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Esinger Kirchenchronik Zusammengetragen und erstellt von Ortschronistin Annette Schlapkohl

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Esinger Kirchenchronik

Zusammengetragen und erstellt von Ortschronistin Annette Schlapkohl

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Inhaltsverzeichnis Seite 3 ... Ausgangspunkt 1900

Seite 4 ... Kirchensaal und Schule

Seite 5 ... Notizen aus dem Jahr 1911

Seite 6 ... Der 1. Weltkrieg 1914

Seite 7 ... 1915, im 1. Weltkrieg

Seite 8 ... Die Jahre 1916 - 1918

Seite 9 ... 1921, Gedächtnisfeier für die im Kriege Gefallenen

Seite 10 ... Die Ruhr in Esingen 1919

Seite 11 ... November 1922, Diakonisse Schwester Caroline Dahm

Seite 12 ... 1923 Bekenntnisschule kontra Gemeinschaftsschule

Seite 13 ... Konfirmandenunterricht 1926

Seite 14 ... Die Unwetterkatastrophe im Jahr 1925

Seite 15 ... 1937 und März 1940

Seite 16 ... Ende des 2. Weltkrieges

Seite 17 ... Einweihung der neuen Kapelle 1952

Seite 18 ... Bau eines Kirchenzentrums

Seite 19 ... 1959 Bau der Kirche

Seite 20 ... Bau von Rentnerwohnungen 1966

Seite 21 ... zweites Gemeindezentrum „im Moor“ 1969 und neue Angebote in den 70zigern

Seite 22 ... Ortsgeschichte von Tornesch

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Für die Kirchengemeinde Tornesch, die bis 1934 den Namen Kirchengemeinde Esingen trug, existiert eine handschriftlich verfasste Kirchenchronik in zwei Bänden für die Jahre ab 1900.

Der jeweilige Pastor der Gemeinde führte die ausführlichen Beschreibungen des Kirchen-geschehens und des Lebens in der Gemeinde fort. So ist besonders für die Jahre von 1909 bis 1945 ein sehr lebendiges und anschauliches Bild der Ereignisse in unserem Ort entstanden.

Wir wollen in Folge kleine Ausschnitte aus der Kirchenchronik wiedergeben und beginnen in dieser Ausgabe mit einer Mitteilung aus dem Jahr 1929, die die Geschichte unserer Kirchlichen Nachrichten berührt. Unsere Kirchennachrichten hatten nämlich einen Vorläufer: die „Bausteine“. Begründet hat diese kleine Zeitung, in der u. a. auf lokale kirchliche Veranstaltungen hingewiesen wurde, Pastor Lemke, welcher nur für kurze Zeit (1929-1930) Pastor in Esingen war:

„Im Monat Dezember wurden 700 ‚Bausteine’ als Ev. Gem.Blatt der Kirchengem. Esingen an alle Haushalte verteilt. Es soll versucht werden diese Bausteine in unserer Gemeinde heimisch zu machen. Der Preis beträgt für das Vierteljahr 78 Pf. mit Zustellgeld durch die Post bezogen.“

War die erste Ausgabe noch kostenlos, so wurden die folgenden, wie aus dem Zitat hervorgeht, als Abonnement vertrieben. 220 Haushalte bezogen das Blatt. Nach dem Weggang Pastor Lemkes blieben noch 70 Abonnenten übrig. Was dann aus dem Blatt wurde, ist in der Chronik nicht vermerkt. Lemkes Wunsch: „Meinem Nachfolger lege ich besonders die „Bausteine“ ans Herz“, wurde wahrscheinlich nicht entsprochen bis im Februar 1968 die erste Auflage des heutigen Gemeindeblattes verlegt wurde. Die damalige Auflage von 3000 Stück hätte sich Pastor Lemke 1929 nicht im Entferntesten erträumen können.

Von den „Bausteinen“ existiert im Kirchenarchiv keine Ausgabe mehr, vielleicht aber noch in irgendeinem alteingesessenen Tornescher Haushalt?

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Die Kirchengemeinde Tornesch, die bis 1934 den Namen Kirchengemeinde Esingen trug, existiert als eigenständige Gemeinde seit 1908. Vor 1900 besuchte man die Gottesdienste wie auch den Konfirmandenunterricht im zwei Fußstunden entfernten Rellingen. Die Einwohner vom Vossberg an der Grenze zu Seeth-Ekholt gingen nach Barmstedt. Nach der Jahrhundertwende wohnten dann wechselnde Hilfsprediger in der Gemeinde, die in den Schulen von Esingen und Ahrenlohe predigten. Der entscheidende Schritt für die Entwicklung zu einer selbständigen Kirchengemeinde war der Beschluss der Gemeinde Esingen, ein neues großes Schulhaus mit einem Kirchensaal zu bauen. Esingen erhielt erstmals in seiner Geschichte somit 1906 eine Kirche. Ihre Einweihung fand zusammen mit der Einführung des neuen Pastors W. W. Meyer statt, dem späteren Dompastor zu Schleswig.

Der Gemeinde war schon damals bewusst, was für ein denkwürdiger Tag die Einweihung von neuer Schule und Kirche war. Dies geht aus dem Zitat der Esinger Nachrichten vom 24.4.1906 über den Ablauf des Tages hervor, welches die Esinger Kirchenchronik wiedergibt: „Die gestrige Doppelfeier, Einweihung des neuen Betsaals und der neuen Schule, hat allen Erwartungen entsprochen (...) Zuerst wurde der Betsaal eingeweiht. Der Herr Gemeindevorsteher überreichte den Schlüssel dem Herrn Konsistorialpräsidenten (D. Müller). Nachdem der Herr Propst die Tür geöffnet hatte, begaben sich die ca. 120 Teilnehmer in den hellen freundlichen Betsaal. Darauf nahm der Herr Generalsuperintendent (D. Wallroth) die Weihung des Betsaals vor. Der Kirchenchor sang ein Weihelied. (...) Währenddessen hatten die Kinder vor der Schultür Aufstellung genommen. Hier überreichte der Herr Gemeindevorsteher den Schlüssel dem ersten Lehrer, Herrn Schwennesen. Nach einer kurzen Ansprache öffnete derselbe die Tür. Die Weiherede hielt der kommissarische Schulinspektor Herr P. Mass Elmshorn. Herr Schwennesen hielt mit den Kindern der 1. Klasse eine kurze Lehrprobe über ‚Der zwölfjährige Jesus’.“ Danach folgte eine Besichtigung des Gebäudes. Mittags speisten etwa 45 Personen mit dem Gemeindevorsteher Sander, der die Gäste begrüßte, im Gasthof v. Helms – dem späteren Gasthof Mohnke. „Der Herr Konsistorialpräsident brachte das Kaiserhoch aus. Darauf folgten noch Reden in großer Zahl.“

Mit einem Tanz für Kinder und abends für Erwachsene klang der Tag aus.Der Esinger Kirchensaal mit seiner Glocke auf dem Dach blieb über 50 Jahre bis 1959 die Kirche der Gemeinde.

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Notizen aus dem Jahr 1911

Im März 1911 breitete sich in Ahrenlohe eine Diphtherieepidemie aus, zwei Kinder starben. Die Ahrenloher Schule wurde zeitweilig geschlossen, die Schulprüfung fiel aus. Im Frühjahr setzte eine verheerende Maul- und Klauenseuche ein.

Dazu kam eine Schweinepest, die die zahlreichen Schweinemästereien hart traf. Auch der Sommer brachte Ungemach. Pastor Meyer notierte:„Den Sommer über herrschte eine Dürre mit Wassermangel, wie man sie hier selten erlebt hat. Mittelbar war dies auch die Ursache mehrerer großer Brände, gegen die die Feuerwehr aus Wassermangel machtlos war. Monatelang brannte das Esinger Moor, zeitweilig das Bauernholz am Wohld. Endlich sind in Esingen 3 große Bauerngehöfte dem Feuer zum Opfer gefallen.“

Über das innerkirchliche Leben konnte Pastor Meyer Positives berichten. Er vermerkte einen Zuwachs des Kirchenbesuches. Lag die Abendmahlsziffer 1906 bei 36, so waren es nun 195 (1910: 155).

Das öffentliche kirchliche Wirken in der Gemeinde war ganz auf die Missionsarbeit ausgerichtet. Am 1.10.1911 fand das alljährliche Missionsfest diesmal in Ahrenlohe beim Gasthof Gercken am Prisdorfer Weg statt. Eine Ansprache hielt u. a. Kapitän Nolte aus Tornesch über die Mission in der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Der Kirchenchor gab im Dezember 1911 ein Konzert im Bahnhofshotel bei Klappmeyer, welches gut besucht war.

Das Kindergrün der Schulen, ein jährlich stattfindender Umzug der Kinder, fiel 1911 wegen der Viehseuchen aus.

Der im Jahr 1910 gegründete Vaterländische Frauenverein stellte im November 1911 eine Gemeindekrankenhelferin ein. Dies war der erste Versuch, eine medizinische Versorgung vor Ort für die inzwischen ca. 2000 Einwohner zählende Gemeinde einzurichten.Der erste Arzt, Dr. Witthöft, ließ sich erst 1920 in Tornesch nieder.

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Die Gemeinde Esingen im Ersten Weltkrieg (1914-1918) aus der Sicht von Pastor Jansen, im Amt von 1912-1929. (Wortlaut originaltreu

wiedergegeben, Auslassungen sind gekennzeichnet)

1914

„Krieg! (...) Das furchtbare, seit 10-14 Tagen plötzlich drohende ist eingetreten. Der kostbare Friede hat sich nicht erhalten lassen. Am Sonnabend

dem 1. August nachm. 5-6 ertönte die Glocke: ‚Der Kaiser hat die Mobilmachung befohlen’, nachdem am Tage vorher schon der Kriegszustand

erklärt worden war. Ein tiefer Ernst legte sich schwer auf die Menschenherzen; in erhöhtem Maße geschah das, als am Vormittag des 5. August die

Kunde kam, daß auch England den Krieg erklärt habe. (...) Bald geht es im Ort von Mund zu Mund, daß auch die Sozialdemokraten, selbst die

zielbewussten in Äußerungen der Vaterlandsliebe und der Bereitwilligkeit zum Kriege hinter den Übrigen nicht zurückstehen. Am Bahnhof

Tornesch herrscht reges Leben Tag und Nacht.

Weniger bemerkbar ist die Kriegsstimmung im kirchlichen Leben der Gemeinde. Freilich fanden sich am Sonntag 2. Aug. mehr Kirchenbesucher

ein als durchschnittlich, darunter auch solche, die an demselben Tage oder in den folgenden die Heimat verlassen mussten. Dem Ernst der Lage

entspricht aber die Zahl der Andächtigen nicht im entferntesten. (...)

Am 20. November wurden in Esingen u. zwar in allen 3 Ortsteilen Esingen, Tornesch u. Ahrenlohe 120-90 Flüchtlinge aus Ostpreußen

untergebracht. (...) Im ganzen erweisen sich die Flüchtlinge als treue biedere Leute, es waren sämtlich Landbewohner, Bauern u. Tagelöhner aus den

Grenzkreisen (...) Viele treue Kirchenbesucher befanden sich unter ihnen, ca. 10-20 waren von den 120 allsonntäglich im Gottesdienst.“ Mitte April

1915 kehrten die Ostpreußen in ihre Heimat zurück. „An die Quartiergeber gerichtete Briefe berichteten auch bald, daß der Zustand des Landes u.

der Ortschaften ein trostloser sei. (...) Einige äußerten den Wunsch nach Holstein zurückzukehren.“

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Das alte Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs auf dem Tornescher Friedhof wie es von 1921 bis 1947bestanden hat. Die Anlage schuf der bekannte Lübecker Gartenbauarchitekt Harry Maasz (1880-1946).

1915Waren die Nachrichten vom Tode eines Soldaten im ersten Kriegsjahr zunächst mit der Post übersandt worden, so änderte man dieses anonyme Vorgehen im Sommer 1915, indem nun der Pastor dafür eingesetzt wurde.„Am ersten Sonntag im Juli morgens früh hatte zum ersten Male der Pastor die traurige Aufgabe, die Todesbotschaft den Angehörigen zu überbringen. Es war das Nachbarhaus des Pastorats, Gemeindevorsteher Sander, welcher von schwerem Verlust betroffen wurde. Der älteste Sohn Eduard Sander (...) Tiefer bitterer Schmerz bei den Eltern. Allgemeine Teilnahme in der Gemeinde. Seitdem ist es häufiger vorgekommen, daß die aus dem Felde zurückkommenden Pakete u. Briefe mit der Aufschrift ‚auf dem Felde der Ehre gefallen’ von dem Prediger dem armen Betroffenen gebracht werden mußten. Eine ernste, schwere Pflicht des geistlichen Amtes.“

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1916Die Konfirmation ist wieder früher, die erste bereits am 19.3. „Dieser frühere Zeitpunkt der Kriegsverhältnisse wegen, um die aus der Schule entlassenen Kinder für die Arbeiten der Feldbestallung verfügbar zu machen. (...) Bisher 32 Gefallene aus unserer Gemeinde, im ersten Kriegsjahr 13, im zweiten 19. Dazu 4-5 Vermißte, die wahrscheinlich zu den Toten gerechnet werden müssen.“

1917„Ein schwerer kalter Winter liegt hinter uns. Die Teuerung wurde fühlbarer. Doppelte und mehrfache Preise für alle Nahrungsmittel und Verbrauchsartikel! In der zweiten Hälfte des langen Winters kam der Mangel an Feuerung erschwerend hinzu. Auch die Erleuchtung der Wohn- und Arbeiträume wurde schwierig. Es mangelte an Brennoel, an Gas, an elektrischem Strom. Kartoffeln waren infolge der geringen Ernte des kalten und naßen Sommers 1916 sehr rar u. teuer. Die reichlich gewachsenen Rüben wurden das tägliche Nahrungsmittel. Ohne diesen Ersatz für Kartoffeln wäre es wohl zu einer wirklichen Not gekommen. Die Schwierigkeiten der Ernährung führten zu Beginn des Winters im Oktober 1916 zur Einrichtung einer Volks- od. Kriegsküche in Tornesch. Der Vaterländ. Frauenverein brachte die Sache in Anregung. Die Gemeinde, welche zwar die Kosten übernahm, blieb von einer Mehrbelastung durch die Kriegsküche fast ganz verschont, da die Fabrikherren der Brennerei in Tornesch das Unternehmen mit reichen Mitteln unterstützten. Die Leitung der Küche übernahm Frau Junge Tornesch ohne eine Vergütung dafür zu beanspruchen. (...) Von der Not der ungeheizten Kirchen blieben wir auch in diesem Winter verschont. Die Heizung der Kirche bildet mit derjenigen der Schule eine Einheit, so konnten wir uns meistens eines gut durchgewärmten Kirchenzimmers erfreuen. Trotzdem bleibt der Kirchenbesuch schwach. Seit der Zeit der ersten Kriegsjahre ist eine entschiedene Abnahme eingetreten.“

1918November „Unsere tapferen Krieger kehren nach dem langen schweren Kampfe zurück, wohl in großer, großer Ehre, aber nicht nach erkämpftem Siege. Sie haben die Waffen niederlegen müssen, gezwungen von betörten Leuten, die durch Feindesversprechungen sich täuschen ließen. Es blutet uns das Herz. Am 10. Nov. die rote Fahne auf der Konservenfabrik in Tornesch, ein kleines Abbild dessen, was sich von Kiel aus beginnend in den großen Städten vollzieht. Aufruhr u. Umsturz! (...) In den harten letzten Abwehrkämpfen im Westen sind noch mehrere Tapfere aus unserer Gemeinde gefallen. Und nun Trauer u. Schmerz u. Kummer u. Herzeleid? - - In der Öffentlichkeit ist davon nichts zu spüren. Im Gegenteil, das Tanzverbot ist aufgehoben. Seitdem Tanzmusik u. Volksbelustigungen, Theater u. Kino u. Konzert, Vereinsfeste u. Unterhaltungsabende an jedem Sonntag, in jedem Ort!“

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Heute zitieren wir die Bemerkungen von Pastor Jansen, im Amt von 1912-1929, die er anlässlich der Einweihung der Erinnerungsstätte für die toten Soldaten des Ersten Weltkriegs 1921 in der Kirchenchronik niederschrieb. Der Wortlaut ist originalgetreu wiedergegeben, Auslassungen sind gekennzeichnet.

„Sonntag 12. Juni [1921] Gedächtnisfeier für die im Kriege Gefallenen an der nunmehr fertig gestellten Erinnerungsstätte auf dem Friedhof. Im December 1919 beauftragte die wegen Gestaltung einer Gedächtnisstätte berufene Versammlung des Kirchenvorstandes, der Gemeindevertretung u. der Kriegervereine eine aus den 3 Bürgerschaften gewählte Kommission mit der Ausführung des Planes. Als geeigneter Platz wurde das von Bäumen umrahmte tief gelegene Gelände des Friedhofs in Aussicht genommen, welches für Beerdigungszwecke nicht verwendbar ist. (...) Bald war in der Kommission die Meinung einstimmig, daß eine Gartenanlage auf diesem Platze das Denkmal für die Gefallenen sein sollte. Auch darüber war bald eine Meinung, daß die Namen der Gefallenen auf einem kleinen Stein für jeden in dem Ehrengarten angebracht werden sollten. Weiter wurde beschlossen:Die Anlage überragend ein schlichtes massives Steinkreuz u. auf dem Kreuz die Aufschrift: ‚Wer den Tod im heiligen Kampfe fand, ruht auch in fremder Erde im Vaterland’ Schluß des bekannten Liedes ‚Heimat in der Ferne’ (...) Es galt auch Ahrenlohe, welches ein besonderes Denkmal für den Ortsteil plante, für die gemeinsame Sache zu gewinnen, was nach einigen Bemühungen gelang. Nun konnte, nachdem der Gartenkünstler Harry Maasz einen glücklichen Entwurf vorgelegt hatte, zur Ausführung geschritten werden. Die Steinmetzarbeiten wurden der Steinbildhauerfirma Möller & Sternberg übertragen. Die Namen wurden festgestellt, zunächst waren es 80, später kamen noch einige hinzu u. zwar z.T. auf besonderen Wunsch der Angehörigen. Im Mai waren die Erdarbeiten u. die nötigen Planungen vollendet, das Kreuz errichtet u. die Gedenksteine angebracht. Die Feier der Weihe konnte anberaumt werden. Sie geschah am heutigen Sonntag nachm. 3 bei glücklicherweise trockenem, wenn auch nicht sonnigem Wetter (..) Endlich feierliche Niederlegung von Kränzen seitens vieler Organisationen u. Vereine, jeder Kranz begleitet von einem Spruch oder einer Widmung. Endlich: ‚Deutschland, Deutschland über alles’. Auch die Kinder kamen zu Worte u. sangen: ‚Ich hatt´ einen Kameraden’. Es war eine in ihrer Schlichtheit eindrucksvolle Feier. Die Beteiligung seitens der Einwohnerschaft war allgemein.“

Diese geschlossene Anlage des bekannten Lübecker Gartenbauarchitekten Harry Maasz (1880-1946) wurde bei der Erweiterung des Friedhofes nach 1947 für die Anlage neuer Grabfelder entfernt und 1950 die heutige, veränderte Erinnerungsstätte geschaffen.

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Die Ruhr in Esingen 1919

Die Einquartierung von Soldaten im Ortsteil Esingen im Sommer 1919 hatte die Einschleppung der Ruhr zur Folge, an der zahlreiche Einwohner, darunter viele Kinder, starben. Pastor Jansen notierte in der Kirchenchronik über diese schlimme Zeit:„Im September u. Oktober hat eine schlimme Ruhrepidemie unseren Ort schwer heimgesucht. Die Krankheit begann Anfang September, höchstwahrscheinlich eingeschleppt durch eine nach Esingen in Quartier gelegte Abteilung Soldaten, unter welchen einige Ruhrkranke waren. Die von den einquartierten Soldaten belegten Häuser wurden zuerst von der Ruhr befallen. Die Zahl der Erkrankungen nahm zu und erreichte 60 u. mehr, wenn alle leichteren Fälle eingerechnet werden, so waren es 70-80 Erkrankungen, auffällig fast alle in der Mitte des Dorfes. Es starben 24, der Mehrzahl nach Kinder. Kaum eines der befallenen Kinder kam mit dem Leben davon. Im Hause A. Cyrus starben sämtliche vier Kinder im Alter von 3-7 Jahren. Auch die junge Familie Plüschau wurde ihrer beiden kleinen Kinder beraubt. Im Hause Bröcker erlagen 3 kleine Kinder der Seuche, im Hause Danker 1 Kind u. eine erwachsene Tochter. Die im Erdgeschoß liegenden Klassenzimmer der Schule wurden zur Aufnahme der Erkrankten auf behördliche Anordnung notdürftig hergerichtet. Es mußten Betten u. Gerät beschafft werden. 3 Schwestern waren zur Pflege nötig. Die Gemeindeschwester Frau Bracker, Wtw., eine tapfere Pflegerin, erlag als ein Opfer ihres Berufs der tückischen Krankheit. Es war gut, daß die beim Ausbruch der Epidemie herrschende Hitze nicht länger als etwa 8 Tage anhielt. So war nach rund 1 ½ Monaten die schlimme Zeit vorüber. An der Ruhr starb auch, am 3 ten October, der ehrwürdige Kirchenälteste Altenteiler Jacob Hoyer in Esingen. Er war im Kirchenvorstand mit seinen 70 Jahren der ‚senior’, schon vor der Abtrennung Esingens von Rellingen hat er dem Kirchenvorstand der Muttergemeinde angehört. Er hat als Infanterist im Rgt. No. 85 den Krieg 1870-71 mitgemacht.“

Die Verbreitung der Seuche blieb durch Maßnahmen wie Schließung der Schulen auf den Ortsteil Esingen beschränkt und griff nicht auf Ahrenlohe und Tornesch über.

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Seit 1911 gab es auf Betreiben des Vaterländischen Frauenvereins in Tornesch eine Gemeindeschwester, die sich um die Krankenpflege kümmerte. Nachdem die Gemeindeschwester Frau Johanna Bracker 1919 an der Ruhr gestorben war, blieb ihre Stelle drei Jahre lang vakant. Im November 1922 wurde mit der Diakonissin Caroline Dahm wieder eine Gemeindeschwester eingestellt. Sie übernahm auf Kosten der politischen Gemeinde das schwere Amt für ein Jahr. Die folgenden Zitate aus der Kirchenchronik berichten über ihre Tätigkeit.November 1922„Nach langen Bemühungen und vielem Verhandeln ist es endlich gelungen, wieder eine Gemeindeschwester für unsere Gemeinde zu gewinnen. Der vom Pastorat aus geleitete Frauenverein war seit der zunehmenden Geldentwertung nicht mehr imstande, die Kosten der Unterhaltung der Schwester wie früher zu tragen. Daher übernahm auf Antrag seitens des V[aterländischen] Fr[auen] Vereins die Gemeindeverwaltung die Kosten. Nun aber fehlte es lange an einer Wohnung, dann wieder war eine Wohnung gefunden, aber eine Schwester in Flensburg z. Zt. nicht zu haben. Nach geraumer Zeit wurde eine Schwester zur Verfügung gestellt, aber die Kosten der Unterhaltung hatten eine Höhe bekommen, daß die Gemeindevertretung nun Bedenken trug, die Mittel zu bewilligen. Der V[aterländische] Fr[auen] Verein erneuerte trotzdem seinen Antrag. Nun erklärte sich die Gemeindevertretung zur Aufbringung der Mittel bereit. Von der Diakonissenanstalt in Flensburg wurde die Diakonisse Schwester Caroline Dahm der Gemeinde überwiesen. Ende dieses Monats hat sie ihren Dienst angetreten. Sie ist in der Gemeinde nicht mehr unbekannt, da sie von Uetersen aus, wo sie bisher angestellt war, mehrfach Krankenpflege bei uns geübt hat. Schwester Caroline, obwohl schon 55 J. alt ist durchaus noch fähig, den Gemeindedienst zu tun. Im Kriege ist sie lange Zeit in Rußland in der Pflege der Verwundeten und Kranken tätig gewesen. Ihre vorläufige notdürftige Wohnung hat sie in der Friedrichstraße bei Frau Ohrt. Eine vollständige u. geräumige Wohnung soll gesucht werden. Sie muß sogleich in mehreren Häusern Pflege von Schwerkranken übernehmen.“

9. April 1923 „wurde bei Herrn Klappmeyer Tornesch im Saal [des Bahnhofshotels] ein schönes Fest gefeiert, ein Fest des Werbens für die Zusammenkünfte junger Mädchen um Schwest. Caroline, welche aus Liebe zur Sache bald nach ihrem Antritt die Arbeit der Pflege der weiblichen Jugend begonnen hat. 4-5 Mädchen, größer war die Zahl anfangs nicht. Sie wuchs dann soweit, daß die Versammlungen, wöchentlich einmal, in der Wohnung der Schwester keinen Platz mehr fanden, es wurden 6,8,10 Mädchen u. mehr. Die Versammlungen wurden in’s Pastorat verlegt. Das Fest am gestrigen Sonntag fand viel Teilnahme u. Beifall. Alle Neukonfirmierten waren eingeladen u. meistens gekommen. Außerdem die Vereine junger Mädchen aus Ellerhoop u. Uetersen, endlich auch die Mädchen der Prisdorfer Anstalt. Die Versammlung wurde vom Ortspastor mit einer Ansprache begrüßt. (...) Alle Teilnehmer konnten mit Kaffee u. Kuchen bewirtet werden, den auf Schwest. Carolines Bitten die Hausfrauen gespendet hatten. Alle Versammlungsteilnehmer, ca. 150, außer den jungen Mädchen kirchlich interessierte Gemeindeglieder waren sehr erfreut u. befriedigt.“

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Ende November 1923: „Schmerzlich bedauert wird es in der Gemeinde, daß Schwester Caroline wegen eines rheumatischen Leidens, welches sie sich im Kriege zugezogen hat, vorläufig ihre Tätigkeit einstellen u. zum Ausruhen u. Gesunden ins Mutterhaus nach Flensburg hat zurückkehren müssen.“ Es folgt viel Lob über ihre Pflege.Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 lag die Oberaufsicht und Inspektion des Unterrichts der Ahrenloher und Esinger Schule bei der Kirche. Pastor Jansen war in der Zeit von 1912-1929 in der Gemeinde Esingen im Amt und erlebte den Wandel der Stellung der Kirche in der Weimarer Republik. Seinem Aufsichtsamt trauerte er nicht nach, doch wollte er den Unterricht weiter religiös bestimmt sehen.Die Inhalte des Unterrichts sollten nach den Maßgaben des neuen preußische Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung weltliche werden. Den speziellen Religionsunterricht übernahmen statt der Pastoren die Lehrer der Schulen.

Diese Folge behandelt die Kontroverse zwischen dem Esinger Pastorat und Lehrern der Gemeinde bezüglich der neuen Verhältnisse.Es wurde im Juni 1923 im Pastorat eine Versammlung von christlich gestimmten Eltern und Schulfreunden abgehalten. Von den Lehrern der Gemeinde war nur der Esinger Rektor und Organist der Gemeinde, Johannes Schwennesen, erschienen. Die Forderung der Teilnehmer mit Ausnahme von Rektor Schwennesen war die Bekenntnisschule. Mit Bekenntnisschule war gemeint, dass die Schule die evangelische Konfession vertreten sollte. Der Verein „Evangelische Schulgemeinde“ wurde gebildet. Rektor Schwennesen als Vertreter der nicht konfessionell gebundenen Gemeinschaftsschule trat nicht bei.

Im Jahr darauf wurde im Bahnhofshotel Klappmeyer in Tornesch eine erhitzte, bis weit nach Mitternacht gehende Versammlung abgehalten, auf der Vertreter beider Positionen ihre Stellung deutlich machten. Es folgt über diese Versammlung ein Zitat aus der Kirchenchronik aus der Feder von Pastor Jansen. Der Wortlaut ist originalgetreu wiedergegeben.

Page 13: Esinger Kirchenchronik Zusammengetragen und erstellt von Ortschronistin Annette Schlapkohl

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Aus der Esinger Kirchenchronik

2stündiges Referat eines Rektors aus Eidelstedt über die verschiedenen Schulformen. Er behauptete, daß eine Bekenntnisschule nie bestanden, sondern nun erst von der Kirche gefordert werde. (!) Die Lehrer beanspruchten das Recht, den Religionsunterricht zu geben; aber sie forderten Freiheit, sie wollten unterrichten ‚wie ihnen ums Herz sei’, sie wollten ‚die Wahrheit’ unterrichten. Die Aussprache, an der auch Sozialdemokraten sich beteiligten war lebhaft z. T. erregt und gestaltete sich mehr u. mehr zu einem, wie von einem Handwerksmeister richtig bemerkt wurde, Zusammenstoß zwischen Glauben u. Unglauben. Ein junger Lehrer sprach sich verächtlich über seinen Kinderglauben an einen Gott-Vater aus und zeigte damit zum Entsetzen meist christlich gesinnter Versammlungsteilnehmer, welcher Art der Religionsunterricht dieses u. vieler anderer Lehrer sein werde. Die Versammlung, an welcher ca. 60 Personen teilnahmen, worunter c. 20 Lehrer aus Esingen u. Umgegend , - trotz sehr ungünstigen Wetters – fand erst gegen 1 Uhr nachts ihr Ende. Geschadet hat sie der Sache der Bekenntnisschule nicht im geringsten; eher könnte das Gegenteil der Fall sein.“

Der Konfirmandenunterricht der Ahrenloher, Esinger und Tornescher Kinder fand bis 1926 Kirchensaal im rechten Trakt der Esinger Schule statt. Die Kirchenchronik berichtet von der Verlegung des Unterrichts in das Pastorat, heutige Esinger Straße 68. Pastor Jansen notierte (im Wortlaut wiedergegeben):„Ende October Verlegung des Konfirmandenunterrichts in das Amtszimmer im Pastorat. 25 Kinder können darin Platz finden. Die Kosten der Heizung und Reinigung werden auf die Kirchenkasse übernommen. Eine Verpflichtung des Nachfolgers im Pfarramt auch seinerseits das Amtszimmer herzugeben, bleibt selbstverständlich ausgeschlossen. Die Verlegung hat stattgefunden

1. weil der Kirchenraum bei Kälte für Unterrichtsstunden nicht genügend erwärmt erden kann u. 2. weil der Unterricht in einem Klassenzimmer der Schule gegen Störungen nicht genügend zu schützen.

Auf dem Flur spielende Kinder verursachten Lärm und das Geräusch der verschobenen Subsellien (?) bei den Reinigungsarbeiten in den übrigen Klassenräumen war stark hörbar. Auch machte das Unterrichten in einem Klassenzimmer die Verweisung der Konfirmandenstunden ausschließlich auf den Nachmittag notwendig, was als Uebelstand und Mangel mehrere Jahre hindurch schmerzlich empfunden worden war."

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Die Unwetterkatastrophe im Jahr 1925

Ein schweres Unwetter am Nachmittag des schwülen 10. August 1925 richtete in einer Schneise, die sich von der Marsch kommend durch Tornesch und Ahrenlohe zog, schwerste Hagelschäden an. Pastor Jansen notierte in der Kirchenchronik:„Am 10 August brauste ein furchtbarer Gewittersturm in den frühen Nachmittagstunden nach drückender Hitze über unsere Gegend dahin. Am schwersten betroffen ist Uetersen; aber auch Heidgraben u. Tornesch haben schwer gelitten. Hagelschlotten in Form u. Größe eines Hühnereis sind niedergegangen. Bäume sind entwurzelt, Dächer abgehoben, Schornsteine umgeworfen; in Uetersen u. Tornesch sind sämtliche vom Hagel getroffene Fensterscheiben zerschlagen. Ungeheurer Sachschaden ist entstanden, in Uetersen ist auch ein Menschenleben zu beklagen. Die Wolken hingen so niedrig, daß sie die Wipfel der hohen Bäume zu berühren schienen.

Am Pastorat (in der Esinger Straße A. S.) sind über 20 Fensterscheiben zerbrochen, auf dem Friedhof sind mehrere Bäume umgelegt. In den Tagen nachher flutete eine wahre Völkerwanderung aus Hamburg und Altona nach Uetersen, um die Sturmschäden zu sehen. Nach den Berichten in den Zeitungen mußten diese noch größer erscheinen als sie tatsächlich waren. Viele ‚Schaulustige’ sollen enttäuscht Uetersen wieder verlassen haben. Sehr empfindlich war der Schaden an der zum Teil vernichteten Ernte.“

1. März 1924„Ein Ereignis war am gestrigen Abend eine Versammlung bei Herrn Klappmeyer, Tornesch, welche von der Lehrerschaft Esingen u. Ahrenlohe zu dem Zweck berufen worden war, die Eltern der Schulkinder über die Vorzüge der Gemeinschaftsschule aufzuklären. Veranlaßt war die Berufung der Versammlung, wie von dem Leiter Rektor Schwennesen bemerkt wurde, durch die Tätigkeit des Verbands ‚Schulgemeinde’ für die Bekenntnisschule.

Page 15: Esinger Kirchenchronik Zusammengetragen und erstellt von Ortschronistin Annette Schlapkohl

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Friedrich Oppermann (1880-1965) war Pastor in Tornesch von 1931-1949. In der Zeit des Nationalsozialismus war seine Lage in der Gemeinde sehr beschwert. Er war u.a. konfrontiert mit Kirchenaustritten und einer Verhinderung des geplanten Kirchenneubaus. In der Kirchenchronik schilderte Oppermann ausführlich die Probleme der kleinen Schar verbliebener Kirchentreuer und die allgemeine Stimmung in der Gemeinde. Zwei wörtlich zitierte kleine Ausschnitte geben Einblick in die Jahre 1937 und 1940.

1937„Die Kirchenaustrittsbewegung nahm stark zu. Insgesamt sind im Jahre 1937 32 Personen aus der Ev.-luth. Kirche ausgetreten. Es handelt sich dabei um 2 Kategorien von Gemeindeglieder. Einmal um solche, die aus weltanschaulichen Gründen austreten, - das sind politische Leiter u. andere – und sodann um solche, die schon lange der Kirche gleichgültig gegenüberstanden, aber um der Sitte u. des guten Namens willen in der Kirche blieben. Da die kirchl. Sitte nun nicht viel mehr bedeutet, die Kirche heute auch keinen guten Namen zu [geben] vermag, so sparen diese Leute lieber ihr Kirchensteuergeld.“

März 1940„Der Kampf gegen England und Frankreich geht weiter. Inzwischen sind reichlich 200 Glieder unserer Gemeinde zum Wehrdienst einberufen worden. Das erste Opfer mußte die Familie Schaal, Dr. ing., bringen. (...) Die Stimmung in der Gemeinde ist trotz des ungewöhnlich langen und harten Winters, der uns immer noch nicht verlassen will, ruhig und gefaßt. Wenn man auch noch mit schweren Opfern rechnet, so sieht man doch allgemein dem Ausgang des Krieges mit Zuversicht entgegen. Dem Führer bringen alle, auch solche, die früher anders gesinnt waren, ein unbegrenztes Vertrauen entgegen. Die bisher nur kleinen Beschränkungen, die der Krieg in der Lebenshaltung auferlegt, wurden meist ohne Murren ertragen. Das kirchliche Leben hat durch den Krieg nicht wie 1914 einen Aufschwung erlebt. Doch ist in manchen Herzen ein Fragen erwacht. Die Kirchenaustrittsbewegung scheint völlig zum Stillstand gekommen zu sein. (...)Genau wie im Jahr 1914 ist auch jetzt wieder der geplante Kirchbau durch den Krieg unmöglich gemacht worden. Nach dem Weltkriege war er durch die Inflation aufgehoben worden. Wir hoffen, diesmal wird er nur aufgeschoben. An den Plänen wird weitergearbeitet.“

Page 16: Esinger Kirchenchronik Zusammengetragen und erstellt von Ortschronistin Annette Schlapkohl

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Pastor Friedrich Oppermann (1880-1965) überlieferte mit seinen Einträgen in die Kirchenchronik die einzigen uns zur Verfügung stehenden zeitgenössischen Aufzeichnungen über das unmittelbare Kriegsende in Tornesch und die Stimmung in der Bevölkerung. Die folgenden Zitate sind originalgetreu wiedergegeben.

„1. Mai 1945Die Gemeinde Tornesch beherbergt jetzt etwa 1200 Luftkriegsgeschädigte aus Hamburg und Flüchtlinge aus dem Osten. Es gibt weder Gas noch Feuerung zum Kochen. Wer kein Holz hat, muß sein Essen aus der Gemeinschaftsküche holen. Außentemperatur 4 Grad plus. Hart für die Flüchtlinge, die wenig warme Kleidung haben. Ein warmes Zimmer haben auch nur wenige. Der Feind kommt näher. Die Menschen werden unruhig, aber fliehen kann niemand mehr, da keine Verkehrsmittel vorhanden sind und alle vom Feind unbesetzten Gebiete überfüllt sind. Unruhe und Niedergeschlagenheit auf allen Gesichtern, aber auch ein tiefer Ernst. Viel menschliche Hoffnung, viel selbstgemachter Glaube ist zerbrochen. Still geht die gequälte Bevölkerung ihrer Arbeit nach. Das ist der 1. Mai 1945. Welch ein Gegensatz zu früheren Maifeiern!

28. Mai 1945Am 3. Mai 1945, dem letzten Tage der Kampfhandlungen in Schleswig-Holstein, wurde durch einen Bombenangriff auf die Bahnanlagen auch unser Pastorat beschädigt. Einige Tage später zogen die englischen Truppen ein. Seitdem gleicht Tornesch und Esingen einem Heerlager. Mehr als 100 LKW und schwere Panzer fahren ständig hin und her. Ende Mai wurde die Belegschaft noch erhöht. Viele Bauernhöfe, Privathäuser und die Schule in Esingen sind mit Truppen belegt. Die freien Plätze und Weiden, wie auch die Straßen sind von den Wagen und Panzern zermalen und aufgewühlt. Die Bevölkerung fühlt die Härte der Besatzung. Da der Kirchensaal noch nicht wieder hergestellt werden konnte, waren wir genötigt, unsere Gottesdienste auf dem Friedhof abzuhalten. Pfingstsonntag waren wir bei gutem Wetter unter freiem Himmel; bei schlechtem Wetter gehen wir in die Leichenhalle. Für den Konfirmandenunterricht steht uns z. Zt. kein Raum zur Verfügung, da sämtliche Schulklassen, Sääle und Dielen von der Militärbehörde beschlagnahmt sind.“

Page 17: Esinger Kirchenchronik Zusammengetragen und erstellt von Ortschronistin Annette Schlapkohl

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Der kleine rote Backsteinbau links vom alten Friedhofseingang ist die 1909 vom Ahrenloher Zimmermeister Wilhelm Hagen gebaute alte Friedhofskapelle. Er diente als Geräteschuppen und bei Beerdigungen als Kapelle auf dem im gleichen Jahr eingeweihten Tornescher Friedhof. In der Esinger Kirchenchronik notierte Pastor Friedrich (Amtszeit 1950-1969) über den Bau der neuen Kapelle im Jahr 1952:

„Inzwischen ist am 14.12.1952 ein großer Notstand beseitigt worden der die Kirchengemeinde und ebenso die Kommunalgemeinde durch viele Jahre bedrückte. Auf dem sorgfältig angelegten und gepflegten Friedhof fehlte eine Kapelle für die Trauerfeiern. Es gab nur einen Geräteschuppen als Notbehelf. Er konnte den Sarg bergen und einige Anverwandte. Die Gemeinde stand draußen vor der Tür in Wind und Wetter. Sie konnte kaum Andacht aufbringen. Es wurde alle Kraft daran gesetzt diesem Übelstand zu begegnen. Der Kirchenvorstand beschloß den Bau einer Friedhofskapelle. Es wurden drei Architekten aufgefordert einen Entwurf einzureichen. (...)

Es ist ein ansehnlicher Bau geworden, der mit großer Sorgfalt im Lauf des Sommers 1952 errichtet wurde und c. 60 000.- DM gekostet hat. Die Kapelle wurde am 14.12.1952 durch Bischof Halfmann eingeweiht. Der Kapellenraum kann 120 – 150 Gemeindeglieder aufnehmen. Der Altarraum wird durch ein hohes Kreuz in den Mittelpunkt gezogen. Ein lichtes Rundfenster, das von einer Dornenkrone umrahmt wird, ist im Schnittpunkt des Kreuzes.

Der in Tornesch ansässige Künstler Nowack hat in Kratzputz-Technik eine Gruppe unter das Kreuz gestellt, die Trauer und Anbetung aufweist. Es sind drei Frauengestalten und der Jünger Johannes, die unter dem Kreuze knieen. Zwei Knieende u. zwei stehende Gestalten.Die Friedhofskapelle hat den Namen „Friedenskapelle“ erhalten.

Weil sie dem entspricht, was man von einem Gotteshaus erwartet, wurde sie als Predigtstätte in den Dienst der Gemeinde gestellt. Es sind dort regelmäßig an jedem Sonntag im Sommer um 8 Uhr und im Winter um 15 Uhr Gottesdienste gehalten worden bis in den Herbst des Jahres 1954 ( ...) Sie soll aber Predigtstätte bleiben bis zum Bau der Kirche.“

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Aus der Esinger Kirchenchronik

 Bau des Gemeindehauses an der Jürgen-Siemsen-Straße 1958/59 und Einrichtung einer zweiten Pfarrstelle für die Kirchengemeinde Tornesch  Die Seelenzahl der Gemeinde Tornesch erhöhte sich von 1941 bis 1950 auf mehr als das Doppelte, so dass über 6200 Gemeindemitglieder zum Pfarrbezirk gehörten. Die Einrichtung einer zweiten Pfarrstelle 1959 und der Bau eines Kirchenzentrums wurden notwendig. An der Jürgen-Siemsen-Straße entstand vor Kirche und Pastorat zunächst das Gemeindehaus. In der Kirchenchronik heißt es dazu, im Wortlaut zitiert:  „Das am 22.November 1958 gerichtete Gemeindehaus konnte bereits am 24. Mai 1959 eingeweiht werden. Die Einweihung war mit der Einführung Pastor Uwe Hollms in der 2. Pfarrstelle verbunden. Propst Hasselmann nahm beide Handlungen vor. Um 15 Uhr war das neue Haus zur Besichtigung freigegeben. Die Jugend führte die Gruppen der Besucher durch alle Räume des Hauses.  Das Gemeindehaus ist nach den praktischen Erfordernissen des Gemeindelebens erbaut worden. Es hat einen Saal, eine Vorhalle, Jugendräume, Tagungsräume. Es können verschiedene Gruppen zur gleichen Zeit tagen. Bald nach der Einweihung hat sich gezeigt,  welchen Wert das Gemeindehaus hat für den Aufbau des Gemeindelebens – für Kindergottesdienst, Jungschararbeit, Chorwesen, Sammlung der Jugend, der Frauen und Mütter. Das Haus verspricht ein Mittelpunkt im Leben der Gemeinde zu werden, eine Stätte, die den einzelnen Kreisen zur Heimat wird.  Auf Beschluß des Kirchenvorstandes wird der Kirchsaal in der Esinger Schule, der der Gemeinde über 50 Jahre als gottesdienstliche Stätte zur Verfügung stand, nach einem Abschiedsgottesdienst am 14. Juni 1959 aufgegeben. Die Bänke und die Kanzel übernimmt die Gemeinde Haseldorf für eine Friedhofskapelle gegen eine Entschädigung. Der Esinger Kirchsaal hat der Kirchengemeinde mehr als ein halbes Jahrhundert wertvolle Dienste geleistet. Hier wurden die Esinger Tornescher und Ahrenloher getauft, konfirmiert und getraut. Hier kamen sie zur Beichte und zum Heiligen Abendmahl. Den vielen Heimatvertriebenen wurde der Saal in schwerer Zeit eine Stätte der Zuflucht.

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Aus der Esinger Kirchenchronik

1959/1960 – Einstellung von Anne Wurr (1921-1989), Tornescher Organistin und Gemeindehelferin bis 1983, und Bau der „Kirche von Tornesch“

In der Kirchenchronik heißt es, im Wortlaut zitiert:

„Fräulein Wurr, zunächst als Gemeindehelferin eingestellt, hat das Organistenamt übernommen und den bisherigen Organisten Herrn Iwan, abgelöst. Herr Iwan bleibt Leiter des Kirchenchors. Die neue Organistin hat einen Jugendchor ins Leben gerufen und einen Chor aus Erwachsenen, die ‚Kantorei’ gebildet. Beide Chöre haben regen Zuspruch. Sie werden mehr und mehr ausgebaut werden.“

„Bereits im Sommer 1959 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Die Firma Thun aus Elmshorn übernahm die Maurerarbeiten. Bereits zu Beginn des Kirchbaues hat der Kirchenvorstand die künstlerische Ausgestaltung der Kirche in die Hände der Herren Assmann und von Frühling gelegt. Unter der Leitung des Architekten Günther Frank in enger Zusammenarbeit mit den Pastoren Friedrich und Hollm um den Kirchenvorstand wächst der Bau stetig seiner Vollendung entgegen. Das Jahr 1960 wird für die Kirchengemeinde zu einem besonders bedeutsamen Jahr. Am 14. August 1960 kann die Kirche durch Bischof Halfmann geweiht werden. Sie ist die erste in der Reihe der drei Kirchen, deren Bau durch eine großzügige Anleihe des Verbandes Blankenese ermöglicht wurde. Im Bau sind noch die Kirchen von Moorrege – Heidnige und Uetersen – Ossenpadd. Während die letztgenannten Kirchen die Namen: ‚St. Michael’ und ‚Erlöser Kirche’ erhalten, hat die Kirchengemeinde Tornesch auf einen Namen bisher verzichtet. Unsere Kirche ist in Absolutheit ‚die Kirche von Tornesch’.“

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Einbeziehung des Abendmahls in den Gottesdienst 1961 / Bau von Rentnerwohnungen 1966

1961 beschloss der Kirchenvorstand eine neue Gottesdienstordnung einzuführen, die die Einbeziehung des Abendmahls in den Gottesdienst vorsah. Pastor Friedrich notierte in der Kirchenchronik: „Den ersten Sonntag in jedem Monat mit Abendmahlsgottesdienst zu feiern, wird in der Gemeinde zur guten Sitte. Die Gemeinde gewöhnt sich daran, die Abendmahlsfeier als Mitte und Hauptstück des Gottesdienstes anzusehen und den Gottesdienst nicht vor dem Abendmahl zu verlassen.“Drei Jahre später stellte der Pastor zufrieden fest:„Mehr und mehr gewöhnt sich die Gemeinde an diese Einbeziehung des Hlg. Abendmahls in den Gottesdienst. Der Abendmahlsbesuch nimmt auch allmählich zu.“

1966 wurde ausgehend von einer zweckgebundenen namhaften Spende der Bau von 16 Rentnerwohnungen neben der Kirche begonnen, die im Mai 1967 bezogen werden konnten. Sie werden bis heute durch die Kirche betreut. 12 Wohnungen waren für Einzelpersonen gedacht und wurden insbesondere von unverheirateten und verwitweten Frauen bezogen. Der Bau der Wohnungen mit kleinem Bad, kleiner Küche und Zimmer mit Balkon war modern, und die benachbarten Wohnungen beugten einer Vereinsamung vor.

Pastor Friedrich hielt in der Chronik fest:„Die Auswahl der Rentner durch den Kirchenvorstand entsprach völlig den Wünschen der Kommunalgemeinde, die bei der Besetzung der Wohnungen Mitspracherecht hat. Die Inhaber der neuen Wohnungen versichern immer wieder ihre Zufriedenheit und ihre Dankbarkeit.“

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Einrichtung eines zweiten Gemeindezentrums „im Moor“ 1969 Im Austausch gegen ein entsprechendes Grundstück an der Esinger Straße erwarb der Kirchenvorstand 1967 zwischen Wachsbleicherweg und Fritz-Reuter-Weg ein 6.300 qm großes Baumschulgebiet für den Bau eines zweiten Gemeindezentrums mit Pastorat und Diakonenwohnung, welches 1969/70 bebaut wurde. Am 7. Mai war die Einweihung des neuen Gemeindehauses „Bonhoefferhaus“. Es ist benannt nach dem evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), welcher als Widerstandskämpfer unter der Naziherrschaft im KZ Flossenbürg hingerichtet worden ist. Das neue Gemeindehaus war besonders für die Jugendarbeit gedacht. Der neue Gemeindesekretär Dieter Schur führte dort die von Jugendlichen gestalteten „Kritischen Gottesdienste“ ein. In den Wintermonaten wurden Abendgottesdienste im Bonhoefferhaus abgehalten, die von Arbeitskreisen vorbereitet wurden. 1974 entstand neben dem Bonhoefferhaus ein Kleinkinderspielplatz. Im gleichen Jahr wurde auf dem inzwischen eingezäunten benachbarten Bolzplatz erstmals der Flohmarkt der evangelischen Kirche durchgeführt, der inzwischen eine dreißigjährige Tradition hat.

In den 1970er Jahren wurden die Angebote der Kirchengemeinde Tornesch erweitert.

Im Sommer 1972 wurde ein Treffpunkt der älteren Generation im Kirchenzentrum eingerichtet, der 2x wöchentlich stattfand und vom Deutschen Roten Kreuz und der Kirche wechselnd betreut wurde. Mitte der 1970er Jahre wurden Jugendfreizeiten und Seniorenfahrten durchgeführt. Pastor Kahl fuhr mit Senioren nach Paris und Föhr und mit Jugendlichen an Lahn, Mosel und Rhein, Pastor Andersson machte mit zehn Familien Hüttenferien in Norwegen. Gemeindeschwester Frieda Stamm begleitete die Seniorenfahrten. Wöchentliche Treffen fanden mit Pastor Kahl und Jugendlichen im KKK (Kahls Keller Klub) statt, Teegespräche gab es monatlich für Jugendliche ab 14 bei Pastor Andersson. Zur Kinderbibelwoche im Oktober 1978 kamen etwa 100 Kinder. 1979 richtete Pastor Andersson einen Wanderclub ein, der monatlich Touren unternahm.

Am 17.5.1981 hielt Pastor Andersson seine Abschiedspredigt nach fast 10-jähriger Tätigkeit in Tornesch und damit enden die Eintragungen in der Kirchenchronik.

Ende

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Aus der Esinger Kirchenchronik

Ortsgeschichte von Tornesch

Ende des Jahres 2004 erschien die reich bebilderte, 512 Seiten umfassende Ortsgeschichte von Tornesch. 24 Seiten sind allein der Kirchengeschichte gewidmet, angefangen mit der Rellinger Kirche, zu der die Ahrenloher und Esinger bis um 1900 zu Fuß und mit Pferd und Wagen gelangten.

Die Ortsgeschichte der Historikerin Annette Schlapkohl mit Beiträgen von Hans-Albrecht Hewicker,Arthur Mölln, Hans Joachim Wohlenberg wurde von der Ernst Martin Groth-Stiftung unterdem Titel „Tornesch“ herausgegeben.

ISBN 10: 3-89876-191-6ISBN 13: 978-3-89876-191-8Verlag: Husum Verlag

Den aktuellen Preis und die Verfügbarkeit prüfen Sie bitte selbst.

Die Kirchengemeinde Tornesch dankt Herrn Hans-Joachim Wohlenberg von der Ernst-Martin-Groth-Stiftung für die Erlaubnis die hier gezeigten Auszüge auf ihrer Website dauerhaft präsentieren zu dürfen.

Stand 2009-06-11