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Formen der Marktorganisation: Wirtschaftssysteme

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Formen der Marktorganisation:Wirtschaftssysteme

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Überblick über Wirtschaftssysteme

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Abgrenzung 1 Wirtschaftsordnung + ~system

Wirtschaftsverfassung• Wirtschaftssystem und Wirtschaftsordnung werden oft so

unterschieden als sei ersteres die Gesamtheit aller theoretisch möglichen Wirtschaftsordnungen und die jeweilige Wirtschaftsordnung die konkret realisierte Variante.

• Die Wirtschaftsverfassung ist der Bestand an wirtschaftsrelevanten rechtlichen Normen in einer Gesellschaft.

Politisches Teilsystem

W irtscha ftsverfassung ku ltu re lle u n d s itt lich -m ora lis ch e O rd n u n g

W irtscha ftsordnungkon k re tes A u s fo rm u n g d es Te ils ys tem s

W irtsch a fts fak to ren :M en g e u n d A rt d er P rod u k tion s fak to ren

son s tig e W irtsch a ftsd a ten

W irtscha ft(liches Teil)systemM ö g lich e O rg an isa tion s fo rm en fü r

d ie E rs te llu n g von G ü te rn

Kulture lles Teilsystem

Gesellschaftssystem

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Abgrenzung 2 Wirtschaftsordnung + ~system

• Wegen der Huhn-Ei-Problematik (theoretisiert wird über das was erlebt wurde) und Mischformen in aller Vielfalt ist der Ansatz nicht einfach durchzuhalten weshalb man pragmatisch Wirtschaftssystem und Wirt-schaftsordnung gleichbedeutend verwendet. Die gemeinsame Fragestellung lautet:

• Wie ist die Wirtschaft aufgebaut (organisiert) und wie läuft das Geschehen ab (Prozeß)?

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Merkmalskataloge für Wirtschaftssysteme

Neoliberaler Ansatz:• Unterscheidung nach den

Erscheinungsformen von:– Eigentumsordnung

– Planungs- und Marktordnung

– Wettbewerbsordnung

– Geldordnung

Entscheidungstheoretischer Ansatz• Unterscheidung nach den

Mechanismen von– Planung

– Koordination

– Motivation

Relativ am wichtigsten erscheinen• die Eigentumsordnung, • die Entscheidungskoordination • die Motivationsstruktur und • die Rolle des Staates.

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Theoretische Varianten

• Als in der Vergangenheit realisierte Wirtschaftsordnungen sollen vorgestellt werden– Marktwirtschaft– soziale Marktwirtschaft– Marktwirtschaft mit staatlicher Lenkung

(Planification)– sozialistische Marktwirtschaft und– sozialistische Planwirtschaft

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Marktwirtschaft

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Soziale Marktwirtschaft (Deutschland 1949 - )

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Planification (Frankreich 1945-1960; z.T. Japan)

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Sozialistische Marktwirtschaft („Gulaschkommunismus“ oder Konkurrenzsozialismus in Ungarn, Jugoslawien und z.T. der Tschechoslowakei ab 1968 - max. 1989)

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Sozialistische PlanwirtschaftZentralverwaltungswirtschaft

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Die Soziale Marktwirtschaft

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Ausgangssituation

• Unfähigkeit der reinen Marktwirtschaft, bestimmte wünschenswerte Ziele herbeizuführen.

Typische Bei-spiele hierfür sind das uner-wünschte Phä-nomen Mas-senarbeitslosig-keit oder die un-gleiche Einkom-mensverteilung.

Vorstadtslum in Berlin um 1860

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Quellen der Sozialen Marktwirtschaft• Christliche (mehr: katholische) Soziallehre

– im 19. Jhd. entstandene theologische Systematisierung naturrechtlicher Normen, die durch drei Prinzipien bestimmt ist: • Personprinzip (der Mensch ist Träger, Schöpfer

und Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen); • Solidaritätsprinzip (einzelner und Gemeinschaft

haben gegenseitige Verpflichtungen); • Subsidiaritätsprinzip (die Gemeinschaft soll nur

unterstützend [subsidiär] Aufgaben wahrnehmen, die der einzelne nicht zu erfüllen vermag).

– bekannteste Quelle: Sozialenzyklika "Rerum novarum" (1891) von Papst Leo XIII.

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Quellen der Sozialen Marktwirtschaft (2)

• Sozialdemokratische Programmatik– Chancengleichheit– Verteilungsgerechtigkeit– Soziale Kontrolle des Privateigentums (v.a. an

Produktionsmitteln)

Karl MarxFerdinand Lasalle

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Quellen der Sozialen Marktwirtschaft (3)

• Liberalismus der klassisch/neoklassischen Richtung– Freier Wettbewerb und keine Interventionen des Staates

sorgen für volle Funktion des Preis-mechanismus und damit für hohe Stabilität im privaten Bereich (Unternehmen und Haushalte). Konjunkturschwankungen etc. nehmen ab.

– Fortführung durch den Ordoliberalismus der „Freiburger Schule“ unter Walter Eucken:

Interventionen des Staates zur Gewährleistung der Wettbewerbs-ordnung und andere marktkonforme Maßnahmen sind zulässig

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Gedankliche Grundlegung

• Entwicklung der Leit-linien durch Alfred Müller-Armack (1901-1978)

Seine Definition: „Ord-nungspolitische Idee, deren Ziel es ist, auf der Basis der Wettbewerbs-wirtschaft die freie Initi-ative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden.”

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Zielsystem

• Erhaltung eines funktionsfähigen Wettbewerbs (workable competition).

• Die wirtschaftspolitischen Stabilitätsziele (Magisches Viereck aus § 1 Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft)– Preisniveaustabilität– Vollbeschäftigung– angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum– außenwirtschaftliches Gleichgewicht– Angemessenen Anteil des Staates an der Wirtschaftsleistung

• Sozialpolitisches Ziel ist eine gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung mit Hilfe der staatlichen Einkommensumverteilung (Redistribution).– „gerechte“ Einkommens- und Vermögensverteilung

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Ausgestaltung

• Wettbewerbsprinzip– Marktwirtschaftlicher Wettbewerb entspricht dem

Grundbedürfnis nach individueller Freiheit.

Wettbewerb wird als dynamischer Prozeß verstanden, der Wachstum, technischen Fortschritt und individuelle Bedürfnisbefriedigung fördert. Wettbewerbsbeschränkungen (Kartelle, Unternehmenszusammenschlüsse) muß der Staat durch Wettbewerbsregeln (GWB = Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) verhindern und deren Einhaltung kontrollieren.

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Ausgestaltung (2)• Sozialprinzip

– Durch eine wirksame Wettbewerbspolitik und eine progressive Ausgestaltung der Einkommenssteuer lassen sich marktmachtbedingte Verzerrungen der Einkommensverteilung vermeiden.

Der Markt ist nicht in der Lage alle auftretenden sozialen Probleme zu lösen. Darum soll der Staat im Rahmen der Sozialpolitik die Marktwirtschaft zusätzlich sozial ausgestalten und ein vollständiges System der sozialen Sicherung errichten.

Die Sozialordnung entwickelte sich damit zu einer eigenen Teilordnung.

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Ausgestaltung (3)

• Konjunkturpolitisches Prinzip– Die Wettbewerbsordnung gilt als wichtige

Voraussetzung für die Stabilität des Preisniveaus.

Die Stabilität der Währung wird als Grundlage für die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft herausgestellt.

Bei Ausgleich der öffentlichen Haushalte und nicht überdosierter Geldpolitik ist Preisniveau-stabilität mit einem hohen Beschäftigungsgrad der Volkswirtschaft vereinbar. Eine Glättung der Konjunkturschwankungen soll primär durch geldpolitische Maßnahmen (Zinssenkungen oder -erhöhungen) erfolgen.

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Ausgestaltung (4)

• Prinzip der Marktkonformität– Wirtschaftspolitische Maßnahmen des Staates

müssen möglichst marktkonform erfolgen, d.h. sie sollen die freie Preisbildung auf den Märkten nicht einschränken.

• Art und Umfang staatlicher Aktivität in der Sozialen Marktwirtschaft können sich im Zeitablauf ändern

• Die deutsche Wirtschaftsverfassung ist ein Versuch der Ausgestaltung und nicht „die“ soziale Marktwirtschaft

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Aufgaben des Staates in der sozialen Marktwirtschaft

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Ordnungsaufgaben des Staates

• Wettbewerbliche OrdnungSorge für eine wettbewerbliche Ordnung der Märkte gemäß den Prinzipien der Wirtschaftsfreiheit. Diese Aufgabe ist vor allem im GWB rechtlich ausgefüllt worden.

• Ergänzung des WettbewerbsBestimmte Ausnahmebereiche lassen sich durch den Wettbewerb nicht steuern und bedürfen daher einer ergänzenden Lenkungsfunktion.

Sogenannte “Öffentliche Güter”, wie z. B. Bildung, Gesundheit, Leitung der Justiz, innere und äußere Sicherheit, Verkehrsinfrastruktur, Entsorgung, werden staatswirtschaftlich bereitgestellt.

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Ordnungsaufgaben des Staates (2)

• MarkteingriffeDer Arbeitsmarkt und Teile des Agrarmarktes (Milch) gelten als unfähig, ein Marktgleichgewicht in wünschenswerter Form herbeizuführen. Z. B. Schutz der Arbeiter durch stabilisierende Markteingriffe, wie Mindestlohn, Subventionen

• Korrektur des WettbewerbsEs sollen sozialpolitische Eingriffe des Staates in die Einkommensbildung erfolgen (staatl. Umverteilung), um ein Netz der sozialen Sicherheit aufzubauen.

• Stabilisierung der KonjunkturschwankungenZur Vermeidung von Arbeitslosigkeit und für das Ziel des stetigen Wirtschaftswachstums

• Monopolisierung der GeldschöpfungDiese wurde abgetreten an die Bundesbank mit dem Ziel der Preisniveaustabilität

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Wohlstandsmaximierung (als Oberziel)

durch

wettbewerblicheSelbststeuerung mit

staatlichem Ordnungsrahmen

(als primäres Regelungssystem)

und

ergänzende Wirtschaftspolitik (als sekundäre Einflußnahme)zur Verwirklichung von:

I. Allokationszielen: - Wettbewerbsschutz u. -förderung- Staatliche Versorgung mit„öffentlichen Gütern“- Umweltschutz

II. Distributionszielen:(Verteilungskorrekturen desreinen Marktleistungsprinzips,

- Einkommens- und Vermögensangleichung(nach Bedürfniskriterien)

und zwar möglichst ohne Markt-leistungsmotivationen zu

- Förderung bestimmter Wirtschaftszweige oder -gebiete im Inland

beeinträchtigen) - Wohlstandsangleichung fürEntwicklungsländer

III. Stabilitäts- undWachstumszielen:

(§ 1 StabG v. 08.06.67) - Vollbeschäftigung- Preisniveaustabilität- Außenwirtschaftliches Gleichgewicht- Quantitatives / qualitatives

WirtschaftswachstumIV. nachrangig gelegentlich

verfolgten Zielen, wie:- Veränderung der privaten

Konsumgewohnheiten (z. B. Alkohol, undNikotineinschränkungen)

- Veränderung der Bevölkerungsgröße oder –struktur (z. B. Festlegung vonEinwanderungsquoten für Ausländer)