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(Aus dem Laboratorium der Universit~ts-Augenklinik zu Utrecht.) Experimentelle Dacryocystitis beim Kaninchen. Yon Dr. 0ttavio Santonoceto. Mit 3 Textfiguren. Von l~oehat und Benjamins ist behufs ihrer Experimente ilber die Tr/~nenableitung 1) und tiber die vasomotorisehen Sehwanknngen im Tr~nenkanal ~) eine ~¢Iethode angegeben worden, den Tr~nenkanal des Kaninehens a~ff eine grol~e S~reeke w~hrend seines Yerlaufes im Ober- kiefer freizulegen3). Es war nun leicht, nach dieser Methode den Tr~nen- kanal nach Freilegung zu unterbinden, um den Einflu$ dieser ktinst- lichen Stenose anf die Tr~nenableitung zu studieren. Die Operation wurde in der loco eitato beschriebenen Weise vonder MundhShle aus vorgenommen, die Schleimhaut am Oberkieferrande ent- lang eingeschnitten, saint dem Perios~ beiseite geschoben und tier knS- cherne Kanal, woriu der Tr~nengang liegt, auf ein paar Zentimeter auf- gemeiSelt. Dieser letztere wurde alsdann ganz vorsichtig herausgeholt, ohne Verletzung tier ihn umringenden grof3en Gel~i~r~ume, und einfaeh unterbunden. Zuletz~ wurde die Wunde schichtweise genaht. Beim so behandelten Tier sieht man in tier ersten Zeit gar keine Folge yon der ki~nstlich gesetzten Stenose. Erst nach einer oder zwei Wochen fangt das Haar an veto inneren Augenwinkel bis an die Stelle der Operation auszufallen. Die ungef~hr zweimarksttickgro6e naekte Stelle ist deutlieh fortwahrend benetzt, w~.hrend man vor dem Haar- ausfall eigentlieh nieht yon einem Tr~inen des Auges reden konnte. Wahrscheinlieh kann die geringe Quantit~tt der tiberrinnenden Tr~nen- fliissigkeit in der Behaarung schndt verdunsten und entzieht sieh so der Wahrnehmung. In dieser Zeit kann man regelma$ig die Entwicklung einer ehro- nisehen Dacryoeys~itis beobachten. ]3ei Druck in die Gegend des inneren Winkels, we der riesige, sackartige Canalieulus des Kaninehens liegt, 1) Roehat und Benjamins, v. Graefes Archly f. O. 91, S. 92. 3) Rochat und Benjamins, ~lfigers Archly L Physiotogie 164. a) Rochat und Benjamins, v. Graefes Arehiv f. O. 911,S. 66.

Experimentelle Dacryocystitis beim Kaninchen

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Page 1: Experimentelle Dacryocystitis beim Kaninchen

(Aus dem Laboratorium der Universit~ts-Augenklinik zu Utrecht.)

Experimentelle Dacryocystitis beim Kaninchen.

Yon

Dr. 0ttavio Santonoceto.

Mit 3 Text f iguren .

Von l ~ o e h a t und B e n j a m i n s ist behufs ihrer Experimente ilber die Tr/~nenableitung 1) und tiber die vasomotorisehen Sehwanknngen im Tr~nenkanal ~) eine ~¢Iethode angegeben worden, den Tr~nenkanal des Kaninehens a~ff eine grol~e S~reeke w~hrend seines Yerlaufes im Ober- kiefer freizulegen3). Es war nun leicht, nach dieser Methode den Tr~nen- kanal nach Freilegung zu unterbinden, um den Einflu$ dieser ktinst- lichen Stenose anf die Tr~nenableitung zu studieren.

Die Operation wurde in der loco eitato beschriebenen Weise v o n d e r MundhShle aus vorgenommen, die Schleimhaut am Oberkieferrande ent- lang eingeschnitten, saint dem Perios~ beiseite geschoben und tier knS- cherne Kanal, woriu der Tr~nengang liegt, auf ein paar Zentimeter auf- gemeiSelt. Dieser letztere wurde alsdann ganz vorsichtig herausgeholt, ohne Verletzung tier ihn umringenden grof3en Gel~i~r~ume, und einfaeh unterbunden. Zuletz~ wurde die Wunde schichtweise genaht.

Beim so behandelten Tier sieht man in tier ersten Zeit gar keine Folge yon der ki~nstlich gesetzten Stenose. Erst nach einer oder zwei Wochen fangt das Haar an veto inneren Augenwinkel bis an die Stelle der Operation auszufallen. Die ungef~hr zweimarksttickgro6e naekte Stelle ist deutlieh fortwahrend benetzt, w~.hrend man vor dem Haar- ausfall eigentlieh nieht yon einem Tr~inen des Auges reden konnte. Wahrscheinlieh kann die geringe Quantit~tt der tiberrinnenden Tr~nen- fliissigkeit in der Behaarung schndt verdunsten und entzieht sieh so der Wahrnehmung.

In dieser Zeit kann man regelma$ig die Entwicklung einer ehro- nisehen Dacryoeys~itis beobachten. ]3ei Druck in die Gegend des inneren Winkels, we der riesige, sackartige Canalieulus des Kaninehens liegt,

1) Roehat und Benjamins , v. Graefes Archly f. O. 91, S. 92. 3) Rochat und Benjamins , ~lfigers Archly L Physiotogie 164. a) Rochat und Benjamins , v. Graefes Arehiv f. O. 911, S. 66.

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entleert sieh schleimiger, gelber Eiter aus dem Tr~inenpunk~. Es bleibt dieser Zusta.nd monatelang unver~ndert bestehen ohne Besehwsrden ffir das Tier. Eine akute, phlegmon6se Entzfindung haben wir niemals beobachtet. In unseren F~llen trat auch hie eine Seh~digung der Cornea oder eine st~rkere Bindehautentziindung auf.

Die anatomischen Ver~nderungen habe ieh an Serienschni~ten dutch eir~en entkalkten Kopf studier~. Die Operation war in diessm Falle 6 ~][onats vor der Untersuchung ausgeffihrt.

Es zeigte sieh, daf~ die ganze terminale Streeke yon der Unter- bindung bis zur Ausmfindung in der Sehnauze gar nieht erkrankt odsr ver~nder~ war. Das Krankhafte war nur in der oberen Strecke. Sehon makroskopiseh fiel die snorme Erweiterung dieses ganzen S~fiekes yon der Unterbindung hinauf his an dan Canalieulus auf. GleSeh die srsten Schn~tte oberhatb der Ligatur zeigen das Lumen des Kana]s stark ver- breiter~. Auch der Knoehenkanal, in dem der Tranengang liegt, ist auf- getrieben. Die groBen Gef~Br~ume, die normalerweise die Streeke um- geben, sind versehwunden, an ihrer Stelle finder sieh nur eine Binde- gewebsschieht. Der Tr~nengang hut durch die bindegewebigs Um- wandlung seiner Wand und die m~ehtige Ausdehnung eine grebe Ahn- liehkeit mit den anliegenden Sinus erhalten, von denen er (auf der Fig. 1) sogar nieht leieht zu unterseheiden ist. Mehr augenw~rts nimmt die Wand, da die Gef~[tr~ume besser erhalten sind, wieder ihre normale cavernSse Besehaffenheit an. Noch e~was hSher hinauf, bevor der blind- sackartige F u n d u s in ihn ausmfindet, errsicht die Ektasie ihre grSBts Dimension (Fig. 2). Der Kanal miBt bier nieht weniger als 7 X 3,5 ram.

Der Fundus sstber ist ebsnfalls erweitert und enth~it Eiter. Der C a n a l i e u l u s ist nicht auffallend welter, sein Lumen hat un-

gef~hr normale Dimension, nur ist er mit Eiter angeffillt. Der ,,Tr~nen- punkt", der normalerweiser nur einen sehr schmalen Spalt bildst, steh~ klaffend often.

Die Beseha, ffenhsit der YIueosa ist eine weehse]nde. Im aUgemeinen finder sieh unter dem Epithel eine diffuse Infiltration mit Leukoeyten, die aber an einigen Stellen gering (Fig. 3), an anderen m~ehtig ist. Wghrend aber durch den ganzen Kanal hindureh die Mueosa, abgesehen vonder Infiltration ihre Struktur beibehalten ha~, kommsn an einigen Stellen, we die Infiltration, sehr m~cht, ig ist, riehtige Ulesra der Sehleim- ha.ut vor, we die oberfl~ehlichs Sehicht, gegen das Lumen zu, der Epi- thelbekleidung beraubt ist.

Auch die Blutgef~Be sind ver~ndert. Von den erweiterten Venen ist die Intima etwas besser wie gew6hntich sichtbar, wghrend die Arterien bei kleinem Lumen eine sehr dicks Wand h~ben.

Durch Un~erbinden des Tr~nenkanals im Obsrkiefsr des Kaninehens erh~lt man nach dem oben Mitgeteilten eine chronisehe mueo-purulente

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Knochen

Ligatur

Can. lacrymali8

Fig. 1. Erweiterung des Tr~nennasenganges dicht oberhalb tier Ligatur, yon der man noch einen Tell sieht. Gef~llmantel geschwunden.

Can. lacrymalis

:Fig. 2. Sehr stark erweiterter Teil des Tr~tnennasenganges oberhalb der Ligatur.

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302 O. Suntonoceto: Experimentelle Dacryocystitis beim K~ninchen.

Dacryoeystitis, deren ttauptfolge eine starke Ektasie des h~utigen ~de des kn6ehernen Tri~nennasenganges oberhalb der Ligatur ist.

Der immer nach einer Woche auftretende Haarausfall oberhalb des erkrankten Ganges ist wahrscheinlieh nut die Folge der Durehschneidung

Arterla

Epithel

Pus

Fig. 3. Teil "der erkrankten Mucosa des Tr~nennasenganges. Das Epl~hel ist inflltriert, die Mucosa abet wenig ver~ndert.

zahlreicher Nerven bei der Operation. Es hat nicht den Ansohein, daft er dutch die D~oryoeystitis selber oder dureh die fortw~ihrende Benetzung dieser Gegend verursaeht werde, denn diese letztere tritt erst nach dem tIaar~usfaU deutlich zutage.