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Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

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Page 1: Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

Rubrikherausgeber

K. Werdan, Halle/Saale

Internist 2007 · 48:413–419

DOI 10.1007/s00108-007-1808-y

Online publiziert: 17. Februar 2007

© Springer Medizin Verlag 2007

D. Basrai1 · C. Pox2 · W. Schmiegel2

1 Abteilung für Innere Medizin III, Kardiologie und Pulmologie,

Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart2 Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus, Ruhr-Universität Bochum

Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

Kasuistiken

Anamnese

Eine 35-jährige Frau stellte sich mit seit

5 Tagen bestehendem hohen Fieber, un-

produktivem Husten, starken diffusen

Kopfschmerzen sowie Konjunktivitis in

der Notaufnahme vor. Der Urin habe sich

vorübergehend rot verfärbt. Zudem ha-

be sich ein Hautausschlag entwickelt, der

sich von den Armen ausgehend über den

gesamten Rumpf ausgebreitet habe. 2 Tage

lang habe sie Ampicillin eingenommen.

12 Tage vor Krankheitsbeginn sei sie von

einem Hotelurlaub auf den Kanarischen

Inseln zurückgekehrt. Dort habe sie 2 Ta-

ge vor Abreise einen Insektenstich in den

linken Oberarm bemerkt. Die Sexual-

anamnese war leer. Ungekochte Lebens-

mittel, Leitungswasser oder unpasteuri-

sierte Milchprodukte waren nicht konsu-

miert worden. Sie sei regelmäßig im Meer

und im Hotelpool geschwommen. Tier-

kontakte gab es zu einer freilaufenden

Katze im Hotelpark. Wesentliche Vorer-

krankungen gab die Patientin nicht an.

Klinischer Befund

Die Patientin stellte sich in deutlich re-

duziertem Allgemeinzustand vor. Sie

hatte 39°C Fieber. Der Blutdruck betrug

100/60 mmHg, die Herzfrequenz 60/min.

Ein Ikterus war nicht nachweisbar, Lymph-

knoten nicht palpabel. Es fiel ein blasses,

feinfleckiges Exanthem am Stamm, an

Oberschenkeln und Oberarmen auf. Ei-

ne abgeblasste 5×5 mm alte Insektenstich-

verletzung mit leicht geröteter Umgebung

war am linken Oberarm gerade noch er-

kennbar. Außerdem fiel eine leichte Kon-

junktivitis auf. Ein Meningismus oder ein

fokales neurologisches Defizit waren nicht

vorhanden. Die Auskultation des Herzens

und der Lunge war unauffällig, das linke

Nierenlager war leicht klopfschmerzhaft.

Laborbefunde bei Aufnahme

Im Aufnahmelabor waren die LDH auf

285 U/l (135–214 U/l) und das CRP auf

3,0 mg/dl (0,0–0,5 mg/dl) pathologisch

erhöht, alle anderen Werte waren im

Normbereich. Der Urinstatus ergab eine

Leukozyturie und Mikrohämaturie. Bak-

terien und Nitrit waren nicht nachweis-

bar. Im Sediment waren keine Erythrozy-

tenzylinder zu sehen. Im manuellen Dif-

ferenzialblutbild waren keine Fragmento-

zyten und keine Plasmodien nachweisbar.

3 Blutausstriche blieben in der Folge ne-

gativ.

Diagnostik

Apparative Diagnostik

Im Röntgenthorax, den Aufnahmen von

Nasennebenhöhlen und Zähnen, der Ab-

domensonografie sowie der Echokardio-

grafie ergab sich kein Anhalt für einen

Focus.

Verlauf

Verdachtsdiagnose 1Bronchopneumonie oder Harnwegsin-

fektion

Zunächst wurde bei unklarem Focus

eine empirische, breit angelegte intrave-

nöse Antibiotikatherapie mit Ceftriaxon

eingeleitet. Das Blutbild war bei Aufnah-

me unauffällig, im weiteren Verlauf ent-

wickelte die Patientin dann eine Throm-

bopenie bis 85×103/μl (130–400×103/μl)

und eine Leukopenie bis 3×103/μl (4–

10×103/μl). Bis zum 3. Tag wurde ein

deutlicher LDH-Anstieg bis 799 U/l (135–

214 U/l) gemessen, die Werte blieben im

Folgenden erhöht (. Abb. 1). Die Trans-

aminasen stiegen ebenfalls an, wobei die

ALAT führend war und Werte bis 111 U/

l (10–35 U/l) erreicht wurden. Der CRP-

Wert stieg auch unter Antibiotikathera-

pie auf 12,6 mg/dl (0,0–0,5 mg/dl) weiter

an. Da die Patientin nach 48 Stunden un-

Liebe Leserinnen, liebe Leser….

in der Rubrik Kasuistiken präsentieren wir

Ihnen interessante Fallberichte und ihre

Lösungswege. Bei den vorgestellten Fällen

handelt es sich entweder um ausgefallene

Diagnosen oder um ungewöhnliche Verläufe

häufiger Erkrankungen.

Lassen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen an

Ihren Erfahrungen teilhaben und reichen Sie

Ihre „Alltagsfälle“, an die sich das evidenzba-

sierte diagnostische und therapeutische Vor-

gehen anschließen sollte, bei DER INTERNIST

zur Publikation ein!

Wir freuen uns auf Ihre Fälle!

Bitte schicken Sie Ihre Kasuistiken direkt an

den Rubrikherausgeber

Prof. Dr. K. Werdan

Klinikum Kröllwitz

Innere Medizin III

Ernst-Grube-Str. 40

06097 Halle/Saale

[email protected]

Die Autorenrichtlinien finden Sie unter

www.Derinternist.de

413Der Internist 4 · 2007 |

Page 2: Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

ter der Therapie mit dem Cephalosporin

erneut auffieberte, rückte die Reiseanam-

nese in den Mittelpunkt der differenzial-

diagnostischen Überlegungen.

Verdachtsdiagnose 2Wegweisend: Aufenthalt auf den Kana-

rischen Inseln

Aufgrund epidemiologischer Unter-

suchungen über Fieberursachen in Mit-

telmeerländern sowie Klinik und Labor-

konstellation, die auf eine Rickettsiose

hindeuteten, wurde die Antibiotikathera-

pie auf Doxycyclin umgestellt. Nach 4 Ta-

gen unter dieser Therapie hatte die Pati-

entin entfiebert, das CRP sowie die LDH

fielen drastisch ab, und das Blutbild nor-

malisierte sich ebenfalls. Über die letz-

ten 4 Tage war die Patientin komplett fie-

berfrei (. Abb. 1). Erst einige Tage nach

Entlassung lagen die serologischen Ergeb-

nisse vor: Q-Fieber-Serologie, Brucellen-

AK, Leptospirenserologie, EBV-Serologie,

CMV-Serologie, Borrelienserologie, Yer-

sinienserologie, Legionellenantigen im

Urin, HIV-Serologie und Hepatitisserolo-

gie waren negativ.

DiagnoseF Die Rickettsienserologie

bestätigte das Vorliegen einer

Infektion mit Rickettsia typhi.

IgG 1:320 (Norm <1:40); IgM >1:320

(Norm <1:20), Rickettsia conorii IgM/IgG

negativ, Rickettsia rickettsii IgG/IgM nega-

tiv. Die Blut- und Urinkulturen lieferten

keinen wegweisenden Befund.

Diskussion

Diagnose und Differenzialdiagnose

Einteilung der Infektionen nach der InkubationszeitDie meisten Reisenden haben gewöhn-

liche Infektionen wie Harnwegs- oder

bronchopulmonale Infekte [1] und sollten

zunächst entsprechend evaluiert werden.

Wird wie im aktuellen Fall eine reiseasso-

ziierte Infektionskrankheit vermutet, kann

eine Einteilung der Infektionen nach der

Inkubationszeit hilfreich sein. Sie ist kurz

(<21 Tage) bei Rickettsiosen, Leptospiro-

se, Salmonellosen, Malaria (Plasmodium

falciparum), Trypanosomiasis, Dengue-

Fieber, hämorrhagischem Fieber, Gelb-

fieber, Meningokokken und Tuberkulose

und lang (>21 Tage) bei Borreliose, Bru-

cellose, Virushepatitis, Leishmaniose, Tu-

berkulose, Amoeben, Malaria (P. vivax,

P. ovale) und Hepatitis A. Im aktuellen Fall

konnte eine Inkubationszeit von unter 21

Tagen angenommen werden.

Symptomtrias: Kopfschmerzen, Exanthem und FieberDie Patientin stellte sich mit den Symp-

tomen Kopfschmerzen, Exanthem und

Fieber vor, eine Symptomkonstellation,

die an eine Reihe von Erkrankungen den-

ken lassen sollte: Neben Rickettsiosen

kommen Leptospirosen auf den Kanaren

vor und werden durch kontaminiertes

Wasser übertragen. Nur 10% der Fälle ver-

laufen als ikterische Form (M. Weill). Ei-

ne Wasserexposition bestand anamnes-

tisch. Brucellosen werden durch konta-

minierte Milchprodukte übertragen, ei-

ne Exposition ließ sich aber nicht eruie-

ren. Weiterhin muss insbesondere nach

Insektenstich ein Frühstadium einer Bor-

reliose ausgeschlossen werden. Eine Ma-

laria tropica kommt auch außerhalb der

Endemiegebiete gelegentlich als Airport-

Malaria vor. Daher sollten bei allen feb-

rilen Reisenden immer 3 serielle Blutaus-

striche angefertigt werden. Das Dengue-

Fieber geht zusätzlich mit Thrombopenie

einher, kommt aber auf den Kanarischen

Inseln nicht vor. Weitere ernste Erkran-

kungen mit einer zerebralen Beteiligung

sind die TBC und eine Meningokokken-

meningitis. Ein Meningismus, fokale neu-

rologische Symptome oder eine Vigilanz-

minderung waren bei unserer Patien-

tin nicht nachweisbar, die Indikation zur

Lumbalpunktion sollte aber bei solchen

Symptomen früh gestellt werden.

Die Differenzialdiagnose von Reisen-

den mit Fieber und Hautausschlag ist

sehr umfangreich. Bei unserer Patientin

war am fünften Krankheitstag ein blasses,

zentripetales, makulopapulöses Exanthem

aufgetreten, wie es beim murinen Typhus

typisch ist. Andere Infektionskrankheiten

mit einem ähnlichen Exanthem sind das

Dengue-Fieber, Leptospirosen, die aku-

te HIV-Infektion, der Salmonellentyphus

und die Lues II. Bei der Anforderung von

serologischen Tests ist zu beachten, dass

die Bestimmung der Anti-HIV-Antikör-

per bei begründetem Verdacht auf HIV-

Primarinfekt nicht ausreicht. Hier muss

zusätzlich eine HIV-1-RNA-PCR durch-

geführt werden und das p-24-AG be-

stimmt werden. Meningokokken und vi-

rale hämorrhagische Fieber sollten insbe-

sondere bei hämorrhagischen oder pete-

chialen Exanthemen immer ausgeschlos-

sen werden, da sie lebensbedrohliche

Notfälle sind [1, 2]. Dem typischen Ery-

thema chronicum migrans bei Borrelio-

se entsprach das Exanthem im aktuellen

Fall nicht. Neben Infektionskrankheiten

kommen auch Medikamente als Auslö-

ser eines Exanthems in Betracht. Ampi-

cillin, welches bei unserer Patientin am-

bulant gegeben worden war, kann bei Mo-

Tab. 1 Übersicht über die häufigsten Rickettsiosen

Spezies Erkrankung Vektor Vorkommen

Zeckenbissfiebergruppe („spotted fever group“)

R. rickettsii „Rocky Mountain spotted

fever“

Zecken USA

R. conorii Mittelmeerfleckfieber Zecken Südeuropa, Afrika, Zentralasien,

Indien

Hier: Einschleppung zeckenbefal-

lener Hunde > autochthone Fälle!

R. akari Rickettsienpocken Milben Asien

Fleckfiebergruppe („typhus group“)

R. prowazekii Epidemischer Typhus

Brill-Zinsser-Erkrankung

Läuse Zentral- u. Südamerika, Afrika,

China

Kriegsgebiete weltweit

R. typhi Endemischer Typhus Flöhe Weltweit in subtropischen und

warmen Küstenregionen

Q-Fieber

Coxiella burnetii Q-Fieber Aerosol Weltweit

414 | Der Internist 4 · 2007

Kasuistiken

Page 3: Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren
Page 4: Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

nonucleosis infectiosa ein Exanthem aus-

lösen. Eine ausführliche Diskussion der

Differenzialdiagnose bei Reisenden mit

Fieber und Exanthem findet sich an an-

derer Stelle [8].

Differenzialdiagnose fieberhafter Erkrankungen bei Reisenden nach Rückkehr aus dem MIttelmeerraumDie Konstellation im hier beschriebenen

Fall ist in Mittelmeerländern eine eige-

ne Krankheitsentität und wird als Fieber

von mittlerer Dauer bezeichnet. Defini-

tionsgemäß ist dieses Fieber, dessen Ur-

sache nach einer vollständigen diagnosti-

schen Aufarbeitung und nach Ausschluss

gewöhnlicher Infekte noch unklar ist, von

7- bis 28-tägiger Dauer. Die meisten Fäl-

le dieses Fiebertyps (80%) beruhen laut

Zusammenfassung · Abstract

Internist 2007 · 48:413–419 DOI 10.1007/s00108-007-1808-y

© Springer Medizin Verlag 2007

D. Basrai · C. Pox · W. Schmiegel

Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

Zusammenfassung

Eine 35-jährige Frau stellte sich mit seit 5 Ta-

gen bestehendem hohen Fieber, Kopf-

schmerzen und einem zentripetalen, maku-

lopapulösen Exanthem nach einer Reise auf

die Kanarischen Inseln vor. Die Klinik und be-

stimmte Laborveränderungen (ein Anstieg

von LDH und Transaminasen sowie eine Leu-

ko- und Thrombozytopenie) sind typisch für

den endemischen Typhus, eine Infektion mit

Rickettsia typhi. Wird, wie im vorgestellten

Fall, schon bei Verdacht eine Therapie mit Do-

xycyclin eingeleitet, sind schwere Verläufe

selten. Sulfonamide sind kontraindiziert, da

sie das Wachstum der Rickettsien stimulieren.

Weitere häufige Ursachen von Fieber nach

Reisen in den Mittelmeerraum oder auf die

Kanarischen Inseln sind Q-Fieber, Mittelmeer-

fleckfieber, endemischer Typhus, Leptospiro-

sen, Brucellose und die Mononukleose.

Schlüsselwörter

Fieber mittlerer Dauer · Fieber unklarer Ur-

sache · Rickettsiose · Muriner Typhus · Ende-

misches Fleckfieber

Fever of intermediate duration after return from the Canary Islands

Abstract

A 35 year old patient presented to the emer-

gency room with high fever, headache and a

maculopapular rash after returning from the

Canary Islands. Elevated levels of LDH and

transaminases and thrombopenia developed

during the further hospital course. This pre-

sentation is common for an infection with

Rickettsia typhi. Therapy with doxycycline

is usually effective and should be instituted

promptly. The patient’s fever remitted 48 h af-

ter the first dose. Fever of intermediate du-

ration has been described as a separate dis-

ease entity in the Mediterranean region and

the Canary Islands. It is defined as fever of 7–

28 days duration for which a complete basic

workup fails to define an etiology. Most cas-

es are due to one of six infectious diseases (Q

fever, Mediterranean spotted fever, endemic

typhus, leptospirosis, brucellosis and mono-

nucleosis).

Keywords

Fever of intermediate duration · Fever of

unknown origin · Rickettsiosis · Typhus fever ·

Murine typhus

400

600

800

160

120

80

TAG

1 2 3 4 5 6

37

40

38

39

LDH

[ 13

5 –

214

U/l

]Th

rom

bo

zyte

n [1

30 –

400

x 1

03 /µl]

Tem

per

atu

r [˚

C ]

Ceftriaxon Doxycyclin

Abb. 1 8 Fieberkurve und Verlauf der Laborpa-rameter (Normbereich in eckigen Klammern) bei unserer Patientin. Die Therapie mit einem Ce-phalosporin war wirkungslos, erst nach 2-tä-giger Therapie mit Doxyzyklin entfieberte die Patientin. LDH-Anstieg und Thrombozytope-nie hatten sich unter der floriden Infektion ent-wickelt. Als Zeichen der erfolgreichen Therapie normalisierte sich das Blutbild, und die LDH fiel deutlich ab

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Page 5: Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

einer spanischen Arbeit auf 6 Erkran-

kungen [3]:

F Q-Fieber (Coxiella burnetii),

F Mittelmeerfleckfieber (Rickettsia con-

orii),

F endemischer Typhus (Rickettsia typhi),

F Leptospirosen (Leptospira interrogans),

F Brucellose (Brucella spp.) und

F Mononukleose (Epstein-Barr-Virus).

Da die Diagnose aller dieser Erkran-

kungen serologisch gestellt wird, muss die

Therapie zunächst meist aufgrund des kli-

nischen Bildes empirisch erfolgen.

Rickettsiosen

Rickettsiosen sind zunehmend häufig

Ursache reiseassoziierter febriler Erkran-

kungen. Rickettsiosen sind Zoonosen, die

durch Arthropoden auf den Menschen

übertragen werden. Eine Ausnahme ist

das Q-Fieber welches durch Aerosole

übertragen wird. Rickettsien sind obligat

intrazelluläre, gramnegative Kokkobazil-

len. Sie lassen sich mit einer Giemsafär-

bung darstellen. . Tab. 1 gibt eine Über-

sicht über die humanpathogenen Rickett-

siosen [4]. Im vorliegenden Fall wurde se-

rologisch eine Infektion mit Rickettsia ty-

phi (mooseri) diagnostiziert. Der Erre-

ger wird durch den Biss des Rattenflohes

übertragen, allerdings kann in bestimm-

ten Regionen auch der Katzenfloh als Vek-

tor fungieren. Wie oben beschrieben, be-

Fieber > 38˚ C+/- Exanthem

- Dauer 7 bis 28 Tage

- Ätiologie nach Basisdiagnostik

unklar. Keine eindeutige

organbezogene Symptomatik

Anamnese- Reiseanamnese

Mittelmeerraum

- Kopfschmerzen

- Hämaturie

- +/- Insektenstich

Labor- Transaminasenanstieg

- LDH Anstieg

- Thrombopenie

Häufigste Ursachenvon Fieber

- Q-Fieber

- Rickettsien

- Leptospirosen,

Brucellose und

- Mononukleose

Empirische Therapie

Doxycyclin 2x100mg/d

p.o

Rickettsiose

wahrscheinlich

Therapie für 7 Tage

Weitere Diagnostik

Fieber persistiert nach 72h Entfieberung innerhalb 72h Abb. 2 7 Diagnosti-scher Entscheidungs-baum bei Fieber von intermediärer Dauer

nach Reisen im Mittel-meerraum

Page 6: Fieber mittlerer Dauer nach Rückkehr von den Kanaren

stand bei unserer Patientin anamnestisch

Kontakt zu Katzen. Die Erkrankung, der

endemische Typhus, kommt weltweit un-

abhängig von der Jahreszeit in Gebieten

mit subtropischem Klima vor. 2 epidemio-

logische Untersuchungen in Spanien be-

richten über Durchseuchungsraten von

13% bzw. 68% der Normalbevölkerung.

Ein Großteil der Infektionen scheint kli-

nisch stumm zu verlaufen [3, 5, 6].

KlinikIm Allgemeinen verläuft der endemische

Typhus mild und ohne schwer wiegende

Komplikationen. Eine Arbeit aus dem

Jahr 2003 beschreibt 22 Fälle von den Ka-

narischen Inseln, bei denen sich einige

Übereinstimmungen zum aktuellen Fall

finden [6]: Alle Patienten hatten Fieber

(>39°C). Ein makulopapulöses Exanthem

mit zentripetaler Ausbreitung fand sich bei

68% der Patienten; 75% klagten über star-

ke Kopfschmerzen, 30% über Husten. In-

sektenstiche ließen sich nur bei 13% nach-

weisen. Laborchemisch lag in 45% der Fäl-

le eine Thrombopenie und in jeweils et-

wa 80% eine Erhöhung der Transamina-

sen um mehr als das Vierfache des oberen

Normwertes bzw. eine starke LDH-Erhö-

hung vor. Ein pathologischer Urinstatus

mit Proteinurie und Mikrohämaturie war

ebenfalls häufig (87%). Das Serumkreati-

nin stieg in 40% der Fälle an. Es werden

3 schwer wiegende Verläufe mit einem

Fall von Meningitis mit akutem Nieren-

versagen, einem Fall eines renopulmona-

len Syndroms und einem Fall von Enze-

phalitis beschrieben. In anderen Serien

wird über eine geringere Inzidenz renaler

Komplikationen bzw. pathologischer

Urinbefunde berichtet, und auch schwe-

re Verläufe waren seltener. Die Ursachen

für diese Unterschiede sind nicht genauer

untersucht worden [5, 6]. LDH-Anstieg,

Thrombopenie und Hämaturie kommen

auch bei einem hämolytisch-urämischen

Syndrom vor. Im manuellen Differenzi-

alblutbild waren keine Fragmentozyten

nachweisbar; ein Kreatininanstieg blieb

aus, sodass diese Differenzialdiagnose

ausgeschlossen wurde.

PathophysiologieAlle klinischen Manifestationen der Ri-

ckettsiosen sind Folge des bevorzugten Be-

falls von Endothelzellen, welcher zu einer

generalisierten Vaskulitis führt. Ein spezi-

fischer Virulenzfaktor wurde bisher nicht

gefunden, und die Pathogenese ist mög-

licherweise Folge der Zelllyse durch die

massive intrazelluläre Vermehrung der

Bakterien. Der generalisierte Endothel-

zellschaden führt zu einer kapillären Per-

meabilitätssteigerung und Ödembildung.

Möglicherweise trägt dazu auch eine di-

rekte bakterielle Beeinflussung des endo-

thelialen Zytoskeletts durch Disruption

des endothelialen Zellverbandes bei [7].

DiagnoseDiagnostisch sind ein IgM-Titer >1:40 oder

ein mehr als 4facher Anstieg des IgG in-

nerhalb von 8 Wochen. Serologien werden

erst in der 2. Krankheitswoche positiv.

TherapieVerdachtsfälle sollten wegen potenzi-

ell schwerer Verläufe bereits frühzeitig

empirisch behandelt werden. Doxycyc-

lin ist das Antibiotikum der Wahl (2-mal

100 mg/Tag p.o oder i.v). Die Behandlung

kann nach 7 Tagen, oder nachdem der Pa-

tient für 2–3 Tage afebril ist, beendet wer-

den. Sulfonamide sind kontraindiziert, da

sie das Wachstum der Rickettsien stimu-

lieren. Wenn frühzeitig behandelt wird,

liegt die Mortalität unter 1% [2, 4]. Falls

Doxycyclin binnen 72 Stunden nicht zu

einer Entfieberung führt, ist eine Rickett-

siose unwahrscheinlich und die Diagnos-

tik muss ausgeweitet werden (. Abb. 2).

Fazit für die Praxis

Bei der Symptomtrias Kopfschmerzen,

Exanthem und Fieber muss an eine Ri-

ckettsiose gedacht werden. Bei Fieber

von mittlerer Dauer sind im Mittelmeer-

raum folgende 6 Infektionskrankheiten

für die Mehrzahl der Fälle verantwortlich:

Q-Fieber, Mittelmeerfleckfieber, ende-

mischer Typhus, Leptospirosen, Brucello-

se und Mononukleose. Alle diese Erkran-

kungen werden serologisch diagnosti-

ziert. Wegweisende Laborbefunde bei Ri-

ckettsiosen sind LDH- und Transamina-

senanstieg, Leuko- und Thrombozytope-

nie. Bereits frühzeitig muss eine empi-

rische Therapie mit Doxycyclin begonnen

werden, dann sind schwere Verläufe sel-

ten. Sulfonamide sind kontraindiziert.

Korrespondierender AutorDr. D. Basrai

Abteilung für Innere Medizin III, Kardiologie und Pulmologie, Robert-Bosch-KrankenhausAuerbachstraße 110, 70376 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

Literatur

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traveler. Am Fam Physician 68: 1343–1350

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ber-Gruppe. Internist 45: 669–676

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