Marktregeln,aber auch die weiteren Verknpfun-gen mit der Netzinfrastruktur oderManahmen wie Kraft-Wrme-Kop-pelung.

    Der Wunsch von Investoren undAkteuren am Energiemarkt an diePolitik ist gerade mit Blick auf dieBundestagswahl einfach: Das The-ma Energiewende sollte nicht fr

    wahltaktische Manver miss brauchtwerden. Vielmehr braucht es eineber das politische Tagesgeschehenhinausgehende Strategie. Sptes-tens wenn der Wahlkampf vorbei ist,sollte die Politik sich an die Arbeitmachen und endlich die Weichenstellen, die wir fr eine erfolgreicheEnergiewende brauchen.

    VonKlaus Josef Lutz

    Vorsitzender desVorstands derBayWa AG

    Energiewende nicht fr Wahlkampf missbrauchenPolitische Diskussion nicht lsungsorientiert Zahlreiche Manahmen mssen noch getroffen werden Investoren brauchen Planungssicherheit

    setarife knftig nicht mehr pauschalgarantiert. Innovative Technologienerhalten bis zu ihrer Marktreife eineFrderung, insbesondere auch bezo-gen auf die Standortwahl, und

    werden dann in den Wettbewerb ent-lassen.

    3. CO2-Begrenzung: Das Europi-sche Zertifikate-Handelssystem istderrichtigeAnsatz,um eineReduzie-rung der CO2-Emissionen innerhalbder EU und damit auch in Deutsch-land zu erreichen. Derzeit leidet dasSystemallerdings unter einemzu ge-ringen Preis pro Zertifikat. Ein Preis-korridor mit Ober- und Untergren-zen sowie ein zeitlicher Faktor frdie Verknappung von Zertifikatenknnten Abhilfe schaffen. EineAlter-native wre, eineauf denEnergiesek-tor bezogene Flottenregelung einzu-

    fhren. Dabeiwrden Kraftwerksbe-treiber aufeineCO2-Obergrenzefest-gelegt.

    4. Fixkosten-Umlage: Die Finan-zierung der Strominfrastruktur er-folgt ber die Netzumlage, also berden Strom, den man aus dem Netzbezieht. Der zunehmende Anteil anSelbstversorgern untergrbt jedochdieses Modell. Siemens schlgt da-her eine Entkoppelung der System-kosten vom Strompreis vor. Knftigzahlen alle Konsumenten entspre-chendihrer Anschlussleistungam f-fentlichen Netz einen fixen Betrag.Mit der Fixkostenumlage werdendienotwendigen Investitionen zum Sys-temerhalt,wie zum Beispiel Netzaus-

    bau, EEG-Kosten und strategischeReserve, von allen Verbrauchern ge-tragen, die davon auch profitieren.Die Anschlusskosten steigen zwardeutlich, gleichzeitigfllt der Strom-preis aber auch auf rund 12 ct/kWhnach heutigem Stand.

    5. Versorgungsabsicherung: Bleibtdie Frage, wie man auch im Januar

    Versorgungssicherheit garantierenkann. Unser Vorschlag: Es wird eineSicherheitsreserve auerhalb desMarktes eingefhrt. Diese strategi-sche Reserve besteht aus Kraftwer-ken, die nicht mehr wirtschaftlicham Markt betrieben werden knnen.Sie erhalten eine durch eine Auktionbestimmte Ausgleichszahlung und

    werden nur dann aktiviert, wenn dieVersorgungssicherheitoder die Netz-stabilitt akut gefhrdet sind. DieFrage nach einem Kapazittsmarktals dem gesteuerten Ausbau von

    Kraftwerken mit flexibler Leistungsollte entschieden werden, wenn ab-sehbar wird, wie sich der Markt ent-

    wickelt.Fnf Punkte, fnf Hebel. Konse-

    quentumgesetztwrden dieseeinenMarkt beschreiben, der mit einemhohen Anteil an freiem Wettbewerbkostendmpfend wirken wrde, oh-nedie Ziele derEnergiewende zuge-fhrden. Vor allem aber wrde dasentscheidende Ziel erreicht: Die Si-cherung des Standorts Deutschland.Dann kann die Energiewende zu ei-nem Modell fr andere Energiewen-den weltweit werden mit allenpositiven Folgen fr die deutscheExportwirtschaft.

    Fortsetzung von Seite B 1

    Standortsicherung als Ziel

    B2 Brsen-Zeitung Nr. 127 Sonderbeilage Sonnabend, 6. Juli 2013

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    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Nordrhein-Westfalen ist das Energie-and Nummer1 undwird sich imZu-e der Energiewende zum Klima-chutzland Nummer 1 in Deutsch-and entwickeln. Die NRW.Bank un-ersttzt diesen Wandel hin zu einertrker regenerativen und dezentra-en Energiestruktur mit zinsgnsti-

    en Frdermitteln und passgenauerinanzierung und strkt so nichtuletzt den Industriestandort Nord-hein-Westfalen.

    Frden Umbauder Energieversor-ung hat die Bundesregierung kon-rete Ziele bis 2050 formuliert:

    Deutschland will dann mindestens0% seines Stromverbrauchs und

    mindestens 60% desgesamtenEner-ieverbrauchs durch erneuerbarenergien decken. Nordrhein-Westfa-

    en kommt dabei eine wichtige Rolleu. Denn rund ein Drittel aller in

    Deutschland entstehenden Treib-ausgase wird in NRW emittiert,napp30% desin Deutschlandben-igten Stroms werden hier erzeugtnd fast ein Viertel des deutschenndverbrauchs an Energie schlgtier zu Buche.

    Land der Effizienz-Potenziale

    Im Januar hat der Landtag NRWeshalb einKlimaschutzgesetzverab-chiedetmit dem Ziel,Treibhausgas-missionen zu verringern, Ressour-en- und Energieeffizienz zu stei-ern, Energie zu sparen und die er-

    neuerbarenEnergien sowie dezentra-e Energiestrukturen auszubauen. In

    NRW soll die Gesamtsumme der kli-maschdlichen Treibhausgasemissio-nenso um mindestens 80% bis 2050

    erringert werden, verglichen mitenEmissionenvon 1990.Energieef-

    izienz, Energieeinsparung und er-neuerbare Energien sind die essenzi-

    llen Aspekte dieser Entwicklung.Vorangetrieben wird sie von derolitik, getragen insbesondere vonen Unternehmen. In ihrenbetriebli-hen Prozessen heben diese Effizi-nz- und Einsparpotenziale, steigernie Energie-, Material- und Ressour-eneffizienz und in der Erneuerba-e-Energien-Branche suchen neue

    Wegezu einernoch effektiveren Nut-ung regenerativer Energiequellen.Besondere Effizienzpotenziale

    ibt esin NRWim Bereich Kraft-Wr-

    me-Kopplung (KWK). Laut KWK-Po-tenzialstudie NRW hat Nord-rhein-Westfalen sowohl bei der In-dustrie-KWK als auch bei der Sied-lungs-KWK gute Voraussetzungen,den KWK-Stromanteil bis zum Jahr

    2020 aufber25% zuerhhen.Eineentsprechende Frderung ist inNRW zum Jahresbeginn mit demKWK-Impulsprogramm NRW aufge-setzt worden. Dazu gehrt auch derNRW/EU.KWK-Investitionskredit:zinsverbilligte Frderdarlehen frUnternehmen in NRW, die aufKraft-Wrme-Kopplung setzen undso zur Reduktion von CO2-Emissio-nenbeitragen. Gefrdert werdenAn-

    lagen mit einer elektrischen Leis-tung ber 50KW. Beieinemgeringe-ren Energiebedarf bietet das LandNRW den NRW/EU.KWK-Investiti-onszuschuss an. Ebenso kann derNRW.Bank.Effizienzkredit zum Ein-satz kommen. Mit ihm vergibt dieNRW.Bank seit 2011 besonders zins-gnstige Darlehen fr Investitionen,durch die bestimmte Einsparquotenin den Bereichen Energie, Materialund Ressourcen erreicht werden.

    Stark bei den Erneuerbaren

    Einweitererwichtiger Bausteinne-bender Energieeffizienz ist die inten-sivere Erschlieung undnoch effekti-

    vere Nutzung erneuerbarer Energie-quellen. Eindrucksvolle Zahlen zei-gen, welch groe Rolle die Erneuer-bare-Energien-Brancheheute bereitsin NRW spielt: Der Anteil regenerati-

    ver Energien an der Energiebereit-

    stellung in NRW versechsfachte sichzwischen 1998 und 2007 und legteauch seitdem weiter zu. Die Umst-ze innerhalb der Branche stiegen

    2010 auf etwa 8,3 Mrd. Euro einPlus von rund 20% im Vergleichzum Vorjahr. Hauptumsatzbringersind der Solarenergiesektor mitknapp 4,2 Mrd. Euro und die Wind-energie-Industrie mit fast 2 Mrd. Eu-

    ro. Die Beschftigten-zahl lag 2010 bei rund24500 Personen. Aktuel-

    le Studien weisen dar-auf hin, dass die Zahlder Arbeitspltze in derE r n e u e r b a r e - E n e r -gien-Branche in NRWunter dengegebenen Be-dingungen im Jahr2020 bei bis zu 45 000liegen knnte. GezielteFrderung wird dieseBedingungen stetig ver-bessern. Die Energie-

    wende wird so zur unter-nehmerischenChance undzum Inno-

    vationsmotor und trgt damit auchzur Strkung des Wirtschaftsstand-orts NRW bei.

    Vielversprechender Wind

    Immer strker rckt in NRW dabeidie Windenergie ins Blickfeld. DennWind ist in diesem Bundesland ein

    vielversprechender Energietrger:

    Das in NRW realisierbare Windpo-tenzial betrgt laut PotenzialstudieErneuerbare Energien des Landes-umweltamtesmit bis zu 71 Terawatt-stunden mehr als das Doppelte desderzeitigen Stromverbrauchs priva-ter Haushalte in NRW. In NRW sol-len deshalb bis 2020 15% des ver-brauchten Stroms aus Windenergiekommen,bis 2025 dann 30% auser-neuerbaren Energien insgesamt.

    Und die Fundamente dafr sindgelegt: In Nordrhein-Westfalen sind

    weltweit die meisten Getriebeherstel-ler fr Windkraftanlagen ansssig.Die hiesige Windenergiebranche hateinen Weltmarktanteil von rund50%, die Exportquote liegt bei60 %.

    Von den 2007 weltweit errichtetenWindenergieanlagenkam jedeszwei-te eingebaute Getriebe aus Nord-rhein-Westfalen, das weltweit die

    hchste Standortdichtevon Getriebe-herstellern fr Windenergieanlagenhat. Rund 2800 Windkraftanlagenproduzieren zurzeit fast 40% des re-generativ erzeugten Stroms in Nord-rhein-Westfalen.

    Alt durch Neu ersetzen

    Auch technologisch entwickeltsich die Windenergiebranche weiter,moderne Windkraftrder sind tech-nisch zuverlssiger und insgesamtleistungsstrker. So lsst sich alleinschon durch Repowering das Er-setzenalter Anlagendurch leistungs-starke neue der Windstromertragin NRW um ein Vielfaches erhhen.Und: Moderne Windkraftanlagensind auch geruschrmer als ihre

    Vorgnger ein wichtiger Aspekt ineiner Energieinfrastruktur, die de-zentral ausgerichtet sein soll. Hoch-moderne, geruscharme Kleinwind-

    kraftanlagen knnen so genau dortStrom erzeugen, wo dieser ge-braucht wird,installiertetwa aufD-chern von Mbelhusern, Bau- oderEinzelhandelsmrkten.

    Solche Kleinwindkraftanlagenent-wickelt zum Beispiel das 2011 ge-grndete Unternehmen EnbreezemitSitzin Kln:Dankeinerinnovati-

    ven Regelungsmechanik finden die -se Anlagen immer die optimale Posi-tion zum Wind und knnen so auchbei wenig Wind wirtschaftlich Strom

    erzeugen. Mangels stranflligerElektronik sind die Wartungskosten

    vergleichsweise gering, ebenso dieProduktionskosten. Einen Business

    Angel fr Enbreeze vermittelte diewin NRW.Bank Business Angels Initi-ative.

    Neben den Unternehmen spielenauch die Brgerinnen und Brger ei-

    ne zunehmend wichtige Rolle beider Energiewende in Nord-rhein-Westfalen, und zwar nicht nurdadurch, dass sie ihre Immobilienenergetisch sanieren, sondern auchindemsie sichan Brgerenergieanla-gen beteiligen. Je nach Organisati-onsform der entsprechenden Initiati-

    ve knnen Brger Anteile an einemUnternehmen erwerben, Genossen-schaftsanteile, Genussrechte oderSparbriefe.

    Jeder interessierte Brger kannmitmachen, in den Energiewandel

    vor seiner Haustr investieren unddamit zum Akteur auf dem Marktder dezentralen Energieversorgung

    werden. Mit dem neuen ProgrammNRW.Bank.Energieinfrastruktur be-gleiten wir die Brger dabei und fr-dern Investitionen in die ffentlicheEnergieinfrastruktur wozu neben

    Anlagen zur Energieerzeugung na-

    trlich auchNetze undSpeichertech-nologien gehren.

    Brcken in die Zukunft

    Das einst bejubelte Zeitalter desAtomstroms geht in Deutschland un-widerruflich zu Ende, eine neue rader Energieproduktion, -versorgungund -nutzung bricht an: regenerativ,dezentral, effizient und sparsam.Deutschland kommt bei dieser wich-tigen Entwicklung eine Vorreiterrol-le zu, die auch international zuneh-mend anerkannt wird. In jngererZeit hat sich sogar die lange Zeit kri-tisch gestimmte Internationale Ener-gieagentur (IEA) positiv ber dendeutschen Atomausstieg und dieEnergiewende geuert.

    Innerhalb Deutschlands wieder-um spielt Nordrhein-Westfalen eineherausgehobene Rolle. Vielebeispiel-hafte Aspekte der Energiewende

    bndeln sich im Energieland Num-mer 1: der entschlosseneAusbau dererneuerbaren Energien, die Steige-rung der Energieeffizienz in den Be-trieben, eine verbesserte Energieein-sparung sowie der Ausbau der Netzeund Speicher. Als Frderbank frNordrhein-Westfalen leistet dieNRW.Bank hierzu ihren Beitrag ein Beitrag, der unmittelbar nichtnur Klima und Umwelt, sondernauch der Wirtschaft selbst zugutekommt.

    VonDietmar P. Binkowska

    Vorsitzender desVorstands derNRW.Bank

    Vom Energie- zum Klimaschutzland Nummer 1Industriestandort NRW strken Wandel zu einer strker regenerativen und dezentralen Energiestruktur Beteiligung der Brger wird immer wichtiger

    eieinem weiterenrealistischenAus-au der erneuerbaren Energien. Esann nicht oft genug gesagt werden:ine Technologie ist per se neutral,ie ist nicht gut oder schlecht. Esommt darauf an, wie sie eingesetzt

    wird. Diese Neutralitt einer Techno-ogie wird in der Debatte negiert.

    Forschung als Basis

    Und hier liegt der entscheidendeunkt, an den die deutsche Diskussi-n zurckkehren sollte: Wir mssenrforschen drfen, ob die Erschlie-

    ungvon Schiefergasin Deutschlandwirtschaftlich, umweltvertrglich

    nd gesellschaftlich akzeptabel mg-ich ist. Erst danach sollte, aufbau-nd auf diesen Erkenntnissen und in

    Abstimmung mit allen Beteiligten,wie Behrden, Brgern, Umweltver-

    nden, eine Entscheidung ber dasweitere Vorgehen getroffen werden.Diese Entscheidungsgrundlage fehltedoch derzeit, weil wir noch nichtusreichend Forschung betrieben ha-en. Welche Perspektiven ergbenich, wenn die Erkundungen aufzei-en, dass eine wirtschaftliche undmweltvertrgliche Frderung auch

    n Deutschland mglich ist?Klar ist bereits jetzt: Eine Frde-

    ung in Deutschland wird nicht dieleiche Wirkung haben wie in den

    USA. Es ist nicht davon auszugehen,assDeutschlandoder Europa durchie Schiefergasgewinnung von Erd-asimporten unabhngig werden.

    Dazu sind die Unterschiede zu denUSA zu gro, beispielsweise mitBlick auf die Besiedlungsdichte und

    ie Art der Gesteinsformationen.Aber deutsches Schiefergas knnte

    inenBeitragleisten, um unsere Ver-orgungssicherheit und Wettbe-

    werbsfhigkeit zu sichern.Wir knnten mit dem Potenzial,

    as wir in Deutschland offenbar ha-en, den Rckgang aus der heimi-chen Erdgasfrderung, den wirahr fr Jahr verzeichnen, fr einenehr langen Zeitraum kompensie-

    ren. Wir htten damit aus eigenerQuelle ein Gegengewicht zum sonststetig zunehmenden Importbedarfund knnten den Erdgasanteil ander deutschen Energieversorgungbei12% halten.Diesist nicht nurfrdie Versorgungssicherheit von Be-deutung, sondern kann uns auch inder Bildung wettbewerbsfhigerPreise helfen. Und auch unter Um-

    weltgesichtspunkten ist dies ein er-strebenswertesZiel: Erdgas bietet ge-genberanderen fossilen Energietr-

    gern einige Vorteile, gerade vor demHintergrund der Energiewende. Eshat von allenfossilen Energietrgerndie beste CO2-Bilanz und ist in derStromerzeugung besonders flexibeleinsetzbar. Erdgas kann daher beimbergang zu erneuerbaren Energieneine wichtige Brckenfunktionber-nehmen.

    Fr alle Optionen offen sein

    Fr die Erforschung von Schiefer-gasvorkommen darf keine Scheu-klappenmentalittherrschen.Die In-novationsbeitrge aus Deutschlandzum Thema Energie sollten sichnicht lnger ausschlielich auf dieErneuerbaren beschrnken. Der For-scherblick in die ferne Zukunft kannnicht darber hinwegtuschen, dassdie fossilen Energien nochber Jahr-zehnte eine bestimmende Rolle imglobalen Energiemix spielen wer-

    den. Optionen bewusst zu vernach-lssigen oder sogar zuunterbinden wie es einige in Deutschland zurzeitanstreben , anstatt sie weiter zuerforschen und gegebenenfalls frdie nchsten Jahre und Generatio-nen weiterzuentwickeln, ist das Ge-genteil einer nachhaltigen Politik.Umso wichtiger erscheint mir, ausdem breiten, interdisziplinrenKnow-how in Deutschland zu schp-fen und sich eingehend mit der Fra-ge zu beschftigen, ob und wie dieSchiefergasfrderung auch hierzu-lande einen nachhaltigen Beitrag freine wettbewerbsfhige,sichere undumweltvertrgliche Energieversor-gung leisten kann.

    Fortsetzung von Seite B1

    Weiter Weg vom Schlagwort. . .

    Das einst bejubelteZeitalter desAtomstroms gehtin Deutschlandunwiderruflich zuEnde, eine neue rader Energieproduk-tion, -versorgungund -nutzung bricht

    an: regenerativ,dezentral, effizientund sparsam.

    onnabend, 6. Juli 2013 Sonderbeilage Brsen-Zeitung Nr. 127 B3

  • 7/27/2019 Energie & Umwelt

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    Brsen-Zeitung, 6.7.2013ber kaum etwas wird in Deutsch-and derzeit heftiger gestritten alsber die Energiewende. Der breiteesellschaftliche Konsens nach der

    Atomkatastrophe von Fukushimacheint zu brckeln. Inzwischen isteutlich geworden, dassdie Energie-

    wende eine groe Herausforderung

    st underheblichefinanzielle Vorleis-ungen erfordert. Die einst so wir-ungsstarken Bilder aus Japan dro-en darber in Vergessenheit zu ge-aten. Das aber wre ein Fehler.

    Deutschland muss die Herausforde-ungen der Energiewende anneh-

    men, auch wenn das nicht immereichtfllt. Als Bank aus Verantwor-ung hlt dieKfW Kurs: Sieleistet ih-en Beitrag zum Klimaschutz undur Verbreitung klimafreundlichernd risikoarmer Technologien. Des-alb finanziert sie bevorzugt groend kleine Energieanlagen, die mitrneuerbaren Energien angetrieben

    werden. Ganz besonders aber fr-ert sie Investitionen, die helfen,nergie zu sparen.

    100 Mrd.Euro fr den Wandel

    Mit ihrerArbeitals Frderbank un-ersttzt die KfW aktiv die Bundes-

    egierung. Ziel ist es, die klimasch-igenden Emissionen bis 2050 ummindestens 80% gegenber 1990 zuenken. Dies setzt voraus, dass der

    Anteil der erneuerbaren Energienm Bruttoendenergieverbrauch vonegenwrtig 12 auf 60 % steigt undich zugleich der Primrenergiebe-arf gegenber dem Jahr 2008albiert.Die KfW stellt sich dieser Heraus-

    orderung und bernimmt Verant-wortung dafr, diesen Wandel alswichtigster Finanzierungspartnermglich zu machen. Sie untersttzt

    ie Energiewende in den kommen-en fnf Jahren mit rund 100 Mrd.uround hat dazuihre klimarelevan-

    en Programme deutlich erweitert

    und neue Finanzierungsangeboteaufgelegt.

    Die KfW Bankengruppe arbeitetdaran, den Anteil der Finanzierun-gen am Gesamtgeschft zu steigern,die der Umwelt und dem Klima die-

    nen. Im abgelaufenen Geschftsjahr2012 ist das auerordentlich gelun-gen. In den Frderschwerpunkt Um-

    welt- und Klimaschutz flossen 29,2Mrd. Euro, das waren 40% des ge-samten Frdervolumens von 73,4Mrd. Euro ein neuer Rekord. Imlaufenden Geschftsjahr peilt dieKfW ein hnlich hohes Niveau an.Der Lwenanteildes Geldesfliet anPrivatpersonen, Kommunen und Un-

    ternehmen im Inland.

    Dritte Offshore-Finanzierung

    Erst vor einigen Wochen beteiligtesich die KfW als Teil eines Konsor-tiums an der Finanzierung desOffshore-Windparks Butendiek. Ge-meinsam mit ihrer auf die Projekt-und Exportfinanzierung speziali-sierten Tochtergesellschaft KfWIPEX-Bank stellte sie insgesamt 239Mill. Euro parat, rund ein Viertel desbentigten Fremdkapitals. Es wardie dritte Finanzierung aus dem imJahr 2011 aufgelegten ProgrammOffshore Windenergie. Der Wind-park Butendiek wird in der deut-schen Nordsee etwa 32 Kilometer

    westlich der Insel Sylt errichtet. Erdient als Standort fr 80 Siemens-Windenergieanlagen mit einer Ge-samtkapazitt von 288 Megawatt.

    Die KfW frdert aber nicht nur dieInstallation von groen Anlagen wie

    Butendiek, sondern bautzustzlich auf dezentra-le Lsungen. Hausbesit-

    zer untersttzt die Bankbeispielsweise, wenn siein Wohngebuden auffossile Brennstoffe ver-zichten. Im Mrz starte-te die KfW mit einem ei-genen Kreditprogrammzur Frderung von klei-nen Heizungen auf derBasis erneuerbarerEner-gien. Die zinsgnstigenKredite knnen in Kom-bination mit Investiti-

    onszuschssenaus dem Marktanreiz-programm des Bundesamts fr Wirt-schaft und Ausfuhrkontrolle in An-spruch genommen werden. Gefr-dert werden etwa der Einbau vonthermischen Solarkollektoren, Bio-masseanlagen oder Wrmepumpen.

    Seit Anfang Mai untersttzen dieKfW und das Bundesumweltministe-rium mit dem ProgrammErneuerba-re Energien: Speicher gemeinsam

    den Einsatz von Batteriespeichersys-temenin Verbindung mit Photovolta-ikanlagen, die an das allgemeineStromnetz angeschlossen sind. Mitdem Programm soll die technologi-sche Weiterentwicklung und Markt-durchdringung von Batteriespei-chern in Verbindung mit Photovolta-ikanlagenuntersttztwerden. Batte-riespeichersysteme sind ein wichti-ger Baustein zur besseren Integrati-onvon kleinenbismittelgroenPho-tovoltaikanlagen in das Stromnetz.Die Mittagsspitze wird nicht ins Netzeingespeist, sondern im Speicher frdie sptere Nutzung im eigenenHeimzwischengespeichert.Ein intel-ligentes System, das groen Nutzenstiftet.

    Ein wesentlicher weiterer Frder-schwerpunkt der KfW liegt auf ei-nem effizienteren Einsatz von Ener-gie im Immobilienbereich. Dabeigeht es um nicht weniger als die Sa-nierung von Millionen Gebuden inDeutschland und den niedrigenerge-tischenNeubau.Auf Gebude entfal-len hierzulande aktuell 35% der ins-

    gesamt verbrauchten Energie. Sietragen rund ein Drittel zum Ausstodes Treibhausgases Kohlendioxidbei. Das zeigt: Ohne eine umfassen-de Gebudesanierung kanndie Ener-giewende nicht glcken.Es geht alsodarum,die Hauseigentmer als Part-ner zu gewinnen.

    Programme noch attraktiver

    Die Frderprogramme der KfWdienendabei alsberzeugendeArgu-mente. Das grte Frderprogrammzum Umwelt- und Klimaschutz imJahr 2012 istmit 9,9Mrd.EuroZusa-gen Energieeffizient Bauen und Sa-nieren. Mit Beginn dieses Jahres istdiesesProgramm nochattraktiverge-

    worden. Der Bund stellt ber dasBundesministerium fr Verkehr, Bauund Stadtentwicklung (BMVBS) bis2020jhrlichzustzlich 300Mill. Eu-ro bereit. Wer sein Haus oder seine

    Wohnung energetisch saniert, profi-tiertnun seitJahresbeginnvon hhe-ren Investitionszuschssen.

    Mit solchen Frderprogrammenhilft die KfW nicht nur dem einzel-nenHausbesitzer. Siestrkt auch dieheimische Wirtschaft. Das energieef-fiziente Bauen und Sanieren gene-riert zustzlich zu einem kologi-schen einen volkswirtschaftlichenNutzen. Eine Studie des Prognos In-stituts belegt das. Ihre Kernaussagelautet: Die Energiewende kostetGeld, Deutschland profitiert aberauch enorm davon durch mehr Ar-beitspltze, durch zustzlichesWachstum und durch geringereEnergiekosten.

    Die Studie provozierte auch vieleFragen. Sie lste eine Debatte dar-beraus, ob sich das energieeffizien-te Sanieren auch individuell lohnt.Fakt ist: Eine energetische Sanie-rung ist fr den Einzelnen mit vielfa-

    chem Nutzenverbunden: von niedri-gen Energiekosten ber Wertsteige-rung des Hauses bis zu hheremWohnkomfort. Ein qualifizierter

    Sachverstndiger kann im Einzelfallbeurteilen, welche energetischenManahmensich lohnen.Dabei rech-nen sich Investitionen zur Steige-rung der Energieeffizienz insbeson-dere dann, wenn ohnehin saniert

    wird und die Energiesparmanahmedaran gekoppelt ist. Die finanzielleFrderung in den KfW-Programmen

    verkrzt die Amortisationsdauer vonInvestitionen in die energetische Sa-nierungerheblich. Hufig amortisier-ten sich diese Sanierungen mit ei-nem Frderdarlehen oder Zuschussder KfW in weniger als 20 Jahren.Das gibt Planungssicherheit.

    Fr den Erfolg und damit die Ak-zeptanz energetischer Sanierungensind die Qualitt der Manahmen-planung und deren Bauausfhrungentscheidend. Bei jedem von derKfW gefrderten Sanierungsvorha-ben ist deshalb ein qualifizierterSachverstndiger einzubinden, derdie Sanierungsmanahmen plantund das Erreichen der Frderstan-dards besttigt. Qualifizierte Sach-

    verstndige sind in der Expertenlistedes Bundes gelistet.Die Sachverstn-digen mssen dezidierte Aus- undWeiterbildungen nachweisen undunterliegen einer unabhngigen

    Qualittssicherung. Ab Anfang 2014wird diese Listung fr die Investiti-onsfrderung in den ProgrammenEnergieeffizient Bauen und Sanie-ren verbindlich. Fr die energeti-

    sche Fachplanung und Baubeglei-tung durch einen Experten knnenBauherren einen zustzlichen Zu-schuss bei der KfW beantragen.

    Die Frderttigkeit der KfW istaber auch deshalb wesentlich, weildie Zeit drngt. Der Anteil der jhr-lich in Deutschland energetisch(voll-)sanierten Wohngebude be-trgt gegenwrtig etwa 1%; Ziel derBundesregierung sind allerdings2%, um den Primrenergiebedarf

    wie angestrebt bis 2050 um 80 % zu

    senken. Dafr mssen erstens bisherungenutzte Chancen fr energieeffi-ziente Sanierungen genutzt werden(verstrkte Koppelung). Zweitensmssen verstrkte Anreize gesetzt

    werden, Sanierungszyklen auch ei n-zuhalten. Sollen Gebudeeigentmerzu solchen Investitionen motiviert

    werden, sind ber eine gezielte Fr-derung geeignete Rahmenbedingun-gen zu schaffen, damit auch in die-sem Fall die Wirtschaftlichkeit derManahmen erreicht werden kann.

    Gute Planung muss sein

    Grundstzlich gilt: Die Planungs-phase ist entscheidend, da die Haus-eigentmer dann die Sanierung unddie energetischenKomponenten fest-legen. Das besttigt eine Umfragedes Deutschen Instituts fr Wirt-schaftsforschung (DIW)aus dem vor-

    vergangenen Jahr. Daher sind be-

    reits in dieser Phase eine qualifizier-te Beratung durch einen Sachver-stndigen und die Bereitstellung ge-eigneter finanzieller Frdermecha-nismen wichtig.

    Bei der Umfrage des DIW gab dieHlfteder Haushaltean,dass dieUn-tersttzung der KfW wichtig fr eineumfangreiche energetische Sanie-rung war. Diese Umfrage ergabauch, dass KfW-gefrderte Haushal-te alle ursprnglich geplanten Effizi-enzmanahmen auch wie geplantumgesetzt haben, whrend andereHaushalte whrend der Entschei-dungsfindung oft den Umfang derenergetischen Sanierung reduzierthaben. Eine wichtige Besttigungfr unsere Arbeit.

    Die Finanzierung der Energiewen-de ist und bleibt ein Kernstck der

    Arbeit der KfW Bankengruppe. Freine Bank aus Verantwortung, diesich in ihrem Alltagshandeln beson-

    dersvon Nachhaltigkeitskriterienlei-ten lsst, gibt es keine Alternative zueinem umfassenden Umwelt- undKlimaschutz.

    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Energiemarkt im Wandel, Tief-greifendeUmbrche verndernEner-giebranche, Auf dem Weg zurEnergieversorgung der Zukunft sooder hnlich lauten die berschrif-ten, wenn Zeitungen und Magazinederzeit ber die Energiebranche unddie Energiepolitik berichten. Viel Be-

    wegung also? Sollte man meinen.Doch leider Fehlanzeige. Denn wirk-lich bewegen tut sich im Momentnicht allzu viel. Zumindest wennmansich Beschlssezu energiepoliti-schen Weichenstellungen ansieht,dann bewegt sich seit Monatennichts.

    Derzeit bewegt sich nichts

    Diskutiert wird viel. Viele Vor-schlge, viele Forderungen. Aber

    wirkliche Bewegung? Uns ist allenbewusst, dass wir uns in einem Jahrder Bundestagswahl befinden. Undes ist keine wirkliche berraschung,dassdas nicht unbedingt dieallerbes-te Voraussetzung frnotwendigepo-litische Weichenstellungen ist. Unddoch: Ohne klare und vor allem ver-lssliche Entscheidungen, ohne diedamitverbundene Sicherheit frPla-nungen, Projektentwicklungen und

    vor allem Investitionsentscheidun-gen wird es nicht gehen.

    Dabei sind sich Politik und Gesell-schaft in Deutschland bei den lang-

    fristigen, gerade auch klimapolitischmotivierten Zielen ja weithin einig.Wir wollen die Energiewirtschaftnachhaltig verndern. Wir wollendie Treibhausgasemissionen verrin-gern. Wir wollen bis 2022 alle Kern-kraftwerke abschalten. Wir wollendie erneuerbare Energieerzeugungausbauen. Wir wollen die Energieef-

    fizienz steigern. Unddas alles in Verbindung

    mit der Gewhrleistungunseres hohen Stan-dards an Versorgungssi-cherheit und zu wirt-schaftlich und sozialtragfhigen Kosten undPreisen. Das ist derGrundkonsens unver-ndert, sptestens seitFukushima.

    Und das ist auch gutso, denn das ergibt einbelastbaresund nachhal-tiges Fundament fr das

    Energiesystem der Zukunft. Aber ge-nauso wichtig ist die Erkenntnis,dass diese Ziele weder auf Knopf-druck noch zum Nulltarif zu errei-chen sind. Dafr ist ein grundlegen-der Umbau der Energieversorgungnotwendig. Das ist ein langwierigerProzess verbundenmit groen Her-ausforderungen fr Politik, Wirt-schaft, Energieunternehmen.

    Fr genug Reserve sorgen

    Inzwischen ist wohlbei allenBetei-ligten das Verstndnis gereift, dasserneuerbare Energien auf Sicht al-lein keine sichere Energieversor-gung gewhrleisten knnen. Wirbrauchen auch in Zukunft hocheffi-ziente konventionelle Erzeugungska-pazitten, um die natrlich gegebe-nen Schwankungen der Stromerzeu-gung aus Photovoltaik- und Wind-kraftanlagen auszugleichen.

    Undda schliet sichder Kreis: Umdie notwendigen Reservekapazit-ten am Netz zu halten, um nichtheute oder morgen, aber bermor-

    gen zustzlicheInvestitionen anzu-stoen, muss die Politik verlsslicheRahmenbedingungen und Anreizeschaffen. Der Versuch zur Strom-preisbremse war dafr ein gutes Bei-spiel.Am Ende warsie schnellerwie-der in der Schublade verschwunden,als sie konzipiert worden ist. Inhalt-lich ist das auch gut so. Denn anstattder ursprnglich angekndigten mo-deraten Korrekturen mit dem Ziel

    kurzfristiger Kostensenkungen ent-hielt das Manahmenpaket weitrei-chende Eingriffe, die zu Marktver-

    werfungen und Fehlsteuerung ge-fhrt htten.

    Schon die damit ausgelsten Dis-kussionen um einen rckwirkendenEingriff in Frderzusagen fr beste-hende Erzeugungsanlagen haben An-lagenbetreiber, Investoren und Kapi-talgeber verunsichert. Und auch

    wenn die Bundesregierung selbstden Vorschlag wieder aus dem Ver-kehr gezogen hat, gelingt es den He-xenmeistern nicht, ihre Lehrlinge da

    wieder zurckzuholen. Dies ist einweiterer Beleg d afr, dass trotz un-vernderter Ziele Orientierung undVertrauen verloren gegangen sind.

    Mit dem ffentlichen Schlagab-tausch um die Strompreisbremse

    wurde viel Porzellan zerschlagenund Schaden angerichtet. Das istmehr als bedauerlich, da es schon

    frh entsprechende Warnungen ge-geben hat. Natrlich brauchen wirdringend eine Reform des EEG, dieseine positiven Errungenschaften be-

    wahrt denn es war das richtige Ins-trument zurrichtigenZeit,um dieer-neuerbaren Energien in den Markteinzufhren die aber gleichzeitigauch knftige Herausforderungenangeht.

    Verlsslich vorgehen

    Dabei gibt es ja durchaus Mittelund Wege, mit einer Weiterentwick-lung des bestehenden EEG mehrWettbewerb zu schaffen und Kosten

    Fortsetzung Seite B 6

    VonJrg Zeuner

    Chefvolkswirt der KfW

    VonGeorg Mller

    Vorsitzender desVorstands der MVVEnergie AG

    Herausforderungen der Energiewende annehmenFinanzierung von erneuerbarer Energie, effizientem Einsatz, Batteriespeichersystemen und Gebudesanierungen Gezielt frdern

    Evolution statt RevolutionDer Energiemarkt wartet auf die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

    Die Energiewendekostet Geld, Deutsch-land profitiert aberauch enorm davon durch mehr Arbeits-pltze, durch zustz-liches Wachstumund durch geringereEnergiekosten.

    B4 Brsen-Zeitung Nr. 127 Sonderbeilage Sonnabend, 6. Juli 2013

  • 7/27/2019 Energie & Umwelt

    5/8

    Brsen-Zeitung, 6.7.2013n Deutschland gibt es aktuell rund50 Genossenschaften im Bereicher erneuerbaren Energien. Der

    Groteil dieser Energiegenossen-chaften wurde in den vergangenen

    nf Jahren gegrndet. Allein imahr 2012 sind unter dem Dach des

    Deutschen Genossenschafts- undRaiffeisenverbandes (DGRV) 150neue Energiegenossenschaften ent-tanden und die Tendenz ist weiterteigend.

    Genossenschaften ermglichenrivatpersonen, Kommunen oderUn-

    ernehmen, mit berschaubaren fi-nanziellen Betrgen den Ausbau er-

    neuerbarer Energien in ihrer Heimatoranzubringen. Eine Beteiligung istn vielen Genossenschaften bereits

    mit weniger als 100 Euro mglich.Mehr als 90 % der Genossenschafts-mitglieder sind Privatpersonen, diem Schnitt mit gut 3 000 Euro betei-gt sind. Sie kommen in der Genos-enschaft mit Gleichgesinnten zu-ammen, um hufig gemeinsam

    mit kommunalen Entscheidungstr-ern, ffentlichen Einrichtungenndregionalen Banken Kraftwerks-rojekte im Bereich Sonnen- oder

    Windenergie zu initiieren. Investiti-nsrisiko und Betreiber-Know-how

    werden ber die Genossenschaft ge-ndelt.

    Rendite nicht entscheidend

    Dabei verfolgen die Initiatorenor allem zwei Ziele: die Umstell unger Energieversorgung auf erneuer-

    are Energieressourcen und die Fr-erung der regionalen Wertschp-ung. Die Aussicht auf eine finanziel-e Rendite spielt hingegen nur einentergeordnete Rolle bei der Ent-

    scheidung, sich in einer Energiege-nossenschaft zu engagieren, wie ei-neUmfragedes DGRV ausdem Som-mer 2012 zeigt.

    Die grundlegenden genossen-schaftlichen Prinzipien, die schon

    mehr als 150 Jahre dieGenossenschaften inDeutschland bestim-

    men, berzeugen dieMenschen auch heutenoch. Besonders scht-zen die Grnder die de-mokratische Willensbil-dung. In einer Genossen-schafthat jedes Mitgliedunabhngigvon der H-he seiner Beteiligung ei-ne Stimme in der Mit-gliederversammlung.Die Beteiligungs- undMitbestimmungsmg-

    lichkeiten des Einzelnen frdern dieVerantwortung fr das gemeinsameEnergieprojekt. Es kann nicht an ei-nen externen Investor, beispielswei-sedie Kommune odereinEnergieun-ternehmen delegiert oder sogar ver-kauft werden. Ein weiterer Vorteilder genossenschaftlichen Rechts-form wird im Energiebereich beson-ders deutlich: Die aktive Beteiligungund Organisation einer groen Mit-

    gliederzahl ist problemlos mglich.

    Wirken in der Region

    DieGenossenschaftist einregiona-les Unternehmen der Mitglieder,nicht einfach nur eine Anlagemg-lichkeit. Anders als zum BeispielFonds frdern Genossenschaften dieregionale Wertschpfung, indem et-

    wa ortsansssige Handwerksbetrie-be oder Banken eingebunden wer-den. So stammt beispielsweise beralle Energiegenossenschaften hin-

    weg rund die Hlfte des aufgenom-menen Fremdkapitals von regiona-len Genossenschaftsbanken. Viel-fach sind Genossenschaften zudemeine Keimzelle fr weitere Projektein der Region, nicht nur im Energie-bereich, sondern in vielen Bereichenregionaler Entwicklung von derBreitbandversorgung bis zur Biodi-

    versitt.

    Zudem schafft die Einbeziehungdes regionalen Genossenschaftsver-bandsVertrauenin die zumeist lang-fristig angelegten Investitionen.Schlielich werden die Ersparnisse

    vieler Brger zusammengetragenund die in der Verantwortung ste-henden Mitglieder haben hufignoch keine kaufmnnischen Erfah-rungen gesammelt. Die Unterstt-zung und regelmige Prfungdurch erfahrene Berater des Genos-senschaftsverbands ist daher sehrhilfreich. Und das zahlt sich aus: Die

    Genossenschaft ist seit vielen Jahrendie insolvenzsicherste Rechtsform inDeutschland.

    Akzeptanz schaffen

    Die lokale Verwurzelung, der ho-he Grad an Mitbestimmung undTransparenz sowie der klare Fokusauf die Mitgliederfrderung sindHauptgrnde, warum es bei genos-senschaftlich organisierten Energie-projekten nur sehr selten zu Akzep-tanzproblemen kommt. Die Men-schensind viel eherbereit,ein Wind-rad oder eine Biogasanlage im eige-nen Heimatort zu akzeptieren, wennsie selbst daran beteiligt sind undnicht ein anonymer Investor profi-tiert, sondern die Wertschpfung inder Region bleibt.

    EinBeispiel hierfr ist die Energie-genossenschaft Starkenburg eG, dieim Odenwald einBrger-Windrad re-

    alisiert hat. Die ffentliche Meinungin der unmittelbaren Nachbarschaftwar zunchst gegen das Vorhabenund auch die lokale Presse berichte-te hauptschlich ber AktivittenderWindkraftgegner. Das Meinungs-bild ndertesich aber,als sich dieAn-

    wohner der umliegenden Gemein-den direkt an der Windkraftanlagebeteiligen konnten. 230 Brger ausder nheren Umgebung haben indas Windrad investiert.

    Mit der Realisierung eines genos-senschaftlich organisierten Br-ger-Windrads gehrt die Energiege-nossenschaft Starkenburg zu den

    Vorreitern. Der grte Teil der Ener-giegenossenschaften ist aktuell nochim Bereich der Energieproduktiondurch Sonnenenergie ttig. Denndie Photovoltaik bietet eine einfacheMglichkeit, dezentral in erneuerba-re Energien zu investieren, und siefunktioniert im Gegensatzzu Wind-

    kraft und Biogas fast berall.Neben der Strom- und Wrmepro-duktion durch Sonnen-, Wind- oderBioenergie werden auch Energienet-ze von Genossenschaften betrieben.

    Seit mehr als 100 Jahren sind in vie-len Regionen Deutschlands Genos-senschaften als etablierte regionaleEnergieversorgungsunternehmen t-tig. Die Alb-Elektrizittswerke Geis-lingen-Steige eG versorgen beispiels-

    weise bereits seit 1910 ihre wrttem-bergische Heimatregion mit Strom.In jngerer Zeit werden vielerorts

    mit genossenschaftlichen Nahwr-menetzen die angeschlossenenHaus-halte kostengnstig mit Energie zum Beispiel aus einer Biogasanlage versorgt.

    Eigener Netzbetrieb

    So auchin der schleswig-holsteini-schen Gemeinde Honigsee, wo dieEinwohner seit 2007 ihre Heizwr-me ber ein Nahwrmenetz aus den

    Biogasanlagen beziehen. Der Impulsfr das Nahwrmenetz ging damals

    von zwei Landwirten aus, die in eineBiogasanlage investiert hatten. DasBiogas wird ber zwei Blockheiz-kraftwerke verstromt, fr die dabeianfallende Abwrme gab es jedoch

    zunchst kein Nutzungskonzept.Das fhrte zu der Frage, ob man dieWrme nicht zum Beheizen vonWohnhusern nutzen knnte. Inmehreren Informationsveranstaltun-gen wurden die Einwohner von Ho-nigsee von der Idee eines genossen-schaftlichen Nahwrmenetzes ber-zeugt.Und es gab es viele gute Argu-

    mente fr das gemeinsame Netz: et-wa die Unabhngigkeit von groenEnergieversorgern und die immer

    weniger kalkulierbaren Preise frfossileBrennstoffe. Auchdie Vorstel-lung, die alte, meist grovolumigeHeizungsanlage im Keller gegen ei-ne kleine bergabestation zum Wr-menetz auszutauschen, kam gut an.

    Vielen war es zudem wichtig, sichfr eine saubere und klimaschonen-de Energieerzeugung zu engagieren.

    Vor allem aber lockte die Aussichtauf niedrige und transparente Heiz-kosten.

    Noch einen Schritt weiter als dieNahwrmegenossenschaften gehengenossenschaftliche Bioenergiedr-fer, mit denen mglichst die gesam-te Wrme- und Stromversorgungdes Ortesin Eigenregieauf regenera-tive Energien umgestellt wird. Dies

    wird zum Beispiel seit ber zehn Jah-ren erfolgreich in der rheinlndi-

    schen Gemeinde Lieberhausen, ei-nem Ortsteil von Gummersbach,praktiziert. Heute beziehen 92 derinsgesamt 108 Haushalte ihre Wr-me ber ein Nahwrmenetz aus derrtlichen Holzhackschnitzelanlage,dievon denBrgerngepflegt undge-

    wartet und mit Material aus den hei-mischen Wldern versorgt wird.

    Interessant fr Kommunen

    Nicht nur Brger, sondern auchKommunen knnen gemeinsam ak-tiv werden, um die Energiewende

    voranzutreiben, wie die interkommu-nale Genossenschaft NEW NeueEnergien West eG zeigt. Auf Initiati-

    ve der Stadtwerke Grafenwhr ha-

    ben sich in der Oberpfalz Stdte undGemeinden zusammengeschlossen,um regenerative Energien in der Re-gion zu frdern. Die NEW ist gewis-sermaen das Dach, unter dem Pro-

    jekte zum Ausbau erneuerbarer Ener-gien initiiert werden. An dem Ge-meinschaftsunternehmen sind Kom-munen und kommunale Unterneh-

    men der Region direkt beteiligt. Vor-aussetzung fr die Mitgliedschaft istdie Zeichnungvon mindestenseinemGeschftsanteil, der auf eine Summe

    von 5000 Euro festgelegt wurde. Bis-lang sind 19 kommunale Mitgliedermit insgesamt 154 Geschftsanteilender Genossenschaft beigetreten. DreiBrgermeister stellen den Vorstand,die anderen Kommunalvertreterwir-ken ehrenamtlich im Aufsichtsratmit. Auch die Brger der Regionsind an der NEW beteiligt. Sie kn-nen allerdings nicht direkt Mitglied

    werden, sondern erwerben Anteileeiner zweiten Genossenschaft: derBrger-Energiegenossenschaft WesteG (BEW). Diese Genossenschaft ist

    wiederum Mitglied der NEW.

    ber 100000 machen mit

    So verschieden die Energiegenos-senschaften auch sein mgen sieal-

    le ermglichen das gemeinsame En-gagement verschiedener Akteurevor Ort und vereinigen gesellschaft-liche, wirtschaftliche, kommunaleund umweltpolitische Interessen.Sie steigern zudem die Akzeptanzfr Erneuerbare-Energien-Projekte.Deutschlandweit sind bereits mehrals 100000 Menschen in Energiege-nossenschaften engagiert Tendenzsteigend. Die Genossenschaften ha-ben bis heuterund 1Mrd.Euro iner-neuerbare Energien investiert. Sieproduzieren bereits jetzt mehrStrom, als in den Haushalten ihrerMitglieder verbraucht wird. Energie-genossenschaften werden damit zueinem wichtigen Treiber der dezen-tralen Energiewende.

    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Mehr alszweiJahresindseitder Ent-cheidung der Bundesregierungzumeschleunigten Ausstieg aus der

    Atomenergie vergangen auf groe

    rfolgsmeldungen hat die ffentlich-eit bislang aber weitestgehend ver-eblich gewartet. Die Verantwortli-hen mssen weiterhin nicht nur diechwierigkeiten bei der Netzanbin-ung lsen, sondern vor allem auchie Frage beantworten, wer den er-

    orderlichen Netzausbau bezahlenoll. Schtzungen zufolge ist in den

    nchsten fnf bis zehn Jahren frie Energiewende insgesamt mit ei-

    nemInvestitionsvolumenim dreistel-gen Milliardenbereich zu rechnen.

    icher ist, dass die Energiekonzernend Netzbetreiber dies nicht aus ei-ener Kraft schaffen werden.

    Neue Assetklassen nutzen

    Wegen verschlechterter Refinan-ierungsmglichkeiten fehlt ihnenumeinen das Eigenkapital. Zum an-erenhabensie Problemebei derBe-chaffung des erforderlichen Fremd-apitals. Deshalb verwundert es

    nicht, dass immer mehr Experten zuerAnsicht gelangen,dass die Finan-ierungslast auf mehrere Schulternerteilt werden muss. Insbesondereas aktuell niedrige Zinsniveau ver-nlasst sowohl private, aber auch in-

    stitutionelle Investoren dazu, neueAssetklassen in ihr potenzielles Anla-geportfolio aufzunehmen. So sinddie bertragungsnetzbetreiber zumTeil durch international agierende

    Infrastrukturinvestoren(Eigenkapital-)finan-ziert. Gleichzeitig zeigtsich auch beiden Privat-investoren, dass diese

    sich neuen Anlagefor-men ffnen und bereitsind, bei entsprechen-den Renditeaussichtenauchhhere Risiken ein-zugehen.

    Der Brger als poten-zieller Investor flog da-bei bislang weitestge-hend unter dem Radarund kam nur vereinzelt

    und im Rahmen sehr kleiner, lokalerProjekte zum Zuge. Doch dies wirdsich wohl ndern.

    Erstes Groprojekt vor Start

    Endedes vergangenen Jahreskn-digte der Bundesumweltminister an,den gesetzlichen Rahmen dafrschaffen zu wollen, dass sich Brgermit einerattraktiven Garantieverzin-sungam Bau neuerStromtrassen be-teiligen knnen. Bereits ohnedie R-

    ckendeckung undStarthilfe eines Ge-setzes wird der Netzbetreiber Ten-neT nach eigenen Angaben in Krzeein erstes groes Beteiligungspro-

    jekt auflegen. Er bietet Gebietsanss-sigen und Grundstckseigentmerndie Mglichkeit, sich an der Errich-tung der geplanten Westkstenlei-tung finanziell zu beteiligen.

    Die Einbindung der Brger in dieFinanzierung von solchen Gropro-

    jekten bietet allen Beteiligten Vortei-le. Der Projektbetreiber erschlietsich eine Finanzierungs- oder Refi-nanzierungsquelle zu Konditionen,die nicht weniger attraktiv sind alsmanches Bankdarlehen, aber mit

    weitaus weniger Brokratie auskom-

    men. Zudem reduziert er sein unter-nehmerisches Risiko, indem er esauf eine Vielzahl von Investoren ver-teilt. Dem Brger bietet sich demge-genber die Gelegenheit, einen mitentsprechender Rendite versehenenBeitrag zur Energiewende zu leistenund einen konkreten Bezugspunktzur besseren Identifikation mit der-selben zu finden.

    Erfahrungsgem sinkt nmlichdie Bereitschaft, einen Beitrag zu ei-ner groen gesellschaftlichen Aufga-be zu leisten, mit dem Grad der per-snlichen Betroffenheit. Wenn diezu bauenden Stromtrassen unmittel-bar an dem eigenen Grundstck vor-beifhren oder der Blick aus demWohnzimmer durch einWindradver-baut wird, wird sich der Einzelne

    wohl nur dann finanziell engagie-ren, wenn er eine Rendite oberhalbder von blichen risikoarmen Anla-geformen erzielen kann. Aus diesemGrunde bieten Projektbetreiber wieTenneT eine vergleichsweise hohe

    Verzinsung an, die zum Teil abh n-gig von den Ertrgen der Projektge-sellschaft oder im Zeitablauf nach

    Abschluss bestimmter Projektphasen wie offenbar im Falle des Beteili-gungsmodells Westkstenleitung

    variiert.

    Struktur sorgfltig whlenAus rechtlicher Sicht sind fr ein

    Brgerbeteiligungsmodell vielerleiStrukturierungsmodelle denkbar.Whrend TenneT sich wohl fr die

    Ausgabe einer Anleihe entschiedenhat, waren in der Vergangenheit beiregional geprgten Vorhaben insbe-sondere die Beteiligungan einerPro-

    jektgesellschaft ber den Erwerb ei-ner Kommanditbeteiligung, Genuss-rechtsvereinbarungen oder die Ge-

    whrung von Darlehen bzw. Schuld-verschreibungen populr.

    Da jedes Beteiligungsmodell frdie Beteiligten unterschiedliche

    Fortsetzung Seite B8

    VonEckhard Ott

    Vorsitzender desVorstands desDeutschenGenossenschafts- undRaiffeisenverbands(DGRV)

    VonMyriam Schilling

    Rechtsanwltin undPartnerin der SoziettOppenhoff&Partner

    Energiegenossenschaften im AufwindBrger, Kommunen und lokale Wirtschaft treiben gemeinsam die dezentrale Energiewende voran Fr den Einzelnen ist finanzielles Engagement berschaubar

    Der Brger als InvestorEnergieprojekte vermehrt alternativ finanzieren Gesetzesnderungen kommen

    So verschieden dieEnergiegenossen-schaften auch seinmgen sie alleermglichen dasgemeinsame Engage-

    ment verschiedenerAkteure vor Ort undvereinigen gesell-schaftliche, wirt-schaftliche, kommu-nale und umweltpoli-tische Interessen.

    onnabend, 6. Juli 2013 Sonderbeilage Brsen-Zeitung Nr. 127 B5

  • 7/27/2019 Energie & Umwelt

    6/8

    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Die Organisation fr wirtschaftliche

    usammenarbeit und EntwicklungOECD), die Weltbank und fhrende

    Unternehmens- und Politikberatun-en sind sich einig: Energie und Um-

    welt sind die beiden Bereiche, dieon enormer Bedeutung fr die wei-ere Entwicklung globaler Wirt-

    chaftskreislufe sind.Die Herausfor-erungen der Zukunft mit zuneh-mender Urbanisierung und Ressour-

    enknappheit knnen nur gemeis-ert werden, wenn ein konsequentes

    Umdenken zugunsten erneuerbarernergien und ressourcenschonen-en Umweltmanagements stattfin-et. Der erhhte Investitionsbedarf

    n Energie- und Umweltinfrastrukturann ohne das Engagement von pri-aten Investoren nicht gedeckt wer-en hier liegen groe Chancen fr

    Anleger.

    Neubau und Ersatz ntig

    In den kommenden Jahrzehntenwird in den Industrielndern Bedarf

    n Ersatzinvestitionen in Infrastruk-ur bestehen. In den Schwellen- undntwicklungslndern sind dagegenurch das rasante Bevlkerungs-nd Wirtschaftswachstum und die

    ich verbessernden Lebensumstndeneue Investitionen in Versorgungs-,Bau-, Telekommunikations- undTransportinfrastruktur ntig. Die In-

    ustrielnderorganisation OECDchtzt das weltweite durchschnittli-he Investitionsvolumen fr neue In-rastruktur bzw. fr die Instandhal-ung bestehender Infrastruktur frie Jahre 2010 bis 2030 auf jhrlichtwa 1,8 Bill. Dollar.

    Wesentliche Treiber dieser Ent-wicklung sind die fortschreitendeGlobalisierung, der demografischeWandel und die energiewirtschaftli-

    chen und kologischen Vernderun-gen. Die hchsten Ausgaben werdenfr den Wassersektor prognostiziert(900 Mrd. Dollar pro Jahr). Der In-

    vestitionsbedarf fr die Energiever-sorgung wird jhrlich auf rund 210Mrd. Dollar geschtzt.EinHaupttreiberfr die-sen enormen Investiti-

    onsbedarf ist die fort-schreitende Urbanisie-rung und das Entstehenzahlreicher Mega-Citys.

    Seit 2007 leben mehrMenschen in Stdten alsin lndlichen Gebieten,Tendenz stark steigend.Die Vereinten Nationenprognostizieren, dass es2015 bereits weltweit300 Millionenstdtegeben wird. Lau tOECD-Schtzungen belaufen sichdie in stdtischen Gebieten erforder-lichen Infrastrukturinvestitionen bis2030 weltweit auf mehr als 40 Bill.Dollar. Der bisherige Investitionsbe-darf fr Wohnungs- und Brobau,Hafenkapazittenund Wasserversor-gungen wird sich weltweit auf 20Bill. Dollar jhrlich verdoppeln. In-nerhalb der Stdte werden 85 %mehr Flche fr Wohn- und Gewer-

    begebiete bentigt, und der Wasser-bedarf der Stdte wird bis 2025 um80 Milliarden Kubikmeter wachsen.

    China zeigt es deutlich

    Das Beispiel China zeigt diese Ent-wicklung besonders deutlich: 2030werden laut der Unternehmensbera-tung McKinsey eine Milliarde Men-schen in chinesischen Stdten leben,davon sind 221 Millionenstdte (inEuropa sind es aktuell 35). Der Be-darf an Investitionen im Energie-infrastrukturbereich hat in den letz-

    ten Jahren stark zugenommen undwird weiter wachsen. Die OECDschtzt, dass allein China im Zeit-raum von 2003 bis 2030 ber 2 Bill.Dollarin Anlagen zur Elektrizittser-zeugung und -verteilung investieren

    wird. Denn Chinas jhrliche Wachs-tumsrate beim Elektrizittsver-brauch stellt mit 4,5% (Indien:4,9%) fast die hchste Rate in denSchwellenlndern dar. Aber auch inden Industriestaaten ist die Energie-infrastruktur ein groes Thema: Soschtzt dieOECDin denUSAundKa-nadaInvestitionen inHhe vonnahe-zu 2 Bill. Dollar. ZentraleKostentrei-ber sind dabei die Versumnisse in

    der Vergangenheit, da vorhandeneAnlagen nicht ausreichend instandgehalten bzw. Ersatzinvestitionen

    vernachlssigt wurden.Um die Energiewendemit erneuer-

    barer Energie zu schaffen, mssennicht nur hohe Investitionen in de-ren Erzeugung, sondern auch in einmodernisiertes Stromnetz mit intelli-genter Netz- und Verbrauchssteue-rung gettigt werden. Da regenerati-

    ver Strom nicht immer zu Spitzenver-brauchszeiten erzeugt wird, brauchtes neue Speichermglichkeiten so-

    wie neue Konzepte zur intelligenten,

    effizienten Energienutzung. DieEnergiewende bietet also viele Zu-kunftschancen im Bereich umwelt-freundliche Energien und Energie-speicherung, Energieeffizienz, Roh-stoff-und Materialeffizienz, nachhal-tige Mobilitt und nachhaltige Was-serwirtschaft. Laut dem BerichtGreenTech Made in Germany 3.0

    des Bundesministeriums fr Um-welt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit (BMU) aus dem Jahr 2012 istdie sogenannte Green-Tech-Brancheein stark wachsender Markt mit ei-nem globalen Volumen von knapp 2Bill.Euro, undfr2025werdenwelt-

    weite Umstze von 4,4 Bil l. Euro er-wartet.

    Wasserversorgung sichern

    Rund 83% der Weltbevlkerunghaben Zugang zu sauberem Wasserund lediglich 58% zu sanitren Ein-richtungen. In den Entwicklungsln-dern herrscht der grte Nachholbe-darf. Im Jahr 2025 werden lautOECD die Landwirtschaft (Anteil

    von 70 bis 75% des globalen Wasser-verbrauchs), die Industrie (20 %)und die privaten Haushalte (5bis10%) zusammen bis zu 40%mehr Wasser zur Sicherung des Le-

    bensstandards beanspruchen, als esheute der Fall ist.Die weltweite Wasserverfgbar-

    keit ist seit 1950 gesunken und wirdbis 2030 weiter sinken. Bis 2030

    wird die Wasserverfgbarkeit proKopf in den Industriestaaten um biszu 40% geringer sein als 1959. Einhoher Investitionsbedarf besteht zurErschlieung neuer Quellen sowiezurVerbesserung der Versorgungsin-frastruktur. Weil die Wasserleitun-gen zum Teil noch aus dem 19. Jahr-hundert stammen, versickern bei-spielsweise in England und groen

    Teilen der USA jhrlich bis zu 50%des gefrderten Wassers. Die OECDgeht frdienchsten20 Jahrezur Si-cherung der Wasserversorgung voneinem jhrlichen Volumen fr Infra-strukturinvestitionen von ber 600Mrd. Dollar aus.

    Genauso wichtig ist auch die Ab-wasserentsorgung, wo die Schwel-

    lenlnder den grten Nachholbe-darf haben. In diesem Bereich wer-den bis 2025in China ber 200 Mrd.Dollaran Ausgaben erwartet, in Indi-en circa 100 Mrd. Dollar und in denUSA ber 150 Mrd. Dollar.

    Mll besser verwerten

    Nach Daten der Weltbank und derBank of America Merrill Lynch fielenimJahr2010weltweitetwa3,5Milli-onen TonnenMllam Tagan, davonallein in den OECD-Lndern 1,56Millionen Tonnen. Im Jahr 2025

    wird sich der tglich produzierteMllberg mit 6 Millionen Tonnenfast verdoppelt haben. Der Abfallder rasant wachsenden Metropolenin den Schwellenlndern wird sichin dieser Zeit verdoppeln, teilweisegar verdreifachen. Weltweit werdenderzeit nur 25% des Mlls verwer-tet.Dabei lediglich7 % desIndustrie-

    mlls, 10% des Abfalls der Kommu-nen und 15% des elektronischenE-Mlls. Daran zeigt sich das lang-fristige Wachstumspotenzialder Ent-sorgungs- und Recyclingbranche.

    Angesichts dieser Entwicklungenstehen der Energie- sowie der Ver-und Entsorgungssektor vor groenHerausforderungen vor allem beider Finanzierung der notwendigenInvestitionen in vorhandene undneu zu schaffender Infrastruktur.Banken ziehen sich verstrkt aus derFinanzierung von Infrastrukturpro-

    jekten zurck, und angespannte

    Staatshaushalte lassen wenig Spiel-raum fr Investitionen.

    Sowohl Industrienationen alsauchSchwellenlndersind aufpriva-te Investoren angewiesen. Insbeson-dere Unternehmen im Bereich Ener-gienetze, Speicherung und Nutzungsowie Ver-/Entsorgung und Recy-cling haben gute Entwicklungsper-

    spektiven. Daher ist gerade Kern-infrastruktur fr Anleger langfristiginteressant. Dazu zhlen Transport(z.B. Mautstraen, Flughfen, See-hfen),Ver- undEntsorgung( Strom-netze, l-und Gas-Pipelines,Wasser-netzwerke, Mllentsorgung, Recy-cling), Kommunikation (Sendemas-ten,Kabelnetzwerke,Satellitensyste-me) sowie ffentliche Einrichtungen(Schulen, Regierungsgebude).

    BrsennotierteInfrastrukturbetrei-ber in diesen Segmenten agierenmeist in einem monopolistischenUmfeld, unterliegen daher einer ge-ringen Nachfrageelastizitt und wei-sen auf Basis von langfristigen, hu-fig inflationsgekoppelten Vertrgenoderinfolgevon Regulierung planba-re zuknftige Ertrge auf. So findensich hier Eigenschaften wie zum Bei-spiel geringere Konjunktursensitivi-tt, stabile Cash-flows sowie weitge-hend inflationsgeschtzte Ertrge.

    Zur Auswahl eines renditeorientier-ten Kerninfrastruktur-Portfolios istsektorspezifisches Know-how im Be-reich privaterund brsennotierter In-frastruktur erforderlich. Dazu zh-len insbesondere lokale Expertiseber Regulierungen und Konzessio-nen in den einzelnen Mrkten sowie

    Analyseerfahrung in der Bewertungvon Infrastrukturanlagen. Ange-sichts der OECD-Prognosen ist derEnergie- und Ver-/Entsorgungssek-tor ein langfristig attraktives Anlage-segment mit nachhaltigen Ertrags-chancen.

    Brsen-Zeitung, 6.7.2013Als die Bundesrepublik vor 15 Jah-en ihren monopolistisch geprgtentrommarkt auf einen Schlag ffne-e, waren die Erwartungen gro.

    Aus geschlossenen Versorgungsge-

    ieten sollte ein Markt des fairenWettbewerbs werden. Doch dieseEntwicklung lsstin Teilen nochheu-e auf sich warten. Zwar haben zahl-eiche Gesetzesnderungen, vor al-em aber der Atomausstieg und die

    Energiewende, fr Bewegung amMarkt gesorgt. Jedoch haben sich

    nstigere Strompreise zumindestr die Verbraucher noch nicht

    durchgesetzt.Ein Grund, dieLiberali-ierung als missglckt zu bezeich-

    nen, ist das aber noch lange nicht.

    Marktmacht bricht

    Vier groe Konzerne sind es im-mer noch, die mit einem Marktanteil

    on 80% den grten Teil destroms in Deutschland erzeugen.

    Wer sich anschaut, was sich in denergangenen eineinhalb Jahrzehn-en beim Absatz fr Strom und Gasetan hat, muss dem Markt eine ge-

    wisse Dynamik zusprechen.Die regu-atorischen Rahmenbedingungenha-en sich fortlaufendverndert: Nach

    der Liberalisierung des Strommark-es 1998 folgte bereits 2000 die Ein-hrung des Erneuerbare-Ener-ien-Gesetzes (EEG). Die damit an-eordnete bevorzugte Einspeisungon nachhaltig erzeugtem Stromtellte Versorger, Netzbetreiber und

    Hndler gleichermaen vor neueHerausforderungen. 2004 wurdedann der Gasmarkt geffnet. Ein

    ahr spter setzte das Energiewirt-chaftsgesetz (EnWG) europische

    Richtlinien in nationales Recht um.Nach der durch ein Erdbeben aus-

    elsten Reaktorkatastrophe in Fu-

    kushima (Japan) im Mrz 2011 be-schloss die Bundesregierung denendgltigen Atomausstieg: AchtKraftwerke gingen sofort vom Netz,bis 2022 soll auch das letzte Atom-kraftwerk abgeschaltet sein. All das

    hat nicht nur dazu ge-fhrt,dass diealtenVer-sorgungsstrukturen inDeutschland aufgebro-chen wurden und dieMarktmacht der groenE r z e u g e r k o n z e r n eRWE, Eon, EnBW und

    Vattenfall Europe Rissebekam. Vielmehr rufendie Entwicklungen neue

    Anbieter mit innovati-ven Konzepten auf denPlan, die den Gedankeneines freien Marktesendlich umsetzen.

    Zwar hat die einst so vielverspre-chende deutsche Solarbranche bisinsJahr 2008Umsatzrekordean Um-satzrekordegereiht undsich zeitwei-se sogar als Weltmarktfhrer gese-hen. Sie hat sich jedoch zu frh aufihremErfolgausgeruht undmit Fehl-investitionen letztlich ihre Beweg-lichkeit insbesondere in der sptenKonsolidierungsphase seit 2010 ein-gebt. Doch sie ist ein gutes Bei-spieldafr, dass wenn ausden Feh-lern gelernt wird ein freier Strom-markt an einem technisch hoch ent-

    wickelten Standort wie Deutschlandgelingen kann.

    Groes Angebot fr Kunden

    So gehrt die Bundesrepublikheu-te zu den vielfltigsten Energiemrk-ten Europas. Rund 300 Stromerzeu-ger, mehr als 900 Netzbetreiber undber 1 000 Stromlieferanten sorgen

    fr ein grozgiges Angebot. Diesehohe Anzahl von Marktteilnehmerndeutet darauf hin, dass der Wettbe-

    werb auf den unterschiedlichstenStufen der energiewirtschaftlichenWertschpfung funktioniert.

    Das bekommen auch die Verbrau-cher zu spren, zumindest im Hin-blick auf die Anbietervielfalt. LautBundesnetzagentur (BNetzA) kn-nen Haushaltskunden im Durch-schnitt aus 147 Anbietern je Netzge-biet whlen. Auch die Wechselhr-den wurden erheblich reduziert. ImEnWG ist festgelegt, dass Stromkun-den jederzeit innerhalb von dreiWo-chenihrenLieferantenwechselnkn-nen. Davon machen sie auch Ge-

    brauch: Die Zahl der Stromanbieter-wechsel unter den Endverbrauchernist zwischen 2006 und 2011 gemMonitoringbericht 2012 der BNetzAfast um das Fnffache gestiegen. Sohabenim Jahr 2011 mehr als3,8Mil-lionen Lieferantenwechsel stattge-funden fnf Jahre zuvor waren eserst 800000. Allein gegenber 2010

    war dies ein Zuwachs von 27 %.Die Situation aller Marktteilneh-

    mer hat sich in dieser Hinsicht alsoverbessert. Die vier groen Energie-konzernesamt Vertriebstchtern ver-sorgten 2011 nur noch rund 40%(Stand 2010: 43,8%) der privatenHaushalte. Einen Teil davon alleindeshalb, weil sie aufgrund ihres f-fentlichen Auftrags zur Stromversor-gungnoch immereine besondere Po-sitioninnehaben:Jeder Stromabneh-mer ist gesetzlich einem Grundver-

    sorger zugeordnet, solange er sichnicht vonselbst an einenanderen An-bieter wendet. Wenn also der Ver-braucher von seinem Recht Ge-brauch macht, seinen Stromanbieterselbst zu whlen, ist der freie Markttatschlich in den privaten Haushal-ten angekommen.

    Alles gut, bis auf den Preis

    Wirklich motiviert, sich damitaus-einanderzusetzen, sind die Verbrau-cherjedoch erst, seitsie eineVerteue-rung von Strom spren. Die Einmi-schung durch den Staat hat nmlichdazu gefhrt, dass das wichtigsteMerkmal eines freien Marktes aufder Strecke geblieben ist: die freiePreisgestaltung. Stromproduzenten,Netzbetreiber und der Staat gebenhier den Ton an. Die Anbieter selbsthaben indes auf den Strompreis zumgroen Teil gar keinen Einfluss.

    Der Anteil von Steuern und Abga-ben sowie gesetzlich regulierten Be-standteilen am Strompreis ist in den

    vergangenen 15 Jahren um fast 30 %gestiegen. 1998 lager noch beiweni-ger als 50%, im Jahr 2013 dagegenbei mehr als 75%. Steuern, Abga-ben, Umlagen sowie gesetzlich regu-lierte Preisbestandteile machen alsorund drei Viertel des Strompreisesfr Endverbraucher aus. Zuletzt wares die drastische Erhhung derEEG-Umlage, die fr Diskussionengesorgt hat. Betroffen sind davon

    vor allem kleinere und mit tlere Un-ternehmen sowie private Haushalte.EinePreisentlastungbekommt allen-falls die verbrauchsintensive Indus-

    trie zu spren, die um nicht inssteuergnstigere Ausland abzuwan-

    dern von der Bundesregierung imgroen Stil mit Sonderregelungenprivilegiert wird.

    So haben Verbraucher wie auchkleine und mittlere Unternehmenzwar die Mglichkeit, aus einer Viel-zahl an Anbietern und Tarifmodel-len zu whlen. ber den Preis ent-scheiden knnen sie dadurch aber

    nur geringfgig. Das ist die Kehrsei-te der Entwicklung, die gleichzeitig

    eine groe Herausforderung dar-stellt. Damit steigende Kosten nichtzulasten der Akzeptanz einer atom-stromfreien Zukunft gehen, mussdie Energiewende effizienter gestal-tet werden. Der Staat verspielt sonst

    womglich die Chancen eines freienMarktes, der so vielversprechend ist

    wie noch nie auch aus europi-

    scher Sicht. Hier ist die Politik gefor-dert: Der Strompreis muss in einem

    vertrglichen Bereich bleiben.Um die Energiewende als eines

    der grten wirtschaftspolitischenProjekteder Bundesrepubliknachhal-tig zum Erfolg zu fhren, muss alsoaufpolitischerEbenenoch vielpassie-ren.Dabeispielt die Bundesnetzagen-tur eine zentrale Rolle. Der leitungs-gebundene Strommarkt muss mehrFlexibilitt ermglichen, um mittel-stndische Energieanbieter nicht nuram Ende der Wertschpfungskette,sprich in derBelieferung derEndkun-den, mitspielen zu lassen. Auch dr-fen die Kosten nicht nur auf denSchultern der Verbraucher und desMittelstandes lasten. Wenn die Bun-desregierung Angst hat, dass die gro-en Industriekonzerne abwandern,dann muss umgedacht, nicht einfach

    nurumgelegt werden.Fairer Wettbe-werb ist und bleibt das Schlsselwort unter Rahmenbedingungen, die al-len Marktteilnehmern die gleichenMglichkeiten bieten. Dann kann derStrommarkt sich gesund entfaltenund Deutschland mit seiner Energie-politik zu einem Vorbild fr Europamachen.

    VonMarkus Pimpl

    Senior Vice PresidentInvestment Solutionsbei der Partners Group

    VonAndreas Herga

    Mitglied des Vorstandsder Ensys AG

    zu senken. Statt harter Einmalein-schnitte sollte schrittweise und vorallem verlsslich vorgegangen wer-den. Der Grundsatz lautet Evoluti-on statt Revolution. Natrlich kn-nen die Vergtungen im EEG abge-senkt werden, um Mitnahmeeffekte

    zu vermeiden, um die Kosten inGrenzen zu halten, die ja am Endedie Verbraucher ber die EEG-Umla-ge bezahlen mssen. Dazu mssensich die erneuerbaren EnergienSchritt fr Schritt in den Markt inte-grieren.

    Die optionale Direktvermarktungder erneuerbaren Energien sollteausgeweitetwerden. Direktvermark-tung ist einer der entscheidendenSchlssel. Mit ihr mssen die Anla-genbetreiber ihren Strom verstrktam Markt anbieten und auch direktauf Preissignale reagieren. Die Pro-blematik des klassischen EEG, beider ohneRcksichtauf den tatschli-chenBedarf erzeugt wird,knnteda-

    durch zu einem groen Teil ent-schrft werden ohne das Kind mitdem Bade auszuschtten.

    Wir brauchen auch weiterhin An-reize fr einen gezielten und intelli-genten Ausbau der erneuerbarenEnergien.Beispiel: Windenergie. Ein

    weiterer Zubau darf nicht nur auf ho-her See erfolgen und damit aus-

    schlielichin Norddeutschland, wh-rend im sddeutschen Binnenlandder Zubau zum Erliegen kommen

    wrde. Das wre k ontraproduktiv sowohl fr die Windenergie insge-samtals auch frdie wnschenswer-te strkere regionale Diversifizie-rung der Windenergie, die zu einer

    Verringerung des Net zausbaubedar-fes beitragen knnte.

    Statt Einschnitten bei der Frde-rung wre zur Kostendmpfung beider Windenergie die Einfhrung ei-nes atmenden Deckels, hnlich wiebei der Photovoltaik, ein gangbarerWeg.Durch die hhereBerechenbar-keit entstnden bei Investoren weni-ger Risikenals bei massiven kurzfris-

    tigen Frderkrzungen. Mit einerberarbeitung des Referenzertrags-modells knnte zudem die Frde-rung ber ein Stauchungsmodell soangepasst werden, dass strkere An-reize zum Ausbau von Binnenland-standorten gesetzt werden. Sinnvollbleibtauch derVorschlageiner ber-arbeitung der Befreiungen von der

    EEG-Umlage sowie eine Einbezie-hung des Eigenverbrauchs in die Fi-nanzierung des Umbaus des Energie-systems.

    Markt neu designen

    Die ganze Energiebranche wartetalso auf die Reform des EEG und aufdie Grundlagen des neuen Markt-De-signs. Der Orientierungspunkt dafrlautet: Wir brauchen ein wettbe-

    werbsorientiertesund kosteneffizien-tes Marktmodell, in dem sowohl er-neuerbareEnergien als auchkonven-tionelle Kraftwerke ihren Platz fin-den. Am Ende werden wir feststel-len: Und sie bewegt sich doch!

    Fortsetzung von Seite B4

    Strommarktliberalisierung nur teilweise geglckt15 Jahre Wettbewerb in Deutschland Bundesnetzagentur spielt zentrale Rolle Mehr Flexibilitt ermglichen, Kosten gleichmiger verteilen

    Evolution statt Revolution

    Zukunftsmarkt mit nachhaltigem RenditepotenzialInvestitionen in Energie- und Umwelt-Infrastruktur bieten Anlegern groe Chancen Green-Tech-Branche ist stark wachsender Markt

    B6 Brsen-Zeitung Nr. 127 Sonderbeilage Sonnabend, 6. Juli 2013

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    Brsen-Zeitung, 6.7.2013easinggesellschaften investieren in

    Deutschland jhrlich rund 50 Mrd.Euro im Auftrag ihrer Kunden. Auch

    or dem Hintergrund des enormeninanzierungsbedarfs im Energie-

    markt spielen Asset- und Cash-low-basierte Finanzierungslsun-eneine immerwichtigereRolle. Ge-ade bei den grovolumigen Investi-ionenwerden sachkundige,langfris-ige Partner gesucht, deren Experti-e weit mehr als nur den Finanzie-ungsaspekt abdeckt.

    Enormer Finanzbedarf

    DasEnergiekonzept 2050der Bun-esregierung sieht bis zum Jahr020 einen Anteil an der Stromer-eugung aus erneuerbaren EnergienEE) von 35% vor gemessen am

    Bruttostromverbrauch. Aktuell sinds 17%. Das Investitionsvolumenfrie Energiewende ist enorm. Der

    Bundesverband Erneuerbare Ener-ien e.V. beziffert die kumuliertenealen Gesamtinvestitionen bis 2020uf rund 235 Mrd. Euro. Laut Scht-ungen des Deutschen Sparkassen-nd Giroverbandes betrgt alleinas Investitionsvolumen in die erfor-erliche Netzinfrastruktur ber 22

    Mrd. Euro. Es besteht also erhebli-her Finanzierungsbedarf fr gro-olumige, langfristige Investitionen.

    Doch gerade in diesem Bereich flltes immer mehr Kommunen und Un-ternehmen schwer, geeignete Finan-zierungspartner zu finden.

    Neben dem Know-how fr die Fi-nanzierung sind auch die besonde-

    ren Anforderungen inden jeweiligen Mrktenerfolgskritisch. Auch

    aus Sicht eines Finan-ziers ist es unbedingtnotwendig, die durch-aus vorhandenen Fall-stricke des Erneuerba-re-Energien-Gesetzes(EEG) genau zu beherr-schen wie auch die tech-nischen Daten und Leis-tungskennziffern von

    Anlagen beurteilen zuknnen. Dieser steigen-de Komplexittsgrad

    von Big Tickets im Bereich der erneu-erbaren Energien kann von Banken,aber auch Kommunen oder investiti-onswilligen Unternehmen nicht im-mer vollstndig bewltigt werden.

    Als Asset-orientierte Finanziers kn-nen Leasingunternehmen mit ihremExpertenwissen fr alle Beteiligtenechte Mehrwerte schaffen.

    Leasing bietet viele Optionen

    In der Regel bieten Leasinggesell-schaftendie Wahlzwischen derStruk-turierung von auf die Besonderheitendes EEG abgestellten Investitionskre-diten oder entsprechenden Leasing-und Mietkauflsungen. Hier knnendann weitere Effekte genutzt werden.Steuerliche Optimierung, Kosten-transparenz, Pay-as-you-earn-Effekteoder die Bilanzneutralitt der Investi-tion sind mgliche Stichworte. Dar-ber hinaus ermglicht gerade die lea-singtypische Eigentmerstellung desLeasinggebers im Vergleich zu einerklassischen Finanzierung eine andereRisikoeinschtzung, die letztendlichfr den Kunden auch zu einer opti-mierten Konditionsgestaltung und Ri-

    sikostruktur fhren kann. Leasing-strukturen knnen so helfen, die Fle-xibilittund Investitionskraft zu erh-hen, und damit die Wettbewerbsf-higkeit sichern.

    Engpass bei Kommunen

    Die Energiewende macht nicht

    nurInvestitionenin innovativeEner-gietechnik notwendig. Im Zuge vonRekommunalisierungstendenzensoll in den kommenden Jahren dieEigenstromerzeugungregionaler, ge-gebenenfalls kommunalnaher Ver-sorger beziehungsweise von Stadt-

    werken in vielen Gegenden Deutsch-lands deutlich erhht werden. Kom-munen haben die Option, Versor-gungsnetze zurckzukaufen oderStadtwerke neu zu grnden. DieseTransaktionensind nichtausschlie-lich ber die normale Kommunalfi-nanzierung oder die klassische Un-ternehmensfinanzierung auf der Bi-lanz der kommunalen Unternehmenrealisierbar.

    Zeitgleich sind einige in diesemBereich bisher ttige, berregionale

    Finanziers dabei, ihre Marktprsenzdeutlich zu reduzieren, auch als Fol-ge eines Anfangsbooms im Bereichder erneuerbaren Energien mit der

    Folge sehr hoher Portfolios. Nebendiesem Engpass fhren die langenLaufzeiten derAmortisation unddar-aus abgeleitet eine p