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Ficino · De vita libri tres / Drei Bücher über das Leben

Ficino · De vita libri tres / Drei Bücher über das Leben · 2013. 7. 19. · Marsilio Ficino De vita libri tres / Drei Bücher über das Leben Herausgegeben, übersetzt, eingeleitet

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Ficino · De vita libri tres / Drei Bücher über das Leben

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Humanistische BibliothekTexte und Abhandlungen

Begründet von

Ernesto Grassi

Herausgegeben von

Eckhard Keßler und Thomas Ricklin

Wissenschaftlicher BeiratHanna-Barbara Gerl-Falkovitz (Dresden);

Luce Giard (Paris); Donald R. Kelley (Brunswick, N. J.);Wolfgang Krohn (Bielefeld); Charles H. Lohr (Freiburg); Walther Ludwig (Hamburg); Karlheinz Stierle (Konstanz)

In Verbindung mitSeminar für Geistesgeschichte und Philosophie der Renaissance

Ludwig-Maximilians-Universität MünchenVerein der Freunde und Förderer Humanistischer Studien in

Deutschland e. V.

Reihe II · TexteBand 38

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Marsilio Ficino

De vita libri tres / Drei Bücher über

das Leben

Herausgegeben, übersetzt, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von

Michaela Boenke

Wilhelm Fink

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung

einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien,

soweit es nicht §§ 53 und 54 UrhG ausdrücklich gestatten.

© 2012 Wilhelm Fink Verlag, München(Wilhelm Fink GmbH & Co. Verlags-KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn)

www.fink.de

Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, MünchenPrinted in Germany

Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn

Umschlagabbildung:Büste Ficinos von Andrea di Piero Ferrucci im Dom von Florenz, 1521

E-Book ISBN 978-3-8467-5178-7ISBN der Printausgabe 978-3-7705-5178-1

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INHALT

EINLEITUNG 1. Die „Libri de vita“ im Kontext der Schriften Ficinos

und des Astrologiestreits seiner Zeit .......................................... ... 6 2. Physiologische Grundvorstellungen ............................................. 11 3. Heilmittel und Diätetik ................................................................ 14 4. Astrologie und Medizin ............................................................... 18 5. Textgrundlage und Hilfsmittel ..................................................... 25 6. Bibliographie ............................................................................... 28

KAPITELVERZEICHNIS DER DREI „BÜCHER VOM LEBEN“ ............... 33

TEXT UND ÜBERSETZUNG Gesamttitel ......................................................................................... 39 Vorwort (Widmungsschreiben an Lorenzo de’ Medici) ....................... 41 Erstes Buch: Vom gesunden Leben ..................................................... 47 Zweites Buch: Vom langen Leben ...................................................... 119 Drittes Buch: Gesund bis ins hohe Alter mithilfe kosmischer

Kräfte ............................................................................................. 205

APOLOGIE Eine Apologie ............................................................................................. 397

Über Sorglosigkeit und Seelenfrieden ........................................................ 407

REGISTER Namens- und Begriffsregister ..................................................................... 412 Heilmittelverzeichnis .................................................................................. 417

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EINLEITUNG

1. Die „Libri de vita“ im Kontext der Schriften Ficinos und des Astrologiestreits seiner Zeit Die Interessen Marsilio Ficinos (geb.1433 in Figline Valdarno, gest. 1499 in Careggi) galten früh der platonischen, neuplatonischen und hermetischen Phi-losophie. Seit Jugendjahren verkehrte er im Kreis der Medici, heimliche Herr-scher von Florenz; die Türen zu dieser illustren, humanistisch gebildeten Fa-milie standen ihm dank seines Vaters Diotifeci d’Agnolo di Giusto, der Leib-arzt Cosimo de’ Medicis war, offen. In Florenz und Pisa studierte Marsilio die Artes liberales und Medizin, ohne einen Doktortitel zu erwerben. Seine medi-zinische Ausbildung und pharmazeutischen Kenntnisse sind gleichwohl grundlegend für zwei von ihm verfasste Werke, die Schrift Consiglio contra la pestilentia (Ratgeber gegen die Pest) von 1481 und die 1489 in ein Buch zu-sammengefassten Abhandlungen De vita libri tres (Drei Bücher über das Le-ben), eine philosophisch fundierte medizintheoretische Abhandlung zur Ge-sundheitsvorsorge für Gelehrte.

Seine erste Schrift verfasste Ficino im Alter von 23 Jahren; es handelt sich um eine Einführung in die platonische Philosophie mit dem Titel Institutiones ad Platonicam disciplinam. Seine Kenntnisse platonischer Lehren bezog er, damals des Griechischen noch nicht mächtig, aus lateinischen Texten von Au-gustinus, Boethius, Macrobius u.a. Cosimo und Ficinos humanistischer Lehrer Cristoforo Landino rieten ihm von einer Veröffentlichung ab und ermunterten ihn, zunächst Griechisch zu lernen, um die Originalquellen studieren zu kön-nen.1 Die im Abendland fast vollständig verloren gegangenen Schriften Pla-tons und Plotins waren von byzantinischen Gelehrten kurz vor dem Fall Kon-stantinopels nach Italien gebracht worden; insbesondere der Gelehrte und Ju-rist Georgios Gemistos Plethon (um 1355/60–1452), Teilnehmer des Unions-konzil zu Ferrara und Florenz 1438/39, setzte sich für die Wiederbelebung der platonischen Philosophie ein. Zu seinen Werken zählen die antiaristotelische Schrift Über die Unterschiede zwischen Aristoteles und Platon und die um-fangreichen, fragmentarischen Nomoi (De legibus), die sein Gegner, Patriarch Georgios Gennarios Scholarios, zu vernichten befahl.2 1 Siehe hierzu die Einleitung in: Marsilio Ficino. Traktate zur platonischen Philosophie, übers.

und hg. v. Elisabeth und Paul Richard Blum und Thomas Leinkauf, Berlin 1993. 2 Für De legibus siehe die französische Edition durch Ch. Alexandre, Traité des lois, übers. A.

Pellissier, Paris 1858, repr. Amsterdam 1966, für De differentiis die deutsche Übersetzung in: Georgios Gemistos Plethon. Politik, Philosophie und Rhetorik im spätbyzantinischen Reich , hg. und übers. v. Wilhelm Blum, Stuttgart 1988, S. 112–142. Knappe Einführungen zu Ple-thon bieten Charles H. Lohr, „Metaphysics“, in: The Cambridge History of Renaissance Phi-losophy, hg. v. Charles B. Schmitt, Quentin Skinner, Eckhard Kessler, Cambridge University Press 1988, S. 558ff., sowie Katerina Ierodiakonou und Börje Bydén im Artikel „Byzantine

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EINLEITUNG

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Cosimo de’ Medici nahm den jungen Ficino in seine Dienste, stellte ihm ein Haus in Florenz und einen Landsitz in Carregi bei Florenz zur Verfügung und beauftragte ihn mit der Übersetzung dieser Schriften. Ficino übertrug zuerst unter dem Titel „Pimander“ das Corpus hermeticum ins Lateinische, das er als Werk des mythologischen Hermes Trismegistus, Urvater der Philosophie, an-sah und das im Mittelalter dank der Darstellungen bzw. Widerlegungen durch Laktanz, Augustinus und Clemens von Alexandrien bekannt gewesen war.3 Mit dem im Jahr 1471 erfolgten Druck wurde die außerordentlich bedeutsame Wirkungsgeschichte des Hermetismus in Europa eröffnet. Es folgte die um 1464 abgeschlossene Platonübersetzung, die 1484 im Druck erschien und bis um 1800 die – z.B. noch von Schelling in seinem Timaios herangezogene – la-teinische Standardedition blieb.4 Anschließend übersetzte Ficino die Enneaden Plotins (Druck 1492), Dionysos Areopagitas Über die mystische Theologie und Über die göttlichen Namen (1496/97) sowie die von ihm De mysteriis Ae-gyptiorum betitelte Schrift des Iamblichus über die ägyptische Religion (1497). Um 1488 – ein Jahr vor der Drucklegung von De vita – folgten Aus-züge aus Porphyrius, Synesius, Psellus, Priscian und Proclus. Bei Plotin wie Proclus konnte sich Ficino auch über die Chaldäischen Orakel kundig machen; einflussreich dürfte hier aber auch Plethon gewesen sein, der eine kurze Zu-sammenfassung der Lehre des Zoroaster in 12 Punkten verfasst hatte.5 Plotins Schriften, ebenso wie die hermetischen Texte, insbesondere Jamblichus’ De mysteriis, behandeln u.a. Dämonen, Magie und Talismane und sind nicht nur für die astrologisch-medizinische Ausführungen in Drei Bücher über das Le-ben, sondern auch schon für die Teile der Theologia platonica – insbesondere für das 16. und 18. Buch, wo die Lehre vom Seelendämon entfaltet wird – be-deutsam.

Neben seinen beeindruckenden Leistungen als Übersetzer verfasste Ficino eine Reihe von Kommentaren zu Dialogen Platons und zu Plotins Enneaden, mehrere Abhandlungen zur platonischen Philosophie und eine Schrift über die christliche Religion (De Christiana religione) in lateinischer und italienischer

Philosophy“ in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (online). Für eine ausführliche Dar-stellung und englische Übersetzungen siehe Christopher Montague Woodhouse, George Ge-mistos Plethon: The Last of the Hellenes, Oxford 1986.

3 Laktanz, Div. inst. I, 6 und De ira Dei XI; Augustinus, De civ. Dei VIII, 23ff.; Clemens von Alexandrien, Stromata IV, 4. Vgl. Ficinos „Praefatio” an Cosimo de’ Medici zu Mercurii Trismegisti liber de potestate & sapientia Dei, cui titulus Pimander, in: Opera, Basel 1576, vol. II, p. 1836 / Opera, Paris 1641, vol. II, p. 789. Band II der Pariser Edition 1641 ist in der Online-Bibliothek BIU Santé von Pariser Universitäten verfügbar.

4 Zuvor waren um die Jahrhundertwende unter Leitung des byzantinischen Immigranten Ma-nuel Chrysolares erste Platonübersetzungen entstanden. Vgl. hierzu Eckhard Kessler, „Der Platonismus der Humanisten“, in: Philos. Jahrbuch 95 (1988), S. 1–17.

5 Ediert in franz. Sprache im „Traité des lois“, a.a.O. S. 262–68. Es handelt sich um eine Kurz-fassung von Lehren in den Nomoi.

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EINLEITUNG

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Sprache; zu dieser Zeit, 1473, ließ er sich zum Priester weihen. In dieser Funktion brachte es der Medici-Schützling 1487 zur angesehenen Position des Kanonikus des Doms zu Florenz. Sein philosophisches Hauptwerk ist die von 1469 bis 1474 verfasste Theologia platonica de immortalitate animorum (Pla-tonische Theologie oder über die Unsterblichkeit der Seelen), ein Werk in 18 Büchern, das den Autor nicht nur als überzeugten Platoniker, sondern auch als ausgezeichneten Kenner der aristotelischen und thomistischen Philosophie und Kommentartradition ausweist.

Bei den in den späten Achtzigern verfassten De vita libri tres handelt es sich um drei ursprünglich eigenständige Traktate, deren dritter mit dem Titel De vita coelitus comparanda zunächst als Plotinkommentar konzipiert war. Er entwickelt eine Theorie und Praxis astrologischer Heilkunde und stellt einen Schlüsseltext der frühneuzeitlichen Esoterik dar. So hat Agrippa von Nettes-heim in der Occulta philosophia weitläufig Passagen aus De vita in deutscher Übersetzung übernommen; in Deutschland wurden insbesondere die medizini-schen und astrologischen Traktate Ficinos rezipiert.6 Zu Ficinos Werk gehört auch ein reicher Briefverkehr, den er selbst im Jahr 1495 sorgfältig edierte. Bezüglich desselben hat Angela Voss festgestellt, dass sich kaum einer finden lasse, in dem Ficino nicht auch Astrologisches – insbesondere sein eigenes Horoskop, das seiner Briefpartner oder historischer und zeitgenössischer Per-sönlichkeiten und Ereignisse – thematisierte7; ein sicheres Zeichen dafür, dass das Thema der Astrologie Ficino sein Leben lang beschäftigt hat. Mit ihm hat-te er sich bereits in jungen Jahren auseinandergesetzt und eine Schrift mit dem Titel Disputatio contra iudicium astrologorum verfasst, die er aber nicht ver-öffentlichte.8 Astrologisches kommt insbesondere auch in der Theologia pla-tonica, besonders im 18. Buch, zur Sprache. 1493 erschien zusammen mit De lumine die Schrift De sole, auch dies ein Werk zur Astrologie, das die orphi-sche Tradition revitalisiert. In jungen Jahren hatte Ficino auch die orphischen Hymnen übersetzt.

Die Frage, wie Ficinos astrologische Schriften, seine platonisch-neu-platonisch inspirierte Philosophie und seine christlichen Überzeugungen zu-sammenpassen, hat schon seine Zeitgenossen vexiert. Die Theologia platonica will, wie schon allein der Titel zum Ausdruck bringt, Philosophie und Theolo-gie versöhnen, wobei diese Versöhnung auf der Grundlage von Platon und nicht der damals vorherrschenden aristotelischen Philosophie gelingen soll. Sie entwirft das Bild eines Kosmos, in welchem der Mensch das Zentrum der

6 Einen Überblick über Leben und Werk Ficinos sowie die europäische Rezeptionsgeschichte

bietet Paul Oskar Kristeller, „Ficino“, in: Acht Philosophen der italienischen Renaissance, Weinheim 1986, S. 33–46.

7 Angela Voss, „The Astrology of Marsilio Ficino“, in: Culture and Cosmos 4, 2 (2000), S. 29–45.

8 Ediert von P.O. Kristeller in Supplementum ficinanum II, S. 11-76.

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von Gott geschaffenen Welt ist.9 Diese renaissancetypische Auffassung von der Würde des Menschen verbindet sich mit der christlichen Unsterblichkeits-lehre auf solche Weise, dass das Ziel des Menschen sein Ursprung, nämlich Gott ist, und dass er als Geistwesen die Freiheit hat, sich für ein Leben zu Gott hin zu entscheiden. Diese Freiheit aber scheint mit dem Determinismus, den die Astrologie impliziert – und zwar nicht nur für das individuelle Leben auf-grund der Gestirnskonstellationen zum Zeitpunkt der Geburt, sondern durch die Lehre von den „Großen Konstellationen“ auch für das Entstehen und den Niedergang von Reichen und Religionen – zu kollidieren.

Dass Ficino selbst Schwierigkeiten vorausgesehen hat, zeigen seine Vertei-digungsschrift zu De vita und der Aufruf an Freunde und Gelehrte seiner Zeit, ihn vor drohenden Anfeindungen und Verfolgungen zu schützen, ebenso wie die – auch im Text von De vita selbst sich findende – wiederholte Erklärung, nichts zu lehren bzw. alles zurückzunehmen, was der Wahrheit des christli-chen Glaubens widerspreche. Zu den namentlich genannten Helfern zählt auch sein einstiger Schützling und langjähriger Freund Giovanni Pico della Miran-dola, Verfasser der Oratio quaedam, die unter dem Titel „De dignitate homi-nis“ (Über die Würde des Menschen) zum berühmtesten anthropologischen Traktat der Renaissance werden sollte. Pico, mit dem Ficino das Interesse am Platonismus und Hermetismus teilte, arbeitete seit spätestens 1493 intensiv an einer Widerlegung der Astrologie, den Disputationes adversus astrologiam di-vinatricem in 12 Büchern, die aufgrund seines Todes am 17. November 1494 unvollendet blieben und posthum von seinem Neffen Gianfrancesco della Mi-randola redigiert und 1496 herausgegeben wurden.10 Beide Picos – Giovanni wie sein Neffe Gianfrancesco – waren den endzeitlichen Visionen des Domi-nikanermönchs Savonarola, der nach der Vertreibung der Medici durch den französischen König Karl VIII. im Jahr 1494 kurzzeitig Florenz zum Gottes-staat erhoben und diktatorisch regiert hatte, erlegen. Savonarola hat kurz nach Giovanni Pico auch höchstpersönlich eine Widerlegung der Astrologie, den Trattato contro gli astrologii, der Teile aus Picos Schrift kompiliert, verfasst.11 Der Astrologiestreit hatte am Ende des 15. Jahrhunderts einen Höhepunkt er-reicht.

9 Zu Ficinos Strategien, den Platonismus mit Integration von Aristoteles durchzusetzen und der

Kritik des berühmten Universitätsphilosophen Pietro Pomponazzi an diesem Vorhaben, vgl. u.a. Verf., Körper, Spiritus, Geist. Psychologie vor Descartes, München 2005, S. 21–61.

10 Zu den philosophischen Divergenzen zwischen Pico und Ficino bei gemeinsamer Interessen-lage siehe Eckhard Kessler, Die Philosophie der Renaissance. Das fünfzehnte Jahrhundert, München 2008, S. 122.

11 Dennoch wurde vielmehr Pico der Vorwurf des Plagiats von Savonarolas Traktat, und zwar europaweit, gemacht. Dies zeigt vor allem, wie stark der hochberühmte und Kontroversen nie scheuende Graf Mirandola wegen seiner Astrologiekritik angefeindet wurde. Siehe hierzu Eugenio Garin, Lo zodiaco della vita. La polemica sull’astrologia dall’ Trecento all Quin-quecento (1976), deutsch: Astrologie in der Renaissance, übers. v. Eleanor Lackner, Frank-furt, New York 1997, S. 117ff.

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Das philosophische Problem, um das es ging, bringt ein Satz aus Picos Contra astrologiam auf den Punkt: „Denn wenn jedes Wahre mit jedem ande-ren Wahren zusammenstimmt, dann muss notwendig das Wahre der astrologi-schen Wissenschaft mit dem Wahren der theologischen Wissenschaft in Über-einstimmung stehen, zumal ja alle anderen Wissenschaften dieser wie die Magd dem Herrn dienen, weil das Unsichtbare Gottes durch das Sichtbare, das erschaffen ist, erblickt wird, und es unter diesem nichts gibt, das edler ist als der Himmel.“12 Nun verhält es sich Picos Diagnose zufolge bei den Astrologen aber gerade umgekehrt: „Ich habe von den hauptsächlichen Schriftstellern über die Astrologie nicht einen gelesen, der die Religion und alle Gesetze wie auch die übrigen menschlichen Angelegenheiten nicht den Konstellationen der Gestirne unterwarf.“13 Picos Angriff gegen die Astrologie ist radikal; er richtet sich nicht nur – wie seit dem Mittelalter üblich – gegen bestimmte Praktiken der Astrologie, sondern betrifft sie als theoretische Wissenschaft, die in Kon-kurrenz zur Theologie tritt und daher bekämpft werden muss: „...selbst wenn diese Profession da wahr wäre, welche Wahrheit wäre mit mehr Gewinn zu ignorieren? Und wenn sie falsch wäre: welche Falschheit gäbe es da mit mehr Gewinn zu bekämpfen? Dass ich diese Aufgabe mit allem, was dazu gehört, umfassend durchführe, und ebenso die, der Religion zu helfen und die Wahr-heit zu verteidigen, von diesem Wunsch bin ich beseelt.“14

Wegen seines Traktats De vita coelitus comparanda wurde Ficino im Jahr 1490 angeklagt. Dank des Eintretens von Freunden – unter ihnen Rinaldo Or-sini, Erzbischof von Florenz und Schwager Lorenzo de’ Medicis – bei Papst Innozenz VIII., der den Medici freundlich gesinnt war, ließ sich der Häresie-vorwurf ersticken.15 Vielleicht hierdurch ermutigt, wagte Ficino im Jahr 1493 mit De sole eine weitere Schrift zur Astrologie in Florenz zu veröffentlichen, die er Piero de’ Medici, dem Sohn seines im Jahr 1492 verstorbenen Freundes und Mäzens Lorenzo de’ Medici, widmete. In der Vorrede an den Leser emp-fiehlt er eine nicht dogmatische, sondern allegorische und anagogische Lesart und verfasste eine an Filippo Valori, zu der Zeit Florentiner Botschafter an der Kurie, adressierte Apologie, in der er ihn bat, ihn vor künftigen Anschuldi-gungen gegen zwei kleinere „solare“ Schriften – De sole und De lumine – in Schutz zu nehmen.16 Es mag aber sein, dass für De sole, worin Ficino unter Berufung auf Platon und Dionysos Areopagita Gott und Sonne gleichgesetzt, von ferne noch der byzantinische Gelehrte Georgios Gemistos Plethon Pate 12 Disputationes adversus astrologiam divinatricem, lib. II, cap. IV, hg. v. Eugenio Garin, Flo-

renz 1946, Band I, S. 434. 13 Ebd. Kap. V, S. 437. 14 Ebd. S. 439 (Übersetzungen von Verf.) 15 Siehe P. O. Kristeller, „Marsilio Ficino and the Roman Curia“, in: ders., Studies in Renais-

sance Thought and Letters Vol. IV, Rom: Editioni di Storia e Letteratura 1996, S. 265–280, zum Thema S. 275ff.

16 Siehe Vorrede zu: Marsilio Ficino, The Book of the Sun / De sole, hg. u. übers. von Geoffrey Cornelius, Darby Costello, Graeme Tobyn, Angela Voss, Vernon Wells, in: Sphinx. A Jour-nal for Archetypal Psychology and the Arts 6 (1993), S. 123–148.

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EINLEITUNG

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stand, der für den Kulturtransfer der neuplatonischen und hermetischen Schrif-ten des Hellenismus in das Florenz Cosimo de’ Medicis hauptverantwortlich gewesen war. Insbesondere das Sonnengebet des Kaisers Julian Apostata war Garin zufolge im damaligen Florenz sehr beliebt.17 Ob und inwieweit sich in Ficinos „solaren“ Büchlein ein politisch-religiöses Programm verbirgt, das an Plethons Ideale anknüpft und einen Gegenentwurf zu den Visionen des damals aufsteigenden Predigers Savonarola darstellt, der ein Jahr später die von den Medici verlassene Stadt seiner diktatorischen Herrschaft unterwarf, dies zu klären, wäre Aufgabe der Forschung.18

2. Physiologische Grundvorstellungen Die Libri de vita sind ein Werk zur Heilkunde und Krankheitsprävention, das sich insbesondere an Gelehrte richtet. Grundlage der damaligen physiologi-schen Vorstellungen war die Physiologie des griechischen Arztes Galen von Pergamon (geb. um 129, gest. um 216 in Rom), Leibarzt römischer Kaiser und der römischen Aristokratie; seine Theorien und Annahmen bildeten die Grundlage der Medizin in Mittelalter und Renaissance bis weit hinein in die Frühe Neuzeit. Zwar waren Galens Schriften im lateinischen Mittelalter verlo-ren gegangen und gelangten erst durch Rückübersetzungen aus dem Arabi-schen in die europäische Welt zurück; Direktübersetzungen aus dem Griechi-schen erfolgten seit Beginn des 16. Jahrhunderts. Doch lebten Galens Lehren in den Schriften arabischer Ärzte fort, insbesondere dank der systematischen Aufbereitung durch den persischen Arzt und Gelehrten Avicenna (arab. Ibn Sina, 980–1037), dessen Canon, im 12. Jahrhundert von Gherardo da Cremo-na erstmals ins Lateinische übersetzt, zum Grundbuch der medizinischen Aus-bildung wurde.19

Grundlegend für die damalige Physiologie war die antike Elementen- und Qualitätenlehre. Der Erde sind die primären Qualitäten kalt-trocken, dem Wasser kalt-feucht, der Luft warm-feucht und dem Feuer warm-trocken zu-geordnet. Alle Dinge, so auch die Teile des Körpers, bestehen aus Mischungen der vier Grundelemente und ihrer Qualitäten; sie stellen jeweils eine bestimm-te „krasis“ (lat. „complexio“) dar.20 Das Verhältnis der primären Qualitäten ist

17 Garin, Astrologie in der Renaissance, S. 85. 18 Vgl. Garin, ebd. S. 84ff. Zu Ficinos Haltung gegenüber Savonarola vgl. Supplementum fici-

nianum II, S. 76-79. 19 Zur Galenrezeption siehe Owsei Temkin, Galenism. Rise and Decline of a Medical Philoso-

phy, Ithaka, London 1973; speziell zur Canon-Rezeption Nancy Siraisi, „The Changing For-tunes of a Traditional Text: Goals and Strategies in Sixteenth-Century Latin Editions of the Canon of Avicenna“, in: The Medical Renaissance of the Sixteenth Century, hg. v. A. Wear, R.K. French, I. M. Lonie, London, New York 1985, S. 16–41.

20 Siehe Sieglinde Lieberknecht, Die Canones des Pseudo-Mesue. Eine mittelalterliche Purgan-tienlehre. Übersetzung und Kommentar, Stuttgart 1995, S. 37; Roger K. French: „Where the

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das „temperamentum.“ Es gibt vier einfache Temperamente, bei denen jeweils eine Qualität überwiegt; jeder Körperteil hat infolge seiner Elementenzusam-mensetzung sein bestimmtes „temperamentum“.

Diese Elementen-Qualitätenlehre wurde mit der hippokratischen Viersäfte-lehre kombiniert.21 Warm-trocken galt als Charakteristikum der gelben Galle, kalt-trocken als das der schwarzen Galle, kalt-feucht als das des Phlegmas und warm-feucht als das des Bluts. Je nach Stärke oder Vorherrschaft eines Saftes wurden entsprechende Charaktertypen unterschieden: Heiß-trockene Men-schen sind Sanguiniker, heiß-feuchte Choleriker, feucht-kalte Phlegmatiker und trocken-kalte Melancholiker. Ficinos Libri de vita richten sich insbeson-dere an Melancholiker. Denn nicht nur war er selbst ein „Kind Saturns“, des die Melancholiker beherrschenden Planeten, sondern die kalt-trockene Kom- plexion ist das Charakteristikum der Philosophen und generell der Intellektuel-len, die sich vom Körper und aus der körperlichen Welt zurückziehen, um sich geistigen Betrachtungen zu widmen.22

Eine weitere Grundvorstellung seit der Antike ist die Annahme einer Seele als belebendes Prinzip. Seit Aristoteles wurde die Seele in die Hauptteile bzw. -funktionen der anima vegetativa, anima sensitiva und anima cogitativa unter-schieden, was zugleich die Stufen des pflanzlichen, tierischen und menschli-chen bzw. höher entwickelten tierischen Lebens bezeichnet. Die höheren See-lenteile setzen die niedrigeren voraus.23 Ihnen wurden Leber, Herz bzw. Ge-hirn als Sitz zugewiesen und jeweils eine besonderes Vermögen oder Kraft zugesprochen: die virtus naturalis, die virtus vitalis und die virtus animalis.24 Die virtus naturalis steuert Ernährung, Wachstum und Fortpflanzung; die vir-tus vitalis oder Lebenskraft bewirkt Puls und Atmung; die virtus animalis ist zuständig für Bewegung und intellektuelle Handlungen wie Wahrnehmung, Vorstellung und Gedächtnis. Diese Kräfte sind also nicht Handlungen des Körpers selbst, und auch nicht Handlungen allein der Seele, sondern Handlun-gen der mit dem Körper verbundenen Seele. Diese Verbindung wird auf eine vermittelnde Entität, den bzw. die spiritus (Lebensgeist) zurückgeführt.

Die Existenz eines „pneuma“ oder „spiritus“ als Träger der virtutes und Vermittler seelischer und physiologischer Funktionen ist unter Rückgriff auf

Philosopher Finishes, the Physician Begins: Medicine and the Arts Course in Thirteenth-Century Oxford“, in: Dynamis 20 (2000), S. 83.

21 Grundlagentext war die Schrift Peri physios anthropou, die Hippokrates oder seinem Schwiegersohn Polybos zugeschrieben wurde. Siehe Raymond Klibansky, Erwin Panofsky, Fritz Saxl, Saturn und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medi-zin, der Religion und der Kunst, Frankfurt am Main 1992, Kap. I, 1. „Die Lehre von den „Quattuor Humores“.

22 Vgl. De vita Buch I, Kap. 3–6 und Buch III, Kap. 9. Grundlage der Vorstellung von Melan-cholie als Krankheit waren die pseudo-aristotelischen, vermutlich von Theophrast stammen-den Problemata, Kap. XXX, 1. Zur Tradition der Melancholievorstellungen, insbesondere auch zu Ficino, siehe Klibansky, Panofsky, Saxl, Saturn und Melancholie, a.a.O.

23 Aristoteles, De anima II, 3, 413a 22–413b 13. 24 Zu den virtutes vgl. z.B. Avicenna, Canon medicinae lib. I, fen. I, doctr. VI, cap. IV.

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EINLEITUNG

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antike Pneumalehren25 und auf die platonische wie aristotelische Vorstellung differenzierter Seelenteile bzw. Seelenfunktionen von Galen ausgearbeitet worden.26 Der spiritus ist traditionell – kanonisch spätestens seit Avicenna27 – dreifach differenziert, in den in der Leber situierten spiritus naturalis, den spi-ritus vitalis im Herzen und den spiritus animalis im Gehirn, wobei diese Dif-ferenzierung dreier Pneumaarten Galen zugesprochen wurde, auch wenn die-ser selbst nicht eindeutig zur Existenz des pneuma physicon Stellung bezog und den spiritus vitalis durch die Lunge zur linken Herzkammer gelangen ließ.28 Im Galenismus wird der spiritus naturalis vom Blut transportiert, das durch das natürliche Vermögen aus dem Nahrungssaft (chylus) in der Leber gebildet wird und von dort zum Herzen fließt. Im Herzen erfährt der spiritus naturalis durch die Erhitzung des Bluts eine Verfeinerung, so dass er in spiri-tus vitalis transfomiert wird. Der feinste Teil des spiritus vitalis fließt ins Ge-hirn, wo er zu spiritus animalis umgebildet wird. Dieser fließt in die als hohl vorgestellten Nerven und ist ursächlich für Wahrnehmung und Bewegung. Letzteres führte dazu, im spiritus animalis die vermittelnde Instanz zwischen Körper und Geist bzw. intellektiver Seele zu sehen, eine Rolle, die Ficino sehr deutlich hervorgehoben hat. Dies hat Konsequenzen insbesondere für die The-rapie der Intellektuellen, denn ein klarer, beweglicher spiritus ist Bedingung für einen klaren Geist. So wie die grobstofflichen Materien des Körpers durch Aufnahme von Nahrung gebildet und ernährt und durch Arzneien, die ihrer-seits bestimmte Elementen-Qualitäten-Mischungen sind, geheilt werden, so verhält es sich auch mit dem spiritus, der, wie Ficino betont, insbesondere durch feinstoffliche Dinge wie Düfte, leichter Wein, Licht und Farben u.a. zu ernähren sei.

25 In der anaximenischen Tradition war Pneuma ein Derivat der Atemluft; in der heraklitischen

dagegen entstammt es dem durch die Herzwärme erhitzten Blut. Siehe Thomas Fuchs, Die Mechanisierung des Herzens, Frankfurt am Main 1992, S. 33ff.

26 Zu Galens Säfte- und Pneumalehre vgl. neben dem Exkurs bei Fuchs (Anm. oben) vor allem Rudolph E. Siegel, Galens’s System of Physiology and Medicine. An Analysis of his Doc-trines and Observations on Bloodflew, Respiration, Humours and Internal Diseases, Basel, New York 1968; Owsei Temkin, „On Galen’s Pneumatology“, in: Gesnerus 8 (1951), S. 180–189.

27 Zu Avicenna vgl. z.B. De viribus cordis, cap. I. 28 Vgl. R. E. Siegel, Galen’s System, S. 183–192; Temkin, a.a.O. Neuere deutsche Studien (Ger-

hard Klier, Die drei Geister des Menschen: Die sogenannte Spirituslehre in der Physiologie der Frühen Neuzeit, Stuttgart 2002 und Sascha Salatowski, De Anima: Die Rezeption der aristotelischen Psychologie im 16. und 17. Jahrhundert, Amsterdam/Philadelphia 2006, be-streiten die Existenz des pneuma physicon bei Galen strikt, übersehen aber, dass dieser sehr wohl vom angeborenen Pneuma, einer pneumatischen Substanz in denen Venen und auch be-grifflich vom pneuma physicon gesprochen hat, z.B. De methodo medendi XII, 5 (Kühn X, S. 839f.). Eine differenziertere Sicht bietet Franjo Kovacic, Der Begriff der Physis bei Galen vor dem Hintergrund seiner Vorgänger, Stuttgart 2001, S. 118ff.

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3. Heilmittel und Diätetik Entsprechend der Lehre von den vier humores bedeutete das Gleichgewicht der Säfte Gesundheit, ein Überhandnehmen eines Saftes Krankheit. Krankheit entsteht also, wenn die natürliche Mischung durch das Überhandnehmen eines Saftes aus dem Gleichgewicht gerät, was beispielsweise durch falsche Ernäh-rung, Bewegungsmangel oder starke psychische Affekte verursacht werden kann. Daher bestand die Therapie von Krankheiten traditionell im Abführen überschüssiger oder kranker Säfte. Dabei wurde vorausgesetzt, dass die Wir-kungen von Heilmitteln ihrerseits auf der krasis des Pharmakons beruhen, also durch die jeweilige Mischung der Elemente und Qualitäten im verabreichten Stoff zustande kommen. Sie wirken erwärmend, abkühlend, befeuchtend und trocknend, verdünnend, verdichtend und verteilend. Diese Wirkungen lassen sich zwanglos im Rahmen der Elementen-Qualitäten-Lehre erklären.

Abgesehen von Mitteln zur Wiederherstellung der Gesundheit, ist der Er-halt der Gesundheit vor allem vom gesunden Lebenswandel abhängig. Zu den gesundheitswahrenden Dingen zählen in der galenischen Medizin die sechs res non naturales genannten Dinge.29 Laut Galens Ars medica sind diese der Kontakt mit der Luft, Bewegung und Ruhe, Schlafen und Wachen, das was ausgeschieden bzw. zurückgehalten wird, und an sechster Stelle Einwirkungen des Geistes30; bei letzteren handelt es sich um die Kontrolle der „affectus ani-mi“, der seelischen Affekte und Emotionen.

Damit ist die rechte Lebensführung von großer Bedeutung für die Vermei-dung von Krankheiten und umfasst alle wesentlichen Bereiche des menschli-chen Lebens, von der Ernährung zur Körperhygiene, Arbeit und Muße, Wahl des Wohnorts, körperliche Entspannung und Anstrengung. Auch Ficinos Libri de vita widmen diesen Dingen große Aufmerksamkeit. Anleitungen zum ge-sunden Leben (regimina sanitatis) waren seit dem Hochmittelalter, wiederum dank der Vermittlungstätigkeit arabischer Mediziner und Gelehrter, in Europa weit verbreitet. Die sechs res non naturales spielen beispielsweise in Hilde-gard von Bingens Explanatio regulae Sancti Benedicti aus dem 12. Jahrhun-dert, in dem berühmten Lehrgedicht Regimen Sanitatis Salernitanum, auch Flos medicinae genannt, aus dem 12. oder 13. Jahrhundert, von Arnaldus de Villanova in lateinischer Version ediert, in Petrus Hispanus’ Consilium de tuenda valetudine und Gentile da Folignos Tractatus de conservanda sanitate corporis aus dem 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Im 15.-17. Jahrhundert bildeten Gesundheitsbücher ein Modethema der Humanisten, das beim Adel 29 Vgl. Mesue, Canones, Intentio III: „Ex parte autem accidentium forinsecorum error provenit

sicut in malo regimine, quod fit in usu sex rerum non naturalium quas scis.“ (ed. Lieber-knecht, S. 15b, Z. 40–43). Zum Thema siehe Lieberknecht, a.a.O. S. 47 sowie Jörg Melzer, Vollwerternährung. Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch , Wies-baden, Stuttgart 2003, S. 41ff.

30 Kühn I, S. 367. Vgl. auch Roger Bacon, „De retardatione accidentium senectutis“, cap. XI, in: Opera hactenus inedita Fasc. IX, hg. v. A.G. Little und E. Withington, Oxford 1928, S. 74ff.

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und gehobenen Ständen rege Aufnahme fand.31 Marsilio Ficinos Lorenzo de’ Medici gewidmeten Libri de vita reihen sich in diese Tradition ein. Dabei hat Ficino insbesondere die Gesundheit und Lebensverlängerung der Intellektuel-len im Blick. Anregung für diese Thematik fand er in der sehr eleganten Schrift De conservanda iuventute et retardanda senectute von Arnaldus de Villanova (um 1235-1311)32, die er im August 1489 gelesen hatte. Sie stellt ih-rerseits eine verkürzte Paraphrase der Roger Bacon zugeschriebenen Abhand-lung De retardatione accidentium senectutis (um 1220) dar.

Zu den teuersten und gefragtesten Heilmitteln, die seit der ältesten Medizin existieren und bis in die Frühe Neuzeit hinein sehr gefragt waren, zählen die von Ficino häufig genannten Theriake, die ursprünglich zur Abwehr von Gif-ten dienten. Ficino erwähnt auch das Mithridat, eine angeblich von Mithrida-tes VI. Eupator, König von Pontos (120-63v.C.) gefundene Zusammenstel-lung, welche durch Kombination möglichst vieler Gegengifte ein universelles Mittel gegen Vergiftungen bereitstellen sollte.33 Galen verlangt dafür 77 Be-standteile; er widmete den Theriaca eine eigene Abhandlung.34 Manche Heil-mittel erscheinen heute geradezu abenteuerlich, insbesondere solche, die stark bewusstseinsverändernde Drogen zum Bestandteil haben. Manches mag auch Ekel hervorrufen, wie z.B. die Verwendung von mumia, wofür ersatzweise zwar ein Balsam hergenommen wurde, von dem man sich vorstellte, dass die Ägypter ihre Verstorbenen mit ihm mumifizierten; tatsächlich kommt aber auch „mumia vera“ in den Rezeptbüchern vor. Viele Heilmittel – vor allem die Elektuare (Latwergen) – sind Zubereitungen aus Obstmus, Honig und Gewür-zen. Neben Rezepturen Mesues, Avicennas, Halys und anderer hat Ficino in De vita auch einige selbst ausgedachte und an sich selbst ausprobierte Heilmit-tel beschrieben.

Häufig von Ficino erwähnte Autoren zur Heilkunde sind Galen, Avicenna und Mesue. Bezüglich Avicennas dürften insbesondere die im dritten Buch des Canon entwickelte Theorie der Entstehung, Arten und Heilung verschie-dener Formen der Melancholie35 und der im fünften Buch („Antidotarium“) entwickelte tractatus scientialis relevant sein, dessen erster Teil („Summa I.“) in 12 Traktaten die Grundlagen der Arzneimittelkomposition behandelt. Hier sind im ersten Traktat zahlreiche Theriake beschrieben; es folgen weitere Me-dikamentarten wie Elektuare, Sirupe, Trochisken, Pillen etc. Der zweite Teil 31 Vgl. den historischen Überblick von Klaus Bergdolt, Einführung in: Alvise Cornaro: Vom

maßvollen Leben, Heidelberg 1991. 32 Arnaldi Villanovani Philosophi et Medici summi Opera omnia. Cum Nicolai Taurelli Medici

& Philosophi in quosdam libros Annotationibus: Indice item copiosissimo. Basileae ex Offi-cina Pernea per Conradum Waldkirch MDXXCV, S. 813–838.

33 Siehe Donald Beecher, „Ficino, Theriaca and the Stars“, in: Marsilio Ficino. His Theology, His Philosophy, His Legacy, hg. v. Michael B. Allen, Valery Rees, Martin Davies, Leiden, Boston, Köln: Brill 2001, S. 242–256.

34 De theriaca ad Pisonem liber (Kühn XIV, S. 210-310). 35 Canon medicinae, lib. III, fen. I (über Krankheiten des Kopfes), cap. XIX–XXV „De melan-

cholia“.

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behandelt Medikamente für Krankheiten einzelner Körperteile. Mit der Hei-lung des Lebensgeistes befasste sich Avicenna besonders in De viribus cordis, Buch III, Kapitel IV. Recht häufig beruft Ficino sich auf das kleine Kapitel „De eis quae canitiem tardant“.36 Auch Mesues Schriften nehmen vielfach auf Avicenna Bezug. Die Identität Mesues, der mit Namen wie „Joannes filius Mesuae“, „Johannes Mesue junior“ oder „Johannes Damascenus junior“ be-zeichnet wurde und in Mittelalter und Renaissance außerordentliche Bedeu-tung genoss, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt.37 Die ihm zugeschriebenen Traktate sind laut Fritz Krafft38 die bedeutendsten Schriften des späten Mitte-lalters zur Heilmittelmedizin und gehörten über Jahrhunderte zur Grundaus-bildung von Ärzten und Apothekern. Eine Abhandlung namens „Consolatio medicinarum simplicium“ kursierte in zahlreichen lateinischen Handschriften und Übersetzungen, ehe sie 1471 von Clemens Patavinus als erstes großes medizinisches Werk in Venedig und Padua gedruckt wurde, gefolgt von zahl-reichen Nachdrucken und der von Jacques Dubois 1542 in Paris besorgten versio nova. Die Consolatio wurde üblicherweise in Form zweier Abhandlun-gen gedruckt, erstere trägt den Titel De consolatione medicinarum simplicium et correctione operationum earum canones, kurz Canones universales oder Canones generales, und beinhaltet eine Regelsammlung zur Anwendung ab-führender Drogen. Letztere, De simplicibus (liber) genannt, ist eine Beschrei-bung der Eigenschaften, Anwendungsgebiete und Dosierung abführender Heilmittel. Am wahrscheinlichsten ist die von Sieglinde Lieberknecht auf-grund von Quellen-, Zitaten- und Kommentarvergleichen vertretene Annahme, dass es sich bei dem Verfasser der Canones um einen lateinischen Autor han-delt, der sie zwischen 1260 und 1290 aus einem arabischen Text übersetzen ließ und durch weitere aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzte Traktate ergänzte.39

Mesue galt zudem als Autor eines Antidotarium, meistens Grabadin ge-nannt, und einer Practica. Laut den Übersetzerinnen von Teilen des Grabadin, Ingrid Klimaschewski-Bock und Ulrike Heuken, handelt es sich bei ihrem Verfasser sehr wahrscheinlich um einen zwischen dem 12. und 13. Jahrhun-dert in Oberitalien lebenden Arzt, der seinen Autornamen nach dem des be-rühmten arabischen Arztes Jahja Ben Maseweih, latinisiert Mesue, prägte.40 36 Canon lib. IV, fen. VII, tract. I, cap. XVI. 37 Die (u.a. von Kaske) vertretene Annahme, es handele sich um Mesue junior, gest. 1016, geht

ursprünglich auf Leo Africanus’ De viris quibusdam illustribus apud Arabes (1527) zurück und wird in der Forschung zumeist bestritten. Ebenso ist die Biographie von Symphorien Champier offenbar erfunden; in arabischen Quellen ist keine Biographie belegt.

38 Geleitwort zu Lieberknecht, Die Canones des Pseudo-Mesue, a.a.O. 39 Lieberknecht, Canones, S. 4–8 und 27–34. 40 Die von Ingrid Klimaschewski-Bock besorgte Übersetzung mit Einleitung und Kommentar

und Reprint erschien unter dem Titel Die ‚Distinctio sexta‘ des Antidotarium Mesue in der Druckfassung Venedig (Sirupe und Honig) 1987 im Deutschen Apotheker Verlag Stuttgart. Ihr folgte die ebenso gestaltete Übersetzung der Distinctiones 8-10 (Trochisci, Pulver, Suffuf, Pillen) durch Ulrike Heuken, ebd. 1990.

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Die frühesten Manuskriptfunde des Antidotarium stammen aus dem 13. Jahr-hundert. Der erste Druck, der zugleich den Kommentar des berühmten Ana-tomen Mondino da Luzzis (um 1275-1326) enthält, erschien 1489-91 in Vene-dig.41 Die Schrift enthält zwölf Kapitel („distinctiones“; auch Avicenna unter-schied zwölf „composita essentiales“42) zu unterschiedlichen Medikamenten wie Elektuarien (Latwergen), Trochisken (pastillenförmige Medikamente), Abführmitteln, Opiumtherapeutika, Sirupen, Pulvern und weiteren Heilmit-teln. Von Ps.-Mesue übernahm Ficino zahlreiche Rezepturen. Welches Ma-nuskript oder Druck Ficino, der vor allem im ersten Buch De vita Mesue häu-fig erwähnt oder paraphrasiert, zugrundelegte, kann ich nicht entscheiden. In der Bibliotheca Medicea Laurentiana befinden sich eine italienische und zwei lateinische Handschriften der Canones43 und drei Handschriften des Antidota-rium.44 Dem venezianischen Wiegendruck der vier Traktate von 1471 war be-reits im selben Jahr in Florenz ein weiterer Druck gefolgt.

Ps.-Mesues Canones sind auch insofern bedeutsam, als sie, wie Sieglinde Lieberknecht gezeigt hat,45 eine gegenüber der antiken naturtheoretischen Er-klärung differenziertere Vorstellung von der Wirkungsweise von Heilmitteln profilieren. In der arabischen Medizin war laut Lieberknecht das Problem auf-gebrochen, dass sich bestimmte Wirkungen nicht allein durch Elemente und deren Qualitäten und die Kombination derselben erklären ließen und dass ne-ben den allgemeinen elementarischen Wirkungen qualitates occultae bzw. vir-tutes occultae für spezielle Wirkungen anzunehmen seien; wahrscheinlich handelt es sich um einen von Ps.-Mesue selbst hinzugefügten, aus scholasti-schem Umfeld hervorgegangenen Zusatz.46 So sei z.B. beim Austreiben von Giften mehr im Spiel als nur elementarische bzw. rein physiologische Prozes-se, nämlich ein Modus von Anziehung: Ein Gegengift kann ein anderes oder auch dasselbe Gift aus dem Körper ziehen. Ps.-Mesue erklärte hierzu zu Be-ginn seiner Canones, die zu Ficinos Zeit das Grundbuch der Pharmazeutik war:

„Denn es wird alles (wie die Philosophen sagen) mit einer zweifachen Wirkung ausgestattet: mit einer den Elementen zugehörigen und einer himmlischen – das

41 Siehe Lieberknecht, Canones, S. 98. Heute wird in der Forschung und für Übersetzungen zu-

meist die 1561 in Venedig gedruckte Edition nach der Übersetzung mit ausführlichen Kom-mentaren von Jacobus Sylvius (= Jacques Dubois, 1478–1555) zugrunde gelegt. Sie zeichnet sich durch eine ästhetisch anspruchsvolle und inhaltlich übersichtliche Gestaltung aus. Auf den kursiv gesetzten Text der Sylvius-Übersetzung oder editio nova folgt recte in Antiqua der Text der editio vetus, in kleinerer Schriftgröße gefolgt von Mondinos Kommentaren.

42 Canon medicinae Lib. V, Summa I, Einleitung. 43 Siehe Lieberknecht, Canones, S. 191. 44 Siehe Klimaschewski-Bock, Distinctio sexta, a.a.O. S. 299. 45 Lieberknecht, Canones, S. 48f. 46 Avicennas’ Canon bietet m.W. keinen Hinweis auf diese Uminterpretation, sondern bleibt im

galenischen Erklärungsrahmen, dass die Wirkung von Medikamenten auf den „simplicibus“ beruhe oder „ex tota forma“ erfolge; ebenso auch bei Roger Bacon, „De compositione qua-rundarum medicinarum“, in: Opera hactenus inedita Fasc. IX, a.a.O. S. 103f.

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heißt nämlich mit einer allgemeinen und andererseits mit einer spezifischen Kraft. Denn jedes heiße Ding erwärmt zwar und jedes kalte kühlt ab, abführend jedoch ist etwas weder, weil es heiß, noch weil es kalt ist, sondern weil es mit einer himmlischen Kraft ausgestattet ist, die auf diese Weise seine Mischung [aus den Elementen] reguliert. Daher nämlich wirkt ein Mittel laxierend, ein an-deres [harn-]treibend und ein weiteres auf wieder andere Weise, und dies, weil es als ein solches über die Komplexion hinaus von der himmlischen Kraft her-beigeführt wird.“47

Auch in Ficinos De vita coelitus comparanda ist die Frage nach den Wir-kungskräften der Schlüssel zur Argumentation. Wie lässt sich erklären, was sich durch elementarische Qualitäten und Wirkungen allein nicht erklären lässt? Das Konzept der Wirkungen von Sternen und Planeten, das er ins Spiel bringt, ist insofern ein genuin naturphilosophisches Konzept. Also war die Frage: Wenn es Wirkungen der Gestirne sind, die physiologische und psychi-sche Zustände und Prozesse verursachen oder mitbedingen, wie lässt sich das erklären, ohne auf naturphilosophisch anrüchige Konzepte wie Fernwirkung (actio in distans) oder Wunder (miracula) zu verfallen?

4. Astrologie und Medizin Um die Wirkung der Gestirne philosophisch zu begründen, leitete Ficino das dritte Buch von De vita mit metaphysischen Gedanken ein, die an den fünfstu-figen Kosmos seiner platonischen Theologie anschließen. Auf der Grundlage einer Systematisierung der Lehre Plotins zeichnet die Theologia platonica ei-nen hierarchischen Kosmos, der von Gott oder dem „Einen“ der Neuplatoniker über die Engel zur Seele führt, und weiter über die Qualitäten oder mit Eigen-schaften und Kräften ausgestatteten materiellen Körpern zur Materie oder un-tersten Ebene der stofflichen Körper.48 Die Seele ist Mitte der Welt, die die geistigen Sphären mit dem Körperlichen verknüpft. Wiewohl es sich bei De vita um eine medizintheoretische Abhandlung handelt, hat Ficino hier die Weltseelenlehre ergänzt und präzisiert. Diese Ergänzung beruht auf der Mi-krokosmos-Makrokosmos-Analogie. So wie es in der medizinischen Tradition im Menschen einen spiritus, Lebensgeist gibt, der Seele und Körper zusam-menfügt, so wirkt Ficino zufolge auch in der Welt ein Geist, der spiritus mun-di, als Vermittler zwischen Weltseele und Weltkörper. Die aristotelische Trennung von sublunarer und supralunarer Welt, zwischen der Welt der Ele-mente und der ätherischen Welt der Gestirne ist eingezogen; das Pneuma be-findet sich (stoischen Lehren zufolge) im ganzen Kosmos und strömt durch al-le Wesen – die bekannteste Formulierung dieser Vorstellung sind Vergils Ver-se: „spiritus intus alit, totamque infusa per artus /mens agitat molem et magno 47 Zitiert nach Lieberknecht, Canones, S. 49. 48 Theol. plat. I, III und III, II.

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se corpore miscet“ („ein Geist, durch die Glieder ergossen, regt den gewalti-gen Stoff und mischt mit dem mächtigen Leib sich“).49 Das Konzept eines al-les durchdringenden Pneuma erwies sich als anschlussfähig für „esoterische“ Lehren auch in der Medizin. Das dritte Kapitel von De vita coelitus compa-randa trägt die Überschrift: „Zwischen der Weltseele und dem sichtbaren Weltkörper ist der Weltgeist, in dessen Macht sich die vier Elemente befinden. Wir aber können diesen durch unseren Lebensgeist in uns aufnehmen“. Im Textfortgang heißt es:

„Zweifelsohne ist der Weltkörper überall lebendig, wie man aus der Bewegung und der Erzeugung ersehen kann, was die indischen Philosophen damit begrün-den, dass er überall Lebewesen aus sich selbst erzeugt. Er lebt also durch eine Seele, die überall in ihm gegenwärtig und ihm vollkommen gemäß ist. Deshalb wohnt zwischen diesem Weltkörper, den wir sinnlich wahrnehmen und der zum Teil vergänglich ist, und seiner Seele selbst, die ihrem Wesen nach so sehr vom Körper verschieden ist, überall ein Geist, genau so, wie es bei uns zwischen See-le und Körper der Fall ist, wenn anders das Leben dem gröberen Körper immer und überall von einer Seele mitgeteilt wird. Denn ein solcher Geist wird notwen-digerweise als Medium benötigt, durch welches die göttliche Seele dem gröberen Körper gegenwärtig sein und ihm ungehindert Leben schenken kann.“

Wie der Lebensgeist im Menschen, so zeichnet sich der Weltgeist durch größ-te Feinstofflichkeit aus; Ficino identifizierte ihn auch mit dem aristotelischen Begriff der Quintessenz und dem Pneuma der Stoiker. Von ihm werden die Kräfte der Weltseele zur terrestrischen Welt vermittelt und umgekehrt. Durch ihn gelangen die Strahlen der Gestirne zur Erde, und mit ihnen ihre Qualitäten und Einflüsse.

Indem Ficino dieses Zwischenwesen installierte, konnte er seine metaphy-sisch-kosmologischen Annahmen mit naturtheoretischen Begründungen ver-knüpfen. Es ist eine Art von feinstem Stoff, fast immateriell, aber nicht rein geistig, in dem sich die Strahlen der Gestirne, sichtbar am Licht, bewegen und Wirkungen in der terrestrischen Welt und im Menschen entfalten. Von diesen Wirkungen ist der Mensch zu jeder Zeit betroffen. Heilung wird folglich, ne-ben den elementarischen Wirkungen der Medikamente, darin bestehen, sich diesen Strahlen auf die jeweils richtige Weise auszusetzen beziehungsweise, sollte es sich um ungünstige Planeten und Sternkonstellationen handeln, ihre Wirkung zu vermeiden oder abzuschwächen.

Da es nun die Gestirne sind, deren Kräfte in den Stoffen sind, die zu Heil-mitteln taugen, sind Astronomie und Astrologie für die Heilkunst von grund-legender Bedeutung. Seit der Antike war die Astronomie Teil der „sieben frei-en Künste“ und bildete als solcher bis in die Renaissance hinein einen Be-standteil der schulischen und universitären Ausbildung. Die Astrologie war

49 Siehe Vergil, Aen. VI, 726f. Vgl. Jochen Althoff, „Exkurs: Die Rolle des Pneuma bei Aristo-

teles und in der Stoa“, in: ders., Warm, kalt, flüssig und fest bei Aristoteles. Die Elementar-qualitäten in den zoologischen Schriften, Stuttgart 1992, S. 283ff.

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seit Ptolemaeus der Astronomie angeschlossen.50 Der Aufstieg und Verfall von Reichen, die Entstehung von Religionen, überhaupt alle Ereignisse von welt-weiter Bedeutung einschließlich Naturkatastrophen wurden seit Beginn der astronomisch-astrologischen Berechnungen stellarischen und stellarisch-planetarischen Konjunktionen und Kometen zugeschrieben.

Wie bereits die Römer, sahen Renaissancegelehrte den Ursprung der Astro-logie in Babylonien; Astrologie galt als „chaldäische“ Wissenschaft. Die Be-zeichnungen für die Tierkreiszeichen und die Identifikation von Planeten mit Göttern ist babylonischen Ursprungs und wurde von den Griechen und Rö-mern übernommen. Die wirkungsgeschichtlich bedeutendsten Schriften zu Astronomie und Astrologie verfasste der in Ägypten lebende Claudius Ptole-maeus (ca. 90–ca. 170), der in seiner astronomischen Hauptschrift, Mathema-tike bzw. Megale Syntaxis, 48 Sternbilder und einen Sternenkatalog entwarf; der Titel Almagest ist der arabischen Tradition entlehnt. Diese Darstellung ba-siert auf der Annahme der Zentralstellung der Erde, um die die Planeten ein-schließlich Mond und Sonne kreisen, die ihrerseits vom Fixsternhimmel um-schlossen sind; sie begründete das sog. ptolemäische Weltbild, das weit über tausend Jahre die Kosmologie beherrschte. Sein zweites astronomisches Hauptwerk ist der Traktat Tetrabiblos (Quadripartitum), der eine Anleitung zur Deutung von Konstellationen und Erstellung von Horoskopen enthält. Pto-lemaeus’ Schriften lebten in der arabischen Kultur fort und wurden seit dem 12. Jahrhundert mehrfach ins Lateinische übersetzt. Ihm zugeschrieben wurde auch das Centiloquium, eine Sammlung von einhundert Aphorismen, die in der Renaissance ebenfalls weit verbreitet waren. Ficino hat Ptolemaeus in den Libri de vita mehrfach zitiert.

Einige spätantike Traktate zur Astrologie und hermetische Schriften, die astrologisches Gedankengut enthielten, wurden das ganze Mittelalter hindurch überliefert. Insbesondere ist auf Macrobius’ Kommentar zu Ciceros Somnium Scipionis hinzuweisen, den Schlussteil des Dialogs De re publica, der ansons-ten im Mittelalter verloren war. Während im weströmischen Reich die Astro-logie seit Diokletian wiederholt verboten wurde und im frühen Mittelalter eine Randerscheinung bildete, genoss sie in der arabischen Welt großes Ansehen; zu den bedeutendsten Astrologen zählen Al-Kindi (um 800-873) und insbe-sondere der in Europa Albumasar genannte Jafar ibn Muhammad Abu Mashar al-Balkhi (um 787-886). Die astrologischen Traktate der Araber – worunter in etwa die Gebiete vom damaligen Persien bis nach Südspanien fallen – entfal-teten nach Übersetzungen ins Lateinische seit dem 12. Jahrhundert in Europa außerordentliche Wirkung.51 Sie zirkulierten in Manuskriptsammlungen und waren oft an andere Traktate angebunden, beispielsweise enthält Ptolemaeus’

50 Hierzu und allgemein zur Geschichte der Astrologie siehe Garin, Astrologie in der Renais-

sance. 51 Zur Geschichte der Astrologie siehe James Herschel Holden, A History of Horoscopic Astro-

logy, Tempe, Arizona 1996, zur arabischen Astrologie S. 99-129.

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Tetrabiblos in der von Bonetto Locatelli besorgten Edition Venedig 1493 wei-tere Traktate mit den Namen „Bethem“, „Almansor“, „Zahel“ und „Messa-lach“.52 Auch Ficinos De vita, dessen drittes, nach Erscheinen der Häresie be-schuldigtes Buch in vielen Editionen fehlte, konnte auf diese Weise als ganze Schrift verbreitet werden.53

Eine weitere wichtige Quelle für die Renaissance-Astrologie und Magie ist die anonyme Sammlung arabischer Texte Gayat al-hakim, die im Lateinischen den Namen „Picatrix“ (mit dem Untertitel „Das Ziel des Weisen“) trägt. Autor und Entstehungszeit sind in der Forschung umstritten; am wahrscheinlichsten – da mit den Angaben im Text selber übereinstimmend – dürfte sein, dass die Schrift Mitte des 10. Jahrhunderts entstanden ist.54 König Alfons X. von Kasti-lien, der die Übersetzerschule von Toledo gründete, ließ den Text 1256 ins Spanische übersetzen; daraus ging eine lateinische Übersetzung hervor, die in Handschriften kursierte.55 Pietro d’Abano (den Ficino zitiert), Ficino selbst, Giovanni Pico, der ein Exemplar besaß, ebenso wie Trithemius, Agrippa und viele andere haben sich auf das neuplatonisch-hermetische Werk berufen. Be-handelt werden die neuplatonische Intellektlehre, Astrologie und Magie, dar-unter die von Ficino in De vita ausführlich dargestellten Talismane und Amu-lette. Das zweite Buch beginnt mit dem neunten Aphorismus des Centilo-quium: „Alle Dinge dieser Welt gehorchen den himmlischen Formen“ und der kommentierenden Feststellung, dass der Ursprung der Magie in den Bewe-gungen der Planeten begründet sei.56

Der Konnex von Astrologie und Medizin hat für die Zubereitung und An-wendung von Heilmitteln Konsequenzen. So wird von Ficino wiederholt be-tont, dass es wichtig sei, die rechte Stunde zur Zusammenstellung und Ein-nahme von Arzneien abzuwarten. Dies ist eine unproblematische Variante der auch von christlichen Autoren des Mittelalters, beispielsweise Thomas von Aquin, geteilten Annahme, dass bei der agricultura, dem Ackerbau, sehr ge-nau auf die Stellung von Sonne, Mond und weiteren Himmelskörper zu achten sei.57 In De Vita beruft sich Ficino mehrfach auf Passagen bei Kirchenlehrern

52 Siehe Albano Biondi (Hg.), M.F., De vita, S. 420. 53 Eine Edition aller drei Bücher durch Johann Virdung von Hassfurth findet sich beispielsweise

in: Joannis Hasfurti Medici, ac astrologi praestantissimi, De cognoscendis, et medendis mor-bis ex corporum coelestium positione Libri IIII. Venetiis, Ex Officina Damiani Zenarii, 1584.

54 Siehe Paola Carusi, „Alchimia islamica e religione: la legittimazione difficile di una scienza della natura“, in: Oriente Moderno 19 (2000), S. 461–502; Mirabel Fierro: „Batinism in al-Andalus. Maslama b. Qasim al Qurtubi (d. 353/964), Author of the Rutbat al-Ḥakim and Ghayat al-Ḥakim (Picatrix)”, in: Studia Islamica 84 (1996), S. 87–112. Ritter hatte Picatrix auf das 11. Jahrhundert datiert.

55 Garin, Astrologie in der Renaissance, S. 71, legt ein lateinisches Manuskript aus dem 15. Jh. (No. 10727 der Pariser Nationalbibliothek) zugrunde.

56 Siehe Garin, Astrologie in der Renaissance, S. 70ff. 57 Siehe Augustinus, De civ. V, 6; Thomas v. Aquin, De iudiciis astrorum, ed. Leon. vol. 43, S.

201, sowie Summa contra gentiles III, 84, zum Vergleich der Tätigkeit von Arzt und Astrolo-ge. Zu Magie und Astrologie bei Thomas von Aquin siehe Thomas Linsenmann, Die Magie

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wie Albertus Magnus58 und Thomas von Aquin59, sicherlich nicht zuletzt, um die Anschlussfähigkeit seiner astrologisch-medizinischen Annahmen mit christlichen Lehren zu unterstreichen. In der Apologie60 verwies er auf die tra-ditionelle Unterscheidung von dämonischer und natürlicher Magie und erklär-te, nur von letzterer gesprochen zu haben, die um der Gesundheit willen die Gaben der Himmelswesen durch natürliche Dinge zu gewinnen suche. Diese teilte er hier wiederum in zwei Unterarten ein: eine gekünstelte, die sinnlose Dinge fabriziert und eine notwendige, die Astrologie und Medizin verknüpft und unbedingt zu bewahren sei. Sehr deutlich tritt diese Bemühung um Kon-kordanz von Astrologie, Religion und Medizin auch in der Apologie vor Au-gen, in der Ficino schrieb: „Und auch Christus selbst, der Lebensspender, der seinen Schülern auftrug die Kranken in aller Welt zu heilen, dürfte den Prie-stern ebenfalls befehlen wenigstens mit Kräutern und Steinen zu heilen, wenn sie schon nicht allein durch Worte heilen können, wie einst jene. Wenn aber diese Dinge noch nicht zum gewünschten Erfolg führen, so dürfte er ihnen be-fehlen, sie unter einem günstigen Einfluss des Himmels zusammenzustellen und den Kranken zu verabreichen.“

Wie ernst es Ficino damit war, Argumente zur rechtmäßigen Handhabung astrologischer Praktiken zu finden, die den Anschluss an naturphilosophische Erklärungen zulassen und zugleich christlichen Lehren möglichst nicht wider-sprechen, zeigt sich insbesondere an seiner ausgreifenden Behandlung der Ta-lismane, bei deren Erklärung er den Materieaspekt stark betonte: Nicht das eingravierte Zeichen, nicht das Bild einer Himmelsfigur, sondern die Materie des Steins bringe Wirkungen hervor. Auch hier verwies Ficino auf die die Übereinstimmung mit Thomas von Aquin.61 Entscheidend sei die Wahl des Steins im Hinblick auf die erwünschten Wirkungen; so wird ein zum Sternbild der Sonne gehöriger Edelstein, auf der Haut getragen, dem Träger solare Kraft vermitteln.

Um die richtigen Heilmittel einzusetzen, ist eine genaue Kenntnis der Astrologie nötig. Von Hippokrates soll der vielzitierte Satz stammen, dass ein Arzt ohne Kenntnis der Astrologie nicht das Recht habe, sich Arzt zu nen-nen.62 Auch Albumasar bezeichnete die Astrologie als Fundament der Medizin und fügte hinzu, dass, wer sie verdamme, dadurch die Medizin zerstöre.63

bei Thomas von Aquin, Berlin: Akademie-Verlag 2000, S. 99ff. Vgl. auch die entsprechenden Argumente Ficinos in der Apologie (s.u.).

58 Vgl. De vita II, 18. 59 Vgl. die Vorrede an Lorenzo und De vita III, 8. 60 Die Apologie ist seit den frühesten Editionen an die Libri de vita angehängt, ebenso hier. 61 Vgl. De vita III, 18. Ficino übernimmt die Position von Thomas von Aquin in ScG III, 104–5. 62 Siehe Hippocrates, „De significatione mortis et vitae“, Junctinus II, S. 1077 ff., Anfang: „ne-

mo debet se committere manibus eius (...) qui ignorat astronomiam (...) quia non est perfectus medicus“.

63 Siehe Albumasar, Introductorium liber, I, cap. IV „De confirmatione astrologiae“: „ut praeci-puum sit medicus astrologiae particeps quatinus aratis suae fundamentum et principium re-

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Ficino teilte – sich auf Galen berufend – diese Ansicht.64 Überdies riet er unter Berufung auf Ptolemaeus, den Arzt sorgfältig zu wählen und Ärzte zu meiden, deren Nativitätskonstellation für ihren Beruf oder für den Kranken ungünstig sei. In De vita geht es insbesondere um solche Heilmittel, die den Lebensgeist in seinen Funktionen unterstützen. Neben diesen, die die möglichst feinstoff-lich sein sollen, sind vor allem solche Dinge oder Handlungen anzuraten, die Weltseele und Weltgeist der Form nach imitieren, als da sind Gesang, der von der Luft getragen wird, pythagoreische und orphische Musik und Tänze und Bewegungsformen, die die Struktur des Kosmos in Klang und Bewegung nachvollziehen, aber auch simple Dinge wie frische Luft und Spazierengehen, also die „res non naturales“. Wie ernst es Ficino auch auf diesem Gebiet mit der naturphilosophischen Begründung war, zeigt sich in seiner Bemerkung zu Davids Lautenspiel in De vita III, 21, wo er erklärt, dass sich Sauls Heilung von der Melancholie durch Davids Lautenspiel durch natürliche Ursachen er-klären ließe, hätte die Hl. Schrift nicht geboten, sie auf Gottes Wirken zurück-zuführen.

Als Astrologe ging Ficino davon aus, dass das Leben eines Menschen von seiner Nativität bestimmt ist. Dies scheint auf den ersten Blick einen strikten Determinismus zu implizieren, bei genauerem Hinsehen ist dies aber nicht der Fall. So wird insbesondere im astrologischen dritten Buch sehr deutlich, dass es vielmehr darum geht, die Wirkung astraler Einflüsse zu steuern und zu kor-rigieren. Ist beispielsweise ein Mensch qua Geburtszeit ein Melancholiker und Kind Saturns, als welches Ficino sich selbst beschrieb, so müssen korrigieren-de Einflüsse gesucht werden, insbesondere die des ausgleichenden Jupiter. Falsch wäre es jedoch, ein Leben gegen die eigene Natur zu führen. In diesem Zusammenhang brachte Ficino die Lehre vom persönlichen Dämon ins Spiel, die u.a. Platon in der Politeia und im Phaidon65, Plotin in Enneade III, 4 und Iamblichus – in Auseinandersetzung mit der etwas abweichenden Position von Porphyrius – in De mysteriis behandelt hatten.66 Das Thema kosmischer und terrestrischer Dämonen hatte Ficino im ersten Buch der Theologia platonica bereits angesprochen, deren viertes Kapitel sich mit dem Zodiak befasst und, wie Ficino sich ausdrückt, „mit den Pythagoreern fabuliert“, d.h. sich auf Py-thagoras und die Orphischen Hymnen stützt.67 „Confabulari“ ist ein Begriff, den Ficino in solchen Zusammenhängen einsetzte, bei denen die Anschlussfä-higkeit an kirchliche Lehren nicht gegeben ist.

cognoscant.“ Vgl. auch Roger Bacon, „De erroribus medicorum“, in: Opera hactenus inedita Fasc. IX, S. 154.

64 Galen, De crisibus III. Vgl. De vita III, 10 und Apologie. 65 Politeia 617dff.; Phaidon 107dff. 66 Iamblichus, Les Mystères d’Egypte, cap. IX, ed. Edouard Des Places, Paris 1966, S. 202 ff.

(deutsch: Über die Geheimlehren, übers. und hg. von Theodor. Hopfner, Hildesheim, Zürich, New York 1987, S. 177 ff.). In Theol. plat. XVIII scheint Ficino Iamblichus’ Annahme zu folgen, dass sich die Seele auf ihrer Reise zum Körper einen kosmischen Dämon zuziehe; in De vita dagegen scheint er sich mehr auf Porphyrios` Nativitätsthese zu stützen.

67 Theol. Plat. IV, I (ed. Marcel I, S. 155).

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Die Frage, wie sich die menschliche Seele vor der Geburt einen Dämon als Begleiter zuziehe, hat Ficino im 18. Buch der Theologia platonica behandelt, das grosso modo einen Traktat zur Astrologie darstellt und in dem es um die Verkörperung der Menschenseelen geht. Dabei betonte er auch hier wieder-holt, dass er mit den Alten konfabulieren würde: „sed delectat interdum una cum Priscis confabulari“.68 Denn in Wirklichkeit gelange die Seele im Augen-blick ihrer Schöpfung durch Gott in den menschlichen Körper, was am 45. Tag nach Zeugung des Embryos geschehe – die Vorstellung einer Sukzessiv-beseelung teilte Ficino mit Aristoteles und Thomas von Aquin.69 Unter Beru-fung auf die „Magi“ – Quellen sind hier Platon, Proklos, Synesius und Hermes Trismegistus – wird dargelegt, dass Legionen von Seelen und Dämonen bei den einzelnen Sternen leben und in diesem Ätherraum einem aus Äther gebil-deten Fahrzeug – currus bzw. vehiculum animae – verbunden sind. Beginn ih-rer Verkörperung ist ein „Idol“, d.h. die Imagination ihrer Verkörperung, die die Seele in ihren Ätherleib, ihn so belebend, projiziert.70 Für ihren Abstieg („descensus“) in die Körperwelt sucht sie sich einen Dämon ihres Sterns zum Begleiter. Ihre Reise im ätherischen Gefährt führt sie hinab durch die Plane-tensphären, wobei sie sich Kräfte der Planeten zusammensammelt. Zur Erde gelangt, tritt sie in das Zentralorgan des Organismus, das Herz ein, wo sie sich mittels des vehiculum mit der natürlichen Wärme und dem spiritus corporis verbindet.71 Dies ist der Punkt, an welchem Ficinos Ausführungen zum per-sönlichen Dämon in De vita coelitus comparanda einsetzen. Von der vorge-burtlichen Reise, vom vehiculum oder Ätherleib der Seele spricht er hier nicht. Er spricht als Arzt, der den Gelehrten, insbesondere ihrem spiritus, zur Hilfe kommen will, damit sie ihr Werk besser und auch länger und möglichst unge-trübt von physischen und psychischen Beschwerden verrichten können.

Insgesamt kann man die Libri de vita als ein großartiges Kompilat aus as-trologischen, philosophischen und medizinischen Theorien betrachten, denen Ficino den eigenen Stempel und die eigene gedankliche Kohärenz aufgeprägt hat. Von ihnen aus betrachtet ist die Frage nach der Beziehung von Philoso-phie, wie in der Theologia platonica entfaltet, und der Astrologie in den Spät-schriften eigentlich umzudrehen: Die Frage ist weniger die, wie der so syste-matisch argumentierende Philosoph Ficino in die Astrologie hineingeraten ist, als die, wie es der Rezeption lange Zeit gelungen ist, astrologische Themen aus der Interpretation der Theologia platonica auszuklammern. Sie strahlen immer wieder aus den quasi-scholastischen Argumentationen hervor, sie fül-len Seiten. Die Frage, ob und wie sich Ficinos Interessen an und Schriften zu Theologie, Philosophie und Astrologie vereinbaren lassen, gerade auch vor dem Hintergrund des Astrologiestreits, in dem Giovanni Pico della Mirandola 68 Theol. Plat. XVIII, IV (ed. Marcel III, S. 195 f.). 69 Aristoteles, De gen. an. II, 736 a–b, sowie Thomas von Aquin, STh I, qu. 90 und 118, art. 2.

Vgl auch De vita Buch III, Kap. II. 70 Theol. plat. XVIII, IV (ed. Marcel III, S. 193). 71 Theol. plat. XVIII, VII (ed. Marcel III, S. 199).

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zu einer klaren Stellungnahme drängte, war in Ficinos Augen offenbar sach-lich nicht so schwierig; sie stieß allerdings an die Grenzen des theologisch korrekten Diskurses seiner Zeit. Die Einheit von Theologie und Philosophie hat er, wie bereits der Titel sagt, in der Theologia platonica begründet. Diese Begründung erfolgt durch systematische Argumente. Aber es sind die „prisci theologi“, zu denen Ficino Zoroaster, Hermes Trismegistus, Orpheus, Pytha-goras und Platon zählt72, die dafür bürgen, dass die Einheit von Theologie und Philosophie gelingen kann, da es sie am Beginn der Philosophie bereits gege-ben hat. Prisca theologia bzw. philosophia und wahre Theologie sind de-ckungsgleich; zu ersterer gehört die Astrologie. Und diese war, wie Ficino dank seiner Übersetzertätigkeit wusste, in der Antike und darüberhinaus mit der Medizin als deren Grundlage verbunden. Gewiss ist es also nicht zuletzt die Macht der hermetischen Tradition gewesen, deren beste Kenner zu jener Zeit der unermüdliche Übersetzer Ficino und sein langjähriger Wegbegleiter Giovanni Pico gewesen sind, die Ficinos Synkretismus ermöglicht hat.

5. Textgrundlage und Hilfsmittel Hilfestellung bei der Identifikation von Medikamenten und Ingredienzien bo-ten die genannten Mesue-Übersetzungen durch Klimaschewski-Bock, Heuken und Lieberknecht einschließlich der dort zu findenden Erklärungen und Glos-sare sowie das Kapitel „Quid pro quo“ bei Mesue in der Edition von 1541, das sowohl eine Liste mit Synonymen als auch eine Liste von alternativ verwende-ten Stoffen enthält, wobei hier vor allem Bezeichnungen bei Avicenna und Haly aufgeführt sind.73 Desweiteren wurden zeitgenössische bzw. im folgen-den Jahrhundert gedruckte Rezeptbücher herangezogen. Als besonders hilf-reich erwiesen sich zwei Editionen des Ricettario dell’Arte von 1550 bzw. 158374, die zahlreiche Rezepturen Mesues, Avicennas u.a. enthalten, und das von Antonio Sgobbio auf eigene Kosten in Venedig gedruckte Prachtwerk Theatro farmaceutico, das ebenfalls vor allem Rezepturen Mesues und Avi-cennas beschreibt.75 Sowohl das Ricettario als auch das Teatro farmaceutico enthalten auch Anleitungen zu Herstellungsverfahren, die Ficino selbst selten beschrieben hat. Herangezogen wurden ferner Plinius’ Naturkunde, das Her-bar Ratzinger, Lexika (Thesaurus linguae latinae; Wilhelm Freunds Wörter-

72 Theol. plat. VI, I (ed. Marcel I, S. 224). 73 fol. cclxxxvi a – cclxxxix b. 74 El Ricettario del l’Arte, et Universita de Medici, et spetiali della Citta di Firenze , Florenz

1550. Facsimile reprint Christian de Backer, Gent 1973 (= Opera pharmaceutica rariora Vol. VII); Ricettario fiorentino, ed. „I dodoci Riformatori“, Florenz 1583.

75 Nuovo, et universale Theatro Farmaceutico. Fondato sopra le Preparationi Farmaceutiche scritte da’ Medici Antichi, Greci, & Arabi; principalmente da Galeno, e Mesue. (…) Da An-tonio de Sgobbis da Montagnana. (…) In Venetia, MDCLXVII. Nella Stamparia Iuliana. A Spese dell’ Authore.

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buch der lateinischen Sprache, 4 Bände, 1834), Hahnemanns Apotherlexikon, Francesco d’Alberti di Villanuovas Dizionario Universale Critico Encyclope-dico, Krünitz’ Oeconomische Encyklopädie) und Agrippa von Nettesheim, der in der Occculta philosophia über weite Strecken Passagen aus Ficinos De vita übersetzt bzw. paraphrasiert hat, wobei der Übersetzung von Termini nicht immer zu trauen ist. Herangezogen wurde auch die deutsche Übersetzung von De Vita Buch 1 und 2 durch Johannes Adelphus aus dem Jahre 1505, die zahl-reiche Neuauflagen erlebt hatte.76 Selbstverständlich waren die italienische und die englische Übersetzung von De vita durch Albano Biondi (der die erste vollständige italienische Übersetzung vorlegte) und Carol V. Kaske ein-schließlich des Anmerkungsapparats eine große Hilfe bei der Suche nach Fachtermini und Quellen. Hilfe bei der Identifikation von Quellen boten auch die Erläuterungen Martin Plessners zu der postum erschienen Reprint-Edition der venezianischen Ausgabe von 1498.77 Meiner Übersetzung liegt der lateini-sche Text zugrunde und sie weicht bisweilen von Kaskes Version ab. Manche Quellenhinweise wurden von Biondi bzw. Kaske übernommen, bisweilen wei-se ich in Anmerkungen auf die ausführlichen Kommentare in Kaskes Edition hin. Sofern ich Rezepte identifizieren konnte, die Ficino in den Libri de vita nur namentlich erwähnt hat, werden sie in Anmerkungen beschrieben bzw. auf die entsprechenden Quellen oder Rezeptbücher verwiesen.

Der lateinische Text wurde auf der Grundlage der kritischen, auf der Flo-rentiner Erstedition von 1489 basierenden Edition durch Carol V. Kaske und John R. Clark (Binghamton, New York 1989) erstellt. Hinzugezogen die Base-ler Edition bei Amerbach mit der Titelvariante „De triplici vita“ (um 1497; der irreführende Titel wurde nicht übernommen), die Reprint-Edition der venezia-nischen Ausgabe 1498 durch Plessner mit Anmerkungen und die lateinisch-italienische Edition durch Albano Biondi und Giuliano Pisani (Pordenone 1991). Der hier vorliegende lateinische Text weicht in manchen Fällen von der Kaske-Edition ab, beispielsweise wenn sich durch eine Kommaverschiebung ein anderer Sinn ergibt oder wenn eine Variante in der Baseler Edition, die die zweite Hauptquelle des hier vorgelegten lateinischen Textes darstellt, klarer oder eleganter erscheint.

Das Register besteht aus zwei Teilen. Das allgemeine Namens- und Be-griffsregister führt die von Ficino erwähnten und zitierten Autoren an, und will durch ausgewählte Schlagwörter einen Weg in den manchmal dschungel-haft anmutenden Text bahnen. Die Kapitelüberschriften bieten diesbezüglich ebenfalls Hilfe. Indiziert wurden die Namen der Planeten-Götter sowie philo-sophische und einige medizinische Begriffe. Wörter wie ‚Blut‘ oder ‚Sterne‘, die sehr häufig vorkommen, wurden nicht indiziert. Das zweite Verzeichnis 76 Eine Neuedition erschien als dritter Band der Adelphus-Edition, hg. v. Bodo Gotzkowsky,

Berlin, New York 1980. 77 Marsilio Ficino, De vita libri tres. Nachdruck der Ausgabe Venedig 1498. Kritischer Apparat,

erklärende Anmerkungen, Namensregister und Nachwort von Martin Plessner, nach dem Ma-nuskript ediert von Felix Klein-Franke. Hildesheim, New York 1978.

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listet die Heilmittel auf; Erläuterungen hierzu finden sich, wo nötig, in den Anmerkungen. In diesen Index wurden auch die „res non naturales“ aufge-nommen – Musizieren, Musik hören, Farben betrachten, Spaziergänge, Mas-sagen etc. gehören bei Ficino unter die täglich oder häufig zu nutzenden Heil-mittel bzw. sind unverzichtbare Mittel zum Erhalt der Gesundheit und zur Le-bensverlängerung. Besonderes Gewicht legt Ficino auf gesunde, abwechs-lungsreiche und ausgewogene Ernährung; dementsprechend lässt sich die Lis-te der Heilmittel auch als Blick in die hochdifferenzierte Kochkunst der Re-naissance lesen.

Der Titel des dritten Buchs „De vita coelitus comparanda“ lässt sich nicht ohne Verluste oder die Kreation von Neologismen ins Deutsche übersetzen. Das Wort „Himmel“ wurde vermieden, um irreführende theologische Assozia-tionen zu vermeiden; im Textfortgang, der derlei Missverständnisse nicht mehr nahelegt, werden „himmlische“ und „kosmische Kräfte“ synonym bzw. dem Zusammenhang gemäß verwendet. Die dem lateinischen Wortlaut recht nahekommende Möglichkeit „Anleitung zum Leben mithilfe kosmischer Kräf-te“ erscheint etwas zu technisch. Aus diesem Grunde wurde auf Anregung Eckhard Kesslers mit „Gesund bis ins hohe Alter mithilfe kosmischer Kräfte“ eine Übertragung gewählt, die die Intention des Textes im Zusammenhang des Gesamtwerks wiedergibt und durch den gegenüber Lorenzo de’ Medici in der Widmung erwähnten Titel „Vom gesunden wie langen Leben mithilfe kosmi-scher Kräfte“ zudem gerechtfertigt zu sein scheint.

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6. Bibliographie 1. Herangezogene Editionen

De triplici vita. Basel (Amerbach) ca. 1497. De vita libri tres. Kritischer Apparat, erklärende Anmerkungen, Namensregister und

Nachwort von Martin Plessner, aus dem Nachlass hg. v. Felix Klein-Francke, Hil-desheim, New York 1978. (Reprint der Edition Venedig 1498).

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Three Books on Life. A Critical Edition and Translation with Introduction and Notes by Carol V. Kaske and John R. Clark. Binghamton, New York 1989.

De vita libri tres. A cura di Albano Biondi e Giuliano Pisani, Pordenone 1991. (La-tein.-ital.).

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— Die Canones des Pseudo-Mesue. Eine mittelalterliche Purgantienlehre. Übersetzung und Kommentar. Im Anhang die Versio antiqua in der Druckfassung von 1561, von Sieglinde Lieberknecht, Stuttgart 1995

— Die ‚Distinctio sexta‘ des Antidotarium Mesue in der Druckfassung Venedig (Siru-pe und Honig), hg. u. übersetzt von Ingrid Klimaschewski-Bock, Stuttgart 1987.

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