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IIeft 28,] Tobler : Fleehten ale ~4. 7. I915] besonders die der Phosphatide beteiligt sin& In der Narkase fanden sic sine Abt~ahme der 5odzahl des Lebeffettes, es waren dann relativ mehr ge- siittigte Fettsiiuren vorhanden. Nimmt man Dehydrierungen an, so wiiMe dies also sine Hem- taunt' w~hrend der Narkose bedeuten und im bestsn EinMange mit der Hemmm~g der Oxyda- tionsprozesse dureh Narkotika-stehen, die yon Verworn und seinen 'SIitarbeitern i~ir den Nerven, yon Warburg fiir andere, isolierte Zellen (rote Bhtzellen, Seeigeleier usw.) naehgewiesen wof den ist. SehliegAieh sei erw~hnt, dal~ nach den Unter- suehungen yon Lwoff sin Dehydrierungsprozeg aueh bei der Zuekerg~rung der tilde eine Rolls zu spielen seheint. Giirende Here vermag ~ethylen- blau zur Leukoverbindung zu reduzieren, und Lwoff fand, dal~ unter anaeroben Bedingungen die Alkohof und Kohlens~iurebildung im ¥ergleieh zu einer methylenblaufreien Kontrollportion g~hemmt wird, wenn dem G~irprozefl dutch )'[ethylenblau Wasserstoff entzogen wird, and zwar vermindert eh~ ~fol Ne~bylenblau, das reduziert wird, die Giir- produkte mn je zwei )Io16 Kohlensiiure and A1- kohol (entspreehend einem ~{ol Traubenzueker). In dessen soll fin Rahmea dieses Aufsatzes ant diese noeh nieht gekl~rten Verhaltni's.se nieh.t welter eingegangen und absehlleBend nur kurz darauf hingewiesen werden, dal! naeh Palladia aueh bei der Atmung der Pfianzen Dehydrierungs- vorgiinge sieh abspielen, wobei Cbromogene, die sich in Pflanzensiiften finden, ale Wasserstoff- akzeptoren fungieren sollen. Litefal,tw. 1. BacIb Oxydationsvorghnge usw., in Oppen- hcimcrs Handbtwh der Biochcmie, Ergzgsbd. 1913. 2. l)ers., Bcrl. BericMe der dcutseh, chem. Gesell: sel~aft 46, S. 3864. 3. P. Ehrlich, SmmrstoHbedtirfnis des Orgalfismus. Berlin 1885. 4. E,~glcr uud Herzoff, Zs. f. physiol. Chemie 59, 1909. 5. E~,glcr, (~ber Zerf:dlsprozesse in der Natur, Leipzig 19t1. 6. E. Fricdma~u, Bioeh. Zs. 27 u. 35. 7. Loathes, Ashcr-~piro, Erg. d. Phys,iol. 8, 1909. 8. Ltr.off, ttefegi~rung and Wasserstof~, Zs. f. GS- rtt~!gsphysiol, llI, 1913. 9. Pick, und Joan novies, P[liigers Archly 140. ~0. Verwor~b Narkose, Jena, 1912. 1~. Warburg, Oxydationsgesehwindigkeik usw., Ashcr-Nplro, Ergebn,. d. Plt,~/siol. .14, 1.914. ~2. Wict(t~d, Bcr. d. dc~ttsch, chem. Gcs~ 45, S, 4~84, 679; 2606; 56, S. 3327; 57, S. 2085. Flechten als N~hr- und Futtermittel. Von Prof. Dr. [~L Toblev, Mii~ter. ~[n zwei volkswirtschaftlieh beaehtenswerten Sehriftehen ~) hat s0eben C. Jacob] fiber dlesen ~) ,,Die Ylee!den Deutsehlands und 0sterreiehs ale Nithr- und Fut.~,erniaferial" 15 S. mid ,,Die Lager yon l~ennlierfleehte uad ihre Verwertung ale Futt(~r" t3 S., ton I?roL C. Jacobj. Tiibing'en 1915, J. C. B. N[ohr. N~thr- und Futtermittel. 365 Gegenstam [ sieh gegultert. Einem kurzen Berieht dariiber sei es erlaubt, einige auch lar das Wirt- sehafttlche nlcht belangtose nat, urwissensehaft- iiehe Ergfinzungen anzufiigen, die z. T. weniger gut Bekanntes enthalten, z. T. aueh sieh mir aus noch unver6ffentliehter Arbeit aufdriingen. Jacobj regt an, das ~,isliindische ~[oos", die Flechte Cetraria islaadica (L.) (Lichen islaMi- cus der Apotheke) ale ~Ielflersatz fiir Brot her- anzuziehen, sin Branch, der: in nordisehen L[in- dern lang e und nieht nut zu Zeiten der Not be- steht. Neben viel Kohlehydraten eathiilt die Pfianze ~) allerdings einen Bitterstoff, den man '~ber jetzt auszuziehen versteht, ohne den N~hrwert zu beeintriiel}tigen. Es gesehieht das in tier phal"- mazeutlsehea PraMs dureh lproz. Pottasehe- 15sung (3 Stunden stehen lassen) uad fotgendes Auswasehen. Der iln AUSZUg befindliehe Stoff (Cetrarin) ist NagemnitteF). Die dav0n befreite ]i'leehte sol1 ge~roeknet, zerrieben und zu gleiehen Teilen mlt ~fehl verbaeken werden. (Xttere nnd neuere I~ezepte hierfftr sind in Jacobjs Schrift naehzulesena). Ebenso ist aus der Fleehte nadl Entbitterung dureh Einkoehen (wie bei der Ver- wendung a!,s I-[ustenmittel iiblieh), Durchseihen und Zugabe yon Fruchtsa~ft u. a. die t-Ierstel!ung einer Griitze mSglieh, wofiir in Skandinavien Re- zepte bestehen, die Jacobj snfiihrt. In beiden For- men bietet die Fleehte rund 80 % st~irkeartigen Stoffes yon guter Verdautiehkeit ~) and ohne un- angenehmen Gesehmaek, also Speise nieht ale Not- behelf, sondern wirMiehen Ersatz ft'lr andres. Die Gewiunung" des ,,isl~ndisehen 3]looses", das dureh-:den Apothekengebraueh aueh verhiittnis- mgl~ig bekannt ist, ist ein~ae11. Zu uus komme durch den Handel das ~aterial aus Skandinavien (nicht aus Island!), Frankreieh, Spanlen, Schweiz und Tirol, wird ~erner in den deutsehen NitteI- gebirgen gesammelt (Harz, Fiehtelgebirge), kommt au~ tIeideboden aber aueh in der Ebm~e 1) Genaue Analyse: 70 % Lichenin und ti % Dextro- livhenin [dies beides (lie Kohlehydrate),. Fmnar-Proto- cctrar~:&u'e racist 2 % (bis 3 %), Protoliehesterin and Para,liehesterinsi~ure zusammen 1% (d~iese drei Flech- tensrmren), 2 %,Asehe; 5therisehes 01, Gummizucker, Lisen. t)er Nohlehydrafgehalt wird meier ,ungenauer ~ts ,,Fleehten- oder Moos:St~rke" angegeben, die beiden Stoffe zusammen bilden die Wands~ubstanz der Irteehtenhyphe. ~) Es ist nicht riehtig, wit die Literatur meier an- gibt, dag" die Flechte Cetrarin (= Cetrars~ture) eat- hairs; J0ic,s ist. nur ein dureh die J3ehandlung mit AI- kali and AlkohoI ent.standenes Spaltungsprodukt der Fn.marprotocct,rarsiiure, . vgI. gopf, die FleehtenstoHe (Jena 1907)S. 420, auch diese ist bitter, abet in hIagen and Damn aufgenommen nieht giftig, ebenso- wenig wie Cetrarin ffir den l~Ienschen (1. e. 377 f.). ~) Weitcre solehe Angaben aus neuerer Zeit stehen aueh noeh im Chem. Ccntralblatt 1906, II; Nr. 10. (Hier llezepte fiir Geb.;tek mit Milch.) ~') Zocrttig gibt ffir das vSllig mit sehwaeh alkali- es!ram Was~er cntbitterte .,Gemiise" ale Geh~lt a.n: Stickstoffhaltige Substanz 2,8t ~, tlohfett 0,4 %, Ftoh- laser 4,6 N, A~che 6..99 %~ \V~ss~r 6 %, stic)stoff[rcie $¢rb.sl~i~t.z 79,2 ~ . (Arzneidrogen Bd, [.)

Flechten als Nähr- und Futtermittel

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Page 1: Flechten als Nähr- und Futtermittel

IIeft 28,] Tobler : Fleehten ale ~4. 7. I915]

besonders die der Phosphat ide betei l igt sin& I n der Narkase fanden sic sine Abt~ahme der 5odzahl des Lebeffettes, es waren dann re la t iv mehr ge- siittigte Fet ts i iuren vorhanden. N i m m t man Dehydr ierungen an, so wiiMe dies also sine Hem- taunt ' w~hrend der Narkose bedeuten und im bestsn E i n M a n g e mit der Hemmm~g der Oxyda- tionsprozesse dureh N a r k o t i k a - s t e h e n , die yon Verworn und seinen 'SIitarbeitern i~ir den Nerven,

y o n Warburg f i ir andere, isolierte Zel len (rote Bh tze l l en , Seeigeleier usw.) naehgewiesen w o f den ist.

SehliegAieh sei erw~hnt, dal~ nach den Unter- suehungen yon L w o f f s in Dehydrierungsprozeg aueh bei der Zuekerg~rung der t i l d e eine Rolls zu spielen seheint. Giirende Here vermag ~ e t h y l e n - blau zur Leukoverbindung zu reduzieren, und L w o f f fand, dal~ unter anaeroben Bedingungen die A lkohof und Kohlens~iurebildung im ¥erg le ieh zu einer methylenblaufre ien Kont ro l lpor t ion g~hemmt wird, wenn dem G~irprozefl dutch ) ' [ethylenblau Wasserstoff entzogen wird, and zwar vermindert eh~ ~fol Ne~bylenblau, das reduziert wird, die Giir- produkte mn je zwei )Io16 Kohlensi iure and A1- kohol (entspreehend einem ~{ol Traubenzueker) . In dessen soll fin Rahmea dieses Aufsatzes an t diese noeh nieht gekl~rten Verhaltni's.se nieh. t welter eingegangen und absehlleBend nur kurz darauf hingewiesen werden, dal! naeh Palladia aueh bei der Atmung der Pf ianzen Dehydrierungs- vorgiinge sieh abspielen, wobei Cbromogene, die sich in Pflanzensi if ten finden, ale Wasserstoff- akzeptoren fungieren sollen.

Litefal,tw. 1. BacIb Oxydationsvorghnge usw., in Oppen-

hcimcrs Handbtwh der Biochcmie, Ergzgsbd. 1913. 2. l)ers., Bcrl. BericMe der dcutseh, chem. Gesell:

sel~aft 46, S. 3864. 3. P. Ehrlich, SmmrstoHbedtirfnis des Orgalfismus.

Berlin 1885. 4. E,~glcr uud Herzoff, Zs. f. physiol. Chemie 59,

1909. 5. E~,glcr, (~ber Zerf:dlsprozesse in der Natur,

Leipzig 19t1. 6. E. Fricdma~u, Bioeh. Zs. 27 u. 35. 7. Loathes, Ashcr-~piro, Erg. d. Phys,iol. 8, 1909. 8. Ltr.off, ttefegi~rung and Wasserstof~, Zs. f. GS-

rtt~!gsphysiol, l l I , 1913. 9. Pick, und Joan novies, P[liigers Archly 140. ~0. Verwor~b Narkose, Jena, 1912. 1~. Warburg, Oxydationsgesehwindigkeik usw.,

Ashcr-Nplro, Ergebn,. d. Plt,~/siol. .14, 1.914. ~2. Wict(t~d, Bcr. d. dc~ttsch, chem. Gcs~ 45, S, 4~84,

679; 2606; 56, S. 3327; 57, S. 2085.

F l e c h t e n als N~hr- u n d Fut termi t t e l . Von Prof. Dr. [~L Toblev, M i i ~ t e r .

~[n zwei volkswirtschaft l ieh beaehtenswerten Sehrif tehen ~) hat s0eben C. Jacob] fiber dlesen

~) ,,Die Ylee!den Deutsehlands und 0sterreiehs ale Nithr- und Fut.~,erniaferial" 15 S. mid ,,Die Lager yon l~ennlierfleehte uad ihre Verwertung ale Futt(~r" t3 S., ton I?roL C. Jacobj. Tiibing'en 1915, J. C. B. N[ohr.

N~thr- und Futtermittel. 365

Gegenstam [ sieh gegultert. Einem kurzen Berieht dariiber sei es erlaubt, einige auch l a r das Wir t - sehaft t lche n l c h t belangtose nat, urwissensehaft- iiehe Ergfinzungen anzufiigen, die z. T. weniger gut Bekanntes enthalten, z. T. aueh sieh mir aus noch unver6ffent l iehter Arbe i t aufdriingen.

Jacobj regt an, das ~,isliindische ~[oos", die Flechte Cetrar ia is laadica (L.) (Lichen i s l aMi- cus der Apotheke) ale ~Ielflersatz fiir Brot her- anzuziehen, s in Branch, der: in nordisehen L[in- dern lang e und nieht nu t zu Zei ten der Not be- steht. Neben viel Kohlehydra ten eathi i l t die Pf ianze ~) al lerdings einen Bit ters toff , den man '~ber je tz t auszuziehen versteht, ohne den N~hrwert zu beeintriiel}tigen. Es gesehieht das in tier phal"- mazeutlsehea PraMs dureh lproz. Pottasehe- 15sung (3 Stunden stehen lassen) uad fotgendes Auswasehen. Der iln AUSZUg be f ind l i ehe S tof f (Cetrar in) ist Nagemni t t eF) . Die dav0n befreite ]i'leehte sol1 ge~roeknet, zerrieben und zu gleiehen Teilen ml t ~fehl verbaeken werden. (Xttere nnd neuere I~ezepte hierfftr s ind in Jacobjs Schr i f t naehzulesena). Ebenso ist aus der Fleehte nad l En tb i t t e rung dureh Einkoehen (wie bei der Ver- wendung a!,s I-[ustenmittel iiblieh), Durchseihen und Zugabe yon Fruchtsa~ft u. a. die t-Ierstel!ung einer Griitze mSglieh, wofiir in Skandinavien Re- zepte bestehen, die Jacobj snfi ihrt . I n beiden For- men bietet die Fleehte rund 80 % st~irkeartigen Stoffes yon guter Verdau t iehke i t ~) a n d ohne un- angenehmen Gesehmaek, also Speise nieht ale Not - behelf, sondern wirMiehen Ersatz ft'lr andres.

Die Gewiunung" des ,,isl~ndisehen 3]looses", das dureh- :den Apothekengebraueh aueh v e r h i i t t n i s - mgl~ig bekannt ist, ist ein~ae11. Zu uus komme durch den Handel das ~ a t e r i a l aus Skandinavien (nicht aus Is land!) , Frankreieh, Spanlen, Schweiz und Tirol, wird ~erner in den deutsehen Ni t te I - gebirgen gesammelt (Harz, F ieh te lgebi rge) , kommt au~ t Ie ideboden aber aueh in der Ebm~e

1) Genaue Analyse: 70 % Lichenin und t i % Dextro- livhenin [dies beides (lie Kohlehydrate),. Fmnar-Proto- cctrar~:&u'e racist 2 % (bis 3 %), Protoliehesterin and Para,liehesterinsi~ure zusammen 1% (d~iese drei Flech- tensrmren), 2 %,Asehe; 5therisehes 01, Gummizucker, Lisen. t)er Nohlehydrafgehalt wird meier ,ungenauer ~ts ,,Fleehten- oder Moos:St~rke" angegeben, die beiden Stoffe zusammen bilden die Wands~ubstanz der Irteehtenhyphe.

~) Es ist nicht riehtig, wit die Literatur meier an- gibt, dag" die Flechte Cetrarin (= Cetrars~ture) eat- hairs; J0ic,s ist. nur ein dureh die J3ehandlung mit AI- ka l i and AlkohoI ent.standenes Spaltungsprodukt der Fn.marprotocct,rarsiiure, . vgI. gopf, die FleehtenstoHe (Jena 1907)S. 420, auch diese ist bitter, abet in hIagen and Damn aufgenommen nieht giftig, ebenso- wenig wie Cetrarin ffir den l~Ienschen (1. e. 377 f.).

~) Weitcre solehe Angaben aus neuerer Zeit stehen aueh noeh im Chem. Ccntralblatt 1906, II; Nr. 10. (Hier llezepte fiir Geb.;tek mit Milch.)

~') Zocrttig gibt ffir das vSllig mit sehwaeh alkali- es!ram Was~er cntbitterte .,Gemiise" ale Geh~lt a.n: Stickstoffhaltige Substanz 2,8t ~ , tlohfett 0,4 %, Ftoh- laser 4,6 N, A~che 6..99 %~ \V~ss~r 6 %, stic)stoff[rcie $¢rb.sl~i~t.z 79,2 ~. (Arzneidrogen Bd, [.)

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366 Tobler : Fleehten air

vor. E s w~re also denkbar, an vielen Orten (ge- rade in ~rmeren Gegenden, auf t te lde land) das Ern¢en und die Verwendung e inzule i ten; zum mindesten abet eine solche als Viehfutter. - -

Diese ]etztere Verwendbarkei t wiinscht Jacob] nun in besonderm aber f i ir eine andere Fleehte bekannt zu machen: die Rentierf lechte (Clario- n[a, genauer: Cladina rangi fe r ina (L.) Web.t). Aueh diese Yleehte enthii l t re iehl ieh Xohlehydra te und finder in nordisehen L~ndern als Viehfut ter Beachtung. Verdankt sic ihren Namen doeh d e n Umstand, dag sic ftir das t~entier vielfaeh die hervorragende, ja ( i n WinCer gelegenflich) ein- zige Nahrung vorstell t . Xltere L i t e ra tu r g!bt dana aueh an, daft ~ a b r i k m ~ i g sieh nach t3berfiihrung der , ,Fleehtensti irke" in Zueker daraus Alkohol gewinnen lasseS). Es ist eine ~erbreite~e Angabe, dag der N~hrwert der F iechte dreimal so grot~ wie der der Xar to f fe l set. Da die Pf lanze in tIeide~ gegenden Deutsehlands zwisehen Calluna, mi t J~{oosen, abe r auch vielfaeh in grol?en reinen Pol- stern welt verbreite~ nnd leieht zu sammeln [st, so [st gerade im gegenwgrtigen Augenbllek, wo wir die bisherige ausl~ndische E in fuhr yon Fu t te r - mi t te ln entbehren, die Jacob]sehe Anregung aufler- ordentlieh wertvoll ~(tr uns. Um so mehr, als er ( i n wiir t temberglschen Al]ggu) die 3/[Sgliehkeit des Einsammelns nnd Gr61?e des Er t rages genauer fes tgestei l t hat. Danaeh wiirde rich der W a r t als Fu t t e rmi t t e l auf mindestens 10 P~ennlg fi ir 1 kg (frisehe) ]Plechte ste]len, ein N[ann pro Tag davon etwa I Zentner sammeln kSnnen and auf 1 qkm dort etwa 20 000 kg kommen. Da auch Vorver- suche n i t Verf i i t te rung der Pf lanzen (gekocht in 5[olken) gi inst ig verliefen, so [st den eingeleiteten ]3emiihungen znr wir tsehaft l lchen Aufklgrung Merfiber ro l le r E r fo lg sehr zu wSnsehem

Es ist yon besonderem Entbi t terungsverfahren hierbei n ieh t die Rede, obwoM die Rent ierf leehte den gleiehen S tof f wie die is l~ndisehe enthglt . Vermutt ich is t die }[enge geringer, oder es erfolgt bel der ober~ gesehilderten Zuberei tung des Fur- tars eine den Gesehmack gtinstig beeinflussende Zersetzung des ]3ittesstof~es: Dal~ neben der ech-

~il Die botanisehe Angs.be in Jacobjs Sehrift [st nicht gengu. ]3ei uns kommen in der Ebene zwei (zweifel- los yon Volk n i t den gleichen dentschen Namen be. legte) n~hverw~ndte ~ormen der Unterggttung Cla- dina vor, auger der oben gena.anten, die gut unter- schiedene siIvatica. (L.) Hoffm., in den Gebirgen noah die d r i t~ alpes~*is (L.) Rabcnh. An C. silvatlea beson. 4err schlieBt rich ein von verschiedenen verschieden bewerteter Formenkreis an. So a.uch (me[st na~h Wai~io) z. ]3. Linda:~, Ftechtea (Berlin 1913), S. t07, gen~ue r be[ Na~cl~tede, Ctaflonien d. nordwestd. Tief- land~es (Abh. Nat. Ver. Bremen 1912, S. 340 f.). - - Die Botaniker sehreiben iibrigens keineswegs alle (der Volks- etymoIogie folgend): Renntierflechte, sonder~ manche richt4g Ilet~tierflechte !

~) Jacobjs Angaben w:(ire ~ls neuere, auch wegen Einzelheiten beaehtenswerte, noch diese Liter~tnr hinzu- zuffigen: Mentz og Osteu~elff, PI~.nteverdenen i menne- skets tjeneste (t906) S. 208, wo die Veriiitterung z, ]3. n i t tIeiffekraut) ameh an Sehweine und in Jtitland die Verwendung zu Brot erwghnt, die Bram~tweinge- wimmng abet in ihrem Wart bezweifelt [st.

N~hr- und FuttermitteL f Die lgatur- [wissenschaften

ten rangi fer ina auch die si lvat ica verwendbar wiire, ist al lerdings f i ir die Jacobjschen Vorsehliige met- nes Eraehtens Voraussetzung. Denn d e n Volke wtirde die Unterscheidung Sehwier igkei ten be- reiten. Leider mahn t eine Angabe zur Vorsicht, naeh der eine Rent ierherde (in Wien) (tie ihr start dot echten versehentl ich vorgeset.zte CI. sil- vatlea nieht annehmea wollte, Der Grund ist nicht bekannt, ebensowenig abet aueh die besonderen Umst~nde, z. J3. die Znbere i tung des Fu t t e r s f i ir die Tiere in diesem Einzelfal le!) . Hie r s ind also die in Aussieht ges te t l ten Tierft ' t t terungsversuehe abzuwarten. ~ Jacob] wir i t auch die F rage auf, ob nieht noah andere h~iufige Fleehten als Vieh- fu t ter Verwendung l i nden kSnnen. Er denkt z. B. an die sehr verbreitete und den Biiumen fast sehgd- liehe Evernla prunastri (L). Dag diese, wie a]le kr~ft igeren Fleehten, einen N~hrwert besitzt, [st zweifellos, die genannte gag aueh erhebliehe Sub- stanzmenge. Sie enth~ilt keinen Bi t te rs tof f ' ) , trotzdem r ind erst Fi i t terungsversuche maggebend. Und ieh mSeh~e hier vor a l l e n betonen, dal] solche a~lgemein n u t fiir ]e eine Flech~enart giiltig sind, denn die Eigensehaf ten der den Ar ten ]e- wells eigenen J~leelatens~uren und Flechtens~ure- komblnat lonen r ind sehr verschieden, sowohl die LSsllchkelt und Zersetzung, als auch ihre Wirkung auf die Organlsmen3). F t i r al]e F]eehten gi l t nut das eine, dai] sic eher in feuchtem, Zustand ge- fressen warden a~s troclce~. Woll te man an weitere Versuehsobjekte noah besonders erinnern, so w~.re das Cetraria glauca (L.), eine gleiehfal ls sehr h~iufige und nicht bittere Verwandte der isl~ndi- sehen Fleehte, die (meist steril) an Rinde yon vie- len t~aumarten, Z~unen, Steinen, iiberall in Deutschland vorkommt.

Die Ernte der F leeh ten maeht keine Seh~;ierig- kei~en, nur reiehlieh vorhandene lohnen natiirlieh. Aber aueh Jacob] beriihrt sehon die Frage des 2Vachwuchses und damit die, ob wit in den ~'leehten etwa dauernd eine Ersatzquelle f i i r einen Tel l der bisher uns y o n Auslande gel iefer ten ]~utter- mit tel zu sehen haben. Nun wi rd das Wachs tum der F leehten zlemlieh a]lgemein a]s auffal]end langsam angenommen, es [st dariiber bisher wenig bekannt. Xeineswegs gi l t d i eLangsamke i t a]sRegel,

~) Zopf, 1. c. S. 405: Cladi'~a raf~gifcrina und silva- tica enth~lt~n be[de Fumarprotocetr~rs~iure, attiaerdem die erstere Atranors'~iure, die zweite Usninsiture. Diese be[den Siiuren rind nicht bitter. Clad[ha alpestris ent- h~lt keinen Bitterstoff, abet attch Usnins:~iure. - - In der Geschichte mit den Wiener Rentieren spricht Zopf (S. 372) ~ls mgglichen Grund den Usninsi~uregehalt a,n, es k6nnte aber n~ttirlieh naeh seiner Me[hung "meh ein gunz anderer Stoff rein. Ieh merke ~m, dab Urn[asSure solar schv:er lSslich [st.

~) sondern die nicht bitteren Usnit~s:~[ure, Atra~mr- saure, Evernsigare. (Zopf, 1. c. S. 42]).

~) W:~ihread viele :ffleehtensiiuren, ger~tde iibrigena aueh schwer l(isliehe, yon Tieren (Sehneeken u. ~.) ge- freshen werde~t (also niehL etw~ einen ,,Fragsclmtz" bilden), gibt es.aueh wirklieh gift@e, z. B. VulpinsSure, aueh Cetraria fiir kleine Tiere und injieiert" wirkt scl~idlich.

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Heft 28.] 9. 7. 1915j

gerade Cladonien /cSnnen unter Umstiinden sehr ranch waehsen, wie ich beobachtet babe. Weml also vorgesehlagen wird, die hohen strauehartigen Rasen der Rentierfleehte ,,abzuseheren" (statt aus- zureiBen), so kSnnte m a n ' d a r i n ja in der Tat Sehonung des Naehwuehses sehen? Leider nein/ Denn bet den hSheren St~mmehen der Cladonien sind die unteren Teile mehr oder weniger abge- storben, die Beziehung zum Boden ist ja fiir die Ernghrung sehr gering an "Weft, wesentlieh viel- leieht nut hinsiehtlieh der Wasserzufuhr auf rein physikatisehem Wege. (Es sind iihnliehe Verhiilt- nisse wie in einem Torfmoospolster.) Wo aber noeh lebende Teile vorhanden w~ren, wiirde bet dem Ab- sehneiden sehwerlieh wieder ein gleiehm~13iger normaler Rasen der Fleehte erwaehsen, es wiirde (bet geniigender Feuehtigkeit) der Pilz wohl wuehern kSnnen, aber das Fleehtenwesen als solehes zerstSrt sein. Die Flechten sind so aul3erordent- lieh labil in ihrer Vegetation, well sie so sehr an- spruehsvoll sind: wo zwei Organismen (Pilz und Alge) befriedigt sein wollen, ist die Wahrsehein- liehkeit fiir das gleiehzeitige Gedeihen im physio- logisehen Gleiehgewieht. geringer, stSrt infolge- dessen jeder Eingriff yon aul3en viel mehr. Ieh weig ans Zuehtversuehen genau, wie sieh Cladonien bel Regeneration verhalten, doeh warden die Ein- zelheiten bier kaum Interesse linden. Es wird aber hierdnreh wohl zugleieh klar, dal~ die stattliehen Flechtenrasen, mSgen sie Iange oder kurze Zeit zur Js3ntstehnng gebraueht haben, in ganz beson- derer Weise aueh yon ihrem Naehbarn, yon den Grgsern, ~oosen und Kriiutera abhgngig sin& Sie sind in Ausdehnnng nnd Art ihres Wuehses mit das Produkt yon deren Entwieklung. Datum ist e,s aussich.tslos, in bestehender Formation neue Aussaat zu erhoffen. An sieh w[irde dazn das, was an Astspltzehen beim Sammeln abbrieht (je troekener die Fleehten, desto mehr! Jaeoby hglt Sammeln in Troekenheit deshalb far unzweek- m~gig), zur Aussaat geniigen. Denn nur auf vege- tativem Wege vermehren sieh offenbar die Clado- nlen. Aber die Saat wiirde kaum aufkommen an den alten Stellen, wiirde dort yon dem benaehbar- ten Graswuehs u. a. erdrtiekt and jedenfalls nieht in absehbarer Zeit zu normaler Fleehte reifen. Im gilnstigsten FatI wi~rden solehe I~[albfleehten zu- stande kommen, wie ieh Sie friiher gesehildert habeQ. Die Strauehflechten auf dem Boden kSnnen sieh im wesentliehen ~ur mit ihrer Umge- bung ansiedelm e'ntwicl~eln and vergndern.

E,s ist anl3erordentlieh dankenswert, dab fiir dies ffahr nnd die ngehsten an vielen Orten, gerade in Gegenden ~rmerer BSden'Q, eine braueh- bare Futterquel]e dutch (lie Benutzung der Iten- tierfleehte ersehlossen wird, sie mn~ abet doeh wohI ~ Ieider - - mit der Zeit sieh ersehSpfen. Nit MM.% jeweits 5rtlich yon Bediirftigen benutzt,

*) Jahrb. f. wiss. Bot. 1911, Bd. 49, S. 389. '-') Ebeaso nattirlieh die Nutzang der FIeehten bei

Urba.rmachung you ]~teideboden, z. B. (lurch Xriegs- g(,fangene, uoral, Jacobj erimlert hat.

Berndt: Einige Beobaehtungen an stark gespannten Glasplatten. 367

kann sic aueh lfinger fliellen. Jt'iir ]~enutzung an- deter Fleehten, z. B. der Rinden bewohnenden, falls ~t'ltt.erungsversuehe die Heranziehung einiger ganz hgufiger als m6glieh erweisen sollten, kSnn- ten die Verhgltnisse giinstiger seth. Viele davon waehsen leiehter und sehneller, freilieh ist die Ernte mfthsarner. Sieher gebfthrt Jacobj fUir die AnreguI~g g'rot~er Dank.

Einige Beobachtungen an stark gespannten Glasplatten.

l~on Prot'. Dr. G. Berndt, Be,rlin-t~5"iedenau.

Bekanntlieh zeigen dureh sehnelle Abkiihlung oder dureh meehanisehe Xriifte stark gespannte Glasplatten im polarisierten Lieht, ~hnlleh wie nleht zum isotropen System geh5rige Xristalle, Spannungsfiguren, die sieh bet geniigender Gr5Be der Spammng dutch lebhafte Farben aus- zeiehnen. Zur Beobaehtung benutzt man am besten zwei Nikotsehe Prismen oder einen schwa> zen Spiegel und einen Nikol, deren Polarisations- ebenen gekreuzt sind. Aueh zwisehen parallelen Polarisatoren kann man die Farbenerseheinungen, wenn aueh weniger gliinzend, erhalten.

Bei einer sehr stark gespannten Platte iiel auf, dag mat1 die Farben bei sehr~ger Bliekrieh- tung aueh ohne Nikol sehen konnte, wenn die Platte auf dem sehwarzen Spiegel lag. Bei Ver- folgung dieser zuffilligen Beobaehtung ergab sieh, dab aueh der sehwarze Spiegel iiberfti~ssig ist und dag eine fret aui einem dunklen Untergrund lie- gende Platte (bet sehr~ger Aufsieht) Spannungs- farben zeigt, deren Intensit~t allerdings nieht mit der zwisehen gekreuzten Polarisationen erhaltenen zu vergleiehen ist, In diesem Falle wird der eine Polarisator dureh die als unbelegter SpiegeI wir- kende Unterfl~iehe der Platte ersetzt. An die Stelle des anderen Polarisators tritt das Ilimme]s- licht, welches immer bis zum gewissen Grade pola- risiert ist. Der Beweis fiir diese Behauptung liil]t sieh dureh Beobaehtung bei versehiedenen Sonnen- Azinmten fiihren. Das Lieht, welches aus Gegen~ den kommt, die yon der Sonne um 0 o oder 180 s abstehen, ist nur sehr sehwaeh, das aus Sonnen- Azimuten yon 90 o stammende dagegen sehr stark polarisiert. Dementspreehend treten bet Beobaeh- tungen senkrecht zur Sehattenrieh{ung die Farben sehr lebhaft, in der Sehattenriehtung dagegen nur sehr matt attf. Eine stark gespannte Glasplatte kann also als ein - - wenn aneh roher - - Indikator ftir die Polarisation des Himmelsliehtes dienen.

Im Einktm~g damit stehen Beobaehtungen der stark gespannten Platte mit einem Nikotsehen Prisma bet senkreeht durehfallendem Liehte. Bet Beobaehtung naeh Punkten, welehe im Sonnen- azimut yon 90 '~ liegen, sind die Farben sehr ]eb- haft; sie verschwinden dagegen fast v5tlig, wenn die Bliekri~litung mit der Sehattenrieh~ung zu-

smmnenfiilIt. I ra ]etzteren Falle treten die Far-