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Onkologe 2011 · 17:627–633 DOI 10.1007/s00761-011-2059-z Online publiziert: 6. Mai 2011 © Springer-Verlag 2011 D. Franz 1  · M. Thalheimer 2  · M. Krych 3  · H. Ostermann 3  · S.W. Krause 4  · C. Haag 5  ·  N. Roeder 1 1  Geschäftsbereich Medizinisches Management – Medizincontrolling,  DRG-Research-Group, Universitätsklinikum Münster 2  Stabsstelle Qualitätsmanagement/Medizincontrolling,  Universitätsklinikum Heidelberg 3  Medizinische Klinik und Poliklinik III – Großhadern, Klinikum der Universität München 4  Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen 5 5  TU Dresden, Medizinischen Klinik und Poliklinik I,  Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs Zusatz- und Innovationsentgelte  im Jahre 2011 Außer der Reihe Das deutsche DRG-System bildet die Grundlage für die Abrechnung sta- tionärer onkologischer und hämato- logischer Krankenhausleistungen. Es umfasst nicht nur die Fallgruppen (G- DRGs), sondern auch Zusatzentgel- te und Innovationsentgelte (Entgel- te für Neue Untersuchungs- und Be- handlungsverfahren, NUB). Mit die- sen drei Vergütungsinstrumenten müssen die Leistungserbringer in den Kliniken umzugehen wissen, wo- bei Zusatz- und NUB-Entgelte je nach Versorgungsauftrag und Leistungs- spektrum der einzelnen Kliniken eine unterschiedlich hohe Bedeutung ha- ben. Während die Systementwick- lung bei den onkologisch/hämatolo- gisch relevanten G-DRGs bezogen auf ihre Anzahl, ihren Anteil am Gesamt- system und die Art der DRG-Differen- zierung seit der Systemversion 2008 weitgehend konsolidiert ist, findet sich bei den Zusatz- und Innovations- entgelten weiterhin ein stetiger Um- und Ausbau. Vor diesem Hintergrund gilt es, die relevanten Weiterentwick- lungen der G-DRG-Systemversion 2011 für die Hämatologie und Onko- logie aus medizinischer und klassifi- katorischer Perspektive zu analysie- ren und zu bewerten. Neustrukturierung der Diagnosen für Lymphome und Leukämien Die wesentlichste Veränderung für die Hä- matologie im Jahre 2011 ist zweifellos die Neustrukturierung der ICD-Diagnosen [1] für Leukämien und Lymphome ent- sprechend „des blauen Buchs“ der WHO- Klassifikation (. Tab. 1). Die Forderung, die ICD-Kodes an die aktuelle internatio- nal übliche Nomenklatur anzupassen, war schon vor Jahren an das DIMDI herange- tragen worden. Diese erhebliche Anpas- sung konnte jedoch nicht für die deutsche Version des ICD-10 isoliert vorgenommen werden. Vielmehr wurde nach internatio- naler Abstimmung zunächst die WHO- Version des ICD-10 modifiziert. Über die- sem internationalen Abstimmungsprozess vergingen mehrere Jahre. Der modifizierte ICD-10 beruht auf der WHO-Klassifika- tion von 2001 [2]. Während die Änderun- gen vorbereitet wurden, erfuhr die Klassi- fikation 2008 [3] eine Überarbeitung, die im ICD-10 noch nicht berücksichtigt wur- de. Die meisten dieser Änderungen sind aber nicht so einschneidend, dass sie für eine ICD-10-Kodierung unbedingt nötig wären. Durch die Überabeitung des ICD- 10 erfolgt eine notwendige und überfälli- ge Angleichung von klinischem Sprachge- brauch und Diagnosekodierung. Die Um- strukturierung betrifft die ICD-Gruppen C81–C96 Bösartige Neubildungen des lym- phatischen, blutbildenden und verwandten Tab. 1ICD-Veränderungen 2011: Zusammenfassende Darstellung der relevanten Ver- änderungen für die Onkologie lfd. Nr. ICD-Kode(s) Klartext Veränderung 1 C81–C96 Bösartige Neubildungen des lymphatischen,  blutbildenden und verwandten Gewebes, als  primär festgestellt oder vermutet Neustrukturierung anhand  der WHO-Klassifikation 2 D46 Myelodysplastische Syndrome Neustrukturierung 3 D47 Sonstige Neubildungen unsicheren oder un- bekannten Verhaltens des lymphatischen, blut- bildenden und verwandten Gewebes Neustrukturierung 627 Der Onkologe 7 · 2011|

Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs

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Page 1: Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs

Onkologe 2011 · 17:627–633DOI 10.1007/s00761-011-2059-zOnline publiziert: 6. Mai 2011© Springer-Verlag 2011

D. Franz1 · M. Thalheimer2 · M. Krych3 · H. Ostermann3 · S.W. Krause4 · C. Haag5 · N. Roeder1

1 Geschäftsbereich Medizinisches Management – Medizincontrolling, DRG-Research-Group, Universitätsklinikum Münster2 Stabsstelle Qualitätsmanagement/Medizincontrolling, Universitätsklinikum Heidelberg3 Medizinische Klinik und Poliklinik III – Großhadern, Klinikum der Universität München4 Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen 55 TU Dresden, Medizinischen Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden

Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGsZusatz- und Innovationsentgelte im Jahre 2011

Außer der Reihe

Das deutsche DRG-System bildet die Grundlage für die Abrechnung sta-tionärer onkologischer und hämato-logischer Krankenhausleistungen. Es umfasst nicht nur die Fallgruppen (G-DRGs), sondern auch Zusatzentgel-te und Innovationsentgelte (Entgel-te für Neue Untersuchungs- und Be-handlungsverfahren, NUB). Mit die-sen drei Vergütungsinstrumenten müssen die Leistungserbringer in den Kliniken umzugehen wissen, wo-bei Zusatz- und NUB-Entgelte je nach Versorgungsauftrag und Leistungs-spektrum der einzelnen Kliniken eine unterschiedlich hohe Bedeutung ha-ben. Während die Systementwick-lung bei den onkologisch/hämatolo-gisch relevanten G-DRGs bezogen auf ihre Anzahl, ihren Anteil am Gesamt-system und die Art der DRG-Differen-zierung seit der Systemversion 2008 weitgehend konsolidiert ist, findet sich bei den Zusatz- und Innovations-entgelten weiterhin ein stetiger Um- und Ausbau. Vor diesem Hintergrund gilt es, die relevanten Weiterentwick-lungen der G-DRG-Systemversion 2011 für die Hämatologie und Onko-logie aus medizinischer und klassifi-

katorischer Perspektive zu analysie-ren und zu bewerten.

Neustrukturierung der Diagnosen für Lymphome und Leukämien

Die wesentlichste Veränderung für die Hä-matologie im Jahre 2011 ist zweifellos die Neustrukturierung der ICD-Diagnosen [1] für Leukämien und Lymphome ent-sprechend „des blauen Buchs“ der WHO-Klassifikation (. Tab. 1). Die Forderung, die ICD-Kodes an die aktuelle internatio-nal übliche Nomenklatur anzupassen, war schon vor Jahren an das DIMDI herange-tragen worden. Diese erhebliche Anpas-sung konnte jedoch nicht für die deutsche Version des ICD-10 isoliert vorgenommen werden. Vielmehr wurde nach internatio-

naler Abstimmung zunächst die WHO-Version des ICD-10 modifiziert. Über die-sem internationalen Abstimmungsprozess vergingen mehrere Jahre. Der modifizierte ICD-10 beruht auf der WHO-Klassifika-tion von 2001 [2]. Während die Änderun-gen vorbereitet wurden, erfuhr die Klassi-fikation 2008 [3] eine Überarbeitung, die im ICD-10 noch nicht berücksichtigt wur-de. Die meisten dieser Änderungen sind aber nicht so einschneidend, dass sie für eine ICD-10-Kodierung unbedingt nötig wären. Durch die Überabeitung des ICD-10 erfolgt eine notwendige und überfälli-ge Angleichung von klinischem Sprachge-brauch und Diagnosekodierung. Die Um-strukturierung betrifft die ICD-Gruppen C81–C96 Bösartige Neubildungen des lym-phatischen, blutbildenden und verwandten

Tab. 1  ICD-Veränderungen 2011: Zusammenfassende Darstellung der relevanten Ver-änderungen für die Onkologie

lfd. Nr. ICD-Kode(s) Klartext Veränderung

1 C81–C96 Bösartige Neubildungen des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes, als primär festgestellt oder vermutet

Neustrukturierung anhand der WHO-Klassifikation

2 D46 Myelodysplastische Syndrome Neustrukturierung

3 D47 Sonstige Neubildungen unsicheren oder un-bekannten Verhaltens des lymphatischen, blut-bildenden und verwandten Gewebes

Neustrukturierung

627Der Onkologe 7 · 2011  | 

Page 2: Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs

Gewebes, als primär festgestellt oder vermu-tet sowie die Gruppen D45 Polycythäaemia vera, D46 Myelodysplastische Syndrome und D47 sonstige Neubildungen unsiche-ren oder unbekannten Verhaltens des lym-phatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes.

Die Umstrukturierung geht mit der Einführung einer Reihe von neuen ICD-Kodes sowie der Modifikation und Strei-chung bestehender ICD-Kodes einher. Hierbei ist zu beachten, dass bei einer Kata-loganpassung aus Gründen der Kontinui-tät ein bereits vergebener Kode nur durch einen neueren oder präziseren Krankheits-namen belegt werden darf, nicht jedoch durch eine ganz andere Diagnose. Kodes können also nicht einfach umsortiert und in eine zeitgemäße Reihenfolge gebracht werden. Dies führt dazu, dass inhaltlich verwandte Kodes evtl. über eine größeren Raum von Ziffern verteilt sind.

Neue ICD-Kodes stehen für die Kodie-rung von Erkrankungen mit spezifischen genetischen Veränderungen zur Verfü-gung (z. B. C92.6 – Akute myeloische Leu-kämie mit 11q23-Abnormität) bzw. erlau-ben eine spezifischere Differenzierung (z. B. ALK-positives und ALK-negatives großzelligen anaplastisches Lymphom (C84.6, C84.7), weitere T-NHL). Ein neu-er Zusatzkode (C94.8!) erlaubt erstmals die Kodierung einer Blastenkrise bei chro-

nisch-myeloischer Leukämie (CML). Die DGHO hat ihren Kodierleitfaden für 2011 entsprechend aktualisiert [4]. Weiterhin nicht spezifisch kodierbar ist ein Post-transplantationslymphom.

Erst in 2 Jahren wird es dem InEK möglich sein, die neuen ICD-Kodes datengestützt kalkulieren zu können. Und erst zu diesem Zeitpunkt sind Ver-änderungen bei der DRG-Zuordnung der neuen ICD-Kodes zu erwarten. Bei-spielsweise erlaubt der neue Zusatzkode C94.8! die Kodierung einer Blastenkrise bei CML; dies führt jedoch (noch) nicht zu einer Änderung des Gruppierungser-gebnisses. In der Zwischenzeit werden die neuen ICD-Kodes bei der DRG-Gruppie-rung auf die alten ICD-Kodes übergelei-tet. Parallel zur Neuordnung der Diagno-sen wurden auch bei der Zuordnung der Leukämien und Lymphome zu den Ba-sis-DRGs R60 bis R63 Korrekturen vor-genommen (s. unten).

Neue OPS-Prozeduren-Kodes

Die Veränderungen auf der Ebene der OPS- (Operationsschlüssel-)Prozedu-ren [5] sind in . Tab. 2 zusammenge-fasst und betreffen die Kodierbarkeit wei-terer diagnostischer Maßnahmen. Insge-samt stehen damit nun sechs spezifische Kodes für die hämatoonkologische Diag-

nostik zur Verfügung, von denen zwei be-reits Erlösrelevanz haben (1–940 als Zu-satzentgelt und 1–941.- als Splitkriterium innerhalb der Basis-DRG R61 Lymphome und nicht akute Leukämien). Im letzten Jahr wurde die Kodierung von nichtkom-plexen (8–542.-) und mittelgradig-kom-plexen (8–543.-) Chemotherapien um An-gaben zur Dauer und zur Anzahl der ver-wendeten Zytostatika erheblich erweitert. Das Ziel dieser Erweiterung ist die Iden-tifikation aufwendiger Chemotherapie-schemata innerhalb beider Gruppen und deren zukünftige sachgerechtere Abbil-dung im G-DRG-System. Zur Zielerrei-chung ist eine vollständige und korrekte Kodierung der Chemotherapieschemata notwendig. Veränderungen bezüglich der Gruppierungsrelevanz dieser OPS-Kodes haben sich für die Systemversion 2011 nicht ergeben und waren auch noch nicht zu erwarten, da dem InEK frühestens zur Kalkulation der Systemversion 2012 ent-sprechende Kalkulationsdaten vorlie-gen. Bis dahin haben alle endständigen OPS-Kodes der OPS-Klassen 8–542.- und 8–543.- die gleiche Gruppierungsrelevanz.

Veränderungen der Schwere-gradbewertung (CCL-Matrix)

Im Rahmen der Weiterentwicklung zur Systemversion 2011 wurde durch das

Tab. 2  OPS-Veränderungen 2011: Zusammenfassende Darstellung der relevanten Veränderungen für die Onkologie

lfd. Nr. OPS-Kode Klartext Veränderung

1 1–992.- Durchführung von Genmutationsanalysen bei soliden bösartigen Neubildungen OPS-Kode differenziert, Inklusivum spezifiziert

2 1993 Automatisierte Anreicherung mit immunzytochemischer Detektion zirkuierender Tumorzellen (CTC)

Neuer OPS-Kode

Tab. 3  Veränderungen der CCL-Matrix 2011: Zusammenfassende Darstellung der Veränderungen für die Onkologie

ICD-Kode Klartext Neuaufnahme Aufwertung Abwertung

B25.0 Pneumonie durch Zytomegalieviren X    

B25.1 Hepatitis durch Zytomegalieviren X    

B25.2 Pankreatitis durch Zytomegalieviren X    

B25.8 Sonstige Zytomegalie X    

B25.80 Infektion des Verdauungstraktes durch Zytomegalieviren X    

B25.88 Sonstige Zytomegalie X    

U80.6! Pseudomonas aeruginosa und andere Nonfermenter mit Resistenz gegen Carbapeneme, Chinolone, Amikacin, Ceftazidim oder Piperacillin/Tazobactam

  X  

U80.7! Burkholderia und Stenotrophomonas mit Resistenz gegen Chinolone, Amikacin, Ceftazidim, Piperacillin/Tazobactam oder Cotrimoxazol

  X  

T80.1 Gefäßkomplikationen nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwe-cken 

    X

T80.2 Infektionen nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken     X

T80.8 Sonstige Komplikationen nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken     X

628 |  Der Onkologe 7 · 2011

Außer der Reihe

Page 3: Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs

InEK erneut die Schweregradrelevanz von Nebendiagnosen (CCL-Matrix) überarbeitet. Hierbei wurden Diagno-sen für CMV-Infektionen neu als schwe-regradrelevante Nebendiagnosen bewer-tet (. Tab. 3). Aufgewertet wurden Dia-gnosekodes für Resistenzen gegen Pseu-domonas aeruginosa und andere Non-fermenter sowie gegen Burkholderia und Stenotrophomonas (. Tab. 3). Die-se Diagnosen haben – als Nebendiagnose kodiert – ab 2011 gegenüber dem Vorjahr einen größeren Einfluss auf den PCCL-Wert. Aus der Liste der schweregradrele-vanten Nebendiagnosen gestrichen wur-den u.a. unspezifische Kodes für Kompli-kationen nach medizinischen und chirur-gischen Maßnahmen aus der ICD-Grup-pe T80 bis T88.

Abgewertet wurden Diagnosen für Komplikationen im Zusammenhang mit Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken (. Tab. 3). Diese Diagnosen haben 2011 eine gerin-gere Wirkung auf den PCCL-Wert – sie sind zwischen Kliniken und Kostenträ-gern nicht unumstritten. Die Auswirkun-gen der Veränderungen der CCL-Matrix sind abhängig vom Leistungsprofil jeder einzelnen Klinik und daher klinikindivi-duell zu prüfen. Neben der PCCL-Rele-vanz für einige Nebendiagnosen, sind für die Eingruppierung von onkologischen Erkrankungen vor allem auch DRG-spe-zifische Diagnosen von herausragender Bedeutung (z. B. für die Basis-DRGs R60–R63, s. unten).

22

642

1833

41

4647

45 45 40

806846

9131.036 1.090 1.147 1.155 1.149

20042003 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

bewertet unbewertet

Abb. 1 8 Entwicklung der bewerteten und unbewerteten G-DRGs 2003 bis 2011 (quantitativ)

34,637

34,390

29,009

18,438

37,852

25,972

22,570

19,466

32,346

23,589

22,154

17,959

31,641

22,158

20,229

12,773

2008 2009 2010 2011

A04A A04B A04C A04D

Abb. 2 8 G-DRGs A04A-D: Entwicklung der Bewertungsrelationen 2008 bis 2011

629Der Onkologe 7 · 2011  | 

Page 4: Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs

G-DRG-System 2011

Das G-DRG-System 2011 umfasst ins-gesamt 1194 G–DRGs (1149 bewertete, 40 unbewertete und 5 teilstationäre). In . Abb. 1 ist die zahlenmäßige Entwick-lung des G-DRG-Systems 2003 bis 2011 gezeigt. Erstmals seit der Einführung des deutschen DRG-Systems ist die Anzahl der Fallpauschalen – wenn auch gering-fügig – gegenüber dem Vorjahr gesunken. Seit der Systemversion 2007 war bereits eine deutlich Abflachung der jährlichen Zunahme der G-DRGs sichtbar. Es ist da-von auszugehen, dass sich die für die ak-tuelle Systemversion erreichte Anzahl von ca. 1200 G-DRGs zukünftig nur noch ge-ringfügig verändern wird.

Die Anzahl der hämatologisch/onko-logisch relevanten G-DRGs [6] bleibt 2011 im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Dies gilt sowohl für die G-DRGs zur Ab-bildung solider Tumoren als auch für die G-DRGs der Hämatoonkologie und der Knochenmarktransplantation. Die De-tailveränderungen beschränken sich auf DRG-spezifische Umstrukturierungen innerhalb der Fallpauschalen für Leuk-ämien und Lymphome sowie auf Ver-änderungen bei der Abfragereihenfolge (Hierarchisierung) bei der G-DRG A42A

Stammzellentnahme bei Eigenspender mit Chemotherapie.

G-DRG A42A Stammzellentnahme bei Eigenspender mit Chemotherapie

Für die Stammzellentnahme bei Eigen-spendern mit Chemotherapie existiert eine spezifische Fallpauschale, die G-DRG A42A, die in der aktuellen System-version mit einer Bewertungsrelation von 3,193 bewertet ist. Aufgrund der sehr frü-hen Abfrage dieser G-DRG im Rahmen des Gruppierungsalgorithmus erfolgte bisher bei einer Reihe von Fallkonstella-tionen eine unsachgerechte DRG-Zuord-nung, wenn zusätzlich zur Stammzellent-nahme sehr kostenaufwendige Chemo-therapieschemata verabreicht wurden, die sonst in wesentlich höher bewertete G-DRGs aus MDC 17 geführt hätten. Für die Systemversion 2011 wurde der Grup-pierungsalgorithmus umstrukturiert. So-fern kostenaufwendige Chemotherapie-schemata verabreicht werden, die eine Gruppierung in eine Fallpauschale mit einer höheren Bewertungsrelation als der-jenigen der G-DRG A42A bedingen, er-folgt eine Eingruppierung in diese höher bewerteten G-DRGs und nicht in die G-DRG A42A. Damit wird für die System-version 2011 ein Strukturdefizit des Grup-pierungsalgorithmus behoben, der in der Vergangenheit trotz Mehrleistung zu einer Mindervergütung führte. Im Ein-zelfall kann diese Umstrukturierung hö-here G-DRG-Erlöse im niedrigen 5-stelli-gen Eurobereich bedeuten.

Knochenmarktransplantation

Die Strukturen der Fallpauschalen für allo-gene (Basis-DRG A04) und autologe (Ba-sis-DRG A15) Knochenmarktransplanta-tionen sind 2011 gegenüber der Vorjahres-

version unverändert geblieben. Inhaltlich erfolgte eine bedeutsame Veränderung für Patienten mit Graft-versus-Host-Erkran-kung (GvHD) nach allogener Knochen-marktransplantation, die eine hohe Zahl an intensivmedizinischen Komplexpunk-ten aufweisen (>552 Punkte). Diese Pa-tienten werden 2011 in einer eigens hier-für neu geschaffenen G-DRG A36A Inten-sivmedizinische Komplexbehandlung >1656 Aufwandspunkte bei bestimmten Krankhei-ten und Störungen oder intensivmedizini-sche Komplexbehandlung >552 Aufwands-punkte bei Versagen und Abstoßung eines Transplantats hämatopoetischer Zellen ein-gruppiert. Fälle mit einer GvHD, die die-se intensivmedizinische Aufwandpunkt-zahl nicht erreichen, verbleiben in der Ba-sis-DRG A04. Die neue G-DRG A36A ist eine Fallpauschale für Extremkostenfälle der Vorjahresversionen. Die für diese Fall-pauschale kalkulierte mittlere Verweildau-er liegt bei 50,1 Tagen und weist eine Be-wertungsrelation in Höhe von 21,796 auf [6]. Die spezifische Zuordnung sehr auf-wendiger Fallkonstellationen mit GvHD nach Knochenmarktransplantation und längerem Aufenthalt auf einer Intensiv-station beeinflusst auch die Bewertungs-relationen der G-DRGs für allogene Kno-chenmarktransplantationen im Sinne von Erlösverlusten wegen Herausnahme sehr teurer GvHD-Fälle. Diese Bewertungsrela-tionen unterliegen ohnehin aufgrund der Heterogenität der Fallkosten und der rela-tiv geringen Fallzahl einer nicht unerheb-lichen jährlichen Schwankung. Auch die Zusammensetzung der an der InEK-Kal-kulation teilnehmenden Krankenhäu-ser hat einen messbaren Einfluss auf die Höhe der Bewertungsrelationen in die-sen Fallpauschalen. In der Vergangen-heit waren Schwankungen von −25% (G-DRG A04B von 2008 nach 2009) bis +9% (G-DRG A04A von 2008 nach 2009) von einer Systemversion auf die andere zu be-

Tab. 6  Leukämiediagnosen: Migration als Hauptdiagnosen von 2010 zu 2011

ICD-Kode Klartext Basis-DRG 2010

Basis-DRG 2010

C92.30 Myelosarkom: Ohne Angabe kompletter Remission R61 R60

C92.31 Myelosarkom: In kompletter Remission R61 R60

C94.30 Mastzellenleukämie: Ohne Angabe kompletter Remission R61 R60

C94.31 Mastzellenleukämie: In kompletter Remission R61 R60

C94.40 Akute Panmyelose: Ohne Angabe kompletter Remission R61 R60

C94.41 Akute Panmyelose: In kompletter Remission R61 R60

Tab. 4  Basis-DRGs R60–R63: Nicht mehr als „Sepsis, schwere Infektion“ geltende ICD-Kodes

ICD-Kode Klartext

A41.9 Sepsis, nicht näher bezeichnet

R57.2 Septischer Schock

R65.0 Syst inflam Response-Synd (SIRS) infektiöser Ursache ohne Organkomplikation

R65.2 Syst inflam Response-Synd (SIRS) nicht-infektiöser Ursache ohne Organkomplikation

R65.9 Syst inflam Response-Synd (SIRS), nicht näher bezeichnet

Tab. 5  Basis-DRG R61: Aufwertung komplexer Diagnostik

OPS-Kode Klartext

1–941.0 Komplexe Diagnostik bei Leukämien: Komplexe Diagnostik ohne HLA-Typi-sierung

1–941.1  Komplexe Diagnostik bei Leukämien: Komplexe Diag-nostik mit HLA-Typisierung

630 |  Der Onkologe 7 · 2011

Außer der Reihe

Page 5: Finanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs

obachten [7]. Seit der Systemversion 2009 sinken die Bewertungsrelationen in den G-DRGs für allogene Knochenmarktrans-plantationen kontinuierlich. Die Verände-rungen der Bewertungsrelationen für allo-gene Knochenmarktransplantation in den G-DRG-Systemversionen 2008 bis 2011 zeigt . Abb. 2.

Lymphome und Leukämien: Streichung unspezifischer Diagnose-Kodes

In den Basis-DRGs R60 Akute myeloische Leukämie, R61 Lymphome und nicht aku-te Leukämie, R62 Andere hämatologische und solide Neubildungen sowie R63 Ande-re akute Leukämien existiert das Differen-zierungskriterium „Sepsis, schwere Infek-tion.“ Hierzu gehört eine Reihe von Sep-sis-Diagnosen (z. B. B37.7 Candida-Sep-sis). Für die Systemversion 2011 wurden die in . Tab. 4 aufgeführten ICD-Dia-gnosen aus der für dieses Differenzie-rungskriterium hinterlegten Tabelle ge-strichen und können demnach in diesem Zusammenhang keine Gruppierungsre-levanz innerhalb der genannten Basis-DRGs mehr entfalten. Im Einzelfall kann dies zu einer Reduktion des DRG-Erlö-ses im Vergleich zum Vorjahr um einen 5-stelligen Eurobetrag führen.

Diese Entwicklung unterstreicht die Relevanz einer möglichst spezifischen Kodierung. Sofern den Kodierenden ent-sprechende Informationen vorliegen, die eine spezifische Kodierung einer Sepsis (oder auch jeder anderen Nebendiagno-se) ermöglichen, so sollte der spezifische Diagnose-Kode kodiert werden. Eine un-spezifische Kodierung ist nur dann to-lerabel, wenn die ICD-Strukturen keine spezifische Kodierung bereithalten oder wenn nicht ausreichende Informationen für eine spezifische Kodierung zur Verfü-gung stehen.

Basis-DRGs R61 Lymphom und nicht akute Leukämie: Aufwertung komplexer Diagnostik und eines zerebralen/meningealen Befalls

Innerhalb der Basis-DRG R61 Lym-phom und nicht akute Leukämie wur-de die Durchführung einer komplexen Diagnostik bei Leukämien als neues Dif-

Zusammenfassung · Abstract

Onkologe 2011 · 17:627–633   DOI 10.1007/s00761-011-2059-z© Springer-Verlag 2011

D. Franz · M. Thalheimer · M. Krych · H. Ostermann · S.W. Krause · C. Haag · N. RoederFinanzierung der stationären Onkologie und Hämatoonkologie durch DRGs. Zusatz- und Innovationsentgelte im Jahre 2011

ZusammenfassungHintergrund.  Das deutsche G-DRG-System wurde im Rahmen des strukturierten Weiter-entwicklungsverfahrens zur Systemversion 2011 erneut ausdifferenziert. Aus der Pers-pektive der Onkologie und Hämatoonkologie ergeben sich relevante Veränderungen bei Diagnosen, Prozeduren, Zusatzentgelten, In-novationsentgelten und der G-DRG-Struktur.Methodik.  Analyse der relevanten Diagno-sen, Prozeduren, Zusatzentgelte und G-DRGs in den Systemversionen 2010 und 2011 an-hand der durch das deutsche DRG-Institut (InEK) und das Deutsche Institut für medizini-sche Dokumentation und Information (DIM-DI) publizierten Informationen.Ergebnisse.  Wesentliche Veränderungen für 2011 waren die Neustrukturierung der ICD-Diagnosen für Leukämien und Lymphome, die Etablierung neuer Zusatz- und Innova-tionsentgelte für onkologische Wirkstoffe so-wie die Erhöhung der Sachgerechtigkeit der 

DRG-Zuordnung für aufwendige hämatoon-kologische Fallkonstellationen.Schlussfolgerungen.  Für häufige Standard-fälle ist, abgesehen von wenigen Details, be-reits heute eine ausreichende Abbildungs-qualität, verbunden mit einer sach- und leis-tungsgerechten Refinanzierung, gegeben. Für seltenere bzw. komplexere Fallkonstella-tionen besteht auch 2011 noch ein z. T. nicht unerheblicher Weiterentwicklungsbedarf. Wesentlich für die zukünftige Abbildungs-qualität von Lymphomen und Leukämien wird es sein, die Umstellung der ICD-Klassifi-kation sachgerecht ins G-DRG-System zu in-tegrieren.

SchlüsselwörterOnkologie · Hämatoonkologie · Diagnosis  Related Groups · G-DRG-System ·  Medizinökonomie

Financing of inpatient oncology and hematooncology in Germany by diagnosis-related groups and co-payments in 2011

AbstractBackground.  The German diagnosis-related groups (G-DRG) system has been differentiat-ed in the structured development process for the system version 2011 again. From the per-spective of oncology and hematooncology significant changes with regard to the cod-ing of diagnoses, medical procedures and co-payments were made.Methods.  The relevant diagnoses, medical procedures, co-payment-structures and G-DRGs in the versions 2010 and 2011 based on the publications of the German DRG insti-tute (InEK) and the German Institute of Med-ical Documentation and Information (DIMDI) were analyzed.Results.  Significant changes for 2011 were the restructuring of the ICD coding of leuke-mia and lymphomas and the improvements 

in the allocation of complex scenarios within the G-DRG structures.Conclusion.  The allocation of common cas-es with a standardized treatment pattern ap-pears to be appropriate and the reimburse-ment adequate. For the less common and more complex cases the G-DRG 2011 system still shows a need for modification. The cor-rect integration of the modified ICD classifica-tion for lymphomas and leukemia to the ap-propriate G-DRGs will be essential to main-tain the high quality of the reimbursement structure for the future.

KeywordsOncology · Hematooncology · Diagnosis- related groups · G-DRG system · Health  economics

631Der Onkologe 7 · 2011  | 

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ferenzierungskriterium implementiert (. Tab. 5). In Abhängigkeit von der Ko-morbidität der Patienten ist die Durch-führung einer komplexen Diagnostik bei Leukämien gruppierungsrelevant für die G-DRG R61G (BWR 0,828, PCCL<4) bzw. für die G-DRG R61B (BWR 2,525, PCCL>3). Als Voraussetzung für die Ko-dierbarkeit der beiden OPS-Kodes sind Mindestvoraussetzungen definiert, wel-che alle im Rahmen eines stationären Aufenthalts durchgeführt werden müs-sen. Für die Gruppierungsrelevanz ist es unerheblich, ob eine HLA-Typisierung durchgeführt wurde oder nicht. Die-se Änderung wird sich v. a. bei Patienten mit einer chronisch-lymphatischen Leu-kämie (ICD-10 C91.1-) sowie bei Patien-ten mit einer chronisch-myeloischen Leu-kämie (ICD-10 C92.1-) auswirken, die bei konservativer Behandlung beide der Ba-sis-DRG R61 zugeordnet werden, wenn sie als Hauptdiagnose angegeben werden.

Darüber hinaus wird innerhalb der Basis-DRG R61 ein zerebraler/meningea-ler Befall (ICD-Diagnose C79.3 Sekundä-re bösartige Neubildung des Gehirns und der Hirnhäute) aufgewertet. Patienten mit einer entsprechenden Diagnose wer-den ab 2011 unter Berücksichtigung zu-sätzlicher Differenzierungsparameter der G-DRG R61A Lymphom und nicht akute Leukämie, mit Sepsis oder komplizieren-der Konstellation oder mit Agranulozyto-se, sekundärer bösartiger Neubildung des Gehirns und der Hirnhäute oder Portim-plantation, mit äußerst schweren CC, Al-ter >15 Jahre, mit hochkompl. Chemothe-

rapie oder R61B Lymphom und nicht akute Leukämie mit Agranulozytose, sekundärer bösartiger Neubildung des Gehirns und der Hirnhäute oder Portimplantation, mit äu-ßerst schweren CC, Alter >15 Jahre oder mit äußerst schweren CC und komplexer Diag-nostik bei Leukämie zugeordnet.

Basis-DRGs R60 Akute myeloische Leukämie

Parallel zur Neuordnung der Leukämie- und Lymphomkodes im ICD-10-GM 2011 erfolgte durch das InEK auch eine Ver-schiebung seltener Leukämieformen von der Basis-DRG R61 (Lymphome und nicht akute Leukämien) in die R60 (Akute mye-loische Leukämie). Eine Übersicht zeigt . Tab. 6. Im Rahmen der jährlichen Kal-kulation zeigte sich, dass Fälle mit diesen Hauptdiagnosen sachgerechter in Fall-pauschalen für akute Leukämien abgebil-det sind.

Zusatzentgelte

Die Gesamtzahl der Zusatzentgelte steigt in der Systemversion 2011 um 3 auf 146 Zusatzentgelte an (. Abb. 3). Die Anzahl aller abrechenbarer Zusatzentgelte (bezo-gen auf einzelne Dosisklassen) übersteigt mittlerweile die Anzahl der vorhandenen G-DRGs. Bis auf ein Zusatzentgelt waren sämtliche neue Zusatzentgelte der Sys-temversion 2011 im Jahre 2010 Neue Un-tersuchungs- und Behandlungsverfahren (NUB). Von den drei neuen ZEs hat das bundeseinheitlich bewertete Zusatzent-

gelt ZE124 Azacytidin, parenteral Relevanz für die Onkologie und Hämatoonkologie.

Aufgrund eines erheblichen Rück-gangs des Arzneimittelpreises für Oxali-platin nach Auslaufen des Patentschutzes wurde das Zusatzentgelt ZE91 (2010) für Oxaliplatin, parenteral in der Systemver-sion 2011 gestrichen. Die Streichung hatte sich bereits in den Systemversionen 2009 und 2010 angedeutet, da die Schwellendo-sierungen zur Abrechnung des Zusatzent-gelts für Oxaliplatin kontinuierlich ange-hoben wurden. In der Systemversion 2010 konnte erst ab 1400 mg Oxaliplatin ein Zu-satzentgelt abgerechnet werden. Eine ähn-liche Entwicklung deutet sich für Gemcita-bin (ZE17) und Irinotecan (ZE19) an. Hier wurden wegen Preisrückgangs die unteren Dosisstufen für 2011 gestrichen.

Neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren

Das InEK hat am 31.01.2011 insgesamt 87 Verfahren, Arzneimittel, Implanta-te u.a. als Neue Untersuchungs- und Be-handlungsverfahren (NUB-Status 1) an-erkannt [8]. Als wesentlicher Motor der Etablierung neuer Zusatzentgelte hat sich für die Hämatologie/Onkologie das NUB-Verfahren etabliert.

Der Anteil onkologisch/hämatologisch relevanter NUBs ist traditionell sehr hoch und spiegelt das erhebliche innovative Potenzial beider Fachbereiche wieder. So wurden auch einige „small molecules“ in die Liste NUB-fähiger Medikamente auf-genommen, womit auch diese zuneh-mend wichtiger werdende Substanzklasse nun erlösfähig wird.

NUB-Leistungen des Jahres 2011 kön-nen z. T. bereits über spezifische OPS-Kodes qualitativ, d. h. ohne Dosierungs-abstufungen kodiert werden (. Tab. 7). Diese OPS-Kodes erleichtern z. B. die Identifikation, Kalkulation und Abrech-nung von NUBs des Jahres 2011.

Änderung der Deutschen Kodierrichtlinien

Eine Änderung der Deutschen Kodier-richtlinien (DKR; [9]) betrifft die Kodie-rung des CUP-Syndroms. Abweichend von der sonst bei sämtlichen bösartigen Neubildungen geltenden Regelung, dass

2535 40

59 6474 81 82

1

3642

4651

5362 64

bewertet unbewertet

20042003 2005 2006 2007 2008 2009 2010 20110

Abb. 3 8 Entwicklung der bewerteten und unbewerteten Zusatzentgelte 2003 bis 2011 (quantitativ)

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Außer der Reihe

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bei Aufnahme zur systemischen Chemo-therapie der Primärtumor als Hauptdiag-nose zu kodieren ist (DKR 0201j), wurde bisher beim CUP-Syndrom die/eine Me-tastase als Hauptdiagnose und die Diag-nose C80.- Bösartige Neubildung, primä-re Lokalisation unbekannt als Nebendia-gnose kodiert. Diese uneinheitlichen Re-gelungen werden ab 2011 vereinheitlicht. Auch bei einem CUP-Syndrom ist im Fal-le einer systemischen Chemotherapie die Diagnose C80.- als Hauptdiagnose und die Metastase(n) als Nebendiagnose(n) zu kodieren.

Diskussion

Erstmals seit der Einführung des G-DRG-Systems ist die Anzahl der Fallpauschalen rückläufig. Für die Hämatologie/Onkolo-gie relevante Veränderungen auf der Ebe-ne der Kodierung betreffen v. a. hinsicht-lich der Kosten sehr heterogene Fallkon-stellationen, die bundesweit nur in gerin-ger Fallzahl vorkommen, sodass höchst-wahrscheinlich nur ein Teil der DRG-An-wender in den Kliniken die Veränderun-gen tatsächlich registrieren werden. Al-lerdings können die Abwertungen im Bereich der Stammzelltransplantation für Fachabteilungen mit einem solchen Schwerpunkt zu einem deutlich negati-ven Katalogeffekt führen und einen ent-sprechenden Rückgang des Casemix-Vo-lumens bedingen.

Für die Entwicklung des Datenjahrs 2012 ist davon auszugehen, dass es durch die möglichen Veränderungen der Kodie-rung nicht komplexer bzw. mittelgradig komplexer systemischer Chemotherapien (s. oben) nicht unerhebliche G-DRG-Um-strukturierungen geben wird.

Für den ICD-Katalog 2011 wurden die Diagnose-Kodes für Leukämien und Lymphome grundlegend überarbeitet (s. oben). Diese Modifikation war über-fällig. Seit geraumer Zeit schon stimm-ten die klinischen Klassifikationen nicht mehr mit den ICD-Strukturen überein, sodass Inkongruenzen zwischen klini-scher und administrativer Dokumen-tation oftmals unausweichlich waren. Diese Umstrukturierung bietet nun je-doch nicht nur Chancen, sondern – ins-besondere kurzfristig nach der Einfüh-rung – auch nicht unerhebliche Risiken.

Die neuen ICD-Kodes müssen auf die al-ten zurückübertragen werden, damit eine entsprechende „Übersetzung“ in die G-DRG-Definitionshandbücher möglich ist und damit auch „Altdaten“ in den neuen Grouper-Versionen verarbeitet werden können. Ein solches Übertragen („map-ping“) war bereits in der Vergangenheit an anderer Stelle im G-DRG-System eine Fehlerquelle für vorübergehende Fehlallo-kationen betroffener Fallkonstellationen. Die enge Einbindung der DGHO in die Abstimmungsprozesse des InEK und des DIMDI ist hierbei sehr hilfreich.

KorrespondenzadresseDr. D. Franz

Geschäftsbereich Medizinisches Management – Medizin controlling, DRG-Research-Group, Universitätsklinikum MünsterDomagkstraße 20, 48129  Mü[email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

  1.  Internationale statistische Klassifikation der Krank-heiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, – German Modification – (ICD-10-GM), Online-Version 2011, Systematisches Verzeichnis, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Download: http://www.dimdi.de

  2.  Jaffe ES, Harris NL, Stein H, Vardiman JW (Hrsg) (2001) World health organization classification of tu-mours: pathology and genetics of tumours of hae-matopoietic and lymphoid tissues IARC Press, Lyon

  3.  Swerdlow SH, Campo E, Harris NL et al (Hrsg) (2008) WHO classification of Tumours of Haemopoie-tic and Lymphoid Tissues. IARC Press, Lyon ISBN 9789283224310

  4.  Kodierleitfaden Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation. Ein Leitfaden für die kli-nische Praxis Version 2011

  5.  Operationenschlüssel (OPS), Online-Version 2011, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Download: http://www.dimdi.de

  6.  Fallpauschalen-Katalog 2011, Download: http://www.g-drg.de

  7.  Franz D, Thalheimer M, Krych M et al (2009) Häma-tologie / Onkologie im DRG-System 2009. Onkologe 15:415–423

  8.  Informationen nach § 6 Abs. 2 KHEntgG für 2011: Neue Untersuchungs- und Behandlungsmetho-den, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), Download: http://www.g-drg.de

  9.  Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Spitzen-verbände der Krankenkassen (GKV), Verband der privaten Krankenversicherung (PKV), Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK gGmbH), Deutsche Kodierrichtlinien, Allgemeine und Spe-zielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren, Version 2011, Down-load: http://www.g-drg.de

Tab. 7  OPS-Kodes 2011 für Neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren

lfd. Nr. NUB-Bezeichnung OPS-Kode 2011

1 Eculizumab, parenteral 6–003.h

2 Nicht pegylierte Asparaginase, parenteral 6–003.n

3 Pegylierte Asparaginase, parenteral 6–003.p

4 Dexrazoxan, parenteral 6–003.q

5 Dasatinib, oral 6–004.3

6 Decitabine, parenteral 6–004.4

7 Micafungin, parenteral 6–004.5

8 Nilotinib, oral 6–004.6

9 Catumaxomab, parenteral 6–005.1

10 Arsentrioxid, parenteral 6–005.5

11 Denileukin Diftitox, parenteral 6–005.6

12 Everolimus, oral 6–005.8

13 Romiplostim, parenteral 6–005.9

14 Pazopanib, oral 6–005.a

15 Vinflunin, parenteral 6–005.b

16 Temozolomid, parenteral 6–005.c

17 Nab-Paclitaxel, parenteral 6–005.d

18 Plerixafor, parenteral 6–005.e

19 Mifamurtid, parenteral 6–005.g

20 Vorinostat, oral 6–005.h

21 Defibrotide, parenteral 6–005.kOPS Operationsschlüssel.

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