7
Ausgangslage Viele präventive Anstrengungen formulieren als Ziel, problematische Entwicklungsverläufe von Kindern und Jugendlichen durch rechtzeitiges Eingreifen und Gegensteuern zu be- einflussen, so dass einer Verfestigung von gewalttätigem oder delinquen- tem Handeln vorgebeugt werden kann. Das DFK hat in seiner Expertise „Gelingensbedingungen für die Prä- vention von interpersonaler Gewalt im Kindes- und Jugendalter“ (Scheit- hauer et al. 2008) eine Übersicht über den derzeitigen Kenntnis- und For- schungsstand der entwicklungsorien- tierten Prävention vorgelegt. Kernele- mente sind: das Wissen über spezi- fische risikoerhöhende und risiko- mindernde Bedingungen („Risiko- und Schutzfaktoren“) im Kindes- und Ju- gendalter; das Wissen über zentrale Handlungsfelder, in denen Prävention stattfinden kann und sollte (indivi- duelle Ebene, Familie, Kindergar- ten/Schule und soziales Umfeld/Frei- zeit); sowie das Wissen über die Wirk- samkeit von einzelnen Präventions- maßnahmen. In den USA wird seit Ende der 80er Jahre ein strategischer Ansatz entwi- ckelt, um Kommunen und kommunale Akteure dabei zu unterstützen, die Er- kenntnisse der Präventionsforschung systematischer anzuwenden und ihre Präventionsaktivitäten dementspre- chend besser zu organisieren. Das Steuerungsprogramm „Communities That Care“, kurz CTC, wurde zu diesem Zweck von der interdisziplinären For- schungsgruppe „Social Development Research Group“ (www.sdrg.org ) um die Professoren David Hawkins und Richard Catalano an der Washington State Universität in Seattle entwickelt. Dieser Ansatz und ein Modellversuch zur Adaption in Deutschland wird nun im Folgenden vorgestellt (s. a. Hawkins 1999, Hawkins/Catalano 2005, Hawkins et al. 1992, 2002, ausführli- chere Informationen auf www.ctc- info.de ). Ausgangspunkt von CTC ist, dass sich der Kenntnisstand in der entwick- lungsorientierten Prävention in den letzten Jahren vor allem im anglo- amerikanischen Raum stark verbes- sert hat, so dass einige Autoren schon von dem disziplinen-übergrei- fenden Ansatz einer „Präventionswis- senschaft“ sprechen (z. B. Coie et al. 1993). Fortschritte sind insbesondere zu verzeichnen bei der Forschung über: Risiko- und Schutzfaktoren Auswertungen von Längsschnitt- studien (die Kinder und Jugendliche über viele Jahre, teilweise Jahrzehnte, beobachten) zeigen, dass z. T. bemer- kenswert große Überschneidungen in den Studien darüber vorliegen, wel- che Umstände („Faktoren“) die Wahr- scheinlichkeit dafür steigern oder sen- ken, dass in der späteren Entwicklung der Kinder und Jugendlichen schwer- wiegende Verhaltensprobleme auftre- ten (z. B. Hawkins/Catalano/Miller 1992; Hawkins et al. 1998 u. 2000, Lip- sey/Derzon 1998). Diese Ergebnisse sind so konsistent, dass man von ei- nem „Risiko- und Schutzfaktoren-Pa- radigma“ sprechen kann (vgl. Coie ebd., Farrington/Welsh 2007), welches eine gute Grundlage für unterschiedli- che Präventionsbereiche darstellt weil sich auf dieser Basis genauer sa- gen lässt, welche Umstände eine Prä- ventionsstrategie in Angriff nehmen müsste, um erfolgreich zu sein. Zu- dem wirken die untersuchten Risiko- und Schutzfaktoren in einer prädikti- ven („vorhersagenden“) Weise für eine ganze Reihe von Verhaltensproble- men, neben Gewalt und Delinquenz sind auch (früher) Alkoholkonsum, Suchtproblematiken, schulisches Scheitern und nach innen gerichtete Reaktionen wie Depressionen und Ängste zu nennen – derzeit getrennt arbeitende Präventionsbereiche könnten auf dieser Basis zusammenar- beiten und ihre Ressourcen bündeln. Effektive Präventionsprogramme Insbesondere in den USA liegt mitt- lerweile eine Fülle an Studien – und Übersichten über solche Studien – vor, die sich mit der Wirksamkeit von Prä- ventionsprogrammen beschäftigen. Auf dieser Basis ist es möglich, diejeni- gen Ansätze (in Bereichen wie der Frühförderung, Elternbildung, Sozial- kompetenzförderung bei Kindern, Schulentwicklung etc.) zu identifizie- ren, die sich in hochwertigen Evalua- ENTWICKLUNGS ORIENTIERTE PRÄVENTION forum kriminalprävention 4/2010 4 Wie kann eine effektive Präventionsstrategie auf kommunaler Ebene befördert werden? Der Ansatz von „Communities That Care – CTC“ und ein Modellversuch in Niedersachsen Frederick Groeger-Roth, Landespräventionsrat Niedersachsen

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

Ausgangslage

Viele präventive Anstrengungenformulieren als Ziel, problematischeEntwicklungsverläufe von Kindernund Jugendlichen durch rechtzeitigesEingreifen und Gegensteuern zu be-einflussen, so dass einer Verfestigungvon gewalttätigem oder delinquen-tem Handeln vorgebeugt werdenkann. Das DFK hat in seiner Expertise„Gelingensbedingungen für die Prä-vention von interpersonaler Gewaltim Kindes- und Jugendalter“ (Scheit-hauer et al. 2008) eine Übersicht überden derzeitigen Kenntnis- und For-schungsstand der entwicklungsorien-tierten Prävention vorgelegt. Kernele-mente sind: das Wissen über spezi-fische risikoerhöhende und risiko-mindernde Bedingungen („Risiko- undSchutzfaktoren“) im Kindes- und Ju-gendalter; das Wissen über zentraleHandlungsfelder, in denen Präventionstattfinden kann und sollte (indivi-duelle Ebene, Familie, Kindergar-ten/Schule und soziales Umfeld/Frei-zeit); sowie das Wissen über die Wirk-samkeit von einzelnen Präventions-maßnahmen.

In den USA wird seit Ende der 80erJahre ein strategischer Ansatz entwi-ckelt, um Kommunen und kommunaleAkteure dabei zu unterstützen, die Er-kenntnisse der Präventionsforschungsystematischer anzuwenden und ihrePräventionsaktivitäten dementspre-chend besser zu organisieren. Das

Steuerungsprogramm „CommunitiesThat Care“, kurz CTC, wurde zu diesemZweck von der interdisziplinären For-schungsgruppe „Social DevelopmentResearch Group“ (www.sdrg.org) umdie Professoren David Hawkins undRichard Catalano an der WashingtonState Universität in Seattle entwickelt.Dieser Ansatz und ein Modellversuchzur Adaption in Deutschland wirdnun im Folgenden vorgestellt (s. a.Hawkins 1999, Hawkins/Catalano 2005,Hawkins et al. 1992, 2002, ausführli-chere Informationen auf www.ctc-info.de).

Ausgangspunkt von CTC ist, dasssich der Kenntnisstand in der entwick-lungsorientierten Prävention in denletzten Jahren vor allem im anglo-amerikanischen Raum stark verbes-sert hat, so dass einige Autorenschon von dem disziplinen-übergrei-fenden Ansatz einer „Präventionswis-senschaft“ sprechen (z. B. Coie et al.1993). Fortschritte sind insbesonderezu verzeichnen bei der Forschungüber:

Risiko- und Schutzfaktoren

Auswertungen von Längsschnitt-studien (die Kinder und Jugendlicheüber viele Jahre, teilweise Jahrzehnte,beobachten) zeigen, dass z. T. bemer-kenswert große Überschneidungen inden Studien darüber vorliegen, wel-che Umstände („Faktoren“) die Wahr-scheinlichkeit dafür steigern oder sen-

ken, dass in der späteren Entwicklungder Kinder und Jugendlichen schwer-wiegende Verhaltensprobleme auftre-ten (z. B. Hawkins/Catalano/Miller1992; Hawkins et al. 1998 u. 2000, Lip-sey/Derzon 1998). Diese Ergebnissesind so konsistent, dass man von ei-nem „Risiko- und Schutzfaktoren-Pa-radigma“ sprechen kann (vgl. Coieebd., Farrington/Welsh 2007), welcheseine gute Grundlage für unterschiedli-che Präventionsbereiche darstellt –weil sich auf dieser Basis genauer sa-gen lässt, welche Umstände eine Prä-ventionsstrategie in Angriff nehmenmüsste, um erfolgreich zu sein. Zu-dem wirken die untersuchten Risiko-und Schutzfaktoren in einer prädikti-ven („vorhersagenden“) Weise für eineganze Reihe von Verhaltensproble-men, neben Gewalt und Delinquenzsind auch (früher) Alkoholkonsum,Suchtproblematiken, schulischesScheitern und nach innen gerichteteReaktionen wie Depressionen undÄngste zu nennen – derzeit getrenntarbeitende Präventionsbereichekönnten auf dieser Basis zusammenar-beiten und ihre Ressourcen bündeln.

Effektive Präventionsprogramme

Insbesondere in den USA liegt mitt-lerweile eine Fülle an Studien – undÜbersichten über solche Studien – vor,die sich mit der Wirksamkeit von Prä-ventionsprogrammen beschäftigen.Auf dieser Basis ist es möglich, diejeni-gen Ansätze (in Bereichen wie derFrühförderung, Elternbildung, Sozial-kompetenzförderung bei Kindern,Schulentwicklung etc.) zu identifizie-ren, die sich in hochwertigen Evalua-

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/20104

Wie kann eineeffektive Präventionsstrategie

auf kommunaler Ebenebefördert werden?Der Ansatz von „Communities That Care – CTC“ und einModellversuch in Niedersachsen

Frederick Groeger-Roth,Landespräventionsrat Niedersachsen

Page 2: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

tionsstudien (mit Zufallszuweisung inInterventions- und Kontrollgruppen,mit Follow-up-Studien in Bezug auflangfristige Ergebnisse) als wirksamherausgestellt haben – oder auchnicht (z. B. Sherman et al. 1994, 2002,Hawkins/Catalano 2004). In Deutsch-land ist – im Gegensatz zur Fülle derAngebote – nur eine sehr kleine Zahlder bestehenden Programme in die-sen Bereichen ähnlich gut überprüft(siehe auch Beelmann/Raabe 2007,Beelmann 2010), aber diese Zahlwächst langsam und die Frage stelltsich, wie in der Praxis verstärkt dieje-nigen Ansätze zur Anwendung kom-men können, die sich als wirksam er-wiesen haben, oder doch zumindesterfolgversprechend sind.

Es lohnt sich also, über einen syste-matischen Praxis-Transfer dieses Zu-wachses an Erkenntnissen nachzu-denken: wie können insbesonderekommunale Akteure von diesem Wis-sen profitieren und ihre Präventions-tätigkeiten an diesen Erkenntnissenausrichten, um diese Arbeit effektiverzu gestalten?

Ausgangspunkt für eine lokale Im-plementierung von Communities ThatCare ist die Bildung eines breitenBündnisses oder Netzwerkes auf loka-ler Ebene („coalition“ in den USA), indem alle diejenigen Ämter, Institutio-nen, Einrichtungen und engagiertenBürgerinnen und Bürger zusammen-arbeiten, die etwas zur Präventionbeitragen können und wollen – ver-gleichbar mit dem, was hierzulandeein Kommunaler Präventionsrat seinkann.

Für die Einführung einer effektivenlokalen Präventionsstrategie benötigtman nach den Entwicklern von „Com-munities That Care“ (Hawkins/Cata-lano 1992):■ eine gemeinsame Definition des

Problems■ eine verbindende Vision des ange-

strebten Wandels■ eine vollständige Reihe von Präven-

tionsprogrammen, welche die ge-samte Entwicklung von Kindern undJugendlichen erfassen („Präven-tionskette“)

■ ein hohes Maß an Koordination undKooperation unter Professionellenaus sozialen Diensten und Einrich-tungen sowie beteiligten Bewoh-nern

■ die Fähigkeit zur Mobilisierung vonpersönlichen und finanziellenRessourcen.Das Programm CTC soll kommuna-

len Akteuren zur Lösung dieser Fragen

geeignete Hilfestellungen und Instru-mente anbieten, denn in den USA,ebenso wie hierzulande, gibt es viel-fältige Gründe anzunehmen, dassdiese Voraussetzungen bei lokalenBündnissen (wie z. B. KommunalenPräventionsgremien) nicht automa-tisch vorhanden sind. In den USA hatzum Thema „Community Readiness“(Bereitschaft) eine intensive For-schung eingesetzt (vgl. Donnermeyeret al. 1997). In den letzten Jahren sindauch hierzulande Zweifel lautge-worden, ob kommunale Präventions-gremien in der Lage sind, eine effekti-ve lokale Präventionsstrategie umzu-setzen (z. B. Steffen 2005). Auch reprä-sentative Befragungen von Präven-tionsgremien ergeben, dass diese ihreStärken mehr in der Vernetzung als inder tatsächlichen Verringerung vonKriminalität sehen (Schreiber 2007)und dass sie Methoden der Ursachen-analyse und Wirkungsüberprüfungkaum einsetzen (s. a. Hannuschka2009).

Zudem ist es als eine große Heraus-forderung für kommunale Akteure zubetrachten, aus der Vielzahl von Prä-ventionsprogrammen, die derzeit aufdem Markt angepriesen werden, dieje-nigen auszuwählen, die ihre Wirksam-keit auch tatsächlich nachweisen kön-nen. Ebenso herausfordernd ist es,diese Programme und Maßnahmensinnvoll in eine Gesamtstrategie zurEntwicklung einer aufeinander auf-bauenden „Präventionskette“ zu inte-grieren.

Der Landespräventionsrat Nieder-sachsen hat aufgrund der bekanntenHindernisse und Herausforderungenentschieden, den Ansatz von CTC ineinem Modellversuch auf seine Über-tragbarkeit zu testen. CommunitiesThat Care, das neben den USA auchin den Niederlanden, Großbritannien,Kanada, Australien und einigen an-deren Ländern eingesetzt wird, istein strategischer Ansatz, der sichden genannten Herausforderungenstellt.

Wir beschreiben den Ansatz nun imFolgenden näher und berichten an-schließend über den laufenden CTC-Modellversuch in Niedersachsen.

Empowerment kommunalerAkteure für eineeffektive Präventionsstrategie

Das Programm „Communities ThatCare“ beinhaltet eine ausgearbeiteteRahmenstrategie, um auf kommuna-

ler Ebene eine wirksame Verhinde-rung von Kriminalität, Gewalt, Sucht,Schulversagen und anderen verwand-ten Verhaltensproblemen bei Kindernund Jugendlichen entlang des Para-digmas der „entwicklungsorientiertenPrävention“ (vgl. Tremblay/Craig 1995)zu organisieren.

In der Entwicklung von Kindern undJugendlichen werden im Lebenslauf inverschiedenen Stadien unterschied-liche Risiken oder schützende Bedin-gungen relevant, so dass ein bereichs-übergreifender Präventionsansatz ge-eignet erscheint. Mit der „Communi-ty“-Perspektive wählt CTC eine Heran-gehensweise, die nicht auf der indivi-duellen Ebene einzelne „Hochrisiko“-Kinder identifizieren (und damitmöglicherweise stigmatisieren) will,sondern auf der Ebene von Familien,sozialen Einrichtungen, Schulen, derNachbarschaft und des sozialenUmfeldes das „aggregierte“ Niveauvon Risiko und Schutz bestimmenwill.

Der integrative Charakter von Fami-lien, Schulen und Nachbarschaften füreine positive Entwicklung von Kindernund Jugendlichen auch mit höherenRisikobelastungen soll über geeigneteMaßnahmen gestärkt werden. WieFamilien, Schulen, soziale Einrichtun-gen und Nachbarschaften ihre „schüt-zenden“ Funktionen verstärken kön-nen, haben die CTC-Entwickler in demModell der „Sozialen Entwicklungs-strategie“ (Hawkins/Weis 1885, Cata-lano/Hawkins 1996) ausgearbeitet – imZentrum stehen hier die Förderungvon Beteiligungsmöglichkeiten, sozia-len Kompetenzen und Anerkennungfür erwünschtes Verhalten auf derBasis von klaren Regeln und Normen,unter Berücksichtigung von indivi-duellen Unterschieden. CommunitiesThat Care wird von seinen Entwicklerndaher den „universellen“ Präventions-strategien zugeordnet, in dessenKontext aber auch selektive und indi-zierte Strategien eingesetzt werdenkönnen.

Der Beitrag von CTC, um Kommu-nen bzw. Netzwerke und Bündnisseauf kommunaler Ebene bei der Ent-wicklung einer effektiven Präventions-strategie zu unterstützen, besteht inder Vermittlung von Instrumentenund Hilfestellungen, uma) kommunale Präventionsaktivitäten

auf die in der Forschung ermitteltenRisiko- und Schutzfaktoren zu kon-zentrieren. CTC verwendet dafür eineÜbersicht über die Forschungsergeb-nisse zu Risikofaktoren und eine aus-

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/2010 5

Page 3: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

gearbeitete Strategie zur Stärkungder diesen Risiken entgegenwirken-den Schutzfaktoren (die „Soziale Ent-wicklungsstrategie“, s. o.). Diese Fak-toren sind gleichermaßen in den so-zialen Bereichen „Familie“, „Schule“,„Gleichaltrige“ und „Nachbarschaft“zu finden. Untersuchungen habengezeigt, dass unterschiedliche „Com-munities“ – worunter wir uns hierNachbarschaften, Stadtteile, „Sozial-räume“ oder kleinere Gemeindenvorstellen können – verschiedeneProfile bezüglich der wichtigstenFaktoren aufweisen (örtlich unter-schiedlich erhöhte Risikofaktorenbzw. schwache Schutzfaktoren, sieheauch Hawkins/van Horn/Arthur 2004).Es geht also darum, eine lokal „maß-

geschneiderte“ Strategie zu entwi-ckeln, die je nach Stadtteil oder Ge-meinde anders ausfallen kann. Um einlokales Profil der Risiko- und Schutz-faktoren zu ermitteln, wird bei CTC vorallem mit einer eigens für diesenZweck entwickelten repräsentativenSchülerbefragung (Arthur et al. 2002 u.2007, Glaser et al. 2005, Pollard/Haw-kins/Arthur 1999) gearbeitet, diedurch weitere vorhandene lokale Da-ten und Indikatoren ergänzt wird. DieErgebnisse werden so aufbereitet,dass lokale Netzwerke und Bündnisseeinen Konsens über die wichtigstenRisiko- und Schutzfaktoren herstellenkönnen – und ihre weiteren Aktivitä-ten auf diese priorisierten Faktorenkonzentrieren können (s. a. Bött-ger/Groeger-Roth 2010). Die regelmä-ßige Wiederholung der Schülerbefra-gung (ca. alle zwei bis drei Jahre) er-möglicht ein Monitoring der Präven-tionsanstrengungen und eine Mes-sung von möglichen Wirkungen (Gibtes weniger Delinquenz? Wird wenigerAlkohol getrunken? etc.)b) lokale Netzwerke und Partnerschaf-

ten in der Präventionsarbeit zu qua-lifizieren. CTC beteiligt sowohl diekommunale Leitungsebene (zustän-dige Ämter und Träger) in einer„Lenkungsgruppe“ als auch dieStadtteil/Sozialraumebene („Ge-bietsteam“) derjenigen Akteure, dievor Ort mit Familien, Kindern undJugendlichen z. B. an Kitas, Schulenund Einrichtungen arbeiten. Ineinem aufeinander aufbauendenSchulungs- und Ablaufkonzept mitfünf Modulen, bzw. Phasen werdendie lokalen Akteure Schritt fürSchritt zuerst mit den Ergebnissender Präventionsforschung vertrautgemacht. Anschließend werden Me-thoden vermittelt, aus vorhandenen

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/20106

Jugendliches Problemverhalten

Risikofaktoren

Gew

alt

Del

inqu

enz

Alko

hol-

und

Dro

genm

issb

rauc

h

Schu

labb

ruch

Teen

ager

-sc

hwan

gers

chaf

t

Dep

ress

ione

nun

ngst

e

FAMILIE

Geschichte des Problemverhaltens in der Familie✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Probleme mit dem Familienmanagement✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Konflikte in der Familie✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Zustimmende Haltungen der Eltern zu Problemverhalten✔ ✔ ✔

SCHULE

Frühes und anhaltendes unsoziales Verhalten✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Lernrückstände beginnend in der Grundschule✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Fehlende Bindung zur Schule✔ ✔ ✔ ✔ ✔

KINDER UND JUGENDLICHE

Entfremdung und Auflehnung✔ ✔ ✔

Umgang mit Freunden, die Problemverhalten zeigen✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Haltungen, die Problemverhalten fördern✔ ✔ ✔ ✔

Früher Beginn des Problemverhaltens✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Anlagebedingte Faktoren✔ ✔ ✔ ✔

NACHBARSCHAFT / GEBIET

Verfügbarkeit von Drogen✔ ✔

Verfügbarkeit von Waffen✔ ✔

Normen, die Problemverhalten fördern✔ ✔ ✔

Gewalt in den Medien✔

Fluktuation und Mobilität/ Häufiges Umziehen✔ ✔ ✔

Wenig Bindung in der Nachbarschaft undDesorganisation in einem Gebiet

✔ ✔ ✔

Hochgradige soziale und räumliche Ausgrenzung✔ ✔ ✔ ✔ ✔

© SAMHSA/NIZW/NJI Der Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Problemverhalten bei Jugendlichen, 2008Jeder Haken bedeutet, dass mindestens zwei wissenschaftliche Längsschnittstudien den Zusammenhang bestätigen.

Häufiges Umziehen

Risikofaktorenmatrix

Page 4: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

und im Schülersurvey erhobenenDaten ein spezifisches Stadtteil-profil mit priorisierten Risiko- undSchutzfaktoren zu erstellen und dievorhandene Angebotsstruktur aufLücken in Bezug auf die priorisiertenFaktoren zu analysieren. Daraufhinwerden aus dem bestehenden Poolan effektiven Präventionsstrategiendiejenigen ausgewählt, die zu denidentifizierten Lücken passen undauf dieser Basis wird ein strategi-scher Stadtteil-Plan zur Weiterent-wicklung der Angebotsstruktur zuentwickelt bzw. bereits bestehendePläne und Konzepte werden um die-sen Aspekt ergänzt. Dieser Plan ent-hält konkrete (Ziel-)Vereinbarungenfür die Umsetzung der Maßnahmen.Für das Qualifizierungskonzept lie-gen Trainingsmodule, Handbücher,Checklisten und Materialien zurSelbstevaluation vor.

c) die lokale Angebotsstruktur im Be-reich der Prävention von Verhal-tensproblemen durch den Einsatzeffektiver und geprüfter Präven-tionsprogramme qualitativ weiterzu entwickeln. CTC bietet eine Ge-samtübersicht von präventiven Pro-

grammen und Maßnahmen, die inden verschiedenen Entwicklungs-stadien (von der Schwangerschaftbis zum Jugendalter) und Bereichen(in der Familie, der Schule, imFreundeskreis, auf der Ebene derNachbarschaft und des sozialenUmfeldes) angewendet werdenkönnen. Dafür wurden klare Krite-rien entwickelt, um festzustellen,welche der bestehenden Program-me effektiv und erfolgversprechendsind und welche dies nicht sind. Da-rüber hinaus geht es auch um dieWeiterentwicklung der bestehen-den Angebotsstruktur mittels ihrerAbstimmung auf die priorisiertenRisiko- und Schutzfaktoren und eineQualitätsverbesserung der bereitslaufenden Angebote durch eineOrientierung an den Standards füreffektive Programme. Zusätzlichbeinhaltet CTC auch Methoden fürein strategisches Monitoring dereingesetzten Maßnahmen und An-sätze zur Nachsteuerung, um einequalitativ hochwertige Umsetzungzu ermöglichen.Bei der CTC-Methode geht man da-

von aus, dass in den Kommunen schon

zahlreiche Maßnahmen zur Zu-sammenarbeit im Bereich der Präven-tion bei Kindern und Jugendlichenverfolgt wurden und werden. Die Stra-tegie basiert deshalb so weit wie mög-lich auf bestehenden, zusammenar-beitenden Teams, bereits erstelltenPlänen, vorhandenen Strukturen, Da-tenprofilen, Programmen und Akti-vitäten des jeweiligen Gebietes. Eineder Stärken von CTC ist, dass es einenverbindlichen Rahmen bietet, um dieverschiedenen Aktivitäten zur positi-ven Entwicklung von Kindern und Ju-gendlichen an einem Standort mitei-nander zu verknüpfen.

Eine erfolgreiche Umsetzung von„Communities That Care“ resultiert also■ in einem datengestützten Profil der

Stärken und Herausforderungen fürdie Prävention in einer Kommunebzw. einem Sozialraum

■ in der Etablierung von Handlungs-prioritäten, basierend auf den Da-ten, welche die örtlichen Bedürf-nisse sichtbar machen

■ in der Mobilisierung und dem ver-stärkten Engagement von vielen Ak-teuren auf kommunaler Ebene, diesich für eine positive Entwicklung

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/2010 7

Page 5: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

von Kindern und Jugendlichen ein-setzen – mit einer geteilten Vision,einer gemeinsamen Sprache und ei-ner kooperativen Planungskultur

■ in einem zielgerichteten Einsatz derknappen Ressourcen

■ in der Einrichtung einer klaren Ent-scheidungsstruktur zum Einsatzvon Ressourcen und Finanzierungs-möglichkeiten

■ in der Entwicklung von klaren undmessbaren Zielvorgaben, die überden Zeitverlauf überprüft werdenkönnen, um Erfolg sichtbar zu ma-chen.

CTC-Modellversuch inNiedersachsen

Um diesen Ansatz auf seine Über-tragbarkeit nach Deutschland zu tes-ten, läuft seit Anfang 2009 ein Modell-versuch in Niedersachsen. Der Landes-präventionsrat Niedersachsen (LPR)und die LAG Soziale BrennpunkteNiedersachsen führen von 2009 bis

2011 ein Pilotprojekt in drei Standor-ten unter dem Namen „SPIN – Sozial-räumliche Prävention in Netzwerken“durch. Die Übertragbarkeit von CTCsoll unter „Realbedingungen“ über-prüft werden, um die CTC-Instrumen-te zu adaptieren, ggf. weiterzuentwi-ckeln und in Deutschland einsetzbarzu machen. Da die Niederlande mitt-lerweile über eine langjährige Erfah-rung mit dem Ansatz verfügen (Jonk-man/Vergeer 2002, Jonkman et al.2005, 2008), findet im Rahmen von SPINeine enge Zusammenarbeit mit demzuständigen Niederländischen Ju-gendinstitut NJI statt. Umfassendkann man sich über CTC und den Mo-dellversuch in Niedersachsen infor-mieren auf www.ctc-info.de. Dort fin-den sich auch Links zur Umsetzungvon CTC in anderen Staaten.

Die modellhafte Implementierungvon CTC in Niedersachsen wird aufLandesebene von einem Lenkungs-

kreis begleitet. In diesem sind nebendem LPR und der LAG Soziale Brenn-punkte Nds. e.V. die Landesministerienfür Justiz; Soziales, Frauen, Familie,Gesundheit und Integration; Kultussowie Inneres und Sport und dieNiedersächsische Arbeitsgemein-schaft der kommunalen Spitzenver-bände vertreten.

Das Projekt wird von der Fachhoch-schule Köln, ForschungsschwerpunktSozial Raum Management (Prof. Her-bert Schubert), extern evaluiert (so-wohl prozessbegleitend als auch sum-mativ) und wissenschaftlich begleitet.Das arpos institut in Hannover (Prof.Andreas Böttger) führt den Schüler-survey durch.

Die drei Modellstandorte (die Lan-deshauptstadt Hannover, die StadtGöttingen und der Landkreis Emsland)bilden in ihrer Struktur sehr unter-schiedliche Ausgangsbedingungen ab.CTC kann so an den einzelnen Standor-ten jeweils in bestimmten Stadtteilenoder Gemeinden in andere institutio-nelle Kontexte eingebunden und un-ter verschiedenen Rahmenbedingun-gen auf seine Übertragbarkeit getestetwerden. Im Rahmen des Modellver-suchs wird auch eine Übersicht übererfolgversprechende und effektivePräventionsprogramme in Deutsch-land entlang der CTC-Kriterien erstellt.

Die Einführung von CTC wird auf Ba-sis einer vierjährigen Rahmenpartner-schaftsvereinbarung des LPR mit derEuropäischen Kommission durchge-führt. SPIN wird finanziert aus MittelnNiedersächsischer Ministerien (Justizund Soziales), der Europäischen Union(Programm „Prevention of and FightAgainst Crime“) sowie der Klosterkam-mer Hannover.

Für Ergebnisberichte aus der Mo-dellphase in Niedersachsen ist es der-zeit noch zu früh, aktuell wurde dieerste CTC-Schülerbefragung an insge-samt 60 Schulen in den Modellstandor-ten durchgeführt und die Standortebeginnen mit der Erarbeitung ihrer„Gebietsprofile“. Sobald belastbareZwischenergebnisse der Evaluationvorliegen, werden diese auf der ge-nannten Internetseite eingestellt. Fürweitere Fragen zum Programm undzur Umsetzung in Niedersachsensteht der Autor in der Zwischenzeitgerne zur Verfügung.

Ergebnisse

In den USA wurde CTC seit 1990 anmehr als 500 Standorten eingeführt.

Evaluationsstudien über den Einsatzvon CTC (in den USA, in Großbritannienund den Niederlanden, mittlerweilewurde CTC auch in Australien, Kanada,Zypern und Kroatien eingeführt) be-stätigen die Wirksamkeit der gewähl-ten Methoden und Instrumente (z. B.Greenberg/Feinberg 2002, Feinberg etal. 2010, Hawkins et al. 2008, 2009). Diesbezieht sich sowohl auf die Prozess-ebene (die Qualität von Zusammenar-beit, Planung und Beschlussfassungnimmt zu), als auch die Wirkungsebe-ne (Verringerung von Risikofaktoren,Verstärkung von Schutzfaktoren,messbare Reduzierung von Verhal-tensproblemen bei Kindern und Ju-gendlichen).

Aus der Einführung von CTC in an-deren Ländern ist bekannt, dass dieskeine einfache Aufgabe darstellt, daviel Überzeugungsarbeit auf verschie-denen Ebenen geleistet werden mussund sich messbare Erfolge nicht kurz-fristig einstellen können. Auch die be-gleitenden Evaluationen aus denNiederlanden (vgl. van Dijk et al. 2004,Jonkman et al. 2005) bestätigen, dassmit dieser Herangehensweise■ die Zusammenarbeit von Organisa-

tionen, Trägern und Ämtern im Be-reich der Prävention von Entwick-lungsproblemen von Kindern undJugendlichen verbessert wird. DieKonzentration auf die wichtigstenRisiken und die Entwicklung ge-meinsamer Zielsetzungen ist dabeihilfreich

■ die Wirkungen eingesetzter Maß-nahmen und Programme besser be-urteilt werden und Ressourcen ziel-gerichteter eingesetzt werden kön-nen

■ der Stellenwert von Prävention imkommunalen Gesamtgefüge ge-stärkt werden kann, da mit über-prüfbaren Methoden und messba-ren Risiko- und Schutzfaktoren ge-arbeitet wird

■ diejenigen Programme und Ansät-ze, die ihre Effektivität nachgewie-sen haben oder als erfolgverspre-chend gelten können, in den teil-nehmenden Kommunen verstärkteingesetzt werden. Auch die Qua-lität der Umsetzung der jeweiligenProgramme nimmt zu, u. a. weil ihrEinsatz auf einem von vielen Akteu-ren getragenen Konzept beruht.Eine aktuell laufende Wirkungseva-

luation von CTC in den USA mit einerZufallszuweisung zu zwölf Interven-tions-Kommunen und zwölf Kontroll-Kommunen kann zeigen, dass mit derCTC-Strategie nicht nur Prozesse bes-

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/20108

Page 6: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

ser gestaltet werden können, sondernmessbar Verhaltensprobleme von Kin-dern und Jugendlichen reduziert wer-den können (Hawkins et al. 2009). Bei-spielsweise zeigten die Jugendlichenals Achtklässler in den CTC-Kommunennach drei Jahren (bei gleichen Aus-gangsbedingungen) 31% weniger de-linquente Handlungen und 37% weni-ger „Binge-Drinking“ („Rausch-Trin-ken“) als in den Kontrollkommunen.

Perspektiven

Die gute Nachricht ist, dass insbe-sondere im Bereich der entwicklungs-orientierten Prävention etliche Pro-gramme ihre Wirksamkeit nachweisenkönnen und dass in der Bundesrepu-blik die Anzahl dieser erfolgreich ge-testeten Programme seit einiger Zeitzunimmt. Von einer ausreichendenVerbreitung dieser Ansätze sind wiraber noch weit entfernt.

Aus der Forschung sind zudem eineReihe von möglichen Hürden bekannt,die auftreten, wenn als wirksam ge-testete Programme aus kontrolliertenFeldversuchen in die breitere Praxisumgesetzt werden sollen (vgl. Dur-lak/DuPre 2008). Die besten Program-me bleiben wirkungslos, wenn sieschlecht oder unvollständig imple-mentiert werden (s. a. Fixsen et al.2005). David Olds und Kollegen (Olds etal. 2010) haben aktuell noch einmal diezentralen Gefahren für effektive Pro-gramme benannt, die insbesonderebei ihrem (wünschenswerten) flä-chendeckenden Einsatz auftreten:■ die Programme werden nun bei ei-

ner weitaus heterogeneren Ziel-gruppe eingesetzt als in den kon-trollierten Evaluationsstudien

■ die organisatorische Infrastrukturfür die Umsetzung kann unzurei-chend sein

■ die benötigten Ressourcen für einequalitätsvolle Umsetzung könnten

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/2010 9

Schutz aufbauen – Die soziale Entwicklungsstrategie

Das Ziel…

gesundes Verhalten…für alle Kinder und Jugendlichen

Sichern von…

gesunden Überzeugungen und klaren Standards…in Familien, Schulen, Nachbarschaften und Peer-Gruppen

Fördern von…

ChancenFördern von…

FähigkeitenFördern von…

Anerkennung

…in Familien, Schulen, Nachbarschaften und Peer-Gruppen

Aufbau von…persönlichen und strukturellen

Bindungen…zu Familien, Schulen, Nachbarschaften und Peer-Gruppen

Videokontrolletrifft Zutritt.

Pfälzer-Wald-Straße 36 · 81539 MünchenFon +49-89-68004-550 · Fax +49-89-68004-555E-Mail: [email protected] · www.pcs.com

Zutrittskontrolle mit integrierter Video-überwachung erhöht die EffizienzIhres Wachpersonals. Das spart IhnenZeit und Geld. Durch die Integrationvon Video in Ihr Zutrittssystem habenSie jederzeit den Überblick.Anschauliche Bilder statt abstrakterAlarmmeldungen. Setzen Sie nichtauf Insellösungen, sondern auf das„2in1-System“ von PCS:www.pcs.com

• Zeiterfassung• Zutrittskontrolle• Videoüberwachung

Page 7: ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION Wiekanneine

nicht verfügbar sein – dies betrifftdie Ausbildung der Umsetzer eben-so wie die nachhaltige Finanzierungvon Personal

■ wenn das Programm nicht längerunter der Kontrolle der Programm-entwickler und durch gut geschulteMultiplikatoren umgesetzt wird, istes wahrscheinlich, dass Veränderun-gen vorgenommen werden, welchedie Wirksamkeit beinträchtigen(mangelnde Umsetzungstreue).Manfred Günther hat in forum kri-

minalprävention 2/2010 (Günther 2010)ein anschauliches Beispiel für solcheHerausforderungen anhand der flä-chendeckenden Einführung des bud-dy-Programms in den Berliner Grund-schulen geliefert (von ursprünglich

7/8 der Grundschulen seien heute nurnoch ca. 1/8 dabei).

Einzelne Programmtypen habendarüber hinaus besondere Implemen-tationshürden – für Programme zurStärkung der Erziehungskompetenzbesteht bekanntlich die Schwierigkeit,die Zielgruppe von „bildungsfernen“Eltern zu erreichen, oder schulbezo-gene Programme sind sehr „anfällig“für die erforderliche Unterstützungdurch das gesamte Lehrerkollegium(vgl. Beelmann 2010).

Grund genug also, darüber nachzu-denken, wie die Fähigkeit von lokalenNetzwerken und Bündnissen gestärktwerden kann, erfolgversprechendeund getestete Ansätze vor Ort auchqualitativ gut umzusetzen. Das setzt

angemessene Bedarfsanalysen voraus,ebenso wie die Möglichkeit, Entschei-dungen über passende Programmeauf der Basis der eigenen Problemana-lyse zu fällen („local ownership“ in derCTC-Terminologie) sowie nicht zuletztdie Beförderung der Identifikation derAkteure mit den jeweiligen Pro-grammzielen, die intelligente Ver-knüpfung neuer Programme mit be-reits bestehenden Aktivitäten und vielÜberzeugungsarbeit (auch für die Ak-quise notwendiger Ressourcen). Eini-ges spricht dafür, dass der methodi-sche Ansatz von „Communities ThatCare“ für die Überwindung der be-nannten Probleme eine geeigneteStrategie bereithält.

ENTWICKLUNGSORIENTIERTE PRÄVENTION

forum kriminalprävention 4/201010

Literatur

Arthur, M. W., J. D. Hawkins, J. A. Pollard, R. F. Catalano, A.J. Baglioni Jr. (2002): Measuring risk and protective fac-tors for substance use, delinquency, and other ado-lescent problem behaviors: The Communities That CareYouth Survey. Evaluation Review 26: 575–601.

Arthur, M. W., J. S. Briney, J. D. Hawkins, R. D. Abbott, B. L.Brooke-Weiss, R. F. Catalano (2007): Measuring risk andprotection in communities using the Communities ThatCare Youth Survey. Evaluation and Program Planning 30:197–211.

Beelmann, A., Raabe, T. (2007): Dissoziales Verhalten vonKindern und Jugendlichen. Göttingen.

Beelmann, A. (2010): Kann man Aggression, Gewalt, De-linquenz und Kriminalität bei Kindern und Jugendlichenfrühzeitig verhindern? Eine kritische Bilanz der Präven-tionsforschung, in: Schwarzenegger/Müller (Hrsg.):2. Zürcher Präventionsforum – Jugendkriminalität undPrävention.

Böttger, A., Groeger-Roth, F. (2010): Lokale Messung vonRisiko- und Schutzfaktoren für jugendliches Problem-verhalten, in: Kerner, Hans-Jürgen, Marks, Erich (Hrsg.),Internetdokumentation des Deutschen Präventionsta-ges. Hannover 2010, www.praeventionstag.de/Dokumentation.cms/1083

Catalano, R. F., Hawkins, J. D. (1996): The social develop-ment model: A theory of antisocial behavior. In J. D.Hawkins (Ed.), Delinquency and Crime: Current theories(pp. 149–197). New York: Cambridge University Press.

Coie, J. D., Watt, N. F., West, S. G., Hawkins, J. D., Asarnow,J. R., Markman, H. J., Ramey, S.L., Shure, M. B., Long, B.(1993): The Science of Prevention: A Conceptual Frame-work and Some Directions for a National Research Pro-gram. American Psychologist, 48: 1013–1022

van Dijk, B., Flight, S., Geldorp, M., Tullner, H. (2004): Ein-drapportage vier pilotprojecten Amsterdam, Arnhem,Rotterdam, Zwolle. Amsterdam, DSP-groep.

Donnermeyer, J. F., Plested, B. A., Edwards, R. W., Oet-ting, G., Littlethunder, L. (1997): Community Readinessand Prevention Programs, Journal of the CommunityDevelopment Society, 28:1, 65–83

Durlak, J., DuPre, E. (2008): Implementation Matters. AReview of Research on the Influence of Implementationon Program Outcomes and the Factors Affecting Imple-mentation, Journal for Community Psychology 41:327–350

Farrington, D. P., Welsh, B. C. (2007): Saving Childrenfrom a Life of Crime. Early Risk Factors and EffectiveInterventions, Oxford

Feinberg, M. E., Jones, D., Greenberg, M. T., Osgood, D.W., Bontempo, D. (2010): Effects of the CommunitiesThat Care Model in Pennsylvania on Change in Ado-lescent Risk and Problem Behavior, Prevention Science11: 163–171

Fixsen, D. L., Naoom. S. F., Blase, K. A., Friedman, R. M.,Wallace, F. (2005): Implementation research: A synthesis

of the literature, Tampa: University of South Florida

Glaser, R. R., M. L. Van Horn, M. W. Arthur, J. D. Hawkins, R.F. Catalano (2005): Measurement properties of the Com-munities That Care Youth Survey across demographicgroups. Journal of Quantitative Criminology 21: 73–102.

Greenberg, M., Feinberg, M., (2002): An Evaluation ofPCCD’s Communities that Care Delinquency PreventionInitiative. Final Report. Pennsylvania State University.

Günther, M. (2010): Schulentwicklung. FachpolitischeZiele und Gewaltpräventionsarbeit in Berlin. In: forumkriminalprävention 2/2010, S. 22–27

Hannuschka, E. (2009): Kommunale Kriminalpräventionin Mecklenburg-Vorpommern. Eine empirische Un-tersuchung der Präventionsgremien, Mönchenglad-bach

Hawkins, J. D: (1999): Preventing Crime and Violencethrough Communities That Care. European Journal onCriminal Policy and Research, Volume 7, Number 4,443–458

Hawkins, J. D., Catalano, R. F., and Associates (1992):Communities That Care: Action For Drug Abuse Preven-tion. San Francisco: Jossey-Bass, Inc.

Hawkins J. D., Catalano R. F., Arthur M. W. (2002): Promo-ting science-based prevention in communities. Addic-tive Behaviors, 27: 951–976.

Hawkins, J. D., Catalano, R. F. (2004): Communities ThatCare Prevention Strategies Guide. South Deerfield, MA:Channing Bete

Hawkins, J. D., Catalano, R. F. (2005): Investing in YourCommunity's Youth: An Introduction to the Communi-ties That Care System, South Deerfield; MA: ChanningBete

Hawkins, J. D., M. L. Van Horn, M. W. Arthur (2004): Com-munity variation in risk and protective factors and sub-stance use outcomes. Prevention Science 5: 213–220.

Hawkins, J. D., R. F. Catalano, J. Y. Miller (1992): Risk andprotective factors for alcohol and other drug problemsin adolescence and early adulthood: Implications forsubstance abuse prevention. Psychological Bulletin 112(1): 64–105.

Hawkins, J. D., T. Herrenkohl, D. P. Farrington, D. Brewer,R. F. Catalano, T. W. Harachi (1998): A review of predictorsof youth violence. In Serious and violent juvenile offen-ders: Risk factors and successful interventions, editedby R. Loeber and D. P. Farrington, 106–46.Thousand Oaks,CA: Sage.

Hawkins, J. D., T. Herrenkohl, D. P. Farrington, D. Brewer,R. F. Catalano, T. W. Harachi, Cother, Lynn (2000): Predic-tors of Youth Violence, Office of Juvenile Justice and De-linquency Prevention.

Hawkins, J. D., R. F. Catalano, M. W. Arthur, E. Egan, E. C.Brown (2008): Testing Communities That Care: The Ra-tionale, Design and Behavioral Baseline Equivalence ofthe Community Youth Development Study. PreventionScience (2008) 9: 178–190.

Hawkins, J. D., Oesterle, S., Brown, E. C., Arthur, M. W., Ab-bott, R. D., Fagan, A. A., Catalano, R. F. (2009): Results of atype 2 translational research trial to prevent adolescentdrug use and delinquency: A test of Communities ThatCare. Archives of Pediatrics and Adolescent Medicine,163: 789–798

Hawkins, J.D., Weis, J.G. (1985): The social developmentmodel: An integrated approach to delinquency preven-tion. Journal of Primary Prevention, 6, 73–97.

Jonkman, H., Vergeer, M. (2002): Communities that Care:Das Prinzip, die Grundlagen und das Ziel. In:Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprä-vention (Hrsg.) Nachbarn Lernen voneinander. Modellegegen Jungenddelinquenz in den Niederlandenund in Deutschland. München: Deutsches Jugendinsti-tut

Jonkman, H., J. Junger-Tas, B. van Dyk (2005): From Be-hind Dikes and Dunes: Communities that Care in the Ne-therlands. Children & Society Volume 19: 105–116

Jonkman, H., K. P. Haggerty, M. Steketee, A. Fagan,K. Hanson, J. D. Hawkins (2008): Communities That Care,Core Elements and Context: Research of Implementa-tion in Two Countries. Social Development Issues. 30 (3):42–57.

Lipsey, M. W., J. H. Derzon (1998): Predictors of violent orserious delinquency in adolescence and early adult-hood: A synthesis of longitudinal research. In Seriousand violent juvenile offenders: Risk factors and success-ful interventions, edited by R. Loeber and D. P. Farring-ton, pp. 86–105. Thousand Oaks, CA: Sage.

Olds, D. L., Sullivan, C. J., Welsh, B. C. (2010): When earlycrime prevention goes to scale: A new look at the evi-dence, Prevention Science 11:2, 115–125

Pollard, J. A., J. D. Hawkins, M. W. Arthur (1999): Risk andprotection: Are both necessary to understand diversebehavioral outcomes in adolescence? Social Work Re-search 23 (8): 145–58

Schreiber, V. (2007): Lokale Präventionsgremien inDeutschland, Frankfurt am Main

Sherman, L. W., Gottfredson, D., MacKenzie, D., Eck, J.,Reuter, P., S. Bushway (1994): Preventing Crime: WhatWorks, What Doesn’t, What’s Promising. A Report to TheUnited States Congress, Prepared for the National Insti-tute of Justice

Sherman, L. W., Farrington, D. P., Welsh, B. C. & MacKen-zie, D. L. (Eds.). (2002): Evidence-Based Crime Prevention.London: Routledge

Steffen, W., (2005): Gremien Kommunaler Kriminalprä-vention – Bestandsaufnahme und Perspektive, in: Ban-nenberg, B. / Coester, M. / Marks, E. (2005): KommunaleKriminalprävention. Ausgewählte Beiträge des 9. Deut-schen Präventionstages, Mönchengladbach, S. 155–168

Tremblay, R. E., Craig, W. M. (1995): Developmental CrimePrevention, in M. Tonry and D. Farrington: Building a sa-fer society. Strategic approaches to crime prevention.Chicago: University of Chicago Press