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1 Er Er gonomie gonomie a k t u e l l ISSN 1616-7627 Sommer 2002 Ausgabe 003 Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Freunde der Ergonomie, Sie halten nun schon die dritte Ausgabe der Zeitschrift des Lehrstuhls für Ergonomie der TUM in Händen. Nachdem sich die erste Ausgabe mit einem allgemeinen Überblick über die generellen Aktivitäten des Lehr- stuhls beschäftigt hat, sollten sich die folgenden Aus- gaben besonders den zentralen Forschungsgebieten des Lehrstuhls widmen. Die Ausgabe 2001 war vor allem durch die Aktivitäten auf dem Gebiet der Systemergo- nomie geprägt, welche sich mit der Optimierung des In- formationsflusses zwischen Mensch und Maschine aus- einandersetzt. Erst wenn dessen Gestaltung festliegt, kann daran gegangen werden, die geometrischen Beding- ungen der Arbeitsumgebung, also auch die des bedienten Gerätes zu gestalten. Diese sog. anthropometrische Ge- staltung ist ein Forschungsgebiet, auf dem der Lehr- stuhl praktisch seit seinen Anfängen tätig ist. Dabei stellte sich immer mehr heraus, dass die Bildung von Gestaltungsregeln allein nicht ausreicht, die Vielfalt von Anforderungen der Praxis vollständig abzudecken. Deshalb wurde bereits in den 80er Jahren begonnen, durch Forschung für und mit Repräsentationen der menschlichen Gestalt, Regeln für die anthropometrische Produkt- und Produktionsgestaltung zu entwickeln. Waren zunächst die Arbeiten vor allem auf die Anwen- dung der „Kieler Puppe“ konzentriert, so zeigten sich bald, mit den zunehmenden Fähigkeiten der Rechner- technologie, die Vorteile einer dreidimensionalen digita- len Repräsentation des Menschen im Rechner. Durch das FAT-Forschungsprojekt „Softwaredummy“ wurden diese Arbeiten kräftig vorangetrieben. Ende der 80er Jahr entwickelte der Lehrstuhl gemeinsam mit der Firma tec- math in Kaiserslautern das Menschmodell RAMSIS (Rechnerunterstütztes Anthropometrisches Mathematisches System zur I nsassen Simulation), das nun von tecmath immer noch in enger Forschungsarbeit mit dem Lehr- stuhl - weiterentwickelt wird und sich weltweit zu einem der führenden digitalen Menschmodelle für das Layout von Fahrzeugen und Fahrzeugkabinen entwickelt hat. RAMSIS zeichnet sich vor anderen Menschmodellen u.a. durch eine Spezialität aus, die bereits zu den ursprünglichen Entwicklungsideen des Lehrstuhls gehörte, nämlich der vollständigen Durchgängigkeit der Modellierung von der realen Ver- suchsperson zu deren Abbild als RAMSIS-Modell im Rechner. Sozusagen als "Bruder" von RAMSIS wurde am Lehrstuhl für diesen Zweck PCMAN ent- wickelt, der in sei- ner mathematischen Struktur RAMSIS vollkommen ent- spricht, aber für den ge- nannten Zweck als Mess- werkzeug konzipiert wurde und nun bereits internatio- nal vielfältig eingesetzt wird. Die kommenden Seiten ge- ben Ihnen einen Überblick über die gegenwärtigen Forschungsaktivitäten und Ergebnisse auf diesem Gebiet. Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Anregung für Ihre eigene Arbeit bei der Lektüre. Ihr Prof. Dr. Heiner Bubb Ordinarius Ergonomie Lehrstuhl für Ergonomie Boltzmannstr. 15 • 85747 Garching • Tel. 089 - 289-15388 • Fax 089 - 289-15389 • Internet: www.ergonomie.tum.de Anthropometrie - Voraussetzung für moderne ergonomische Arbeitsplatz- gestaltung und -bewertung Ein Streifzug durch die Themenfelder der Anthropometrie E-C-N: Das Kompetenz-Netzwerk jetzt als eingetragener Verein etabliert „Persönliches“ aus dem Lehrstuhl Veranstaltungen H i g h l i g h t s H i g h l i g h t s

Ergonomie - TUM

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ErErgonomiegonomiea k t u e l l

ISSN 1616-7627 Sommer 2002 Ausgabe 003

Liebe Kolleginnen undKollegen, sehr geehrteLeserinnen und Leser, liebe Freunde der Ergonomie,

Sie halten nun schon die dritte Ausgabe der Zeitschriftdes Lehrstuhls für Ergonomie der TUM in Händen.Nachdem sich die erste Ausgabe mit einem allgemeinenÜberblick über die generellen Aktivitäten des Lehr-stuhls beschäftigt hat, sollten sich die folgenden Aus-gaben besonders den zentralen Forschungsgebieten desLehrstuhls widmen. Die Ausgabe 2001 war vor allemdurch die Aktivitäten auf dem Gebiet der Systemergo-nomie geprägt, welche sich mit der Optimierung des In-formationsflusses zwischen Mensch und Maschine aus-einandersetzt. Erst wenn dessen Gestaltung festliegt,kann daran gegangen werden, die geometrischen Beding-ungen der Arbeitsumgebung, also auch die des bedientenGerätes zu gestalten. Diese sog. anthropometrische Ge-staltung ist ein Forschungsgebiet, auf dem der Lehr-stuhl praktisch seit seinen Anfängen tätig ist. Dabeistellte sich immer mehr heraus, dass die Bildung vonGestaltungsregeln allein nicht ausreicht, die Vielfalt vonAnforderungen der Praxis vollständig abzudecken.Deshalb wurde bereits in den 80er Jahren begonnen,durch Forschung für und mit Repräsentationen dermenschlichen Gestalt, Regeln für die anthropometrischeProdukt- und Produktionsgestaltung zu entwickeln.

Waren zunächst die Arbeiten vor allem auf die Anwen-dung der „Kieler Puppe“ konzentriert, so zeigten sichbald, mit den zunehmenden Fähigkeiten der Rechner-technologie, die Vorteile einer dreidimensionalen digita-len Repräsentation des Menschen im Rechner. Durch dasFAT-Forschungsprojekt „Softwaredummy“ wurden dieseArbeiten kräftig vorangetrieben. Ende der 80er Jahrentwickelte der Lehrstuhl gemeinsam mit der Firma tec-math in Kaiserslautern das Menschmodell RAMSIS(Rechnerunterstütztes Anthropometrisches MathematischesSystem zur Insassen Simulation), das nun von tecmathimmer noch in enger Forschungsarbeit mit dem Lehr-stuhl - weiterentwickelt wird und sich weltweit zu einemder führenden digitalen Menschmodelle für das Layoutvon Fahrzeugen und Fahrzeugkabinen entwickelt hat. RAMSIS zeichnet sich vor anderen Menschmodellen u.a.

durch eine Spezialität aus, die bereits zuden ursprünglichen Entwicklungsideen

des Lehrstuhls gehörte, nämlich dervollständigen Durchgängigkeit der

Modellierung von der realen Ver-suchsperson zu deren Abbild als

RAMSIS-Modell im Rechner.Sozusagen als "Bruder"

von RAMSIS wurde amLehrstuhl für diesen

Zweck PCMAN ent-wickelt, der in sei-ner mathematischen

Struktur RAMSIS vollkommen ent-spricht, aberfür den ge-

nannten Zweck als Mess-werkzeug konzipiert wurdeund nun bereits internatio-nal vielfältig eingesetztwird.

Die kommenden Seiten ge-ben Ihnen einen Überblicküber die gegenwärtigen Forschungsaktivitäten undErgebnisse auf diesem Gebiet.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Anregung für Ihreeigene Arbeit bei der Lektüre.

Ihr

Prof. Dr. Heiner BubbOrdinarius

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Anthropometrie - Voraussetzung fürmoderne ergonomische Arbeitsplatz-gestaltung und -bewertungEin Streifzug durch die Themenfelder der Anthropometrie

E-C-N: Das Kompetenz-Netzwerk jetztals eingetragener Verein etabliert

„Persönliches“ aus dem Lehrstuhl

Veranstaltungen

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Die Arbeitsgruppe "Anthropometrie undMenschmodellierung" untersucht Aspekte

wie Körpermaße, Haltung, Bewegung, Sicht, Sitzen, Komfort oder Kräfte. Unser Ziel ist es,durch Beobachten menschlicher Parameter in Ab-hängigkeit der geometrischen Umgebung, wie z.B.Büroarbeitsplatz oder Kraftfahrzeugcockpit,verallgemeinerte Aussagen über physisches Ver-halten treffen zu können. Die Ergebnisse unsererUntersuchungen fließen direkt in das CADMenschmodell RAMSIS ein und stehen damitumgehend den Entwicklern in der Industrie zurVerfügung.

Das CAD Menschmodell RAMSIS findet vorwie-gend in der Autoindustrie seine Anwendung. Mitseinen Möglichkeiten, menschliche Eigenschaften(z.B. Anthropometrie, Haltungen oder Komfortemp-finden) im Rechner zu simulieren, ist es der opti-male Partner zur komplexen ergonomischen Ar-beitsplatzgestaltung.

In unserer Arbeitsgruppe untersuchen wir derzeitdas Umblickverhalten des Fahrers eines KFZ, denSitzkomfort, insbesondere unter dem Einfluss vonSchwingungen, die physikalische Kopplung vonRAMSIS und Fahrzeugsitz unter Berücksichtigungvon Weichteilverformungen, Haltung und Bewe-gung des Menschen beim Sitzen am Büroarbeits-platz oder im KFZ, sowie die Integration unsererSimulationsmethoden in der Biomechanik und zurOptimierung von Hochleistungssportgeräten.

Zur Erfüllung unserer Aufgaben stehen uns zahlrei-che, z.T. selbst entwickelte Messwerkzeuge zurVerfügung: So besitzen wir zur exakten Vermes-sung von Menschen einen 3-D-Laserscanner, derbinnen Sekunden ein geometrisches Modell einesMenschen im Rechner erzeugen kann. Mit diesemWerkzeug entfällt die zeitaufwändige traditionelleVermessung von Versuchspersonen. Zum Messen von Haltungen und Bewegungen nut-zen wir das markerlose, videobasierte MesssystemPCMAN, das am Lehrstuhl entwickelt wurde und

eine zum Menschmodell RAMSIS konforme Daten-erhebung erlaubt. Zur Untersuchung der Sichtverhältnisse im KFZentwickelten wir den SichtvermessungsroboterARGUS, der eine präzise und schnelle Vermes-sung in Fahrzeugen ermöglicht. Durch Kopplung dieser Messwerkzeuge mit unse-ren Versuchsständen, wie dem frei justierbarenFahrzeugsimulator (Mock-up) oder unserem inno-vativen Forschungsstuhl, lässt sich die Interaktionzwischen Mensch und Maschine präzise geome-trisch und physikalisch beschreiben. Unser Mock-up beispielsweise ermöglicht die Si-mulation verschiedener Fahrzeuggeometrien (wieVan, Limousine oder Sportwagen), so dass derEinfluss des Packages, also der geometrischenAnordnung von z.B. Lenkrad, Sitz und Pedale aufKomfort und Haltung untersucht werden kann.Daraus abgeleitete Konstruktionshilfen ermögli-chen zukünftig die noch bessere Berücksichtigungnutzerbezogener Eigenschaften im Auto. Unser Forschungsstuhl FS2000, der mit demMock-up kombiniert werden kann, erlaubt die phy-sikalischen Eigenschaften von Sitzen mit Hilfe zahl-reicher Pneumatikelemente zu messen und zusimulieren. Durch diese Werkzeuge können schon heute dieSitze der Zukunft simuliert und optimiert werden.Es stellt ein in der Welt einzigartiges Forschungs-gerät dar.

Mit den hier skizzierten Aktivitäten und Möglich-keiten der Arbeitsgruppe "Anthropometrie undMenschmodellierung" bemühen wir uns, aktiv undinnovativ die Zukunft des Menschen so zu gestal-ten, dass wir alle gesund, sicher und komfortabeldie Herausforderungen des 21. Jahrhundertsbewältigen.

Lesen Sie auf den weiteren Seiten näheres zu den ein-

zelnen Anthropometriewerkzeugen und den damit

erzielten Untersuchungsergebnissen.

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ANTHROPOMETR I EVoraussetzung für moderne ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und -bewertung

Thomas Seitz Tel.: 089-28915413

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Das Messsystem PCMAN, das in einem eigenenArtikel vorgestellt wird, ermöglicht und unterstütztmoderne ergonomische Arbeitplatzbewertung undArbeitsplatzgestaltung hauptsächlich im Bereichder Cockpit- und Kabinengestaltung von Fahrzeu-gen. Im folgenden Artikel soll exemplarisch dasEinsatzspektrum aufgezeigt werden, in demPCMAN als Schlüsseltechnologie für die ergono-mische Gestaltung in der Industrie zum Einsatzkam und weiterhin kommt.

In diesem Zusammenhang sei das professionelleCAD-Ergonomie-Tool RAMSIS erwähnt. Dabeihandelt es sich um ein Werkzeug zur Simulationder physischen Mensch-Maschine-Interaktion (z.B.Greifräume und Sichtbereiche). Zur exakten undrealistischen Simulation menschlicher Eigenschaf-ten ist RAMSIS angewiesen auf Wissen, das vonaußen in das System gespeist wird. Das Ergono-mie-Messsystem PCMAN dient der Erhebung sol-cher Daten. So sind in RAMSIS Daten über popu-lationsspezifische Körpermaße (Typologie), Kör-perhaltungen in Abhängigkeit geometrischer Para-meter (KFZ-Fahrerhaltungsmodell) oder Wissenüber Bewegungsabläufe integriert. Der Stand derheutigen Datenbank muss aber aufgrund neuerAnforderungen stetig erweitert und ergänzt wer-den. Die folgenden Problem- und Fragestellungenaus der Industrie zeigen, wie der Lehrstuhl für Er-gonomie (LfE) stetig das Wissen und die Erfah-rung im Bereich digitaler Menschmodellierung ver-größert.

RAMSIS ist bisher optimiert für eine Analyse desAutofahrerarbeitsplatzes. Hierzu existiert das sog.

Frank Bielas virtueller Bruder im R8 Cockpit. Die Anthropometrie desRennfahrers wurde mit PCMAN gemessen.

Fahrerhaltungsmodell, mit dessen Hilfe RAMSISeine realistische Haltung einnimmt, so dass der

Entwicklungs-Ingenieur per Knopfdruck repräsen-tative Augpunktlagen, Hüftpunkte oder Fersen-punkte erhält. Wird z.B. dieses Modell auf einenPilotenarbeitsplatz in einem Verkehrsflugzeug an-gewandt, so sind falsche Simulationsergebnisse zuerwarten. RAMSIS - um es in einfachen Worten zusagen - weiß nicht, wie ein Pilot im Gegensatz zueinem Autofahrer sitzt. Um dieser Frage nachzu-gehen, wurde in Zusammenarbeit mit der tecmathAG, Kaiserslautern, und der Technischen Universi-tät Darmstadt, in zahlreichen Versuchen in einemFlugsimulator Daten gesammelt, welche die Mo-dellierung eines Pilotenhaltungsmodells erlaubten.Die Versuchspersonen waren dabei Piloten, derenHaltung beim Fliegen mit Hilfe von PCMAN ver-messen wurde. Trotz der extrem beengten Verhält-nisse im Simulator, was den Einsatz kommerziellerMarkersysteme verhinderte, konnten durch dieVerwendung konventioneller Kameratechnik exak-te Daten ermittelt werden.

Ein ähnliches Problem konnte in Zusammenarbeitmit der Linde AG, Flurförderfahrzeuge, Aschaffen-burg, gelöst werden. Linde stellte die Frage, ob beieinem neuen Gabelstaplermodell ein Drehsitz, derdem Fahrer eine leichtere Verdrehung im Uhrzei-gersinn nach hinten ermöglicht, Vorteile bieten

Präsentation des neuen 39X Gabelstaplers auf der Hannovermesse2002.

würde oder nicht. Hierzu sei erwähnt, dass ein Ga-belstaplerfahrer gut 50% der Fahrzeit rückwärtsfährt. Beim konventionellen Fahrerarbeitsplatz mitnach vorne angeordneten Bedienelementen undparallel zu den Fahrzeugkoordinatensystem aus-gerichtetem Sitz, ist der Fahrer gezwungen, sichbeim Rückwärtsfahren stark zu verdrehen, um ei-ne gute Sicht nach hinten zu haben. Der logischzwingende Gedanke war also, einen Drehsitz ein-zubauen, der ein Umdrehen unterstützt. Das Team vom LfE führte zahlreiche Fahrversuchemit einem großen Versuchspersonenkollektivdurch und ermittelte mit PCMAN Haltungsdatenwährend der Fahrt. Auf Basis dieser Messungenwurden mittlere Haltungen errechnet - die Grundla-ge des neuen Gabelstapler-Haltungsmodell für

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PCMAN und sein Impact beim Design innovativer

ArbeitsplätzeThomas Seitz Tel.: 089-28915413

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Vorwärts- und Rückwärtsfahrt. Auf grund dieserMessungen konnte der LfE eindeutig zeigen, wiedas erfolgreiche Konzept dieses Kabinenarbeits-platzes aussehen müsste und welches die Vor-und Nachteile eines konventionellen Sitzes gegen-über einem Drehsitz in Kombination mit verschie-denen Bedienelementen sind. Dieses Modell kannin das Ergonomie-Tool RAMSIS integriert werdenund steht damit zukünftig bereits in der CAD-Pha-se der Prototypenentwicklung zur Verfügung. Die-se Studie half dem Unternehmen schnell und er-folgreich konzeptionelle Probleme zu lösen undkonnte dadurch viel Zeit und Geld einsparen.

Besonders bei der Entwicklung von Prototypen istes sehr schwierig, die Mensch-Maschine-Interak-tion im Vorfeld zu untersuchen. Während es heutekein Problem ist, ergonomische Standardfragen imFahrzeugbau mit entsprechender Software zu be-antworten, ist dies jedoch um so schwieriger, je in-novativer der Prototyp ist. Volkswagen entwickeltein den letzten Jahren ein Fahrzeugkonzept, dasmittlerweile unter dem Begriff „1-Liter-Auto“ allseitsbekannt ist. Bei diesem Konzept wurde konse-quent auf Leichtbau gesetzt und kompromissloseine optimale Aerodynamik angestrebt.

Vorstellung des 1-Liter-Autos auf der Volkswagen Hauptversammlung,2002.

Dies wirkt sich allerdings auf den Fahrerarbeits-platz aus, denn das Fahrzeug ist sehr flach undschmal. Die Passagiere sitzen nicht nebeneinan-der sondern hintereinander - eine gewisse Analo-gie zum Cockpit eines Segelflugzeugs ist nicht zuübersehen. Doch ist das daraus resultierende ei-genwillige Ein- und Aussteigen in dieses Fahrzeugakzeptabel? Genau dieser Frage ging Volkswagenmit Unterstützung des LfE nach und optimierte mitHilfe von PCMAN-basierten Ein- und Ausstiegsun-tersuchungen einen Prototypen, so dass heute einKonzept vorliegt, welches den Bedürfnissen desMenschen nach einem einfachen, bequemen undsicheren Ein- und Aussteigen entgegenkommt.

Zum Schluss soll an dieser Stelle ein Arbeitsplatzerwähnt werden, der ein Höchstmaß an ergonomi-scher Perfektion und Präzision verlangt - der Ar-

Frank Biela im Cockpit des R8.

beitsplatz der Piloten der AUDI R8 Rennwagen.Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans müssendie Piloten lange Zeit bei höchster Konzentrationihren R8 sicher beherrschen. Jeder Schalter, jedesPedal muss an der richtigen Stelle sitzen, so dassalles schnell und optimal bedienbar ist. Eine be-sondere Herausforderung bei der Gestaltung derR8 Cockpits ist dabei die Tatsache, dass der R8von mehreren Piloten gefahren wird, d.h. für allePiloten eines Fahrzeugs muss das Cockpit ergo-nomisch optimal gestaltet sein. Hierzu erstellte der

AUDI R8.

LfE mit Hilfe seines Messsystems von den Renn-fahrern Frank Biela und Emanuele Pirro, die den"roten R8" schon zweimal zum Sieg brachten, einexaktes dreidimensionales Computermodell. Da die Fahrer nun immer virtuell verfügbar sind,konnte mit diesen Daten das Cockpit optimal andie Fahrer angepasst werden, ohne dass diese ihrTraining und die Vorbereitung auf das Rennenunterbrechen mussten, um in Cockpit-Modellen,den sog. Mock-ups, Probe zu sitzen.

Wie an den ausgewählten Beispielen gezeigt wur-de, findet PCMAN in der Industrie ein breites An-wendungsfeld und unterstützt Entwicklungs-Ingeni-eure bei der ergonomischen Auslegung innovativerArbeitsplätze. Dabei findet das System nicht nurAnwendung im Fahrzeugbau, sondern wird auchzur Ermittlung empirischer Daten für Büroarbeits-plätze oder z.B. zur Auslegung zukünftiger Opera-tionsarbeitsplätze für minimalinvasive Chirurgie inZusammenarbeit mit dem Klinikum rechts der Isarder TU München und der Siemens Medical Solu-tions eingesetzt. Der Lehrstuhl für Ergonomie freut sich, hierüberbald mehr berichten zu können.

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PCMAN ist eine Software mit deren Hilfe man das3-D-Menschmodell RAMSIS an die individuelleAnthropometrie einer Versuchsperson anpassenund individuelle Haltungen bzw. Bewegungenmessen kann.Das zugrundeliegende Prinzip ist relativ einfach.Mit Hilfe von Video oder Digitalkameras werdenAufnahmen des Probanden aus unterschiedlichenPerspektiven zeitgleich aufgenommen. Ein Kali-brieralgorithmus berechnet die Kamerastandortezueinander unter Berücksichtigung von Brennwei-te, CCD-Format und Auflösung sowie Linsenver-zeichnung. Damit kann durch Triangulation der Orteines Punktes, der in allen Kameraansichten sicht-bar sein muss, im Raum bestimmt werden. Bei ei-ner typischen Anordnung mit einer Entfernung Ka-mera - Versuchsperson von ca. 3m und einer Bild-auflösung von 576 x 768 Bildpunkten kommt manzu einer Genauigkeit von 3-5mm.

Abb. 1: Oben: Aufnahmen einer Versuchsperson in zwei Haltungen. Unten: Überlagerung eines korrekten dreidimensionalen Abbildsder Versuchsperson.

Die Software kann in die kalibrierten Aufnahmendas Menschmodell RAMSIS überlagern (Abb. 1).Die in Abb. 1 dargestellte exakte Überlagerungvon Versuchsperson und Modell ist das Ergebniseines iterativen Prozesses. Hierbei verformt derAnwender mit Unterstützung der Software gezieltdas CAD-Menschmodell, welches anfangs eine

Standardgröße besitzt, bis sich eine exakte Über-lagerung von Modell und realer Versuchspersonergibt. Bedingt durch die zwei Ansichten könnennur Breiten und Tiefen an der Versuchspersondurch Auswerten ihrer Kontur ermittelt werden. Diedreidimensionale Oberfläche des Menschmodellswird zwischen diesen Projektionen interpoliert.Nach Abschluss dieses Prozesses sind nebenStandardmaßen wie Körperhöhe, Taillenumfangund Sitzhöhe auch Maße wie Oberarmlänge,Kopfgröße, Fußgröße oder Brustumfang detailliertbekannt.Mit Hilfe des so erzeugten Modells der Versuchs-person können beliebige Haltungen und Bewegun-gen vermessen werden. Hierzu müssen lediglichweitere Bilder aufgenommen werden, in die dasModell projiziert wird. Durch Verändern der Ge-lenkwinkel am Modell erhält man die Haltung, wel-che die Versuchsperson in den Aufnahmen zeigt.In Abb. 2 ist exemplarisch das Vermessen einerSitzhaltung beim Fahren in einem "Mock-up" dar-gestellt.Es zeigt eine optimale Überdeckung zwischen Pro-band und Modell, die sich nur ergibt, wenn dasModell exakt die Haltung aufweist, die derProband in den Aufnahmen vorgibt.

Abb. 2: Vermessung einer Fahrerhaltung mit Hilfe des zuvor erzeugtenModells.

Bewegungsanalysen mit PCMANNeben einzelnen, statischen Haltungen kannPCMAN auch für die automatische Analyse ganzerFilme verwendet werden. Hierbei ist zu beachten,dass im Gegensatz zu gängigen Bewegungsana-lysemethoden keinerlei Marker verwendet werdenmüssen. Damit entfällt die lästige Präparierung derVersuchsperson mit reflektierenden Bällchen oderähnlichen Markierungen. Die Versuchsperson kannsich somit frei und ungehemmt bewegen.Insbesondere dieser Aspekt, nämlich dass PC-MAN eine markerlose Bewegungsanalyse ermög-licht, macht das System zum idealen Partner beider Untersuchung von Bewegungen in komplexenUmgebungen wie beispielsweise dem KFZ. ZurAnalyse eines Bewegungsfilmes muss lediglich dieStarthaltung in den ersten Bildern der Sequenzangepasst werden. Die Bewegung und damitÄnderung der Haltung gegenüber dem Startbilderrechnet die Software automatisch. Man kann

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D a s M e s s s y s t e m P C M A NThomas Seitz Tel.: 089-28915413

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somit ohne großen Aufwand hunderte von Haltun-gen generieren, die - aneinandergereiht - exakt dieBewegung der Versuchsperson im Raum wieder-geben (vgl. hierzu Abb. 3-6).Zwar ist im Hinblick auf ein vollautomatischesGanzkörpertrackingsystem, das sich auch vonVerdeckungen, Beleuchtungsschwankungen u.ä.nicht abschrecken läßt, noch reichlichForschungsarbeit nötig, doch bietet PCMAN schonheute einige Features, die es zu einem einzigarti-gen und innovativen System machen.

Abb. 3: Erstes Bildpaar einer Bewegungssequenz. Die angepassteHaltung initialisiert die automatische Bewegungsanalyse.

Abb. 4: Folgebild von Abb. 3. Ein Algorithmus berechnet, wohin sichKörperelemente bewegt haben und ermittelt die entsprechende neueHaltung.

Abb. 5: Weiteres Folgebildpaar. Wie im Vorbild errechnete die Bewe-gungsverfolgung die neue Haltung. Nach diesem Prinzip wird sukzessi-ve ein ganzer Film analysiert und jede Haltung berechnet.

Technische DatenPCMAN zeichnet sich durch seine Mobilität,Flexibilität und hohe Genauigkeit aus. Zur Bild-gewinnung können beliebige Video- oder Digital-kameras verwendet werden. Das System arbeitetin der Regel mit Bildern im Bitmap-Format auszwei Kameraansichten.

Abb. 6: Als Ergebnis einer Bewegungsanalyse erhält man Winkelver-läufe über der Zeit, sowie Gelenkpositionen im Raum für sämtlicheRAMSIS Gelenke.

Es können aber auch mehr Kameraansichten ver-wendet werden. Minimalste Systemvoraussetzungist Windows 95. PCMAN ist voll kompatibel zumErgonomie CAD-Tool RAMSIS. Außerdem lassensich alle Daten im ASCII-Format exportieren, sodass auch eine Datenanalyse mit anderen Pro-grammen (z.B. Excel) möglich ist.

Literatur— H. Geuß, Entwicklung eines anthropometri-

schen Messverfahrens für das CAD-Mensch-modell RAMSIS, Dissertation, TU München,1994

— Seidl,A., Das Menschmodell RAMSIS - Ana-lyse, Synthese und Simulation dreidimensio-naler Körperhaltungen des Menschen,Dissertation, TU München, 1993

— Seitz, T., The optical measurement systemPCMAN, In: Proceedings of the Workshopon 3D Anthropometry and Products Design,Paris, June 25 - 26, Editor A. Coblentz,1998, p. 7.1 - 7.4.

— Seitz, T. and Bubb, H., Measuring of HumanAnthropometry, Posture and Motion, In: Pro-ceedings of SEA Conference on HumanModelling, The Hague, May 18-20 , #1999-01-1913, SAE International, 1999.

— Seitz, T. and Bubb, H., Human model basedmovement-capturing without markers forergonomic studies, Proceedings of the SAEConference on Digital Human Modeling,June 26-28, Washington, DC, 2001.

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Große Ereignisse werfen nicht nur ihre Schattenvoraus, sondern erfordern auch vielfach die Eta-blierung von Arbeitskreisen. Das "große Ereignis" war der Neubau der Fakultätfür Maschinenwesen der Technischen UniversitätMünchen (TUM) innerhalb des Forschungsgelän-des Garching, mit dem der modernste Hochschul-bau in Europa entstehen sollte. Der Arbeitskreis"Hörsaalgestaltung", in dem auch der Autor diesesBeitrags vertreten war, hatte die Aufgabe, die An-forderungen an die künftigen Hörsäle festzulegen.Dabei wurde dem Lehrstuhl für Ergonomie die Auf-gabe übertragen, im Rahmen der einschränken-den Bedingungen bei festen Bestuhlungen in Hör-sälen, die über Jahre hinweg dem Massenbetrieban Hochschulen stand halten müssen, die Sitzbe-dingungen in einem Hörsaalgestühl zu optimieren.Innerhalb des für einen Studenten-Arbeitsplatz vor-gegebenen Rastermaßes von 60 cm Breite und 90cm Tiefe war ein bestmöglicher Kompromissvor-schlag hinsichtlich Sitzgeometrie sowie Formge-bung von Sitzfläche und Rückenlehne zu erarbei-ten. Darüber hinaus sollten die mikroklimatischenBedingungen im Kontaktbereich Gesäß-Sitzflächeoptimiert werden.

Optimierung der Gestühlmaße und desMikroklimasSitzgeometrie des optimierten GestühlsDie mit Probanden unterschiedlicher Körpergröße(etwa 50. Perzentil weiblich, 5. bis 95. Perzentilmännlich) durchgeführte, iterative Optimierungführte zu den in Abb. 1 dargestellten Arbeitsplatz-maßen für die optimale Sitzflächen-Rückenlehnen-Kombination.Sitzhaltung: Bei Einhaltung des Arbeitsplatz-Ra-stermaßes in der Tiefe (90 cm) ergibt sich bei ei-ner gegebenen Sitzflächen-Tiefe (45 cm) durch diein Längsrichtung s-förmig konturierte Rückenlehneder positive Nebeneffekt der gewünschten Überde-ckung von Sitzflächen- und Arbeitsflächenvorder-kante von selbst. Damit wird der Rundrückenhal-tung, verbunden mit einer Kyphosierung der Len-denwirbelsäule und hohen ventralen (bauchseiti-gen) Bandscheibenbelastungen, wirkungsvoll be-gegnet (Kyphosierung: die Vorwärtskrümmung derLendenwirbelsäule (Lordose) geht über in eineaufrechte oder nach rückwärts gekrümmte Stel-lung). Bei dem begrenzten Raumangebot in derTiefe resultieren aus dieser sinnvollen Zuordnung

von Sitzfläche zu Arbeitsfläche eine Reihe weitererKonsequenzen für die Arbeitsplatz-Auslegung.Rückenlehne: Durch die s-förmige Auslegung derRückenlehne und den nach hinten geneigten obe-ren Lehnenabschnitt ist eine für die Rumpfmusku-latur entspannende hintere Sitzhaltung möglich,bei der der Rumpfschwerpunkt hinter den Sitz-beinhöckern liegt. Damit bei dieser Rückenlehnen-form unter Einhaltung eines Spaltmaßes zwischenSitzflächenhinterkante und Lehne von etwa 3 cm(Quetschgefahr für die Finger) und bei der maxi-mal möglichen Arbeitsplatztiefe von 90 cm die Sitz-fläche nicht zu weit nach vorne wandert, musstean der vorhandenen Rückenlehne die Längskontu-rierung im unteren Lehnenabschnitt so modifiziertwerden, dass der untere Lehnenabschnitt einenWinkel von etwa 90° zum Fußboden (nicht zurSitzfläche!) bildet.

Abb. 1: Maße des optimierten Hörsaalgestühls

Fußfreiraum: Durch die nach hinten geschwunge-ne Rückenlehne liegt die Sitzfläche zwangsläufigweiter vorne, was ggf. zu Lasten des Fußfreirau-mes gehen könnte. Um Studenten mit einer Kör-perhöhe des 95. Perzentils (für die Altersgruppeder 20-25jährigen beträgt die Körperhöhe mitSchuhwerk für das 95. Perzentil männlich 1965mm) einen ausreichenden Fuß- und Beinfreiraumzu schaffen, wurde unterhalb der Arbeitsfläche aufeine Taschenablage verzichtet und der Aufwandnicht gescheut, im Fußbereich den Fußboden um3 cm abzusenken. Diese Fußbodenabsenkung istinsbesondere bei einer Stufenhöhe von 30 cmsinnvoll. Damit speziell bei dieser Stufenhöhe derFußfreiraum nutzbar ist, muss die Quertraverse,an der die Sitzflächen angeschlagen sind, um et-wa 6 cm nach vorne versetzt werden. Da der Fuß-freiraum im Ristbereich mindestens 15 cm hochsein sollte, muss (zumindest bei einer Stufenhöhevon 30 cm) das Anlenkblech für die Aufnahme derSitzfläche abgewinkelt ausgeführt sein (Abb. 1).Der Drehpunkt für die Sitzfläche liegt dabei zweck-mäßigerweise etwa unter den Sitzbeinhöckern (13

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Entwicklung eines ergonomischoptimierten Hörsaalgestühls fürdie Fakultät Maschinenwesen

der TUMHeinzpeter Rühmann Tel.: 089-28915390

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cm vor der Kreuzbein-Abstützung an der Rücken-lehne).Arbeitsfläche: Durch die weiter vorne liegendeSitzfläche, die dann auch im hochgeklappten Zu-stand weiter in den Durchgang hineinragt als beieinem Standard-Gestühl, kann sich bei einer nichtsinnvoll ausgelegten Klappmechanik für dieSchreibfläche eine zu geringe Durchgangsbreiteergeben. An den Klappmechanismus sind zweiForderungen zu stellen:•• Anklappen so nah wie möglich an den vertika-

len Holm (Durchgangsbreite),•• vertikale Distanz Vorderkante Schreibfläche -

Fußboden im hochgeklappten Zustand 65 cm(Behinderung im Oberschenkel-Knie-Bereich).

Der Schreibflächen-Neigungswinkel wurde auf 10°eingestellt. Dieser Winkel erschien ein brauchba-rer Kompromiss zur Reduzierung der Parallaxe ei-nerseits und zur Vermeidung des Wegrutschensvon Arbeitsunterlagen andererseits.

Druckverteilung: Im Kontaktbereich zwischen demGesäß und der Sitzfläche wurde die Druckvertei-lung für beide Sitzflächen - optimale Sitzfläche vs.Standard-Sitzfläche - mit einer Druckmessmattegemessen. Auffällig bei der Standard-Sitzfläche ist,dass die Hauptlast vom Gesäßbereich aufgenom-men wird und die Oberschenkel nur geringfügig -an den seitlichen Sitzflächenrändern und am vor-deren Rand - zur Lastaufnahme beitragen (Abb.2). Daraus resultieren hohe Flächendrücke im Be-reich um die Sitzbeinhöcker mit einem Spitzenwertvon 9,2 N/cm².

Abb. 2: Druckverteilungsdarstellung für die vordere Sitzhaltung auf einerStandardsitzfläche (links) und der optimierten Sitzfläche (rechts)

Bei der dem Gesäß gut angeformten Sitzflächedes optimierten Hörsaal-Gestühls ist die lastauf-nehmende Kontaktfläche gegenüber der Standard-Sitzfläche um ca. 30% größer, was zu einer deut-lichen Reduktion des Maximaldrucks unter denSitzbeinhöckern führt. Im Vergleich zu der Stan-dard-Sitzfläche ist der Spitzendruck auf der vor al-lem im seitlichen Gesäßbereich gut ausgeformtenSitzfläche um etwa 55 % geringer.

Mikroklimatische Optimierung der SitzflächeNeben der Arbeitsplatz-Geometrie sowie derFormgebung von Sitzfläche und Rückenlehne

spielen die mikroklimatischen Bedingungen einewesentliche Rolle für die Bequemlichkeit einesSitzarbeitsplatzes. Auch im thermischen Neutral-bereich (ca. 21 bis 22°C Lufttemperatur, 50% rela-tive Luftfeuchte) gibt der körperlich nicht sonder-lich aktive Mensch Feuchtigkeit ab (insensibleFeuchtigkeitsabgabe), die möglichst vollständigverdunsten soll. Sind die Kontaktflächen zummenschlichen Körper nicht wasserdampfaufnah-mefähig oder -durchlässig, so wird die Feuchtig-keit von der Bekleidung aufgenommen, die dannzunehmend durchfeuchtet wird. Das Kleben derKleidung an der Haut ist nicht nur unangenehm,feuchte aufgequollene Haut ist anfällig gegenüberReizungen und Entzündungen durch das Eindrin-gen von Mikroorganismen.In einer weiteren Versuchsreihe wurde untersucht,inwieweit sich die mikroklimatischen Eigenschaftenvon Holzgestühl durch Maßnahmen an der Sitzflä-che (Perforierungen, Quernuten) verbessern las-sen.Ausgehend von der Bezugs-Sitzvariante (Stan-dardsitzfläche) wurden verschiedene Maßnahmenzur Verbesserung des horizontalen und vertikalentrockenen und feuchten Wärmetransportes reali-siert. Der horizontale Wärmetransport lässt sichbeispielsweise durch Quernuten in der Sitzfläche,der vertikale durch eine Perforation des Sitzes,z.B. in Form einer gelochten Sitzfläche realisieren.Die Holzsitzflächen sind 48 cm breit und 42 cmtief. Die Quernuten verlaufen über die gesamteSitzflächenbreite. Eine rechteckige Fläche von 38x 28 cm wurde für Perforationsbohrungen vorge-sehen.Da sowohl der Perforationsgrad (Anteil der Loch-fläche, bezogen auf die gesamte Fläche mit Perfo-rationen x 100 (%)) als auch der Modus der Boh-rungen (Bohrlochdurchmesser, -mittenabstand) inder Sitzfläche den Feuchte- und Wärmetransportbeeinflussen, wurden diese Einflussgrößen syste-matisch variiert. Für die Mikroperforation mit einemPerforationsgrad von 20% (Bohrungsdurchmesser3 mm, Bohrungsabstand 6 mm) ergeben sich ca.2950 Bohrungen.Zu Vergleichszwecken wurden folgende weitereStuhlvarianten in die Untersuchungen miteinbezo-gen:•• Kunststoffsitz, wie er in Sportstadien verwendet

wird,•• Standard-Bürodrehstuhl mit guten mikroklimati-

schen Eigenschaften.Um das Mikroklima im Kontaktbereich Mensch/Sitzunmittelbar am menschlichen Körper zu erfassen,wurde ein spezielles Klimamesssystem verwendet,das es gestattet, bei minimaler Fühlergröße so-wohl Temperaturen von 10 °C bis 40 °C (Messge-nauigkeit ± 0,5 °C) als auch die relative Feuchte ineinem Bereich von 10% bis 100% r.F. (Messge-nauigkeit ± 3% r.F.) zu erfassen.Drei kombinierte Temperatur- bzw. Feuchte-Mess-fühler - jeweils ein Messfühler an der linken und

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>0,2 >0,7 >1,3 >1,9 >2,7 >3,1 >3,8 (N/cm²)

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rechten Oberschenkelunterseite und ein Messfüh-ler in der Gesäßmitte - wurden mittels an der Hoseangenähter Taschen aus netzartigem Stoffmaterialan den Probanden fixiert.Abb. 3 zeigt die über alle Versuchspersonen undalle Messstellen gemittelten Zeitverläufe der relati-ven Luftfeuchte für vier ausgewählte Sitzvarianten.

Abb. 3: Zeitverläufe der relativen Feuchte für 4 Sitzflächen

•• Die höchsten Messwerte für die relative Feuch-te mit Werten bis ca. 75 % werden für denKunststoffsitz erreicht. Ebenfalls im oberstenBereich liegt die geschlossene Sitzfläche Holz -Standard (Bezugs-Sitzvariante) mit relativenFeuchtewerten bis über 73 %.

•• Eine deutliche Verbesserung um ca. 20%-Punkte wird mit dem Bürodrehstuhl erzielt, fürden nach einer 90-minütigen Benutzung die re-lative Feuchte bei etwa 55% liegt.

•• Die niedrigsten Messergebnisse werden mitder mikroperforierten Sitzfläche erreicht. Hier-bei erreicht die relative Feuchte Werte von et-wa 42 %.

•• Die Mittelwertskurven der relativen Feuchte zei-gen für die meisten untersuchten Sitze (außerder mikroperforierten Variante) einen anstei-gendenden Verlauf. Für die mikroperforierteSitzfläche ist während der Benutzung kein An-stieg der relativen Feuchte feststellbar. Siezeichnet sich gegenüber einem gepolstertenBürodrehstuhl mit guten mikroklimatischen Ei-genschaften durch eine noch bessere Wasser-dampfdurchlässigkeit aus.

Der horizontale Wasserdampftransport durchQuernuten in der Sitzfläche ist so gering, dass die-se Variante zur Optimierung des Mikroklimas aus-scheidet.Nach einer Sitzdauer von 90 Minuten streuen dieKontakttemperaturen in einem Bereich von 2,5 °C,z.B. beträgt dann für den Bürodrehstuhl die Kon-takttemperatur 35,5 °C, für den mikroperforiertenSitz und den Kunststoffsitz 33 °C.

Zusammenfassung der ErgebnisseDie iterative Optimierung eines Hörsaal-Arbeits-platzes hinsichtlich Sitzgeometrie (räumliche An-ordnung der Arbeitsplatzelemente Sitzfläche,Rückenlehne und Arbeitsfläche), Formgestaltungund Mikroklima der Körperunterstützungsflächenhat schließlich zu einem Hörsaalgestühl geführt,dessen Gebrauchseigenschaften sich deutlich vonden üblicherweise in Hörsälen installierten Studen-ten-Arbeitsplätzen unterscheiden. Dies konnte so-wohl durch physikalische Messungen (Druckvertei-lung im Sitzbereich, Feuchte- und Temperaturmes-sungen) als auch durch Fragebogenerhebungennachgewiesen werden.Bei einem fest vorgegebenen Rastermaß für einenStudenten-Arbeitsplatz im Hörsaal (60 cm breit, 90cm tief) stehen einer optimalen Lösung schlichtmaßliche Grenzwerte im Wege, so dass eine 'opti-mierte Lösung' zwangsläufig nur als eine 'Kompro-misslösung' gewertet werden kann. Da diese Kom-promisslösung zudem über keinerlei individuelleAnpassungsmöglichkeiten verfügt, kann sie auchnicht jedem Studenten gerecht werden. In diesemSinne sind auch die Ergebnisse der subjektivenBeurteilung zu bewerten, d.h. eine 100-prozentigeBefürwortung des optimierten Gestühls kann nichterwartet werden.Die im Rahmen dieser Studie gewonnenen physi-kalischen und subjektiven Ergebnisse sprechen je-doch eindeutig für die optimierte Lösung, die - be-zogen auf derzeit in Hörsälen installierte Gestühle- einen ergonomischen 'Schritt nach vorne' dar-stellt.

Praktische Umsetzung und PerspektivenMit den gewonnenen Ergebnissen konnten auchdie mit der Hörsaalplanung für den Neubau derFakultät Maschinenwesen in Garching beauftrag-ten Architekten überzeugt werden, diesen Schrittnach vorne zu gehen. Die für das Hörsaalgestühlerarbeiteten Maße wurden der Ausschreibung zu-grundegelegt. In Zusammenarbeit mit der beauf-tragten Sitzmöbelfabrik und den Architekten wur-den industriell gefertigte Musterarbeitsplätze in ei-nigen Details und im Design weiter verbessert.Abb. 4 zeigt einige wesentliche konstruktive Merk-male:•• Befestigung der Sitzbeschläge mittels Schellen

an einer vor den Standpfosten verlaufendenQuertraverse (zwischen den Standpfosten sindjeweils zwei Arbeitsplätze angeordnet, um Ein-schränkungen im Fußbereich zu minimieren).

•• Weit vor die Quertraverse gelegte Drehbe-schläge für die Sitzfläche, um den horizontalenFreiraum für die s-förmig nach hinten ge-schwungene Rückenlehne zu realisieren.

9L e h r s t u h l f ü r E r g o n o m i e Boltzmannstr. 15 • 85747 Garching • Tel. 089 - 289-15388 • Fax 089 - 289-15389 • Internet: www.ergonomie.tum.de

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•• Anordnung der Drehbeschläge unter der Sitz-fläche, um eine möglichst breite Sitzfläche (52cm) unterbringen zu können.

•• Mikroperforation der Sitzfläche.•• Bei einer Stufenhöhe von 30 cm ist die Stufe

unter der Sitzfläche in einer Tiefe von 32 cm(Schuhlänge), gemessen von der Stufenkante,um 3 cm abgesenkt, um einen nutzbaren Fuß-freiraum für sehr große Studenten zu schaffen.

Abb. 4: Optimiertes Hörsaalgestühl imNeubau der Fakultät Maschinen-wesen

Das neue Hörsaalgestühl wird von den Studieren-den uneingeschränkt positiv aufgenommen. Das"Ambiente" moderner Hörsäle wird von modern-ster Technik geprägt - Medientechnik, Schallreflek-toren, Schallabsorptionsflächen, Beleuchtung überFluter und Spiegelreflektoren -, wobei dem Ge-stühl eher der Stellenwert des 'Notwendigen' und'Gebräuchlichen' eingeräumt wird. Mit den Ergeb-nissen der vorliegenden Studie und ihrer Umset-zung in ein Produkt konnte gezeigt werden, dasses bei vertretbarem Aufwand möglich ist, den Stu-dierenden anstelle des gebräuchlichen einen ergo-nomischen Arbeitsplatz im Hörsaal zu schaffen.Dies war jedoch nur durch die enge Kooperationmit den Architekten und Herstellern möglich. Unser besonderer Dank gebührt daher

•• dem Architekturbüro Henn, München,•• der Sitzmöbelfabrik Schröder und Henzelmann,

Vlotho,•• der Holzwarenfabrik Fritz Emme, Bad Pyrmont

und•• dem Holzbearbeitungswerk Reese, Emmerthal.Mit einigen geringfügigen Modifikationen (z.B. ge-teilte Schreibplatte) wird das ergonomisch opti-mierte Hörsaalgestühl seit einiger Zeit von der Fa.Grammer Bürostühle GmbH, Amberg mit der Pro-duktbezeichnung "Leonardo" und dem Motto "dasergonomische Genie unter den Hörsaalstühlen"

angeboten (Abb. 5). Zum Wohle der Studierendenwünschen wir diesem Produkt hohe Verkaufszah-len.

Abb. 5: "Leonardo" - das ergonomische Genie unter den Hörsaalstühlen(Foto: Grammer Bürostühle GmbH)

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Erinnern Sie sich ?Wir suchten in der letzten Ausgabeden treffendsten Ergonomie-Slogan.Wir baten um Ihre Ideen, was Ihnen Ergonomie bedeutet. Wir bekamen von Ihnen viele interes-sante Vorschläge, für die wir uns aufdiesem Weg ganz herzlich bedanken.

Leider konnte sich unsere Jury nochfür keinen Sieger entscheiden. Unddeshalb sind alle teilnehmenden Vor-schläge selbstverständlich noch imRennen! Wir werden in einem zweiten, erwei-terten Verfahren alle Beiträge nocheinmal einer erneuten Begutachtungunterziehen und dann . . .!

Also, wir bitten Sie um noch etwas Geduld und versprechen Ihnen, soschnell wie möglich, einen Slogan und den Gewinner zu präsentieren.

Das Redaktionsteam

PS.: Es werden noch Beiträge angenommen

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"Homo Sedens"Der Mensch entwickelte sich vom Affen zum "Ho-mo sapiens", dem denkenden Menschen. Dochdie Entwicklung blieb nicht stehen und so wurdeaus dem "Homo sapiens" der "Homo sedens", dersitzende Mensch. Sitzen ist ein wichtiger Bestand-teil unseres Lebens geworden. Die meisten vonuns sitzen, wenn sie arbeiten oder sich erholen.Paradoxer Weise sitzen wir sogar, wenn wir unsfortbewegen im Auto, im Flugzeug, im Bus usw..

Der Ergonomie war es deshalb schon immer einAnliegen, für die Gestaltung von Sitzarbeitsplätzenrichtige Wege zu weisen. Zu Beginn wurden nurKörpermaße verwendet, die später in einfache 2-dimensionalen Zeichenschablonen umgesetzt wur-den. Die 2-Dimensionalität und die Vereinfachungder Bandbreite von unterschiedlichen Körperbauty-pen der Zeichenschablonen waren für die wach-senden Anforderungen nicht mehr ausreichend. Sowurde hier am LfE, finanziert durch ein Konsortiumder deutschen Automobilindustrie, das 3-D Com-puter-Menschmodell RAMSIS entwickelt. MitRAMSIS ist es möglich in einer 3D CAD-Umgebung ergonomische Studien durch-zuführen. Um diese Studien sinnvolldurchführen zu können, muss das Menschmodell so positioniert werden,wie es der Realität entspricht. DieHaltung wird dabei über ein aus Ver-suchen entwickeltes Haltungsmodellberechnet.

Anthropometrie des SitzensInsbesondere bei der Untersu-chung von sitzenden Haltungenbesteht die Problematik derrichtigen Positionierung desMenschmodells in Relationzum Sitz. Da RAMSIS überkeine Simulation des Material-verhaltens des Menschensoder Sitzes verfügt, gibt eskeine Möglichkeit einer Interaktion zwischenMensch und Sitz. Um eine in der Realität auftre-tende Positionierung zu erreichen, werden ent-sprechende Untersuchungen mit Versuchsperso-nen durchgeführt, bei denen die Position der Pro-banden gemessen wird. Da diese Position stark

von den Eigenschaften des Sitzes abhängt, müs-sen für jeden neu konzeptionierten Sitz diese Ver-suche erneut durchgeführt werden.Da diese Versuche sehr zeit- und kostenintensivsind, ist es das Ziel der weiteren Forschung, dieInteraktion zwischen Mensch und Sitz zu modellie-ren. Um dieses zu erreichen, werden grundlegen-de Versuche zum Materialverhalten menschlicherWeichteile durchgeführt, die dann als Basis für ei-ne Modellierung mit der Methode der finiten Ele-mente dienen.

SitzkomfortDurch den Fortschritt der Forschung im Bereichdes Sitzens wurde bereits sehr viel für die Erhal-tung der Gesundheit an Sitzarbeitsplätzen erreicht.Bei Berücksichtigung des aktuellen Wissenstandesin diesem Bereich kann ein Sitzarbeitsplatz soausgelegt werden, dass gesundheitliche Schädi-gungen minimiert werden. Es rückt deshalb einehöhere Stufe der Sitzbewertung in das Blickfeldder Wissenschaft: der Sitzkomfort. Der Schwerpunkt der Forschung am LfE liegt in derBeziehung zwischen den Kräfteverhältnissen in derKontaktfläche zwischen Versuchsperson und Sitzund den subjektiven Wertungen von Versuchs-personen.

Forschungsstuhl 2000Um die oben genannten Un-tersuchungen durchzuführen,wurde der Forschungsstuhl2000 entwickelt. Sitz- und Leh-nenfläche des Forschungs-stuhles bestehen aus je 9 x 9Verfahreinheiten. Jede Einheitist mit einem Wegmesssystemund einem Kraftaufnehmer ver-sehen.Durch Abtasten eines beste-henden Sitzes mit den Verfah-reinheiten kann die Oberflä-

chenkontur des Sitzes aufgenommenwerden. In einem weiteren Schritt wer-den die Verfahreinheiten mit einer defi-

nierten Kraft in den Sitz gepresst.Durch sukzessive Erhöhung derPrüfkraft werden die Federeigen-schaften des Sitzes erfasst. Auf Ba-

sis der Oberflächendaten undder Federkennlinien lässt sich

der so vermessene Sitz auf dem Forschungsstuhlsimulieren.

Die Simulation auf dem Forschungsstuhl bietet fol-gende Vorteile gegenüber dem herkömmlichenVersuchsaufbau mit Sitz und Druckmessmatte:• direkte Erfassung der Druckverteilung an der

Auguste Rodin (1840-1917): Der Denker. Collection Kraas

Ist Denken im Sitzen komfortabel?Jürgen Hartung Tel.: 089-28915401

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Kontaktfläche Mensch-Sitz• direkte Erfassung des Einsinkprofils• Online-Variation der Sitzparameter „Geome-

trie“ und „Federsteifigkeit“

Der Forschungsstuhl ist zur Zeit weltweit die einzi-ge bekannte Versuchseinrichtung, die diese Fähig-keiten in sich vereint.

Versuchsaufbau des Forschungsstuhls 2000

Der Forschungsstuhl ist modular und hochflexibelaufgebaut, so dass sich zukünftige Forschungsvor-haben durch Modifikationen der Steuerungssoftwa-re für die Verfahreinheiten realisieren lassen. Einedenkbare Erweiterung ist z.B. die Untersuchungder Wirkung von Massagefunktionen in verschie-denen Körperbereichen auf das Komfortempfin-den.

Herkömmliche Untersuchungen zur Webnutzungwurden meistens durch die subjektive Bewertungoder die Analyse von Log-Files durchgeführt. Ob-jektive Analysen der menschlichen Seite, welchedie Informationsaufnahme dabei berücksichtigen,sind nur selten zu finden. In einer Arbeit wurdendie Schwierigkeiten bei der Informationssuche imWorld Wide Web durch Blick- und Verhaltensana-lysen untersucht. Es wurde dabei festgestellt, dassdie Abweichung zwischen der Soll-Vorstellung desNutzers und der realisierten Webgestaltung zuVerwirrungen und Schwierigkeiten führt. Durch ei-

ne ungünstige Strukturierung ist das Fehlen desdirekten Zugangs zur gewünschten Seite, die un-erwartete Navigation sowie die schwer verständli-che Unterteilung der Website (= Menügestaltung)als Ursache der Verwirrungen anzuführen. Bezüg-lich der Seitengestaltung ereignen sich häufig Ver-wirrungen, wenn die zu suchende Schaltfläche nurdurch Scrollen sichtbar wird oder wenn dessen La-ge und Größe unauffällig ist bzw. dessen Beschrif-tung nicht eindeutig erfassbar ist. Existieren dane-ben andere verwechselbare Schaltflächen, ver-stärkt sich diese Verwirrung noch.Bei Senioren fallen außerdem Schwierigkeiten mitdem Lesen der kleinen Schriften sowie mit der Be-tätigung kleiner Schaltflächen auf. Diese Schwie-rigkeiten beziehen sich auf altersbedingte Verän-derungen der Sehfunktion. Senioren tendierendurch die Verwirrung dazu, eine eigene sichereNavigations-Strategie aufzubauen. Dabei wirdhauptsächlich eine bekannte Schaltfläche, wie dieRücksprungfunktion des Browsers, betätigt. DerUnterschied zwischen erfahrenen Nutzern und An-fängern ist in der Navigationsstrategie erkennbar,jedoch nur bei einer ungünstigen Sitestruktur.Für eine gute Webgestaltung, sind die dargestell-ten Probleme zu vermeiden. Die Sitestruktur mussdie Soll-Abläufe der gesamten Informationssucheberücksichtigen. Ein Menü, mit höchstens einerBildschirmlänge inklusive voneinander unter-scheidbarer, benannter Alternativen, ist zu empfeh-len. Bei der Seitengestaltung sollen alle Naviga-tionsschaltflächen immer ohne „Scrollen“ sichtbarsein; dafür eignet sich die Frame-Struktur. Um ei-ne optimale Lesbarkeit zu gewährleisten, sollendie Schriften groß genug sein; für die auf Seniorenabgestimmten Websites ist mindestens die Größe3 (entspricht 12 pt) zu verwenden. Die Anordnungder Elemente soll die Reihenfolge der Tätigkeitenberücksichtigen, die auf der Seite durchgeführtwerden. Die Beschriftung für Hyperlinks sollteleicht verständlich und deutlich voneinander unter-scheidbar sein. Zudem wird die Standardisierungder Beschriftung von Navigationshilfen erwartet.

Größe des Kreises = Fixierungshäufigkeit (Fixierungsdauer)Blickverteilung bei der Navigation auf der Startseite von KVG

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Ergonomische Gestaltung vonWebsites

Ryoko Fukuda Tel.: 089-28915409

9,03%

7,89% 7,89%

18,93%

7,66% 2,31%

19,57%

13,76%

8,25%

1,65%

6,16%

Richtige Schaltfläche

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In der Sitzentwicklung steht man immer wieder vordem Problem, einen neuen Sitz objektiv bewertenzu müssen. Der einzige Weg der oft bleibt ist der,aufwendige Versuchsreihen mit einer entspre-chend großen Anzahl von Probanden durchzufüh-ren, um repräsentative Ergebnisse zu erzielen. Dasolche Versuchsreihen oft zu zeit- und kostenin-tensiv sind, beschränken sich diese Bewertungenmeistens auf wenige Versuchspersonen, die dannkeineswegs repräsentativ sein können. Es fehlt so-mit ein objektives Messwerkzeug zur schnellenBewertung von Sitzen.Im Rahmen dieses Forschungsprojektes soll einobjektives Verfahren entwickelt werden, das esmittels eines Hardwaredummys erlaubt, über dieQualität eines Sitzes bezüglich des statischen Sitz-komforts eine Aussage zu treffen.

Dimensionen des Sitzkomforts:Der Sitzkomfort ist kein eindimensionales Gebilde,sondern wird von vielen Faktoren beeinflusst. Einekleine Auswahl ist in nachstehendem Bild darge-stellt. Das Forschungsvorhaben befasst sich hier

hauptsächlich mit dem Einfluss der Druckvertei-lung, die sich an der Schnittstelle Mensch - Sitzeinstellt sowie auch indirekt mit dem Haltungskom-fort.

Komfort und Diskomfort:Für den Komfort ist eine allgemeingültige Defini-tion schwer aufzustellen. Hertzberg versuchte1958, Komfort als Abwesenheit von Diskomfort zudefinieren. Hierzu entwickelten Zhang und seineKollegen (Zhang et al., 1996, Helander and Zhang,1997) ein Modell, nachdem Komfort und Diskom-fort nicht die Extremas einer kontinuierlichen Skaladarstellen, sondern zwei gegensätzliche Empfin-dungen sind (vgl. nebenstehende Abbildung).Während Diskomfort im engen Zusammenhang zuphysischen und biomechanischen Einflüssensteht ("erleiden"), bezieht sich Komfort mehr aufästhetische Aspekte ("gefallen"). In ihren Untersu-

chungen zeigten sie, dass Komfort und Diskomfortunabhängig voneinander sind. Während sich zwi-schen Komfort und Stuhldesign ein Zusammen-hang ergab, konnte keiner zwischen Diskomfortund Stuhldesign gefunden werden. Deswegen istes wichtig, zwischen Komfort und Diskomfort zuunterscheiden. Nach diesen Untersuchungen kannnur Diskomfort objektiv durch physikalische Grö-ßen erfasst werden. Deswegen beschränken sichdiese Untersuchungen auf die Erfassung von Dis-komfort. Ergänzend ist in der Abbildung noch die

„Maslow`sche Bedürfnispyramide“ zu sehen, diebesagt, dass erst grundlegende Bedürfnisse erfülltsein müssen, bevor andere Einflüsse in Erschei-nung treten. So wird z.B. in einem Raum, in demeine große Geruchsbelästigung vorliegt nicht be-mängelt, dass es laut ist.

Der Weg zu einer objektiven Aussagebezüglich des Diskomforts:

Die Grundlage fürdie Prognostizierung des Diskomforts durch denDummy bilden Versuche mit 40 Probanden aufsechs unterschiedlichen Sitzen. Während sich dieProbanden auf den Sitzen befinden, wird dieDruckverteilung sowie die Haltung aufgenommenund das Diskomfortempfinden der Personen durchInterviews abgefragt. Aus diesen Daten soll ein all-gemeingültiges Modell abgeleitet werden, das ei-nen Zusammenhang zwischen subjektivem Dis-

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Entwicklung eines Sitzdummysfür Komfort-Untersuchungen

Christian Mergl Tel.: 089-28915400

Math. Formulierung:

Diskomfort = f (Druckverteilung)

Druckverteilung:Diskomfort Prognostiziert =f (Druckverteilung)

Die Dimensionen des Sitzkomforts

Prognostizierung des Diskomforts

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komfort und objektiver Druckverteilung herstellt. Mit Hilfe des gefundenen Zusammenhangs soll dieSitzdruckverteilung, die der Dummy beim Sitzenerzeugt, genutzt werden, um einen Diskomfortwertzu prognostizieren. Der Dummy dient als Prüfkör-per und damit als objektives Messverfahren zurBewertung von Sitzen.

Der HardwaredummyEin Schwerpunkt bei derEntwicklung des Dummys liegtauf der exakten Reproduzie-rung des Weichteilverhaltensdes Menschen. Die Abmes-sungen und die Gewichts-verteilung des Dummys re-präsentieren einen mittle-ren Mann (50.Perzentil).Der zweiteSchwerpunktdes Dummies liegt auf der Messtechnik, die möglichst gut über die Kontaktkräfte zwischen Dummy und SitzAufschluss geben soll. So sind zur Erfassung derDruckverteilung auf der gesamte Kontaktfläche ca.200 Foliensensoren über die Oberfläche des Dum-mys verteilt. Des Weiteren besitzt er an exponier-ten Knochenstellen, wie beispielsweise den Sitz-beinhöckern, Druck- und Scherkraftsensoren.

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Gründung des Gründung des Ergonomie KErgonomie Kompetenz Netzwerk e.Vompetenz Netzwerk e.V..von Werner Kusch

Am 12. September 2001 fand in Stuttgart die Gründungsversammlung für das Ergonomie Kompetenz Netwerk e.V. statt. Mit der Überleitung des ECN aus einem vom bmb+f geförderten Projekt in einen eigenwirtschaftlich ar-beitenden eingetragenen Verein, konnte auch eines der Förderziele des Bundes erreicht werden. Der ECN e. V. mitSitz in München verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne einer Förderung von Wis-senschaft, Forschung und Bildung in Verbindung mit dem Austausch von Know-how auf dem Gebiet der Ergonomieund Arbeitswissenschaft. Vor allem klein- und mittelständischen Unternehmen soll bei der Gestaltung und Optimie-rung von Arbeitsplätzen und Produkten durch die Vermittlung von kompetenten Partnern für Dienstleistungen inden Bereichen Beratung, Problemlösung und Qualifizierung Hilfestellungen gegeben werden. Eine Vielzahl vonEvaluierungsbeispielen belegen schon jetzt die Leistungsfähigkeit des neuen Vereins mit seiner Zielsetzung.

Gründungsmitglieder waren die Herren Prof. Dr. H. Bubb (1. Vorsitzender), Prof. Dr. K. Landau (2. Vorsitzender), Dr. J. Balzulat (1. Schriftführer), Dr. M. Geyer (2. Schriftführer), Dr. H. Rausch (1. Rechner), B. Rösch (2. Rech-ner), B. Özdemir (1. Beisitzer), Dr. Rolf Helbig (2. Beisitzer) und Dr. W. Kusch.

Ab sofort ist der Verein unter folgender Adresse für alle erreichbar:

Info: Ergonomie Kompetenz Netzwerk e. V. c/o Technische Universität München - LfE -Boltzmannstraße 15, 85747 Garching b. MünchenTel. (089) 28915425, Fax. (089) 28915389E-mail: [email protected], Internet: www.e-c-n.de

Gründungsversammlung des Ergonomie Kompetenz Netz-werk e. V. bei der Fa. Tecnomatix Technologies in Stuttgartam 12. Sept. 2001; Gründungsmitglieder siehe unten.

IMPRESSUM

Herausgegeben vom Lehrstuhl für Ergonomie, Tech-nische Universität München,Boltzmannstraße 15, 85747 Garching b. MünchenTel.: +49-(0)89 289 15388 http://www.ergonomie.tum.de

Verantw. i. S. d. P. Prof. Dr. Heiner Bubb Gestaltung: Werner Zopf Redaktion: Dr. Werner KuschDruck & Herstellung: Humbach& Nemazal, Pfaffenhofen-IlmISSN: 1616 - 7627

SSiiee wwoolllleenn ddiiee LLeehhrrssttuuhhll--ZZeeiittuunngg aabboonnnniieerreenn??Gerne senden wir Ihnen die weiteren Druck-Ausgaben zu,wenn Sie uns Ihre E-mail Adresse, Ihren Namen und IhrePostanschrift mitteilen. Als PDF-Datei steht Ihnen die Lehr-stuhl-Zeitung jeweils auf unseren Webseiten (www.ergono-mie.tum.de) zum downloaden bereit.Kontakt: Werner Zopf, Tel.: 089 - 289 15391E-mail: [email protected]

Hardwaredummy am LfE

Page 15: Ergonomie - TUM

Mit Hilfe von Mehrkörpersystemen (MKS) kanndas „mechanische“ Verhalten des Menschen mo-delliert werden. Einzelne Körperteile werden auf-grund ihrer Trägheitseigenschaften beschriebenund können durch Gelenke miteinander verbundenwerden. Biologische Systeme sind ebenso simu-lierbar wie technische Systeme, da beide durchdie gleichen Bewegungsgleichungen beschriebenwerden. Der komplexe Charakter des Bewegungs-apparates zwingt, je nach Simulationszweck, zuAnnahmen und Vereinfachungen bei der Modellbil-dung.Biomechanische Menschmodelle haben eine breiteAnwendung. In der Orthopädie werden Gangana-lysen betrieben, in der Sportwissenschaft möchteman die Entstehung einer Bewegung besser ver-stehen, sowie Bewegungsabläufe im Hinblick aufdie Leistungsfähigkeit optimieren. In der Ergono-mie stellen sich Fragen hinsichtlich der auf denMenschen einwirkenden Schwingungen und desdamit zusammenhängenden Diskomfort-Empfin-

dens.Am Lehrstuhlfür Ergonomiewird ein MKS -Menschmodellentwickelt, dasdie Schwin-gungseigen-schaften einerrealen Personwiderspiegelt.

Das Modell be-steht aus 17 Starrkörpern mit insgesamt 50 Frei-heitsgraden, die Teilkörpersegmente sind durchtechnische Gelenke (Scharnier-, Kugelgelenke)oder Lager miteinander verbunden. Die viskoela-stischen Eigenschaften der Gelenke imitieren dasWeichteilgewebe, wie z.B. die Bänder. Das Modellwird mit Hilfe von Schwingungsmessungen verifi-zert.

Die Modellierung stellt einen Teil eines Projektesinnerhalb des FAT (Forschungsverbund Automobil-technologie AG) dar, welches zum Ziel hat, bereitsin der Phase der Sitz- und Fahrzeugentwicklungmit einem Sitz-Mensch-Modell Aussagen imCAD - System über den statischen und dynami-schen Sitzkomfort liefern zu können, wobei dannauch unterschiedliche Fahrbahnanregungen, Sitz-parameter (z.B. Schäume mit unterschiedlich ela-stisch-dämpfendem Verhalten) simuliert werden

sollen. Dazu müssen die kinematischen bzw. dy-namischen Ergebnisse der Simulation mit subjek-tiven Diskomfortaussagen von Versuchspersonenin Korrelation gesetzt werden, die vom Institut fürFahrzeugtechnik in Braunschweig erhoben wer-den. Die mechanischen Parameter des Modells könnenweiterhin dazu verwendet werden, um einen Hard-waredummy zu konstruieren, der zur Messung imrealen Fahrzeug den statischen und dynamischenSitzkomfort zu bewerten ermöglicht.

Mit den Partnern RENAULT, PSA und INRETS (F),ALENIA (I), CEIT (Esp), UniPATRAS (Gr) und tec-math (D) arbeitet der LfE innerhalb des EU-Projektes REALMAN zusammen.Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung einer inte-grierten Technologie für die Simulation und die Vi-sualisierung menschlicher Bewegungen in virtuel-len Umgebungen. Hierbei werden nicht nur physikalische sondernauch die physiologischen Aspekte menschlicherBewegung berücksichtigt.Durch die Entwicklung und Einbindung verschiede-ner Modellierungs- und Simulations-Techniken wirderwartet, dass das Projekt eine, im Vergleich zummomentanenStand derTechnik, intel-ligentere Lö-sung für dasProblem derSimulationmenschlicherBewegungenliefert.

Messvorrichtungzur Bestimmung der maximalen Momente im Kniegelenk

Die momentane Aufgabe des LfE besteht darin,die maximal auftretenden Drehmomente innerhalballer Körpergelenke zu bestimmen. Dazu werdendie Gelenke in verschiedenen Gelenkstellungen

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Menschmodellierung mit Mehrkörpersystemen

Florian Fritzsche Tel.: 089-28915413

Simulation und Visualisierungmenschlicher Bewegungen in

virtuellen Umgebungen Iris Zacher Tel.: 089-28915416

MKS-Menschmodell mit 50 Freiheitsgraden

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mit speziellen Vorrichtungen vermessen. DieMessvorrichtungen sind so konzipiert, dass in al-len unterschiedlichen, fest einstellbaren Gelenk-winkelstellungen sämtliche auftretenden Momentegemessen werden können. Gearbeitet wird hiermit der Mess-Software LabView.

Zusätzlich wird eine Analyse des Diskomfort-Emp-findens durchgeführt, um zu einem späteren Zeit-punkt die Ergebnisse dieser Analyse in die Erstel-lung eines generellen Diskomfort-Modells einflie-ßen zu lassen.Im weiteren Verlauf des Projektes wird sich derLfE mit der Durchführung von Experimenten zurAnalyse vorgegebener Bewegungsabläufe be-schäftigen.

Die Erkenntnisse, die im Zuge der Arbeit an die-sem Projekt gewonnen werden, wird der LfE alsAusgangspunkt für weitere F&E-Projekte innerhalbder Grundlagenforschung und in Zusammenarbeitmit nationalen und internationalen Industriepart-nern nutzen.Außerdem wird durch die Einbindung der Ergeb-nisse das Menschmodell RAMSIS weiter verbes-sert und somit dessen Anwendungsbereich aufdem Gebiet der Ergonomie ausgeweitet werden.

Moderne Wissenschaft, Entwicklungen in der Me-dizin und Errungenschaften im Bereich der Ernäh-rung und Hygiene sowie Ver-änderungen bei der Arbeit ha-ben dazu geführt, dass sichunsere durchschnittliche Le-benserwartung stark erhöhthat. Diese Entwicklung ist je-doch noch nicht in ihrer ge-samten Tragweite in das Be-wusstsein, zum Beispiel derIndustrie, eingegangen. Allmählich beginnen jetztStimmen laut zu werden, die von Herstellern ein Umden-ken und eine altersgerechteProduktgestaltung fordern, sodass auch älteren Mitbürgern einbesserer Zugang und eine ef-fektivere Nutzung der Erzeug-nisse möglich wird.

Problematisch ist dies, da keine Daten und Er-kenntnisse vorliegen, die diese Zielgruppe ausrei-chend beschreiben würden. So werden bisher nuranthropometrische Daten für die erwerbstätige Be-völkerung erhoben, weil diese hinsichtlich der Ar-beitsplatzgestaltung von Bedeutung sind. Im Hin-blick auf die Produktgestaltung existiert aber auchein erhebliches Interesse an Erkenntnissen, diesich mit der Einschränkung der Beweglichkeit oderder Fähigkeit, Kräfte aufzubringen, beschäftigen.

In diesem Zusammenhang wird ein weiteres Pro-blem sichtbar: was oder wer ist der "gesunde Al-te"?

Mittels Literaturrecherche sowie Kontaktieren me-dizinischer Fachleute soll zu diesem Begriff eineDefinition erarbeitet werden. Dabei sollen krank-heitsbedingte Degenerationen von der Betrach-tung ausgeschlossen werden, auch wenn derenWahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter steigt.

Für Betroffene solcher Einschränkungen müssenauch in Zukunft - gerade im Hinblick auf die Indivi-dualität solcher Krankheiten - Spezialanfertigun-gen und -anpassungen von entsprechenden An-bietern bereitgestellt werden. Ein Massenherstellerkann nur die "übliche" Variationsbreite mensch-licher Erscheinungsformen berücksichtigen.

Anschließend sollen Personen, die der Definitiondes "gesunden Alten" entsprechen, für Versuchegewonnen werden. Sie sollen anthropometrischvermessen werden sowie Beweglichkeitsexperi-mente und bewegungsorientierte Aufgaben durch-führen.

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Beweglichkeit bei älteren Menschen

Marianne Zumbusch Tel.: 089-28915409

Bild Mauritius MB 131 A2

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und Arbeitsplätze?Das Ergonomie Kompetenz Netzwerk (ECN e.V.) ist einzuverlässiger Partner für Beratung und Problemlösungsowie für Weiterbildung und Qualifizierung in den Be-reichen Ergonomie und Arbeitswissenschaft.Sie finden bei uns unabhängige und praxiserfahreneExperten zu allen Fragen aus der Produkt- und Produk-tionsergonomie die Ihnen gerne weiterhelfen.

Info: Ergonomie Kompetenz Netzwerk e. V. c/o Technische Universität München - LfE -Boltzmannstraße 15, 85747 Garching b. MünchenTel. (089) 28915425, Fax. (089) 28915389E-mail: [email protected], Internet: www.e-c-n.de

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Produkte an die körperlichen Bedürfnisse desMenschen optimal anzupassen, stellt von jeher einnicht zu unterschätzendes Problem für den Kon-strukteur dar.Da es ausgesprochen unwirtschaftlich ist, Produk-te für die körperlichen Eigenschaften eines spe-ziellen Kunden zu optimieren, bleibt zumindest derGroßserien- und Massenproduktion nichts anderesübrig, als möglichst viele der angestrebten, im Ein-zelnen aber unbekannten Benutzer zu berücksich-tigen. Neben den subjektiven Vorlieben dieser Per-sonen erweist sich vor allem die Berücksichtigungder höchst unterschiedlichen Körpergrößen undProportionen als problematisch. Um diese Varia-tionsbreiten dennoch möglichst gut in der Kon-struktionsphase berücksichtigen zu können, wur-den schon relativ früh Längen- und Umfangsmaßedes Menschen ermittelt, statistisch ausgewertetund zunächst in rein tabellarischer Form im Kon-struktionsprozess eingesetzt.Zur leichteren Handhabung wurden aus diesenMaßen Zeichenschablonen entwickelt, die mit Ein-

schränkungen diemittleren Proportio-nen von Menschenwiedergeben (Abb.1). Da diese Zei-chenschablonen nurzweidimensional vor-liegen und zudemunterschiedliche Kör-perproportionen (z.B.besonders langbeini-ge oder besondersdicke Personen)nicht berücksichtigenkönnen, stellen siefür die Auslegungvon Arbeitsplätzenein nur sehr unzurei-chendes Mediumdar.

Abb. 1: Zweidimensionale Körperumrissschablone

Dies führte - insbesondere in der Konsequenz desErfolges von CAD-Methoden - an verschiedenenStellen zur Entwicklung dreidimensionaler, imRechner verfügbarer Dummys. Den meisten dieserDummys haftet allerdings der Nachteil an, dass sieim Grund lediglich die ins Dreidimensionale über-tragenen Zeichenschablonen darstellen und dass,ähnlich wie bei diesen, die Stellung der Gelenke

vom Operateur des CAD-Systems selbst nach"künstlerischem Gefühl" vorgenommen werdenmuss. Dass gerade die Automobilindustrie ein gesteiger-tes Interesse an einer Verbesserung der beschrie-benen Situation hatte, leuchtet ein, wenn man be-denkt, wie hochkomplex und damit teuer die Ent-wicklung heutiger Automobile ist. Je früher daherim Entwicklungsprozess etwaige Fehler in der an-thropometrischen Auslegung erkannt werden kön-nen, desto besser.Daher wurde durch die Forschungsgruppe Auto-mobiltechnik (FAT) unter Einbindung DeutscherAutomobilfirmen und Sitzhersteller die Firma tec-math in Kaiserslautern beauftragt, ein CAD-Toolfür die anthropometrische Konstruktion von Fahr-zeuginnenräumen zu entwickeln, das die besagtenNachteile kompensiert. Das dafür notwendige er-gonomische Datenmaterial wurde durch den Lehr-stuhl für Ergonomie der Technischen UniversitätMünchen erstellt. Das entstandene Menschmodell erhielt den Na-men RAMSIS, nicht etwa weil sein Aussehen anden großen vorchristlichen, ägyptischen Herrschererinnert, sondern vielmehr, weil es als Akronym fürRechnerunterstütztes Anthropologisches Mathe-matisches System zur InsassenSimulation zu ver-stehen ist.Ganz entscheidend für ein Modell des Menschenist, dass die im Computer generierte Simulationauch tatsächlich die realen, heute (und in Zukunft)lebenden Menschen hinsichtlich ihrer Maße wider-spiegelt. Um dies zu gewährleisten, wurden Ein-zelmessungen an über 6000 Versuchspersonen soaufbereitet, dass den Nutzern ein realistisches Ab-bild der Population in Form von dreidimensionalen,anthropometrisch korrekten Typen (sog. Manikin)zur Verfügung steht. Damit können Fragen der an-thropometrischen Auslegung umfassender beant-wortet werden, als dies mit zweidimensionalenSchablonen möglich ist.

Abb. 2: Das Menschmodell RAMSIS in seinen unterschiedlichen Darstellungsformen

Diese so genannte RAMSIS-Typologie besteht aus45 Typen für jedes Geschlecht. Diese könnennach Körperhöhe, Korpulenz und Proportion frei

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RAMSIS - Das MenschmodellJörg Hudelmaier Tel.: 089-28915414

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gewählt werden. Weiter können auch Altersabhän-gigkeiten berücksichtigt werden. So steht eine ge-mittelte Altersgruppe 18 - 70 Jahren und drei al-tersdifferenzierte Typologien der Altersgruppen 18 - 29 Jahren, 30 - 49 Jahren und 50 - 70 Jahrenzur Wahl. Kinder finden durch das implementierteKindmodell Beachtung. Weiterhin erlaubt die Be-trachtung der anthropometrischen Maßentwicklungüber einen Zeitraum von 40 Jahren via Extrapola-tion die Modellierung der Akzeleration.Über die Standardmanikin hinaus kann der Nutzervon RAMSIS Typen frei definieren. Durch be-stimmte Algorithmen wird sichergestellt, dass auchdiese frei definierten Manikin realistisch sind.Die realistischste Darstellung des Menschen nutztin Auslegungsfragen allerdings wenig, wenn esdem Konstrukteur überlassen bleibt, welche Hal-tung für die Erfüllung einer bestimmten Aufgaberealistisch erscheint. Anders als bei den immerbesser werdenden Animationsfilmen, die heutefast ausschliesslich im Computer entstehen und indenen täuschend echt aussehende Charakteresich verblüffend realistisch bewegen, muss z. B.bei der Fahrzeuginnenraumauslegung das Menschmodell den Konstrukteur leiten und nichtumgekehrt.Hierzu dienen die eigens entwickelten RAMSIS-Haltungsmodelle, die es gestatten, die verschie-denen Manikin in unterschiedlichen Umgebungenunter variablen, frei wählbaren Randbedingungenzu positionieren. Hierzu wurden Versuchspersonen zunächst an-thropometrisch vermessen und dann beim Verrich-ten verschiedener Tätigkeiten (z.B. beim Autofah-ren) mit Hilfe von Videokameras beobachtet. Dieaufgenommenen Körperhaltungen wurden mit ei-nem Haltungsanalysesystem (PCMAN) ausgewer-tet.Aus den untersuchten Haltungen wurde für jedesKörpergelenk eine mehrdimensionale Optimie-rungsfunktion entwickelt, mit deren Hilfe RAMSISin der Lage ist, die realen Körperhaltungen der ge-messenen Versuchspersonen zu simulieren.Grundlage der Optimierungsfunktionen sind diebei den Messungen ermittelten Häufigkeitsvertei-lungen jedes Gelenkfreiheitsgrades.

Abb. 3: RAMSIS in der Innenraumauslegung eines Kraftfahrzeugs

Wie im richtigen Leben, so gibt es auch für RAM-

SIS verschiedene Möglichkeiten eine Aufgabe zuerfüllen. Des Weiteren ist es für den Konstrukteurnatürlich auch sehr wichtig, verschiedene Lösun-gen, z.B. was die Position des Lenkrades angeht,bewerten zu können. Liegt dieses außer Reichwei-te ist die Situation klar, doch wie soll die optimaleLage innerhalb des Erreichbarkeitsraumes gefun-den werden? Eine Möglichkeit bietet das RAMSIS-Komfortmo-dell. Dieses lässt Rückschlüsse auf den bei einerbestimmten Tätigkeit zu erwartenden Haltungs-komfort zu. Weitere Komfort beeinflussende Para-meter, wie z.B. das Klima, Sitzdruckverteilungenoder aufzubringende Kräfte, werden z. Zt. aller-dings noch nicht berücksichtigt.Neben den schon erwähnten Komfortbewertun-gen stehen weitere Bewertungsmöglichkeiten inRAMSIS zur Verfügung. So kann z.B. die Wirbel-säule hinsichtlich einer möglichen Schädigung beider eingenommenen Haltung untersucht werden.

Abb. 4: Sicht einer kleinen Frau (l.) und eines sehr großen Mannes auf den Instrumententräger

Ein besonderes Augenmerk widmet die Konstruk-tion der Sichtbarkeit aller sicherheitsrelevantenBedien- und Anzeigeelemente für das gesamteVersuchspersonenkollektiv. Das CAD-Tool bietethierfür die Möglichkeit, den Kameraprojektions-punkt in die einzelnen Augen des RAMSIS-Mo-dells zu legen (Abb. 4). Des Weiteren kann derScharfsichtbereich, der Optimalsichtbereich undder Maximalsichtbereich berechnet werden.Für die Extremitäten können die jeweiligen Bewe-gungsräume ermittelt werden. Diese beantwortenFragen nach der Erreichbarkeit.

Abb. 5: Analyse der Haltungen und Sichtbereiche in einem Gabelstaplermit Hilfe von RAMSIS

Zusätzlich können Standardfragen über Analyse-funktionen, wie z.B. "Abstand von Hautpunkten zur

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Fahrzeugumgebung", "Gelenkwinkel", "Koordina-ten von designrelevanten Körperpunkten" und"Körpermaße" geklärt werden. Unterstützt werdendiese Arbeiten durch eine Makrosprache, die eserlaubt, rechenintensive Vorgänge systematisch zuautomatisieren.

Vertiefende Literatur zum Thema♦ Geuß, Hartwig: Entwicklung eines anthropo-

metrischen Messverfahrens für das CAD-Menschmodell RAMSIS, Lehrstuhl für Ergono-mie TUM, 1995.

♦ Krist, Renate: Modellierung des Sitzkomforts -eine experimentelle Studie, Lehrstuhl für Ergo-nomie TUM, 1993.

♦ Seidl, Andreas: Das Menschmodell RAMSIS -Analyse, Synthese und Simulation dreidimen-sionaler Körperhaltungen des Menschen,Lehrstuhl für Ergonomie TUM, 1994.

RAMSIS-Vertrieb: tecmath AG, Kaiserslautern;www.tecmath.de

Eine von der tecmath AG entwickelte Lösung zurVermessung und Simulation des Menschen ist das3-D-Bodyscan-Messverfahren. In Verbindung mitMenschmodellen, die in CAD eingesetzt werden,lassen sich individuelle oder perzentilierte Anthropo-metrien in verschiedenen Arbeitsbereichen anwen-

den. In der Ergono-mie schafft eineKopplung an dasweltweit führendeCAD Werkzeug zurMenschmodellie-rung RAMSIS einauf das IndividuumzugeschnittenesWerkzeug zur Aus-legung von Fahr-zeuginnenräumenund von Arbeitsplät-zen. Weiter stellendie Scanergebnisse

in der Medizin ein Hilfsmittel zur Planung und Doku-mentation plastisch chirurgischer Eingriffe dar. DasVerfahren wird auch von Schneidereien verwendet,um Maßanzüge zu fertigen.

Am Lehrstuhl für Ergonomie wird der Bodyscannerderzeit verwendet, um Patienten, die sich einer pla-stischen Operation unterziehen, einzuscannen. Ausdem Vergleich der Daten vor und nach dem Eingriffkönnen objektive Daten zur Dokumentation des Er-gebnisses gewonnen werden. Dies ist von Interes-se, um etwa verschiedene Operationsmethoden

vergleichen zu können. Mit den bestehenden Ko-operationen zum Klinikum rechts der Isar und zurMathematik der TU München wird das weitere Zielverfolgt, durch einPatchwork von ver-schiedenen Scanver-fahren (Laserscanner,holographische Metho-den, MRT-Aufnahmen),den Menschen nochexakter erfassen zukönnen und in den fürdie Operation interes-santen Bereichen miteiner noch größerenAuflösung zu scannen.Schließlich soll durchdie Modellierung des Weichgewebes mit FE-Metho-den auch das Verhalten des Fettgewebes und derMuskeln bei der Operationsplanung schon mitbe-rücksichtigt werden. Für die Ergonomie ergibt sichdurch die Übertragung der Scanergebnisse auf einMenschmodell der Vorteil eines verbesserten Mess-werkzeuges.

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Das 3-D-Bodyscan-Messverfahren

Florian Fritzsche Tel.: 089-28915413

Abb. 1: Bodyscanner

Abb. 2: Scanbild desBodyscanners

Abb. 3: 3-D-Abbildung eines mensch-lichen Kopfes

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Ver

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Vo r a n k ü n d i g u n g :Internationale Frühjahrskonferenz50 Jahre Gesellschaft für Arbeits-wissenschaftvom 07. bis 09. Mai 2003 im Forum Hotel München

Informationen unter:w w w . m u e n c h e n 2 0 0 3 . c o m

Themen der Konferenz• Produktergonomie• Anthropometrische Gestaltung • Informationstechnische Gestaltung • Komfort und Diskomfort • Gestaltungswerkzeuge Produktionsergonomie• Arbeitsplatzgestaltung • Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel • Körperliche Arbeit (Muskelbelastung) • Arbeitsplatzbewertung • Arbeitsschutz und Unfallverhütung Arbeit und Organisation• Kommunikations- und Informationsarbeit • Arbeitszeit

• Leistungsbewertung und Motivation • Organisationsformen (z. B. lean production und

fraktale Fabrik) • Wissensmanagement • Management von Arbeitssicherheit und System-

zuverlässigkeit • Qualitätsmanagement • Qualifikation und Bildung Gesellschaftliche Aspekte• Gesellschaftliche Wertung der Arbeit • Auswirkungen der Globalisierung • Erwerbslosigkeit • Demografische Einflüsse • Kulturelle und überkulturelle Faktoren und weitere Themen . . .

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Frau Dr. Fraczek, Herr Dr. Rausch am ECN Stand Herr Dr. Kusch am ECN Messestand in Magdeburg im Oktober 2001

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Jeder der sich schon einmal mit einem Fahrrad inden (Berufs-)Verkehr einer Großstadt, wie z. B.Hamburg oder München gewagt hat, kennt dasProblem. Da eine plötzlich vorschießende Motor-haube, die es mit einem kühnen Hechtsprung zuüberwinden gilt, dort eine abrupt aufgeschwunge-ne Autotür, die der flotten Fahrt ein jähes Ende be-reitet. Dabei kann nur in ausgesprochen seltenenFällen von der Boshaftigkeit des die eigene Bahnkreuzenden Autofahrers ausgegangen werden.Denn meistens kann auch dieser gar nichts dafür.Der andere Verkehrsteilnehmer, der jetzt „leichtverärgert“ auf einer fremden Motorhaube rumlüm-melt, wurde schlicht durch die A-, B- oder C-Säuledes Fahrzeuges, durch den Beifahrersitz oder an-dere Fahrzeugkomponenten verdeckt, so dass ervon dem nun schuldbewusst dreinblickenden Auto-fahrer gar nicht gesehen werden konnte. DieselbeGefahr stellt sich beim Überholen und Einscherenin den fließenden Verkehr. Und das Problemnimmt zu!Durch den immer stärker werdenden Individual-und Transportverkehr wird die Fülle, der auf einenAutofahrer einströmenden Informationen immergrößer. 90% seiner Umwelt und damit das ihn um-gebende Verkehrsgeschehen, nimmt ein Autofah-rer über seinen optischen Sinneskanal wahr (et-was, das jeder leicht selbst ausprobieren kann. Esstellt z. B. kein Problem dar, mit aufgesetztem Hör-schutz unfallfrei zu fahren, aber mit verbundenenAugen...?!). Dies macht deutlich, wie wichtig die Sichtverhält-nisse für das Sicherheitskonzept aber auch die er-gonomische Qualität eines Fahrzeuges sind. Zumeinen legen sie die Rundumsicht des Fahrers festund somit inwieweit das Fahrzeugumfeld von ihmwahrgenommen werden kann. Zum anderen ent-scheiden die Sichtverhältnisse auch darüber, wieFahrer und Passagiere ein Fahrzeug - unbewusst-wahrnehmen, also empfinden und somit auch wel-cher Komforteindruck sich einstellt. Im Spannungs-feld der vielfältigen Anforderungen, denen ein neuzu entwickelndes Fahrzeug genügen soll, kommtihnen damit eine große Bedeutung zu. Paradox aber wahr: konsequent wird- vor allemaus Unkenntnis- dafür gesorgt, dass die Sichtver-hältnisse immer schlechter werden. Dies liegt nichtzuletzt an den veralteten Verfahren mit denen inmodernen Fahrzeugen die Sicht des Fahrers fest-gelegt wird. Eines dieser- auch gesetzlich vorgeschriebenenHilfsmittel- ist die Augenellipse nach SAE J941(SAE = Society of Automotive Engineers). Sie stellt

ein Hilfsmittel zur Konstruktion von Sichtlinien un-ter Berücksichtigung der Verteilung der Augenla-gen im Fahrzeug dar. Mit Hilfe der Augenellipsenlassen sich im Fahrzeug extremale Sichtwinkel be-stimmen, indem Tangenten an die jeweilige Ellipseangelegt werden (Abb. 1). Damit erlaubt sie, schonim Vorfeld der Konstruktion eine Grundaussagedarüber zu treffen, wie hoch der Anteil der Perso-nen sein wird, der bestimmte Bereiche außerhalbdes Fahrzeugs einsehen bzw. nicht einsehen wird.Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Unter-suchungen, aus denen die Augenellipsen hervor-gingen, bereits 1965 von J. F. Meldrum in amerika-nischen Fahrzeugen des Baujahres ´63 gemachtwurden. Anstelle der heute üblichen Einzelsitzehatten diese eine Sitzbank mit starrem Lehnenwin-kel. Der Sitzverstellbereich war zu dieser Zeit nochsehr klein. Des Weiteren existierte keine Sitzhö-hen- und Lenkradverstellung wie sie heute üblichist. Da die Sitzhaltung- und damit auch die Augen-lage eines Fahrers- neben seinen körperlichen Ei-genschaften- sehr stark von der Art des Sitzes,seinen Verstellmöglichkeiten und anderen Elemen-ten des Fahrzeuginnenraums, wie z. B. der Lagedes Lenkrades abhängt, wird schon hieraus deut-lich, dass die aus diesen Untersuchungen stam-menden Ergebnisse nur schwer auf heutige Fahr-zeuge übertragbar sind.

Abb. 1: Die Augenellipse nach SAE 941J

Es erscheint daher wenig sinnvoll, Fahrzeuge erstmit viel Aufwand und mit Hilfe von CAD-Systemen(CAD = Computer Aided Design) zu konstruieren,für die ergonomische Auslegung moderne 3-D-Menschmodelle, wie z. B. RAMSIS, heranzuzie-hen, nur um dann mit einem veralteten Werkzeugall diese Bemühungen ad absurdum zu führen.Aus diesem Grund ist es ausgesprochen entschei-dend, die Außensichtverhältnisse darzulegen, be-werten und vergleichen zu können, da nur so Mög-lichkeiten für ihre Optimierung gefunden werdenkönnen.Neben der Augenellipse, die zu den virtuellen Aus-legungsverfahren der Sicht gezählt und damit eher

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Sichtoptimierung im Pkw Jörg Hudelmaier Tel.: 089-28915414

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in der Konzeptions- und Konstruktionsphase einesFahrzeugs eingesetzt wird, existieren die so ge-nannten Realmessverfahren. Mit ihnen lassen sichdie Sichtverhältnisse von Autofahrern an Realfahr-zeugen durch die Darstellung der frei einsehbarenUmgebungsbereiche beurteilen, was unter be-stimmten Voraussetzungen von Vorteil ist. Dennwährend die Vermessung an Fahrzeugen, bei de-nen entsprechende Datensätze vorliegen, prinzi-piell auch direkt mit Hilfe von CAD möglich ist,scheidet dies für Fahrzeuge, deren Daten hierzuerst erhoben werden müssten, aufgrund des not-wendigen enorm hohen Vermessungsaufwandesweitgehend aus. Daher kommt den Realmessme-thoden auch im Zeitalter des CAD vor allem in denfolgenden Bereichen immer noch eine große Be-deutung zu:• Bereich 1: bei der Vermessung von Fahrzeu-

gen, um die Einhaltung bestehender Vorschrif-ten (z.B. StVZO §35b und EWG 77/649) be-züglich der Außensichtverhältnisse am Real-fahrzeug zu überprüfen.

• Bereich 2: Vermessungen, um verschiedeneFahrzeuge oder Fahrzeugkonzepte miteinan-der vergleichen zu können.

Ein für diese Zwecke eingesetztes Verfahren istz.B. das Lasertheodoliten-Verfahren. Dabei han-delt es sich um eine Weiterentwicklung des Schat-tenwurfverfahrens, bei dem eine oder zwei Licht-quellen in Augpunktlage eines fiktiven Fahrers imFahrzeug angebracht, einen Schatten der Fahr-zeugkonturen auf Boden und Wände werfen. Einim Mittelpunkt der SAE-Augenellipse kardanischgelagerter Lasertheodolit, der einen monokularenSehstrahl des Fahrers simuliert, wird entlang derFensterkanten geführt. Dabei kann durch Anvisie-ren beliebiger Punkte deren Raumwinkelkoordina-ten ermittelt und an einen Rechner übergebenwerden.Doch auch wenn dieses Verfahren gegenüber al-len anderen gängigen Methoden zumindest denVorteil aufweist, dass eine Auswertung der Datenam Rechner möglich ist, so zeigen sich immernoch die folgenden gravierenden Nachteile dieserMethode:• Die manuelle Durchführung verfälscht die Er-

gebnisse und beschränkt die Reproduzierbar-keit.

• Die Größe und die Proportionen unterschied-licher Fahrer werden nicht berücksichtigt.

• Der Drehpunkt des Lasertheodoliten liegt in ei-nem festen, theoretischen Punkt.

Gerade der feste Drehpunkt verbindet zwei ent-scheidende Nachteile des Verfahrens in sich: Als Drehpunkt wird zumeist der Mittelpunkt derSAE-Augenellipse herangezogen. Wie bereits er-wähnt, stimmen deren Punkte mit heutigen Aug-punktlagen nicht mehr überein. Da die Lage derAugenellipse strikt fahrzeugabhängig reglementiertist, ist es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass

der Mittelpunkt der Ellipse überhaupt dem Aug-punkt einer bestimmten Person bzw. eines be-stimmten Personentyps entspricht. Noch viel un-wahrscheinlicher ist es, dass in verschiedenenFahrzeug(klass)en immer ein und derselbe Perso-nentyp "getroffen" wird. Personenbezogen sind dieMessungen daher auch nicht vergleichbar. Dochnoch schwerer wiegt, dass ein fester Augpunktnicht die sich in der Realität bei einer Kopf- undTorsobewegung einstellenden Augpunkte und da-mit auch nicht den realen Sichtbereich bzw. realeVerdeckungen wieder gibt (Abb. 2).

Abb. 2: Gegen-überstellung desfixen Messpunk-tes nach SAE undder Bahn realerAugpunktlagenbei Haltungsände-rungen.

Will man ei-ne der Wirk-lichkeit ent-sprechendeVermessungder Außen-sichtverhält-nisse reali-

sieren, so sind folgende Punkte zu berücksichti-gen:• Die Augpunktlagen des Fahrers hängen we-

sentlich von seiner eingenommenen Haltungab, die wiederum stark von den Packagema-ßen, also dem Interieur und dem Gesamtauf-bau des Fahrzeugs beeinflusst wird.

• Die Augpunkte sind nicht fix, sondern blickrich-tungsabhängig.

• Die individuellen Faktoren des Fahrers, wieGröße, Proportionen und Beweglichkeit, beein-flussen stark die Augpunktlagen.

• Ein Autofahrer sieht die Welt nicht mono- son-dern binokular. Dies beeinflusst entscheidendauftretende Verdeckungen und ist für eine rea-listische Beurteilung bei einer Vermessung zuberücksichtigen.

Um diesen Ansprüchen an eine möglichst realeDarstellung der Sichtverhältnisse in einem PkwRechnung zu tragen, wurde am Lehrstuhl für Er-gonomie der Technischen Universität München inZusammenarbeit mit der tecmath AG, Kaiserslau-tern, das Sichtanalysesystem ARGUS (Automati-sches Ramsis-gestütztes Grenzkanten Untersu-chungs-System) entwickelt und realisiert.Teil des Systems ist ein Messroboter (Abb. 3), dereine CCD-Kamera trägt, die zunächst das linke,dann das rechte Augen des Fahrers simuliert. DieKamera ist dabei mit einer Bildverarbeitung ver-bunden, die eine Kantenfindung durch einenHell/Dunkel-Abgleich ermöglicht. Der Roboter wirdin das zu vermessende Fahrzeug gesetzt (Abb. 4)und in diesem auf das Fahrzeugkoordinatensy-stem kalibriert.

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Abb. 3: Messroboter(MARVIN) desSichtanalyse-systems ARGUS

Für die Vermessung werden dem System Blick-richtungen in einem bestimmten Raumbereich vor-gegeben (z.B. horizontal 360°, vertikal +60° und -45°). Jeder Blickrichtung ist dabei ein der Realitätentsprechender Augpunkt zugeordnet. Diese Aug-punkte werden von einer Software ermittelt, derdie Typologie des 3D-Menschmodells RAMSIS so-wie das RAMSIS-Fahrerhaltungsmodell zugrundeliegen. Erst hierdurch werden die realistischen Ver-messungen der Außensichtverhältnisse möglich. RAMSIS wurde maßgeblich am Lehrstuhl für Ergo-nomie entwickelt und stellt heute das in den Auto-mobilfirmen am häufigsten eingesetzte Menschmo-dell dar. Durch RAMSIS wird es möglich, jeden ge-wünschten Personentyp für eine Fahrzeugvermes-sung bereit zu stellen. Eine weitere Besonderheitstellt das Haltungsmodell von RAMSIS dar. Unterder Vorgabe bestimmter Aufgabenstellungen er-möglicht es die Berechnung realistischer, der Auf-gabe entsprechenden Haltungen, wobei die Umge-bung mit einbezogen werden kann. Gibt man nunals Aufgabe das Fahren eines bestimmten Fahr-zeugs und zudem eine festgelegte Blickrichtungvor, so erhält man zu jeder Blickrichtungsvorgabeeine der Realität entsprechende Augpunktlage.Diese können dann wiederum für eine vollautoma-tische Vermessung eines Fahrzeugs durch AR-GUS herangezogen werden. Somit lassen sich fürbeliebig zu definierende "Personen" Augpunktla-gen beim Rundumblick bereit stellen.Wie schon erwähnt, ist für eine realistische Hal-tungsprognose neben den (Körper-)Daten der Ver-suchspersonen, unbedingt das Fahrzeug mit zuberücksichtigen. Um dies tun zu können, werdendem Berechnungsprogramm bestimmte Stützpunk-te der Fahrzeuggeometrie mitgeteilt, die mit Hilfeeiner 3D-Koordinatenmessmaschine von jedembeliebigen Fahrzeug abgenommen werden kön-nen. Diese Packagegeometrie wird von dem jewei-ligen RAMSIS-Typ bei der Erstellung seines Um-blickverhaltens berücksichtigt.

Abb. 4: Messroboterim Fahrzeug mon-tiert.

Für die Mes-sung der frei-en Sichtberei-che einesFahrzeugs si-muliert die Ka-mera- gesteu-ert durch denRoboter- dievorgegebeneBlickrichtungund fährt denjeweils zuge-hörigen Augpunkt an. Eine spezielle Steuerungs-software führt sie an den Scheibenkanten entlang,wobei bei jedem Folgeschritt eine neue Blickrich-tung und Augpunktlage eingenommen wird. DasErgebnis ist ein Vektorfeld der Blickrichtungen, diedie freie Sicht des Fahrers bei einem 360°-Umblickinnerhalb seines Fahrzeugs einschließen. Diesewerden abgelegt und können mit Hilfe des Sys-tems auf verschiedene Weise analysiert und beur-teilt werden (Abb. 5).

Abb. 5: Mögliches Ergebnis einer Sichtvermessung mit ARGUS.Zu sehen sind dreidimensionale Strahlengänge des Fahrersdurch die Fensterflächen des Fahrzeugs. Diese Strahlengängekönnen in beliebiger Weise weiter verarbeitet werden.

Mit dem Analysesystem ARGUS ist es damit erst-mals möglich, einen Überblick über die Sichtver-hältnisse verschiedener Personengruppen in ei-nem Fahrzeug so zu erhalten, wie diese sich auchin der Realität für jede Einzelperson darstellenwürden. Da Fahrzeug und Person dabei Berück-sichtigung finden, sind die gewonnenen Daten ver-schiedener Fahrzeuge auch vergleichbar. Diesstellt die Grundlage für die Beseitigung von Miss-ständen hinsichtlich der Messung der Außensicht-verhältnisse dar.

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Dr.-Ing. Andreas Penka, ein weiterer „Titel-träger“ aus dem Lehrstuhl für Ergonomie

Kurzfassung seiner Dissertationsschrift mit dem Titel: „Vergleichende Untersuchung zu Fahrerassis-tenzsystemen mit unterschiedlichen aktivenBedienelementen“Nach der weitgehenden Ausreizung der Möglichkeiten der sog. "pas-siven Sicherheit" im Pkw-Bau wird zunehmend die Verbesserung dersog. "aktiven Sicherheit" zum Gegenstand der Entwicklung und in de-ren Vorfeld die Forschung. Längst versteht man darunter nicht mehrallein die Verbesserung der Fahrwerke und der rein mechanischen

Handhabbarkeit der Fahrzeuge.Elektronische Unterstützung in Formvon z.B. der Blockierverhinderungder Bremse (ABS), des Vermeidensvon unkontrolliertem Durchdrehender Antriebsräder (ASR) und des ge-zielten Eingriffs in das Bremssystemder Einzelräder in Abhängigkeit vonLenkradstellung und Fahrgeschwin-digkeit (ESP), gehören heute zumAngebot auch in der unteren Mittel-klasse. Ebenso werden heute fast inallen Fahrzeugklassen Navigations-systeme angeboten. Diese sog.Assistenzsysteme liefern gemäß denin der Fahrzeugergonomie üblichen

hierarchisch gegliederten Aufgabenniveaus Unterstützung auf derEbene der Navigation und der Stabilisierung. Unterstützungen aufdem mittleren (kritischen) Niveau der Bahnführung sind in jüngsterZeit in Form der automatischen Abstandsregelung in Verbindung mitdem Tempomaten bekannt geworden (Distronic bzw. ACC). Mit derweiteren Entwicklung von neuartiger Sensorik werden aber auch aufdiesem Niveau mehr und mehr Assistenzsysteme entstehen, die in ih-rer Wirkung auf den Menschen neuartige ergonomische Problemedarstellen, auf die bereits im Vorfeld einer Einführung Lösungen an-geboten werden müssen.Ziel der Arbeit von Andreas Penka war die Untersuchung des Erst-kontaktes mit solchen Fahrerassistenzsystemen. Zentrum des Inter-esses sind dabei Systeme zur Spurhalteuntersützung, wodurch dieFrage nach der Benutzerschnittstelle auftaucht. Unter anderem wurdehier das vom Lehrstuhl für Ergonomie vorgeschlagene alternative Ak-

tive Stellteil untersucht, das nunmehr bereits von verschiedenen Fahr-zeugherstellern aufgebaut wird, um Erfahrung damit zu sammeln. DieMotivation für Aktive Stellteile zur Fahrzeugführung erfolgt dabei aussystemergonomischen Überlegungen, wonach beim konventionellenBedienkonzept (Lenkrad und handgeschaltetes Getriebe) bis zu 5 Be-dienelemente für die 2-dim Fahraufgabe benötigt werden und zudembei der Regelung der Längsdynamik die gleiche Betätigungsrichtungzu entgegengesetzten Effekten führt (Problem der Pedalverwechs-

lung). Das joystickartige Bedienelement erlaubt demgegenüber dieKopplung von Längs- und Querdynamik. Um ein optimales System-verhalten zu erreichen, müssen dem Fahrer dabei allerdings die Grö-ßen zurückgemeldet werden, die er beeinflussen möchte. Nach sys-temergonomischen Überlegungen ist dies in Längsrichtung die Fahr-geschwindigkeit, in Querrichtung bei niedrigen Geschwindigkeiten derEinschlagwinkel der Vorderräder (Kurvenradius), bei hohen Ge-schwindigkeiten die Gierwinkelgeschwindigkeit oder die Querbe-schleunigung des Fahrzeugs.

Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Reaktion bei Sys-temfehlfunktionen besonders bei Spurhalteunterstützungssystemen.Für die Untersuchung wurden zwei unterschiedliche Spurhalteunter-stützungssysteme simulationstechnisch realisiert: eines mit perma-nentem Eingriff, das bereits geringe Abweichungen vom Sollkurs rük-kmeldet (sog. "Permanentsystem") und eines, bei dem der Fahrerinnerhalb eines Korridors unbeeinflusst fahren kann und das eineRückmeldung nur an den Rändern gibt (sog. "Korridorsystem"). DieSollspur war in jedem Fall die Mitte der eigenen Fahrspur. Bei derkonventionellen Bedienung wird die Rückmeldung so realisiert, dassdurch die Spurführung die Momentenkennlinie des Lenkrads quasi indie gewünschte Richtung verschoben wird. Sowohl beim konventio-nellen wie beim aktiven Bedienkonzept verspürt der Fahrer keineKraft, wenn er sich genau in der Sollspur befindet. In Längsrichtungwurde eine stark vereinfachte ACC-Funktion realisiert, die dem Fah-rer nur dann Rückmeldung (im Falle des aktiven Gaspedals als zu-sätzliche verstärkte Rückstellkraft, im Falle des aktiven Stellteils alsVersteifung bei vom Soll abweichenden Eingaben spürbar) gibt, wenner zu nahe (Zeitabstand 1,2 s) auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auf-fährt.Die Systeme wurden in dem institutseigenen Fahrsimulator durchge-führt. Folgende Ergebnisse können zusammenfassend festgehaltenwerden. Das Korridorsystem zeigt eine verbesserte Fahrgüte, die of-fensichtlich wesentlich dadurch zustande kam, dass die Versuchs-personen die Berührung mit dem Korridorrand zu vermeiden suchten.Die damit verbundene erhöhte Anstrengung wird mit einer entspre-chenden schlechteren subjektiven Beurteilung quittiert. In Verbindungmit dem Lenkrad wird das Permanentsystem noch schlechter beur-teilt, weil damit eine starke Freiheitseinschränkung verbunden ist. Dabeim Aktiven Stellteil die Rückmeldegröße unabhängig von der Unter-stützungsart erhalten bleibt, zeigt sich hier diese Einschränkung nicht.In Zusammenfassung aller Beobachtungen ist mit der permanentenUnterstützung in Verbindung mit dem Aktiven Stellteil ein System ent-standen, das einerseits eindeutig zu besserer Fahrqualiät führt undandererseits vom Fahrer auch als Hilfe akzeptiert wird. Aus der Sichtdes Fahrers steht bei solchen Assistenzsystemen der Sicherheits-aspekt vor dem Komfortaspekt, obwohl letzter - auch aus Gründen derProdukthaftung - von den Herstellern werbetechnisch in den Vorder-grund gerückt wird.

Andreas Penka studierte an der TU München undwirkte einige Jahre sehr erfolgreich am Lehrstuhl.Im Frühjahr 2001 verließ er die TU, um sich in derIndustrie neuen Aufgaben zu stellen. Wir wün-schen ihm auf diesem Wege alles Gute.

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Prof. H. Bubb bei der Gratula-tion zur Doktorwürde

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Prof. Rühmann zum 60. Geburtstag

Prof. Heinzpeter Rühmann gehört sozusagen zum"Urgestein" des Lehrstuhls für Ergonomie. Schon1970 stieß er nach seinem Studium des Maschi-nenbaus und dem Arbeits- undwirtschaftwissenschaftlichen Auf-baustudium (AWA) zu den Ergo-nomen. Mit Blick auf seine Ausbil-dung übertrug ihm Prof. H.Schmidtke die Aufgabe, einen Si-mulator für Rollschwingungen zukonstruieren. Es entwickelte sichdaraus eine intensive Zusammen-arbeit mit der Firma Krauss-Maffeiin München, bei der er für dieseAufgabe mehrere Monate im Kon-struktionsbüro zubrachte und die schließlich auchdie Rahmen dieses Simulators baute, weil nur dortdie Möglichkeit bestand, mittels Glühen dieSchweißspannungen in diesen aufzuheben. Unterseiner Regie kam der Simulator zum Leben, wasnicht einfach war, da nicht nur mechanische For-derungen zu berücksichtigen waren, sondern auchelektrische, messtechnische und elektronische zurRegelung der Bewegung. Die Hydraulik stammteaus Frankreich, sodass er in dieser Koordinations-arbeit zusätzlich noch internationale Erfahrung ge-wann. Der Simulator wurde mit einer maximalenBeschleunigung von bis zu 4 g am Kopf der Ver-suchsperson die damals leistungsfähigste Ver-suchseinrichtung für Rollschwingungen. Mehrerewichtige Forschungsarbeiten wurden damit durch-geführt, die das Wissen über den Einfluss vonRollschwingungen auf das menschliche Empfindenund auf die menschliche Leistungsfähigkeit we-sentlich prägten. Auch für seine spätere Habilita-tionsarbeit war der Simulator eine tragende Basis.Doch zunächst wurde das konstruktive Talent vonPeter Rühmann weidlich ausgenutzt, um viele wei-tere Forschungseinrichtungen des Lehrstuhls zuschaffen, die mit dem Schwingungssimulator über-haupt nichts zu tun hatten. Sie reichten von Vor-richtungen zur Untersuchung der vom menschli-chen Operateur beim Handsägen physikalisch not-wendigen Mindestleistung über Versuchseinrich-tungen zur Farbwahrnehmung bis hin zu dem er-sten Fahrsimulator des Lehrstuhls, der entspre-chend der damals zur Verfügung stehenden Tech-nik, halbmechanisch funktionierte.Seine Dissertation schrieb Peter Rühmann überden Einfluss von Rollschwingungen auf diemenschliche Regelleistung unter besonderer Be-rücksichtigung verschiedener Stellteile. Die dafürnotwenigen speziellen Joysticks, die einerseits ex-trem leichtgängig, anderseits reibungsfreie Rück-stellkräfte aufweisen bzw. hydraulisch gedämpftsein mussten, wurden alle von ihm konstruiert, da

damals entsprechende Kaufteile noch nicht zurVerfügung standen. Weil die Fertigstellung und In-betriebnahmen viel zulange gedauert hätte, wur-den die Versuche dafür allerdings nicht auf demaufwändigen neuen Simulator durchgeführt, son-

dern auf einer einfacheren Vorläufer-version, die auch unter RühmannsBetreuung entstand. Seine Habilitation war schließlichdem Einfluss von komplexen Roll-schwingungen auf die notwendigeBedienelementauslegung gewidmet.Nun konnte er endlich die Maschine,die er gebaut hatte und die so vielenAnderen als Vehikel zur Promotiongedient hatte, für die eigene For-schungsarbeit einsetzen.

1984 wurde er auf die Professur für Arbeitswissen-schaft, die dem damaligen Institut für Ergonomiezugeordnet war, berufen. Teilweise gemeinsam mitHeinz Schmidtke führte er in der Folgezeit eingroß angelegtes Forschungsprojekt über Körper-kräfte des Menschen durch, das auf dem Kraftsek-tor die Parallele zu den weltweit üblichen Perzen-tiltabellen über anthropometrische Längenmaßelieferte. Viele weitere Forschungsarbeiten in klei-nen und mittelständischen Betrieben, sowie imVerladebetrieb der Lufthansa festigten seinen Rufeines hervorragenden Beraters für den Bereich derProduktionsergonomie. Auch auf dem Gebiet derProduktgestaltung arbeitete er mit verschiedenenSitzherstellern zusammen. Unter seiner Regie ent-stand das viel gelobte Hörsaalgestühl des neuenFakultätsgebäudes für Maschinenwesen in Gar-ching, das heute von der Firma Grammer erfolg-reich vermarktet wird (siehe eigener Artikel in die-sem Heft).Prof. Rühmann ist ein beliebter Hochschullehrer,der hervorragende Bewertungen bei den nun jähr-lich durchgeführten Evaluierungen erfährt, da er esversteht, auch komplizierte Sachverhalte in einfa-cher und klarer Sprache zu vermitteln. Er hat sehrerfolgreich zahlreiche Diplomarbeiten und vieleDissertationen betreut. In besondere Weise ist erin der Ausbildung der Lehramtsanwärter tätig, wasihm eine mehrjährige Tätigkeit als Vorsitzender derLehrerbildungskommission einbrachte.Prof. Rühmann hat nun über 30 Jahre Berufstätig-keit ganz in den Dienst der Ergonomie gestellt. Alser 1970 zum Lehrstuhl kam, nahm man ihm ge-genüber naturgemäß zunächst eine gewisse ab-wartende Haltung ein, denn er war immerhin dereinzige Sohn des damals wohl bekanntesten undbeliebtesten Schauspielers Deutschlands HeinzRühmann. Er verstand es schnell, solche Situatio-nen zu überspielen und sich durch Sachverstandund Können Anerkennung und Respekt zu ver-schaffen. Seine persönliche gewinnende Art, sein

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Mutterwitz und seine allseitige Hilfsbereitschaftmachten ihn in kurzer Zeit für alle, die mit ihm zutun hatten, zum geschätzten Kollegen und Freund.Nicht zuletzt dadurch vermochte er im "Ergono-menland" zu einer Atmosphäre beizutragen, diezur ungewöhnlichen Verweildauer mancher Mitar-beiter am Lehrstuhl führte, denn wer mit ihm zu-sammenarbeitet, kann dann doch persönlich denunnachahmlichen verschmitzten Charme erleben,der sonst aus den Ritzen der alten Rühmannfilmeblitzt.Im Juni konnte Prof. Rühmann seinen 60. Ge-burtstag feiern. Wir gratulieren ihm sehr herzlichdazu und wünschen ihm, dass ihm für die rest-lichen Berufsjahre der alte Schwung erhaltenbleibt. Wir wünschen ihm die dafür notwendigeGesundheit und das familiäre Wohlergehen, wasbeides als Hintergrund für berufliche Leistungenunerlässlich ist. Ganz persönlich blicke ich dank-bar auf nun 32 Jahre fruchtbarer Freundschaft mitihm zurück und wünsche mir, dass die davon aus-gehende Harmonie auch weiterhin zum guten Be-triebsklima des Lehrstuhls beiträgt.

Heiner Bubb

Seit dem 1.7.2002 ist HerrDipl.-Ing. (univ.) Hagen Wolfam Lehrstuhl tätig. Nach sei-nem Studium des Maschi-nenbaus (Module Ergonomieund Fahrzeugtechnik) an derTU München sowie einer Di-plomarbeit in der Fahrzeug-industrie, wird er sich inner-halb der Arbeitsgruppe Anthropometrie mit derWeiterentwicklung des CAD-Menschmodells RAM-SIS beschäftigen. Für diese Aufgabe wünschenwir ihm viel Freude und Erfolg.

Seit März 2002 ergänzt Dipl. Sportwiss. (univ.) IrisZacher als wissenschaftliche Mitarbeiterin den

Lehrstuhl. Bereits währendihres Studiums der Diplom-Sportwissenschaft an der TUin München sammelte sie imBereich Kraftmessung/Leis-tungsdiagnostik wertvolleKenntnisse, die sie in unse-rer Anthropometriegruppe imREALMAN-Projekt bei Un-

tersuchungen zur Bewertung des Diskomfortemp-findens erfolgreich einbringen kann. Für ihren Start am Lehrstuhl wünschen wir ihr al-les Gute.

Dipl.Psych.(univ.) Rolf Zöllner verstärkt seit Fe-bruar 2002 die Arbeitsgruppe Systemergonomie.

Herr Zöllner studierte Psy-chologie mit SchwerpunktArbeits-, Wirtschafts- und Or-ganisationspsychologie ander Universität Eichstätt. Zu-nächst war er als freier Mit-arbeiter bei der HypoVer-einsbank AG im Bereich Per-sonalentwicklung und Perso-

nalmarketing tätig. Danach wechselte er zu GULPInformation Services GmbH. Beim Marktführer fürdie Vermittlung von IT-Projekten arbeitete er dreiJahre lang als Spezialist für Marktforschung undCustomer-Relationship. Am Lehrstuhl für Ergono-mie übernahm Herr Zöllner das vom BMU/BfS ge-förderte Vorhaben SR2400. Das Projekt beschäf-tigte sich mit den technischen und organisatori-schen Voraussetzungen für ein Wissensmanage-mentsystem im Bereich der Reaktorsicherheit. Sei-ne Tätigkeitsgebiete werden auch zukünftig imWissensmanagement und im Bereich Kernenergieangesiedelt sein. Wir wünschen ihm viel Freudeund einen erfolgreichen Start.

Dipl.-Biol. (univ.) Marianne Zumbusch studierteBiologie mit Hauptfach An-thropologie an der LMU Mün-chen. Ihre Diplomarbeit inZusammenarbeit mit demLfE zum Thema: „Systematikzur anthropometrischen Ana-lyse von 3D-Oberflächen-scandaten“ lag bereits im Be-reich Anthropometrie, sodassder Wechsel an den Lehr-stuhl in die gleichnamige Arbeitsgruppe eine logi-sche Folge war. Hier untersucht sie die „Beweglichkeit bei älterenMenschen“. Für ihre Arbeit im Lehrstuhl wünschenwir ihr viel Freude und Erfolg.

Dipl.-Ing. Olivier Colinet studierte Mechanik ander Ecole Centrale de Paris in Frankreich von1986 - 1990. Bis 1996 warer tätig als Einkaufsingeni-eur bei Schlumberger undValeo, Frankreich; danachals International Consultantbei Portenaires ManagementCasseil & Computer Scien-ces Corp.. Nach seinerÜbersiedlung nach Münchenund seinem Start im Herbst 2001 am Lehrstuhl ar-beitet er am europäischen Projekt REALMAN, zudem wir ihm guten Erfolg und viel Freude wün-schen.

Persönliches

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Nach langen Vorbereitungen ging nicht nur der vielfacheWunsch in Erfüllung sondern auch der Lehrstuhl an die fri-sche Luft. Nahezu alle Kolleginnen und Kollegen samt denbeiden Hunden der Gebrüder Bubb wanderten von Kreuthaus in der Nähe des Tegernsee, bergauf/bergab den Wander-weg H3 entlang, um endlich die ersehnte Brotzeit in derSchwarzentennalm einzunehmen. Den Rückweg an denNordabstürzen des Leonhardsteins zum Parkplatz beiScharling schafften auch alle. Denn mit der Aussicht, sichim Tegernseer Bräuhaus zu einem zünftigen Ausflugsab-schluss zu treffen mobilisierte die restlichen Kräfte.

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„Feldversuche“ oder wie der LfEauf den Hund kam . . .Werner Zopf Tel.: 089-28915391

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Bei der Fa. tecmath AG in Kaiserslautern fand am 23. April 2002 die Abschlusspräsentation des ECN - Er-gonomie Kompetenz Netzwerks, bis dato gefördert vom bmb+f, unter dem Thema Übersicht & Perspektivenstatt. Ziel der Veranstaltung war es, sowohl die anwesenden Teilnehmer als auch die früheren Förderer vonder Zielsetzung und der Leistungsfähigkeit des neu aufgebauten Netzwerks zu überzeugen sowie Perspekti-ven aufzuzeigen, welche die Nachhaltigkeit des ECN in Zukunft gewährleisten sollen (s. a. Beitrag zur ECNe.V. Vereinsgründung am 12. September 2001 in diesem Heft). Die mit Engagement gehaltenen Vorträgebeinhalteten Aussagen z. B. zur Bestandsaufnahme der Ergonomie in der Produkt- und Produktionsgestal-tung, den Aufbau, die Arbeitsweise des Netzwerks, der Aus- und Weiterbildung über das ECN und endetemit einem Resümee sowie den Perspektiven des Netzwerks. Zwei Evaluierungsbeispiele, eines aus demBereich der Produktergonomie zum Thema "Anthropometrische Gestaltung von Trekkingrädern", beauftragtund durchgeführt von der Fa. DerbyCycle, der tecmath AG und dem Lehrstuhl für Ergonomie der Techni-schen Universität München und ein Zweites, aus dem Bereich der Produktionsgestaltung zum Thema "3D-Simulation von Montagearbeitsplätzen", beauftragt und durchgeführt von der Fa. Brose, der Fa. TecnomatixTechnologies und dem Institut für Arbeitswissenschaft der Technischen Universität in Darmstadt, verdeutlich-ten den Nutzen des Netzwerks für den jeweiligen Auftraggeber, der sich aus Synergieeffekten bei der Zu-sammenarbeit innerhalb des Netzwerks und der Partnerzusammensetzung ergibt. Die Programmpunkte imEinzelnen:

10:00 Uhr Begrüßung10:15 Uhr Eine Bestandsaufnahme: Ergonomie in der Produkt- und Produktionsgestaltung.

Methoden, angewandte Werkzeuge, Ausbildung, FortbildungProf. Dr. H. Bubb (Lehrstuhl für Ergonomie der TU München)

10:45 Uhr Das Ergonomie Kompetenz Netzwerk ECNAufbau, Arbeitsweise, PartnerDr. J. Balzulat (tecmath AG)

11:15 Uhr Kaffeepause11:30 Uhr Aus- und Weiterbildung über das ECN

Systematik, Angebotsspektrum, Didaktik, KundenorientierungDr. R. Helbig (Institut für Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt)

12:00 Uhr Praxisbeispiel Produktgestaltung: Anthropometrische Gestaltung von TrekkingrädernAuslegung mit CAD Ergonomie-Tool, empirische ExperimenteDr. R. Kaiser (tecmath AG)Dr. W. Kusch (Lehrstuhl für Ergonomie der TU München)

12:30 Uhr Mittagsimbiss & Demonstration von WerkzeugenMenschmodelle, Körpermesssysteme, Datenbanken

14:00 Uhr Praxisbeispiel Produktionsgestaltung: Virtuelle Gestaltungsprinzipien im Vergleich zu "Papier- und Bleistift-Methoden"3D-Simulation von Montagearbeitsplätzen, eine ergonomische BewertungDr. M. Geyer (Tecnomatix Technologies GmbH)

14:30 Uhr Das Projekt ECN: Resümee & PerspektivenNutzen für die Industrie, Vereinsgründung, NachhaltigkeitProf. Dr. K. Landau (Institut für Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt)

15:00 Uhr Diskussion

Gegen 16 Uhr endete die Veranstaltung mit der geäußerten Überzeugung vieler Teilnehmer von namhaftenFirmen (z. B. Fa. Opel AG, Bosch Rexroth AG, EDAG, Forschungszentrum Karlsruhe, ibe-Ingenieurbüro fürErgonomie, Keiper GmbH&Co, König+Neurath AG, MTM-Institut Deutsche MTM Vereinigung e.V., Ulrich Al-ber GmbH&Co.KG, Weigel Investitionsgüter Design), daß sich die Ergonomie in zunehmenden Maß zu ei-nem entscheidenden Wettbewerbsfaktor entwickelt. Ergonomisch gestaltete Produkte erhöhen die Attrakti-vität beim Kunden und eine ergonomische Optimierung der Produktion führt zu Produktivitätssteigerungen.Durch die Reduzierung gesundheitlicher Probleme werden letztendlich Kosten eingespart. Nur wer die ergo-nomische Gestaltung und die gesetzlichen Vorgaben schon in einem frühen Stadium der Entwicklung vonProdukten und Arbeitssystemen berücksichtigt, kann diese Potenziale optimal nutzen. Hilfestellung dafürbietet in Zukunft das Ergonomie Kompetenz Netzwerk e. V.

Ergonomie ist zunehmend ein entscheiden-der Wettbewerbsfaktor besonders für klein-

und mittelständische Unternehmenvon Werner Kusch