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© 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 3 | 36. Jahrgang 2005 | Phys. Unserer Zeit | 143 | MAGAZIN tische Radiowellen ein künstliches Nordlicht in rund hundert Kilometer Höhe erzeugt haben [1]. Dieses Projekt wird allerdings sehr kontro- vers diskutiert, da vielfach – insbe- sondere im Internet – die Meinung vertreten wird, dass die eigentlichen Zielsetzungen des Projekts nicht die Erforschung von Nordlichtern, sondern die Entwicklung neuer militärisch verwendbarer Technolo- gien sei und in unmittelbarem Zu- sammenhang mit der amerikanischen strategischen Verteidigungsinitiative (Star-Wars-Programm) stehe. Literatur: [1] T.R. Pedersen, E.A. Gerken, Nature 2005, 433, 498. K. Schlegel. Vom Regenbogen zum Polarlicht. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2001. Internet www.haarp.alaska.edu/ www.meteoros.de/polar/polar.htm www.nordlicht.ch/aurora/index.html www.mhs.ox.ac.uk/sphaera/index. htm?issue7/articl6 Peter Heering, Uni Oldenburg PHYSIK GESTERN UND HEUTE | Farbschleier zwischen Himmel und Erde Polarlichter galten in Mitteleuropa lange Zeit als Unglücksboten. Im Zeitalter der Aufklärung fanden Wissenschaftler dann eine rationale Erklärung für diese Erscheinung. Heute ist es sogar möglich, Polar- lichter künstlich zu erzeugen. Bereits aus der Antike sind vereinzel- te Berichte über eine Himmelser- scheinung überliefert, deren Farb- und Strukturvielfalt sich nicht in das damalige Wissen einordnen lies. Insofern wurde dieses Phänomen als Warnsignal vor drohendem Unheil wahrgenommen und auch entspre- chend dargestellt (Abbildung 1). Anfang des 18. Jahrhunderts änderte sich diese Situation, Wissenschaftler wie etwa Edmund Halley oder Christian Wolff bezeichneten Polar- lichter öffentlich als rational erklärba- res Naturphänomen – eine typische Grundhaltung für die Aufklärung. Allerdings gab es noch keine in sich schlüssige Erklärung der Erschei- nung, sondern eine Vielzahl von Erklärungsansätzen. Die heute akzeptierte Erklärung wurde im Wesentlichen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Demnach gehen Polar- lichter auf Lichtemission von zuvor durch Sonnenwinde angeregte Luftmoleküle zurück. Dabei lassen sich einige Teilschritte identifizieren: So wurde zunächst nachgewiesen, dass es zeitgleich mit einem Polar- licht zu deutlichen Erhöhungen der Horizontalkomponente des Erdmag- netfeldes kommt. Ein weiterer wesentlicher Schritt bestand in der Verwendung der 1859 entwickelten Spektroskopie, durch die die einzelnen Farberscheinungen verschiedenen Elementen der Luft zugeordnet werden konnten. Schließ- lich ermöglichte die Beobachtung der zeitlichen Korrelation zwischen einer besonders intensiven Sonnen- eruption und dem kurz danach auf- tretenden Polarlicht die Zuschrei- bung des kosmischen Ursprungs des Phänomens. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang insbesondere noch die Arbeiten des norwegischen Forschers Kristian Birkeland, der sogar einen Modellversuch zur Demonstration der Prozesse, die zum Polarlicht führen, entwickelte. Auch wenn dieses Phänomen mittlerweile weitgehend physikalisch erklärt werden kann, gibt es noch offene Fragen: So sind mit Hilfe von Satelliten erst vor kurzem Untersu- chungen zu dunklen Bereichen eines besonders hohen Nordlichts durch- geführt worden. Gleichzeitig stellen die Polarlichter auslösenden Phäno- mene – Magnetstürme der Sonne – mittlerweile wieder ein Problem dar, da sie sowohl Kommunikation als auch Navigation mittels des GPS- Systems stören können. Ein völlig neuer Aspekt ist in diesem Jahr in Zusammenhang mit Polarlichtern aufgetreten. Wissen- schaftler aus dem amerikanischen HAARP-Projekt berichteten in Nature, dass sie erstmals durch hochenerge- Abb. 1 Histo- risches Flugblatt zu einem Nord- licht, das am 10. September 1580 in Augsburg zu sehen war. < Abb. 2 Farbiges Nordlicht (Foto: Russell).

Farbschleier zwischen Himmel und Erde

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© 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 3 | 36. Jahrgang 2005 | Phys. Unserer Zeit | 143

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tische Radiowellen ein künstlichesNordlicht in rund hundert KilometerHöhe erzeugt haben [1]. DiesesProjekt wird allerdings sehr kontro-vers diskutiert, da vielfach – insbe-sondere im Internet – die Meinungvertreten wird, dass die eigentlichenZielsetzungen des Projekts nicht dieErforschung von Nordlichtern,sondern die Entwicklung neuermilitärisch verwendbarer Technolo-gien sei und in unmittelbarem Zu-sammenhang mit der amerikanischenstrategischen Verteidigungsinitiative(Star-Wars-Programm) stehe.

Literatur:[1] T.R. Pedersen, E.A. Gerken, Nature 22000055,

433, 498. K. Schlegel. Vom Regenbogen zumPolarlicht. Spektrum Akademischer Verlag,Heidelberg 2001.

Internetwww.haarp.alaska.edu/www.meteoros.de/polar/polar.htmwww.nordlicht.ch/aurora/index.htmlwww.mhs.ox.ac.uk/sphaera/index.htm?issue7/articl6

Peter Heering, Uni Oldenburg

PH YS I K G E S T E R N U N D H EU T E |Farbschleier zwischen Himmel und Erde Polarlichter galten in Mitteleuropa lange Zeit als Unglücksboten. ImZeitalter der Aufklärung fanden Wissenschaftler dann eine rationaleErklärung für diese Erscheinung. Heute ist es sogar möglich, Polar-lichter künstlich zu erzeugen.

Bereits aus der Antike sind vereinzel-te Berichte über eine Himmelser-scheinung überliefert, deren Farb-und Strukturvielfalt sich nicht in dasdamalige Wissen einordnen lies.Insofern wurde dieses Phänomen alsWarnsignal vor drohendem Unheilwahrgenommen und auch entspre-chend dargestellt (Abbildung 1).Anfang des 18. Jahrhunderts ändertesich diese Situation, Wissenschaftlerwie etwa Edmund Halley oderChristian Wolff bezeichneten Polar-lichter öffentlich als rational erklärba-res Naturphänomen – eine typischeGrundhaltung für die Aufklärung.Allerdings gab es noch keine in sichschlüssige Erklärung der Erschei-nung, sondern eine Vielzahl vonErklärungsansätzen.

Die heute akzeptierte Erklärungwurde im Wesentlichen erst in derzweiten Hälfte des 19. Jahrhundertsentwickelt. Demnach gehen Polar-lichter auf Lichtemission von zuvordurch Sonnenwinde angeregteLuftmoleküle zurück. Dabei lassensich einige Teilschritte identifizieren:So wurde zunächst nachgewiesen,dass es zeitgleich mit einem Polar-licht zu deutlichen Erhöhungen derHorizontalkomponente des Erdmag-netfeldes kommt.

Ein weiterer wesentlicher Schrittbestand in der Verwendung der 1859entwickelten Spektroskopie, durchdie die einzelnen Farberscheinungenverschiedenen Elementen der Luftzugeordnet werden konnten. Schließ-lich ermöglichte die Beobachtungder zeitlichen Korrelation zwischeneiner besonders intensiven Sonnen-eruption und dem kurz danach auf-tretenden Polarlicht die Zuschrei-bung des kosmischen Ursprungs desPhänomens. Erwähnenswert sind indiesem Zusammenhang insbesondere

noch die Arbeiten des norwegischenForschers Kristian Birkeland, dersogar einen Modellversuch zurDemonstration der Prozesse, die zumPolarlicht führen, entwickelte.

Auch wenn dieses Phänomenmittlerweile weitgehend physikalischerklärt werden kann, gibt es nochoffene Fragen: So sind mit Hilfe vonSatelliten erst vor kurzem Untersu-chungen zu dunklen Bereichen einesbesonders hohen Nordlichts durch-geführt worden. Gleichzeitig stellendie Polarlichter auslösenden Phäno-mene – Magnetstürme der Sonne –mittlerweile wieder ein Problem dar,da sie sowohl Kommunikation alsauch Navigation mittels des GPS-Systems stören können.

Ein völlig neuer Aspekt ist indiesem Jahr in Zusammenhang mitPolarlichtern aufgetreten. Wissen-schaftler aus dem amerikanischenHAARP-Projekt berichteten in Nature,dass sie erstmals durch hochenerge-

Abb. 1 Histo-risches Flugblattzu einem Nord-licht, das am 10. September1580 in Augsburg zu sehen war.

< Abb. 2 FarbigesNordlicht (Foto: Russell).