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Gutachterliche Stellungnahme von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Racky, Universität Kassel FACHLOSWEISE VERGABE oder GENERALUNTERNEHMERVERGABE als Entscheidungsproblem des Bauherrn

FACHLOSWEISE VERGABE oder … · alternativen Umwelt-zustände Ergebnisse Die Umweltzustände beschreiben die Ausprä-gung der Entscheidungskriterien in Abhängig-keit von den Handlungsalternativen

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Gutachterliche Stellungnahmevon Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Racky, Universität Kassel

FACHLOSWEISE VERGABE oder GENERALUNTERNEHMERVERGABEals Entscheidungsproblem des Bauherrn

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beauftragt von: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V. – BVMBVerband Beratender Ingenieure VBI

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Inhaltsverzeichnis

1. Ausgangssituation, Veranlassung und Ziel 2

2. Aufbau und Vorgehensweise 2

3. Entscheidungstheoretische Grundlagen 3

4. Handlungsalternativen des Bauherrn 5

5. Entscheidungskriterien 6

5.1 Vergaberechtliche Rahmenbedingungen 6

5.2 Vorliegende Marktsituation / Anzahl der vorhandenen Marktteilnehmer 6

5.3 Bindungsumfang bauherrenseitiger Personalressourcen 7

5.4 Einflussmöglichkeiten des Bauherrn auf die Planung 7

5.5 Einfluss auf die Projektdauer 7

5.6 Verteilung des Terminrisikos 8

5.7 Vorliegende Angebotspreise 9

5.8 Verteilung des Kostenrisikos 9

5.9 Verteilung des Haftungsrisikos bei Mängeln 10

5.10 Möglichkeit zur frühzeitigen Einbindung bauunternehmerspezifischen Fachwissens 11

5.11 Individuelle Erfahrungen und Präferenzen 12

5.12 Aufstellen einer Zielgrößenmatrix 12

6. Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen in der einschlägigen wissenschaftlichen Fachliteratur 13

6.1 Stand der Forschung in Deutschland 13

6.2 Weitere Aussagen in praxisorientierten Werken mit wissenschaftlichem Hintergrund 16

6.3 Wissenschaftliche Erkenntnisse im internationalen Raum, hier: USA 18

7. Empfohlene Vorgehensweise zur Festlegung der Vergabeform 19

8. Fazit 21

9. Erklärung zur vorliegenden gutachterlichen Stellungnahme 21

Literatur 22

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1.

Bei prinzipiell jedem Bauvorhaben gehört es zuden Aufgaben des Bauherrn, die Vergabeformfestzulegen. Zur Wahl stehen ihm dabei im Regel-fall zum einen die Einzelvergabe (fachlosweiseVergabe) und zum andern die Generalunterneh-mervergabe (GU-Vergabe).

Welche Vor- und Nachteile für den Bauherrn alsBauauftraggeber jeweils mit diesen Vergabefor-men verknüpft sind, wird von den am Baugesche-hen Beteiligten oftmals unterschiedlich gesehen.Neben ihren konträren Positionen ist die auffal-lend hohe Emotionalität zu beobachten, mit derdie sich mit dieser Thematik befassenden Fach-leute die mittlerweile seit Jahrzehnten andauern-de Diskussion häufig führen. Zudem werden dieverwendeten Argumente nach wie vor nicht sel-ten von den eigenen wirtschaftlichen Interessenund subjektiven Projekterfahrungen ihrer Vortra-genden geprägt. Dieser Mangel an Objektivitätist unbefriedigend für den vor einer entsprechen-den Entscheidung stehenden Bauherrn und kannbei ihm zur Verunsicherung sowie ggf. zu sich imNachhinein als unbefriedigend herausstellendenEntscheidungen führen.

Aktuell angefacht wird die Auseinandersetzungmit dem Thema durch das am 19.12.2008 vomDeutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zurModernisierung des Vergaberechts, dem der Bun-

desrat am 13.02.2009 zugestimmt hat. Mit demGesetz wird das Gebot der Losvergabe gemäß § 97 Abs. 3 GWB ausgedehnt.

Die vorliegende gutachterliche Stellungnahmebetrachtet das Thema aus baubetrieblicher Sicht,nicht aus vergaberechtlicher Sicht. Ihr Ziel bestehtdarin, Bauherren das Entscheidungsproblem„Fachlosvergabe oder GU-Vergabe?“ strukturiertdarzustellen und ihnen ein wissenschaftlich un-termauertes Hilfsinstrument zur systematischenund sachlichen Vorgehensweise bei anstehendenEntscheidungsproblemen vorzustellen. Hiermitsoll zudem ein Beitrag zur Versachlichung der inder Fachwelt geführten Diskussion geleistet wer-den.

Das Vertragsverhältnis zwischen dem Bauherrnund dem Architekten bzw. den Fachplanern so-wie die verschiedenen Planereinsatzformen (Ein-zelplaner, Generalplaner) liegen außerhalb desUntersuchungsrahmens.

Der Verfasser wurde gemeinsam vom Hauptver-band der Deutschen Bauindustrie e.V., der Bun-desvereinigung Mittelständischer Bauunterneh-men e.V. – BVMB sowie dem Verband BeratenderIngenieure VBI mit der Erstellung der vorliegen-den gutachterlichen Stellungnahme beauftragt.

Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

Gutachterliche Stellungnahmevon Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Racky, Universität Kassel

Ausgangssituation, Veranlassung und Ziel

2.

Im weiteren Gang der vorliegenden gutachter -lichen Stellungnahme wird die behandelte Frage-stellung „Fachlosweise Vergabe oder GU-Ver -gabe?“ im entscheidungstheoretischen Sinnemodelliert und für ihre Behandlung durch denBauherrn eine Vorgehensweise zur einzelfallspe-zifischen Entscheidungsfindung vorgeschlagen.Hierfür werden zum besseren Verständnis zu-nächst in Kap. 3 die einschlägigen theoretischen

Grundlagen / Grundbegriffe der Entscheidungs-theorie in kompakter Form vorgestellt.

In Kap. 4 erfolgt die Beschreibung der dem Bau-herrn für die Bauausführung zur Verfügung ste-henden Vergabeformen bzw. Unternehmerein-satzformen.

In Kap. 5 werden die aus Bauherrensicht entschei-dungsrelevanten Kriterien erläutert und ihre Aus-

Aufbau und Vorgehensweise

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 2 3

prägung in Abhängigkeit von den einzelnen Unternehmereinsatzformen dargestellt. Die dabeigetroffenen Aussagen basieren größtenteils aufeigenen, bereits seit längerem veröffentlichtenForschungsergebnissen des Verfassers, die analy-tisch-deduktiv begründet und an den maßgeben-den Stellen auch empirisch untermauert sind.

Zur Absicherung dieser Erkenntnisse werden inKap. 6 die wesentlichen Aussagen in der einschlä-gigen wissenschaftlichen Fachliteratur (Stand derForschung) dargestellt, was einen Vergleich mitden bzw. eine Überprüfung der in Kap. 5 getrof-fenen Aussagen ermöglicht.

Inhaltlich aufbauend auf Kap. 5 und 6 beinhaltetKap. 7 eine Empfehlung zur Vorgehensweise beider Festlegung der Vergabeform für Bauherren.

Von einer nur auf die Baukosten (Kostengruppen300 – 500 gemäß DIN 276-1:2006-11) bezogenen,rein empirisch-induktiven Vorgehensweise wirdin der vorliegenden gutachterlichen Stellungnah-me abgesehen bzw. abgeraten. Bezogen auf diebehandelte Fragestellung „Fachlosweise Vergabeoder GU-Vergabe?“ würde eine solche Vorge-hensweise ausschließlich darin bestehen, die o. g.Kosten einer begrenzten Anzahl von mit ver-schiedenen Vergabeformen abgewickelten, sich

ähnelnden Baumaßnahmen gegenüberzustellenund daraus allgemeingültige Schlüsse in Bezugdie Kostenvorteilhaftigkeit einer Vergabeformziehen zu wollen. Diese in der Praxis hin und wie-der angewendete Vorgehensweise erfasst in allerRegel das vorhandene Zielsystem des Bauherrn (z. B. bezüglich des Einsatzes und der Kosten ei-gener Ressourcen sowie bezüglich der Verteilungbestimmter Projektrisiken) nur unvollständig.

Dadurch werden keine gleichwertigen Hand-lungsalternativen, sondern bildhaft ausgedrückt„Äpfel mit Birnen“ miteinander verglichen. Da -rüber hinaus sind Bauvorhaben, mögen sie sich inder Planung auch noch so ähneln, zumindest inder Ausführung immer Unikate. Dies erschwertvon vornherein ihre Vergleichbarkeit und kanndazu beitragen, die Ergebnisse entsprechenderUntersuchungen zu verfälschen.

Außerdem ist nach Ansicht des Verfassers in derPraxis zu beobachten, dass rein empirisch-induk-tive Vorgehensweisen bislang eher zur – der Be-handlung des Themas nicht dienlichen – Emotio-nalisierung als zur Versachlichung der Diskussionbeigetragen haben. Dies steht im Widerspruch zuden Zielen der vorliegenden gutachterlichen Stel-lungnahme.

3.Entscheidungstheoretische GrundlagenDie Festlegung der Vergabeform stellt aus Sichtdes Bauherrn ein komplexes Entscheidungspro-blem dar, das grundsätzlich bei jedem Bauvorha-ben ansteht. Um zu einer rationalen Lösung, d. h.Entscheidung zu gelangen, ist ein systematischerEntscheidungsprozess zu durchlaufen. SolcheProzesse lassen sich unter Anwendung entschei-dungstheoretischer Grundlagen modellieren undsomit transparent und nachvollziehbar gestalten.

Die Entscheidungstheorie befasst sich mit demEntscheidungsverhalten und den Entscheidungs-hilfen bei allen Entscheidungsproblemen deswirtschaftlichen, politischen und gesellschaftli-chen Geschehens. Zu unterscheiden ist zwischenden beiden Teilbereichen der deskriptiven (be-schreibenden) und präskriptiven (vorschreiben-den) Entscheidungstheorie, wobei für die hier an-gestellten Betrachtungen letztere relevant ist.Die präskriptive Entscheidungstheorie gilt als fes-ter Bestandteil der Betriebswirtschaftslehre. IhrZiel ist die Bereitstellung geeigneter Werkzeugezur rationalen Lösung von Entscheidungsproble-men.1

Entscheidungsmodelle sind die wichtigsten ausdem Bereich der präskriptiven Entscheidungsleh-

re stammenden Entscheidungshilfen. Unter Zuhil-fenahme dieser Modelle lassen sich reale Ent-scheidungsprobleme vereinfachend darstellenund mit mathematischen Operationen eindeutiglösen.

Das Grundmodell der Entscheidungstheorie ist ei-ne Abbildungsform, mit deren Hilfe alle Entschei-dungsprobleme auf eine gemeinsame Grund-struktur zurückführbar sind. Jedes Grundmodellsetzt sich aus vier Basiselementen zusammen. Da-bei handelt es sich um die Handlungsalternati-ven, die Umweltzustände, die Zielfunktion unddie Ergebnisse.

Das Vorhandensein von mindestens zwei Hand-lungsalternativen zum Erreichen des gleichenZiels löst ein Entscheidungsproblem aus. Die Al-ternativen unterscheiden sich durch die verschie-denen Werte der Entscheidungsvariablen. Beimhier betrachteten Entscheidungsproblem stellendie in Kap. 4 vorgestellten Unternehmereinsatz-formen die Handlungsalternativen des Bauherrndar. Die Entscheidungsvariablen sind der Umfangder dem Bauunternehmer übertragenen Bau-und Planungsleistungen.

1) Laux: Entscheidungstheorie. S. 2 ff.

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Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

Abb. 1: Anordnung der Elemente des Grundmodells und der zusätzlichen Präferenzen im Entscheidungsprozess (in Anlehnung an: Mag: Grundzüge der Entscheidungstheorie. S. 27.)

Zielvorstellungen

Präferenzen Zielfunktion

Ergebnismatrix

Entscheidungsmatrix

Handlungs- alternativen

Umwelt-zustände

Ergebnisse

Die Umweltzustände beschreiben die Ausprä-gung der Entscheidungskriterien in Abhängig-keit von den Handlungsalternativen. Die Ent-scheidungskriterien und ihre Ausprägung inAbhängigkeit von den betrachteten Unterneh-mereinsatzformen werden in Kap. 5 vorgestellt.

Die Konkretisierung der Zielvorstellungen ist dieunabdingbare Voraussetzung für eine rationaleEntscheidung. Nur wenn der Entscheider sich sei-ner Ziele vollkommen bewusst ist, kann er dieHandlungsalternativen in Bezug auf die entschei-dungsrelevanten Kriterien bewerten. Das bedeu-tet, dass für jedes Kriterium eine Zielgröße vor-handen sein muss. Die Zielfunktion stellt dieGesamtheit der Zielgrößen dar. Die Ergebnissesind die durch die Handlungsalternativen erziel-ten Erfüllungsgrade der Zielgrößen. In Kap. 5werden aus den zuvor behandelten Kriterien Ziel-größen gebildet und Ergebnisse ermittelt. DieDarstellung erfolgt in Matrixform.

Bei der praktischen Anwendung des Grundmo-dells kann es erforderlich sein, innerhalb der Entscheidungshilfe – neben der zu den Basisele-menten zählenden Zielfunktion – weitere Präfe-renzen zur realitätsgerechten, vollständigen Ab-bildung der Zielvorstellungen zu erfassen. Einpraktisches Beispiel für eine Präferenz ist für denöffentlichen Bauherrn die Vergaberechtskonfor-mität, die im Entscheidungsprozess ein K.o.-Krite-rium darstellt. Die Anordnung der vorgestelltenBasiselemente und zusätzlichen Präferenzen imEntscheidungsprozess ist in Abb. 1 als Gedanken-flussplan dargestellt. Die in Kap. 7 vom Verfasserempfohlene Vorgehensweise basiert auf diesemerweiterten Grundmodell.

Die Erwartungsstrukturen beschreiben das Wis-sen des Entscheiders über die Eintrittswahrschein-lichkeit der Umweltzustände. Die Entscheidungs-lehre unterscheidet hierbei zwischen den

Erwartungsstrukturen „Sicherheit“ und „Unsi-cherheit“, wobei letztere in „Unsicherheit im en-geren Sinne“ und „Risiko“ gegliedert wird. Bei Sicherheit sind die Ausprägungen der Entschei-dungskriterien bekannt, bei Unsicherheit im en-geren Sinne sind sie nicht vorhersehbar, währendsich bei Risiko den Ausprägungen Eintrittswahr-scheinlichkeiten zuordnen lassen.

Bei dem hier betrachteten Entscheidungsproblemliegt nach Ansicht des Verfassers oftmals Un -sicherheit im engeren Sinne vor. Da Bauvorhabentechnische und organisatorische Unikate darstel-len und niemals identisch mehrfach parallel odernacheinander abgewickelt werden, beträgt dieGrundgesamtheit für eine empirische Auswer-tung streng genommen immer nur 1. Somit wärees aus stochastischer Sicht äußerst fragwürdigund vor allem in der Baupraxis nicht hilfreich, aufBasis von Erfahrungen aus bereits abgewickeltenProjekten für ein aktuell zu betrachtendes Pro-jekt z. B. die Insolvenzwahrscheinlichkeit eines –zum Entscheidungszeitpunkt noch unbestimm-ten – GU quantifizieren zu wollen. Viel wichtigerwäre es, dafür Sorge zu tragen, dass nur wirt-schaftlich stabile Bauunternehmen für eine Auf-tragserteilung in Betracht gezogen werden. Dieses Beispiel zeigt, dass es bei dem hier be-trachteten Entscheidungsproblem primär daraufankommt, alle entscheidungsrelevanten Kriterienzu identifizieren, zu gewichten und die ggf. in ih-nen enthaltenen Risiken zu behandeln. Das Ein-schätzen bestimmter Eintrittswahrscheinlichkei-ten für Risiken hat anschließend eine wenigergroße Bedeutung. Aus diesem Grund liegt derSchwerpunkt der vorliegenden gutachterlichenStellungnahme auf Kap. 5, in dem die praxisrele-vanten Entscheidungskriterien und deren Aus-prägung in Abhängigkeit von den betrachtetenUnternehmereinsatzformen erläutert werden.

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 4 5

Die beiden sich aus § 4 Nr. 3 VOB/A ergebendenVergabeformen sind die Einzelvergabe (fachlos-weise Vergabe) und die Generalunternehmerver-gabe (GU-Vergabe). Aus ihnen leiten sich die Un-ternehmereinsatzformen ab, die nachfolgend alsHandlungsalternativen des Bauherrn im Zuge desbetrachteten Entscheidungsproblems untersuchtwerden. Die Unternehmereinsatzform beschreibtden vom Bauunternehmer als Auftragnehmer desBauherrn zu erbringenden Umfang an Bau- undPlanungsleistungen (letztere im Sinne der HOAI).Die Festlegung, in welcher Unternehmereinsatz-form die Bauunternehmen in das jeweilige Bauprojekt eingebunden werden, obliegt demBauherrn. Somit handelt es sich bei der Unter-nehmereinsatzform vom Prinzip her nicht um ei-ne spezifische Eigenschaft der Bauunternehmen.Vielmehr können diese grundsätzlich in verschie-denen Unternehmereinsatzformen an wechseln-den Bauaufgaben mitwirken.

Einzelunternehmer erbringen nach erfolgterfachlosweiser Vergabe im Zuge der Bauausfüh-rung als Leistung ausschließlich ihr fachspezifi-sches Einzellos. Hierbei wird davon ausgegangen,dass den Einzelunternehmern neben der Bauleis-tung keine Planungsleistungen im Sinne derHOAI-Leistungsphasen in Auftrag gegeben wer-den.

Bei einer GU-Vergabe sind drei Unternehmerein-satzformen möglich. Eine entsprechende Klassifi-zierung und Definition liefert der InternationaleEuropäische Verband der Bauwirtschaft – FIEC, imSinne der internationalen Anwendbarkeit jedochunter Verwendung sehr pauschaler Formulierun-gen. 2 Im Rahmen der vorliegenden gutachter -lichen Stellungnahme wird eine konkrete, derPraxis der deutschen Bauwirtschaft entsprechen-de Begriffsbestimmung vorgenommen. Selbst -verständlich kommen in der Praxis neben dennachfolgend aufgeführten Unternehmereinsatz-formen noch weitere Mischformen, insbesonderedie übertragenen Planungsleistungen betref-fend, zur Anwendung. Die vorliegende Klassifi-zierung ist allerdings nach Ansicht des Verfassersim Sinne der Modellierung des Entscheidungspro-blems als angemessen zu bezeichnen.

Ein GU, der mit der schlüsselfertigen Bauausfüh-rung auf Grundlage der ihm vom Bauherrn voll-ständig zur Verfügung gestellten Ausführungs-planung beauftragt ist, wird als GU-Ausführung(GU-A) bezeichnet. Bei dieser Einsatzvariantewerden, wie auch bei der Einzelvergabe, sämt -

liche Planungsleistungen der HOAI-Leistungs -phasen 1 bis 5 bauherrenseitig erbracht.

Bei der in der Praxis bei privaten Bauherren amhäufigsten angewendeten GU-Einsatzform ist neben der eigentlichen Bauausführung auch zu-mindest teilweise das Erstellen der Ausführungs-planung (HOAI-Leistungsphase 5) Bestandteil desbauvertraglichen Leistungsumfangs. Sie wird alsGU-Ausführungsplanung/Ausführung (GU-A,A)bezeichnet. Die bauvertragliche Leistungsbe-schreibung erfolgt bei dieser Einsatzform im Regelfall mittels der Entwurfspläne und einerbauherrenseitig erstellten funktionalen Baube-schreibung, ggf. einem Raumbuch, mit Definitionder einzelnen Qualitätsstandards.

Im Falle, dass der GU bereits zumindest teilweisemit dem Erstellen der Entwurfsplanung (HOAI-Leistungsphase 3) beauftragt wird, spricht manvon einem GU-Entwurfsplanung/Ausführung(GU-E,A). Auch hier gibt der Bauherr mittels einerBaubeschreibung die funktionalen Anforderun-gen und Qualitätsstandards vor.

Somit sind nicht nur beim Einsatz von Einzelun-ternehmern, sondern auch bei allen drei betrach-teten GU-Einsatzformen, bauherrenseitig Archi-tekten- und Fachplanerleistungen – in jeweilsunterschiedlichem Umfang – zu erbringen.

Die Unternehmereinsatzformen Totalunterneh-mer und Generalübernehmer liegen außerhalbdes Untersuchungsrahmens und werden deshalbnicht betrachtet. Der Leistungsumfang eines To-talunternehmers umfasst neben der schlüsselfer-tigen Bauleistung auch die eigenverantwortlicheErbringung sämtlicher Planungsleistungen. Gene-ralübernehmer erbringen selbst keine Bauleis-tung, sondern vergeben sämtliche Teilleistungenan Nachunternehmer.

Handlungsalternativen des Bauherrn

2) Fédération de l'lndustrie Européenne de la Construction – FIEC (Hrsg.): Das Generalunternehmen in Europa.

4.

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EntscheidungskriterienIn den nachfolgenden Kap. 5.1 – 5.11 werden diefür die Festlegung der Unternehmereinsatzformrelevanten Entscheidungskriterien und ihre Aus-prägung in Abhängigkeit von den betrachtetenHandlungsalternativen beleuchtet. Die dabei ge-troffenen Aussagen beruhen im Wesentlichenund wenn nicht anderslautend dargestellt auf ei-genen Forschungsergebnissen des Verfassers. 3

Zusammenfassend wird auf Basis dieser Aussagenin Kap. 5.12 eine Zielgrößenmatrix gebildet, inder die jeweiligen Erreichungsgrade der aus denEntscheidungskriterien gebildeten Zielgrößengraphisch dargestellt sind.

5.1 Vergaberechtliche Rahmenbedingungen

Vorausgesetzt, dass es sich beim Entscheider umeinen öffentlichen Bauherrn handelt, sind diezum Entscheidungszeitpunkt geltenden vergabe-rechtlichen Rahmenbedingungen das Entschei-dungskriterium mit der höchsten Wertigkeit. DieFrage „Fachlosweise Vergabe oder GU-Vergabe?“stellt sich hier nur dann, wenn die internen Vor-gaben der ausschreibenden Stelle einer GU-Ver-gabe nicht im Wege stehen. Im Gegensatz dazusind private Bauherren diesbezüglich an keinerleiVorgaben gebunden, womit für sie dieses Ent-scheidungskriterium entfällt.

Wenn die vergaberechtlichen Rahmenbedingun-gen des Bauherrn eine GU-Vergabe als Hand-lungsalternative zulassen, ist ihm aus Sicht desVerfassers anzuraten, alle nachfolgend vorge-stellten Entscheidungskriterien in seinen Ent-scheidungsprozess einzubeziehen.

5.2 Vorliegende Marktsituation / Anzahlder vorhandenen Marktteilnehmer

Durch das Beachten der zum Entscheidungszeit-punkt vorliegenden Marktsituation integriert der Bauherr die einschlägigen preistheoretischenGrundregeln der Betriebswirtschaftslehre in seineEntscheidungsfindung. Diese Regeln beschreibenu. a. das preispolitische Verhalten der Anbieter inAbhängigkeit von der bestehenden Angebots-struktur. 4 Demzufolge besteht ein Zusammen-hang zwischen der Anzahl der Anbieter und de-ren Preisen, wobei das höchste Preisniveau imFalle der Monopolstellung eines Anbieters zu er-warten ist.

Bauherren sollten also bestrebt sein, mit der Aus-schreibung die Voraussetzungen dafür zu schaf-fen, dass möglichst viele Bauunternehmen sicham Bieterwettbewerb beteiligen und ein An -gebot abgeben. Dieses Ziel wird vor allem mittelsAnpassung der Größe und des technischen Zuschnitts der auszuschreibenden Lose an die Struktur und Kapazität der regional ansässigenBetriebe erreicht. So wird z. B. eine fachlosüber-greifende und Planungsleistungen beinhaltendeGU-Ausschreibung für eine kleine Baumaßnahmein einem von Handwerks- und mittelständischenKleinbetrieben geprägten Einzugsgebiet keineoptimalen Marktbedingungen vorfinden.

Um die für das geplante Bauvorhaben vorliegen-de Marktsituation zutreffend einschätzen zukönnen, ist es bauherrenseitig erforderlich, aufdie Ergebnisse von Marktbeobachtungen sowieauf Erfahrungen aus bereits abgewickelten Pro-jekten zurückzugreifen. Dabei ist primär zu klä-ren, ob für eine eventuelle GU-Vergabe eine aus-reichende Anzahl geeigneter und interessierterBauunternehmen vorhanden ist. Die Antworthierauf kann jeweils nur für den vorliegendenEinzelfall bezogen auf den aktuellen Betrach-tungszeitpunkt erfolgen.

An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen,dass GU-Vergaben nicht zwangsläufig dazu füh-ren, dass regional ansässigen kleinen und mittle-ren Unternehmen (KMU) bei dem betreffendenProjekt die Möglichkeit zur Ausführung von Ar-beiten genommen wird. Da der GU erfahrungs-gemäß einen Großteil des ihm beauftragten Leistungsumfangs in Fachlose aufgeteilt an Nach-unternehmer vergeben wird, besteht für KMUdie Möglichkeit, in dieser Konstellation in demProjekt tätig zu werden. Ein aktuelles Beispielhierfür ist das PPP-Projekt Schulen im Kreis Offen-bach (Los Ost). Lt. Jahresbericht 2008 der betref-fenden Projektgesellschaft wurden im Zeitraum01.01.2005 – 31.12.2008 im Bereich Sanierung 46 % des Vergabevolumens [€] an regional an -sässige Betriebe beauftragt. Dies entspricht 49 % der getätigten Vergaben bzw. 184 beauf-tragten Unternehmen. Im Bereich Betrieb wur-den in diesem Zeitraum 45 % des Vergabevo -lumens [€] an regional ansässige Betriebebeauftragt. Dies entspricht 69 % der getätigtenVergaben bzw. 389 beauftragten Unternehmen. 5

5.

Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

3) Racky: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform.4) Wöhe: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. S. 442 ff.5) HOCHTIEF PPP Schulpartner GmbH: Jahresbericht 2008.

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 6 7

Zu beachten ist:

GU, die nicht an die VOB/A gebunden sind, kön-nen im Rahmen der Nachunternehmervergabenregional ansässige KMU bevorzugen, wenn siedies für vorteilhaft erachten. Öffentliche Bauher-ren dürfen dies im Rahmen fachlosweiser Verga-ben nicht.

5.3 Bindungsumfang bauherrenseitigerPersonalressourcen

Die Wahl der Vergabeform beeinflusst den erfor-derlichen bauherrenseitigen Ressourcenaufwand(Personal) für die Projektabwicklung. Grundsätz-lich ist davon auszugehen, dass bei einer fachlos-weisen Vergabe der Bauherr einen höheren Auf-wand zu tragen hat als bei einer GU-Vergabe.Dieser wird z. B. hervorgerufen durch die Durch-führung einer weitaus größeren Anzahl von Aus-schreibungen und Vergaben sowie durch die er-forderliche Koordination der Einzelunternehmerund deren Leistungsschnittstellen. Dem gegen-über steht bei den GU-Einsatzformen GU-A,A undGU-E,A der bauherrenseitige Aufwand für diePrüfung und Freigabe GU-seitig erbrachter Pla-nungsleistungen.

Ist der Bauherr in der Lage, diesen Aufwand miteigenem Personal abzudecken, so hat er bei derWahl der Vergabeform dessen durch das an -stehende Projekt sowie weitere parallel laufen -de Tätigkeiten bedingten Auslastungsgrad zu beachten. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Aus-prägung einzelner Entscheidungskriterien in Be-zug auf die Handlungsalternativen in Abhängig-keit vom jeweiligen Entscheidungszeitpunktdurchaus variieren kann. Je nach Bauherrenorga-nisation wird dann ein mit einer fachlosweisenVergabe einhergehender hoher Aufwand entwe-der von Vorteil oder von Nachteil sein. Für öffent-liche Auftraggeber mitsamt ihrer zuständigenBaubehörden kann der Bindungsumfang des ei-genen Personals mit zu den maßgebenden Ent-scheidungskriterien gehören.

Muss der Bauherr auf externes Personal zurück-greifen, so ist bei einem Kostenvergleich der Ver-gabeformen die resultierende Kostendifferenzdieser It. DIN 276-1:2006-11 der Kostengruppe700 (Baunebenkosten) hinzuzurechnenden Kos-ten zu berücksichtigen. Bei einer fachlosweisenVergabe hat der Bauherr diesbezüglich mit höhe-ren Kosten als bei einer GU-Vergabe zu rechnen. 6

5.4 Einflussmöglichkeiten des Bauherrn auf die Planung

Die Einflussmöglichkeiten des Bauherrn auf diePlanung werden durch die Entscheidung beein-flusst, welche Planungsleistungen (HOAI-Leis-tungsphasen) der Architekt und die Fachplanererbringen sollen und welche in den Leistungs-umfang des Bauunternehmers übertragen wer-den. Die Überlegungen des Bauherrn werden da-bei hauptsächlich von der Frage bestimmt,inwieweit er über konkrete Vorstellungen hin-sichtlich der einzelnen Planungsinhalte verfügtund sich deshalb Einflussmöglichkeiten erhaltenmöchte. Je mehr Planungsleistungen an den Bau-unternehmer übertragen werden, desto mehrmuss sich der Bauherr auch mit der Vorgabe funk-tionaler Leistungsanforderungen begnügen unddem Bauunternehmer deren konkrete planeri-sche Umsetzung überlassen; d. h. seine Einfluss-möglichkeiten sinken, wenn er ungewollte bau-vertragliche Leistungsänderungen und darausresultierende Nachtragssachverhalte vermeidenmöchte.

Im Rahmen der vorliegenden gutachterlichenStellungnahme wird davon ausgegangen, dassbei fachlosweisen Vergaben die Ausführungs -planung zumindest größtenteils vom Bauherrnbzw. von den von ihm beauftragten Architektenund Fachplanern erbracht wird. Von daher sindseine diesbezüglichen Einflussmöglichkeiten hiergrößer als bei den Unternehmereinsatzformen GU-A,A und GU-E,A.

5.5 Einfluss auf die Projektdauer

Auf Grundlage mittels empirischer Untersuchun-gen abgesicherter analytischer Ergebnisse lassensich bezüglich des Einflusses der verschiedenenUnternehmereinsatzformen auf die Projektdauerfolgende Punkte festhalten: 7

• Die Vergabeform/Unternehmereinsatzform hatgrundsätzlich keinen Einfluss auf die Bauge-schwindigkeit. 8

• Bei fachlosweisen Vergaben, Vergaben an GU-A,A und Vergaben an GU-E,A kann sehrkurzfristig nach Erteilung der Baugenehmi-gung mit der Bauausführung begonnen wer-den. Voraussetzung hierfür ist, dass währenddes laufenden Baugenehmigungsverfahrensdie entsprechenden Ausschreibungen durchge-führt und Vergaben vorbereitet werden. Bei

6) Siehe hierzu z. B. auch § 212 Leistungs- und Honorarordnung Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Stand: Januar 2004. Nr. 9 der Schriftenreihe des AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorar-ordnung e.V.

7) Racky, P.: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform. S. 57 f.8) Siehe hierzu auch Debella, Ries: Construction Delivery Systems: A Comparative Analysis of Their Performance within School Districts.

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Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

den Einsatzformen GU-A,A und GU-E,A gehörtdie Ausführungsplanung mit zum Leistungsum-fang des GU. Deshalb wird hier auf Grundlageder Entwurfsplanung ausgeschrieben. Bei fach-losweiser Vergabe auf Basis der Ausführungs-planung muss zum Zeitpunkt des Vorliegensder Baugenehmigung die Ausführungsplanungfür die Rohbauleistungen vorliegen, damitebenso kurzfristig mit der Bauausführung be-gonnen werden kann. Die weiteren Fachlosekönnen dann nach dem Baubeginn sukzessivevergeben werden.

• Beim Einsatz eines GU-A liegt neben der Ertei-lung der Baugenehmigung zusätzlich der voll-ständige Abschluss der bauherrenseitig zu er-stellenden Ausführungsplanung auf demkritischen Weg des Baubeginns. Von daherkann es bei dieser Unternehmereinsatzform zueiner Verlängerung des Zeitraums vom Vorlie-gen der Baugenehmigung bis zum Baubeginnkommen. 9 Dies stellt einen Nachteil der Unter-nehmereinsatzform GU-A gegenüber der fach-losweisen Vergabe und den anderen GU-Ein-satzformen dar. Von der Variante, dass derBauherr dem GU die Ausführungsplanung erstnach Abschluss des GU-Vertrages zu liefern hat,ist aus baubetrieblicher Sicht abzuraten. 10 DerBauherr trägt in diesem Fall nämlich ein vielhöheres Kosten- und Terminrisiko als es der GU-Einsatz von seinem Grundkonzept her vorsieht.

5.6 Verteilung des Terminrisikos

Die gewählte Vergabeform übt prinzipiell keinenEinfluss auf die termingerechte Abwickelbarkeiteiner Baumaßnahme aus. Gleichermaßen lässtsich die Gefahr der Terminüberschreitung durchkeine Form der Projektorganisation ausschließen.Eindeutige Unterschiede bestehen allerdings beider Risikoverteilung zwischen den Bauvertrags-parteien im Falle einer Terminverzögerung undder damit verbundenen Terminsicherheit desBauherrn.

Ein erster Vorteil der GU-Vergabe ergibt sich ausdem Sachverhalt, dass bei ihr der Gesamt-Fertig-stellungstermin der Baumaßnahme schon vor Be-ginn der Bauausführung zwischen Bauherr als AGund GU als AN bauvertraglich vereinbart wird.Beim Bauen mit Einzelunternehmern erfolgt dieVergabe der die Bauausführung abschließendenFachlose und somit auch die Vereinbarung derzugehörigen Vertragstermine erst weit nach Bau-beginn. Empirische Untersuchungen des Verfas-sers zeigen, dass bei fachlosweiser Vergabe der

Gesamt-Fertigstellungstermin der Baumaßnahmeals Vertragstermin eines Fachloses häufig erstnach ca. 2/3 der Gesamtbauzeit vereinbart undmittels einer Vertragsstrafenregelung gemäß § 11 VOB/B abgesichert ist. 11

Für die Überschreitung vorgesehener Terminzielekommt grundsätzlich eine Vielzahl von Gründenin Frage. Zu betrachten sind diejenigen, die sichin Abhängigkeit von der gewählten Vergabeva -riante unterschiedlich auf die Verteilung des Terminrisikos zwischen AG und AN auswirken.Abb. 2 zeigt die Risikoverteilung bei Terminüber-schreitungen aufgrund verschiedener Ursachenin Abhängigkeit von den betrachteten Unterneh-mereinsatzformen.

Die rechtzeitige Bereitstellung der Ausführungs-pläne ist eine wesentliche Voraussetzung zurfristgerechten Bauausführung. Beim Bauen mitEinzelunternehmern oder einem GU-A wird dieAusführungsplanung dem AN vom AG zur Verfü-gung gestellt. Kommt es aufgrund der Nichtein-haltung von Planlieferterminen zur Behinderungoder Unterbrechung der Bauausführung, stehtdem AN laut § 6 Nr. 2 VOB/B eine Verlängerungder Ausführungsfrist zu, ggf. auch ein Schadener-satzanspruch gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B. Im Gegen-satz dazu gehört bei den Unternehmereinsatz -formen GU-A,A und GU-E,A die Ausführungs-planung zum Leistungsumfang des AN, der fürihr rechtzeitiges Vorliegen verantwortlich ist.

Im Falle von Terminüberschreitungen aufgrundverspäteter Ausschreibungen bzw. Vergaben, desVerzugs von ausführenden Unternehmern sowieder Insolvenz eines Einzelunternehmers bzw.Nachunternehmers des GU findet bei allen dreiGU-Vergabevarianten eine Verlagerung der Ter-minrisiken in den Verantwortungsbereich des ANstatt.

Im Rahmen der Bewertung des Insolvenzrisikoshat der Bauherr zwei divergierende Aspekte ge-geneinander abzuwägen. Der Ausfall eines GUführt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer län-geren Verzögerung als der Ausfall eines Einzelun-ternehmers. Handelt es sich beim insolventen ANum einen GU-A,A oder GU-E,A, wird die Weiter-führung des Projekts zusätzlich erschwert. Bzgl.der Insolvenzwahrscheinlichkeiten gilt das unterKap. 5.9 Geschriebene auch hier. Eine letztend li-che Bewertung dieses Teilrisikos ist vom Bauherrnprojektspezifisch unter Beachtung der wirtschaft-lichen Stabilität der für die Bauausführung in Fra-ge kommenden Unternehmen vorzunehmen.

9) Siehe hierzu auch Preuß, N.: Unternehmenseinsatzmodell Generalunternehmer auf schmalem Grat zwischen Anspruch und Wirklichkeit.10) Siehe hierzu Racky, P.: Empfehlungen zur modellkonformen Anwendung von Pauschalverträgen.11) Racky: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform. S. 66 f.

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 8 9

Nichteinhaltung der PlanungsfristenMangelnde PlanungskapazitätenKoordinierungsfehler der PlanungsbeteiligtenAbstimmungsfehler mit dem Bauablauf

Verzögerung der BauausführungVerzug eines / des ANVerzug eines Vor- / Nachunternehmers

Insolvenz eines ausführenden UnternehmersInsolvenz eines Einzel- / NachunternehmersInsolvenz eines / des AN

+ im Risikobereich des AN

– im Risikobereich des AG

o im Risikobereich des AG mit Rückgriffs -möglichkeit auf den Planer

oo im Risikobereich des AG mit Rückgriffs -möglichkeit auf den Unternehmer

Einzel-vergabe GU-A GU-A,A GU-E,A

Verspätete Vergabedurchführungen an Einzel- bzw. (bei GU-Einsatz) an Nachunternehmer

Verspätete AusschreibungenVerzögerte Vergabeentscheidungen

Abb. 2: Verteilung des Terminrisikos zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN)

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ooo

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o + + +– + + +

+ + + +oo + + +

– + + +– – – –

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei derProjektabwicklung mit einem GU-A,A oder GU-E,A das Terminrisiko des Bauherrn im Ver-gleich zum Einsatz von Einzelunternehmern odereines GU-A insgesamt reduziert wird. Dies be-gründet sich vor allem mit dem Transfer des ausder Nichteinhaltung von Planlieferfristen und ausdem Verzug bauausführender Unternehmer resultierenden Terminrisikos auf den GU. Auchdie Unternehmereinsatzform GU-A bietet demBauherrn immer noch weniger Risiko als der Ein-satz von Einzelunternehmern. Die vertraglicheVereinbarung des Gesamt-Fertigstellungsterminsbereits vor Baubeginn und der damit u. a. einher-gehende Transfer der aus verspäteten Fachlosver-gaben resultierenden Risiken auf den GU sindhierfür die maßgebenden Gründe.

5.7 Vorliegende Angebotspreise

Für das betreffende Projekt vorliegende Ange-botspreise können als Entscheidungskriteriumnur dann herangezogen werden, wenn die Bau-leistung im Zuge einer Parallelausschreibung so-wohl fachlosweise als auch schlüsselfertig ausge-

schrieben wird. Für den Bauherrn besteht in die-sem Fall die Möglichkeit, die Summe der jeweilsgünstigsten Angebote aus der fachlosweisen Aus-schreibung mit dem günstigsten GU-Angebot zuvergleichen.

Jedoch sind auch im Falle einer Parallelausschrei-bung die anderen Entscheidungskriterien zu beachten. Insbesondere die Differenz der Baune-benkosten (siehe Kap. 5.3) ist mit dem GU-Ange-bot zu verrechnen.

5.8 Verteilung des Kostenrisikos

Das Kostenrisiko des Bauherrn resultiert aus derGefahr, dass die bauliche Umsetzung der von denvom Bauherrn beauftragten Architekten undFachplanern erstellten Planung sich nur zu höhe-ren Kosten als vorausberechnet realisieren lässt.Die sich in Abhängigkeit von der Unternehmer-einsatzform für den Bauherrn ergebenden Unter-schiede in Bezug auf das Kostenrisiko resultierenaus den verschiedenen Zeitpunkten der Bauauf-tragserteilungen und der damit verbundenenvertraglichen Kostenfixierung. Mit der bauver-traglichen Vergütungsvereinbarung reduziert der

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Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

12) Racky: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform. S. 105 f.13) Siehe hierzu auch Kap. 5.4 Einflussmöglichkeiten des Bauherrn auf die Planung. 14) Vgl. Racky: Empfehlungen zur modellkonformen Anwendung von Pauschalverträgen.

Bauherr sein Kostenrisiko in weitaus höheremMaße, als es aus der Haftung der Architekten undFachplaner für ihre gemäß DIN 276 aufgestelltenKostenermittlungen resultiert. Inwieweit die aktuellen Neuregelungen zum Honorar für Ar -chitekten- und Ingenieurleistungen in den §§ 6und 7 der HOAI 2009 in der Praxis zu einer Redu-zierung des bauherrenseitigen Kostenrisikos bei-tragen können, bleibt abzuwarten.

Bei fachlosweiser Vergabe erfolgt die vertrag -liche Vereinbarung der Baukosten zwischen Bau-herrn und den verschiedenen Unternehmen in aller Regel – aufgrund der nacheinander erfol-genden Vergaben der einzelnen Fachlose – suk-zessive bis weit nach Beginn der Bauausführung.Basierend auf empirischen Untersuchungen desVerfassers kann in diesem Zusammenhang fürProjekte des Büro- und Verwaltungsbaus alsFaustwert festgehalten werden, dass bei fach -losweiser Vergabe 75 % der Baukosten nach gut40 % der Bauzeit und 95 % der Baukosten erstnach ca. 70 % der Bauzeit bauvertraglich fixiertsind. 12 Im Gegensatz dazu stehen bei GU-Verga-ben die Baukosten größtenteils (bis auf die nachVertragsabschluss anfallenden Nachträge) bereitsvor Beginn der Bauausführung fest. Durch dasfrühzeitige Vorliegen der Gesamt-Baukosten besteht für den Bauherrn die Möglichkeit, Unge-nauigkeiten und Fehler bzw. erforderliche An -passungen in der Kostenermittlung seiner Fach-planer bereits vor Baubeginn zu erkennen.Anpassungen der Planung an den vorgesehenenKostenrahmen können dann ggf. noch vor Ab-schluss des Bauvertrags (GU-Vertrag) vorgenom-men werden. Dies stellt einen Vorteil der GU-Ver-gabe gegenüber der fachlosweisen Vergabe dar,wobei diesen Punkt betreffend die Variante GU-E,A die vorteilhafteste der drei betrachtetenGU-Varianten ist.

Zu dem in der Praxis häufig emotional diskutier-ten Thema „Unternehmereinsatzformen undNachträge“ ist festzustellen, dass ein gerechtfer-tigter Nachtrag immer auf einen in der Risiko-sphäre des Auftraggebers liegenden Umstand zu-rückzuführen ist. Von daher kann – wie auchempirische Untersuchungen des Verfassers zei-gen – nicht festgestellt werden, dass eine Unter-nehmereinsatzform modellimmanent nachtrags-anfälliger als eine andere ist. Die Gesamthöheder Nachträge bei einer Baumaßnahme wird vorallem durch die Qualität der Ausschreibungsun-terlagen sowie das Verhalten des Auftraggebersbzgl. der Anordnung von Entwurfsänderungen

nach Vertragsabschluss beeinflusst. Wenn z. B.Bauherren bei der Variante GU-A,A Details derAusführungsplanung nach Vertragsabschluss vor-geben wollen, obwohl die Überführung der Ent-wurfs- in eine Ausführungsplanung Vertragsleis-tung des GU ist, müssen sie mit Nachträgenaufgrund geänderter bzw. zusätzlicher Leistun-gen rechnen. Dies liegt allerdings nicht an derUnternehmereinsatzform GU-A,A, sondern da-ran, dass der Bauherr nachträglich in die vertrag-liche Leistungsbeschreibung eingreift. 13

Insbesondere bei den Unternehmereinsatzfor-men GU-A,A und GU-E,A sind bei der bauvertrag-lichen Gestaltung Varianten von Pauschalver -trägen zur Anwendung geeignet, die es demBauherrn ermöglichen, Schnittstellen- und Kom-plettheitsrisiken bzgl. des geschuldeten Leis-tungsumfangs auf den GU zu verlagern. 14 Da-durch sinkt tendenziell das beim Bauherrnverbleibende Nachtragsrisiko.

5.9 Verteilung des Haftungsrisikos bei Mängeln

In Bezug auf die Verteilung des Haftungsrisikosbei Mängeln sind zwei Unterschiede zwischenden Vergabeformen zu betrachten: zum einendie Verteilung der Leistungsgefahr bis zur Ab-nahme und zum andern die Zuordnung der Haf-tung für Mängelansprüche während der Verjäh-rungsfrist nach der Abnahme.

Bezüglich der Verteilung der Leistungsgefahrstellt es für den Bauherrn im Falle einer GU-Ver-gabe einen Vorteil dar, dass der GU sämtlicheLeistungen seiner Nachunternehmer abzuneh-men hat und bis zur Abnahme durch den Bau-herrn für ihre Mangelfreiheit haftet. Dadurchentfällt für den Bauherrn die Notwendigkeit, fürden Schutz bereits abgenommener Leistungenbis zum Ende der Bauzeit selbst zu sorgen. Dies istin Abb. 3 am Beispiel der Teilleistung Wandver-kleidungen dargestellt. Die Vorteile für den Bau-herrn liegen im geringeren Umfang der von ihmdirekt zu veranlassenden Überwachungstätigkei-ten sowie im zu erwartenden geringeren Umfangerforderlicher Nacharbeiten zu seinen Lasten auf-grund von Verschmutzungen bzw. Beschädigun-gen.

Mit dem Zeitpunkt der Abnahme beginnt die o. g. Verjährungsfrist gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B.Während dieser Frist hat der AN auf Verlangendes AG alle hervortretenden Mängel zu beseiti-gen, wenn sie auf vertragswidrige Leistung zu-

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 10 11

Restarbeiten Geb.-Technik

Wandverkleidungen

Bodenbeläge

Abnahmezeitpunkt derWandverkleidungsarbeitendurch den AG

Dauer der Gefahrenüber-nahme durch den AG

Abb. 3: Am Beispiel der Wandverkleidungsarbeiten dargestellte Verteilung der Leistungsgefahr zwischen AG und AN in Abhängigkeit von der Vergabeform

VERGABEFORM EINZELVERGABE GU-VERGABE

Innenverhältnis

des GU

rückzuführen sind. Die Beweislast liegt hierbeibeim AG. Vor diesem Hintergrund fordert § 4 Nr. 1 VOB/A Bauleistungen so zu vergeben, dasseine „zweifelsfreie, umfassende Haftung fürMängelansprüche erreicht wird“. Wird diese Re-gelung vollständig umgesetzt (was sich in derPraxis im Detail, z. B. im Bereich der Gebäudehül-le, häufig als nicht einfach erweist), resultierendiesbezüglich aus Sicht des Bauherrn prinzipiellkeine durch die Vergabeform bedingten Unter-schiede.

Allerdings ist auch hier die Insolvenz eines aus-führenden Unternehmers während der noch lau-fenden Verjährungsfrist zu beachten. Im Falle ei-ner fachlosweisen Vergabe entsteht dadurch fürden Bauherrn eine Haftungslücke. Wurde dieBaumaßnahme mit einem GU abgewickelt, bleibtder Haftungsumfang unberührt; der GU springtfür seinen betreffenden Nachunternehmer ein.Bezüglich des Insolvenzrisikos hat der Bauherrzwei divergierende Aspekte gegeneinander ab-zuwägen. Der Ausfall eines GU hat schwerwie-gendere Folgen als der eines Einzelunterneh-mers. Dem steht gegenüber, dass die Insolvenzeines GU aufgrund seiner im Regelfall größerenKapitalkraft unwahrscheinlicher als die eines Ein-zelunternehmers ist. Selbst unter der Annahmeeiner gleich hohen Insolvenzwahrscheinlichkeitist beim Einsatz eines GU im Gegensatz zu voraus-sichtlich mehr als 20 Einzelunternehmern die Ge-

samtwahrscheinlichkeit eines Insolvenzfalls au-genscheinlich geringer.

5.10 Möglichkeit zur frühzeitigen Einbindung bauunternehmer -spezifischen Fachwissens

Die Beeinflussbarkeit der Baukosten eines Bau-werkes nimmt mit zunehmender Projektdauerimmer mehr ab. Je weiter der Planungsprozessvoranschreitet, desto enger wird der Rahmen, in-nerhalb dessen sich die zu erwartenden Kostender baulichen Umsetzung bewegen. Zur Findungder für den Bauherrn wirtschaftlichsten Lösungist (bau-)ausführungsbasiertes Fachwissen hilf-reich. Von daher sollten Bauherren bestrebt sein,solches frühestmöglich in den Planungsprozesseinfließen zu lassen.

Aus Sicht der bauausführenden Unternehmenkann ihr spezifisches Fachwissen im Regelfall frühestens mittels der Ausarbeitung von Neben-angeboten während der Ausschreibung in dasProjekt eingebracht werden. Je nach Unterneh-mereinsatzform stehen den Unternehmen aller-dings unterschiedliche Leistungsinhalte und Projektstände für die Ausarbeitung von Neben-angeboten zur Verfügung.

Bei der fachlosweisen Vergabe können die Einzel-unternehmer Optimierungsmöglichkeiten nur in-

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nerhalb ihres eigenen fachlosweisen Leistungs-umfangs verfolgen. Aus den ihnen vorliegen -den Ausschreibungsunterlagen geht im Regelfallkonkret nur der von ihnen zu bearbeitende Leistungsumfang hervor. Dies erschwert das Er-kennen und Berücksichtigen eventueller Schnitt-stellen des eigenen Fachloses zu anderen Teilleis-tungen. Außerdem verursachen Nebenangebotebei bereits vorliegender Ausführungsplanung ei-nen Planungsänderungsaufwand.

Im Falle der GU-Vergabe besteht für die Bieterhingegen die Möglichkeit, alle Teilleistungen inihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten. So-mit erhöht sich die Anzahl der Ansatzpunkte fürdie Ausarbeitung von Ausführungsalternativen.Basieren die Ausschreibungsunterlagen auf derEntwurfsplanung, können zur Ausführung gelan-gende Nebenangebote im Regelfall mit geringe-rem Änderungsaufwand in die Planung einge -arbeitet werden. Empirische Untersuchungen des Verfassers zeigen bei GU-Ausschreibungen(GU-A,A und GU-E,A) ein Kostensenkungspoten-zial aus fachlosübergreifenden Nebenangeboten,das sich im niedrigen einstelligen Prozentbereich,bezogen auf die Hauptangebots-Summe, be-wegt. 15

5.11 Individuelle Erfahrungen und Präferenzen

Die individuellen Erfahrungen und Präferenzendes Bauherrn bilden das abschließend zu be -handelnde Entscheidungskriterium. Sie verfügenüber direkten Einfluss auf die letztendlich getrof-fene Festlegung. So ist es z. B. denkbar, dass derBauherr primär beabsichtigt, das Bauvorhabenmit einem ihm – ggf. aus bereits abgewickeltenBaumaßnahmen – bekannten und sein Vertrauengenießenden Kreis von Projektbeteiligten durch-zuführen und dass sich daraus die Unternehmer-einsatzform ableitet. Dies gilt selbstverständlichausschließlich für private Bauherren.

5.12 Aufstellen einer Zielgrößenmatrix

Nachfolgend werden die oben erläuterten Ent-scheidungskriterien bauherrenbezogen in Ziel-größen transformiert und in der in Abb. 4 darge-stellten Zielgrößenmatrix zusammengefasst. Diein der Matrix enthaltenen Werte beschreiben ausSicht des Bauherrn den Erreichungsgrad der Ziel-größen in Abhängigkeit von den jeweiligenHandlungsalternativen (Unternehmereinsatzfor-men). Die Bewertungen basieren auf den Ergeb-

nissen der oben angestellten Betrachtungen. DerWert „+ + + +“ repräsentiert den maximalen Er-reichungsgrad, der durch die untersuchten Hand-lungsalternativen realisierbar ist. Bei den Wertenhandelt es sich nicht um absolute Größen, son-dern um relative Größen, die ausschließlich dieRangfolge der Unternehmereinsatzformen in Be-zug auf die jeweilige Zielerreichung festlegen.Folglich drückt z. B. der Wert „+ +“ im Vergleichzum Wert „+“ keine Verdoppelung der Zielerrei-chung aus. Er zeigt lediglich eine bessere Zieler-reichung an.

Bezüglich der aus dem Entscheidungskriterium„Bindungsumfang bauherrenseitiger Personalres-sourcen“ gebildeten Zielgröße „Einsatzmöglich-keit eigener Ressourcen“ ist festzuhalten, dass –je nach tatsächlicher Situation des Bauherrn – ausdiesem Kriterium auch die Zielgröße „Minimie-rung des Bedarfs an eigenen Ressourcen“ gebil-det werden könnte. In diesem Fall wäre die Ziel-erreichung bei der Handlungsalternative GU-E,Aam größten und bei der HandlungsalternativeEinzelunternehmeram geringsten.

Bezüglich der Zielgröße „Einbindungsmöglich-keit bauunternehmerspezifischen Fachwissens“ist festzuhalten, dass die bei den GU-Einsatzfor-men im Vergleich zur fachlosweisen Vergabe bes-sere Zielerreichung durch die frühzeitiger vor-handene Einbindungsmöglichkeit erreicht wird.

Auf Basis der Zielgrößenmatrix lassen sich für diein der Praxis eintretenden Entscheidungssituatio-nen rationale Lösungsansätze formulieren. DieEntscheidungskriterien „Rechtliche Rahmenbe-dingungen“ und „Vorliegende Marktsituation“werden außerhalb der projektübergreifend gülti-gen Matrix erfasst, da sich die Werte der aus ih-nen zu bildenden Zielgrößen stets bauherren-bzw. projektspezifisch einstellen. Gleiches gilt fürdas Kriterium „Individuelle Erfahrungen und Prä-ferenzen“. Beim Vorliegen eines konkreten Ent-scheidungsproblems muss der Entscheider dieMatrix um seine aus diesen Kriterien resultieren-den Zielgrößen erweitern.

Die Zielgrößenmatrix fließt als zentrales Elementin die in Kap. 7 dargelegte Empfehlung zur Vor-gehensweise bei der Festlegung der Vergabe-form ein.

Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

15) Racky: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform. S. 118 f.

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Einzelunternehmer

GU-A

GU-A,A

GU-E,A

Projektspezifisch zu behandelnde Entscheidungskriterien: – Rechtliche Rahmenbedingungen – Vorliegende Marktsituation

Zusätzlich zu behandelndes Entscheidungskriterium: – Individuelle Erfahrungen und Präferenzen

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Abb. 4: Zielgrößenmatrix aus Bauherrensicht zur Auswahl der Unternehmereinsatzform

als Entscheidungsproblem des Bauherrn 12 13

6.Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen in der einschlägigen wissenschaftlichen FachliteraturNeben dem Verfasser der vorliegenden gutacher-lichen Stellungnahme haben sich in den letztenca. 15 Jahren auch weitere Baubetriebler nationalund international intensiv wissenschaftlich mitdem hier behandelten Entscheidungsproblem be-fasst. Nachfolgend werden die von ihnen entwi-ckelten Methoden und Empfehlungen zur Festle-gung der Vergabeform kurz vorgestellt und mitden in Kap. 5 getroffenen Aussagen verglichen.

6.1 Stand der Forschung in Deutschland

Cadez entwickelt als Entscheidungshilfe für Bau-herren das Verfahren der Risikowertanalyse. 16

Bei dessen Anwendung ist als einer der erstenSchritte ein Zielsystem mit verschiedenen Ziel -kriterien zu bestimmen. Diese Kriterien werden anschließend in Bezug auf verschiedene Bau-

vertrags typen/Vergabeformen einer Risikoanaly-se unterzogen. Die in Kap. 5 der vorliegendengutachterlichen Stellungnahme dargelegten Ent-scheidungskriterien sind in dem von Cadez bei-spielhaft aufgestellten Zielsystem weitestgehendenthalten.

Gralla entwickelt eine Bewertungsmatrix fürWettbewerbs- und Vertragsformen, in der – ausBauherrensicht – die jeweiligen Erreichungsgradeumfangreicher Bewertungskriterien auch für diebeiden Handlungsalternativen Einzelvergabeund GU-Vergabe dargestellt sind. 17 Er zeigt auf,dass bei einigen Kriterien die Einzelvergabe Vor-teile gegenüber der GU-Vergabe hat (z. B. Markt-effizienz), während bei anderen Kriterien diesumgekehrt der Fall ist (z. B. Haftungs- und Ge-währleistungskosten). Die von Gralla vorgenom-

16) Cadez, I.: Risikowertanalyse als Entscheidungshilfe zur Wahl des optimalen Bauvertrags.17) Gralla, M.: Neue Wettbewerbs- und Vertragsformen für die deutsche Bauwirtschaft.

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Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

BEWERTUNGSMATRIX FÜR WETTBEWERBS- UND VERTRAGSFORMEN

Innovative Wettbewerbs-und Vertragsformen

Abb. 5: Bewertungsmatrix für Wettbewerbs- und Vertragsformen von Gralla 18

Traditionelle Wettbewerbs- und Vertragsformen

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Einzel-vergabe

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OptimaleFaktorallokation

Technischer Fortschritt

Kontrollewirtschaftlicher Macht

Bauherrenkosten

Planerkosten

Kosten aus abweichen-der Projektdauer

Herstellungskosten

Nachtragskosten

Haftungs- und Gewährleistungskosten

VOB / VgRÄG-Konformität

Target Costing-Ansatz

Simultaneous Engineering

Partnering – Ansatz

18) Gralla: a. a. O. S. 355.

Bewertung: •••• sehr hoch U nicht eindeutig bewertbar

••• X nicht vorhanden••• niedrig

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 14 15

FACHLOS-VERGABE GU-A,A-VERGABE

� GÜNSTIGSTE FACHLOSANGEBOTE ANGEBOT GU-A,A

Günstigste Fachlos 1Günstigste Fachlos 2...................................Günstigste Fachlos n

Ausführungsplanung

Reduzierter Aufwand für die Objektüber -wachung (LP 8) bei den Planern

Evtl. reduzierter Aufwand für die GU-Vergabe(LP 6 + 7) bei den Planern

Risikobudget für event. Nachträge bei– Koordinationsfehlern– Planungsfehlern– Mengenermittlungsfehlern– Bausummenüberschreitungen etc.

Eventuell reduzierter Aufwand für den Bauherrn bei der Projektsteuerung

Schlüsselfertiges Angebot auf Basis einer funk-tionalen Leistungsbeschreibung (FLBmE) mitkomplexen Globalpauschalvertrag

–> GU übernimmt Ausführungsplanung undObjektüberwachung der NU

–> GU-Zuschlag für AGK und WuG

–> event. Risikozuschlag

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� ALLER KOSTEN UND BUDGETS ANGEBOT GU-A,A?

+

Beispiele für zusätzlich zu berücksichtigende subjektive und objektive Einflussgrößen

– unterschiedliche Wettbewerbsituationen– Preisspekulationen– Kapazitätsauslastungen– Qualität des Risikomanagements– Berücksichtigung der Qualitäts- und Terminziele

– Subjektive Einflussgröße (z. B. GU baut schneller)

– Wunsch der Einflussnahme auf die Planung etc.

Abb. 6: Vergleichsansatz für das Beispiel Fachlosvergabe und GU-A,A-Vergabe von Schriek 21

menen Bewertungen korrespondieren mit dengetroffenen Aussagen in Kap. 5 der vorliegendengutachterlichen Stellungnahme.

Blecken/Boenert übernehmen in ihrem For-schungsbericht die von Gralla entwickelte Matrixmit leichten Modifikationen, ohne dadurch zuveränderten Bewertungen der Einzel- und derGU-Vergabe zu gelangen. 19

Schriek entwickelt – zur Anwendung durch denBauherrn – eine „Entscheidungshilfe für die Wahlder optimalen Organisationsform von Bauprojek-ten“. 20 In diesem Rahmen modelliert er einen

Vergleichsansatz für verschiedene Unternehmer-einsatzformen, insbesondere Einzelunternehmerund GU-A,A. Bei einem auf dieser Vorgehens -weise beruhenden Vergleich sind bei der Hand-lungsalternative Fachlosvergabe u. a. auch der reduzierte Aufwand des Bauherrn für Projektma-nagement- bzw. Projektsteuerungsleistungen so-wie das umfangreichere Risikoprofil des Bau-herrn monetär zu bewerten.

Zusammenfassend stellt Schriek fest:

„In der Praxis stellt sich heraus, dass Organisa -tionsmodelle oftmals lediglich auf der Basis von

19) Blecken, U.; Boenert, L: Baukostensenkung durch Anwendung innovativer Wettbewerbsmodelle.20) Schriek, T.: Entwicklung einer Entscheidungshilfe für die Wahl der optimalen Organisationsform von Bauprojekten.21) Schriek: a. a. O. S. 65.

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Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

Einzelbestandteilen wie z. B. der Höhe des GU-Zuschlags ohne Berücksichtigung der übernom-menen Risiken durch den GU oder auch der ge sparten Bauherrenaufwendungen bewertetwerden. Bewertungen, basierend auf solch falschen Vergleichsansätzen, führen dann oft-mals zu den beschriebenen konträren Aussagenüber die Vorteilhaftigkeit bestimmter Organisa -tionsformen. [...] Die Interpretation [der Unter -suchungsergebnisse. Anm. des Verfassers] zeigt,dass generalisierende Aussagen über die Vor - teilhaftigkeit bestimmter Projektorganisations- formen nur bedingt möglich sind. Eine de -taillierte Analyse der projektspezifischen Rand -bedingungen und eine Bewertung aller relevanter Ein flussfaktoren ist in Anbetracht desOptimierungspotentials bei der Wahl der Projekt-organisationsform sinnvoll und notwendig.“ 22

Preuß entwickelt die beispielhafte Version einerNutzwertanalyse (siehe Abb. 7), in der die maß-gebenden Bewertungskriterien für die Wahl derVergabeform enthalten sind. 23 Diese Kriterienund die vorgenommenen Bewertungen korres-pondieren in sehr hohem Maße mit den in Kap. 5der vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmegetroffenen Aussagen des Verfassers. Zur Erläute-rung der Nutzwertanalyse legt er ein „Thesenpa-pier zur Abwägung der EntscheidungssituationEinzelvergabe oder Generalunternehmerverga-be“ vor. Darin sind die jeweiligen Vor- und Nach-teile der beiden Vergabeformen in Bezug auf diein der Nutzwertanalyse enthaltenen Bewertungs-kriterien aufgelistet und kommentiert.

Die vorgestellten Arbeiten zeigen allesamt auf,dass die Frage nach der für den Auftraggebergünstigeren Vergabeform nicht pauschal beant-wortet werden kann, sondern im Einzelfall zuuntersuchen ist, und dass der bloße Preisver-gleich bei Parallelausschreibungen das Entschei-dungsproblem nur unvollständig erfasst. Viel-mehr sind insbesondere die in Abhängigkeit vonder Unternehmereinsatzform in unterschiedli-cher Höhe anfallenden Baunebenkosten sowiedas jeweilige Risikoportfolio des Bauherrn mone-tär zu bewerten und bei der Entscheidungsfin-dung zu berücksichtigen. Darüber hinaus könnenweitere bauherrenspezifische, projektspezifischeund marktspezifische Entscheidungskriterienvorliegen, die zum jeweiligen Entscheidungszeit-punkt ebenfalls zu bewerten und zu berück -sichtigen sind. Als Entscheidungswerkzeuge (Arbeitsmittel) sind hierfür vor allem Bewer-tungsmatrizen bzw. Nutzwertanalysen geeignet.

Der Stand der Forschung in Deutschland ist dies-bezüglich konsistent, untermauert die in Kap. 5getroffenen Aussagen und stellt nach Ansichtdes Verfassers in ausreichendem Maße umfang-reiche Arbeitsmittel für die praktische Anwen-dung durch Bauherren zur Verfügung. Private,wie auch öffentliche Bauherren können ihre spe-zifischen Kriterien und Gewichtungen in diesenArbeitsmitteln vollständig abbilden.

6.2 Weitere Aussagen in praxisorientier-ten Werken mit wissenschaftlichemHintergrund

Die vorgenannten Erkenntnisse werden durchweitere Aussagen in praxisorientierten Werkenmit wissenschaftlichem Hintergrund unterstützt.Nachfolgend sind drei Beispiele in Reihenfolgeihres Erscheinungsjahres aufgeführt.

Weeber/Bosch (Weeber und Partner Institut fürStadtplanung und Sozialforschung, Stuttgart)stellen im Rahmen eines von ihnen durchgeführ-ten Forschungsvorhabens zum Thema „Vergabe-verfahren und Baukosten“ zusammenfassendfest:

„Der Untersuchung zu Folge gibt es kaum allge-mein gültige Hinweise darauf, dass bestimmteVergabeverfahren a priori zu geringeren Baukos-ten führen. Entscheidend sind vielmehr die wirk-samsten Möglichkeiten der Kostensteuerung –insbesondere der intensiven Optimierung der Pla-nung mit Kosten –, die dem Auftraggeber zwi-schen Projektbeginn und Projektende je nachVergabeverfahren zur Verfügung stehen.“ 25

Girmscheid (Professor für Bauprozess- und Bau-unternehmensmanagement an der ETH Zürich)merkt an:

„Es muss projektspezifisch untersucht werden,welche Projektabwicklungsform für den Bau-herrn die geeignetste Lösung darstellt. Dies kannnach folgenden Kriterien erfolgen:

• Bauherrenorganisation,

• Gestaltungsmöglichkeit, Individualität und Änderungsmöglichkeiten,

• optimierte Lösung durch Konkurrenz der Ideen,

• Preiswettbewerb oder Preis-/Lösungs -wettbewerb,

• Risikoverteilung,

• Kosten- und Terminsicherheit,

• rasche Realisation.“ 26

22) Schriek: a. a. O. S. 306 f.23) Preuß, N.: Unternehmenseinsatzmodell Generalunternehmer auf schmalem Grat zwischen Anspruch und Wirklichkeit.25) Weeber.H.; Bosch, S.: Vergabeverfahren und Baukosten.26) Girmscheid, G.: Projektabwicklung in der Bauwirtschaft – Wege zur Win-Win-Situation für Auftraggeber und Auftragnehmer. S. 28.

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als Entscheidungsproblem des Bauherrn 16 17

BEWERTUNGSKRITERIENGU-Vergabe

Abb. 7: Nutzwertanalyse Unternehmereinsatzmodell, Generalunternehmen/Einzelvergabe vonPreuß 24 (Zahlenwerte sind nur beispielhaft)

Einzelvergabe

Ko

sten

Term

ine

Wichtungmax.

Punktzahl Einzelbe-wertung

GewichteteBewertung

Einzelbe-wertung

GewichteteBewertung

Zeitpunkt Kostensicherheit

5 %

10 %

5 %

5 %

25 %

10

10

10

10

4

2

4

8

0,2

0,2

0,2

0,4

8

8

8

4

0,4

0,8

0,4

0,2

15 % 10 4 0,6 8 1,2

5 % 10 6 0,3 6 0,3

1,0 1,8

20 % 0,9 1,5

5 % 10 10 0,5 4 0,2

10 % 10 10 1,0 4 0,4

15 % 1,5 0,6

5 % 10 8 0,4 4 0,2

10 % 10 10 1,0 6 0,6

15 % 1,4 0,8

10 % 10 2 0,2 8 0,8

5 % 10 2 0,1 8 0,4

5 % 10 2 0,1 8 0,4

5 % 10 2 0,1 8 0,4

25 % 0,5 2,0

100 % 5,3 6,7

Insolvenzrisiko

Preisentwicklungsrisiko

Folgekostenbeeinfluss-barkeit

Zeitpunkt Terminsicherheit

Projektdauer

Qu

alit

äten

Einfluss auf Qualitäts-sicherheit

Einflussmöglichkeit BH auf Planung/Aus -führung

Ver

gab

en EntscheidungswahlNachunternehmen

Mittelstandsförderung

Res

sou

rcen

aufw

and

B

auh

err

Aufwand Vergabe

Koordination Ausfüh-rungsplanung (Schnitt-stellenmanagement)

Änderungs-management NU

Entscheidungs-management NU

Gesamtsumme

24) Preuß: a.a. O. S. 26.

Bewertungsskala: 2 – sehr schlecht4 – schlecht6 – neutral8 – gut

10 – sehr gut

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Rauh (Professor für Baubetrieb und Projektmana-gement an der Universität Siegen) legt dar:

„Rechnungshöfe kritisieren eine GU-Vergabebzw. eine Vergabe über ein Globallos häufig alszu teuer und unwirtschaftlich. Eine solche Auffas-sung ist schon deshalb kritisch zu hinterfragen,weil damit für öffentliche Auftraggeber das ab-gelehnt wird, was private Investoren für sich invielen Fällen als wirtschaftlich ansehen. Über-haupt wird eine rein zahlen- oder kostenmäßigeBetrachtung dem Schlüsselfertigbau nicht ge-recht. Auch die Kriterien Qualität, Terminsicher-heit und Gewährleistung sind zu berücksichtigen.[...] Das vielfach verwendete „K.o.-Argument“,wonach der SF-Bau teurer sei als die Fachlosver-gabe, kann man ohne Berücksichtigung der spe-ziellen Bedingungen eines Projektes nicht geltenlassen. Vor- und Nachteile sind im Vergleich abzu-wägen.“ 27

6.3 Wissenschaftliche Erkenntnisse im internationalen Raum, hier: USA

Die oben vorgestellten Forschungsergebnisse und Aussagen entsprechen auch den Standard -erkenntnissen im internationalen Raum:

Die von Gordon am Massachusetts Institute ofTechnology (MIT) in den USA konzipierte Ent-scheidungshilfe ist in ihrer Grundstruktur alsFlussdiagramm aufgebaut, welches dem Bau-herrn zu behandelnde Entscheidungskriterienvorgibt. 28 Diese sind als projektspezifische, auf-traggeberspezifische und marktspezifische Krite-rien in drei Gruppen zusammengefasst. Aus denaufgelisteten Kriterien kann ein Entscheider einindividuelles Zielgrößensystem aufstellen unddieses mit den in Frage kommenden Unterneh-mereinsatzformen (Handlungsalternativen) in einer Bewertungsmatrix zusammenführen. Dievon Gordon aufgeführten Entscheidungskriterienkorrespondieren mit denen, die von den o. g. Au-toren im Rahmen der von ihnen entwickeltenEntscheidungshilfen aufgeführt werden.

Debella/Ries gelangen im Rahmen ihrer statisti-schen Auswertung abgewickelter Schulbaupro-jekte aus fünf US-Bundesstaaten zu dem Ergeb-nis: „There is no perfect delivery system, andthere are advantages and disadvantages to everysystem. [...] the owner, consequently, has to ana-lyze the peculiarities of every project, and makethe choice where the advantages overcome the

disadvantages.“ 30 Insbesondere können sie beiden von ihnen untersuchten Projekten keine sig-nifikanten Unterschiede zwischen Projekten inFachlosvergabe und Projekten in GU-Vergabe inBezug auf die Baugeschwindigkeit, die Baukos-ten und das Nachtragsvolumen feststellen.

Das von Associated General Contractors of Ame-rica herausgegebene Standardwerk Project Deli-very Systems for Building Construction bringt eszusammenfassend – nach Ansicht des Verfassers –zutreffend auf den Punkt: „There is no „best de-livery system“; all are appropriate in particularcircumstances.“ 31

Abb. 8: Flussdiagramm der Entscheidungshilfe zur Festlegung der Unternehmereinsatzform von Gordon (deutsche Übersetzung von Racky) 29

Projektspezifische Kriterien

Terminvorgaben

Flexibilitätserfordernisse während der Entwurfs- und Bauphase

Bedarf an ausführungsorientierter Planungsoptimierung

Gewünschter Einfluss auf den Entwurf

Finanzierungsaspekte

Auftraggeberspezifische Kriterien

Bausachverstand

Verfügbare Kapazitäten

Risikobereitschaft

Bindung an Vorschriften und Gesetze

Weitere Kriterien

Marktspezifische Kriterien

Verfügbarkeit geeigneter Unternehmer

Eignung der Losgröße

Momentaner Marktzustand

Auswahl der geeigneten Unternehmer -einsatzform und des Vertragstyps unter Beachtung der vorhandenen Erfahrungs -werte und Präferenzen

Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

27) Rauh, R.: Kostenermittlung im Schlüsselfertigbau. S. 81.28) Gordon, C. M.: Choosing Appropriate Construction Contracting Method.29) Racky: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform. S. 137.30) Debella, D. C; Ries, R.: Construction Delivery Systems: A Comparative Analysis of Their Performance within School Districts.31) Dorsey, R. W.: Project Delivery Systems for Building Construction. S. XI.

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7.Empfohlene Vorgehensweise zur Festlegung der VergabeformNachdem die in Kap. 5 getroffenen Aussagen unddie daraus resultierende Zielgrößenmatrix durchden in Kap. 6 vorgestellten Stand der Forschungbestätigt sind, wird nachfolgend eine darauf auf-bauende Empfehlung zur Vorgehensweise beider Festlegung der Unternehmereinsatzform dar-gelegt.

In der Praxis stellt sich die Festlegung der Unter-nehmereinsatzform nur selten als Entscheidungs-problem mit vier gleichwertigen Handlungsalter-nativen dar. Im Regelfall scheiden bereits nachBetrachtung der Entscheidungskriterien „Rechtli-che Rahmenbedingungen“, „Vorliegende Markt-situation“, Bindungsumfang eigener Personalres-sourcen“ und „Einflussmöglichkeiten auf diePlanung“ zwei der drei GU-Varianten aus denÜberlegungen des Bauherrn aus. Dadurch redu-ziert sich das Entscheidungsproblem auf diegrundsätzliche Wahl der Vergabeform, in derenRahmen die Alternative „GU-Vergabe“ durch ei-ne feststehende GU-Einsatzform repräsentiertwird. Die beiden Begriffe Unternehmereinsatz-form und Vergabeform sind folglich in diesemRahmen quasi synonym zu sehen.

Die Auswahl einer Handlungsalternative aufGrundlage einer Zielgrößenmatrix erschwert sichimmer dann, wenn Konkurrenz zwischen denZielgrößen besteht. Dieser Zustand wird durch ei-ne Handlungsalternative hervorgerufen, die imVergleich zu einer zweiten bei einem Zielwert zueinem besseren Ergebnis führt, während sie ei-nen anderen negativ beeinflusst. Eine solche Si-tuation ist bei der in Kap. 5.12 aufgestellten Ma-trix mehrfach gegeben. Es liegt ein komplexerKonkurrenzzustand vor.

Vereinfachend lässt sich aus Sicht des Bauherrnfesthalten, dass dem Vorteil aus der mit einerGU-Vergabe einhergehenden Risikoreduzierung(betrifft vor allem Termin, Kosten und Haftungfür Mängel) der Nachteil aus der Reduzierungseiner Einflussmöglichkeiten (betrifft in erster Linie die Planung, die Auswahl der Nachunter-nehmer sowie den Einsatz eigener Projektmana-gement- bzw. Projektsteuerungsressourcen) ge-genübersteht. Um sich in einem solchen Fall aufeine Alternative festlegen zu können, muss derEntscheider die einzelnen Zielgrößen hinsichtlichihrer projektspezifischen Relevanz gewichtenund bewerten.

Da die Werte der aufgestellten Matrix jedoch nurrelative Aussagen bzgl. der jeweiligen Zielerrei-chungsgrade zulassen, ist die Transformation derMatrix in eine projektübergreifend gültige Nutz-wertanalyse nicht möglich.

Die stattdessen vorgeschlagene Methode zur Lösungsfindung besteht darin, die aus der Matrixentnehmbaren Unterschiede bei den Zieler -reichungsgraden monetär zu bewerten. Hierbeihandelt es sich insbesondere um die unterschied-liche Risikoverteilung zwischen den Bauvertrags-parteien. Die sich daraus ergebenden Risikosum-men sind anschließend mit den vorliegendenbzw. voraussichtlichen Angebotspreisen zu ver-rechnen.

Die konkrete schrittweise Vorgehensweise stelltsich demnach wie folgt dar:

(1) Strukturierung des Entscheidungsproblemsmit Hilfe der in Kap. 5.12 aufgestellten Ziel-größenmatrix. Identifizierung der maßge -benden Entscheidungskriterien und daraufbasierend Reduzierung der Anzahl der Hand-lungsalternativen von vier auf zwei (fachlos-weise Vergabe und eine GU-Variante).

(2) Abschätzen der voraussichtlichen Differenzzwischen den Gesamt-Angebotspreisen beiEinzel- und bei GU-Ausschreibung auf Basisvon Erfahrungswerten.

Im allgemeinen erwarten Bauherren bei GU-Aus-schreibungen höhere Angebotspreise, da die Ein-zelkosten der Teilleistungen sowohl von denNachunternehmern des GU, als auch vom GUselbst mit einem Zuschlag zur Deckung der um-satzbezogenen Gemeinkosten versehen werden.Dies ist allerdings keine baubetriebliche „Gesetz-mäßigkeit“. Bei der Abschätzung zu berücksich -tigen ist auch die insbesondere bei den GU-Vari-anten GU-A,A und GU-E,A besser vorhandeneMöglichkeit zur Ausarbeitung kostensenkendergewerkeübergreifender Nebenangebote. 32

Nur bei Parallelausschreibungen ist ein direkterVergleich auf Basis vorliegender Angebote mög-lich. Jedoch sind auch in solchen Fällen die Schrit-te (3) bis (5) durchzuführen!

(3) Monetäre Bewertung der bei den Vergabefor-men unterschiedlichen Baunebenkosten undVerrechnung mit der unter (2) ermittelten

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32) Vgl. Kap. 5.10.

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Abb. 9: Vorgehensweise beim Entscheidungsproblem „Fachlosweise Vergabe oder Vergabe an einen GU-A“

Vergabe an Einzelunternehmer Vergabe an GU-A

Gesamt-Angebotssumme

+ Zusätzliche Baunebenkosten

z. B. für Ausschreibungen und Vergaben sowieKoordination der Einzelunternehmer

+ Risikosummen

Bewertung des Terminrisikos

Bewertung des Haftungsrisikos bei Mängeln

Angebotssumme

Relativierte Gesamt-Angebotssumme Angebotssumme

Angebots-summe

Fachlos 1

Angebots-summe

Fachlos 2

Angebots-summe

Fachlos 3

Angebots-summe

Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

33) Vgl. Kap. 4 sowie 5.3.34) Vgl. Kap. 5.6 – 5.9

Preisdifferenz. (In GU-Angeboten sind bereitsteilweise Bauherren-, Architekten- und Inge-nieurleistungen enthalten, die bei fachloswei-ser Vergabe vom Bauherrn anderweitig zuvergeben oder selbst zu erbringen sind.) 33

(4) Monetäre Bewertung der unterschiedlichenRisikoverteilung (Terminrisiko, Kostenrisiko,Haftungsrisiko bei Mängeln) und Verrech-nung mit der unter (2) ermittelten Preisdiffe-renz. (Bei GU-Vergaben trägt der Bauherr inaller Regel geringere Risiken als bei fachlos-weisen Vergaben.) 34

(5) Festlegung der Vergabeform auf Grundlagedes verbleibenden Kostenunterschiedes.

Abb. 9 zeigt beispielhaft die Vorgehensweisebeim Entscheidungsproblem „Fachlosweise Ver-gabe oder Vergabe an einen GU-A“ im Falle einerParallelausschreibung im Anschluss an Schritt (1).Nun hat der Bauherr aus der Summe der jeweilswirtschaftlichsten Einzelangebote die Gesamt-Angebotssumme für eine eventuelle fachlosweiseVergabe zu ermitteln und dem wirtschaftlichstenGU-Angebot gegenüberzustellen. Um die beiden

Summen hinsichtlich Leistungsinhalt und Risiko-verteilung miteinander vergleichbar zu machen,sind die projektspezifisch zu ermittelnden zusätz-lichen Baunebenkosten und Risikosummen mitder Gesamt-Angebotssumme der Variante „Fach-losweise Vergabe“ zu addieren. Die hierdurch relativierte Gesamt-Angebotssumme kann mitdem günstigsten GU-Angebot verglichen wer-den, eine eindeutige Lösungsfindung ist somitmöglich.

Da in diesem Fall für beide Varianten verbindli-che Angebote auf Basis gleicher Leistungsbe-schreibungen vorliegen, brauchen das Kostenrisi-ko im Falle der fachlosweisen Vergabe sowie dasKostensenkungspotenzial aufgrund bauunter-nehmerspezifischen Fachwissens im Falle der GU-Vergabe nicht mehr bewertet werden. Bei dem inder Praxis viel häufiger auftretenden Entschei-dungsproblem „Fachlosweise Vergabe oder Ver-gabe an einen GU-A,A“ sind diese beiden Punkteallerdings zu berücksichtigen. Da hier keine An-gebote für beide Varianten vorliegen, ist zudemdie Differenz der günstigsten Angebotssummenabzuschätzen (Schritt (2).

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8.FazitDie Festlegung der Vergabeform für anstehendeBauvorhaben stellt für Bauherren ein komplexesEntscheidungsproblem dar. Die Frage nach deram besten geeigneten Vergabeform kann dabeinicht allgemein gültig beantwortet werden. Sieist immer einzelfallspezifisch zu untersuchen.Hierbei kommt es insbesondere darauf an, dassder Entscheider sich alle relevanten Entschei-dungskriterien bewusst macht und deren Aus -prägung in Bezug auf die betrachteten Hand-lungsalternativen bewertet. Im Rahmen dervorliegenden gutachterlichen Stellungnahmewerden insgesamt elf Entscheidungskriterien be-leuchtet (Kap. 5). Der ebenfalls dargestellte ein-schlägige Stand der baubetrieblichen Forschungbestätigt die dabei getroffenen Aussagen desVerfassers (Kap. 6). Somit lässt sich die vorgeschla-gene Vorgehensweise zur Festlegung der Verga-beform (Kap. 7) als abgesichert bezeichnen.

Diese Vorgehensweise soll bei der praktischenAnwendung durch Bauherrn mit verhindern, dassbeim Abwägen zwischen fachlosweiser Vergabeund GU-Vergabe „Äpfel mit Birnen“ verglichenwerden, was zu falschen Schlüssen bei der Ent-scheidungsfindung führen könnte. Solche fal-schen Schlüsse drohen vor allem dann, wenn beiParallelausschreibungen nur die Angebotssum-men miteinander verglichen werden, ohne die je-weiligen Baunebenkosten und beim Bauherrn

verbleibenden Risiken zu betrachten. Sollte es beieinem in einer bestimmten Vergabeform abge -wickelten Bauvorhaben aus Sicht des Bauherrn zuKostenüberschreitungen kommen, kann auchnicht zwangläufig gefolgert werden, dass diesebei einer anderen Vergabeform nicht auftreten.Ebenso ist der Vergleich von Kostenkennwerten,z. B. €/m2 BGF, von in verschiedenen Vergabefor-men abgewickelten Bauvorhaben nach Auffas-sung des Verfassers diesbezüglich nicht aussage-kräftig, da sich bei Bauprojekten stets sehr vieleEinflussfaktoren auf die Baukosten überlagern.Von daher ist eine generelle Aussage darüber, obeine Vergabeform kostengünstigster als eine an-dere ist, nach Ansicht des Verfassers nicht mög-lich.

Letztendlich geht es darum, dass Bauherren fürihre spezifischen Bedürfnisse eine geeignete Un-ternehmereinsatzform wählen und damit ihrBauvorhaben wirtschaftlich und zu ihrer Zufrie-denheit abwickeln. Im Nachhinein beurteilen zuwollen, ob diese Ziele mit einer anderen Unter-nehmereinsatzform noch besser erreicht wordenwären, bleibt immer spekulativ. Bauvorhabensind Unikate! Die fachlosweise Vergabe und dieverschiedenen Varianten der GU-Vergabe solltenim allgemeinen als gleichwertige Handlungs -alternativen betrachtet, Präferenzen jeweils erstim speziellen gebildet werden.

9.Erklärung zur vorliegenden gutachterlichen StellungnahmeDer Verfasser der vorliegenden gutachterlichenStellungnahme ist Universitätsprofessor an derUniversität Kassel. Er leitet das Fachgebiet Baube-triebswirtschaft im Fachbereich Bauingenieurwe-sen und ist Direktoriumsmitglied des Instituts fürBauwirtschaft an der Universität Kassel.

Die Bewertung und Weiterentwicklung von Un-ternehmereinsatz- bzw. Projektorganisationsfor-men gehört zu den Schwerpunkten der For-

schungstätigkeit des Fachgebiets Baubetriebs-wirtschaft. Die einschlägigen wissenschaftlichenPublikationen des Verfassers zählen auf diesemThemengebiet zu den Standardwerken derdeutschsprachigen baubetrieblichen Fachlitera-tur.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Racky

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AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorar-ordnung e.V. (Hrsg.): Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauf -tragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Nr. 9 der Schriftenreihe des AHO, Berlin 2004.

Blecken, U.; Boenert, L.: Baukostensenkung durch Anwendung innovativer Wettbewerbs -modelle. Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2001.

Cadez, I.: Risikowertanalyse als Entscheidungshilfe zur Wahl des optimalen Bauvertrags. Diss., RWTH Aachen 1998.

Debella, D. C; Ries, R.: Construction Delivery Systems: A Comparative Analysis of Their Per formance within School Districts. In: Journal of Construction Engineering and ManagementVol. 132 (2006) No. 11, S. 1131-1138.

Dorsey, R. W.: Project Delivery Systems for Building Construction. Associated General Contractors of America, Washington D.C. 1997.

Fédération de l'lndustrie Européenne de la Construction – FIEC (Hrsg.):Das Generalunternehmen in Europa. Verlag Otto Lembeck, Frankfurt am Main 1982.

Girmscheid, G.: Projektabwicklung in der Bauwirtschaft – Wege zur Win-Win-Situation für Auftraggeber und Auftragnehmer. Springer-Verlag, Berlin 2004.

Gordon, C. M.: Choosing Appropriate Construction Contracting Method. In: Journal of Construction Engineering and Management Vol. 120 (1994) No. 1, S. 196-208.

Gralla, M.: Neue Wettbewerbs- und Vertragsformen für die deutsche Bauwirtschaft. Diss., Uni. Dortmund 1999.

Literatur

Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe

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Laux, H.: Entscheidungstheorie. Springer-Verlag, Berlin 6. Auflage 2005.

Mag, W.: Grundzüge der Entscheidungstheorie. Verlag Franz Vahlen, München 1990.

Preuß, N.: Unternehmenseinsatzmodell Generalunternehmer auf schmalem Grat zwischen Anspruch und Wirklichkeit. In: Projektmanagement-Kompetenztagung Generalunternehmer-einsatz und alternative Projektabwicklungsformen. DVP-Verlag, Berlin 2007.

Racky, P.: Entwicklung einer Entscheidungshilfe zur Festlegung der Vergabeform. Diss., TU Darmstadt 1997.

Racky, P.: Empfehlungen zur modellkonformen Anwendung von Pauschalverträgen. In: Festschrift anlässlich des 65. Geburtstages von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Eberhard Schubert. Fortschritt-Berichte VDI Reihe 4 Nr. 194. VDI Verlag, Düsseldorf 2003. S. 148-166.

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Wöhe, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre: Verlag Franz Vahlen, München 23. Auflage 2008.

als Entscheidungsproblem des Bauherrn 22 23

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Oktober 2009