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Rubrikherausgeber
K. Werdan, Halle/Saale
Internist 2007 · 48:413–419
DOI 10.1007/s00108-007-1808-y
Online publiziert: 17. Februar 2007
© Springer Medizin Verlag 2007
D. Basrai1 · C. Pox2 · W. Schmiegel2
1 Abteilung für Innere Medizin III, Kardiologie und Pulmologie,
Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart2 Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus, Ruhr-Universität Bochum
Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren
Kasuistiken
Anamnese
Eine 35-jährige Frau stellte sich mit seit
5 Tagen bestehendem hohen Fieber, un-
produktivem Husten, starken diffusen
Kopfschmerzen sowie Konjunktivitis in
der Notaufnahme vor. Der Urin habe sich
vorübergehend rot verfärbt. Zudem ha-
be sich ein Hautausschlag entwickelt, der
sich von den Armen ausgehend über den
gesamten Rumpf ausgebreitet habe. 2 Tage
lang habe sie Ampicillin eingenommen.
12 Tage vor Krankheitsbeginn sei sie von
einem Hotelurlaub auf den Kanarischen
Inseln zurückgekehrt. Dort habe sie 2 Ta-
ge vor Abreise einen Insektenstich in den
linken Oberarm bemerkt. Die Sexual-
anamnese war leer. Ungekochte Lebens-
mittel, Leitungswasser oder unpasteuri-
sierte Milchprodukte waren nicht konsu-
miert worden. Sie sei regelmäßig im Meer
und im Hotelpool geschwommen. Tier-
kontakte gab es zu einer freilaufenden
Katze im Hotelpark. Wesentliche Vorer-
krankungen gab die Patientin nicht an.
Klinischer Befund
Die Patientin stellte sich in deutlich re-
duziertem Allgemeinzustand vor. Sie
hatte 39°C Fieber. Der Blutdruck betrug
100/60 mmHg, die Herzfrequenz 60/min.
Ein Ikterus war nicht nachweisbar, Lymph-
knoten nicht palpabel. Es fiel ein blasses,
feinfleckiges Exanthem am Stamm, an
Oberschenkeln und Oberarmen auf. Ei-
ne abgeblasste 5×5 mm alte Insektenstich-
verletzung mit leicht geröteter Umgebung
war am linken Oberarm gerade noch er-
kennbar. Außerdem fiel eine leichte Kon-
junktivitis auf. Ein Meningismus oder ein
fokales neurologisches Defizit waren nicht
vorhanden. Die Auskultation des Herzens
und der Lunge war unauffällig, das linke
Nierenlager war leicht klopfschmerzhaft.
Laborbefunde bei Aufnahme
Im Aufnahmelabor waren die LDH auf
285 U/l (135–214 U/l) und das CRP auf
3,0 mg/dl (0,0–0,5 mg/dl) pathologisch
erhöht, alle anderen Werte waren im
Normbereich. Der Urinstatus ergab eine
Leukozyturie und Mikrohämaturie. Bak-
terien und Nitrit waren nicht nachweis-
bar. Im Sediment waren keine Erythrozy-
tenzylinder zu sehen. Im manuellen Dif-
ferenzialblutbild waren keine Fragmento-
zyten und keine Plasmodien nachweisbar.
3 Blutausstriche blieben in der Folge ne-
gativ.
Diagnostik
Apparative Diagnostik
Im Röntgenthorax, den Aufnahmen von
Nasennebenhöhlen und Zähnen, der Ab-
domensonografie sowie der Echokardio-
grafie ergab sich kein Anhalt für einen
Focus.
Verlauf
Verdachtsdiagnose 1Bronchopneumonie oder Harnwegsin-
fektion
Zunächst wurde bei unklarem Focus
eine empirische, breit angelegte intrave-
nöse Antibiotikatherapie mit Ceftriaxon
eingeleitet. Das Blutbild war bei Aufnah-
me unauffällig, im weiteren Verlauf ent-
wickelte die Patientin dann eine Throm-
bopenie bis 85×103/μl (130–400×103/μl)
und eine Leukopenie bis 3×103/μl (4–
10×103/μl). Bis zum 3. Tag wurde ein
deutlicher LDH-Anstieg bis 799 U/l (135–
214 U/l) gemessen, die Werte blieben im
Folgenden erhöht (. Abb. 1). Die Trans-
aminasen stiegen ebenfalls an, wobei die
ALAT führend war und Werte bis 111 U/
l (10–35 U/l) erreicht wurden. Der CRP-
Wert stieg auch unter Antibiotikathera-
pie auf 12,6 mg/dl (0,0–0,5 mg/dl) weiter
an. Da die Patientin nach 48 Stunden un-
Liebe Leserinnen, liebe Leser….
in der Rubrik Kasuistiken präsentieren wir
Ihnen interessante Fallberichte und ihre
Lösungswege. Bei den vorgestellten Fällen
handelt es sich entweder um ausgefallene
Diagnosen oder um ungewöhnliche Verläufe
häufiger Erkrankungen.
Lassen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen an
Ihren Erfahrungen teilhaben und reichen Sie
Ihre „Alltagsfälle“, an die sich das evidenzba-
sierte diagnostische und therapeutische Vor-
gehen anschließen sollte, bei DER INTERNIST
zur Publikation ein!
Wir freuen uns auf Ihre Fälle!
Bitte schicken Sie Ihre Kasuistiken direkt an
den Rubrikherausgeber
Prof. Dr. K. Werdan
Klinikum Kröllwitz
Innere Medizin III
Ernst-Grube-Str. 40
06097 Halle/Saale
Die Autorenrichtlinien finden Sie unter
www.Derinternist.de
413Der Internist 4 · 2007 |
ter der Therapie mit dem Cephalosporin
erneut auffieberte, rückte die Reiseanam-
nese in den Mittelpunkt der differenzial-
diagnostischen Überlegungen.
Verdachtsdiagnose 2Wegweisend: Aufenthalt auf den Kana-
rischen Inseln
Aufgrund epidemiologischer Unter-
suchungen über Fieberursachen in Mit-
telmeerländern sowie Klinik und Labor-
konstellation, die auf eine Rickettsiose
hindeuteten, wurde die Antibiotikathera-
pie auf Doxycyclin umgestellt. Nach 4 Ta-
gen unter dieser Therapie hatte die Pati-
entin entfiebert, das CRP sowie die LDH
fielen drastisch ab, und das Blutbild nor-
malisierte sich ebenfalls. Über die letz-
ten 4 Tage war die Patientin komplett fie-
berfrei (. Abb. 1). Erst einige Tage nach
Entlassung lagen die serologischen Ergeb-
nisse vor: Q-Fieber-Serologie, Brucellen-
AK, Leptospirenserologie, EBV-Serologie,
CMV-Serologie, Borrelienserologie, Yer-
sinienserologie, Legionellenantigen im
Urin, HIV-Serologie und Hepatitisserolo-
gie waren negativ.
DiagnoseF Die Rickettsienserologie
bestätigte das Vorliegen einer
Infektion mit Rickettsia typhi.
IgG 1:320 (Norm <1:40); IgM >1:320
(Norm <1:20), Rickettsia conorii IgM/IgG
negativ, Rickettsia rickettsii IgG/IgM nega-
tiv. Die Blut- und Urinkulturen lieferten
keinen wegweisenden Befund.
Diskussion
Diagnose und Differenzialdiagnose
Einteilung der Infektionen nach der InkubationszeitDie meisten Reisenden haben gewöhn-
liche Infektionen wie Harnwegs- oder
bronchopulmonale Infekte [1] und sollten
zunächst entsprechend evaluiert werden.
Wird wie im aktuellen Fall eine reiseasso-
ziierte Infektionskrankheit vermutet, kann
eine Einteilung der Infektionen nach der
Inkubationszeit hilfreich sein. Sie ist kurz
(<21 Tage) bei Rickettsiosen, Leptospiro-
se, Salmonellosen, Malaria (Plasmodium
falciparum), Trypanosomiasis, Dengue-
Fieber, hämorrhagischem Fieber, Gelb-
fieber, Meningokokken und Tuberkulose
und lang (>21 Tage) bei Borreliose, Bru-
cellose, Virushepatitis, Leishmaniose, Tu-
berkulose, Amoeben, Malaria (P. vivax,
P. ovale) und Hepatitis A. Im aktuellen Fall
konnte eine Inkubationszeit von unter 21
Tagen angenommen werden.
Symptomtrias: Kopfschmerzen, Exanthem und FieberDie Patientin stellte sich mit den Symp-
tomen Kopfschmerzen, Exanthem und
Fieber vor, eine Symptomkonstellation,
die an eine Reihe von Erkrankungen den-
ken lassen sollte: Neben Rickettsiosen
kommen Leptospirosen auf den Kanaren
vor und werden durch kontaminiertes
Wasser übertragen. Nur 10% der Fälle ver-
laufen als ikterische Form (M. Weill). Ei-
ne Wasserexposition bestand anamnes-
tisch. Brucellosen werden durch konta-
minierte Milchprodukte übertragen, ei-
ne Exposition ließ sich aber nicht eruie-
ren. Weiterhin muss insbesondere nach
Insektenstich ein Frühstadium einer Bor-
reliose ausgeschlossen werden. Eine Ma-
laria tropica kommt auch außerhalb der
Endemiegebiete gelegentlich als Airport-
Malaria vor. Daher sollten bei allen feb-
rilen Reisenden immer 3 serielle Blutaus-
striche angefertigt werden. Das Dengue-
Fieber geht zusätzlich mit Thrombopenie
einher, kommt aber auf den Kanarischen
Inseln nicht vor. Weitere ernste Erkran-
kungen mit einer zerebralen Beteiligung
sind die TBC und eine Meningokokken-
meningitis. Ein Meningismus, fokale neu-
rologische Symptome oder eine Vigilanz-
minderung waren bei unserer Patien-
tin nicht nachweisbar, die Indikation zur
Lumbalpunktion sollte aber bei solchen
Symptomen früh gestellt werden.
Die Differenzialdiagnose von Reisen-
den mit Fieber und Hautausschlag ist
sehr umfangreich. Bei unserer Patientin
war am fünften Krankheitstag ein blasses,
zentripetales, makulopapulöses Exanthem
aufgetreten, wie es beim murinen Typhus
typisch ist. Andere Infektionskrankheiten
mit einem ähnlichen Exanthem sind das
Dengue-Fieber, Leptospirosen, die aku-
te HIV-Infektion, der Salmonellentyphus
und die Lues II. Bei der Anforderung von
serologischen Tests ist zu beachten, dass
die Bestimmung der Anti-HIV-Antikör-
per bei begründetem Verdacht auf HIV-
Primarinfekt nicht ausreicht. Hier muss
zusätzlich eine HIV-1-RNA-PCR durch-
geführt werden und das p-24-AG be-
stimmt werden. Meningokokken und vi-
rale hämorrhagische Fieber sollten insbe-
sondere bei hämorrhagischen oder pete-
chialen Exanthemen immer ausgeschlos-
sen werden, da sie lebensbedrohliche
Notfälle sind [1, 2]. Dem typischen Ery-
thema chronicum migrans bei Borrelio-
se entsprach das Exanthem im aktuellen
Fall nicht. Neben Infektionskrankheiten
kommen auch Medikamente als Auslö-
ser eines Exanthems in Betracht. Ampi-
cillin, welches bei unserer Patientin am-
bulant gegeben worden war, kann bei Mo-
Tab. 1 Übersicht über die häufigsten Rickettsiosen
Spezies Erkrankung Vektor Vorkommen
Zeckenbissfiebergruppe („spotted fever group“)
R. rickettsii „Rocky Mountain spotted
fever“
Zecken USA
R. conorii Mittelmeerfleckfieber Zecken Südeuropa, Afrika, Zentralasien,
Indien
Hier: Einschleppung zeckenbefal-
lener Hunde > autochthone Fälle!
R. akari Rickettsienpocken Milben Asien
Fleckfiebergruppe („typhus group“)
R. prowazekii Epidemischer Typhus
Brill-Zinsser-Erkrankung
Läuse Zentral- u. Südamerika, Afrika,
China
Kriegsgebiete weltweit
R. typhi Endemischer Typhus Flöhe Weltweit in subtropischen und
warmen Küstenregionen
Q-Fieber
Coxiella burnetii Q-Fieber Aerosol Weltweit
414 | Der Internist 4 · 2007
Kasuistiken
nonucleosis infectiosa ein Exanthem aus-
lösen. Eine ausführliche Diskussion der
Differenzialdiagnose bei Reisenden mit
Fieber und Exanthem findet sich an an-
derer Stelle [8].
Differenzialdiagnose fieberhafter Erkrankungen bei Reisenden nach Rückkehr aus dem MIttelmeerraumDie Konstellation im hier beschriebenen
Fall ist in Mittelmeerländern eine eige-
ne Krankheitsentität und wird als Fieber
von mittlerer Dauer bezeichnet. Defini-
tionsgemäß ist dieses Fieber, dessen Ur-
sache nach einer vollständigen diagnosti-
schen Aufarbeitung und nach Ausschluss
gewöhnlicher Infekte noch unklar ist, von
7- bis 28-tägiger Dauer. Die meisten Fäl-
le dieses Fiebertyps (80%) beruhen laut
Zusammenfassung · Abstract
Internist 2007 · 48:413–419 DOI 10.1007/s00108-007-1808-y
© Springer Medizin Verlag 2007
D. Basrai · C. Pox · W. Schmiegel
Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren
Zusammenfassung
Eine 35-jährige Frau stellte sich mit seit 5 Ta-
gen bestehendem hohen Fieber, Kopf-
schmerzen und einem zentripetalen, maku-
lopapulösen Exanthem nach einer Reise auf
die Kanarischen Inseln vor. Die Klinik und be-
stimmte Laborveränderungen (ein Anstieg
von LDH und Transaminasen sowie eine Leu-
ko- und Thrombozytopenie) sind typisch für
den endemischen Typhus, eine Infektion mit
Rickettsia typhi. Wird, wie im vorgestellten
Fall, schon bei Verdacht eine Therapie mit Do-
xycyclin eingeleitet, sind schwere Verläufe
selten. Sulfonamide sind kontraindiziert, da
sie das Wachstum der Rickettsien stimulieren.
Weitere häufige Ursachen von Fieber nach
Reisen in den Mittelmeerraum oder auf die
Kanarischen Inseln sind Q-Fieber, Mittelmeer-
fleckfieber, endemischer Typhus, Leptospiro-
sen, Brucellose und die Mononukleose.
Schlüsselwörter
Fieber mittlerer Dauer · Fieber unklarer Ur-
sache · Rickettsiose · Muriner Typhus · Ende-
misches Fleckfieber
Fever of intermediate duration after return from the Canary Islands
Abstract
A 35 year old patient presented to the emer-
gency room with high fever, headache and a
maculopapular rash after returning from the
Canary Islands. Elevated levels of LDH and
transaminases and thrombopenia developed
during the further hospital course. This pre-
sentation is common for an infection with
Rickettsia typhi. Therapy with doxycycline
is usually effective and should be instituted
promptly. The patient’s fever remitted 48 h af-
ter the first dose. Fever of intermediate du-
ration has been described as a separate dis-
ease entity in the Mediterranean region and
the Canary Islands. It is defined as fever of 7–
28 days duration for which a complete basic
workup fails to define an etiology. Most cas-
es are due to one of six infectious diseases (Q
fever, Mediterranean spotted fever, endemic
typhus, leptospirosis, brucellosis and mono-
nucleosis).
Keywords
Fever of intermediate duration · Fever of
unknown origin · Rickettsiosis · Typhus fever ·
Murine typhus
400
600
800
160
120
80
TAG
1 2 3 4 5 6
37
40
38
39
LDH
[ 13
5 –
214
U/l
]Th
rom
bo
zyte
n [1
30 –
400
x 1
03 /µl]
Tem
per
atu
r [˚
C ]
Ceftriaxon Doxycyclin
Abb. 1 8 Fieberkurve und Verlauf der Laborpa-rameter (Normbereich in eckigen Klammern) bei unserer Patientin. Die Therapie mit einem Ce-phalosporin war wirkungslos, erst nach 2-tä-giger Therapie mit Doxyzyklin entfieberte die Patientin. LDH-Anstieg und Thrombozytope-nie hatten sich unter der floriden Infektion ent-wickelt. Als Zeichen der erfolgreichen Therapie normalisierte sich das Blutbild, und die LDH fiel deutlich ab
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einer spanischen Arbeit auf 6 Erkran-
kungen [3]:
F Q-Fieber (Coxiella burnetii),
F Mittelmeerfleckfieber (Rickettsia con-
orii),
F endemischer Typhus (Rickettsia typhi),
F Leptospirosen (Leptospira interrogans),
F Brucellose (Brucella spp.) und
F Mononukleose (Epstein-Barr-Virus).
Da die Diagnose aller dieser Erkran-
kungen serologisch gestellt wird, muss die
Therapie zunächst meist aufgrund des kli-
nischen Bildes empirisch erfolgen.
Rickettsiosen
Rickettsiosen sind zunehmend häufig
Ursache reiseassoziierter febriler Erkran-
kungen. Rickettsiosen sind Zoonosen, die
durch Arthropoden auf den Menschen
übertragen werden. Eine Ausnahme ist
das Q-Fieber welches durch Aerosole
übertragen wird. Rickettsien sind obligat
intrazelluläre, gramnegative Kokkobazil-
len. Sie lassen sich mit einer Giemsafär-
bung darstellen. . Tab. 1 gibt eine Über-
sicht über die humanpathogenen Rickett-
siosen [4]. Im vorliegenden Fall wurde se-
rologisch eine Infektion mit Rickettsia ty-
phi (mooseri) diagnostiziert. Der Erre-
ger wird durch den Biss des Rattenflohes
übertragen, allerdings kann in bestimm-
ten Regionen auch der Katzenfloh als Vek-
tor fungieren. Wie oben beschrieben, be-
Fieber > 38˚ C+/- Exanthem
- Dauer 7 bis 28 Tage
- Ätiologie nach Basisdiagnostik
unklar. Keine eindeutige
organbezogene Symptomatik
Anamnese- Reiseanamnese
Mittelmeerraum
- Kopfschmerzen
- Hämaturie
- +/- Insektenstich
Labor- Transaminasenanstieg
- LDH Anstieg
- Thrombopenie
Häufigste Ursachenvon Fieber
- Q-Fieber
- Rickettsien
- Leptospirosen,
Brucellose und
- Mononukleose
Empirische Therapie
Doxycyclin 2x100mg/d
p.o
Rickettsiose
wahrscheinlich
Therapie für 7 Tage
Weitere Diagnostik
Fieber persistiert nach 72h Entfieberung innerhalb 72h Abb. 2 7 Diagnosti-scher Entscheidungs-baum bei Fieber von intermediärer Dauer
nach Reisen im Mittel-meerraum
stand bei unserer Patientin anamnestisch
Kontakt zu Katzen. Die Erkrankung, der
endemische Typhus, kommt weltweit un-
abhängig von der Jahreszeit in Gebieten
mit subtropischem Klima vor. 2 epidemio-
logische Untersuchungen in Spanien be-
richten über Durchseuchungsraten von
13% bzw. 68% der Normalbevölkerung.
Ein Großteil der Infektionen scheint kli-
nisch stumm zu verlaufen [3, 5, 6].
KlinikIm Allgemeinen verläuft der endemische
Typhus mild und ohne schwer wiegende
Komplikationen. Eine Arbeit aus dem
Jahr 2003 beschreibt 22 Fälle von den Ka-
narischen Inseln, bei denen sich einige
Übereinstimmungen zum aktuellen Fall
finden [6]: Alle Patienten hatten Fieber
(>39°C). Ein makulopapulöses Exanthem
mit zentripetaler Ausbreitung fand sich bei
68% der Patienten; 75% klagten über star-
ke Kopfschmerzen, 30% über Husten. In-
sektenstiche ließen sich nur bei 13% nach-
weisen. Laborchemisch lag in 45% der Fäl-
le eine Thrombopenie und in jeweils et-
wa 80% eine Erhöhung der Transamina-
sen um mehr als das Vierfache des oberen
Normwertes bzw. eine starke LDH-Erhö-
hung vor. Ein pathologischer Urinstatus
mit Proteinurie und Mikrohämaturie war
ebenfalls häufig (87%). Das Serumkreati-
nin stieg in 40% der Fälle an. Es werden
3 schwer wiegende Verläufe mit einem
Fall von Meningitis mit akutem Nieren-
versagen, einem Fall eines renopulmona-
len Syndroms und einem Fall von Enze-
phalitis beschrieben. In anderen Serien
wird über eine geringere Inzidenz renaler
Komplikationen bzw. pathologischer
Urinbefunde berichtet, und auch schwe-
re Verläufe waren seltener. Die Ursachen
für diese Unterschiede sind nicht genauer
untersucht worden [5, 6]. LDH-Anstieg,
Thrombopenie und Hämaturie kommen
auch bei einem hämolytisch-urämischen
Syndrom vor. Im manuellen Differenzi-
alblutbild waren keine Fragmentozyten
nachweisbar; ein Kreatininanstieg blieb
aus, sodass diese Differenzialdiagnose
ausgeschlossen wurde.
PathophysiologieAlle klinischen Manifestationen der Ri-
ckettsiosen sind Folge des bevorzugten Be-
falls von Endothelzellen, welcher zu einer
generalisierten Vaskulitis führt. Ein spezi-
fischer Virulenzfaktor wurde bisher nicht
gefunden, und die Pathogenese ist mög-
licherweise Folge der Zelllyse durch die
massive intrazelluläre Vermehrung der
Bakterien. Der generalisierte Endothel-
zellschaden führt zu einer kapillären Per-
meabilitätssteigerung und Ödembildung.
Möglicherweise trägt dazu auch eine di-
rekte bakterielle Beeinflussung des endo-
thelialen Zytoskeletts durch Disruption
des endothelialen Zellverbandes bei [7].
DiagnoseDiagnostisch sind ein IgM-Titer >1:40 oder
ein mehr als 4facher Anstieg des IgG in-
nerhalb von 8 Wochen. Serologien werden
erst in der 2. Krankheitswoche positiv.
TherapieVerdachtsfälle sollten wegen potenzi-
ell schwerer Verläufe bereits frühzeitig
empirisch behandelt werden. Doxycyc-
lin ist das Antibiotikum der Wahl (2-mal
100 mg/Tag p.o oder i.v). Die Behandlung
kann nach 7 Tagen, oder nachdem der Pa-
tient für 2–3 Tage afebril ist, beendet wer-
den. Sulfonamide sind kontraindiziert, da
sie das Wachstum der Rickettsien stimu-
lieren. Wenn frühzeitig behandelt wird,
liegt die Mortalität unter 1% [2, 4]. Falls
Doxycyclin binnen 72 Stunden nicht zu
einer Entfieberung führt, ist eine Rickett-
siose unwahrscheinlich und die Diagnos-
tik muss ausgeweitet werden (. Abb. 2).
Fazit für die Praxis
Bei der Symptomtrias Kopfschmerzen,
Exanthem und Fieber muss an eine Ri-
ckettsiose gedacht werden. Bei Fieber
von mittlerer Dauer sind im Mittelmeer-
raum folgende 6 Infektionskrankheiten
für die Mehrzahl der Fälle verantwortlich:
Q-Fieber, Mittelmeerfleckfieber, ende-
mischer Typhus, Leptospirosen, Brucello-
se und Mononukleose. Alle diese Erkran-
kungen werden serologisch diagnosti-
ziert. Wegweisende Laborbefunde bei Ri-
ckettsiosen sind LDH- und Transamina-
senanstieg, Leuko- und Thrombozytope-
nie. Bereits frühzeitig muss eine empi-
rische Therapie mit Doxycyclin begonnen
werden, dann sind schwere Verläufe sel-
ten. Sulfonamide sind kontraindiziert.
Korrespondierender AutorDr. D. Basrai
Abteilung für Innere Medizin III, Kardiologie und Pulmologie, Robert-Bosch-KrankenhausAuerbachstraße 110, 70376 [email protected]
Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-
flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-
ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in
dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-
kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation
des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-
halte produktneutral.
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Kasuistiken