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Fachhochschule Mainz | FB Wirtschaftswissenschaften Forschung & Wirtschaft WS 05|06

Forschung & Wirtschaft WS 05|06 · 2017-04-07 · log mit dem Kunden zu intensivieren und die Bindung zwischen Unterneh-men und Kunden zu stärken. ... ausgerichtet ist, ... es möglich,

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Fachhochschule Mainz | FB Wirtschaftswissenschaften

Forschung & WirtschaftWS 05|06

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Impressum

Herausgeber: Fachhochschule MainzUniversity of Applied SciencesFB III: WirtschaftswissenschaftenAn der Bruchspitze 50, 55122 MainzTel.: 06131/628-0Internetadresse: http://fh-mainz.deE-Mail: [email protected]

Redaktion:Prof. Dr. Wilfried AltProf. Dr. Andrea BeyerDiplom-Volkswirtin Petra CarlProf. Dr. Heinrich HollandProf. Dr. Kurt KoederProf. Dr. SchmorleizProf. Dr. Ulrich SchüleProf. Dr. Arno Peppmeier

Kontakt Redaktion: [email protected]

Gestaltung: www.grafikbuero.com

Druck: Printec, Kaiserslautern

Auflage: 3000

Erscheinungsweise:jeweils zu Beginn des SemestersISSN 1861-3152Heft 1

Mainz, 2005

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Inhaltsverzeichnis

Editorial/Prof. Dr. A. Beyer ..........................................................................................................................5

Lehre und Studium ....................................................................................................................................6

Dialogmarketing/Prof. Dr. H. Holland ..............................................................................................................6

Standortwettbewerb und Unternehmensbesteuerung/Prof. Dr. V. Beeck............................................................11

Geschäftsplanung – Erfolge lassen sich planen/Prof. Dr. M. Eickhoff, Prof. Dr. S. Fischbach ..................................14

Kapitalerhaltung und Naturzerstörung – Ein Konzept nachhaltiger zukunftsfähiger Entwicklung/Prof. U. Gerdes ........19

Human Resource Management Trends/Prof. Dr. S. Rank ..................................................................................22

„digital divide“: Schattenseite der Wissensgesellschaft/Prof. Dr. J. Welsch..........................................................27

Selbstlernkompetenz – Eine Studienvoraussetzung/P. Bauer ............................................................................33

IAS/IFRS im Mittelstand/J. Hammen ..............................................................................................................36

Unternehmenspraxis ................................................................................................................................41

Stress- und Ressourcenmanagement als Führungs- und Personalaufgabe/Dr. S. Leidig ........................................41

Controlling Information System – Evolution statt Revolution/N. Plattner, B. Geisel................................................45

Cross-Selling: Ein Konzept zur Ausschöpfung von Kundenpotenzialen/T. Keppler ..............................................52

Die Bank als industrielle Produktionsstätte/Dr. M. Kaufmann ............................................................................55

Outsourcing und Offshoring für Hightechunternehmen/Dr.-Ing. J.-P. Akelbein....................................................58

Transformational Leadership – Theory and Application/C. Ludwig ....................................................................61

Unternehmensprofile ..............................................................................................................................64

Grafikbüro Ehlers + Kaplan/J. Ehlers ..............................................................................................................64

Die PROCON Unternehmensgruppe/R. Krog..................................................................................................66

Kompetenz im Markenweingeschäft – Die Firma A. Racke in Bingen/M. Kopp ....................................................69

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Forschung & Wirtschaft

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5EDITORIAL 5

Am Beginn von Planungs- und Ent-scheidungsprozessen stehen Ziele.Die Ziele, die wir mit dieser Publikationverfolgen, resultieren aus den Zielenunserer Fachhochschule, die sich wie-derum aus unserem Leitbild ableiten:„Die Fachhochschule Mainz hat ihreStärke im ausgeprägten Praxisbezugvon Lehre und Forschung. Unsere Pro-filbildung als anwendungsorientierteHochschule basiert auf der starken Ver-ankerung im Rhein/Main-Wirtschafts-raum, die sich in Kooperation mit zahl-reichen Unternehmen und Organisa-tionen manifestiert.“ Unsere Aktivitä-ten können deshalb nicht statisch sein.Sie erfordern den Dialog mit der Praxisund die Auseinandersetzung mit neuenEntwicklungen. Das kommuniziert auchder Titel unserer neuen Zeitschrift.

Das update greift Themen aus Lehreund Praxis auf, vertieft und differen-ziert sie. Die erste Rubrik fasst dazuBeiträge aus den Studieninhalten undden Forschungsprojekten zusammen.

Die Inhalte sind für Studierende des-halb Wiederholung oder Ergänzungder Vorlesungen. Der externe Leserfindet Ansatzpunkte für Veränderun-gen und Lösungen in der Praxis oderauch für Projekte in Kooperation mitder Hochschule.

Die zweite Gruppe von Beiträgen istauf aktuelle Fragen, Lösungen undTrends aus der betrieblichen Praxiskonzentriert. Sie wechselt damit dieBlickrichtung und kann wiederum Im-pulse für Forschung und Lehre gebenoder auch zu Projekten in Kooperationmit Unternehmen anregen.

Die Beschäftigung mit wirtschaftlichenFragestellungen unter verschiedenenAspekten und mit unterschiedlichenZielsetzungen erhöht nicht nur dieAnalysequalität – sie initiiert Austauschund Kooperation. Damit wird Verständ-nis für unterschiedliche Standpunktegeschaffen und Empathie, Akzeptanzund differenziertes Denken gefördert.

Die Zielrichtung der dritten Rubrik, derUnternehmensportraits, liegt auf derHand. Hier stellen Unternehmen, mitdenen wir in Verbindung stehen, ihreLeistungen, ihre Organisation, ihreGrundsätze und ihre Besonderheitendar. Die Studierenden erhalten da-durch fallbezogene Einblicke in unter-nehmerische Strukturen und Arbeits-weisen, wodurch der erwünschte Pra-xisbezug weiter gestärkt wird.

Wir wünschen uns, dass Sie durch denDialog zwischen Praxis, Forschung undStudium in unserer Publikation vieleinteressante Einblicke erhalten, mit unsweiterkommen und uns weiterbringen.

EditorialWenn du schnell sein willst, geh’ alleine.Wenn du weit kommen willst, nimm jemanden mit.

ANDREA BEYER

lehrt die Fächer Medienökonomie,Wirtschaftsjournalismus, Kommunikations-management und Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Mainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr.Andrea Beyer

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LEHRE UND STUDIUM6

DialogmarketingHEINRICH HOLLAND

Dialogmarketing umfasst•Marketingaktivitäten mit einer

gezielten, direkten Ansprache der Zielpersonen und

•Marketingaktivitäten, die mit mehrstufiger Kommunikationenden direkten Kontakt herstellenwollen, und hat

•das Ziel, eine messbare Reaktion(eine Response) auszulösen.

Das entscheidende Merkmal des Dia-logmarketing ist somit die direkte undindividuell gezielte Ansprache einerZielgruppe, die bei einer Aktion reali-siert oder zumindest für eine spätereStufe des Kontaktes angestrebt wird.Diese direkte Ansprache erlaubt einegenaue Erfolgskontrolle, da die Reak-tionen auf eine Kampagne schon nachwenigen Tagen eintreten und den Aus-sendungen genau zugeordnet werdenkönnen.

2. Vom klassischen Marketingzum Dialogmarketing

Das klassische Marketing richtet sichan eine Zielgruppe, die sich im Rahmender Marktsegmentierung selektierenlässt. Diese Selektion geht aber nichtso weit, dass jeder Empfänger derWerbebotschaft identifiziert werdenkann. Die Zielpersonen werden durchMassenmedien angesprochen, wobeizum Teil große Streuverluste in Kaufgenommen werden. Dagegen ist dieBotschaft des Dialogmarketing an ein-zelne, individuell bekannte Zielperso-nen gerichtet. Zumindest wird der Auf-bau einer solchen individuellen Bezie-hung zwischen dem Absender unddem Empfänger der Botschaft ange-strebt.

Die Entwicklung des Dialogmarketingbegann mit dem reinen Postversand-geschäft (Direct-Mail), wobei Direct-Mail einen Distributionskanal darstell-te. Die Versandhändler stellten denKunden Kataloge oder Prospekte zurVerfügung, aus denen Waren bestelltwerden konnten, die dann per Post zu-gestellt wurden. Direct-Mail bedeutetden Versand von Werbebriefen (Mai-lings). Daraus hat sich die Direktwer-bung und aus dem Direktmarketingschließlich das Dialogmarketing ent-wickelt. Direktwerbung umfasst nebendem Einsatz von Mailings bereits wei-tere Kommunikationsmedien wie dasTelefon und stellt einen der Entschei-dungsbereiche innerhalb des Direkt-marketing dar. Direktmarketing ist da-rauf ausgerichtet, eine Reaktion der an-gesprochenen Person zu erhalten, diein einer Datenbank gespeichert wird,um eine individuelle Beziehung einzu-gehen. Langfristig soll sich daraus einDialog entwickeln; die Aktionen undReaktionen werden ständig weiterge-führt. Dieser langfristige Dialog stehtim Zentrum des Dialogmarketing.

Direct-Mail ››› Direktwerbung ››› Di-rektmarketing ››› Dialogmarketing

Unter Dialogmarketing versteht manalle Marketing-Aktivitäten, die auf einegezielte Ansprache der Zielpersonenund eine Reaktion (Response) ausge-richtet sind.

1. Entwicklung zum Dialogmarketing

Das Dialogmarketing hat in den letz-ten Jahren eine rasante Entwicklungmit beträchtlichen Zuwachsraten er-lebt; immer mehr Unternehmen ausden unterschiedlichsten Branchen ha-ben es in ihr Marketing-Instrumenta-rium aufgenommen.

Dem direkten Marketing wird vonzahlreichen Unternehmen bereits einegrößere Bedeutung zugemessen alsdem „klassischen“. In der amerikani-schen Literatur kursiert sogar der Aus-spruch „in ten years all marketing willbe direct-marketing“. Das Dialogmar-keting wird sicherlich nicht das klassi-sche Marketing verdrängen, aber esergänzt im Rahmen des IntegriertenMarketing das Instrumentarium undführt zu Umschichtungen in der Allo-kation der Budgets.

Von 1997 bis 2003 sind die Aufwen-dungen für das Dialogmarketing inDeutschland nach einer jährlichen Er-hebung der Deutschen Post AG von17,1 Mrd. Euro auf 30,8 Mrd. Eurogestiegen. Die Aufwendungen für diedirekte Kommunikation haben heuteetwa die Hälfte der gesamten Kommu-nikationsaufwendungen erreicht.

lehrt die Fächer Statistik, Mathematik, Direkt-marketing sowie Handelsmanagement an derFachhochschule Mainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Heinrich Holland

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7LEHRE UND STUDIUM

Das Dialogmarketing beinhaltet wieauch der klassische Marketingbegriffdie Werbung als einen Bestandteil.Wie das Marketing in verschiedeneInstrumente unterteilt wird, lässt sichauch das Dialogmarketing in die vierMarketing-Instrumente zerlegen. Inallen Marketing-Instrumenten findensich spezielle Aufgaben des Direkt-marketing; im Rahmen eines Integrier-ten Marketing sind alle Aktivitäten auf-einander abzustimmen, um damit eineoptimale synergetische Wirkung zuerreichen.

Das Marketing vieler Unternehmenhat sich vom Massenmarketing überdas Marktlücken- und Marktnischen-marketing mit immer kleiner werden-den Zielgruppen zum individuellen,also zum Dialogmarketing entwickelt.Es wird der Dialog mit dem einzelnen,individuell bekannten Kunden oderInteressenten geführt (One-To-One-Marketing).

Massenmarketing ››› Marktlücken-marketing ››› Marktnischenmarke-ting ››› Dialogmarketing

3. Medien des Dialogmarketing

Die Palette der Dialogmarketing-Me-dien hat sich in den letzten Jahren stän-dig ausgeweitet (s. Abb. 1).

In der Übersicht finden sich auch Me-dien der Massenkommunikation. Nurwenn diese eine Aufforderung zur Re-aktion und damit zum Dialog enthal-ten, werden sie dem Dialogmarketingzugerechnet. Eine Anzeige in einerZeitschrift kann als Reaktionsmöglich-keit beispielsweise einen Coupon, eineaufgeklebte Antwortkarte, eine Tele-fonnummer oder eine E-Mail-Adresseenthalten. In einem TV- oder Radio-Spot wird die Aufforderung zum Dia-log eine Telefonnummer enthalten.Der Interessent, der darauf reagiert,wird in einer Datenbank gespeichert,die folgenden Stufen des Dialogs wer-den durch die direkte Kommunikationgeführt (z.B. Mailings, E-Mails).

so dass eine Zielgruppenansprachedurch klassische Marketing-Instrumen-te zu immer größeren Streuverlustenführen musste.

Das Dialogmarketing hat von der ra-santen Entwicklung im Bereich derEDV und Informationstechnologie pro-fitiert, die zu immer leistungsfähigerenund kostengünstigeren Möglichkeitender Informationsverarbeitung führteund damit die Bedeutung des Data-base-Marketing erhöhte. Das Dialog-marketing setzt eine sehr leistungsfä-hige Hard- und Software voraus undkann auf der Basis der Technologie sei-ne Vorteile ausspielen.

Dialogmarketing bietet die Möglichkeit,die Kundenorientierung durch den Dia-log mit dem Kunden zu intensivierenund die Bindung zwischen Unterneh-men und Kunden zu stärken. Steigen-de Kosten der Kommunikation in Mas-senmedien und stark gestiegene Kos-ten des Außendienstes haben zu einerSubstitution durch Dialogmarketinggeführt, das Streuverluste minimiert.

Durch die gezielte und individuelleKundenansprache kann mit einem hö-heren Wirkungsgrad gerechnet wer-den. Dieser Wirkungsgrad wird durcheine höhere Aufmerksamkeit und dieKonkurrenzausschaltung beim Wer-bemittelkontakt verstärkt. Durch diepersönliche Ansprache wird eine Ab-lenkung durch konkurrierende Wer-bebotschaften verhindert.

•Adressierte WerbesendungenMailing, Katalog, Prospekt

•Unadressierte Werbesendungen Postwurfsendung, Haushalts-werbung, Teiladressiert

•Telefon, FaxAktiv, Outbound, Passiv, Inbound

•Neue MedienE-Mail, E-Newsletter, Internet,SMS, MMS

•Print (Zeitschrift, Zeitung)Anzeige, Beilage

• TVWerbespots, DRTV, Tele- u. Home-Shopping

•RadioWerbespots, Direct Response Radio

•SonstigeAußenwerbung, Rechnungs- u. Paketbeilagen,On-Pack, POS-Werbung

Abb. 1: Medien des Dialogmarketing

Gesellschaftlicher Wandel

Geringe Streuverluste

Erfolgskontrolle Flexibler Einsatz Auch bei kleinen Etats

Hoher Wirkungsgrad

KundenbeziehungenKleinere Marktnischen

Erfolg desDialogmarketing

4. Erfolgsfaktoren des Dialogmarketing

Das starke Wachstum des Dialogmar-keting ist durch zahlreiche Gründe zuerklären (s. Abb. 2).

Der Wertewandel in der Gesellschafthat zu einer Individualisierung und Dif-ferenzierung geführt. Dieser Trend zurIndividualisierung ist an den wachsen-den Sortimenten zu erkennen, die denKonsumenten angeboten werden. DieMarktnischen wurden immer kleiner,

Abb. 2: Erfolgsfaktoren des Dialogmarketing

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LEHRE UND STUDIUM8

Ein Hauptvorteil des Dialogmarketingliegt in der schnellen und eindeutigenMessbarkeit des Erfolges einer Aktion.Die Messbarkeit des Erfolges mit dereindeutigen Zuordnungsmöglichkeitvon Kosten und Erträgen erlauben einegenaue Rentabilitätsberechnung unddie Durchführung von Tests zur Opti-mierung der Werbeansprache.

Die Handhabung ist sehr flexibel undder Einsatz lässt sich auch kurzfristigvariieren. Dialogmarketing ist auch beikleinen Werbeetats möglich und damitauch für mittelständische Unterneh-men gut geeignet.

5. Database-Marketing als Grundlage des Dialogmarketing

Database-Marketing (datenbankge-stütztes Marketing) ist eine Methode,Informationen und Kenntnisse überKunden und Märkte für den Einsatzdes Marketing-Instrumentariums ziel-gerichtet zu nutzen. Es ist eine Vor-aussetzung für den Einsatz von Dia-logmarketing-Instrumenten. Nur wenndie Reaktionen der Zielpersonen, aufdie der Einsatz des Direktmarketingausgerichtet ist, in einer Datenbankerfasst werden, kann sich ein „Dialog“entwickeln.

Durch Database-Marketing kann einegrößere Zielgenauigkeit bei der Seg-mentierung der Märkte erreicht wer-den, die Geschäfts- und Kundenbe-ziehungen lassen sich besser analysie-ren, steuern und nutzen. Dadurch wirdes möglich, individuell und interaktivmit den Kunden, Interessenten oderZielpersonen zu kommunizieren.

Das Database-Marketing ist durch fol-gende wesentlichen Merkmale be-stimmt:

•Der Einsatz von Database-Technolo-gie dient dazu, die Adresse und wei-tere relevante Informationen überdie Zielpersonen zu erfassen, zu be-arbeiten und bereitzustellen.

•Database-Marketing ermöglicht dieNutzung der Daten und Informatio-nen für den Einsatz der Marketing-Instrumente.

•Mit dem Database-Marketing wirddie Ausgestaltung eines Dialogesvom ersten Kontakt bis hin zur Bil-dung eines Stammkundenverhält-nisses oder bis zum Ende der Be-ziehung zwischen dem Unterneh-men und der Zielperson ermöglicht.

•Das Database-Marketing stellt einSystem dar, in dem permanent kom-munikationsnotwendige Daten ge-sammelt und für strategische Aktio-nen genutzt werden.

Mittels des Database-Marketing eröff-net sich ein strategischer Spielraum.Die für eine gezielte und differenzierteAnsprache notwendigen Informatio-nen werden systematisch generiert,aufbereitet und verarbeitet. Durch dasDatabase-Management wird dafürSorge getragen, dass die Daten immeraktuell bleiben und konsequent ge-nutzt werden. Durch die Bereitstellungvon Informationen und deren Koordi-nation kann eine größtmögliche Effi-zienz der Dialogmarketing-Instrumentebei minimierten Streuverlusten erreichtwerden.

6. Database-Marketing als Entscheidungshilfe

Die Database legt die Informations-grundlage für die Selektion von Ziel-personen, auf die bestimmte definier-te Kriterien zutreffen.

Viele Unternehmen, die in den letztenJahren Kundenclubs gegründet undKundenkarten herausgegeben haben,verfolgen dabei als wichtigstes Ziel denAufbau einer Database, um die Kun-den und ihr Kaufverhalten individuellbewerten zu können.

Bei zahlreichen Unternehmen trifft diebekannte 80/20-Regel (Pareto-Krite-rium) zu, die besagt, dass etwa 20 %der Kunden 80 % des Umsatzes oderDeckungsbeitrages verantworten.

Gleichzeitig haben die meisten Unter-nehmen eine große Anzahl von „Kartei-leichen“ oder „Non-Potentials“ in ihrerKundendatei. Nur mit einer Kunden-datenbank ist es möglich, die Kundenzu selektieren und Kategorien (A-, B-,C-Kunde) zuzuordnen, damit die A-Kunden mit anderen Marketing-Akti-vitäten angesprochen werden als dieunrentablen.

Database-Marketing wird genutzt zurSegmentierung von Kunden für be-stimmte Marketing-Aktivitäten. So las-sen sich aus der Kundendatenbank aufGrund der gespeicherten Informatio-nen beispielsweise Personensegmenteherausfiltern, von denen man ein ge-steigertes Interesse für bestimmte An-gebote erwarten kann.

Die Kundendatenbank eines Unter-nehmens ist eine gute Voraussetzungfür jede Kundenbefragung. Der we-sentliche Vorteil einer Database ge-stützten Befragung liegt darin, dassdie Untersuchung mit bekannten unddamit nicht mit anonymen Personenstattfindet. Es ergibt sich die Möglich-keit, nicht nur festzustellen, welcherAnteil der eigenen Kunden mit einemAblauf zufrieden ist, sondern was dereinzelne Kunde denkt. Die Befragungs-ergebnisse können den einzelnen, in-dividuell bekannten Personen zuge-ordnet werden, wenn man keine Ano-nymität zugesichert hat. Man kannsomit dem Bedürfnis nach einer indivi-duellen Kundenorientierung gerechtwerden.

Eine statistische Auswertung der ge-speicherten Daten über Soziodemo-grafie und vor allem über das Kaufver-halten führt zu Informationen, die eineneffektiveren Einsatz der Instrumenteermöglichen.

Durch eine zielgerichtete Vorgehens-weise lassen sich gerade für die Neu-kundengewinnung mit dem Database-Marketing neue Impulse setzen. Sokönnen mittels Data Mining (z.B. durchCluster- und Diskriminanzanalysen)Kundenstrukturen ermittelt werden,

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die charakteristische Merkmale für ei-nen guten Kunden ausweisen. Nur diesystematische und stufenweise Weiter-qualifizierung von Adressen ermög-licht es, dass weitgehend Streuverlustevermieden werden und nur dort Folge-kosten entstehen, wo es ökonomischsinnvoll ist.

Kunden, die in der Database verzeich-net sind, aber seit längerer Zeit nichtmehr aktiv waren, werden selektiertund mit einem speziellen Angebot an-gesprochen, damit der Kontakt nichtabreißt. Handelsunternehmen, diedurch ihren Kundenclub diese Infor-mation haben, selektieren alle Kunden,die seit einem halben Jahr nicht mehrim Stationärgeschäft waren, und sen-den diesen ein Angebot mit dem An-reiz, wieder das Geschäft zu besuchen.

Unrentable Kunden können im Ver-sandhandel solche sein, die sehr hoheRetourenquoten aufweisen. Auch eineBank oder Versicherung hat sicherlicheinen sehr hohen Anteil von unrentab-len Kunden in der Datei. Aus der Data-base können diese Kunden identifiziertwerden. Vielleicht lassen sich Gründefür diesen Zustand finden, oder dieKunden können durch Cross-Selling-Angebote für das Unternehmen auf-gewertet werden.

7. Customer Relationship Management

7.1 Bedeutung des Kundenbindungsmanagements

Auch heute noch legen viele Unter-nehmen den Schwerpunkt ihrer Mar-keting-Bemühungen auf die Neukun-dengewinnung, allerdings kommt injüngster Zeit dem Thema Kundenbin-dung ein steigendes Interesse in Wis-senschaft und Praxis zu. StagnierendeMärkte mit einem ständig schärfer wer-denden Verdrängungswettbewerb, derdie Akquisition neuer Kunden zuneh-mend erschwert, sind Gründe für die-se Entwicklung. Markterfolge hängen

immer stärker von der intensiven Pfle-ge des eigenen Kundenstammes ab.

Kundenbindung (Kundentreue oder -loyalität) äußert sich in einem Wieder-kaufverhalten. Gelingt es einem Unter-nehmen, seine Kunden an sich zu bin-den, wirkt sich dies Gewinn steigerndaus, dadurch dass sich Marktanteil undUmsatz bei gleichzeitiger Kostenreduk-tion erhöhen. Je länger die Stammkun-denbeziehung andauert, umso mehrGewinn kann das Unternehmen ausdieser Beziehung erwirtschaften undumso dauerhafter und viel verspre-chender wird sein Gewinnpotenzial.

Einige Statements:

•Einen Neukunden zu gewinnen kos-tet etwa fünfmal soviel wie die Er-haltung einer bestehenden Kunden-verbindung.

•Marketing orientiert sich heute nochüberwiegend an der Realisation vonErstverkäufen. Dabei wird völligübersehen, dass 65 % des Umsatzesmit Stammkunden erfolgt.

•5 % weniger Abwanderungen von be-stehenden Kunden steigern denKundenwert um bis zu 75 %.

• Die Wahrscheinlichkeit, dass ein sehrzufriedener Kunde nachbestellt, istdreimal höher als bei einem nur zu-friedenen Kunden.

•Ein über einen längeren Zeitraumdurch ein Unternehmen zufriedengestellter Kunde gibt seine Erfahrun-gen an durchschnittlich drei Perso-nen weiter, ein unzufriedener Kun-de hingegen an durchschnittlich elf.

•Nur das Unternehmen, das seineKunden langfristig zufrieden stellt,kann somit auf die Mundpropagandaals ein gezielt eingesetztes Marke-ting-Instrument bauen.

• 95 % der verärgerten Kunden bleibendem Unternehmen treu, wenn ihrProblem innerhalb von fünf Tagengelöst wird.

•Jeder Prozentpunkt nachhaltig er-höhter Kundenzufriedenheit steigertdie Rentabilität (gemessen als ROI)um 7,25 %.

Customer Relationship Management(CRM) ist ein sehr junger Begriff, dersich in einer dynamischen und sehrstürmischen Entwicklung befindet. Dasich die technischen Möglichkeitenund auch die Einsatzbereiche ständigausweiten, entwickeln sich die Defini-tionen noch weiter.

CRM ist als ein ganzheitlicher Ansatzzur Unternehmensführung zu verste-hen. Es hat die Aufgabe, über alle Ab-teilungen hinweg alle kundenbezoge-nen Prozesse im Unternehmen zu op-timieren und zu integrieren. Die Basisdafür ist eine Datenbank mit einer ent-sprechenden Software.

Zielsetzung von CRM ist die Schaffungvon Mehrwerten sowohl auf der Seiteder Kunden als auch auf der Seite desUnternehmens im Rahmen von Ge-schäftsbeziehungen. Die Kundenpro-zesse werden permanent verbessert,das Unternehmen lernt ständig mehrüber seine Kunden, so dass die Kon-takte zwischen Unternehmen undKunden immer weiter optimiert wer-den können.

Im CRM steht der Kunde im Mittel-punkt. Es geht nicht länger darum, be-stimmte (auf dem Lager liegende)Produkte möglichst vielen Kunden zuverkaufen und Marktanteile zu maxi-mieren. Das Ziel besteht jetzt darin,einem bestimmten Kunden möglichstviele Angebote zu verkaufen. Der Kun-de mit seinem bisherigen Kaufverhal-ten und seinen Präferenzen ist durchdie Kundendatenbank bekannt, sodass man ihm ein optimales Angebotmachen kann.

7.2 Kernelemente des CRM

•CRM ist kein Modethema.•CRM ist nicht nur „alter Wein

in neuen Schläuchen“.•CRM ist keine Software.•CRM ist ein ganzheitlicher Ansatz

zur Unternehmensführung.•CRM integriert und optimiert

abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Prozesse.

9LEHRE UND STUDIUM

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LEHRE UND STUDIUM10

•CRM basiert auf einer Database.•CRM stellt nicht das Produkt,

sondern den Kunden in denMittelpunkt.

•CRM beinhaltet eine permanenteVerbesserung der Kundenprozesse.

•CRM setzt die Ansprüche desRelationship Marketing und derKundenorientierung in die Tat um.

•CRM koordiniert die Kommunika-tion über alle Kanäle, Produkte undServiceleistungen.

•CRM ermöglicht dem Kunden dieEntscheidung darüber, wie er mitdem Unternehmen in Interaktiontreten will.

7.3 Charakteristika des CRM

•Kundenorientierung:Im Zentrum von CRM steht eine kon-sequente Ausrichtung sämtlicher Un-ternehmens-Aktivitäten an den Be-dürfnissen der Kunden im Sinne einerganzheitlichen Kundenbearbeitung.

•Langfristigkeit derKundenbeziehungen:

Angestrebt sind andauernde Kunden-beziehungen als Voraussetzung füreine langfristige Kundenbindung, wel-che zur Steigerung des Gewinns, desMarktanteils und des Unternehmens-wachstums beitragen sollen, beispiels-weise durch eine verringerte Preis-sensitivität der gebundenen Kunden,Weiterempfehlungen, Wiederholungs-und Folgekäufe, Cross- und Up-Sellingoder Kosteneinsparungen durch ge-sunkene Marketingkosten. Ferner tra-gen treue Kunden zu einem Imagege-winn und auf Grund der Loyalität ge-genüber dem Unternehmen zu einerökonomischen Risikoabgrenzung auchin kritischen Situationen bei.

•Wirtschaftlichkeit:Der Fokus der Kundenbearbeitungsollte hierbei auf solchen Kunden lie-gen, die langfristig besonders profita-bel sind. Auskunft hierüber gibt bei-spielsweise der Wert eines Kunden(Customer Lifetime Value).

•Individualisierung der Kundenbeziehung:

Eine individualisierte bzw. kundenspe-zifische One-to-One-Kundenbearbei-tung erfordert eine Differenzierungder Kundenbeziehungen sowohl imHinblick auf Produkte bzw. Dienstleis-tungen als auch den Dialog mit demKunden. Da eine kundenspezifischeAusgestaltung der Geschäftsbeziehungin der Regel mit zusätzlichen Kosteneinhergeht, sollte der Kundenwert alswichtige Profitabilitätsgröße berück-sichtigt werden. So ist es möglich, dassein Unternehmen zunächst Verluste inKauf nimmt, wenn der Kunde in Zu-kunft eine hohe Profitabilität verspricht.

•SystematischeKundenbearbeitung:

Eine systematische, an den Bedürf-nissen der Kunden ausgerichtete Kun-denbearbeitung ist über den gesam-ten Kundenbeziehungslebenszyklushinweg, von der Kundenneugewin-nung, -bindung bis zur Kundenrück-gewinnung, zu gewährleisten.

•CRM-Software:Das Ziel der qualitativen Verbesserungder Kundenbeziehung durch eine aufMehrwert fokussierte, differenzierteKundenbearbeitung erfordert eineganzheitliche Abbildung des Kundenund ist daher durch eine spezielleCRM-Software bzw. DV-Technologiezu unterstützen. Diese ermöglicht diesystematische Zusammenführung undbedarfsspezifische Bereitstellung allerkundenbezogenen Informationen. Dasintegrierte Informationssystem dientdazu, Kundenbearbeitungsprozesseschneller, effektiver und effizienter zugestalten, was zu einer Optimierungder Relation zwischen den erzieltenUmsätzen und entstandenen Kostenführen soll.

•Effizienz- undEffektivitätssteigerungen:

Die Effizienz- und Effektivitätssteige-rungen resultieren beispielsweise auseiner Vereinfachung der täglichen ad-

Literatur

Bruhn, M. (2001):Relationship Marketing, München.

Dallmer, H. (Hrsg.) (2002):Das Handbuch, Direct Marketing& More, Wiesbaden.

Holland, H. (Hrsg.) (2001): CRMim Direktmarketing, Wiesbaden.

Holland, H. (2001): Direktmarke-ting-Aktionen professionell planen,Wiesbaden.

Holland, H. (Hrsg.) (2002):Direktmarketing-Fallstudien,Wiesbaden.

Holland, H. (Hrsg.) (2002):Das Mailing, Wiesbaden.

Holland, H. (2002):Dialogmarketing, München.

Holland, H. (2004): Customer Re-lationship Management, in: GablersWirtschafts-Lexikon, 16. Aufl.,Wiesbaden, S. 637- 639.

Holland, H. (2004): Direktmarke-ting, 2. Aufl., München.

Holland, H. (2004): Kundenbezie-hungen als Wettbewerbsvorteil –Strategisch CRM verstehen undnutzen, Göttingen.

ministrativen Arbeit durch Prozessop-timierungen, eine systematische Daten-integration und -verteilung oder eineschnelle und gezielte Analyse dieserDaten. Eine Optimierung der internenBack-Office-Bearbeitungsprozesse,beispielsweise durch Workflow-Funk-tionalitäten zur automatisierten Vertei-lung von Informationen, ermöglicht ander Schnittstelle zum Kunden (Front-Office-Bereich) ein optimales, auf dieBedürfnisse des Kunden zugeschnit-tenes Leistungsangebot. �

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11LEHRE UND STUDIUM

Standortwettbewerb und Unternehmensbesteuerung

VOLKER BEECK

1. Bedeutung von Standortfaktoren

Gegenwärtig befindet sich Deutsch-land in einer schwierigen wirtschaft-lichen Situation. Bei geringen Wachs-tumsraten des Bruttoinlandsproduktshat die Arbeitslosigkeit Höchstständeerreicht. Gleichzeitig sind die Spielräu-me für staatliches Handeln durch diebereits hohe Staatsverschuldung engbegrenzt. Die Wachstumsschwächesteht in Zusammenhang mit rückläufi-gen privaten und öffentlichen Investi-tionen. Damit entfallen wesentlicheWachstums- und Beschäftigungsim-pulse.

Wichtiger Ansatzpunkt für einen künf-tigen Wirtschaftsaufschwung sind dieInvestitionen privater Unternehmen. Ih-nen zugrunde liegende Investitions-entscheidungen sind u. a. durch dieHöhe der Unternehmenssteuern be-einflusst. Insbesondere in Zeiten einerverstärkten internationalen Mobilitätvon Produktionsfaktoren gewinnt dieFrage des Investitionsstandorts an Be-deutung. Hier befinden sich die ver-schiedenen Staaten mittlerweile imWettbewerb miteinander. Sie konkur-rieren um die Beibehaltung von Un-ternehmensstandorten und Neuansied-lungen. Ein Instrument der Auseinan-dersetzung ist die Besteuerung der Un-

ternehmen. Beachtet werden dabei dieSteuerbelastung der Unternehmen unddie Steuersätze.

2. Bestimmungsfaktoren von Standortentscheidungen

Unternehmerische Investitions- undStandortentscheidungen sind durcheine Vielzahl von Parametern beein-flusst. Dazu zählen vorrangig die Größedes Absatzmarktes und sein Wachs-tum, Infrastruktur für Verkehr, Tele-kommunikation und Bildung, die Ver-fügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte,die allgemeine Kostensituation mit Blickauf die Arbeitskosten, -produktivitätund das System der Arbeitsbeziehun-gen sowie das Ausmaß an Bürokratisie-rung und der Reglementierung unter-nehmerischen Handelns. Nach einerempirischen Untersuchung des Deut-schen Industrie- und Handelskammer-tags (DIHK) aus dem Frühjahr 2005 istdie Absicht zur Kostenreduzierung einganz wesentliches Motiv für Auslands-investitionen deutscher Unternehmen.In ständiger Überprüfung der Wert-schöpfungskette erfolgen ansteigen-de Investitionen im Ausland, um dieKostenprobleme in Deutschland zu re-duzieren. Verbunden damit ist häufigein Personalabbau an den deutschenStandorten.

Neben wirtschaftlichen und allgemeinpolitischen Bestimmungsgründenkommt der Unternehmensbesteuerungnicht unerhebliche Bedeutung zu. Dasich die Besteuerung auf die Höhe dereine Investition charakterisierendenNettorendite auswirkt, sind alle Investi-tionskalküle unter Einbeziehung derBesteuerung vorzunehmen.

3. Steuerpolitik als Instrumentdes Standortwettbewerbs

Die Neuansiedlung von Unternehmenerweist sich infolge der damit verbun-denen Investitionen als wachstumsför-dernd für die Zielstaaten. So ist es viel-fach Gegenstand der staatlichen Politikgeworden, die Attraktivität des eigenenStaats als Investitionsstandort zu stei-gern. Ein Kernelement dazu ist dieAusgestaltung der Unternehmensbe-steuerung. Im Mittelpunkt steht dieReformierung der Steuersysteme miteiner Senkung der steuerlichen Belas-tung von Unternehmen. Diesen Wegist bereits Österreich begleitet von ei-ner werblichen Offensive mit großemErfolg gegangen. Auch Polen, die balti-schen Staaten, die Slowakei, Slowe-nien, Tschechien und Ungarn habenihre Steuersysteme reformiert und dieSteuersätze der Unternehmensbe-steuerung deutlich abgesenkt. Damitsieht sich Deutschland einem Wettbe-werb der Steuersysteme ausgesetzt.Da die Belastungsunterschiede teilwei-se gravierenden Ausmaßes sind, ge-winnen steuerliche Überlegungen inder Entscheidung der Standortfrage anEinfluss.

lehrt die Fächer Rechnungswesen, Steuerrechtund Wirtschaftsprüfung an der FachhochschuleMainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Volker Beeck

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Slowakei

Lettland

Estland

Tschechien

Litauen

Ungarn

Vereinigtes Königreich

Portugal (Lissabon)

Polen

Irland

USA (NY)

Deutschland

Spanien

Italien

Slowenien

Österreich

Frankreich

Staaten

19

25

26

32

33

38

40

40

40

42

42,9

44,31

45

46,15

50

50

56,09

Steuerbelastung in %

LEHRE UND STUDIUM12

Bereits frühzeitig wurde die Notwen-digkeit gesehen, den zwischenstaat-lichen Wettbewerb auf steuerlichemGebiet zu begrenzen. Mit dem Ver-haltenskodex für die Unternehmens-besteuerung vom 1.1.1997 hat der Ratfür Wirtschafts- und Finanzfragen derEuropäischen Gemeinschaften das ent-sprechende Regelwerk beschlossen.Es verbietet den unfairen Wettbewerb,der sich in der Begünstigung von Aus-ländern gegenüber Inländern äußernkönnte oder darauf abzielt, ausländi-sches Steuersubstrat anzulocken, ohnedass eine entsprechende wirtschaftli-che Aktivität entfaltet wird.

Es ist festzustellen, dass die Reform-bemühungen der baltischen Staatenund anderer der Europäischen Unionin den letzten Jahren beigetretenerStaaten diesen Regeln nicht widerspre-chen. Gleichwohl sind Deutschlandund Frankreich bemüht, sich dem Wett-bewerb der Steuersysteme zu entzie-hen. Ihre Bemühungen zielen darauf,Bemessungsgrundlagen und Steuer-sätze in der Europäischen Union zuvereinheitlichen, um dadurch die steu-erlichen Standortvorteile anderer Staa-ten zu neutralisieren und ihre relativePosition zu verbessern.

4. Position Deutschlands iminternationalen Steuerwettbewerb

Steuerliches Instrument des zwischen-staatlichen Wettbewerbs ist zunächstdie Höhe der Steuerbelastung von Un-ternehmen, die sich aus der Bemes-sungsgrundlage der einzelnen Steuer-arten und deren Steuersätzen ergibt.Ergänzend sind die Berücksichtigungvon Verlusten, die Ergebnisverrech-nung im Konzern, die Kosten der Steu-erdeklaration sowie die Absehbarkeitder Steuergesetzgebung von Bedeu-tung.

Gewerbliche Gewinne sind in Deutsch-land mit Gewerbe-, Körperschaft- undEinkommensteuer belastet. Hinzu trittder Solidaritätszuschlag. Gewerbliche

Gewinne unterliegen der Gewerbe-steuer, die als Betriebsausgabe abzieh-bar ist. Personenunternehmen und Ka-pitalgesellschaften werden verfahrens-rechtlich unterschiedlich behandelt.So ist das Ergebnis von Personenge-sellschaften anteilig von ihren Gesell-schaftern zu versteuern. Bei Kapital-gesellschaften greift das Trennungs-prinzip. Die Kapitalgesellschaft unter-liegt der Körperschaftsteuer. Ausschüt-tungen an ihre Gesellschafter werdenbei diesen einkommensteuerlich nachdem Halbeinkünfteverfahren erfasstbzw. sind von der Köperschaftsteuerbefreit.

Die steuerlichen Vorschriften zur Ge-winnermittlung haben sich in den ver-gangenen Jahren ständig verschärft.Ehemals günstige Abschreibungsmög-lichkeiten wurden durch Einschrän-kung der degressiven Abschreibung

und Verlängerung der betriebsgewöhn-lichen Nutzungsdauern zurückgenom-men. Vielfach eingeschränkt wurdeferner die Bildung von Rückstellungen.Beide Entwicklungen führen zu einerzeitlichen Nachverlagerung von Auf-wendungen und damit Vorverlage-rung von Steuerzahlungen. Damit weistDeutschland keine signifikanten Wett-bewerbsvorteile hinsichtlich der laufen-den steuerlichen Bemessungsgrund-lage im internationalen Vergleich auf.

Mit seinen Steuersätzen nimmtDeutschland trotz verschiedenster Re-formen eine internationale Spitzenstel-lung ein. So ermittelt sich die Gesamt-steuerbelastung unter Einbeziehungvon Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %)und Solidaritätszuschlag für eine Per-sonengesellschaft bei einem Spitzen-steuersatz für die Einkommensteuervon derzeit 42 % auf knapp 46 %.

Abb. 1: Spitzensteuersatz bei der EinkommensteuerQuelle: Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich, Monatsbericht des BMF,

Januar 2005.

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Estland

Irland

Lettland

Litauen

Ungarn

Polen

Slowakei

Slowenien

Portugal (Lissabon)

Tschechien

Vereinigt. Königreich

Italien

Österreich

Spanien

Frankreich

Deutschland

USA (NY)

Staaten

12,5

15

15

18

19

19

25

27,5

28

30

33

34

35

35,4

38,7

39,9

Steuerbelastung in %

0

13LEHRE UND STUDIUM

Nicht wesentlich günstiger sieht es beiKapitalgesellschaften aus, deren kumu-lierte Steuerbelastung knapp 39 % be-trägt. Die Vergleichswerte anderer In-dustriestaaten sind in der Abbildung 2aufgeführt.

Auf heftige Kritik stößt die Mindestbe-steuerung, durch die der Verlustvor-trag eingeschränkt wird. Es kommt zurBesteuerung von Gewinnen, obwohlin der Vergangenheit angefallene Ver-luste noch nicht vollständig ausgegli-chen wurden. Insbesondere Investitio-nen, die mit Anfangsverlusten verbun-den sind, werden dadurch benachtei-ligt und Liquiditätsprobleme verschär-fen sich.

Ähnlich wie in den meisten Staatenverfügt das deutsche Steuerrechtdurch die Organschaft über Möglich-keiten, die Ergebnisse einzelner Kon-zernunternehmen zusammenzufassen.Dadurch gelingt es, Gewinne und Ver-luste bereits im Entstehungsjahr mitei-nander zu saldieren und die Steuerbe-

lastung zeitnah zu reduzieren. Andersals z.B. in Österreich beschränkt sichdie Verrechenbarkeit der Ergebnissejedoch auf inländische Unternehmen.

Als besonderes Ärgernis gilt die Kom-pliziertheit des deutschen Steuerrechtsin Verbindung mit seinen ständigenÄnderungen. Zur Beherrschung vonUmfang und Komplexität der Regelnentstehen den Unternehmen erhebli-che Kosten. Sie werden auf mindes-tens 3 % der Steuersumme geschätzt.Häufig unklare Formulierungen und dieRückwirkung von Rechtsänderungenführen zu Unsicherheiten, die Investi-tionsentscheidungen verzögern oderverhindern und dem Standort schaden.

5. Ansätze für Reformen

Deutschland kann nicht länger daraufverzichten, grundlegende Reformenseines Steuerrechts vorzunehmen, uminternational wettbewerbsfähiger zuwerden und an Attraktivität als Unter-

Jacobs, O. H. (2002): Internatio-nale Unternehmensbesteuerung,5. neu bearbeitete und erweiterteAuflage, München.

Djanani, C., Brähler, G. (2004): In-ternationales Steuerrecht, 2. über-arbeitete Auflage, Wiesbaden.

Institut Finanzen und Steuern(Hrsg.) (2004): InternationalerSteuerwettbewerb, IFSt-Schrift Nr.422, Bonn.

Deutscher Industrie- und Handels-kammertag (Hrsg.) (2005): In-vestitionen im Ausland, Berlin.

American Chamber of Commercein Germany und The BostonConsulting Group (2004): Pers-pektiven zum WirtschaftsstandortDeutschland, o. O.

Abb. 2: Steuerbelastung von KapitalgesellschaftenQuelle: Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich, Monatsbericht des BMF,

Januar 2005.

nehmensstandort zu gewinnen. ImMittelpunkt wird eine Senkung derUnternehmenssteuern zu stehen ha-ben. Einen ersten Ansatz dazu weistder Entwurf eines Gesetzes zur Ver-besserung der steuerlichen Standort-bedingungen auf, dem das Bundeska-binett am 4.5.2005 zustimmte. Frag-lich bleibt allerdings, ob die dort formu-lierten Maßnahmen ausreichen und wiedie Gegenfinanzierung der beabsich-tigten Steuersenkungen zu bewerkstel-ligen ist. Neben einer Reduzierung vonSubventionen und anderen staatlichenLeistungen kommen Effizienzsteigerun-gen in Betracht, wie sie im Zuge der Fö-deralismusreform angestrebt wurden.In der Diskussion bleibt ferner die wei-tere Erhöhung der indirekten Steuern.In Deutschland wächst bereits seit lan-gem der Anteil der indirekten Steuernam Steueraufkommen bei gleichzeiti-gem relativem Rückgang der direktenSteuern. Auch liegen die Steuersätzeder Umsatzsteuer in Deutschland iminternationalen Vergleich auf geringemNiveau. Erhöhungen der Umsatzsteuerliegen also nahe. �

Literatur

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LEHRE UND STUDIUM14

Geschäftsplanung – Erfolge lassen sich planenMATTHIAS EICKHOFF, SVEN FISCHBACH

1. Definition

Ein Geschäftsplan (auch Business Plan,Unternehmensplan, Gründungsplanoder -konzept) ist eine schriftliche Aus-arbeitung, in der eine Geschäftsidee,Schritte zu deren Realisation und derdaraus resultierende Nutzen dargelegtwerden.

2. Anlässe einer Geschäftsplanung

Die Anlässe einer Geschäftsplanungsind vielfältig: Gegenstand einer Ge-schäftsplanung kann die Gründung eines Unternehmens (Erstinvestition)sein, aber auch die Erweiterung oderVeränderung eines bestehenden Un-ternehmens. So werden Geschäftsplä-ne z.B. regelmäßig beim Aufbau neuerGeschäftsfelder, der Durchführung von(Groß-) Investitionen aber auch einer

Fusion, Ausgliederung oder Sanierungerstellt. Gemeinsam ist allen Anlässen,dass es sich jeweils um Vorhaben miterheblichen Auswirkungen für den Un-ternehmer bzw. das Unternehmen han-delt. Folglich sollte das Vorhaben sorg-fältig vorausgeplant werden.

Das Erstellen eines Business Plans, dasso genannte Business Planning, zwingtden Unternehmer, seine Geschäftsideezu durchdenken, Chancen und Risikenzu erkennen und abzuwägen, die Um-setzung zu strukturieren sowie dasVorhaben schließlich für einen Drittennachvollziehbar darzustellen. So erfülltdie Erstellung eines Geschäftsplans ne-ben den planerischen Aufgaben derbestmöglichen Vorausschau zur Risiko-reduktion und Gefahrenabwehr sowieder Grundlegung einer Kontrolle desBetriebsgebarens vor allem auch eineerzieherische Funktion.

lehrt Betriebswirtschaft mit den SchwerpunktenMarketing und Innovationsmanagement an derFachhochschule Mainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Matthias Eickhoff

lehrt Betriebswirtschaft mit den SchwerpunktenRechnungswesen und Controlling an der Fach-hochschule Mainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Sven Fischbach

Dwight D. Eisenhower bringt es aufden Punkt: „Plans are often worthless,yet the planning process is priceless.”

Im Rahmen der Analyse und Struktu-rierung des Vorhabens sind zuerst dieZiele des Vorhabens zu konkretisieren.Weiterhin müssen die Rahmenbedin-gungen analysiert werden: WelcheStärken und Schwächen hat das Unter-nehmen bzw. Konzept, welche Chan-cen und Risiken ergeben sich im rele-vanten Umfeld. Gerade in einem dy-namischen Umfeld ist es erforderlich,sich mit den unsicheren Rahmenbe-dingungen intensiv auseinanderzuset-zen und zukunftsfähige Strategien fürdas Unternehmen zu entwickeln. AufGrundlage dieser Erkenntnisse wer-den Strategien und Maßnahmen zurRealisierung der Geschäftsidee sowiederen betriebswirtschaftliche Wirkun-gen aufgezeigt. Zu betrachten ist hier-bei in der Regel ein mittelfristiger Zeit-horizont von drei bis fünf Jahren.

3. Adressaten von Geschäftsplänen

Der Geschäftsplan ist demzufolge so-wohl in großen Unternehmen ebensowie für erfolgreiche und wachstums-orientierte mittelständische Unterneh-mer, als auch für Existenzgründer einwichtiges Planungsinstrument. Zu-gleich ist ein schlüssiger und überzeu-gender Geschäftsplan eine Visitenkartedes Unternehmens, mit dem den Le-sern die relevanten Informationen überdie angestrebte Unternehmensent-wicklung vermittelt werden. Adressatendes Business Plans sind insbesonderedie Geldgeber des Unternehmens/

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15LEHRE UND STUDIUM

Vorhabens, aber auch das Unterneh-men selbst sowie potenzielle Zuliefe-rer, Kunden und Partner. Für (poten-zielle) Geldgeber ist ein Business Planregelmäßig Grundlage für Gesprächeüber die erforderlichen Finanzierungs-maßnahmen (Beteiligung, Kreditauf-nahme, Vorbereitung eines Börsen-gangs, Verkauf des Unternehmens).Zugleich ist der Business Plan aberauch eine wichtige Orientierungshilfefür den Unternehmer selbst und seineGremien (z.B. Aufsichtsrat oder Beirat)bei der Planung und auch später Kon-trolle von wichtigen Maßnahmen (Soll-Ist-Vergleich). Im Zuge zielorientierterUnternehmensführung kann der Ge-schäftsplan zu einer wichtigen Füh-rungsgrundlage für die Mitarbeiterausgebaut werden.

4. Prozess der Geschäftsplanung

Der Prozess des Business Planning Pro-zesses ist aufwändig, doch erweist ersich als sinnvoll und nutzbringend, daZusammenhänge, Chancen und Risi-ken bei der Erstellung erkannt sowieFehler vermieden werden können.Das Vorliegen eines konsistenten Ge-schäftsplans kann somit als Qualitäts-merkmal gesehen wird, das Planendenund Vorhaben auszeichnet. Erfahrungs-gemäß sind beispielsweise Existenz-gründer mit einem fundierten BusinessPlan überdurchschnittlich erfolgreich.Sie haben mit dem Erstellen des Busi-ness Plans ihre erste unternehmerischeHerausforderung bereits erfolgreichgemeistert. Ebenso erleichtert ein aus-sagekräftiger Business Plan für beste-hende Unternehmen, gerade vor demHintergrund der Anforderungen vonBasel II, die Beschaffung finanziellerMittel.

Am Prozess des Business Planning, derErstellung des Geschäftsplanes, sindalle Mitglieder des Gründungs-/Pro-jektteams zu beteiligen. Gemeinsamsind aus den allgemeinen Unterneh-

menszielen konkrete Teilziele abzulei-ten und Maßnahmen zur Erreichungdieser (Teil-)Ziele zu entwickeln. Hier-bei sind die organisatorischen und fi-nanziellen Konsequenzen für alle be-trieblichen Teilbereiche zu planen, auf-einander abzustimmen und zu einemkonsistenten Gesamtplan zusammen-zufassen. Die aussagekräftige Darstel-lung der Ergebnisse, notwendiger Akti-vitäten sowie erkannter Chancen undRisiken erfolgt dann in einem struktu-rierten Business Plan.

5. Aufbau eines Geschäftsplanes

Aufgrund der heterogenen Anlässeeiner Geschäftsplanung überrascht esnicht, dass sich weder in Theorie nochPraxis ein einheitliches Bild zum Auf-bau eines Geschäftsplans findet. Viel-mehr sind bei der individuellen Aus-gestaltung Anlass, Umfang und Beson-derheiten des Vorhabens, die Branchesowie die Informationsbedürfnisseder Adressaten zu berücksichtigen.Beispielsweise werden für eine Exis-tenzgründung als Fahrradkurier we-sentlich weniger Informationen benö-tigt werden, als für den Bau einer Pro-duktionsstätte für neuartige Speicher-chips. Trotzdem werden sich die Ele-mente in den Plänen ähneln. Bewährthat es sich in der Praxis, auf die nach-folgenden Punkte einzugehen.

•Erster und wichtigster Baustein istdie Zusammenfassung (ExecutiveSummary). Hierin wird dem Leserdes Plans in knapper Form ein Ein-druck über die wesentliche Inhalteund Aussagen des Business Plansverschafft. Entsprechend ist auf die(innovative) Geschäftsidee und dasGeschäftsmodell, die Marktgege-benheiten sowie die Qualifikationder tragenden Personen einzuge-hen. Weiterhin ist in der angemesse-nen Kürze auf die finanziellen An-forderungen und Auswirkungen desGeschäftsvorhabens (Gewinn/Ren-

dite) einzugehen. Abgeschlossenwird dieser erste Teil üblicherweisedurch einen Antrag, z.B. auf Bewilli-gung einer Finanzierung oder Auf-nahme einer Kooperation.

Auch wenn die Executive Summaryam Anfang des Geschäftsplans steht,so sollte sie erst nach Ausarbeitung deranderen Bausteine erstellt werden.Schließlich werden darin die wesentli-chen Informationen des Plans zusam-mengefasst. Hierbei ist besonders aufeine verständliche und knappe Dar-stellung (maximal zwei Seiten) zu ach-ten, die zum Weiterlesen animiert.

•Zweiter Baustein eines erfolgreichenGeschäftsplans ist der Unterneh-mensplan, in dem die Geschäftsideeund das Unternehmen vorgestelltwerden. Grundlegend für den Erfolgeines Unternehmens/Vorhabens istdie Geschäftsidee, die einen Kun-dennutzen schaffen und am Marktumsetzbar sein muss. Hierbei musses sich nicht zwangsläufig um etwasvollkommen Neuartiges handeln,doch sollte ein am Markt umsetzba-rer Vorteil für das Unternehmen(z.B. geringere Produktionskosten,Besetzen einer Marktnische) beste-hen, da dadurch die Aussicht auf er-folgreiche Marktdurchsetzung ge-genüber einem identischen (me-too)Angebot deutlich steigt.

Da Geldgeber erfahrungsgemäß eherin Personen als in Ideen investieren,ist weiterhin eine überzeugende Vor-stellung von Management und Unter-nehmen wichtig. Diesbezüglich istinsbesondere auf die fachliche undpersönliche Qualifikation der tragen-den Personen einzugehen. Ebensosind Organisation, Rechtsform, Stand-ort, Produktion und weitere relevanteRahmenbedingungen des Unterneh-mens zu erläutern. Bei bestehendenUnternehmen ist weiterhin die Ent-wicklung in der Vergangenheit darzu-stellen.

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LEHRE UND STUDIUM16

•Im Marketingplan sind das Produktmit seinem Leistungsversprechen,der Markt, Kunden und Wettbewer-ber zu analysieren. Wichtig ist indiesem Zusammenhang, die Analysenicht zu eng anzulegen, da dabei dieGefahr bestünde, Chancen ebensowie Risiken zu übersehen. So wirdallein schon die Bestimmung derWettbewerber und natürlich erstrecht die Betrachtung ihrer Ziele,Strategien, Ressourcen und damitder zu erwartenden Marktchancensehr unterschiedlich ausfallen, jenachdem, ob z.B. ein Hersteller vonSchrauben sein Geschäft als ‚Schrau-benhersteller’ oder als ‚Löser vonBefestigungsproblemen’ versteht.Aufbauend auf diesen Informationenist darzulegen, mit welchen Marke-tingmaßnahmen die Geschäftsideeam Markt erfolgreich platziert wer-den soll (Marketing-Strategien und-Instrumente). Am Ende dieses Pla-nungsabschnitts erfolgt die Festle-gung der auf Basis der gegebenenSituation und der vorgesehenenMaßnahmen erwarteten Absatz-mengen des Unternehmens. Diesbildet das Mengengerüst, auf demdie weitere Planung der Unterneh-mensfinanzen aufbaut.

•Der Finanzplan bildet den viertenBaustein des Geschäftsplans. Ausdem Kapitalbedarf für das Investi-tionsvorhaben ergibt sich unter Be-rücksichtigung der zur Verfügungstehenden eigenen Mittel das zu fi-nanzierende Volumen. Bei einerFremdfinanzierung sind Vorstellun-gen über Laufzeiten und Konditionenzu nennen. Vorhandene Sicherhei-ten zur Absicherung von Kreditensind aufzuzeigen. Berücksichtigtwerden sollten bei der Finanzierungauch zur Verfügung stehende öffent-liche Fördermittel.

Finanzielle Mittel in Form von Kreditenoder Beteiligungskapital wird ein Un-ternehmen aber nur dann erhalten,

fasst Ziel und wichtigen Ergebnisse des Business Plans auf 1-2Seiten zusammen: kurze Beschreibung des Vorhabens und seinerUmsetzung (Geschäftsfeld, Produkt), Umsatz- und Gewinnaus-sichten, Finanzbedarf, mögliche Chancen und Risiken, Antrag anden Empfänger; soll zum Weiterlesen animieren

DeckblattInhaltsverzeichnisZusammenfassung(Executive Summary)

beschreibt das Unternehmen und seine Ziele• Vision und Strategie des Unternehmens• Geschäftsidee (Produkt/Dienstleistung und deren

Entwicklungsstand)• Unternehmenskonzept: Strategie, Rechtsform, Standort,Logistik, Organisation und ggf. bisherige Entwicklung• Qualifikation des Managements/der Gründer (insbesondere ein-

schlägige Erfahrung in der Branche und kaufmännische Kenntnisse)sowie wichtiger Mitarbeiter, ggf. vorhandene Berater

• Beschaffungs- und Produktionsplan: wichtige Lieferanten,Produktionsverfahren, Technologien, Kapazitäten, Logistik,Forschung und Entwicklung

• Risikoanalyse: Chancen, Risiken und deren Absicherung• Zeitplan: Meilensteine bei der Umsetzung des Vorhabens

verdeutlicht, wie welche Kunden in welchem Umfang (Umsatz)mit welchem Ergebnis (Deckungsbeitrag, Gewinn) erreicht werdensollen• Produktanalyse: Charakterisierung der Produkte (mit Stärken

und Schwächen), Besonderheiten, Stand der Entwicklung,vorhandene Schutzrechte

• Kundenanalyse: potenzielle Kunden und deren Wünsche,Kundennutzen der Produkte

• Marktanalyse: Beschreibung der Ausgangslage am Absatzmarkt(Größe, Marktbarrieren, Wachstumsraten), bestehende Abhän-gigkeiten, Marktstellung, Erfolgsfaktoren

• Konkurrenzanalyse: Stärken und Schwächen derWettbewerber/Konkurrenzprodukte

• Marketingstrategie: Zielkunden, Markteinführungsstrategie,Preispolitik, Vertriebswege, Werbung, Umsatzziele/angestreb-ter Marktanteil und Margen

Marketingplan

Unternehmensplan

zahlenmäßige Beschreibung des Vorhabensund relevante Ergebnisse• Ermittlung des Kapitalbedarfs• Finanzierungsplan (Eigen- und Fremdkapital, Fördermittel,

Sicherheiten)• Liquiditätsplan zeigt die Verfügbarkeit finanzieller Mittel:

Geldzu- und -abflüsse• Erfolgsplan: Planbilanzen, -erfolgsrechnungen• wichtige betriebswirtschaftliche Kennzahlen,

insbesondere Rentabilitätsvorschau (erwartete Renditen),Cashflow und Gewinnschwelle

• Risikoanalyse: Normalfall (realistic case), aber auch Angabenzum best case und insbesondere schlechteren Entwicklungen(worst case) und deren Absicherung

Finanzplan

ergänzende Informationen zur Unterstützung der Aussagen, z.B.Produktbeschreibungen, Ergebnisse von Marktuntersuchungen,Lebensläufe der Gründer, Verträge, Referenzen, detaillierte Erfolgs- und Liquiditätsrechnungen, Szenarien

Anhang

Gliederungspunkt Beschreibung

Abb. : Muster für den Aufbau eines Geschäftsplans

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17LEHRE UND STUDIUM

wenn ein erfolgreiches Wirtschaftenzu erwarten ist. Dieses kann durch Pla-nerfolgsrechnungen und daraus abzu-leitende Planbilanzen sowie Liquiditäts-pläne geschehen. Entsprechende Er-gebnisse sowie ausgewählte Kenn-zahlen (insbesondere zu Gewinnen,Rentabilitäten, Cashflow und Gewinn-schwelle) erleichtern dem Leser dieEntscheidung ebenso, wie Simulatio-nen alternativer Geschäftsverläufe(Best- bzw. Worst-Case-Szenarien). ImFinanzplan werden allerdings nur dieErgebnisse dieser Rechnungen zusam-mengefasst und gewürdigt, die detail-lierten Darstellungen gehören in denAnhang.

•Weiterhin ist im Geschäftsplan aufChancen und Risiken einzugehen.Insbesondere Risiken sollten nichtverschwiegen werden. Sie sind inden heutzutage üblichen unsicherenUmwelten normal. Ein Unternehmermuss sich über die relevanten Risi-ken bewusst sein, und, wenn mög-lich bzw. sinnvoll, geeignete Ab-wehrmaßnahmen ergreifen (z.B.Versicherungen, Alternativstrategienentwickeln). Geschäftspläne ohneangeführte Risiken wirken unrealis-tisch. Hingegen wird auch ein riskan-ter Geschäftsplan überzeugen kön-nen, wenn die Investoren eine ent-sprechend hohe Rendite erwartenkönnen. Wesentlich erscheint auch,die Evolution des Unternehmensplanerisch zu berücksichtigen. DieHalbwertzeit von Geschäftsmodel-len sinkt und in einem dynamischenUmfeld müssen sich Unternehmenimmer wieder ‚neu erfinden’, umden Erfolg nachhaltig zu sichern.

• In den obigen Abschnitten sind (nur)die wesentlichen Informationen zuvermitteln. Detailinformationen, wiez.B. ausführliche Produktbeschrei-bungen, genaue Liquiditäts- und Er-folgspläne sowie relevante Verträgesind aus Gründen der Übersichtlich-keit im Anhang aufzunehmen.

Wahlpflichtfach Business Planning

Die Verfasser bieten regelmäßig fürStudierende aller Fachbereiche derFachhochschule Mainz ein Wahl-pflichtfach Business Planning an.Dort können die Studierenden amBeispiel einer eigenen Geschäftsideeoder einer fiktiven Unternehmens-gründung die vielschichtigen Her-ausforderungen einer Unternehmens-gründung erleben und bewältigen.Im Rahmen dieser Veranstaltung wur-den in der Vergangenheit auch Ex-pansionsstrategien bestehender Un-ternehmen bearbeitet. Insbesonderehandelte es sich um die Einführungneuer Produkte und die Erschließungneuer Märkte. Auch zukünftig sindPraxisprojekte willkommen. Bei Inte-resse steht das Institut für Unter-nehmerisches Handeln (IUH) als An-sprechpartner gerne zur Verfügung.

E-Mail: [email protected],Tel.: 06131/628-270

derungen (siehe obige Abbildung).Die Ausführungen müssen auch fürBranchenfremde nachvollziehbar (kein„Fachchinesisch“) und schlüssig sein.Ggf. sind im Anhang Erläuterungen(z.B. genaue Produktbeschreibungen,Glossar mit Fachbegriffen) und Belegefür Aussagen aufzunehmen. Eine zupositive wird ebenso wie eine zu kriti-

sche Darstellung kontraproduktiv sein.So sollten für erkannte Schwächen undRisiken Lösungsmöglichkeiten aufge-zeigt werden. Auf allgemeine betriebs-wirtschaftliche Abhandlungen solltehingegen verzichtet werden.

Der Umfang eines Business Plans istsicherlich abhängig vom geplantenVorhaben. Erfahrungsgemäß ist aberein Umfang von 20 bis 30 Seiten ge-eignet, um ein Vorhaben angemessendarzustellen und die Adressaten zuerreichen. Deutlich längere Berichtewerden häufig nicht angemessen ge-würdigt, kürzere Berichte wirken oft-mals zu oberflächlich. Weiterhin istauf eine ansprechende optische Ge-staltung zu achten. Schließlich reprä-sentiert der vorgelegte Business Plandas Unternehmen bzw. das Projektund die dafür eintretenden Personen.

7. Präsentation

Neben der Erstellung eines aussage-kräftigen Business Plans ist schließlichdessen überzeugende Präsentationvon großer Bedeutung. Sind Defizitevorhanden (z.B. fehlende Branchen-erfahrung, geringes Eigenkapital), somuss schlüssig dargelegt werden, wiediese Defizite bis zur Durchführung desVorhabens beseitigt werden können.

8. Fazit

Das Business Planning ist eine wichtigeTätigkeit zur Vorbereitung unterneh-merischer Tätigkeiten. Das geforderteZusammentragen aller relevanten In-formationen zwingt zur gedanklichenVorwegnahme zukünftiger Handlun-gen (Planung). Hierdurch können Wis-senslücken, notwendige Maßnahmen,Chancen und insbesondere Risikenbereits frühzeitig erkannt werden.Allerdings ist das Business Planningkeine ausschließliche Aufgabe vonExistenzgründern, sondern auch für

6. Anforderungen

Nicht nur bei den Inhalten des Planes,sondern auch bei dessen formaler Ge-staltung hat eine Orientierung an denBedürfnissen der Adressaten zu erfol-gen. Eine übersichtliche Strukturie-rung erleichtert die Orientierung imPlan. So enthält ein ansprechender Ge-schäftsplan nach dem Deckblatt eineGliederung. Dann folgen die oben dar-gelegten Bausteine mit ihren Unterglie-

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LEHRE UND STUDIUM18

Bischof, F.-G. (2000): Der profes-sionelle Business Plan, München.

Bundesministerium für Wirtschaftund Arbeit (Hrsg.) (2005): Start-hilfe. Der erfolgreiche Weg in dieSelbständigkeit, 25. Auflage, Bonn.

Bundesministerium für Wirtschaftund Arbeit (Hrsg.) (2004): Grün-derzeiten Nr. 17: Gründungskon-zept/Businessplan, Berlin.

Controller Verein e.V. (Hrsg.) (2000): Business-Planung – mehr-jährig, Gauting/München.

Eickhoff, M. (2005): Beyond Busi-ness Planning – The Role of Creati-vity in Sustainable EntrepreneurialDevelopment, in: Cross-Cultural In-novation. Results of the 8 th Euro-pean Conference on Creativity andInnovation, hrsg. von B. Jösting-meier und H.-J. Boeddrich, Wies-baden.

Eickhoff, M. (2005): Stichworte‚Fi-nanzhilfen der Länder’, ‚Gründer-finanzierung’ und ‚Unternehmens-entwicklung’, in: Kompakt-Lexikon‚Unternehmensgründung’, hrsg. vonT. Kollmann, erscheint voraussicht-lich im Herbst 2005.

Fischbach, S. (2001): BusinessPlanning, in: Praxis-Lexikon Con-trolling, hrsg. von U. Brecht, Lands-berg/Lech, S. 55 f.

Fischbach, S., Kanat, S. (2004):Erfolgs- und Finanzmanagement imMittelstand, Aachen.

Hundt, I., Neitz, B. (2001): Busi-nesspläne für kleine und mittlereUnternehmen, München.

McKinsey & Company (Hrsg.)(2002): Planen, gründen, wachsen.Mit dem professionellen Business-plan zum Erfolg, 3. Auflage, Frank-furt (Main).

Zahlreiche Hinweise finden sich auch im Internet, u. a. beim Bundesministe-rium für Wirtschaft und Arbeit (www. bmwa.bund.de). Weitere Links finden sich beim Institut für Unternehmerisches Handeln (IUH)unter www.unternehmer.fh-mainz.de.

Literatur

bestehende Unternehmen eine wich-tige Tätigkeit. Regelmäßig wird in Un-ternehmen vor Freigabe von Mittelnfür eine größere Investition ein über-zeugender Geschäftsplan verlangt. Inallen Unternehmen ermöglichen die

im Geschäftsplan erstellten Planun-gen im Falle der Umsetzung eine spä-tere Kontrolle sowie (Gegen-)Steue-rung bei Abweichungen. Damit ist derBusiness Plan auch ein wichtiges Con-trolling-Instrument. �

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19LEHRE UND STUDIUM

lehrt die Fächer Volkswirtschaftslehre, Statistikund Umweltwirtschaft an der FachhochschuleMainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Uwe Gerdes

Kapitalerhaltung und Naturzerstörung – Ein Konzept nachhaltiger zukunftsfähiger Entwicklung

UWE GERDES

All das sind kleine Krisen, die inner-halb des Systems zu bewältigen sind.Es handelt sich um zwei große Krisen:

•die extrem ungleiche Verteilung desweltweit erwirtschafteten Wohlstan-des auf die Menschen dieser Erde(Nord-Süd-Konflikt) und

•die Zerstörung der Natur durch dieArt der Produktion und des Konsumsin den Ländern des Nordens, aberauch in den Ländern des Südens.

Die UNO zählt fast eine Milliarde hun-gernder Menschen auf dieser Erde – in großen Teilen Lateinamerikas,Asiens und besonders Afrikas. DieWohlstandsschere zwischen den Rei-chen des Nordens und einigen Fleckendes Südens einerseits und den Habe-nichtsen dieser Welt geht auseinander,obwohl das BIP dieser Welt ständigwachsende Gütermengen anzeigt. DasThema der ersten Krise, des Nord-Süd-Verteilungskonflikts, wird hier nichtweiter verfolgt, obwohl es enge Ver-bindungen zur zweiten großen Kriseder Naturzerstörung gibt. Der geneigteLeser sei dazu auf die Dokumente derUNCED (United Nations Conferenceon Environment and Development)1992 in Rio de Janeiro verwiesen.

Artensterben, Klimaveränderungen,Ozonlöcher, Verwüstung, Vergiftungvon Flüssen, leergefischte Meere zei-gen an, dass wir die Natur, die Mutterder Produktion, zerstören. Ohne Mut-ter Natur kein Leben und keine Pro-duktion – auch wenn der arbeitendeVater noch so kreativ ist. Der englischeÖkonom W. Petty (1623-1687) sagt:„Die Arbeit ist der Vater und das aktivePrinzip des Wohlstandes, sowie derBoden seine Mutter ist.“ Die Naturzer-störung ist meist schleichend, still und

1. Einführung

Wirtschaften, so lernt man, ist die ra-tionale Kombination von Produktions-faktoren zur Herstellung von Gütern.Ohne Produktionsfaktoren keine Gü-ter. Der Bestand dieser Produktions-faktoren ist unser Kapital, die Quellealler Wertschöpfung. Durch Anhäu-fung von Kapital wurde im Laufe derGeschichte der Strom der Güter sovergrößert, dass er vielen MenschenWohlstand brachte.

Es wird aufgezeigt, dass heute das Ka-pital zerstört wird und damit der Wohl-stand zukünftiger Generationen. InTeilen dieser Welt wird das Humanka-pital vernichtet und das Naturkapitalweltweit zerstört. Am Ende dieser Ana-lyse wird angedeutet, wie man den Ka-pitalismus reformieren kann mit demZiel einer Erhaltung aller Bestandteiledes Kapitals.

2. Die Krise

Hunger und Seuchen begleiten dieGeschichte des wirtschaftenden Men-schen. Nur langsam entwickelte sichein Wohlstand für viele. Das BIP wuchs

um zwei, drei oder vier Prozent in 50Jahren. Heute wächst es um zwei, dreioder vier Prozent in einem Jahr. Ein gi-gantischer Fortschritt, entstanden voretwa 200 Jahren und mit vielen Na-men belegt: die moderne Zeit, der Ka-pitalismus, die Marktwirtschaft, die in-dustrielle Revolution, die Aufklärung.Hunger und Seuchen verschwandenin den Staaten Europas, in Nordameri-ka, in Japan und anderen Flecken die-ser Welt. Breite Massen konnten kon-sumieren, was früher nur wenigen Ad-ligen vorbehalten war.

Der Nationalstaat begann durch Markt-ordnungen und Infrastruktur die Pro-duktivität zu fördern. Er sorgte für alleMenschen, die – aus welchen Grün-den auch immer – am Markt nicht zumZuge kamen (Wohlfahrtsstaat). Diesesso erfolgreiche Entwicklungsmodell –in Westdeutschland nach dem 2. Welt-krieg mit dem Label „Soziale Markt-wirtschaft“ geadelt – befindet sich ineiner existenziellen Krise. Gemeint istnicht die schlechte Konjunktur, nichtdie Finanzierung der Sozialleistungen,nicht das Problem der Arbeitslosigkeit.

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leise, die Komplexität von Ursache undWirkung ermöglicht viele Theorienund auch Spekulationen. Für die Mehr-heit der Fachleute aber ist klar: Wohl-stand und Naturzerstörung sind heuteKuppelprodukte, ohne Entkopplungwerden wir letztlich auch den Wohl-stand verlieren.

3. Das Seeohr und die Mikrobe

Archnoidiscus, das ist der Name einerKieselalge von fünfzigtausendstel Milli-meter Größe. Das klitzekleine Lebewe-sen hat einen Körper aus Silicat, dervon filigranen Rippen, Waben und Po-ren durchsetzt ist. Jetzt macht Arch-noidiscus Karriere. Ihre von der Naturentwickelte Schale wird zum Kon-struktionsprinzip einer leichten Auto-felge. Das spart Energie und Rohstoffe.Eine ähnliche Karriere wird der austra-lischen Meeresschnecke, dem See-ohr, prophezeit. Sie ist hart wie Kera-mik und biegsam wie Plastik. Die Naturhat ihr diese zwei nützlichen Eigen-schaften gemeinsam gegeben und wirbauen sie nach für Autos, Flugzeuge,Küchengeräte.

Natur, das war das Kapital unsererbäuerlichen Vorfahren und es ist dasKapital für unsere Zukunft. Stirbt Arch-noidiscus oder das Seeohr aus, wirdKapital vernichtet. Die Zahl der ausster-benden Arten pro Zeiteinheit nimmtständig zu. Der Lebensraum des Mee-res wird durch Schadstoffe, Klima-wandel, Tourismus und industriellenFischfang zerstört.

Biotope sind Lebensgemeinschaften,in denen sich einzelne Arten mit be-stimmten Eigenschaften entwickelt ha-ben. Craig Venter, weltbekannter Ge-nomforscher, segelt mit seiner YachtScorcerer II um die Welt und entnimmtBiotopen Proben. Er interessiert sichfür kleine Lebensgemeinschaften vonMikroben, die im Boden, im Wasser,auf oder in Meerestieren leben. CraigVenter analysiert die Gene dieser zu99 Prozent bisher unbekannten Welt

der Kleinstlebewesen und prüft derenEigenschaften. Die können vielleichtEnergie erzeugen, Medikamente ma-chen oder Computer beschleunigen.Die Bakterien haben vieles gelernt indrei Milliarden Jahren Evolution. Daskann genutzt werden – übrigens ohnegenetische Manipulationen. Verschwin-den die Biotope durch Umweltver-schmutzung, wird Naturkapital fürnachfolgende Generationen vernichtet.

Da hilft es vielleicht in einem Studiumder BWL den Gedanken der Kapital-erhaltung in den Mittelpunkt zu stellen,gehört das Kapital doch zu den zentra-len wissenschaftlichen Kategorien derWirtschaftswissenschaften.

4. Kapital – ohne ismus

Unter Kapital versteht man Werte, dieneue Werte schaffen. Dabei meintWert eine Eignung für den Zweck desWirtschaftens, den Konsum von Sach-gütern und Dienstleistungen. EineWirtschaftsgesellschaft verfügt zu ei-nem bestimmten Zeitpunkt über einenBestand von Kapitalwerten, aus denender laufende Strom der Konsumgüterim Prozess der Produktion entsteht.Das Kapital wird dadurch abgenutztund der Strom wird klein und kleiner.Um dies zu vermeiden, muss Kapitalerhalten, gepflegt, regeneriert werden.

Kapitalerhaltung lautet die einfacheFormel für ein nachhaltiges, zukunfts-fähiges Wirtschaften im Sinne einerMindestanforderung. Besser noch istnatürlich Kapitalvermehrung.

Gut gebrüllt Löwe, aber wo ist das Problem?

In einer Marktwirtschaft ist doch Kapi-talerhaltung die Basis des Profits. UndProfit ist doch die Antriebskraft derWirtschaft. Richtig! Aber dieser wun-derbare marktwirtschaftliche Mecha-nismus zur Kapitalerhaltung wirkt nurfür einen Teil des Kapitals, genau fürden Teil, der dem Eigentümer Kostenverursacht und Erlöse bringt.

Um dies zu verstehen sollte das Kapitalaufgeteilt werden in Sachkapital, Hu-mankapital und Naturkapital:• Sachkapital umfasst die produzierten

Produktionsmittel wie Gebäude, An-lagen und Know-how.

•Humankapital umfasst die Menschenals Arbeitskräfte.

•Naturkapital umfasst Boden, Luft undWasser und alle Schätze in der Erd-rinde.

Unternehmer in einer Marktwirtschaftsind Pfleger und Erhalter von Sachka-pital. Gemäß dem Prozess der Nutzungund des erwarteten technischen Fort-schritts wird Geld zurückgelegt unddamit neues Sachkapital erworben(Abschreibung und Investition).

Beim Humankapital ist das, wenn essich um freie Bürger in einer Demokra-tie handelt, nicht so einfach. Der Un-ternehmer besitzt es nicht. Er mietetHumankapital auf Zeit und mit einerFülle rechtlicher Auflagen. Braucht erdas Humankapital nicht mehr, setzt eres frei. Abschreibungen und Investitio-nen sind nicht zwingend nötig. Die Er-haltung des Humankapitals freier Bür-ger obliegt den Kapitalbesitzern oderder Gemeinschaft. Dies ist eine span-nende Story, jedoch sind Pisa oder Stu-diengebühren hier nicht das Thema.

Das Naturkapital ist zum Teil Eigentumdes Unternehmers, insbesondere Tei-le des Bodens und der Bodenschätze.Der ganz überwiegende Teil des Na-turkapitals ist Kapital der Gemein-schaft, oft der globalen Gemeinschaftaller Menschen. Wenn jemand mitseinem Schlitten über die Autobahnsaust und etwa hundert verschiedeneStoffe aus seinem Auspuff bläst, dannkostet ihn das nichts, obwohl er daslokale und globale Naturkapital ver-mindert. Wenn er sich die Fahrt ver-sagt, bringt ihm das nichts, obwohl erdas Naturkapital erhält.

Naturkapital ist zu einem großen Teilnicht in den Kreislauf der marktwirt-schaftlichen Kapitalverwertung einge-schlossen, es handelt sich um so ge-

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Constanza R. et al. (2001): Einfüh-rung in die Ökologische Ökonomik,Stuttgart.

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Ricklefs, R. E. (1993): The Econo-my of Nature, 3d ed., New York.

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nannte freie Güter in der Sprache derVolkswirte.

5. Ein Gedankenexperiment

Angenommen, Unternehmer besitzenauch Humankapital und Naturkapital,also es existieren private Eigentums-rechte auf arbeitende Menschen undauf die Naturnutzung. Dann müsstender Mitarbeiter, die Kieselalge, dasSeeohr und das Biotop in der Bilanzstehen. Abschreibungen und Investi-tionen wären zu tätigen. Aber wie hochist der Ertragswert einer Kieselalge?Wie viel muss abgeschrieben werden,wenn das Seeohr ausstirbt oder gar:wie viel ist ein arbeitender Menschwert?

Das Gedankenexperiment soll schnellabgebrochen werden. Naturkapital istGemeinschaftskapital. Die Bestimmungvon Bilanzwerten in Euro oder Dollarist aussichtslos. Man muss sich zufrie-den geben mit einer subjektiven Be-wertung einer Fülle mengenmäßigerIndikatoren wie Wasserverschmut-zung, Bodenversiegelung, Emissionenvon Schadstoffen, Zahl der ausgestor-benen Arten usw. Es gibt kein Rech-nungswesen wie beim bilanzierten Ka-pital, das uns den Zustand der Naturund seine Veränderung in Heller undPfennig ausdrücken könnte. Naturzer-störung findet weltweit statt – das istklar. Aber die Bewertung dieser Natur-zerstörung, die Kennzeichnung alsgroße Krise (nach Ansicht des Verfas-sers) ist subjektiv und wird vermutlichnur von einer Minderheit auf dieserWelt geteilt.

6. Die vier Gebote zur Erhaltung des Naturkapitals

1. GebotDu sollst nur so viele Fische aus demMeer und Getreide vom Boden ernten,dass die Fruchtbarkeit des Meeres unddes Bodens erhalten bleibt. (Regel fürerneuerbare Roh- und Energiestoffe)

2. GebotDu darfst die Schätze dieser Erde, wieErdöl und Kohle, nur in dem Maßeverbrauchen wie du Ersatz in Formerneuerbarer Roh- und Energiestoffeschaffst. (Regel für nicht erneuerbareRoh- und Energiestoffe)

3. GebotDa darfst die Natur mit Abfall und Ab-gasen nur in dem Umfange verpestenwie die Naturfabrik diese Stoffe ver-dauen kann. (Regel für Grenzwerteund Qualitätsstandards)

4. GebotDu musst die Natur als existenziellesLebensmittel für dein dauerhaftesWohlbefinden schützen.

Diese vier Gebote müssen nun in prak-tische Politik umgesetzt werden. Ak-teure der Politik sind die Nationalstaa-ten, die Europäische Union, die UNO,aber auch Konsumenten und Unter-nehmer. Konkrete Ziele müssen for-muliert werden, Instrumente zum Er-reichen der Ziele müssen diskutiertwerden und daraus muss ein verbind-licher Maßnahmenkatalog entstehen.Ein Beispiel ist das Kyoto-Abkommenzum Klimaschutz. Das Ziel ist die Sen-kung der klimarelevanten Emissionenum 5,2 Prozent bis zum Jahr 2012. In-strumente sind u.a. die Ausgabe vonEmissionszertifikaten, die Förderungemissionsfreier Technologien und dieBesteuerung des Verbrauchs fossilerEnergiestoffe.

Dies funktioniert alles mehr schlechtals recht im globalen Maßstab, so dassPessimisten von einer weiteren Zerstö-rung des Naturkapitals, insbesonderein Schwellenländern wie China undIndien, ausgehen.

Was sind die Ursachen für die schlech-te „performance“ der vier Gebote?

•Naturkapital wird selten mit einemDonnerschlag zerstört. Die Zerstö-rung ist schleichend, kommt in ho-möopathischen Dosen daher. DieMenschen merken lange nichts.

•Die Ursache-Wirkungs-Beziehungen

Literatur

sind so komplex, dass die Aussagender Wissenschaftler über die Zerstö-rung von Naturkapital mit vielen Fra-gezeichen und wenigen klaren Ant-worten versehen sind.

•Unser Wirtschaftssystem ist zuneh-mend auf den schnellen Euro oderDollar ausgerichtet (Philosophie desShareholder Value) und beachtetlangfristige Auswirkungen des Han-delns auf alle Stakeholder immerweniger.

•Auch die Politik hechelt mehr undmehr von kurzfristigem Wahlterminzu kurzfristigem Wahltermin. Kon-zepte einer langfristigen Kapitaler-haltung erscheinen nicht einmalmehr in Parteiprogrammen.

•Mächtige transnationale Konzerne,die neuen Herren der Welt, verhin-dern durch tatsächliche oder oft nurangedrohte Standortentscheidun-gen politische Rahmenbedingungenzur Erhaltung des Naturkapitals.

Dennoch muss man nicht resignieren.Erste Schritte zur Erhaltung des Natur-kapitals wurden in den vergangenen30 bis 40 Jahren in den hoch entwickel-ten Volkswirtschaften der Triade ge-tan. Weitere werden folgen, wenn sichviele Menschen kritisch und lernendengagieren: Als Bürger, als Konsument,als Unternehmer, als Politiker.

Wie sagte doch Johann WolfgangGoethes Doktor Faust: „Ich fühle Mut,mich in die Welt zu wagen, der ErdeWeh, der Erde Glück zu tragen.“ �

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Human Resource Management TrendsSUSANNE RANK

lehrt Betriebswirtschaft mit dem SchwerpunktPersonalmanagement an der FachhochschuleMainz.

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Susanne Rank

sionelle Personalarbeit auf die Leis-tungssteigerung der Mitarbeiter einesUnternehmens hat.

Dies kann sich der HR Manager zu Nut-ze machen, um aufzuzeigen, wie dieHR Ziele die Geschäftsziele (Kunden,Mitarbeiter) auf der Unternehmens-ebene beeinflussen können.

Darüber hinaus bieten die vier Dimen-sionen der BSC der HR Strategie einenRahmen, um die jährlichen HR Zielezu definieren. Wenn bspw. ein HR Ziel„Bindung der Leistungsträger“ formu-liert wurde, können die Kennziffernzum einen deren Fluktuation bei 2 %oder die Kompetenzsteigerung derHigh Potentials um 30 % (gemessen inder jährlichen Leistungsbeurteilungbzgl. eines zukünftigen Anforderungs-profils) sein. So kann eine kontinuierli-che Evaluierung der Zielereichungdurchgeführt werden.

Die folgenden Zahlen belegen, wieweit das Instrument der HR ScorecardAnwendung findet. In einer Studie vonTowers & Perrin (2004) wurden 28 HRExecutives (Direktoren) befragt. Diesegaben an, dass 57,1 % HR Kennzahlenzur Effektivitäts- und Effizienzmessungeinsetzen. 52,6 % berichteten, dassdiese HR Kennzahlen in die Messin-strumente des Unternehmenscontrol-lings eingebunden sind. Nur 20 % derBefragten haben ihre HR Scorecard indie BSC des Unternehmens eingebun-den. Hier wird der Entwicklungsbe-darf deutlich. Die HR Strategie solltemit der Unternehmensstrategie ver-zahnt werden, um einen Beitrag zumUnternehmenserfolg leisten zu kön-nen (siehe Studie von PWC, 2002).

gen HR Ziele festzulegen. Viele Perso-nalabteilungen haben bereits in ihrPersonalcontrolling investiert, um mit-tels einer HR Scorecard quartalsweiseden Umsetzungserfolg ihrer HR Stra-tegie zu messen und ihrer Geschäfts-führung transparent zu machen.

In vielen Unternehmen basiert die Ge-schäftsstrategie auf der Balanced Sco-recard (BSC) von Kaplan und Norton(1996). Anhand der vier Dimensionender BSC (Finanzen, Kunden, InterneProzesse, Mitarbeiter/Lernen & Ent-wicklung) werden messbare Ziele mitKennzahlen definiert. Der Personalbe-reich kann dann die BSC nutzen, umdie HR Strategie mit der Unterneh-mensstrategie zu verzahnen. Die HRZiele mit ihren Kennzahlen werden ineiner HR Scorecard dokumentiert. Ka-plan und Norton (2004) haben Ursa-che-Wirkungsketten („Strategy Maps“)zwischen den Geschäftszielen aufge-stellt. Wenn Mitarbeiter lernen, sich inihrem Serviceverhalten zu bessern,dann sollte dies eine Wirkung auf dasKundenziel „Servicequalität“ haben.Aus der PWC-Studie (2002) geht auchhervor: überschreitet die KennzahlFehlzeiten (BSC-Dimension Mitarbei-ter) 10 Fehltage, sinkt der Deckungs-beitrag pro Mitarbeiter um 12 %. Diesverdeutlicht, welchen Einfluss profes-

1. Bedeutung des Human Resource Managements

Human Resource Management (HR)leistet als Querschnittsfunktion in Un-ternehmen dann einen wertschöpfen-den Beitrag zum Unternehmenserfolg,wenn es eng mit der Unternehmens-strategie verzahnt ist, die zukünftigenHR Trends aufnimmt und eine eigeneHR Strategie mit messbaren Kennzah-len definiert.

Patterson et al. (1998) und Guest et al.(2003) zeigten in ihren Studien, dassein Zusammenhang zwischen HR undder Performance der Unternehmen be-steht. Die HR Studie von PWC (2002,N=1.000 Unternehmen in 47 Ländern)ging einen Schritt weiter und verdeut-lichte einen Zusammenhang zwischendokumentierter HR Strategie und Um-satz pro Mitarbeiter. Liegt eine doku-mentiert HR Strategie in einer Firmavor, ist deren Umsatz pro Mitarbeiterum 70 US$ per anno höher als bei Un-ternehmen, bei denen keine HR Stra-tegie existiert. Dies sollten sich diePersonalchefs zu Herzen nehmen undjährlich eine HR Strategie mit ihrerGeschäftsführung auf Basis ihrer Un-ternehmensstrategie definieren. DieErfolgsmessung der Umsetzung derHR Strategie ist von Anfang an mitmessbaren Kennziffern für die jeweili-

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Beide Trends ergänzen sich, da durchdie Einsparung an Kapazität bei admi-nistrativen HR Tätigkeiten mittels IT-Unterstützung (E-HR) wertvolle Zeitfür strategische HR Themen frei wird.Zudem wird klar, dass Entgeltfindungweiterhin ein wichtiges strategischesHR Thema darstellt. Allerdings geht esbei den strategischen Themen um Ent-geltmodelle und ihre Planung, insbe-sondere im globalen Kontext, aber we-niger um deren administrative Abwick-lung.

In ihrem HR Trend-Barometer 2004/2006 befragten Capgemini (2004) 132Top-HR Entscheider, von denen etwa60 % Personalvorstände von deutschen,schweizerischen sowie österreichischenUnternehmen waren, welche HR The-men in den nächsten Jahren strategi-schen Einfluss auf den Unternehmens-erfolg haben werden. Top HR Themafür 2004 war demnach die Personal-entwicklung, insbesondere die Füh-rungskräfte (FK)-Entwicklung. NebenFK-Entwicklung wurden die Selektionund Steuerung der Personalrekrutie-rung sowie die Bindung des Personalsdurch spezielle Vergütungs- und An-reizsysteme als strategische HR The-men für 2004 von den Personalvor-ständen eingestuft. Diese Ergebnissekönnen als Fortführung der Trendsgesehen werden, welche die PWC-Studie (2002) aufzeigte.

Für 2006 sehen die Befragten einenZuwachs an strategischer Bedeutungfür die folgenden HR Themen:

•31 % High Potential Recruiting undRetention (Bindung der Mitarbeiter)

•20 % Maßnahmen rund um dendemographischen Wandel und die Überalterung der Mitarbeiter

•18 % Human Capital Management/Kompetenzmanagement

•10 % HR Business Partnership.

Zudem sollte der Personalbereichdurch eine entsprechende „schlanke“Betreuungsquote (ein Personaler auf100 Mitarbeiter) auf Effizienz achten,um kostendeckend zu arbeiten.

Ziele des HR-Bereichs sind, die Mitar-beiter zu binden, zu motivieren und ih-re Leistungsfähigkeit und -bereitschaftzu steigern. Diese Ziele sollte jederPersonalchef für das Unternehmenmit seinen Stakeholdern (Geschäfts-leitung, Führungskräfte, Betriebsrat)definieren. Im nächsten Schritt müs-sen diese HR Ziele zeitnah den eige-nen Personalmitarbeitern als auch deninternen Kunden transparent gemachtwerden.

Die Kennziffern der HR Scorecard sindallerdings auch von dem Geschäfts-modell abhängig, welches die Perso-nalabteilung aufgrund ihrer langfristi-gen HR Strategie wählt. Zum Beispielist es für eine Dimension der HR BSC– die Finanzperspektive – entschei-dend, ob die Personalabteilung ihrGeschäftsmodell über Kostenumlageoder als Profit Center definiert (Wuck-nitz, 2002).

2. Zukünftige HR Trends

Auf der Basis aktueller HR Studien, dienun vorgestellt werden, werden Perso-nalabteilungen von mittelständischenUnternehmen bis hin zu Großunter-nehmen gefordert sein, diese HRTrends pro-aktiv umzusetzen, d. h. inihre jeweilige HR-Strategie zu integrie-ren.

In der PWC Studie (2002) ist zu erken-nen, dass sich bereits im Vergleich von2000 zu 2002 die Arbeitszeit, die Per-sonaler für folgende HR Aktivitätenaufwenden, signifikant verändert hat:

•HR Payroll und Benefits geht um 8 % zurück

•HR Strategie steigert sich um 3 %,•Training um 13 % erhöht•Recruitment: gleich bleibend•Compensation Planning: 4 % erhöht.

Dieser Trend bestätigt, dass die Kapa-zität, die für HR Strategie aufgewendetwird, leicht steigt. Gleichzeitig sinkt dieArbeitszeit für administrative HR Tätig-keiten wie HR Payroll and Benefits.

Fünf Ergebnisse für den HR Bereichzogen Capgemini aus ihrem HR Trend-barometer für die Zeit bis 2006:

•Sicherstellung der Kosteneffizienz•Erschließung von Inter-/Intranet

für HR•Renaissance der Personal-

entwicklung•Professionelles Change

Management•Sicherstellung von Rollen und

Verantwortung.

Diese HR Trends sollte der HR Mana-ger hinsichtlich der strategischen Be-deutung für sein Unternehmen undseinen Personalbereich überprüfen.

3. HR Business Partnership

Für ihr HR Team definiert Grit Zipser,HR Business Partner Managerin für Ver-trieb und Marketing der SAP Deutsch-land, HR Business Partnership anhandder folgenden drei Komponenten:

HR Business Partner Services:•Strategischer Beratungspartner

für oberes/mittleres Management•Individuelle und pro-aktive Beratung

von Führungskräften•Unterstützung bei der Entwicklung

strategischer Ziele der Organisation

HR Employee Services:•Operational Excellence als Rückgrat

von HR•Verantwortung nicht nur für Teile,

sondern für komplette Prozesse•Vorantreiben der Zusammenarbeit

zwischen HR Business Partner Ser-vices und HR Expertise Services

HR Business Expertise Services:•Thementreiber – spürt neue The-

men, Trends, Initiativen auf demArbeitsmarkt auf, adaptiert dieseauf das Unternehmen und bringtsie mit HR Business PartnerServices in die Organisation ein

•Verantwortung für den Know-howTransfer innerhalb des HR Teamsund hat die Trainingsfunktion undAufgabe eines „Knowledge-Brokers“

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In der nachfolgenden Abb. 1 wirddeutlich, wie sich die Rolle einer HRManagerin verändert, wenn sie dieVerantwortung eines HR BusinessPartners einnimmt. Dann wird ihre Tä-tigkeit sich von einer operativen HRTätigkeit in Richtung strategischer HRBeratung in der Rolle eines StrategiePartners und Change Agents wandeln.

Gerke (2005) zeigt in seiner Studie,dass 38 % seiner befragten Unterneh-men bereits ihre HR Kernprozesse (z.B.Personalverwaltung, Entgeltfindung)optimiert haben und 50 % dies mittel-fristig vorhaben, um die Servicequali-tät und Zeit für strategische HR Arbeitder HR Business Partner zu steigern.

Wenn zudem eine HR Strategie defi-niert wurde, die auf der Unterneh-mensstrategie basiert, ist es dem HRManager und Business Partner mög-lich, die operativen Einheiten seinesUnternehmens strategisch in HR Fra-gen zu beraten und seinen HR Beitragzum Unternehmenserfolg transparentzu machen. Beispiele hierfür sind Be-ratung in HR-Themen, die unmittelbarfür das Unternehmen wertsteigerndsind, wie Identifizierung und Bindung

Abb. 1: HR Business Partnership; Quelle: Zipser (2004)

von Leistungsträgern oder Change Be-rater bei Reorganisationen in seinemzubetreuendem Fachbereich/Standort,um Produktivitätseinbußen auf Mitar-beiterseite zu minimieren.

In der Studie von Tower & Perrin (2004)sehen sich 64 % der befragten Perso-nalchefs als kompetente Business Part-ner. Dies ist allerdings ein Selbstbildder Personaler. Ein richtiger Schritt hinzur Validierung, ob der HR Managerbereits als Business Partner von Füh-rungskräften akzeptiert wird, ist eine„Kundenbefragung“ der FK. Für dieseSelbst- und Fremdeinschätzung seider HR Quick Check der Selbst GmbHempfohlen (Thomas, 2005).

Capgemini (2004) fanden in ihrem HRTrendbarometer heraus, dass der Stel-lenwert von HR als strategischer Busi-ness Partner sich immer häufiger beieinem Blick auf das Organigrammzeigt. Ein HR Vertreter auf erster Ebe-ne (Vorstand/Geschäftsführung), dersich ausschließlich um HR Fragen küm-mert, ist ein Indiz dafür. 44 % der be-fragten Personalvorstände waren be-reits dorthin gekommen. Wenn derHead (Direktor) des HR-Bereiches an

den CEO oder Vorstandsvorsitzendenberichtet (66 % stimmten dem zu), istdies ein weiteres Indiz.

4. Mehr Kapazitätsspielräume für strategische HR Aufgaben

Ein Ansatzpunkt liegt im E-HR, welchesIT-Unterstützung für die administrati-ve HR Arbeit bietet. Durch Einsatz ei-nes HR Portals im Intranet (EmployeeSelf Service Scenario) und einer HRService-Hotline können bis zu 95 % al-ler Anfragen der Mitarbeiter an die Per-sonalabteilung beantwortet werden.

Franke (2002) zeigt auf (siehe Abb. 2):Rund 70 % der Anfragen werden durchdas HR Portal im Unternehmens-In-tranet aufgefangen. Ca. 25 % werdendurch die HR Service-Hotline beant-wortet. Nur 5 % der Mitarbeiter-Anfra-gen werden von HR Spezialisten direktbeantwortet. Dabei handelt es sich umkomplexere Anfragen wie Karriere-möglichkeiten, Versetzungen, Umgangmit den FK oder Veränderungsmanage-ment der FK bei Umstrukturierungen.

Basierend auf oben diskutierten E-HRProzess empfahl Schmeisser et al. be-reits 1999 einen vierstufigen Prozessfür ein kundenorientiertes Personal-management:

Stufe 1: Self Servicez.B. Routineaufgaben, Datenpflegedurch den Mitarbeiter selbst

Stufe 2: Call Center für 1st Level Supportz.B. Telefon, Mail für Standard-Perso-nalbetreuung in Gehalts- und Versor-gungsfragen

Stufe 3:HR Spezialist für 2nd Level Supportz.B. Interpretation von Gesetzen,Tarifverträgen sowie Spezialfälle

Stufe 4: HR Analysenz.B. Prognosen, Benchmarking, Strategien

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rechnung oder Zeitwirtschaft zusam-mengelegt, wie die aktuelle ISPA-Stu-die von Ackermann (2005) zeigte. Als„shared services“ werden diese denjeweiligen Fachbereichen angeboten.Vorgeschaltet ist ein HR Portal im In-tranet, in dem Mitarbeiter ihre persön-liche Daten pflegen oder auch Richtli-nien finden, wenn sie Fragen haben.Wenn die Fragen des Mitarbeiters dortnicht beantwortet können werden,hat er die Möglichkeit, eine Mail an einService Center zu schicken oder dortanzurufen (siehe Abb. 2).

Verständlich ist auch, dass dies erst ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl(mehr als 500 Mitarbeiter) sinnvoll ist.Kosteneinsparungen der befragten Un-ternehmen liegen bei bis zu 10 %(Ackermann, 2005), wobei TDS (2005)in ihrer Studie von bis 20 bis 30 % aus-geht. Der Weg dorthin bedarf einesgut konzipierten Projektes, da sowohldas Business Process Reengineeringder betroffenen HR Arbeitsabläufe alsauch eine Einführung eines unterstüt-zenden IT-Konzeptes gefragt sind. Er-folgsfaktor dabei ist die Einbindungder betroffenen Personaler, um die ge-forderten Synergien in Kosten undQualität zu realisieren.

Abb. 2: Service Delivery HR Modell; Quelle: Franke (2002)

Durch dieses vierstufige HR Prozess-konzept können freie Kapazitäten fürstrategische HR Beratung zur Verfü-gung gestellt werden. Allerdings sindÜbergangsphasen von bis zu einemJahr zu beachten, bis die Prozessum-stellung den Return on Invest bringt.

Jäger (2002) diskutierte dies an Bei-spielen von Global Playern wie Daim-lerCrysler und Audi. Diese haben ihreHR Portale in ihrem Intranet mit ihrenHR Prozessen verknüpft und fahrenein E-HR Konzept, wie es die Abb. 2zeigt. Globale Unternehmen wie IBM,Deutsche Bank, BASF und SAP opti-mierten auch ihre HR Prozesse durchvierstufige Prozesskonzepte.

Nach Towers & Perrin (2004) haben46,4 % der Befragten im HR-Bereichein zentrales ERP-System, d. h. eineintegrierte IT-Lösung für ihre HR Pro-zesse, im Einsatz. Hier wird aber auchnoch möglicher Spielraum der Opti-mierung deutlich.

5. Nutzen des HR Business Process Outsourcings

Ein weiterer Schritt ist die Auslagerungvon administrativen HR Prozessen anexterne Dienstleister. Nach Gartner(2002) ist die Business Process Out-sourcing (BPO) die Vergabe von einemoder mehreren klar abgegrenzten Ge-schäftsprozessen eines Unternehmensan externe Dienstleister. Diese exter-nen Dienstleister administrieren undsteuern die Prozesse nach klar definier-ten und messbaren Kennzahlen auf ei-genes Risiko.

Nutzen des BPO für den Personalbe-reich sind:

•Variabilisierung fixer Kosten unddadurch Erhöhung der Flexibilität,

•Kostensenkung durch Größen-vorteile und Prozess-Expertise,

•Konzentration auf Kernkompe-tenzen, freie Kapazitäten für strate-gische HR Arbeit mit großer Wertschöpfung,

•Prozess-Standardisierung und Qualitätssteigerung.

Kienbaum (2005) zeigt in seiner HROutsourcing-Studie, welche HR Pro-zesse in welchem Verhältnis an externeHR Dienstleister ausgelagert werden:•69 % Reise und Reisekosten,• 39 % Lohn- und Gehaltsabrechnung,•23 % Expatriates und Relocation,•23 % Compensation und Benefits,•8 % Personalbeschaffung.

Von 40 Firmen machte nur jedes drittevon HR Outsourcing Gebrauch. Per-sonalentwicklung wurde von keinemUnternehmen ausgelagert (Kienbaum,2005). Dies bestätigt die Personalent-wicklung als eines der strategischenHR Themen (Capgemini, 2004).

Bevor jedoch Unternehmen adminis-trative HR Prozesse auslagern, den-ken die Personalchefs häufiger übereine interne Bündelung administrati-ver HR Aufgaben nach. So bleiben dievertraulichen Daten im Unternehmen.Es entsteht keine Abhängigkeit von ei-nem externen Dienstleister. In einemso genannten Shared Service Centerwerden aus verschiedenen Standor-ten der Personalabteilungen HR Auf-gaben wie Gehalts-, Reisekostenab-

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6. Neues Kompetenzmodell für Personaler

Aus den diskutierten HR Trends wirddeutlich, dass sich mit zunehmenderBündelung von administrativen HRTätigkeiten und IT-Unterstützung dieRolle des HR Manager stark wandelnwird. In der HR Betreuung wird es vorallem um Beratung in strategischenHR Fragen gehen.

Somit verändert sich auch das Anforde-rungs- und Kompetenzprofil des Per-sonalers. Eine internationale Umfragedes SHL Beratungshauses (2005) er-gab, das folgende Kompetenzen in Zu-kunft gefragt sein werden:

•„Working with other people liketeamwork and social competenciesto get credibility

•Change and evolution in the organi-sation to respond on new challengesin an efficient and innovative way

•HR role within the organisation tolink HR with company´s strategy andfinancial planning

•Coping with stress, tolerance for am-biguous, uncertain situations.”

Dieser hat als akzeptierter und kompe-tenter Business Partner sowohl Fach-wissen über neueste HR Trends alsauch über seine zu betreuenden Fach-bereiche. Er/sie kann beraten, wie dorteine effiziente Organisation mit denMitarbeitern entwickelt werden kannund ist ein geschätzter Ratgeber, „trus-ted advisor“, der FK des Fachbereichs.Damit entwickelt sich die HR Funktionzu einer vielseitigen und herausfor-dernden Aufgabe mit einem Anforde-rungsprofil, welches breites HR Fach-wissen, Wissen über Wertschöpfungs-prozesse, Organisationsstrukturen so-wie Unternehmensentwicklung und-führung voraussetzt. �

LEHRE UND STUDIUM26

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Literatur

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27LEHRE UND STUDIUM

„digital divide“: Schattenseite der Wissensgesellschaft

JOHANN WELSCH

1. Problemstellung

Seit das Europäische Labor für Teil-chenphysik (CERN) im April 1993 denwww-Standard der Allgemeinheit zurkostenlosen Nutzung öffnete, habensich zunächst einige und im Laufe derZeit immer mehr Menschen an die-ses elektronische Kommunikationsnetz„Internet“ angeschlossen. Heute nut-zen rund 36 Mio. Deutsche, d.h. 55%der Bevölkerung im Alter von 14 Jah-ren und mehr dieses Medium für In-formations-, Kommunikations-, Unter-haltungs- sowie Kauf- und Verkauf-zwecke. Der weltweite Siegeszug desInternet bringt einen kräftigen „Schub“im Übergang vieler Länder von der In-dustrie- in die Wissensära. Mit dieserEntwicklung waren von Anfang an viel-fältige Verheißungen und Hoffnungenverbunden.

Die Erwartungen richteten sich aufmehr Wirtschaftswachstum, weitersteigenden gesellschaftlichen Wohl-stand, neue Arbeitsplätze und interes-

ist Professor für Wirtschaftswissenschaften ander FH-University of Applied Sciences Wies-baden. Forschungsschwerpunkte: Innovationund Innovationspolitik, Strukturwandel und Be-schäftigung, Arbeitsmarktwirkungen moder-ner Technologien, Zukunft der Arbeit

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Johann Welsch

2. Was heißt „digital divide“?

Die These der digitalen Spaltung be-zieht sich auf Unterschiede in der Nut-zung der gesellschaftlichen Informa-tionsinfrastruktur bzw. der mit derenUnterstützung erreichbaren Daten-,Informations- und Wissensbestände.Durch das Internet wird eine allumfas-sende elektronische Vernetzung allerPersonen und Institutionen der Ge-sellschaft möglich. Aus diesem Grundwerden zwei Faktoren in der Wissens-gesellschaft zu einer unverzichtbarenGrundlage für gleichberechtigte ge-sellschaftliche Teilhabe:

•ein allgemein verfügbarer Internet-Zugang und

•die Fähigkeiten, das Internet gezielt und effektiv zu nutzen.

Alle Bürgerinnen und Bürger sowie alleInstitutionen benötigen in der Wis-sensgesellschaft eine Onlineanbindungsowie die erforderlichen Internetqua-lifikationen, um in der Lage zu sein,unabhängig von Ort und Zeit auf alleDienste und Informationen des Netzeszugreifen zu können. „digital divide“meint das Problem, dass dieses Zielderzeit in keinem Land der Welt reali-siert ist und dass auch im Vergleichzwischen verschiedenen Ländern undLändergruppen – teils erhebliche – Zu-gangs- und Nutzungsdifferenzen be-stehen.

sante Erwerbschancen sowie auf einebessere „Versöhnung“ von Ökonomieund Ökologie. Der Triumph der „neweconomy“ in der zweiten Hälfte der1990er Jahre schien diese Erwartun-gen zunächst zu bestätigen. Wo liegtdas Problem? Der Zusammenbruchder temporären wirtschaftlichen Blüte-zeit, der „Neuen Ökonomie“, seit 2001lässt die Schattenseiten des Internet-booms und der Wissensgesellschaftseit einigen Jahren stärker hervortre-ten. Eine dieser Schattenseiten ist der„digital divide“, die „digitale Spaltung“der Gesellschaft, ein Problemfeld, wasseit Ende der 1990er Jahre in den USAbereits gesehen und breit thematisiertwurde, was jedoch erst in jüngster Zeitallmählich auch in der EuropäischenUnion ins Bewusstsein der Öffentlich-keit und der Politik rückt. Ich möchtein diesem Artikel das Problem skizzie-ren, seine gesellschaftliche Bedeutunganalysieren und ausgewählte quantita-tive Dimensionen desselben beleuch-ten.

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3. Bedeutung des „digital divide“

Welche gesellschaftliche Bedeutunghat der „digital divide“, anders: Welchegesellschaftlichen Auswirkungen ge-hen von ihm aus? Zur Klärung dieserFrage müssen wir uns genauer mit dergesellschaftlichen Bedeutung des Inter-net befassen. Die verbreitete Nutzungdes Netzes führt dazu, dass immermehr gesellschaftliche und wirtschaft-liche Transaktionen über das Netz kos-tengünstig abgewickelt werden: vonder privaten Post über die geschäftli-che Bestellung von produktionswich-tigen Werkstoffen und Materialien oderdie Teilnahme an beruflicher Weiter-bildung bis hin zur Erbringung von öf-fentlichen Dienstleistungen (Bürger-informationen, Steuererklärungen und-bescheide, Anhörungsverfahren zugeplanten Bauprojekten). Selbst dieTeilnahme an politischen Wahlen er-folgt bereits in Einzelfällen über dasNetz (Vorwahlen der amerikanischenDemokratischen Partei). Die gezielteNutzung des Netzes eröffnet den Zu-griff auf gesellschaftliche und privateBestände an Daten, Informationen undWissen.

Diese Zugriffs- und Nutzungsmöglich-keiten versetzen Individuen, Gruppenund Unternehmen in die Lage, ihre je-weilige Position in gesellschaftlichenMacht- und wirtschaftlichen Markt-strukturen zu verbessern. Individuenkönnen sich neue Fähigkeiten aneig-nen, um in der gesellschaftlichen Ein-kommenshierarchie nach oben zu klet-tern. Firmen können ihre Wettbewerbs-fähigkeit verbessern, um sich neueMarktchancen zu erschließen. Die un-ausweichliche Konsequenz solcherVorgänge: Über die Nutzung des Net-zes erfolgt die Teilhabe am gesellschaft-lichen, wirtschaftlichen und politischenLeben und die Forcierung sozioökono-mischer Veränderungen. Wer von derNutzung ausgeschlossen ist oder aber –trotz technischen Zugangs zum Netz –dessen Potenziale nicht ausschöpft,läuft Gefahr, gesellschaftliche Nach-

teile zum Beispiel in Form von Wachs-tums- und Arbeitsplatzverlusten (Volks-wirtschaften, Unternehmen, Arbeitneh-mer), von Einkommens- und Gewinn-einbußen (Erwerbstätige, Unterneh-men), des Ausschlusses aus der Nut-zung elektronisch bereitgestellter öf-fentlicher Dienstleistungen oder aberin Form der Exklusion aus gesellschaft-lichen Willensbildungs- und Entschei-dungsprozessen (Bürgerinnen undBürger) zu erleiden.

Die konkreten gesellschaftlichen Wir-kungen des „digital divide“ hängenganz wesentlich von seiner empiri-schen Bedeutung in einem Land ab.Länder ohne Internet kennen das Pro-blem des „digital divide“ als internesProblem nicht, sie stehen jedoch ausinternationaler Sicht auf der Schatten-seite des digitalen Grabens und laufenGefahr, wirtschaftliche Nachteile inKauf nehmen zu müssen. QuantitativeUnterschiede im Zugang zwischenGruppen sind wichtig für den „digitaldivide“ innerhalb eines Landes, kön-nen jedoch relativiert werden z.B.durch einen Online-Zugang außer-halb. Vielleicht wichtiger noch ist dieNutzungsart. Nicht alle Nutzungsfor-men verbessern die sozialen Teilhabe-chancen in gleicher Weise. Und selbstwenn man feststellt, dass sinnvolleNutzungsformen auf dem Vormarschsind, muss dies nicht für alle Gruppenin gleicher Weise gelten. „Positive“ und„schädliche“ Nutzungsformen könnenungleich über die Gruppen verteilt sein.

Deshalb ist die Sicht zu einfach, wennlediglich die technischen Zugangsmög-lichkeiten von Individuen und Gruppenfür digitale Gräben verantwortlich ge-macht werden. Das Phänomen ist we-sentlich komplexer. Viele Menschenstehen nicht einfach auf der Seite der„Onliner“ oder der „Offliner“ und zäh-len damit zu den „information haves“oder „not haves“. Selbst „Onliner“ kön-nen in bestimmten Fällen zur letzterenGruppe gerechnet werden, da dertechnische Zugang zum Internet alleinnoch keinen Informationsgewinn, Wis-

sensvorsprung oder einfach einen Vor-teil gegenüber „Offlinern“ bringt. Vie-le internetfähige PCs stehen in Haus-halten oder Schulen herum und wer-den nicht angerührt, weil die Fähigkeitzur Nutzung fehlt. Oder weil es keinenutzerspezifischen oder für den poten-ziellen Nutzer attraktiven Inhalte imNetz gibt. Oder weil sich Menschen fürdas Internet einfach nicht interessieren,es für überflüssig halten, Angst davorhaben oder es aus sonstigen (kulturel-len, religiösen usw.) Gründen ableh-nen. Eine solche irgendwie begründeteAbneigung soll z.B. für 25 % der US-Bevölkerung der Grund für den ge-wählten „Offliner-„Status sein (brid-ges.org 2002, S.90). Vorteile bringtein Internetanschluss aber nur dann,wenn über den bloßen Zugang hinausauch eine Nutzung des Internet bzw.seiner Inhalte erfolgt.

Und selbst das reicht nicht aus, um so-ziale Exklusion in jedem Falle zu ver-hindern, da die Nutzung des Internetallein noch nichts über dadurch ge-wonnene Vorteile und Chancen aus-sagt. Soziale Exklusion beruht aufmehr: auf dem Mangel an konkreten,sinnhaften, zielorientierten, qualifizier-ten Nutzungsformen der Internetpo-tenziale. Drei Stunden Online einerPerson können ganz Unterschiedlichesbedeuten: zum Beispiel Kontaktauf-nahme und Kommunikation mit po-tenziellen Kunden, Abschluss einesGeschäftsvorganges, Recherche wirt-schaftlich nützlicher Informationen,Zugriff auf persönlich wertvolle Wis-sensbestände, die Verstehen ermög-lichen usw. Sie können aber auch ei-nen Streifzug durch Werbeseiten, dasErsteigern einer Musik-CD, die Teil-nahme an einem Lifestyle-Chat, dasBetrachten von pornographischen Sei-ten o. ä. beinhalten. Beide Arten vonInternetnutzung haben unterschiedli-che individuelle und gesellschaftlicheBedeutung: die erste Art der Nutzungbringt Inputs, welche die wirtschaft-lichen und persönlichen Chancen desNutzers vergrößern, die zweite Nut-

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zungsart ist rein konsumtiv und dientvorrangig der Unterhaltung, bringt so-mit keinen Input zur Erweiterung vonZukunftspotenzialen (vgl. zur Gerech-tigkeitsdimension des „digital divide“ausführlich Welsch 2004).

4. Quantitative Dimension des „digital divide“

Deshalb ist es wichtig, nicht nur diequantitativen Unterschiede zwischenIndividuen, Gruppen und Institutionenhinsichtlich der Internetnutzung her-auszuarbeiten, sondern auch die Nut-zungszwecke des Internet zu analysie-ren. Das heißt, wir müssen nicht nuruntersuchen, wer das Internet nutztbzw. nicht nutzt, sondern auch derFrage nachgehen, wie das Internet ge-nutzt wird.

4.1 „digital divide“ nach Gruppen und Institutionen

Im Jahr 2004 verfügten 60 % aller Haus-halte in Deutschland über einen häus-lichen Internetanschluss. In den beidenJahren seit 2002 stieg dieser Anteil(von 46 %) um 14 Prozentpunkte, ge-messen am Ausgangsniveau war daseine eindrucksvolle Steigerung um30 %. Mit dieser Ausprägung und Ent-wicklung der Internetpartizipation be-wegte sich Deutschland zum einendeutlich über dem Durchschnitt der15 Länder der bisherigen EuropäischenUnion, zum anderen zeigt die Kehr-seite der Medaille, dass selbst hier zuLande noch 40 % aller privaten Haus-halte über keinen Zugang zum „Netzder Netze“ verfügen. Für dieses „Ab-seitsstehen“ in der Wissenschaftsge-sellschaft sind wirtschaftliche Gründemaßgeblich: Zwar geben zwei Drittelder „Offline-Haushalte“ an, keinen Be-darf am Internetzugang zu haben, beigenauerem Hinsehen zeigt sich jedoch,dass immerhin für 31 % dieser Haus-halte die Anschaffungskosten und für29 % die Zugangskosten als zu hochangesehen werden (Statistisches Bun-desamt 2005, S. 28 f.) Rund 30 % der

Haushalte geben fehlende Kenntnisseund 25 % die Möglichkeit eines außer-häuslichen Internetzugangs als Grundfür ihren „Offliner-„Status an.

Untersucht man die Trennungslinienzwischen „Onlinern“ und „Offlinern“,so gibt es bestimmte gesellschaftlicheFaktoren, die diese digitalen Gräbenbegründen und prägen. Die wesentli-chen Faktoren sind der Arbeitsmarktsta-

tus, der Bildungsgrad, das Lebensalter,das Geschlecht und das Einkommen:

Der Arbeitsmarktstatus einer Person

Berufs- und Erwerbstätigkeit ist ein we-sentliches Kriterium für die Entstehungund Vertiefung gesellschaftlicher Spal-tungen. Berufs- bzw. Erwerbstätigkeiteröffnet den Zugang zur Internetparti-

Abb. 1: Internetnutzung nach Berufstätigkeit; Anteil der Internetnutzer in Deutschland in Pro-zent 2004 – Quelle: Graphik: Welsch; Daten: TNS Emnid, (N)ONLINER Hessen 2004

Abb. 2: Internetnutzung nach beruflichem Status; Anteil der Internetnutzer in Deutschland inProzent 2004 – Quelle: Graphik: Welsch; Daten: TNS Emnid, (N)ONLINER Hessen 2004

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zipation und wirkt der digitalen Spal-tung entgegen (vgl. Abb.1): Berufstä-tige haben einen deutlich besseren Zu-gang zur Nutzung des Internet im Ver-gleich zu nicht Berufstätigen (Arbeits-lose, Rentner etc.). Zwei Drittel derBerufstätigen nutzen das Internet imVergleich zu nur gut einem Drittel dernicht Berufstätigen.

Eine differenziertere Betrachtung zeigt,dass es neben der Berufstätigkeit wei-tere Trennungsfaktoren wie Form derErwerbstätigkeit, Art der Berufstätig-keit, Bildungsstatus usw. gibt (vgl.Abb. 2). Zu den Vielnutzern des Inter-net zählen Studierende/Auszubilden-de, höhere und mittlere Beamte sowieSelbständige und Freiberufler. Amwenigsten genutzt wird das Netz vonRentnern, Hausfrauen bzw. -männernsowie von Arbeitslosen.

Das Humankapital bzw. der Bildungsgrad

Der Bildungsgrad ist ein zentraler Fak-tor der Nutzung des Internet und da-mit für die Entstehung digitaler Grä-ben äußerst relevant (vgl. Abb. 3): Jehöher der Bildungsgrad, desto inten-siver die Nutzung des Internet undseiner Möglichkeiten. Menschen mitHochschulreife nutzen das Internet zu75 %, jene mit Haupt- und Volksschul-abschluss nur zu 26 %. Dass Schülerund Studenten die höchsten Nutzungs-raten aufweisen, hängt nicht nur mitdem Ausbildungsstatus, sondern auchmit dem Lebensalter als Einflussfaktorzusammen.

Die Höhe des Einkommens

Die Einkommenshöhe ist eine starkwirkende Scheidelinie hinsichtlich derInternetpartizipation (vgl. Abb. 4): Jehöher das Einkommen, desto intensi-ver die Internetnutzung. Personen inHaushalten mit einem monatlichenNettoeinkommen von über 3.000 €nutzen das Internet zu mehr als dreiViertel, Haushalte mit Einkommen un-ter 1.000 € nur zu weniger als einemDrittel.

Abb. 4: Internetnutzung nach Haushaltseinkommen; Anteil der Internetnutzer in Deutschland 2004 in ProzentQuelle: Graphik: Welsch; Daten: TNS Emnid, (N)ONLINER Hessen 2004

Abb. 3: Digitale Spaltung nach Bildungsgrad; Internetnutzer in Prozent der jeweiligen Bevölkerungsgruppe in Deutschland 2002Quelle: Graphik: Welsch; Daten: BMWi (Hrsg.), Monitoring Informationswirtschaft 2003

Die Unternehmensgröße

Diese spielt für digitale Spaltungen inzweierlei Hinsicht eine Rolle: Zum ei-nen gilt aus der Sicht der Individuen:Menschliche Arbeit ist wesentlich inForm von Unternehmen organisiert.Je nach Größe des jeweiligen Arbeit-

gebers haben die abhängig Beschäf-tigten an ihrem Arbeitsplatz einen dif-ferenzierten Zugang zum Internet.Zum anderen muss die Sicht der Un-ternehmen berücksichtigt werden: Un-terschiedliche Grade der Internetpar-tizipation bewirken ein Gefälle in der

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Wettbewerbsstärke, da die Nutzungdes Internet die Möglichkeit beinhaltet,zusätzliche wirtschaftliche Potenzialezu erschließen. Der Grad der Internet-partizipation ist eindeutig von der Un-ternehmensgröße abhängig (s. Abb. 5 ):Größere Unternehmen mit 250 undmehr Beschäftigten setzen alle auf dieMöglichkeiten des Internet, Unterneh-men mit weniger als 20 Beschäftigtennur zu 75 %.

4.2 Ziele und Formen der Internetnutzung

Private Haushalte

Private Haushalte setzen das Internetvor allem (zu 91 %) für die Suche nachInformationen und für die Nutzung vonOnline-Diensten ein (Abb. 6). Es fol-gen mit einem Anteil von 84 % Kom-munikationszwecke, was vor allem dieAnwendung von E-Mail beinhaltet.Aber auch Zwecke wie der Kauf undVerkauf von Waren und Dienstleis-tungen (einschl. Online-Banking), derKontakt zu Behörden und Weiterbil-dungszwecke haben noch einen be-achtlichen Stellenwert bei der Inter-netnutzung .

Analysiert man den Hauptzweck derInternetnutzung durch private Haus-halte, die Informationssuche und dieNutzung von Dienstleistungen genau-er, zeigt sich, dass die Suche nach In-formationen über Waren und Dienst-leistungen klar dominiert (Abb. 7).

Es folgt mit weitem Abstand die Nut-zung von Reisedienstleistungen, wäh-rend andere Zwecke (Unterhaltungdurch Spiele und Musik sowie durchInternetradio und -fernsehen, aberauch Nutzung von Printmedien, Job-suche und Bewerbungen) weit abge-schlagen rangieren. Dass diese Zwe-cke wiederum nach Gruppen unter-schiedliches Gewicht haben, zeigt dasBeispiel der Suche nach einem undBewerbung um einen Arbeitsplatz:Dieses Ziel verbinden 74 % der er-werbslosen Internetnutzer mit derNutzung des Netzes.

Abb. 6: Zwecke der Internetnutzung in Deutschland 2004; Anteile an allen Internetnutzern inProzent – Quelle: Graphik: Welsch; Daten: Statistisches Bundesamt

Abb. 5: Digital divide im Unternehmenssektor; Anteile der Internet einsetzenden an allen Unternehmen in Deutschland 2004 in ProzentQuelle: Graphik: Welsch; Daten: Statistisches Bundesamt

Unternehmen

Unternehmen nutzen das Internet vorallem für die Inanspruchnahme vonBank- und Finanzdienstleistungen(70 %) sowie zur Marktbeobachtung(Abb. 8). Zwecke des Kundenservicesund der Beschaffung digitaler Produk-

te haben ein mittleres Gewicht, zeigenim Zeitablauf jedoch deutliche Steige-rungsraten. Ähnliches gilt für die Inter-netnutzung für Zwecke der Aus- undWeiterbildung der Belegschaft (E-Lear-ning), was zweifelsohne der Steige-rung der zukünftigen Wettbewerbsfä-higkeit des Unternehmens dient.

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Abb. 8: Nutzung des Internet durch Unternehmen in Deutschland 2004; Anteile an allen Internet nutzenden Unternehmen in ProzentQuelle: Graphik: Welsch; Daten: Statistisches Bundesamt; Anm.: DL = Dienstleistungen

Abb. 7: Informationssuche und Nutzung von Online Services in Deutschland 2004; Anteile an allen Internetnutzern in ProzentQuelle: Graphik: Welsch; Daten: Statistisches Bundesamt; Anm.: DL = Dienstleistungen

LEHRE UND STUDIUM32

5. Schlussfolgerungen

Analyse und empirischen Befundezeigen, dass digitale Spaltungen in dersich durchsetzenden deutschen Wis-sensgesellschaft eine spürbare Rollespielen. Dieser „digital divide“ wird sichmit der fortschreitenden Durchsetzungder Wissensökonomie keineswegsautomatisch verringern. Im Gegenteilist zu befürchten, dass die digitalenGräben größer werden und sich als im-mer größere Quelle von gesellschaft-lichen Spannungen und wirtschaftli-chen Hemmnissen für mehr Beschäfti-gung und Wirtschaftswachstum aus-wachsen. Deshalb kann der Politikdiese Entwicklung nicht gleichgültigsein, staatliche Maßnahmen zum Ab-bau der Wurzeln digitaler Spaltungensind dringend erforderlich (vgl. hierzuausführlich: Welsch 2002). �

Literatur

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33LEHRE UND STUDIUM

Selbstlernkompetenz – Eine Studienvoraussetzung

PETRA BAUER

1. Einführung

Lernen kann man lernen. Lernen ist einbewusster oder nicht bewusster Vor-gang. Manchmal lernen wir beiläufig,manchmal gezielt. Bei einigen Lernfel-dern fliegen uns die Inhalte zu, bei an-deren Lernfeldern tun wir uns schwer.Dieser Beitrag thematisiert die bewuss-te Auseinandersetzung von Lernendenmit Lerninhalten.

In betrieblichen Anforderungsprofilenfür Mitarbeiter wird häufig die Lernfä-higkeit sowie die Bereitschaft zum „le-benslangen Lernen“ betont. Im Stu-dium wird vermehrt die eigenständigeErarbeitung von Inhalten gefordert.Immer seltener sollen bereits von Leh-renden vorstrukturierte Inhalte gelerntund wiedergegeben werden. Es istsinnvoll sich vor dem „Loslernen“ Ge-danken zu machen, was Lernen eigent-lich ist und welche Aspekte dazuge-hören. Die Überlegung, wie bisher ge-lernt wurde, und wann Lernen erfolg-reich war, kann helfen eigene Lernstra-tegien zu entdecken und zu entwickeln.

ist als freie Trainerin in der Erwachsenenbildungtätig. Für die Fachhochschule Mainz hat FrauBauer bereits wiederholt Lehraufträge übernom-men. Derzeit promoviert sie an der JohannesGutenberg-Universität zum Thema E-Learning.

E-Mail: [email protected]

Diplom-Betriebswirtin, Diplom-Pädagogin Petra Bauer

Im folgenden Artikel werden Lernstra-tegien vorgestellt, die das selbstge-steuerte Lernen unterstützen und Mög-lichkeiten aufgezeigt, diese Strategienim Studium zu entwickeln.

2. Selbstlernkompetenz

Selbstlernkompetenz ist Teil der Per-sönlichkeitsentwicklung. Wissen übersich selbst begünstigt selbstgesteuer-tes Lernen. Kenntnisse der eigenenLernmuster und Lernverhaltensweisensowie individuell passender Lernstra-tegien sind dafür förderlich. Gemeintsind Lerntechniken, Lernmedien undLernwege sowie die Fähigkeit diese zunutzen. Zusätzlich hat die Selbstmana-gement-Kompetenz für Selbstlernereine wichtige Bedeutung. Hierunterwerden Ziel- und Motivationsklärung,planvolles Vorgehen und Zeitmanage-ment verstanden (vgl. Dietrich 2000,S. 5). Vor dem Hintergrund, dass Schü-ler häufig noch mit traditionellen Lern-formen (Frontalunterricht) und Lehrer-zentrierung konfrontiert werden, kannnicht davon ausgegangen werden,

dass ihnen als Studierende Strategienzur Verfügung stehen, um Lernprozes-se selbstgesteuert durchzuführen. Dasbedingt, dass diese Selbstlernkompe-tenzen gezielt entwickelt und gefördertwerden müssen. Bildungsberatung undLernbegleitung, die an Hochschulenim Idealfall auch von Lehrenden über-nommen werden sollten, haben einewichtige und unterstützende Funktion.

3. Lernstrategien

Die Lernstrategien, die bei der Gestal-tung des selbstgesteuerten Lernens alswichtig erachtet werden umfassen dreiBereiche (s. Abb.):•die kognitiven Lernstrategien,• die metakognitiven Lernstrategien

und•die Ressourcen des Lernens (vgl.

Wild/Wild 2002, S.5)

Die kognitiven Strategien dienen dazu,dass der Lernende einen Lernfortschrittdurch die individuell unterschiedlicheAuseinandersetzung mit den Lernin-halten erfährt. Sie beinhalten Lernakti-vitäten, die der unmittelbaren Informa-tionsaufnahme, der Informationsverar-beitung und der Speicherung dienen.Hierunter fallen die vier Bereiche Wie-derholung, Organisation, Elaborationund kritisches Prüfen. Für komplexeLernleistungen ist das Wiederholenund Üben eine wichtige Tätigkeit. DieOrganisationsstrategien beinhalten dieAktivitäten des Lerners, wenn er denLernstoff aufbereitet, strukturiert undfür sich verfügbar macht. Hierzu gehö-ren z.B. das bewusste Lesen von Tex-ten, das Herausschreiben und Zusam-menfassen von Inhalten, die Arbeit mitKarteikarten und die Darstellung mitHilfe von Mind-Maps. Für komplexe

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Organisation

Lernstrategien

Metakognitive Strategien RessourcenKognitive Strategien

Wiederholung

Elaboration

Kritisches Prüfen

Prüfung/Überwachung

Planung

Regulation derLernschritte

Zeitmanagement

Lernmotivation Arbeitsplatz/Lernplatz

ArbeitsmittelLernhelfer

SozialesLernumfeld

externintern

LEHRE UND STUDIUM34

Lernleistungen ist das Wiederholenund Üben eine wichtige Tätigkeit. Ela-borationsstrategien sind Lerntätigkei-ten, die das neu aufgenommene Wis-sen in bestehende Wissensstrukturendes Lernenden integrieren. Dies sindz.B. die Bildung von Analogien, dieHerstellung von Beziehungen zu an-deren Themengebieten und das Aus-denken von Beispielen und „Eselsbrü-cken“. In enger Beziehung zur Elabo-ration steht das kritische Prüfen. Dar-unter fällt die Prüfung auf Schlüssigkeitvon Argumentationen und Schlussfol-gerungen (vgl. Wild/Wild 2002, S. 5ff.;Höffer-Mehlmer 2004).Die metakognitiven Lernstrategien ge-währleisten die interne Erfolgskontrolleder Lernfortschritte und betreffen diePlanung von Lernschritten, die Prüfungund Überwachung des erreichten Lern-fortschritts sowie die selbstständigeRegulierung der Lernschritte. Hierbeiist es wichtig, dass der Lernende fürsich einen Lernplan oder ein „Lernma-nagementsystem“ entwickelt. Die bis-herigen Kontrollaufgaben, welche häu-fig von Lehrenden vorgenommen wur-den, muss im Selbstlernprozess derLernende selbst durchführen (vgl.Wild/Wild 2002, S. 9ff.).

Die Ressourcen des Lernens werdenin interne und externe differenziert.Den internen Ressourcen werden An-strengung, Aufmerksamkeit und Zeit-management zugeordnet. Die indivi-duellen Lernanstrengungen werdenvon inneren und äußeren motivationa-len Bedingungen geprägt. Bei der Auf-merksamkeit geht es um die Fähigkeit,Lernanstrengungen dauerhaft auf Zie-le hin auszurichten und eine Zeitpla-nung vorzunehmen (Wild/Wild 2002S. 12). Die Frage nach dem Sinn desLernens (warum? für was? oder fürwen?) sollte gestellt und auch beant-wortet werden. Wenn über einen län-geren Zeitraum hinweg Energien in ei-nen Lernprozess fließen sollen, wasbei einem Studium der Fall ist, dann istdiese Zielvorstellung sehr wichtig. DieBewusstheit über die Lernmotivationerleichtert es, schwierigere Phasen imLernprozess, so genannte „Durststre-cken“ zu bewältigen. Die externen Res-sourcen betreffen die Gestaltung derLernumgebung und des Arbeitsplat-zes, die Nutzung zusätzlicher Informa-tionsquellen und Arbeitsmittel sowiedas soziale Lernfeld und den Aus-tausch mit anderen Lernenden (Wild/Wild 2002, S.12ff.). Letztere, die Zu-

sammenarbeit und der Austausch mitanderen Lernenden, können den Stu-dienverlauf fördern und unterstützen,was sich positiv auf die Lernmotivationauswirken kann. Zusätzlich dient die-ser Austausch der Entwicklung weite-rer Kernkompetenzen, wie Team- undKommunikationsfähigkeit, welche fürdas Berufsleben und das soziale Mit-einander wichtig sind. Für ein erfolg-reiches Lernen ist das Zusammenwir-ken der verschiedenen Lernstrategiensowie die Nutzung der Ressourcenwichtig (vgl. Höffer-Mehlmer 2004).

4. Bedeutung für das Lernen an Hochschulen

An Hochschulen gibt es zwei Lernpart-ner, die Lehrenden und die Studieren-den. Studierenden sollte schon zu Be-ginn des Studiums klar werden, dasses neben einer Fülle von Fachwissenauch Methodenwissen zu erwerbengilt. Dies wird damit begründet, dassein Teil des zu erwerbenden Fachwis-sens in relativ kurzer Zeit überholt seinwird und aktualisiert werden muss. Zu-sätzlich werden während der Berufs-tätigkeit Kenntnisse und Fähigkeitenhinzukommen, die im Studium nochnicht erworben werden konnten, teil-weise noch nicht einmal existierten.

Demnach ist die Fähigkeit, selbstge-steuert und selbstorganisiert zu lernen,eine wichtige Kompetenz, die Hoch-schulabsolventen auszeichnet. Das be-deutet sich selbst in Themengebieteeinzuarbeiten, diese zu strukturierenund für sich zugänglich zu machen.Diese Techniken, welche die aufge-führten Lernstrategien betreffen, kön-nen in Seminaren zu Lerntechnikenerworben und reflektiert werden.

Abb.: Lernstrategien

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35LEHRE UND STUDIUM

Folgende Fragestellungen können inSeminaren und Veranstaltungen bear-beitet werden:

•Wo bekommen Studierende Informationen zu den verschiedenenThemengebieten?

•Wie geht man mit Informations-medien (Bücher, Internet etc.) um?

•Wie werden Themenstellungeneingegrenzt?

•Mit welchen Methoden könnenkomplexe Inhalte strukturiert, zusammengefasst und visualisiertwerden?

•Wie funktioniert wissenschaftlichesSchreiben? Welche Aspekte (Inhal-te, Gliederung, Zitate etc.) sind zubeachten?

•Was sind kreative Schreibtechnikenund wie können diese eingesetztwerden?

•Wie funktionieren Lerngruppen?Was gibt es hinsichtlich derArbeitsteilung, Gruppenstruktur,möglichen Konflikten und Lösungs-möglichkeiten zu beachten?

• Wie kann man sich gut auf Prüfungenvorbereiten?

•Wie kann man mit Prüfungsangstumgehen?

Studierende, die in der Studienzeit ne-ben dem Fachwissen auch Methoden-und soziale Kompetenzen trainieren,werden in der späteren Berufstätigkeitbesser zurecht kommen. Zielsetzungvon Hochschulen ist neben der funk-tionalen und fachlichen Qualifizierungauch die Persönlichkeitsentwicklungder Studierenden. Die Selbstlernkom-petenz gehört dazu. �

Zusätzlich werden Selbsterfahrungs-gruppen, Rhetorikkurse und Seminarezu Präsentationstechniken, Arbeits-und Zeitmanagement angeboten, diediese Selbstlernkompetenz unterstüt-zen. Selten kommt man im Leben sokostengünstig an Methodentrainingswie während der Studienzeit. Die In-halte sind zum Teil identisch mit denfür Berufstätige angebotenen Seminarezu Arbeitstechniken, Stressbewältigungund Zeitmanagement etc.

Nicht zu vernachlässigen ist beim Er-werb methodischer und sozialer Kom-petenzen, dass diese sich auch überdie eigene Reflexion entwickeln, indemman seine Arbeitsweisen überdenkt,Prozesse verändert und verschiedeneLern- und Arbeitswege ausprobiert.Hierbei können z. B. folgende Frage-stellungen hilfreich sein:

•Zu welchen Themen habe ich bereits selbstgesteuert gelernt?

•Was ist mir dabei gut gelungen,was weniger gut? Woran lag das?

•Wen kann ich bei auftretendenProblemen fragen?

•Was hindert mich beim Lernen,was ist förderlich?

Die Lehrenden der Hochschule kön-nen die Studierenden unterstützen, in-dem nicht nur Fachinhalte, sondernauch wissenschaftliche Arbeitstechni-ken und Lernmethoden thematisiertwerden.

Literatur

Dietrich, S. (2000): Vorwort inSchloos, U., Der Kreislauf des Er-folgs. Materialien zum Selbstmana-gement für Lernende, Frankfurt,www.die-frankfurt.de/segel/lernen/definition.htm vom 9.5.2000.

Höffer-Mehlmer, M. (2004):Prinzipien subjektiver Didaktik, in:Grundlagen der Weiterbildung,Praxishilfen, Nr. 6.40.50, o. O.

Wild, K.-P. (2000): Lernstrategienim Studium, Münster.

Wild, E., Wild, K.-P. (2002):Jeder lernt auf seine Weise … Indi-viduelle Lernstrategien und Hoch-schullehre, in: Berendt, B., Voss,H.-P., Wild, J. (Hrsg.) (2002): NeuesHandbuch Hochschullehre; Lehrenund Lernen effizient gestalten, A 2.1, Berlin.

Eine interessante Internetadresse zumThema Lernen, Lerntechniken, wis-senschaftliches Schreiben, Präsen-tation, Moderation u. ä. ist: http://arbeitsblätter.stangl-taller.at/

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LEHRE UND STUDIUM36

1. Einleitung

Die Frage nach einer internationalenRechnungslegung lässt sich einfachbeantworten:

In einer globalisierten Welt sind globali-sierte Standards erforderlich. WennGüter, Kapital und Menschen grenz-überschreitend beweglich sein sollen,dann ist es ein großes Hindernis, wennjedes Land noch seinen eigenen Rech-nungslegungsvorschriften folgt. DerKeim einer Vereinheitlichung wurdemit dem Vertrag von Maastricht, der ab1993 den einheitlichen europäischenWirtschaftsraum begründete, gelegtund ist nunmehr auch auf das Gebietdes Rechnungswesens übergesprun-gen.

Der deutsche Gesetzgeber musste die-ser Entwicklung folgen und musste dieEU-Verordnung „betreffend die An-wendung internationaler Rechnungs-legungsstandards“ vom 19.07.2002,die die zwingende Anwendung derIAS/IFRS für kapitalmarktorientierteUnternehmen im Konzernabschluss abdem Jahr 2005 bzw. 2007 vorsieht, um-setzen.

2. Stand der Umsetzung in Deutschland

Mit dem nunmehr beschlossenen Bi-lanzrechtsreformgesetz (BilReG) wer-den die Mitgliedstaaten-Wahlrechtezur Einführung der internationalenRechnungslegung, die die IAS-Veror-dnung der EU vorsieht, umgesetzt.Diese Mitgliedstaaten-Wahlrechte be-treffen insbesondere die Anwendbar-keit der IAS/IFRS für den Konzernab-schluss von nicht-kapitalmarktorien-tierten Gesellschaften und die Anwen-dung der IAS/IFRS im Einzelabschluss.Für kapitalmarktorientierte Unterneh-men besteht nach der Vorschrift des§ 315a HGB eine Pflicht zur Anwen-dung der IAS/IFRS im Konzernab-schluss.

• Für den Konzernabschluss von nicht-kapitalmarktorientierten Unterneh-men sieht § 315a Abs. 3 HGB vor,dass diese Unternehmen ihren Kon-zernabschluss nach IAS/IFRS auf-stellen dürfen. Den davon betroffe-nen vorwiegend familienorientiertenKonzernen soll dadurch eine größt-mögliche Flexibilität gewährt unddiesen die Möglichkeit gegeben wer-den, ihren Geschäftspartnern einenAbschluss nach internationalen Stan-dards zu präsentieren. Die zusätzli-

IAS/IFRS im MittelstandJÖRG HAMMEN

ist Partner in der Kanzlei Prof. Dr. Schmorleiz &Partner. Er ist dort als Steuerberater, Wirtschafts-prüfer sowie Certified Public Accountant tätig.An der Fachhochschule Mainz hat er einen Lehr-auftrag für Externes Rechnungswesen.

E-Mail: [email protected]

Diplom-Betriebswirt (FH)Jörg Hammen

che Aufstellung eines Konzernab-schlusses nach HGB würde dannentfallen.

•Bezüglich der Ausübung diesesWahlrechtes für den Einzelabschlussist die Bundesregierung sehr restrik-tiv vorgegangen. Sie beschränkt dieAnwendung der IAS/IFRS beim Ein-zelabschluss auf rein informatorischeZwecke. Für alle übrigen Zweckedes Einzelabschlusses wird am tradi-tionellen HGB-Abschluss festgehal-ten. Das bedeutet, dass insbesonde-re mittelständische Unternehmen,die sich für die Aufstellung eines Jah-resabschlusses nach IAS/IFRS ent-scheiden, immer in Betracht ziehenmüssten, zusätzlich noch einenHGB-Abschluss als Ausschüttungs-bemessungsgrundlage und Steuer-bemessungsgrundlage aufstellen zumüssen. Lediglich für Zwecke derOffenlegung wurde durch die Ein-führung des § 325 Abs. 2a, 2b HGBdie Möglichkeit geschaffen, denIAS/IFRS-Abschluss statt des HGB-Abschlusses offen zu legen.

3. Darstellung wesentlicher Standards im Hinblick auf den Mittelstand

3.1 Immaterielle Vermögenswerte (IAS 38)

Dieser Standard betrifft explizit:•Werbung und öffentliche Meinung,•Training,•Start-up (d.h. Kosten der

Gründung und Ingangsetzung)sowie

•Forschung und Entwicklung.

Der Standard definiert einen immate-riellen Vermögenswert als identifizier-baren, nicht monetären Vermögens-wert ohne physische Substanz, der für

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die Herstellung von Erzeugnissen oderErbringung von Dienstleistungen, dieVermietung an Dritte oder Zwecke dereigenen Verwaltung genutzt wird.

Ausgaben für immaterielle Vermögens-werte sind dann – und nur dann – zuaktivieren, wenn bestimmte Kriterienerfüllt sind:•Identifizierbarkeit

(bilanzielle Greifbarkeit),•Verfügungsmacht über

den Gegenstand,•Wahrscheinlichkeit, dass ein dem

Gegenstand zuordenbarer wirt-schaftlicher Nutzen dem Unter-nehmen zufließen wird und

•zuverlässig ermittelbare Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten.

Diese Kriterien, die im Gegensatz zu§ 248 Abs. 2 HGB keinen Erwerb vonimmateriellen Vermögensgegenstän-den des Anlagevermögens vorausset-zen, eröffnen dem Unternehmen dieBilanzierung selbst geschaffener Ver-mögenswerte. Interessant ist dabei ins-besondere der Bereich der Aufwendun-gen für Forschung und Entwicklung.Grundsätzlich wird dabei zwischen derForschungs- und der Entwicklungspha-se eines immateriellen Vermögenswer-tes unterschieden, wobei Forschungs-kosten stets als Periodenaufwand zuerfassen sind, während Entwicklungs-kosten unter bestimmten Vorausset-zungen zu aktivieren sind. Forschungwird definiert als die planmäßige Suchenach neuen Erkenntnissen, währendEntwicklung definiert wird als die Su-che nach neuen Anwendungsmöglich-keiten für bestehende Erkenntnisse.Diese Regelung ist auf der einen Seitewesentlich zeitgemäßer als die Vor-schrift des § 248 Abs. 2 HGB, birgt je-doch auf der anderen Seite auch dieGefahr der Aktivierung von „heißerLuft“, was dann zu einer Verzerrungdes Bilanzbildes führen könnte. Rela-tiviert wird dies aber durch die not-wendigen Zusatzangaben im Anhang,

so dass ein potenzieller Bilanzleserdurchaus in die Lage versetzt wird, sichselbst ein Bild über die Werthaltigkeitdes Vermögenswertes zu machen.

Der erstmalige Ansatz eines immate-riellen Vermögenswertes erfolgt mitseinen Anschaffungs- oder Herstel-lungskosten. Da immaterielle Vermö-genswerte grundsätzlich abnutzbarsind, hat eine planmäßige Abschrei-bung in den Folgejahren verteilt aufden Zeitraum der Nutzung zu erfol-gen. Hier besteht die – allerdings wi-derlegbare – Vermutung, einer Nut-zungsdauer von höchstens zwanzigJahren. Die Nutzungsdauer und dieAbschreibungsmethode werden amEnde jedes Geschäftsjahres zur Über-prüfung gegebenenfalls zu ändern sein.

Weiter sind immaterielle Vermögens-werte einem Niederstwert-Test zu un-terziehen und bei Vorliegen einesWertverlustes ist eine außerplanmäßi-ge Abschreibung durchzuführen.

3.2 Sachanlagen (IAS 16)

Sachanlagen sind als Vermögenswertezu aktivieren, wenn es wahrscheinlichist, dass ein mit ihnen verbundenerkünftiger wirtschaftlicher Nutzen demUnternehmen zufließen wird und ihreAnschaffungs- oder Herstellungskos-ten verlässlich ermittelt werden kön-nen. Die Sachanlagen umfassen wie imHGB bspw. unbebaute Grundstücke,Grundstücke und Gebäude, Maschi-nen, Schiffe, Flugzeuge, Kraftfahrzeu-ge, Betriebsausstattungen sowie Ge-schäftsausstattungen. Der Nichtansatzvon Vermögenswerten des Sachanla-gevermögens mit Anschaffungs- oderHerstellungskosten bis 60,00 €, so ge-nannte geringstwertige Vermögens-werte, ist nicht explizit in den IAS/IFRS vorgesehen.

Gestützt auf den Grundsatz der We-sentlichkeit ist der Nichtansatz als un-problematisch anzusehen. Gleiches gilt

auch für die Sofortabschreibung ge-ringwertiger Vermögenswerte des An-lagevermögens bis 410,00 € ohneMehrwertsteuer.

•Sachanlagen sind bei ihrer erstmali-gen Erfassung in der Bilanz mit ihrenAnschaffungs- oder Herstellungskos-ten anzusetzen. Die Anschaffungs-kosten-Definition nach IAS 16 unter-scheidet sich nicht wesentlich vonden Regelungen des § 255 Abs. 1HGB.

Hinzuweisen ist jedoch auf die Mög-lichkeit der Einbeziehung von Fremd-kapitalzinsen in die Anschaffungskos-ten (IAS 23), sofern sich die Anschaf-fung eines Vermögensgegenstandes(z. B. Spezialanfertigung) über einenlängeren Zeitraum erstreckt und diewährend dieses Zeitraumes anfallen-den Fremdkapitalzinsen dem Anschaf-fungsvorgang direkt zurechenbar sind.Diese Fremdkapitalzinsen können ent-weder sofort als Aufwand verrechnetwerden (Benchmark-Methode) oderaktiviert werden (alternativ zulässigeBehandlung).

•Im Rahmen der Folgebewertung vonSachanlagen kann zwischen der An-schaffungskosten-Methode und derNeubewertungs-Methode gewähltwerden.

Bei der Anschaffungskosten-Methodesind abnutzbare Sachanlagen über de-ren voraussichtliche Nutzungsdauerplanmäßig abzuschreiben. Ihre Bewer-tung erfolgt, wie im HGB, zu den fort-geführten Anschaffungs- oder Her-stellungskosten. Rein steuerrechtlichmotivierte Abschreibungen sind nachIAS/IFRS unzulässig. Auch die Nut-zungsdauer ist losgelöst von steuer-rechtlich motivierten Nutzungsdauernzu schätzen. Gegebenenfalls sind außer-planmäßige Abschreibungen, unab-hängig von der Dauer der Wertminde-rung, auf den niedrigeren erzielbarenBetrag erforderlich. Sofern die Gründe,

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die zu einer außerplanmäßigen Ab-schreibung geführt haben, später wie-der entfallen, ist zwingend eine Zu-schreibung vorzunehmen. Obergrenzedieser ergebniswirksamen Zuschrei-bungen sind die fortgeführten An-schaffungs- oder Herstellungskosten.

Bei Anwendung der Neubewertungs-Methode ist auch eine Neubewertungder Sachanlagen zum beizulegendenZeitwert im Zeitpunkt der Neubewer-tung zulässig. Dieser wird dann in denFolgeperioden um anfallende Abschrei-bung und Abwertungsverluste sowieZuschreibungen korrigiert. Allerdingsist darauf hinzuweisen, dass, falls eineSachanlage neu bewertet wird, dieganze Gruppe der Sachanlagen, zu derder Vermögenswert gehört, neu zubewerten ist. Im Rahmen dieser Be-wertungsmethode können sich, wiebereits aufgezeigt, auch Wertansätzeoberhalb der historischen Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten erge-ben, was mit dem HGB gänzlich un-vereinbar ist.

In der Praxis kann die Neubewertungvon unbebauten oder bebauten Grund-stücken eine bedeutende Rolle spie-len. Insbesondere, wenn dieses Grund-vermögen erhebliche stille Reservenbeinhaltet. Diese können ohne steuer-liche Konsequenzen durch die Neube-wertungs-Methode in der Bilanz sicht-bar gemacht werden; allerdings mussdie Neubewertung erfolgsneutral übereine so genannte Neubewertungsrück-lage erfolgen, wobei dadurch die Eigen-kapitalquote verbessert wird.

3.3 Langfristige Auftragsfertigung (IAS 11)

Gegenstand des IAS 11 ist die Bilanzie-rung von Fertigungsaufträgen beimAuftragnehmer. Fertigungsaufträge sinddadurch charakterisiert, dass der Be-ginn der Auftragstätigkeit und die Fer-tigstellung des Auftrages in verschie-

dene Berichtsperioden fallen. Dadurchergibt sich das Problem der perioden-gerechten Zuordnung von Aufwen-dungen und Erträgen und insbeson-dere des damit verbundenen Umsatz-und Erfolgsausweises.

Nach HGB tritt eine Umsatz- und Ge-winnrealisierung erst in der Periode derkompletten Fertigstellung und Abnah-me ein. Zwar werden in den Periodender Herstellung die Herstellungskos-ten des unfertigen Vermögensgegen-standes aktiviert; sofern aber bereitsnicht aktivierungsfähige Aufwendun-gen, wie bspw. Vertriebskosten, ange-fallen sind, kann es in den Periodender Herstellung sogar zu Verlustaus-weisen kommen, obwohl aus dem Fer-tigungsauftrag insgesamt ein nicht un-erheblicher Gewinn erwirtschaftet wer-den kann.

Derartige Verzerrungen im Erfolgs-ausweis sollen nach IAS 11 vermiedenwerden. Umsätze und Gewinne ausFertigungsaufträgen sind in der Regelnicht erst zum Zeitpunkt der vollstän-digen Auftragserfüllung (= Lieferungbzw. Abnahme des Gesamtwerkes)sondern fortlaufend nach Maßgabedes Auftragsfortschritts zu realisieren.Sofern das Ergebnis eines Fertigungs-auftrages verlässlich geschätzt werdenkann, sind die Auftragserlöse und dieAuftragskosten entsprechend demLeistungsfortschritt am Bilanzstichtagjeweils als Erträge und Aufwendungenzu erfassen.

IAS 11 darf nur angewendet werden,wenn das Ergebnis eines Fertigungs-auftrages verlässlich geschätzt werdenkann. Für den in der Praxis häufig auf-tretenden Fall eines Festpreisvertrageskann immer dann von einer verläss-lichen Schätzung ausgegangen wer-den, wenn nachfolgend aufgeführteKriterien kumulativ sind:•die gesamten Auftragserlöse müssen

verlässlich geschätzt werden;

•dem Unternehmen aus dem Ertragein wirtschaftlicher Nutzen wahr-scheinlich zufließen wird;

•zum Abschlussstichtag können diebis zur Fertigstellung des Auftragesnoch anfallenden Ausgaben und derGrad der Fertigstellung verlässlichermittelt werden und

•die Auftragsausgaben müssen ein-deutig bestimmt und verlässlich er-mittelbar sein, um die bislang ent-standenen Kosten mit früherenSchätzungen vergleichen zu können.

Ausgehend von den Anforderungen,die an einen Festpreisvertrag gestelltwerden, müssen demnach die drei Pa-rameter „Auftragserlöse“, „Auftrags-kosten“ und „Fertigstellungsgrad“ ei-nes Fertigungsauftrages geschätzt wer-den können. Das Kriterium des wahr-scheinlichen Nutzenzuflusses wird im-mer dann erfüllt sein, solange die Boni-tät des Auftraggebers gewährleistet ist.

Bei der Ermittlung des Fertigstellungs-grades hat ein Unternehmen die Me-thode zu wählen, mit der die erbrachteLeistung verlässlich ermittelt werdenkann. Dabei kann es sich sowohl umInput-Verfahren als auch um Output-Verfahren handelt. Das internationalgebräuchlichste Input-Verfahren ist diesogenannte Cost-to-Cost-Methode.Danach werden die bis zum Abschluss-stichtag angefallenen Auftragskostenin das Verhältnis zu den gesamten ge-schätzten Auftragskosten gesetzt. We-sentliches Kriterium dieser Methodeist demnach der kostenmäßige FaktorInput (= Geld). Die output-orientiertenVerfahren ermitteln den Auftragsfort-schritt im Verhältnis der erreichten Leis-tung zur Gesamtleistung, wie es bspw.bei der Physical-Observation-Methodeder Fall ist. Für die Bestimmung desFertigungsstellungsgrades ist hier dermengenmäßige Faktor Output, wiez.B. erstellte Straßenkilometer, umbau-ter Raum oder bebaute Fläche, maß-geblich.

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Kann das Ergebnis eines Fertigungs-auftrages nicht verlässlich geschätztwerden, darf das Unternehmen die Er-löse nur in Höhe der angefallenen Auf-tragskosten ansetzen, die wahrschein-lich einbringbar sind. Die Auftragskos-ten sind als Aufwand der Periode zuerfassen. Somit kommt es nicht zu ei-nem Gewinnausweis.

Ist aus einem Fertigungsauftrag wahr-scheinlich ein Verlust zu erwarten (Auf-tragskosten > Auftragserlöse), dann istdieser sofort als Aufwand der Periodezu buchen. Somit hat das Unterneh-men den Verlust zu antizipieren. EinePeriodisierung der Verluste über dieFertigungsdauer findet nicht statt.

3.4 Leasingverhältnisse (IAS 17)

Leasing ist ein Geschäft, das Elementeeines Ratenkaufs und einer Miete ent-hält. Das Finanzierungsleasing ent-spricht im Grunde dem Ratenkauf. DerKäufer, der Leasingnehmer, erwirbtdas wirtschaftliche Eigentum am Ver-mögenswert. Die Zahlung erfolgt abererst nach dem Verschaffen der Verfü-gungsmacht; deswegen trifft ein Ver-gleich mit einem Kreditkauf, bei demauch das rechtliche Eigentum übertra-gen wird, zu. Beim operativen Leasing,das eher der Miete entspricht, bleibtder Leasinggegenstand hingegen imwirtschaftlichen Eigentum des Leasing-gebers.

Das praktische Problem ist nun, dassin der Regel Leasingverträge Elementebeider Vertragsformen enthalten. Des-halb muss der Bilanzierende im Einzel-fall entscheiden, welche Leasingformgegeben ist und damit, welche Bilan-zierung zu erfolgen hat. Dies regelt IAS17. Es ist somit die Frage des Über-gangs des wirtschaftlichen Eigentumsentscheidend. IAS 17 liefert hierfür ver-schiedene Indikatoren, wobei für dieAnnahme eines Finanzierungsleasingsausreichend ist, wenn nur einer zutrifft:

•vorher vereinbarter Eigentumsübergang,

•eine für den Leasingnehmer vorteilhafte Kaufoption,

•eine im Vergleich zur Nutzungs-dauer lange Grundmietzeit,

•ein im Vergleich zum Marktwert desLeasinggegenstandes niedrigererBarwert der vom Leasingnehmer zu leistenden Leasingzahlungenoder

•die auf den Leasingnehmer zugeschnittene Beschaffenheit des Leasinggegenstandes(Spezialleasing).

(a) Bilanzierung des Finanzierungs-leasings, beim Leasingnehmer• Der Leasingnehmer hat als wirt-

schaftlicher Eigentümer des Leasing-gegenstandes diesen zu Beginn desLeasingverhältnisses in seiner Bilanzin Höhe des Minimums aus Zeitwertdes Leasingobjektes und Barwert derMindestleasingzahlungen zuzüglichder anfänglichen, dem Leasingver-hältnis direkt zurechenbaren Ausga-ben zu aktivieren. Der Diskontie-rungssatz entspricht dabei dem in-ternen Zinsfuß des Leasinggebersoder, da dieser in der Regel nicht be-kannt ist, dem Zinssatz für eine ver-gleichbare Finanzierungsform desLeasingnehmers. Darüber hinaus istin gleicher Höhe eine Verbindlich-keit für künftige Leasingzahlungenauf der Passivseite der Bilanz auszu-weisen.

•Im Rahmen der Folgebewertung hatder Leasingnehmer das Leasingob-jekt unter Beachtung der entspre-chenden normierten Grundsätzeplanmäßig über seine Nutzungsdaueroder bei einem nicht gesicherten Ei-gentumsübergang am Ende des Lea-singverhältnisses, über das Minimumaus Vertragslaufzeit und Nutzungs-dauer abzuschreiben. Des Weiterenist das Leasingobjekt jährlich auf sei-

ne Werthaltigkeit hin zu überprüfenund gegebenenfalls eine außerplan-mäßige Abschreibung vorzunehmen.

•Darüber hinaus sind die in denLeasingzahlungen enthaltenen Fi-nanzierungsaufwendungen, die sichaus der Differenz zwischen demjährlich zu ermittelnden Barwert derMindestleasingzahlungen bzw. dembeizulegenden Wert des Leasingob-jektes zuzüglich der direkt zurechen-baren Ausgaben und der anfänglichpassivierten Verbindlichkeit erge-ben, über die Vertragslaufzeit auf-wandswirksam auszuweisen, so dasssich eine konstante Verzinsung dernoch ausstehenden Verbindlichkeitergibt.

Für die auf diese Weise zu erfolgendeSplittung der Leasingraten in einen er-folgsneutralen zu behandelnden Til-gungs- und erfolgswirksam zu behan-delnden Zinsanteil können vereinfach-te Verfahren, wie die Zinsstaffelmetho-de, angewandt werden.

(b) Bilanzierung des operativenLeasings beim Leasingnehmer

Im Gegensatz zum Finanzierungslea-sing bleibt beim operativen Leasing-verhältnis der Leasinggeber wirtschaft-licher Eigentümer des Leasingobjektes.Die bilanzielle Behandlung des opera-tiven Leasings ist daher mit der einesMietverhältnisses vergleichbar. DerLeasingnehmer hat in seinem Jahres-abschluss lediglich die Leasingzahlun-gen aufwandswirksam zu erfassen.

Im Vergleich zum HGB, das keine ei-genen Vorschriften für die Abbildungvon Leasingverhältnissen kennt, son-dern sich am steuerlichen Leasinger-lass orientiert, kommt es nach IAS/IFRS sehr viel häufiger zu Finanzie-rungsleasingverhältnissen, die entspre-chend in der Bilanz des Leasingneh-mers abzubilden sind.

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LEHRE UND STUDIUM40

4. Motive für eine Anwendungder IAS/IFRS im Mittelstand

Die Motive für eine Umstellung derRechnungslegung von HGB auf IAS/IFRS sind vielfältig und sollen an dieserStelle nur kurz skizziert werden. Dabeiwird zurückgegriffen auf eine Befra-gung mittelständischer Unternehmen(vgl. Köhler, A. G. et al. 2003, S. 2615ff.).

•Stärkung der Position gegenüberBanken (Basel II) durch eine erhöhteTransparenz des Jahresabschlusses

•Zumindest kurzfristig höherer Eigen-kapitalausweis durch die teilweiseeingeräumte Möglichkeit des Ansat-zes von Zeitwerten in der Bilanz

•Zumindest kurzfristig höherer Gewinnausweis, z.B. im Rahmender langfristigen Auftragsfertigung

•Erhöhung der Attraktivität bei Merger and Acquisition

•Senkung der Integrationskosten beiMerger and Acquisition-Aktivitäten

•Erhöhung der Attraktivität für poten-zielle Investoren; insbesondere imBereich des Private Equity

•Effizientere Gestaltung interner Prozesse

•Signalisierung von Flexibilität und Innovationsbereitschaft

•Signalfunktion gegenüber Aufsichtsrat

•Bessere Steuerung durch erhöhte Transparenz

•Vereinheitlichung des Reportingsbei ausländischen Töchtern

Trotz dieser Motive darf nicht ver-kannt werden, dass eine Umstellungvon HGB auf IAS/IFRS zu einer erheb-lichen Mehrbelastung der Mitarbeitersowie zu erheblichen Mehrkosten füh-ren wird. Dennoch könnte je nach Mo-tiv eine Umstellung für ein Unterneh-men unausweichlich sein. Dennochempfiehlt es sich, mit Bedacht vorzu-gehen. Als erste Weichenstellung inRichtung IAS/IFRS bietet sich einenAnalyse der Jahresabschlüsse im Hin-blick auf potenzielle Bilanzierungs- undBewertungsunterschiede an. Ein wei-terer Schritt könnte sein, das Finanz-und Rechnungswesen daraufhin zubeurteilen, ob und in welchem Um-fang die zusätzliche Bewertungsebe-ne eingerichtet werden kann.

5. Ausblick

Vor dem Hintergrund der Komplexitätder Umstellung der Rechnungslegungvon HGB auf IAS/IFRS und den damitverbundenen Mehrkosten scheuenviele mittelständische Unternehmenden Schritt in diese Richtung. Insbe-sondere weil ein Jahresabschluss nachIAS/IFRS nur dann als vollständig an-gesehen wird, wenn sämtliche Stan-dards erfüllt sind. Das für die Entwick-lung der Standards zuständige Inter-national Accounting Standard Boardhat diese Problematik erkannt und imJuli 2003 das Thema „IFRS für kleineund mittlere Unternehmen (KMU)“ inseine aktuelle Agenda aufgenommen.Im Juni 2004 wurde hierzu ein Diskus-sionspapier veröffentlicht und die in-teressierte Öffentlichkeit bis Ende Sep-tember 2004 zur Stellungnahme auf-gefordert. Bereits heute ist abzusehen,dass möglicherweise schon bis 2006vereinfachte Regelungen für den Mit-telstand erarbeitet und als Entwurf vor-gestellt werden dürften. Verabschie-dung und Wirksamwerden dürftendann noch einmal ein Jahr in Anspruchnehmen.

Vor dem Hintergrund der geplantenErleichterungen bei der Aufstellungeines Jahresabschlusses nach den Vor-schriften der IAS/IFRS kann mittelstän-dischen Unternehmen, die sich mitdem Gedanken einer Umstellung tra-gen, nur empfohlen werden, das Pro-jekt grundsätzlich noch aufzuschieben.Dennoch sollte die Zeit für eine Analy-se des Jahresabschlusses im Hinblickauf anzuwendende Standards genutztwerden, um bestimmte Bereiche, diewahrscheinlich auch nicht im Rahmender Erleichterungen wegfallen wer-den, bereits heute zu identifizieren undanalysieren. �

Literatur

Buchholz, R. (2004): Internationa-le Rechnungslegung, Berlin.

Köhler, A. G. et al. (2003): Praxis-befragung: Erfahrungen von Unter-nehmen bei der Umstellung derRechnungslegung von HGB aufIAS/IFRS oder US GAAP, in: Be-triebsberater, Heft, 49, S. 2615 -2621.

Leibfried, P., Weber, I., (2003):Bilanzierung nach IAS/IFRS, Wies-baden.

Lüdenbach, N., Hoffmann, W.-D.(2004): IAS/IFRS, Freiburg.

Tanski, J. S. (2005): InternationaleRechnungslegungsstandards,München.

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41UNTERNEHMENSPRAXIS

1. Einführung

Der Druck auf allen Hierarchieebenenwächst. Während krankheitsbedingteFehlzeiten im Durchschnitt abnehmen,steigen psychische Stressreaktionenund deren leistungsmindernde Folgenüberproportional an. Ängste und De-pressionen gehören heute zu den häu-figsten und am meisten Arbeitsunfä-higkeitstage beanspruchenden Erkran-kungen. Auch bei den Gründen füreine Frühberentung liegen psychischeStörungen im traurigen Spitzenfeld;fast ein Drittel aller Erwerbs- und Be-rufsunfähigkeiten ist auf psychischeStörungen zurückzuführen (vgl. Irle etal., 2001). Bevor jedoch eine derarti-ge Eskalation sichtbar wird, vergehenmehrere Jahre. In dieser Zeit sind dieBetroffenen in ihrer Produktivität ge-mindert und benötigen deutlich mehrKurz-Fehlzeiten als ihre weniger ge-stressten Kollegen.

Psychische Stress-Probleme gehörenmittlerweile in der Industrie zu denProduktivitätskillern mit den größtenWachstumsraten. In der Lösung die-ses Problems liegt eine zentrale Füh-rungs- und Personalaufgabe.

2. Probleme

2.1 Arbeitsunfähigkeit und Leistungsminderung durch psychischen Stress

Der BKK Bundesverband sieht die be-deutsamste Veränderung bei den Ur-sachen für Arbeitsunfähigkeit zwi-schen 1991 und 2002 im Anwachsender psychischen Erkrankungen. Psy-chische Störungen sind nicht nur häu-fig, sie gehören auch (nach Krebs) zuden am längsten dauernden Erkran-kungsfällen (vgl. BKK BV, 2003). De-pressive haben bis zu dreimal mehrKurzzeit-Arbeitsunfähigkeiten pro Mo-nat. Das ist die höchste Rate von Kurz-zeit-Arbeitsunfähigkeiten unter allenchronischen Erkrankungen (vgl. Kess-ler et al. 1999). Psychische Erkrankun-gen sind von daher die Ursache sowohlfür extrem lange als auch gehäuftekurze Arbeitsausfälle (vgl. DAK 2004).

Bei gleich bleibendem Krankenstandvon etwa 3,3 % verzeichnet die Techni-ker Krankenkasse jährliche Steigerungs-raten von drei bis sechs Prozent an Ar-beitsunfähigkeitstagen aufgrund psy-chischer Störungen (vgl. TK 2002).Hochgerechnet auf die Republik for-derten alleine Depressionen 18 Millio-

Stress- und Ressourcenmanagement als Führungs- und Personalaufgabe: Probleme, Ursachen, Lösungen

STEFAN LEIDIG

nen Krankheitstage in 2002, was einerSteigerung von 5,9 % gegenüber 2001entspricht. Die DAK errechnet für diefünf Jahre von 1997 bis 2001 einen um51 % gestiegenen Arbeitsausfall wegenpsychischer Erkrankungen.

Diese extremen Arbeitsunfähigkeits-zeiten sind darauf zurückzuführen,dass die Betroffenen in der Regel erstnach einigen Jahren kausal behandeltwerden. Vor dem Hintergrund dermittlerweile sehr guten psychothera-peutischen und medikamentösen Hei-lerfolge sind die Erkrankungen nurdeshalb so schlecht in den Griff zu be-kommen, weil sie viel zu spät diagnos-tiziert werden. Untersuchungen ausRehabilitationskliniken zeigen, dasspsychische Störungen über durch-schnittlich sieben Jahre nicht ange-messen oder überhaupt nicht behan-delt werden (vgl. Zielke et al. 2004).Psychische Stressreaktionen fordernschon während der Zeit, in der mannoch arbeiten geht, ihren Tribut. Bises zum auffälligen Zusammenbruchund in der Folge zu längeren Krank-heitsepisoden oder zur Berentungkommt, geht man von einer 20- bis 40-prozentigen Leistungsminderung beiMitarbeitenden mit psychischen Stö-rungen aus (vgl. Panse, Stegmann1998). Bei vielen Betroffenen ist unterdiesem Blickwinkel die berufliche Leis-tungsfähigkeit alleine deshalb gefähr-det, weil sie zu lange falsch behandeltwurden.

2.2 Präsentismus

Die durch die aufgeführten Daten nahegelegte Vermutung, dass psychischeStressreaktionen ein massiver Kosten-faktor sind, weil sie nicht genügend be-

ist Psychologischer Psychotherapeut, Supervi-sor und Coach; Lehraufträge an der JohannesGutenberg-Universität und der Fachhochschu-le Mainz; Leiter von emu-systeme, einem Bera-tungs-Netzwerk zur betrieblichen Gesund-heitsförderung.

E-Mail: [email protected]

Dr. Stefan Leidig

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UNTERNEHMENSPRAXIS42

achtet und damit „verschleppt“ wer-den, wird gegenwärtig unter dem Eti-kett „Präsentismus“ diskutiert (vgl.Hemp 2005). Damit ist der Produktivi-tätsverlust durch schlecht oder unge-nügend diagnostizierte, inkonsequentbehandelte Erkrankungen in Bezug aufdie berufliche Leistungsfähigkeit ge-meint. Da chronische psychosomati-sche Krankheiten wie Migräne, Rücken-schmerzen oder Depressionen zu mas-siven Produktivitätsminderungen füh-ren, kann man beträchtliche indirekteKrankheitskosten einsparen, wenn die-se Beeinträchtigungen rechtzeitig ernstgenommen, besser diagnostiziert unddann auch punktgenau behandelt wer-den.

2.3 Leistungsprobleme durch Stress

Ein weiterer, zentraler Faktor stressbe-zogener Fragestellungen ergibt sichaus ungünstigen betriebsklimatischenBedingungen. In Zeiten wirtschaftlicherProbleme nehmen Ängste um den Ar-beitsplatz zu und wirken sich auf dieZusammenarbeit aus. ÜbertriebeneKonkurrenz führt in diesem Zusam-menhang zu einer Entsolidarisierungund damit zu Leistungsproblemen. Wersich ängstigt oder ärgert und haupt-sächlich darauf bedacht ist, sich keineFehler nachweisen zu lassen, kann ei-nen großen Teil seiner Informations-verarbeitungskapazitäten nicht für sei-ne inhaltliche Arbeitsaufgabe nutzen.Die Folgen sind nicht nur für die Mit-arbeitenden, sondern auch für die be-triebliche Produktivität verheerend. DieKölner Ökonomen Panse und Steg-mann schätzen derzeit die Kosten derProduktivitätsminderungen aufgrundvon Ängsten im Zusammenhang mitberuflichem Stress auf 100 MilliardenEuro pro Jahr alleine in Deutschland(2004). Betriebe haben also einen drin-genden Handlungsbedarf vor Ort, so-fern psychische Probleme nicht zurLeistungsbremse werden sollen. Diepsychische Gesundheit von Mitarbei-tenden ist zu einer wesentlichen per-

sonalpolitisch relevanten Größe ge-worden – und vor dem Hintergrunddes demographischen Wandels zumWettbewerbsfaktor.

3. Ursachen

Psychisches Stresserleben und psy-chische Störungen haben multiple Be-dingungs- und Verursachungsfaktoren:Private Probleme (z.B. familiärer oderfinanzieller Art) und gesellschaftlicheVeränderungen (z. B. verringerte Ar-beitsmarktchancen oder finanzielle Ver-unsicherungen) kommen zu den er-höhten beruflichen Anforderungenhinzu. Diese Einflussfaktoren führendann zu gravierenden persönlichenProblemen, wenn den Betroffenennicht genügend Stressbewältigungs-fertigkeiten zur Verfügung stehen, kei-ne Hilfe im privaten Umfeld geleistetwird, oder wenn sie im Betrieb keineUnterstützung bekommen und das Be-triebsklima die Frage danach nicht zuerlauben scheint (vgl. Leidig 2003). Alseine der wichtigsten Ursachen psychi-scher Stressreaktionen wird „schlech-tes Führungsverhalten“ (im Sinne man-gelhafter Informationspolitik und unge-nügender Einbeziehung der Mitarbei-tenden) genannt (vgl. BKK BV 2003).

Betriebliche Stressfaktoren sind prin-zipiell unvermeidbar. Sie führen abererst dann zu Leistungsminderungen,wenn die psychische Gesundheit be-einträchtigt ist. Ein Industriebetriebkann weder psychomentale Belas-tungsfaktoren abschaffen noch persön-liche psychische Probleme seiner Mit-arbeitenden verhindern. Aber er be-kommt trotzdem die Rechnung. Dennwenn Mitarbeitende Stressproblemehaben, wirkt sich das vor allem auf dieberufliche Leistungsfähigkeit negativaus. Die Produktivität bei der Arbeitleidet zuerst, und zwar unabhängig vonder Stress-Ursache (vgl. Bürger 1997).

Von daher sollten alle (Mitarbeitendeund Führungskräfte) in der Lage sein,möglichst effizient die alltäglich anfal-

lenden Stressoren zu bewältigen: GuteStressbewältigungskompetenzen sinddie wichtigsten Determinanten psy-chischer Gesundheit und verbessernnachweislich die Leistungsfähigkeit(vgl. Sonnentag 2002). Gesund seinheißt handlungsfähig sein.

4. Lösungen

4.1 Gesundheitsförderung aus Sicht der Unternehmen

Aus Sicht des Topmanagements ist dieGesundheit eines Unternehmens pri-mär mit wirtschaftlicher Gesundheit as-soziiert. Von daher ist die Wirtschaft-lichkeit des Unternehmens die Basisfür Investitionen in die betrieblicheGesundheitsförderung. Der Umkehr-schluss, wonach gesunde Mitarbeiten-de zu einem wirtschaftlich gesundenUnternehmen entscheidend beitragen,wurde in einer Befragung von 40 deut-schen und skandinavischen Führungs-kräften der obersten Leitung nicht ge-zogen (vgl. Schulte & Bamberg 2002).Es besteht aber ein Bewusstsein dafür,dass aktuell die psychosoziale Gesund-heitssituation noch eher als die physi-sche verbesserungswürdig ist. Diediesbezügliche Schlüsselfunktion in Be-zug auf Gestaltung des Betriebsklimasund Eindämmung von Arbeitsunfähig-keitszeiten wird einhellig im individu-ellen Führungsverhalten gesehen.

Der Aufbau spezifischer Bewältigungs-kompetenzen auch auf Mitarbeiter-ebene steht nicht im Fokus der Auf-merksamkeit. Den befragten Topma-nagern war nicht präsent, dass es beipsychischem Stress hoch effizient ist,über spezifische verhaltensbezogeneMaßnahmen die Arbeits- und Leis-tungsfähigkeit der Mitarbeitenden vorOrt zu sichern. Hier bestehen nochgroße Informationslücken in Bezugauf die Größenordnung des Schadensdurch psychischen Stress und der re-lativen Kostengünstigkeit verhaltens-bezogener Maßnahmen der Gesund-heitsförderung.

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43UNTERNEHMENSPRAXIS

4.2 Führung, Arbeitszufrieden-heit und Leistungsfähigkeit

Einflüsse des Führungsverhaltens aufdie Arbeitszufriedenheit können zu-verlässig nachgewiesen werden. Überdie Höhe dieses Einflusses bestehtallerdings keine wissenschaftliche Ei-nigkeit (vgl. Nieder 2000). Denn nichtnur die Führungskräfte haben Einflussauf die Arbeitszufriedenheit in ihrerAbteilung. Vorübergehende Launenund individuelle Persönlichkeitseigen-schaften der befragten Mitarbeitendensind ebenfalls in hohem Maße für dieaktuelle Arbeitszufriedenheit verant-wortlich (vgl. Wegge 2004).

Unabhängig davon, wie groß der Ein-fluss von Führungsverhalten auf dieArbeitszufriedenheit auch ist: Es wur-de bisher noch nicht nachgewiesen,dass Führungskräfte mittels der Ver-besserung der Arbeitszufriedenheitauch einen positiven Einfluss auf diepsychische Gesundheit der Mitarbei-tenden haben und dadurch die Leis-tungsfähigkeit sichern können. Diegenauen Zusammenhänge zwischenArbeitszufriedenheit, Gesundheit undLeistung sind noch nicht hinreichendgeklärt (vgl. Wegge 2004). Da Füh-rungskräfte aber für die Leistung ihrerMitarbeitenden verantwortlich sind,besteht zumindest mittelbar auch eineVerantwortung für deren Gesundheit.

Psychosoziale Belastungen resultierenaus sozialen Bedingungen. Führungs-kräfte nehmen direkten Einfluss auf dieArbeitsorganisation und soziale Aspek-te der Zusammenarbeit. Sie sollten vondaher als relevante Gestalter des Be-triebsklimas gesehen und auch in dieVerantwortung genommen werden. In-sofern sind Befragungen zur Arbeits-zufriedenheit immer auch wichtige ers-te Indikatoren für betriebliche Stim-mungen und eine gute Ausgangsbasisfür die Planung von Maßnahmen.

4.3 Stress- und Ressourcen-Management

Probleme, verursacht durch Umstruk-turierungen, Computerabstürze oderunzufriedene Kunden sind alltäglichund werden es auch bleiben. Mitar-beitende sollten unter derartigem All-tagsstress nicht zusammenbrechen.Sie sind von daher verantwortlicheGestalter ihrer Gesundheit. Gleichzei-tig obliegt es der besonderen Verant-wortung der Führungskraft, günstigeBedingungen zur effektiven Problem-lösung zu schaffen. Dabei kann esaber nicht darum gehen, einen Be-trieb „stressfrei“ zu organisieren. DieKernfrage in Bezug auf psychischenStress lautet also: „Wie gehe ich ef-fektiv mit den arbeitsbezogenen Be-lastungen um, damit meine Problemenicht überhand nehmen?“

Stress- und Ressourcenmanagementbedeutet von daher, die stressrele-vanten persönlichen und abteilungs-spezifischen Faktoren zu sichten, diedie Produktivität hemmen bzw. fördern(vgl. Bamberg et al. 2003). Dies setztallerdings – stärker als im Zusammen-hang mit den traditionellen körperli-chen Belastungsfaktoren – eine offeneKommunikationskultur voraus. EinWirtschaftsunternehmen ist als sozialesSystem zu betrachten, in dem Stress-symptome auf vermeidbare Mängel inder Mitarbeiterführung und in der Ge-sundheitsförderung zurückzuführensind. „Psyche“ sollte nicht mehr mitSchwäche gleichgesetzt werden, dawir in Zeiten leben, in denen psychi-scher Stress eine der Hauptursachenfür Leistungsrückgänge darstellt. Nichtwegschauen, sondern genau hinsehenhilft da weiter.

Gleichzeitig bedarf es gezielter Strate-gien. Die Verbesserung der individu-ellen Stressresistenz (durch Sport trei-ben und sich vernünftig ernähren)macht widerstandsfähiger, und einegute Entspannungsfähigkeit hilft eben-

falls dabei, Stress besser zu ertragen.Jedoch reicht die gesunde Lebensfüh-rung alleine nicht mehr aus, wennDruck am Arbeitsplatz zu Produktivi-tätsverlust führt. (Ein Mitarbeiter: „Soviele Probleme, wie wir derzeit haben,soviel Sport kann ich gar nicht ma-chen, um das auszugleichen …“)

Mittlerweile sind auf allen Hierarchie-ebenen verbesserte, zielgenaue Bewäl-tigungsfertigkeiten und stressbezoge-ne Führungskompetenzen gefragt, umleistungsfähig zu bleiben. VorhandeneHandlungsspielräume müssen erfasstund möglichst gut genutzt, gegen-seitige Unterstützung breit gefördertwerden. Informationsprozesse sind sotransparent zu gestalten, dass die Mit-arbeitenden nicht verführt werden,nach den „wirklich“ wichtigen Neuig-keiten zu forschen und darüber die Er-füllung ihrer Arbeitsaufgabe vernach-lässigen.

Für Führungskräfte heißt das, Stress-prozesse und ihre Bewältigung aufMitarbeiterebene effizient steuern zulernen und sich den abteilungsspezifi-schen Konflikten zu stellen, wenn nö-tig auch unangenehme Entscheidun-gen zu treffen. Psychomentale Belas-tungen lassen sich nicht durch einenGehörschutz oder Sicherheitsschuheeindämmen, hier sind personenbezo-gene Führungskompetenzen gefragt.

Gleichzeitig müssen die Mitarbeiten-den in die Pflicht genommen werden,denn niemand kann verlangen, dassjeder seine individuell optimierte Ar-beitsbedingung „gebacken“ bekommt.Bedingungen sind immer unter be-stimmten Blickwinkeln suboptimal;man sollte sie aber optimal nutzen kön-nen. Die Umsetzung der Verantwor-tung für Gesundheit und Produktivitätbleibt also nicht nur den Führungs-kräften überlassen, sondern die Mitar-beitenden tragen dies mit. Die Struk-turen dafür sollten von den Firmen ge-währleistet werden.

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UNTERNEHMENSPRAXIS44

4.4 Best Practice

Betriebliche Strategien im Bereich psy-chischer Stress sollte in die vorhande-nen Strukturen eingebettet und auchim Management verankert sein.

Die Maßnahmen sollten zunächst einmal •Verständnis für psychischen

Stress fördern und •über Vorkommen, Ursachen,

Anzeichen und Konsequenzeninformieren.

Psychischer Stress sollte die gleicheAufmerksamkeit wie die körperlicheGesundheit bekommen, denn psychi-sche Stressreaktionen müssen aus derTabuzone, um die betriebliche Leis-tungsfähigkeit zu verbessern.

Die Effektivität derartiger Maßnahmenist hoch und zeigt sich bei den Mitar-beitenden in•erhöhter Arbeitszufriedenheit,•reduzierter Ängstlichkeit,

Depressivität und weniger körperlichen Symptomen,

•Reduktion krankheitsbedingterFehlzeiten von bis zu 55 %,

•Verringerung der mit AU-Zeitenverbundenen Kosten um 34 %.

Es ergeben sich Kosten-Nutzen-Ver-hältnisse zwischen 1:2,5 und 1:10,1allein durch reduzierte AU-Zeiten (vgl.BKK BV 2003 sowie Semmer & Zapf2004).

4.5 Flankierende Maßnahme:„Employee Assistance Programs“(EAP)

In vielen Betrieben sind weder Füh-rungskräfte noch betriebliche Gesund-heitsdienste (Ärztlicher Dienst, Sozial-beratung) auf den Umgang mit Mitar-beitenden mit psychischen Stresspro-blemen eingestellt oder gar entspre-chend ausgebildet.

Literatur

Employee Assistance Programs (EAP)sind vom Arbeitgeber finanzierte, au-ßerbetrieblich vorgehaltene Beratungs-angebote. Sie stehen täglich, auch amFeierabend, allen Mitarbeitenden undderen engsten Familienangehörigenbei persönlichen oder familiären Pro-blemen zur Verfügung. Diese exter-nen Mitarbeiterunterstützungs-Syste-

me sind im angloamerikanischenSprachraum seit Jahrzehnten festerBestandteil betrieblicher Gesundheits-förderung und stehen mittlerweileauch in Deutschland zur Verfügung.Die Beratungsleistungen decken alleStressprobleme ab, die die Arbeitsleis-tung beeinträchtigen, egal ob sie ausarbeitsbezogenen, gesundheitlichen,

Bamberg, E., Busch & Ducki, A.(2003): Stress- und Ressourcen-management, Bern.

BKK Bundesverband (Hrsg.)(2003): BKK Gesundheitsreport.Gesundheit und Arbeitswelt.

Bürger, W. (1997): Arbeit, Psycho-somatik und medizinische Rehabili-tation. Eine Längsschnittuntersu-chung, Bern.

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Kessler, R. C., Barbar, C., Birn-baum, H. G. & Franket, R. G.(1999): Depression in the work-place: effects on short-term disabili-ty, in: Health Affairs, 18, S.163-171.

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Nieder, P. (2000): Führung und Ge-sundheit, in: Brandenburg, U. et al.(Hrsg.), Gesundheitsmanagementim Unternehmen, S.149-164.

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Schulte, M. & Bamberg, E. (2002):Ansatzpunkte und Nutzen betrieb-licher Gesundheitsförderung ausder Sicht von Führungskräften, in:Gruppendynamik und Organisa-tionsberatung, Heft 33, S. 369 -384.

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45UNTERNEHMENSPRAXIS

1. Notwendigkeit von Informationssystemen

Die Globalisierung und eine immerkomplexer und dynamischer werden-de Umwelt, erfordern von den Ent-scheidungsträgern der Unternehmeneine möglichst zeitnahe Reaktion aufunvorhersehbare Situationen. Die Un-ternehmen stehen unter großem Druck,Finanz- und Performancekennzahlennicht nur öfter, sondern auch mehr In-teressengruppen zur Verfügung zu stel-len. Dazu sind zuverlässige Manage-mentinformationssysteme, die die not-wendigen Informationen beinhalten,eine Grundvoraussetzung.

Controlling Information System – Evolution statt Revolution

NICOLE PLATTNER, BJÖRN GEISEL

Eine integrierte Sicht auf die relevantenInformationen, die zur Verbesserungder Business Performance beitragen,wird benötigt.

2. Praxisorientierte Lösungen

Eine bedarfsgerechte und koordinier-te Informationsversorgung beinhaltetdie Abstimmung zwischen dem vomManagement geäußerten Informations-bedürfnis, dem von verschiedenen Be-reichen bereitzustellenden oder externzu gewinnenden Informationsangebotund dem für die zielorientierte Führungerforderlichen Informationsbedarf.

ist Gruppenleiterin des Management-Reportinginnerhalb der Abteilung Controlling Corpora-tion der Boehringer Ingelheim GmbH. In dieserFunktion versorgt sie die Zentrale mit weltwei-ten Konzerninformationen.

E-Mail: [email protected]

Diplom-Betriebswirtin (FH)Nicole Plattner

war vier Jahre in der Gruppe Reporting SupportControlling tätig und ist einer der „Väter“ desControlling Information System „CIS“. Seit kur-zem ist er als Controller für die Region Asien/Australien/Afrika im Marketing & Sales Con-trolling tätig

E-Mail: [email protected]

Dipl.-VolkswirtBjörn Geisel

familiären, finanziellen oder rechtlichenProblemstellungen resultieren. Sie zie-len darauf ab, den betroffenen Mitar-beitenden den Kopf für ihre Arbeitsauf-gaben frei zu halten und damit derenLeistungsfähigkeit zu sichern.

Die Inanspruchnahme von Beratungenmuss von den Betroffenen innerbe-trieblich nicht kommuniziert werden.Dies senkt die Hemmschwelle, etwawegen psychosozialer Problemberei-che um Hilfe nachzusuchen („psychi-sche Probleme“ sind immer noch sehrmit Ressentiments behaftet). Dadurchwerden Behandlungszeiten und inef-fektive Selbstversuche abgekürzt unddie berufliche Leistungsfähigkeit weit-gehend erhalten.

Von vielen EAP-Anbietern wird einejährliche, anonymisierte Statistik er-stellt, über die die aktuellen stressrele-vanten Problembereiche im Unterneh-men identifiziert werden können. Auf dieser Basis werden Empfehlun-gen zur Implementierung hilfreicherunternehmensübergreifender oder ab-teilungsbezogener Maßnahmen (z.B.spezifische Führungskräfteschulungen)ausgesprochen. Mithilfe der externenUnterstützungsangebote erreichen Un-ternehmen eine deutliche Reduktionkrankheitsbedingter Fehltage.

Wenn gesund sein bedeutet, hand-lungsfähig zu sein, dann haben Unter-nehmen durch solche Angebote auchzu einem großen Teil ihre Bringschulderfüllt. Von Mitarbeitenden kann dannerwartet werden, die gelernten Strate-gien anzuwenden und so zu vertiefen,dass sie die vorhandenen betrieblichenVerhältnisse optimal nutzen können. �

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UNTERNEHMENSPRAXIS46

Für völlig neue oder nicht genau defi-nierte Informationsbedarfe, die in Zei-ten dynamischer Umweltveränderun-gen auftreten, besteht grundsätzlichdie Gefahr, dass zu wenig relevanteund zu viele irrelevante Informationenverwaltet werden. Als Ergebnis erhältman somit auf Basis von Interviewsund Analysen einen relevanten Orien-tierungsrahmen erfolgs- und risikobe-stimmender Faktoren, deren Analysen,Planung, Steuerung und Kontrolle hilft,dass das Unternehmen „im Ruder“läuft.

Ist das Ziel und der Weg klar vor Au-gen, kommt die praktische Umsetzungunter Einsatz einer modernen IT-An-wendung. Sie ist Mittel zum Zweckund muss die für das Unternehmenrelevanten Prozesse wirksam unter-stützen. Sie ersetzt nicht die Zielfin-dung selbst. Ein modernes Informa-tionssystem sollte u. a. folgende Eigen-schaften haben:

• intranetbasiertes Reporting unter-stützt durch ein differenzierbaresBerechtigungskonzept,

•automatisierte Datenermittlung fürdie zu erstellenden Berichte,

• optimale Ausrichtung auf die An-wenderbedürfnisse sowie

•intuitiv bedienbar und dynamisierteBerichte.

Der folgende Beitrag beschreibt dasProjekt „Controlling Information Sys-tem 2nd Generation“ bei BoehringerIngelheim und liefert wertvolle Hin-weise und Vorschläge für die Weiter-entwicklung eines Managementinfor-mationsystems.

3. Controlling bei Boehringer Ingelheim

Boehringer Ingelheim ist eines derzwanzig weltweit führenden Unterneh-men der pharmazeutischen Industrie.Seine Schwerpunkte liegen im BereichHumanpharma und Tiergesundheit.Das Humanpharma Geschäft mit seinenSegmenten Prescription Medicines und

Consumer Health Care, sowie Auftrags-fertigung (Chemikalien, Bio-Pharma-zeutika und LohnkonfektionierungPharma) für industrielle Kunden, ge-neriert 96 % der Gesamtumsätze. ImJahr 2004 erzielte der Konzern Ge-samtumsätze in Höhe von 8,2 Mrd.Euro. Der Unternehmensverband be-schäftigt in 152 Tochtergesellschaftenvertreten in 45 Ländern etwa 35.500Mitarbeiter. Produktion und Forschungwerden an mehr als 40 Standorten inzwanzig verschiedenen Ländern be-trieben.

Der Bereich Controlling in der Zentra-le des Unternehmensverbandes, ist ineine funktionale Aufbauorganisationgegliedert. Der Leiter des Controllingsberichtet direkt an das für Finanzenzuständige Mitglied der Unterneh-mensleitung. Der Kern der Organisa-tion besteht aus den fünf Säulen „Con-trolling Marketing & Sales“, „Control-ling R&D+M/L.P./S.F“ (Forschung &Entwicklung + Medizin, Licensing Pro-jects und Support Functions), „Con-trolling Operations“, „Controlling Sub-sidiaries“ (Landessicht) und „Control-ling Corporation“ (weltweite Sicht).Dem Controlling gehören 87 Mitarbei-ter an.

Controlling Subsidiaries und Control-ling Corporation liefern die notwendi-gen Systeme und Werkzeuge für dasControlling der Zentrale. Sie kümmernsich um die Konsolidierung und dasReporting, sie treten als Business Part-ner in betriebswirtschaftlichen Fragenauf und begleiten bei den Innovations-und Wertschöpfungsprozessen. Einezentrale Aufgabe fällt ihnen in der Ko-ordination der Strategie, des Budgetsund der Forecasts zu.

In der Weiterentwicklung der Füh-rungsprinzipien „Lead & Learn“ vonBoehringer Ingelheim „Werte schaffendurch Innovationen“ oder in der Orgi-nalsprache „Value through Innovation“wird auf die Zusammenarbeit großerWert gelegt. Der Fokus richtet sichauf den Ausbau der Stärken und des

einzigartigen Charakters. Individuellaber auch im Kollektiv wurden bereitsherausragende Erfolge erzielt. DieserAnspruch stellt an das ControllingTeam eine große Herausforderung,aus der sich auch die kritische Weiter-entwicklung des vor drei Jahren im-plementierten Controlling InformationSystems „CIS“ (im Nachfolgenden nurCIS genannt) ableitete. CIS ist ein in-tranetbasiertes EIS-System, das einenvereinfachten Zugriff auf die weltweiteingesammelten und aggregierten Da-ten und deren Analyse ermöglicht.Unsere Motivation wurde durch diegrundlegende Überarbeitung des Kon-zernplanungsprozesses, der die Nach-frage nach einer geeigneten Plattformfür das Reporting (Long-Term-Fore-cast) auslöste, und den natürlichenLebenszyklus der IT-Anwendung nochverstärkt. Im Rahmen der Weiterent-wicklung wollen wir neuen Anwen-deranforderungen gerecht werden undfunktionale Erweiterungen umsetzen.

4. Das Projekt CIS

Die Einführung des CIS im Jahre 2001war für Boehringer Ingelheim das ers-te weltweite Executive InformationSystem für finanzielle Daten, das so-wohl das Controlling, die Geschäfts-und Funktionsverantwortlichen derZentrale als auch die Landes- und lo-kalen Finanzleiter mit relevanten Infor-mationen versorgt. Es handelt sich umeine Eigenentwicklung, die in der Ab-teilung Controlling Subsidiaries durch-geführt wurde. Für das Marketing-Controlling und die Geschäftsverant-wortlichen bedeutete diese Einführungeinen Quantensprung im Hinblick aufdie Verfügbarkeit von steuerungsrele-vanten betriebswirtschaftlichen Infor-mationen.

Eine IT-Anwendung durchläuft eben-so wie traditionelle Produkte einen Le-benszyklus. Die zentralen Phasen sindPlanung, Erstentwicklung, Produktion(Betrieb, Wartung und Support), pa-rallel dazu die Weiterentwicklung und

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47UNTERNEHMENSPRAXIS

am Ende des Zyklus die Außerbetrieb-nahme. Zu Beginn der Weiterentwick-lung wurde ein aus drei Controllernbestehendes Projektteam etabliert,welches die Untersuchung der Ist-Si-tuation durchführte. Diese Untersu-chung stützte sich maßgeblich auf In-terviews mit den Anwendern des CIS.Als „roten Faden“ für die Gesprächemit den Kunden konzipierte das Pro-jektteam einen Leitfaden, der die wich-tigsten Informationen abfragen sollte.Daraus leitete das Team neue Anwen-deranforderungen und funktionale Er-weiterungen ab:

Anwenderbezogene Ziele

•Optimale Ausrichtung der Systeminhalte an denAnwenderbedürfnissen

•Optimierte und kundenorientierteVisualisierung der präsentiertenInhalte

•Etablierung einer Reporting-Plattform für weiteren Informations-bedarf des Managements(Management Enterprise Planning,Long-Term-Forecast, IMS-Markt-daten, Siebel-CRM, HR)

•Integration aller Controllingfunktionen

Prozessbezogene Ziele

•Prozessoptimierung zwischen Bereich Controlling und Informationsverarbeitung

•Überprüfung des technischen Konzeptes

•Überführung der Eigenent-wicklung („Bootleg“-Projekt) in ein standardisiertes System

4.1 Das Konzept

Das Team wählte ein Stufenkonzept alsVorgehensweise bei der Durchführungdes Projektes. Die nachfolgende Gra-fik (Abb. 1) beschreibt die einzelnenSchritte. Das verfolgte Konzept lässtsich treffend unter dem Motto „Evolu-tion statt Revolution“ zusammenfas-sen. Aufgrund der großen Akzeptanz

Abb. 1: Mehrstufige Vorgehensweise bei der Weiterentwicklung des Controlling Information Systems (CIS)

durch die Anwender wurde die beste-hende Lösung nicht völlig über Bordgeworfen. Das Team erhielt den expli-ziten Auftrag eine Anwenderbefra-gung durchzuführen. Durch persönli-che Gespräche mit den Anwendern(„Controllers Hausbesuch“) wurdendie Stärken und Schwächen des Sys-tems erörtert. Über die Gespräche sollein dauerhafter Kommunikationspro-zess initiiert werden. Zum einen wur-den die Nutzer ermutigt jederzeit mitWünschen und Verbesserungsvor-schlägen an das Team heranzutreten.Zum anderen wollte man die Anwen-der besser kennen lernen, um eineAnlaufstation zu haben, mit der manpotentielle Neuentwicklungen disku-tieren kann. Insgesamt wurden fünf-zehn Personen befragt. Um zu vermei-den, dass ausschließlich die Bedürf-nisse der Zentrale berücksichtigt wer-den, wurden auch fünf Controller undFinanzleiter operativer Einheiten be-fragt. In der Zentrale wurden nebeneinigen Controllern auch die Gebiets-leiter der größten Geschäftsgebieteinterviewt.

Erfragt wurde, welche Informationenbenötigt werden, aber noch nicht im

System enthalten sind. Darüber hinaussollten aber auch Berichte identifiziertwerden, die bisher im System berück-sichtigt waren, von den Anwendernaber als obsolet betrachtet werden.Der angestrebte Zustand hinsichtlichder Systeminhalte lässt sich sehr gutanhand der nachfolgenden Abb. 2verdeutlichen und beschreibt die Her-ausforderung, die es zu lösen gilt.

Abb. 2: Systeminhalte ergeben sich aus derSchnittmenge

NotwendigeInformationen

Verfügbare Informationen

NachgefragteInformationen

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UNTERNEHMENSPRAXIS48

Grundsätzlich sollen die von den An-wendern nachgefragten Informatio-nen im CIS enthalten sein. Um dieÜbersichtlichkeit zu gewährleisten undden Erstellungsaufwand so gering wiemöglich zu halten, sollen idealtypi-scherweise nur solche Informationenbereitgestellt werden, die von den An-wendern zur Erfüllung ihrer Aufgabenauch tatsächlich benötigt werden.

Ein weiteres wichtiges Projektziel wardie Optimierung der Visualisierung derim System präsentierten Inhalte. Auchhier wurde im Dialog mit den Anwen-dern zunächst erörtert, ob ihre Anfor-derungen grundsätzlich erfüllt werdenoder ob Verbesserungspotenzial be-steht. Ein Verbesserungspotential be-steht im Einsatz eines ManagementCockpits, z. B. Tachometer Darstellun-gen der Umsatzerlöse.

Die Überarbeitung des Planungspro-zesses bei Boehringer Ingelheim hattegroßen Einfluss auf die Weiterentwick-lung des EIS-Systems. Im Projekt „Ma-nagement Enterprise Planning“ wurdeder bisherige sehr detaillierte Budget-planungsprozess zu einem rollierendenLong-Term-Forecast umgebaut. Diehieraus resultierenden Berichte sollten

Abb. 3: Startseite des Controlling Information Systems (CIS)

nach den Vorstellungen des Manage-ments ebenfalls in das Controlling In-formation System eingehen.

4.2 Die technische Lösung

Im Projekt diente das Vorläufersystemals Basis. Die bereits etablierte Lösungwurde zu einer zeitgemäßen Plattform(„State of the Art“) hin entwickelt. Un-tersucht wurden entsprechende Kom-ponenten der Anbieter Cognos undMIS AG. Die Wahl bei Boehringer In-gelheim hinsichtlich der zu verwenden-den Software fiel schließlich auf dasProdukt „onVision“ von der MIS AG(Abb. 3). Gründe hierfür waren unteranderem die guten Erfahrungen mitden Produkten der MIS AG, die Nutz-barkeit des bestehenden MIS AleaDatenmodells in Kombination mit MIS„onVision“ und nicht zuletzt das „Lookand Feel“ dieser Lösung. Dies gilt zumeinen für das Layout der fertigen Be-richte als auch den intuitiv zu bedie-nenden Berichtsdesigner von MIS „on-Vision“. Die Entscheidung für „onVi-sion“ wurde weiterhin dadurch be-günstigt, dass man bereits Produkteder MIS AG im Einsatz hatte und dieNutzung von „onVision“ im bestehen-den Lizenzumfang enthalten war.

Da das CIS sich einer großen Akzep-tanz bei den Anwendern erfreut, wur-de bei der Neukonzeption großen Wertauf den Wiedererkennungswert imVergleich zum Vorgängersystem ge-legt. Mit der neuen technischen Platt-form wird die Navigation durch dasSystem erleichtert. Zu diesem Zweckwurden in begrenztem Umfang auchdynamische Elemente eingesetzt, diein der Diskussion mit den Anwendernfür durchaus sinnvoll angesehen wer-den. In der Software enthaltene tech-nische Zusatz-Funktionalitäten (z. B.Downloadfunktionalität nach Micro-soft Excel) wurden ebenfalls umge-setzt. Im Zuge der Migration auf dieneue Plattform soll auch mit der Ein-beziehung neuer und von den An-wendern in den Interviews angeregterInhalte begonnen werden. Die prag-matische und effiziente Entwicklungund Umsetzung in der Praxis drücktsich in einer kurzen Projektlaufzeit vonweniger als einem Jahr aus. Das Pro-jekt wurde im März 2004 gestartet undim Januar 2005 konnte die Reportent-wicklung sowie die Implementierungdes Berechtigungskonzeptes abge-schlossen werden.

Die Tatsache, dass das Projekt gemein-sam mit der IT durchgeführt wurdehatte zur Folge, dass nun eine klareAufgabenverteilung zwischen Control-ling und IT etabliert wurde. Im Gegen-satz zur alten Lösung, bei der mehre-re Softwarekomponenten zum Einsatzkamen, ist das neue System durch denEinsatz einer Standardsoftware ein in-tegriertes System. Die Reduzierung derSchnittstellen erhöht die Systemzuver-lässigkeit. Aufgrund der Vereinfachungder Prozesse konnte der Aufwand fürdie monatliche Aktualisierung der Be-richte in der Controllingabteilung umca. 60 % reduziert werden. Der jährli-che Wartungs- und Pflegeaufwand zuden einzelnen Berichtsperioden (Vor-schau, Erwartung, Budget und Ist) ver-ringert sich von zwanzig Manntagenauf circa fünf bis zehn Manntage.

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Jahr Monat

Länder & Beteiligung

controlling

Produkt-management

Gebietsleitung

Board RapidReport

BoardReport

PM CHC CH BP

MP OA AH

CountryReport

Management Report Sales Report

HR Report

49UNTERNEHMENSPRAXIS

Dies entspricht einer Zeitersparnis von50 bis 75 %. Da die Aktualisierung desSystems nun schneller zu bewältigenist, stehen die Daten dem Anwenderfrüher zur Verfügung. Wurden diemonatlichen Umsatzdaten früher amNachmittag des sechsten Arbeitstagesveröffentlicht, stehen sie nun bereitsam Abend des fünften Arbeitstages zurVerfügung.

Der Dateninput wird aus verschiede-nen Systemen generiert und in eineeinheitliche Form konvertiert. Damitwird ein homogener Datenoutput er-zeugt (Abb. 4).

4.3 Der Rollout

An die kurze Projektlaufzeit von weni-ger als einem Jahr schloss sich einestrukturierte Kommunikationsphase an.Im ersten Schritt wurden die Mitgliederder Unternehmensleitung, die Gebiets-leitung, die Verantwortlichen in Mar-keting & Sales, die Landes- und Finanz-leiter der operativen Einheiten und alleMitarbeiter im Bereich Finanzen infor-miert. Die Kurzpräsentation des Pro-jektes wies auf den „Go Live“ Terminhin und wurde mit den Ergebnissendes Jahresabschlusses zur Verfügunggestellt. Die jährliche Konferenz deroberen Führungskräfte von Boehrin-ger Ingelheim in Baden-Baden wurdeals Kommunikationsplattform genutzt,um den Landesleitern einen erstenEindruck des Systems zu ermöglichen.Das „Look & Feel“ wurde durch eineLive Demonstration vermittelt. DenKolleginnen und Kollegen in der Zen-trale von Boehringer Ingelheim ver-mittelten wir in zwei „Lunch & Learn“Workshops das neue System und dieverbesserten Funktionalitäten. Der „Vi-sion & Leadership Tag“ bot sich als wei-tere Möglichkeit an, das CIS zu präsen-tieren.

Abb. 4: Struktur – Systemhierarchie der Finanzsysteme

mens bei. Das Controlling kommt mitdem überarbeiteten System noch um-fassender seinem Auftrag nach, in ei-ner klaren Sprache und mit intuitiverVerständlichkeit, die keine Chance fürfalsche Interpretationen lässt, zielgrup-pengerecht entscheidungsrelevante In-formationen bereitzustellen. Die aktiveund transparente Information im Un-ternehmen ist eines der zentralen Ar-gumente für professionelles Berichts-wesen, unterstützt durch ein moder-nes Reportingtool. Dem Informations-bedürfnis des gesamten Managementswird umfassend Rechnung getragen(Abb. 5).

Abb. 5: CIS-Haus

5. Die Konsequenzen für den Unternehmenserfolg

Mit dem überarbeiteten CIS wurdeeine Reportingplattform für den neuenPlanungsprozess bei Boehringer Ingel-heim etabliert. Dem Management wer-den über das System seit Mai 2005Long-Term-Forecasts zur Verfügunggestellt. Das Management wird somitfrühzeitig in die Lage versetzt, Abwei-chungen von der Planung entgegen-zusteuern.

CIS trägt durch eine sehr zeitnahe Be-richterstattung für alle Management-funktionen zum Erfolg des Unterneh-

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UNTERNEHMENSPRAXIS50

•Der Board Report wird periodischzu den einzelnen Berichtszeitpunk-ten (z. B. Budget oder Ist) veröffent-licht und beschreibt die Entwicklungdes Boehringer Ingelheim Konzerns.Dabei wird auf folgende Schlüssel-informationen eingegangen: Ergeb-nissituation nach Geschäftsgebietenund Funktionen, BIVA (BoehringerIngelheim Value Added), Umsatz-entwicklung und finanzielle Daten,wie z. B. Liquiditätsentwicklung undInvestitionen. Der Board Report wirdallen Mitgliedern der Unternehmens-leitung, der Gebietsleitung und denVerantwortlichen in Marketing &Sales, sowie alle Mitarbeitern im Be-reich Finanzen zur Verfügung ge-stellt.

•Der Rapid Report stellt monatlichwichtige Umsatz- und Ergebnisgrö-ßen nach Ländern und Produktendar. Dieser Bericht ist neben demBoard Report der einzige Bericht,der auch Kommentare enthält.

•Der Country Report enthält detail-lierte Informationen auf Landesebe-ne. Hier werden Organigramme, Hol-dingstrukturen, Informationen zurGeschäftsentwicklung sowie die stra-tegischen Pläne eines Landes dar-gestellt. Dieser Bericht soll insbeson-dere die Aufgabe erfüllen, geschäfts-übergreifend einen Gesamteindruckder Situation in den einzelnen Län-dern zu geben. Der Country Reportstellt eine bedeutende Informations-quelle für das Beteiligungscontrollingund die Unternehmensleitung dar.Zu diesen Informationen hat auchdas Management in den einzelnenLändern Zugriff. Aus diesem Grunddient CIS auch als Kommunikations-plattform zwischen der Konzernzen-trale und den operativen Einheiten.

am fünften Arbeitstag vertiefte Ana-lysen auf Produkt- und Landesebene.Zielgruppe des Sales Reports sindhauptsächlich das Produktmanage-ment und die Gebietsleitung.

Die o. g. Berichte sind in ein schlüssi-ges Gesamtkonzept eingebettet. Dieetablierten Controllingkonzepte und -strukturen werden durch die Schaf-fung einer damit übereinstimmendenForm der Darstellung aufgewertet. CISerweist sich als konsistent sowohl mitder Planungshierarchie im Unterneh-mensverband als auch mit der beste-henden Datenstruktur.

Insgesamt umfasst das System derzeitungefähr 1.000 Berichte, welche sichdurch den Benutzer weiter parametri-sieren lassen (z. B. Selektion nach Län-dern, Produkten, Perioden). Die Nut-zung von CIS kann mit dem Besuch ei-nes Supermarktes verglichen werden(One-Stop-Shopping), in dem sich derKunde trotz Tausender angebotenerArtikel zielgerichtet bewegt und mühe-los in den wohlstrukturierten Regalenfündig wird. CIS erfreut sich eines po-sitiven Feedbacks, welches durch diefolgende Zugriffsstatistik bestätigt wird(Abb. 6).

Abb. 6: Zugriffsstatistik

•Der HR Report stellt detaillierte In-formationen zur Personalentwick-lung, zu den Personalkosten und HRKennzahlen bereit. Neben dem Ma-nagement des Personalbereichesgreift vorwiegend die Gebietsleitungauf die präsentierten Informationenzu, um sich über die Personalentwick-lung in den betreuten Regionen zuinformieren.

•Der Management Report wird pe-riodisch zu den einzelnen Berichts-zeitpunkten aktualisiert. Auf den ein-zelnen Ebenen (Business-Segment,Land, Produkt) werden die Budget-annahmen für Umsatz, Ergebnis undverschiedene Kostenpositionen denentsprechenden Werten der Ver-gleichsperioden gegenübergestellt.Der Management Report ist diewichtigste Informationsquelle fürdie Gebietsleitung über die Perfor-mance in den einzelnen Ländernund Geschäftsgebieten.

•Der Sales Report stellt monatlichdie Umsätze der Core Produkte,Neueinführungen und wichtigstenlokalen Produkte dar. Der Sales Re-port ist jedem Mitarbeiter von Boeh-ringer Ingelheim zugänglich. Er er-möglicht dem Management bereits

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51UNTERNEHMENSPRAXIS

Literatur

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Erdmann, B., Janas, D. (2002):Maßgeschneidertes Online-Repor-ting bei Boehringer Ingelheim, in:Controlling-Office, S. 75 ff.

Koeder, K., Schmorleiz, W.(2004): Jahresabschluss – eine vi-sualisierte Einführung, 6. Auflage,Stuttgart, S. 17.

Nölken, D. (2002): Controlling mitIntranet- und Business IntelligenceLösungen, Frankfurt am Main, S. 200.

Schwebel, J. (2001): Neue Infor-mationsbedürfnisse des Manage-ments … neue Reporting-Lösungenim Controlling!, Jahrbuch Wirt-schaftswissenschaften – FH Mainz,S. 54 ff.

Wieth, B.-D. (1992): Informationim Entscheidungsprozeß, Manage-ment Informationssysteme, Berlin,Heidelberg, S. 53.

Zarnekow, R., Brenner, W.(2004): Einmalige und wieder-kehrende Kosten im Lebenszyklusvon IT-Anwendungen – Eine em-pirische Untersuchung, in: ZfCM-Controlling & Management, 48. Jg.,Heft 5, S. 337.

Das problemlose Auffinden der ge-suchten Information wird in CIS durchdie für jeden Anwender nachvollzieh-bare und im Zuge des Projektes über-arbeitete Navigationsstruktur gewähr-leistet. Auch die Einteilung des Systemsin einzelne Berichte, trägt schließlichdazu bei, die Komplexität zu reduzierenund den Kunden gezielt zu erreichen.Die heterogene Benutzerstruktur, ge-sichert durch ein differenzierbares Be-rechtigungskonzept, wird u. a. auchdurch folgende Punkte berücksichtigt:•Downloadoption (Controller),•aggregierte Daten (Management),•frühzeitige und umfassende

Information (Gebietsleitung).

Dem Wunsch der Anwender nach ei-nem intuitiv bedienbaren und verständ-lichen Informationssystem wird durchdie nachfolgend skizzierten PunkteRechnung getragen.

•Durch Informationsbündelung aneiner Stelle soll dem Managementzeitintensives Suchen erspart blei-ben.

•Die Daten stehen dem Anwendernun noch schneller zur Verfügung.Sie sind jederzeit online via Intranetabzurufen. Aufgrund des einfachenHandlings ist keine Anwenderschu-lung erforderlich.

•Die im System enthaltenen Grafikenkönnen problemlos in Präsentationeneingebunden werden und via PC-Download weiterverarbeitet werden.

• Die strikte Anwenderorientierungbeim Design des Systems begünstig-te die Tatsache, dass das Top-Mana-gement als Anwender gewonnenwerden konnte.

•Das System bietet große Mobilität(Laptop ohne Netzwerkverbindung)und zeitliche Flexibilität (andere Zeit-zonen, Wochenende).

Die Optimierung des bestehenden Sys-tems hat einen sofort messbaren Nut-zen erzielt:•schnelle Verfügbarkeit,•entscheidungsrelevante

Informationen,•bessere Effizienz bei der Wartung

und Pflege des Systems,•weitere Steigerung der bereits

hohen Akzeptanz der Anwender,•gesteigerte Effektivität durch

den Einsatz als Kommunikations-plattform,

•einfachere Navigation.

Nachdem die Weiterentwicklung desCIS im Januar erfolgreich abgeschlos-sen wurde, soll das Reporting zumneuen Planungsprozess in das Systemintegriert werden. Zum einen kommenwir mit dem System unserer Informa-tionspflicht nach, wollen aber auchgleichzeitig Argumentationshilfen be-reitstellen, die es den Geschäftsverant-wortlichen erlauben, ihr Augenmerkauf die zukünftige Entwicklung derentsprechenden Geschäftsbereichezu lenken. Unter dem Schlagwort „De-cision follows Information“ wollen wirauf die zukünftige Entwicklung hin-weisen und zur notwendigen Korrek-tur der Geschäftsentwicklung steu-ernd beitragen. Eine Weiterentwick-lung des CIS in ein EIS-System, dassich an den Unternehmenszielen aus-richtet und deren Zielerreichung vi-sualisiert, ist unerlässlich. Die Vereini-gung dieser Bedingungen hilft allenVerantwortlichen überzeugend zukommunizieren, Trends zu erkennenund die zukünftige Entwicklung bes-ser vorherzusagen.

Als weitere Schritte sollen Controlling-funktionen die bisher keine Berück-sichtigung im System gefunden haben(z.B. IT-Controlling, Purchasing-Con-

trolling) in das System integriert wer-den. Die in der Anwenderbefragunggewonnenen Erkenntnisse waren beider Projektarbeit sehr hilfreich. Füreine dauerhafte Akzeptanz des CISwird es als unerlässlich angesehen, inregelmäßigen Abständen Kontakt zuden Anwendern aufzunehmen. �

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UNTERNEHMENSPRAXIS52

1. Einführung

In hochentwickelten, gut etabliertenMärkten wird der Ausbau des Kun-denstammes zunehmend schwieriger,da die meisten Nachfrager schon beiirgendeinem Anbieter Kunde sind.Nicht die Neukundenakquisition, son-dern die umfassende Bedürfnisbefrie-digung bestehender Kunden steht imMittelpunkt des Interesses. Es bedarfhierfür jedoch einer Strategie, die diebestehenden Kunden dazu bewegt,zusätzliche Käufe bei ihrem derzeiti-gen Anbieter zu tätigen. An der Er-schließung von Potenzialen derzeitigerKunden setzt das Konzept des Cross-Selling an. Mit dem Phänomen desCross-Selling wurde sich in der Wis-senschaft, trotz dessen hoher Relevanzfür die Unternehmenspraxis, bisherwenig auseinandergesetzt. Dieser Ar-tikel verfolgt das Ziel, die wichtigstenFacetten des Konzepts des Cross-Sel-ling darzustellen und auf dessen Be-deutung im Rahmen der Erschließungvon Kundenpotenzialen einzugehen.

2. Wesen

Unter Cross-Selling lassen sich sukzes-sive Zusatzverkäufe selbständiger Leis-tungen an aktuelle Kunden verstehen.Es handelt sich somit um ein Verkaufs-konzept, bei dem bestehende Ge-schäftsbeziehungen dazu genutzt wer-den, Verkäufe ein und desselben An-bieters auch in anderen als den bishe-rigen Produktfeldern zu erzielen.Cross-Selling zielt auf Umsatzsteige-rungen ab, die dadurch realisiert wer-den, dass einem bestehenden Kundendie gesamte Angebotspalette des Un-ternehmens gezielt unterbreitet wird.Betrachtet man das Konzept des Cross-Selling aus einer spezifischen Perspek-tive, so handelt es sich um eine Art„laterale Diversifikation“, bei der dieBeziehungspartner in solche Produkt-felder vorstoßen, die bisher nicht Ge-genstand der Geschäftsbeziehung wa-ren. Cross-Selling stellt kein originäresmarketing- bzw. verkaufspolitischesInstrument dar, sondern eine Kombi-nation von bestehenden Aktionspara-metern aus dem Produkt-, Preis-, Dis-

Cross-Selling: Ein Konzept zur Ausschöpfung von Kundenpotenzialen

THOMAS KEPPLER

Bereichsleiter/Filialorganisation ALDI Süd

Lehrbeauftragter für wirtschaftswissenschaftli-che Mathematik an der Fachhochschule Mainz

E-Mail: [email protected]

Dipl.-Kfm. Thomas Keppler, MBA

tributions- und Kommunikationsmix.Es bezeichnet die Deckung eines Kun-denbedarfs durch den Verkauf zusätz-licher Produkte, die mit den Einstiegs-produkten (d. h. den Produkten, dieein Kaufinteresse ursprünglich begrün-den) verbunden sind, aber keine Sub-stitute der Einstiegsprodukte darstel-len. Der Verkauf der Zusatzproduktekann zeitlich versetzt oder zeitgleichmit dem Verkauf der Einstiegsproduk-te stattfinden. Ein Anbieter kann dabeiZusatzprodukte verkaufen, die er selbstproduziert oder von anderen Anbie-tern zugekauft hat.

3. Potenzialermittlung

Die besondere Bedeutung des Cross-Selling resultiert aus der Annahme,dass aufgrund einer bereits bestehen-den Geschäftsbeziehung ein Vorteil inder Akquisition neuer Abschlüsse beidiesem Kunden besteht. Als Voraus-setzung zur Erzielung jener Absatzab-schlüsse und zur Erhöhung des Aus-schöpfungsgrades vorhandener Cross-Selling-Potenziale bei aktuellen Kundengilt es zunächst, diejenigen Produkteaus dem Leistungsangebot des Anbie-ters zu bestimmen, die im Hinblick aufden betrachteten Kunden prinzipiellfür Cross-Selling-Geschäfte in Fragekommen. Hierzu greift man auf Cross-Selling-Potenzialanalysen zurück.

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53UNTERNEHMENSPRAXIS

Der am häufigsten angewandte An-satz ist die produktbezogene Potenzial-analyse. Sie stellt auf die Analyse vonleistungsspezifischen Affinitäten inForm von Verbundbeziehungen zwi-schen verschiedenen Produkten ab.Nimmt ein Kunde Leistung A ab, sokann die Wahrscheinlichkeit für dieAbnahme einer weiteren Leistung Banalysiert werden. Auf Basis diesesVerfahrens, werden produktspezifi-sche Cross-Selling-Wahrscheinlichkei-ten ermittelt, welche zukünftiges Kauf-verhalten in Abhängigkeit von vergan-genem Kaufverhalten prognostiziert.Darauf aufbauend kann ein Wahr-scheinlichkeitsmodell in Form einerCross-Selling-Matrix entwickelt wer-den, mit dessen Hilfe konkrete Cross-Selling-Erlöse geschätzt werden kön-nen. Diese Art der Potenzialanalysefindet insbesondere im Finanzdienst-leistungsbereich breite Verwendung,welche bspw. die angebotsbezogenenVerbunde zwischen Lebensversiche-rungen, Bausparverträgen und Hypo-theken für die Identifikation von Cross-Selling-Potenzialen nutzt. Die ermittel-ten Cross-Selling-Wahrscheinlichkeitenerlauben eine gezielte Planung undSteuerung von Marketing- und Ver-triebsmaßnahmen eines Anbieters. Zu-dem bietet sich der Einsatz von Cross-Selling-Matrizen auch bei Strategieent-scheidungen an, z. B. bei der optima-len Gestaltung von Leistungspaketenfür attraktive Kundengruppen, bei derPrüfung der Erfolgswahrscheinlichkei-ten neuer Produkte sowie zur Abschät-zung von Synergien. Erfahrungen ausdem oben genannten Finanzdienstleis-tungsbereich belegen, dass die durch-schnittliche Cross-Selling-Quote beiVersicherungen zirka zwei Produktepro Haushalt beträgt. Geht man davonaus, dass ein Kunde insgesamt einenBedarf von sechs bis acht Versiche-rungsleistungen hat, so zeigt sich, dassnoch unerschlossenes Marktpotenzialbesteht.

4. Vorgehensweise

Die positiven Effekte des Cross-Sellingin Form von mehr Umsatz, höherenDeckungsbeiträgen oder auch einererhöhten Kundenbindung, stellen sichjedoch nicht zwangsläufig bei allenUnternehmen ein, da viele Problememit der Umsetzung dieses Ansatzeshaben. Die Ursachen hierfür liegen da-rin begründet, dass es in den Unter-nehmen meistens einerseits an denrichtigen Rahmenbedingungen fehlt,andererseits Cross-Selling oft nur spo-radisch betrieben wird. Damit sich einpositiver Cross-Selling-Erfolg einstellt,empfiehlt sich daher die Durchführungeines systematischen Cross-Selling,welches analysegestützt ist und auf einplanmäßiges Anbieten von zusätzli-chen Leistungen an genau ausgewählteKunden hinausläuft. Zuerst müssen dieKunden und deren Bedürfnisse einergründlichen Analyse unterzogen wer-den. Danach erfolgt eine Bestandsauf-nahme, welche Produkte diese Kun-den bislang in Anspruch nehmen. An-schließend wird die Produktnutzungdem grundsätzlichen Bedarf des Kun-den und mithin seinem Cross-Selling-Potenzial gegenübergestellt. Nachdemdie Möglichkeiten zum Cross-Sellinguntersucht wurden, muss ein Unter-nehmen herausfinden, inwieweit derBedarf der Zielkunden durch eigeneAngebote gedeckt werden kann.Schließlich kommt es darauf an, die zuvermarktenden Leistungsbündel zuschnüren, wobei alle Produkte desCross-Selling-Angebots zusammenge-stellt und aufeinander abgestimmt wer-den. Danach müssen die Vermark-tungsmaßnahmen auf Grundlage desMarketing-Mix geplant und realisiertwerden. Nach der Umsetzung erfolgtdie Kontrolle der Cross-Selling-Aktionanhand einer Kennzahl, die das Maßder Potenzialausschöpfung bestimmt.

5. Erfolgsvoraussetzungen

Für die Umsetzung eines systemati-schen Ansatzes des Cross-Selling be-darf es gewisser unternehmensinternerVoraussetzungen. Hierzu zählt bspw.,dass der strategische Fokus eines Un-ternehmens auf eine stärkere Bearbei-tung existierender Kunden abzielenmuss. Zudem bedarf es einer konsis-tenten Strategieumsetzung im Rahmeneiner individualisierten Marktbearbei-tung auf der Basis maßgeschneiderterAngebote. Des Weiteren sollte einekundenbezogene Organisation in Formvon Kundensegment-Managern zumTragen kommen, um die Kundenpoten-ziale auszuloten und dann gezielt aus-zuschöpfen. Die Vertriebsmitarbeitersollten vermehrt durch variable Vergü-tungsbestandteile angereizt werden,auch Zusatzprodukte an Kunden zuverkaufen. Zudem stellt Cross-Sellingvollkommen neue Anforderungen andie Mitarbeiter, da diese Wissen undKönnen in Hinblick auf Produkt-, Kun-den- und methodische Kompetenzenbenötigen. Zu guter Letzt muss ein Un-ternehmen, das Cross-Selling betreibtüber eine marktorientierte Unterneh-mensführung verfügen, die den Kun-den und dessen Bedürfnisse in dasZentrum aller Aktivitäten stellt.

6. Erfolgswirkungen

Betrachtet man die Erfolgsauswirkun-gen des Cross-Selling so lässt sich viel-fach ein positiver Beitrag des Cross-Selling zum Kundenwert identifizieren.Der Kundenwert aus Anbietersicht istein Maß für die ökonomische Gesamt-bedeutung eines Kunden, d. h. dessenBeitrag zur Zielerreichung des Anbie-ters. Cross-Selling-Effekte auf den Kun-denwert lassen sich grundsätzlich inmonetäre und nicht-monetäre Effekteunterscheiden. Bezüglich der monetä-ren Effekte kann zudem weiter in Um-satz-, Preis-, Kosten- und Gewinneffek-

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UNTERNEHMENSPRAXIS54

te differenziert werden. Demgegen-über lassen sich die nicht-monetärenkundenwertbezogenen Effekte desCross-Selling an den möglichen Kon-kurrenz-, Kunden- und Sicherheitsef-fekten festmachen.

Ein Blick auf den Umsatzeffekt zeigt,dass die Ausweitung des Absatzvolu-mens auf weitere Angebote des Leis-tungsprogramms eines Anbieters zu-nächst zu einem höheren umsatzbe-zogenen Kundenertragspotenzial führt.Darüber hinaus kann der Verkauf be-stimmter Einstiegsprodukte eine ge-steigerte Nachfrage nach komplemen-tären Zusatzprodukten auslösen. Be-trachtet man den Preiseffekt so kannein positiver Preiseffekt bspw. danneintreten, wenn Einstiegs- und Zusatz-produkte als Systemlösungen verkauftwerden. Stiftet das System dem Kun-den aufgrund seiner höheren Funktio-nalität einen Zusatznutzen gegenüberdem Kauf von Einzelkomponenten, sokann der Anbieter dafür unter Umstän-den einen Preis durchsetzen, der überder Summe der Einzelpreise liegt. Ne-ben der positiven Umsatzwirkung ent-faltet das Cross-Selling auch eine Viel-zahl von Kosteneffekten. Einerseitssind „economies of scale“ zu erwarten,die sich im Zuge der Ausweitung derProduktions- und Absatzmenge durcheine breitere Verteilung der ohnehinanfallenden Fixkosten ergeben. Ande-rerseits besteht die Möglichkeit „eco-nomies of scope“ zu realisieren, indembei Produktion, Verkauf oder Logistikauf dieselben sachlichen und personel-len Kapazitäten zurückgegriffen wird.Durch die skizzierten Umsatz-, Preis-

und Kosteneffekte nimmt das Cross-Selling automatisch Einfluss auf die Hö-he des erfolgsbezogenen Kundenwer-tes und somit auf die Gewinnsituationdes Anbieters. Da sowohl die kunden-bezogenen Einzelkosten als auch dieauftragsfixen Prozesskosten kaumVeränderungen erfahren, besitzt dasCross-Selling einen besonders starkenGewinn- bzw. Wachstumshebel, derauf steigenden Absatzmengen/Um-sätzen einerseits und tendenziell unter-durchschnittlich steigenden Transak-tions- und Produktionskosten ande-rerseits beruht.

Nicht-monetäre Erfolgswirkungen wer-den vor allem auf die höhere Stabilitätvon Geschäftsbeziehungen zurückge-führt, bei denen sich die Zusammen-arbeit auf mehrere Produktbereicheeines Anbieters erstreckt. Die stabili-sierende Wirkung des Cross-Sellingkann in einer höheren Qualität und In-tensität persönlicher Beziehungen derinteragierenden Personen auf Anbie-ter- und Kundenseite begründet lie-gen. Aber auch erhöhte Wechselkos-ten können stabilisierend wirken, wennein Kunde bspw. zu Konkurrenzpro-dukten inkompatible Systemlösungenbei einem Anbieter bezieht. Zudemwerden die durch Cross-Selling pro-duktübergreifenden Geschäftsbezie-hungen gegenüber produktbezogenenBedarfsschwankungen gesichert.Selbst wenn der Kunde bspw. konjunk-turbedingt keinen Bedarf an einzelnenProdukten hat, ist die gesamte Ge-schäftsbeziehung nicht in ihrer Exis-tenz gefährdet.

7. Fazit

Als Resümee der Betrachtung des Phä-nomens Cross-Selling lässt sich fest-halten: wenn ein Anbieter sich bieten-de Cross-Selling-Chancen nutzt, so er-höht dies das Absatzvolumen, denkundenbezogenen Umsatz und bei le-diglich unterproportionalen Kostenver-änderungen zugleich den erfolgsbe-zogenen Kundenwert. Zur Ausschöp-fung von Cross-Selling-Potenzialenbeim Kunden muss ein Unternehmenjedoch ein systematisches Cross-Sel-ling betreiben und unternehmensinter-ne Voraussetzungen schaffen, die denKunden und dessen Bedürfnisse inden Mittelpunkt des Interesses allerAktivitäten stellen. Schließlich stellt dasCross-Selling besonders für Unterneh-men in gut etablierten Märkten einenunverzichtbaren Ertrags- bzw. Wachs-tumshebel dar. �

Literatur

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Schäfer, H. (2002): Die Erschlie-ßung von Kundenpotenzialen durchCross-Selling, Wiesbaden.

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55UNTERNEHMENSPRAXIS

Hintergrund für diese Ausrichtung istdie Überlegung, dass im Mittelpunktdes täglichen Bemühens auf allen Ebe-nen der Kunde steht und daher alleAktivitäten auf diesen auszurichtensind. Denn letztlich richtet der Kundesich nicht nach der Ausrichtung derjeweiligen Bank, sondern die Bank hatsich mit ihren Prozessketten an denKunden zu orientieren.

Dies bedeutet, bezogen auf den Ver-trieb, ein ungehemmtes Arbeiten imSinne von Fokussieren auf den reinenVertrieb zu gewährleisten. Für die Pro-duktion sind ebenfalls Abläufe zu im-plementieren, die ein reibungslosesAbarbeiten unter industrieller Sicht-und Handlungsweise sicherstellen. DerSteuerungsbereich hingegen controlltund gibt entsprechende Ausrichtun-gen und Steuerungsimpulse für denerforderlichen Erfolg der Bank.

Damit steht im Mittelpunkt der Aus-richtung die Standardisierung und fak-tisch die Automatisierung von Prozes-sen im Sinne eines arbeitsteiligen Ver-haltens; die industriellen Prozessketten

1. Aufbau- und Ablaufprozesse in Banken

Erheblich steigender Wettbewerbs-druck durch Non- und Nearbanking-Institute sowie die Intensivierung desWettbewerbs durch bisherige Markt-teilnehmer, die sich deutlich effizienteraufgestellt haben, führen zu deutlichveränderten Marktmachtkonstellatio-nen bei Banken.

Dies geht einher mit neuen bishernicht stattgefundenen Vertriebs- undProduktionsverbünden, wie die Ko-operation zwischen Postbank mit demStrukturvertrieb AWD, die zu einerweiteren „Aufmischung“ im Retailge-schäft führen werden. Grundsätzlichwird vor allem zukünftig der schnellereund wendigere Marktteilnehmer denlangsameren und unflexibleren mittel-fristig am Markt eliminieren.

Aus dieser grundsätzlich bestehendenWettbewerbssituation resultiert wie-derum die Notwendigkeit, u. a. sichkostengünstiger in der Produktion auf-zustellen, um diesen Vorteil an denKunden weitergeben zu können. Diesbeinhaltet auch die Neugestaltung derWertschöpfungskette, die zu einersichtlichen Verringerung der Ferti-gungstiefe führt. Einher gehen dieseAusrichtungen mit der Notwendigkeit,deutlich mehr Standardprozesse zu im-

Die Bank als industrielle ProduktionsstätteMICHAEL KAUFMANN

ist Sprecher des Vorstandes der VR-Bank Rhein-Sieg. Er verantwortet die Bereiche Vertriebsbankund Steuerungsbank.

Die VR-Bank ist eine mittelständische Bank mitca. 1,5 Milliarden Bilanzsumme, ca. 470 Mitar-beitern und 26 Filialen.

Dr. jur. Michael Kaufmann

plementieren und diese individuell be-ratend an den Kunden heranzutragen.

Diese Ausrichtung erfordert eine deut-liche Trennung von Funktionsberei-chen, die es gilt, aufbau- und ablauf-organisatorisch umzusetzen und nicht– wie regelmäßig in der Vergangen-heit– eine Vermischung von Aufgabenund Inhalten über die Gesamtbank zuhaben.

Diese zu trennenden Funktions-bereiche sind (siehe Abb. 1)•der Vertrieb,•die Produktion sowie•die Steuerung einer Bank.

Abb. 1: Konzeptionelle Darstellung Vertriebs-Produktions-Steuerungs-Bereiche

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UNTERNEHMENSPRAXIS56

sind letztlich auf den Kunden auch innachgeordneten Bereichen zu fokus-sieren.

Die Notwendigkeit für Banken inDeutschland zur Strukturveränderungzeigt sich letztlich in der Klassifizierung;Deutschland ist ein Land der Univer-salbanken mit lediglich 4% Spezialinsti-tuten. Damit zählen 96 % der ca. 2.200Banken zu den „Allroundbanken“, diein vielen Fällen und im hohen Maßevergleichbare Produkte und Dienstleis-tungen aufzeigen. Dem Kunden wirdes dadurch leicht gemacht, Preis undQualität zu vergleichen.

Um aus diesen vergleichbaren Produk-ten und Dienstleistungen Skaleneffek-te erzielen zu können, ist eine Standar-disierung notwendig. Bis dato ist nachwie vor festzustellen, dass die Ferti-gungstiefe deutscher Finanzdienst-leistungsinstitute ausgesprochen hochist. Ein Vergleich zu der Automobilin-dustrie zeigt, dass deren Fertigungs-tiefe auf rund 24 % reduziert ist unddadurch erhebliche Kosten eingespartwerden. Hingegen liegt bei den Finanz-dienstleistungsinstituten die Fertigungs-tiefe bei deutlich über 70 %. Umsomehr ist es nachvollziehbar, dass Fi-nanzdienstleistungsinstitute eine „An-leihe“ an die Industrie der Gestalt zie-hen, dass sie von deren Erfahrungenund vor allem den kritischen Erfolgs-faktoren zunehmend profitieren.

Dieser im vollen Umfang bestehendeneue Denkansatz mit deutlich verän-derten Strukturen und Wertschöp-fungsketten zeigt sich zunächst primärin der Innenorganisation der Finanz-dienstleistungsunternehmen. Dabeisind in erster Linie als Schlagrichtungder Organisationsveränderung die eherkundenneutralen und kostenintensi-ven Bereiche mit hohen Synergiepo-tentialen, insbesondere der Zahlungs-verkehr, die Kreditprozesse und dieWertpapierabwicklung zu sehen.

Abb. 2: Bankenmodell

Diese Neustrukturierungen führenzwangsläufig zu einer ganzheitlichenBetrachtung mit dem Fokus auf•aufsichtsrechtliche Anforderungen

(MAK, MaH, Basel II, etc.), um dieseschlank und effizient zu erfüllen,

• schlanke Prozessketten, um eine ho-he Produktivität zu gewährleisten,

•hohe Deckungsbeiträge durch denVerkauf von Standarddienstleistun-gen im Kundengeschäft,

•die Nettomarktzeit, um diese inallen Vertriebssparten deutlich zuerhöhen,

•Outsourcing- und Insourcing-prozesse.

2. Die Industrialisierung von Prozessketten in der Bank

Dreh- und Angelpunkt für eine erfolg-reiche „Industrialisierung“ ist die Block-bildung von Prozessen und der pass-genauen Definition ihrer Schnittstellen.Einflussfaktoren sind hierbei die so ge-nannten Realtime-Prozesse bzw. die„Tag + X“-Prozessketten, die das orga-nisatorische Gefüge im Umstrukturie-rungsprozess deutlich beeinflussen.

Einher gehen diese organisatorischenVeränderungen mit der Grundsatzent-scheidung, die Wertschöpfungskette

von Produkten und Produktion unterdem Gesichtspunkt von Make Or Buy-Überlegungen zu substituieren.

Diese Betrachtungsweise wird dadurchdeutlich erweitert, dass die Bankinsti-tute für sich definieren, welche Prozes-se im hohen Maße von ihnen als Kern-kompetenz beherrscht werden oderwo sie von Skaleneffekten am ehestenprofitieren können. Als logische Kon-sequenz dieser Standortbestimmungbieten die Bankdienstleistungsunter-nehmen anderen Wettbewerbern an,diese optimierten Prozesse bei ihneneinzukaufen. Damit wird eine günsti-gere Preisrelation, bedingt durch dieSkalierungseffekte, erzielt. Beispiel istdie Verlagerung der Abwicklung desZahlungsverkehrs der Dresdner Bankund Deutsche Bank zur Postbank, diefür beide Institute und für ihr eigenesInstitut das Beleggut verarbeitet.

Als weiteres Ziel wird angestrebt, dieso genannte Nettomarktzeit im Ver-triebsbereich deutlich zu erhöhen, umam Point of Sale für den Kunden ohneUnterbrechung durch Abarbeiten vonMarktfolgetätigkeiten zur Verfügungzu stehen. Impliziert wird dieses durchdie „Zentralisierung“ administrativerMarktfolgearbeiten im so genannten„Markt-Service-Center“. Diese Service-

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57UNTERNEHMENSPRAXIS

Center-Stellen gewährleisten die fall-abschließende Bearbeitung von Vor-gängen, die durch den Verkaufsakt inder Geschäftsstelle ausgelöst wurden.Dadurch wird wiederum bedingt durchdie Skaleneffekte eine schnellere undqualitativ abgesicherte Bearbeitungvon Marktfolgevorgängen sicherge-stellt. Auch erreicht der Vertrieb da-durch mehr Freiräume, um diese invertriebliche Leistung umzusetzen.

3. Erfolgsfaktoren für „Make or Buy-Überlegungen“

Nicht zu unterschätzen ist auch, dassvertriebliche Mitarbeiter regelmäßigvon ihrer Persönlichkeitsstruktur nichtdie Ausrichtung haben, administrativeMarktfolgetätigkeiten ausüben zu wol-len, da sie nicht aufgabenbezogen,sondern „menschenbezogen“ am ehes-ten erfolgreich agieren.

Die regelmäßig den Marktmitarbeiternnicht liegenden administrativen Tätig-keiten werden wiederum in diesenService-Centern durch Mitarbeiter ab-gearbeitet, deren Persönlichkeitsstruk-tur der Abarbeitung von nachbearbei-teten Tätigkeiten entgegenkommt.Durch diese Trennung wird keine Wer-tigkeit der Mitarbeiter erzeugt, son-dern es geht darum, die richtigen Mit-arbeiter zur richtigen Zeit am richtigenOrt zur Verfügung zu haben und damitdem Ineinandergreifen der Zahnrädereiner Organisationsstruktur optimal zuentsprechen.

Als Beispiel für das arbeitsteilige Vor-gehen ist die Noris-Bank AG zu sehen.Die Noris-Bank hat als Kerngeschäftdas Produkt „Konsumentendarlehen“;dabei beginnt die Prozesskette, indemder Bankverkäufer am Point Of Sale dieDaten des Kunden in den PC eingibt,um dessen Bonität und die möglicheDarlehenshöhe für den beabsichtigtenFinanzierungswunsch „abzufragen“.

Hier ist bereits die Schnittstelle zwi-schen der Volks- und Raiffeisenbank

(VR-Bank) und der Noris-Bank einge-richtet. Kernkompetenz der Noris-Bankist das Handling um die Bonitätsein-stufung, die rein pc-gestützte Entschei-dung und im positiven Fall das Mana-gement der Marktfolgeprozesse. DerVertrieb hingegen wird durch das um-fangreiche Geschäftsstellennetz derVolksbanken und Raiffeisenbanken si-chergestellt, mit denen die Noris-Banküber ihre Zentralinstitute verflochtenist. Durch dieses Modell können Kon-sumentendarlehen an die Kunden derVolksbanken und Raiffeisenbanken zuausgesprochen günstigen Konditionenweitergereicht werden. Hingegen hatdie jeweilige Volks- und Raiffeisenbankkein Risiko in der eigenen Bilanz wieauch keine Marktfolgeprozesse, weildie entsprechenden Finanzierungspro-dukte lediglich vermittelt werden. DieNoris-Bank kann ihrerseits die daraussich ergebenden Risiken im Sinne vonZinsänderungsrisiken und Refinanzie-rungskosten, Marktfolgeprozessen etc.als ihre Kernkompetenz optimal dar-stellen.

Diese Beispiele zeigen auf, dass grund-sätzlich nahezu sämtliche Prozesse ei-ner Universalbank unter der Denkwei-se der Verkürzung der Werkbank über-prüft werden können. Ausgangspunktist und bleibt grundsätzlich die Standar-disierung der Prozesskette, um letzt-lich zu gleichen Prozessschritten füreine Vielzahl von Fällen zu kommenund diese preisgünstig abzuwickeln.

4. Chancen und Risiken des Industrialisierungsprozesses

Die oben genannte Neuorganisationhat den Zweck, ein Bankinstitut mög-lichst schlank im Sinne der günstigenCost-Income-Ratio (CIR) auszurichten,so dass die Kosten auf ein Minimumgesenkt, die Erträge deutlich durch dieErhöhung der Nettomarktzeiten ge-steigert, wie auch eine höhere Kunden-zufriedenheit durch schnellere Durch-laufzeiten erreicht werden können.

Risikofaktoren sind im Rahmen desUmstrukturierungsprozesses, dass dieMitarbeiter um ihren Arbeitsplatzfürchten und sich damit kontraproduk-tiv im Rahmen des Strukturprozessesverhalten. Damit ist die Einbindung derMitarbeiter einschließlich der Arbeit-nehmervertreter unabdingbar, um ab-gesehen von der rechtlichen Bewer-tung die Notwendigkeiten der Verän-derung als „Überlebensstrategie“ fürdie Bankunternehmen zu vermitteln.

Darüber hinaus kann realistischerweisenicht jede freiwerdende Ressource,bedingt durch unterschiedliche Quali-fikationen und Potenziale, in vertrieb-liche Leistung umgesetzt werden. Da-durch läuft die Umsetzung dieser Or-ganisationsform Gefahr, Einsparpoten-tiale nur zum Teil zu heben, hingegeneinen großen Teil des Einsparungspo-tentials nicht umzusetzen.

Letztlich gehört zur Prozessoptimie-rung, freiwerdende personelle Res-sourcen „umzuwidmen“: sei es durchUmqualifizierung, sei es um personelleRessourcen bereitzuhalten für Insour-cing-Aktivitäten.

Last but not least können Überkapazitäten auch durch•Vorruhestandsvereinbarungen,•Anwendung von Teilzeitmodellen,•natürliche Fluktuation,•Umbau des Personalbestandes

oder•Aufhebungsverträge geregelt

werden.

Übergeordnetes Ziel muss es sein, dasUnternehmen zukunftsfähig weiterhinam Markt aufzustellen, um auch be-stehende Arbeitsplätze zu sichern unddie Marktposition auszubauen. Dafürstellt die Ausrichtung einer Bank in dieVertriebs-, Produktivitäts- und Steu-erungsaktivitäten den organisatorischenRahmen dar, den es gilt, inhaltlich aus-zufüllen und zu leben.

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UNTERNEHMENSPRAXIS58

Outsourcing und Offshoring für Hightechunternehmen – Bedrohung oder Chance?

JENS-PETER AKELBEIN

1. Fragestellung

Seit geraumer Zeit sind die Begriffe desOutsourcing und Offshoring vielfachin der Presse anzutreffen. Die Verlage-rung von Arbeitsplätzen in Niedrig-lohnländer wird in den entwickeltenIndustrieländern von vielen Firmen ak-tiv betrieben und schafft öffentlicheKritik. Auch für Hightechunternehmenwerden diese Fragen immer aktueller,Programmierer in Indien und Chinascheinen in der Lage, die Aufgabendeutscher hochbezahlter Fachleuteproblemlos für einen Bruchteil der Kos-ten übernehmen zu können. Sind dieAuswirkungen wirklich so dramatisch?Wäre die wirtschaftliche Situation inDeutschland besser, gäbe es die im-mer weitergehende Globalisierung derWirtschaft nicht?

2. Outsourcing versus Offshoring

Mit Outsourcing bezeichnet man dieVerlagerung von Tätigkeiten oder Ge-schäftsprozessen aus einem Unterneh-men in ein anderes. Dies stellt eigent-

geboren am 11.08.1966 in Lübeck, studierteElektrotechnik an der TU Braunschweig undpromovierte an der Helmut-Schmidt-Univer-sität in Hamburg. Er ist bei der IBM Deutsch-land GmbH in Mainz tätig und leitet dort dieAbteilung Tivoli Storage Manager Develop-ment.

E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Jens-Peter Akelbein

5. Führungskultur: Quo vadis?

Die Aufspaltung der Bank in ihre Kern-prozesse top down vom Vorstand biszu nahezu jedem Mitarbeiter auf deroperativen Ebene geht einher mit einemanderen Verständnis von Führung.

Der Führungsbegriff in der Produk-tionsbank ist geprägt durch Leistungs-steigerung im Sinne von Durchlaufzei-ten, Einhaltung von definierten Quali-tätsstandards und permanenten Opti-mierungen. Diese Optimierungen be-treffen u. a. auch das regelmäßigeÜberprüfen der Prozessketten aufMake Or Buy-Aktivitäten.

Auch in der Vertriebsbank geht dieseUmorganisation einher mit einer Leis-tungskultur, die definiert ist durch ab-solute Hinwendung zum Kunden, Er-höhung der Marktzeiten für den ein-zelnen Mitarbeiter und strukturiertesVorgehen im Verkaufsprozess mit festdefinierten Standards auf allen Ebenen.

Damit lässt sich zusammenfassen, dassnichts so beständig ist wie der Wandelund diese Aussage wird sich umsomehr in den nächsten Jahren bestäti-gen. Die beschriebenen Strukturver-änderungen sind kein Selbstzweck,sondern stellen Teil der Notwendigkei-ten dar, um ein Bankunternehmen auchzukünftig erfolgreich am Markt zu po-sitionieren. �

lich nichts anderes dar, als die Verga-be einer Tätigkeit an einen Auftragneh-mer. Oft wird der Begriff allerdingsauch im firmeninternen Sprachge-brauch verwendet, um Aufgabentei-lungen zwischen Firmenstrukturen wieAbteilungen oder Bereichen deutlichzu machen. Allerdings gehört zum Out-sourcing auch die vorgelagerte Analy-se, welche Tätigkeiten nicht zum Kern-geschäft gehörig betrachtet werdenund nicht kritisch für den Geschäfts-erfolg sind. Ein weiteres Kriterium istder Grad der Wertschöpfung bei derDurchführung von Aufgaben. Ergibtsich nur ein geringer Wertschöpfungs-faktor, senkt dies die Rendite einerUnternehmung in Relation zum einge-setzten Kapital. Firmen, die sich aufdie Übernahme von gleichartigen Ge-schäftsprozessen spezialisieren, erzie-len wiederum durchaus höhere Ren-diten bei der Durchführung dieser Tä-tigkeiten, da bei einer Vielzahl gleich-artiger Aufträge Synergien erzielt wer-den können. Im Informationstechno-logiebereich ist das Betreiben von Re-chenzentren durch einen IT-Anbieter

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Gleiches Land

Offshored

Outsourcing/Offshoring Internes Outsourcing Externes Outsourcing

Aufgabenverteilungz.B. zwischen unter-schiedlichen Bereicheneines Unternehmens

Weltweiter internerStandortwettbewerb

Auslagerung von Auf-gaben an Auftragnehmer

Fremdfirmen inBilliglohnländern

59UNTERNEHMENSPRAXIS

wissen sind Beispiele hierfür. Wäh-rend einfache Programmieraufgabenvielfach verschoben werden, sind dieErstellung der Spezifikation, die Inter-aktion mit dem Kunden bei deren Er-stellung, der Zugriff auf lokale Exper-ten vor Ort und das Wissen um Ge-schäftsprozesse nicht einfach ver-schiebbar. Gleiches gilt für das Wissenum die lokale Sprache in Ländern imnichtenglischen Sprachraum.

Entscheidet man sich für Offshoring,sollte man sich der Gefahren bewusstsein. Die Zusammenarbeit innerhalbvirtueller Teams, die über Kontinenteverteilt an der gleichen Aufgabenstel-lung arbeiten, wird durch heutigeKommunikationsmittel sehr erleichtert.Allerdings kann das Zusammentreffenunterschiedlicher Kulturen zu Proble-men führen, solange sich nicht alleSeiten der unterschiedlichen Interpre-tationsarten von verbal geäußertenoder geschriebenen Worten bewusstsind. So bedeutet das „Ja“ aus demMunde des japanischen Kollegen nochlange nicht seine Zustimmung, son-dern drückt lediglich sein Verständnisüber die Sachlage aus. Auch am Aus-bleiben eines regelmäßigen Informa-tionsaustauschs zwischen Teams anunterschiedlichen Standorten ist letzt-lich schon so manches Projekt geschei-tert. Weiterhin führt auch die Kosten-ersparnis bei der Streichung vonDienstreisen am Ende oft zu weit hö-heren Kosten durch Missverständnisse,die nicht über elektronische Medienausräumbar waren und zum Projekt-verzug führen.

Für die Suche nach einem Auftrag-nehmer insbesondere in Übersee soll-ten verschiedene Punkte evaluiert wer-den. Die Größe eines Geschäftspart-ners ist oft ein Anzeichen für dessenFinanzkraft, die mit über die Beständig-keit einer Geschäftsbeziehung ent-scheiden kann. Eine hohe Mitarbeiter-fluktuation bietet ein deutliches Gefah-renpotential insbesondere für wissens-gebundene Aufgaben. Sollte Intellec-tual Property beim Auftragnehmer ent-

seit vielen Jahren üblich. Diverse Bran-chen greifen hierauf zurück, für die derBetrieb von Rechnern keine Kerntätig-keit darstellt.

Mit Offshoring hingegen bezeichnetman die Verlagerung von Arbeitsplät-zen vorrangig in Niedriglohnländer, umdie Kostenersparnis durch günstigeLohn- und Infrastrukturkosten bzw.Steuersätze zu nutzen. Dies wurde inder Vergangenheit als Gefahr für Ar-beitsplätze mit niedrigem Qualifizie-rungsgrad gesehen. Doch im so ge-nannten Hightechsektor wie der Soft-wareentwicklung ist seit einiger Zeithäufig von der Verlagerung von Tätig-keiten in Schwellenländer wie Indien,China oder Osteuropa die Rede undwird auch in großem Stil betrieben.Outsourcing und Offshoring lassensich für international operierende Un-ternehmen dabei durchaus als kombi-nierbare Vorgehensweisen ansehen.

Abb.: Vergleich Outsourcing und Offshoring

3. Entscheidungsfaktoren

Ob eine Aufgabe zum Kerngeschäfteines Unternehmens gehört, definiertsich aus der Strategie, auf welchen Ge-schäftsfeldern sich eine Firma positio-niert. In den vergangenen zehn Jahrenwurde es geradezu zur Modeerschei-nung, die Anzahl der Geschäftsfelderzu reduzieren bzw. Teile von Misch-konzernen abzustoßen. Die erzielbareKostenersparnis ist hierbei ebenso einGrund wie der Mangel von Experten-wissen in der eigenen Organisation.Der Aufbau von Expertenwissen er-fordert Investitionen in die Weiterbil-

EMEA (Europa, Middle-East, Afrika)und AP (Asien, Pazifik) bilden hierbeiein Drei-Schichten-Modell in den un-terschiedlichen Zeitzonen nach. Wei-terhin sind Schwellenländer wie China,Indien und Osteuropa stark wachsendeMärkte, eine Präsenz vor Ort kann so-mit gleichzeitig Kundennähe schaffen,die zu größeren Marktanteilen in die-sen Ländern führt.

Allerdings lassen sich nicht beliebigeAufgaben erledigen. Tätigkeiten mithohem Anteil an geistiger Wertschöp-fung (Intellectual Property) undschlecht transferierbarem Experten-

dung der Mitarbeiter. Für Randaufga-ben wird dies oft nicht in ausreichen-dem Maße betrieben. Durch Outsour-cing lässt sich Expertenwissen einfacheinkaufen. Beispiele sind der Betriebvon IT-Infrastruktur, Gebäudemanage-ment, Logistik, Manufactoring uvm.Weiterhin stellt sich auch im Hoch-technologiebereich für benötigte Zwi-schenprodukte die Frage, ob dieseselbst gefertigt oder als sogenannteCommodities, einem allgemein handel-baren Gut mit hoher Verfügbarkeit undgeringem Wertschöpfungsbeitrag, hin-zugekauft werden.

Für das Offshoring gibt es neben güns-tigeren Kosten in Niedriglohnländernals weiteren Grund die globale Aufstel-lung eines Unternehmens, um mittelsPräsenz in verschiedenen Zeitzoneneine Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeitzu realisieren. Übliche Einteilungen inAmerika (Nord- und Süd-Amerika),

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UNTERNEHMENSPRAXIS60

stehen, so gilt es gerade in diesem Be-reich, vorab verbindliche Vereinbarun-gen zu treffen. Neben den reinen Ar-beitskosten sollten auch die Infrastruk-turkosten berücksichtigt werden. Man-gelhafte Infrastruktur oder Mehrkostendurch aufwändige Transporte könnendie Gesamtkosten deutlich erhöhen.

4. Gesamtwirtschaftliche Aspekte

Der internationale Wettbewerb erzeugtimmer weiteren Druck auf eine wach-sende Anzahl von Arbeitsplätzen. Wa-ren Programmierarbeiten vor Jahrennoch das Musterbeispiel, wie Hoch-technologie neue Arbeitsplätze schafft,so ist mittlerweile ein breites Angebotan fähigen Programmierern weltweitverfügbar. Indische und chinesischeUniversitäten bilden zehntausendehochqualifizierte Informatiker aus. Mitt-lerweile wird selbst von zu hohen Prei-sen in Zentren wie Shanghai oder Ban-galore gesprochen. Länder wie Thai-land, die Philippinen oder auch Rumä-nien scheinen die Lösung. In solcherKonkurrenz können deutsche Fachkräf-te bei rein preisgebundenen Entschei-dungen nicht konkurrieren. Anderssieht es aus, wenn man die tatsächlicheWertschöpfung in Betracht zieht. Ist

eine Wertschöpfung überhaupt nuran wenigen Standorten auf der Weltmöglich, bietet ein hoher Ausbildungs-stand und die richtige Infrastruktur dieChance, Arbeitsplätze auch in Hoch-lohnländern zu schaffen oder zumin-dest zu erhalten. Hier ist sich mancherEntscheider über die Vorteile desStandorts Deutschlands nicht im Kla-ren. Auch Reformdiskussionen in derdeutschen Öffentlichkeit führen dazu,die Nachteile in den Mittelpunkt zustellen ohne die Vorteile zu sehen.Aktiv betriebenes Offshoring aus dereigenen Organisation in einem entwi-ckelten Land heraus kann sogar einedeutlich verbesserte Position innerhalbeines international operierenden Kon-zerns mit sich bringen, da bei fest vor-gegebener Mitarbeiteranzahl beste-hende, meist in die Jahre gekommeneSoftwareprodukte billiger im Auslandgewartet und weiterentwickelt werdenkönnen. Die entstehenden Freiräumelassen sich nutzen, um neue Projekteanzuwerben und möglichst in frühenStadien des Lebenszyklus von Soft-wareprodukten tätig zu sein. Diesschafft dauerhaft die Chance, in Berei-chen tätig zu sein, in denen Standort-entscheidungen auf Grund der benö-tigten Qualifikation und nicht durchdas Gehaltsniveau gefällt werden.

Für Hightechunternehmen im IT-Be-reich ist somit der Weg zu einer maß-geblichen Wertschöpfung in einemHochlohnland die Fertigkeiten und dasWissen der Mitarbeiter zu verbindenmit der Nähe zu den Zentralen andererinternational operierender Unterneh-men. Hier mehr zu bieten als Niedrig-lohnländer ist die Chance, die aus demweltweiten Wettbewerb erwächst. Tat-sächlich können Mitarbeiter in Nied-riglohnländern hierbei sogar helfen,konkurrenzfähig zu bleiben und dasWachsen der Arbeitsaufwände zurAutomatisierung immer komplexererAbläufe innerhalb von Unternehmenzu vertretbaren Kosten anbieten. Aller-dings lässt sich diese Chance nur durchInvestitionen in Ausbildung und derBereitschaft zu lebenslangem Lernennutzen. �

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61UNTERNEHMENSPRAXIS

Transformational Leadership – Theory & Application

CHRISTOPHER LUDWIG

hat im Juli 2002 sein Studium im Doppeldi-plomstudiengang International Business an derFachhochschule in Mainz abgeschlossen. An-schließend studierte er bis Dezember 2003 ander Clemson University.

Seit April 2004 ist er bei BOSCH (AutomotiveTechnology) in Anderson, SC, USA im BereichProjekt Einkauf angestellt.

E-Mail: [email protected]

Dipl.-Betriebswirt (FH)Christopher Ludwig, MBA

1. Introduction

In today’s world firms are strugglingto face intense global competition,fast changes in technology, uncertain-ty in product life cycles, and fallbackssuch as “Enron”. These factors createthe necessity of developing a new andbetter type of corporate leadershipbased on values, trust, confidence,and professional commitment. Thismeans that the business world needsleaders who are able to transform andto renew organizations with a globalvision. Recent research of leadershiptheories has drawn great attentionfrom experts in various fields. Yukl(2001) stated the fact that "the studyof leadership has been an importantand central part of the literature of man-agement and organization behaviorfor several decades". At this point, go-ing back to the new developments inthe business world, transformationalleadership is reconsidered and analyz-ed based on its characteristics, whichinvolve creation of vision for an orga-nization, mobilization of commitmentand institutionalization of change.

2. The Origins

The theory of transformational lead-ership was first developed by JamesMcGregor Burns in 1978 and otherexperts in this field extended his workover the next 26 years. One of themost popular researchers was BernardBass, who based his work in the fieldof transformational leadership on po-litical leaders, army officers, and busi-ness executives. Burns first distinguish-ed transactional leadership and trans-formational leadership (Yukl, 2001).

According to Burns, transactional lead-ership is the "traditional form of lead-ership" in the context of organizations,which "involves leader-subordinateexchange relations in which the sub-ordinate receives some reward relat-ed to lower-order needs in return forcompliance with the leader's expec-tations" (Doherty, Danylchuk, 1996).

On the other hand, the general believeis that transformational leaders willmotivate subordinates to pursue high-er-order goals by transforming com-mitment to higher ideals and values

instead of self-interests in order to be-nefit the organization.

In 1985, Bass analyzed the transac-tional-transformational model on thebasis of Burns' earlier efforts from1978. According to Yukl (2001), Bassoffered a more detailed theory of trans-formational leadership and he furtherdifferentiated transformational lead-ership and transactional leadership.Bass viewed transformational leader-ship from the perspective of leaders'influence on their subordinates. Sub-ordinates, influenced by transforma-tional leaders, are motivated to domore than what they are originally ex-pected to do (Yukl, 2001). Bass ar-gued that transactional leadership andtransformational leadership are two"distinct dimensions rather than oppo-site ends of one continuum" (Dohertyand Danylchuk, 1996) – they are dis-tinct but closely related parts of lead-ership. In addition, Bass pointed outthat transformational leadership is theaugmentation and extension of trans-actional leadership: "all leaders aretransactional, to some extent; exchang-ing rewards for performance, but someleaders are also transformational, go-ing beyond simple leader-subordinateexchange relations" (Doherty and Da-nychuk, 1996). According to Dohertyand Danylchuk (1996), Bass's argu-ment was supported both empiricallyand theoretically by other researchers'studies.

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UNTERNEHMENSPRAXIS62

3. Critical Review

Looking at today’s corporations, therehave been few studies of pure trans-formational leadership and a clear de-finition of transformational leadershiphas yet to be established. Transforma-tional leadership theory is still vagueand ill defined, especially when look-ing at the theory’s business relevanceand applicability.

One of the key factors to prove that atheory is solid is the ability to test andmeasure it. This is when the doubts intransformational leadership (TFL) rise.Transformational leadership has beencriticized for not being able to suffi-ciently test who is a transformationalleader and whether or not they con-sistently meet the desired outcomesthey identified for their followers.

Throughout the literature, studieshave found that respondents are rat-ing a prototype based on their ownsubjective idea of an ideal leaderwhom they would follow, rather thanrating the prototype based on definedqualities and traits for transformationalleaders. Prove can be found in Gronn’spublication in which he states that“such research data as they are deriv-ed from an extraordinarily narrow me-thodological base; apologists for ithave not yet shown more than a te-nuous causal connection between theexercise of transformational leader-ship and desired organizational out-comes, such as performance effective-ness and, lastly, the question of theextent to which transformational lead-ership or, indeed, any brand of lead-ership is learnable remains largely un-resolved.” (2003)

This un-testability was also noticed byLamkomski who commented that“quantitative methodology cannotmeasure transformational leadership

effects because it presumes that allcognitive activity is language-basedactivity, whereas the kind of except-ional practice or problem-solving be-havior leaders (or anyone else) displayprecedes, or entirely eludes, linguisticrepresentation.”

Along with the un-testability of thetheory comes the too general char-acter of the transformational leader-ship theory. As stated by most of theauthors quoted above, “different situa-tions and times elicit different respons-es and transformational leadership attimes x may no longer be transforma-tional leadership at times y”. It follows

that transformational leadership couldnot, in principle; generate that kindsof patterns which can be picked outby surveys or questionnaires. The de-veloped theory does not explain andelaborate on the situations in whichtransformational or transactional lead-ership is required and successfully im-plemented.

Transformational leadership assumesthat the leader’s values, goals, and ob-jectives are highly ethical and moral.As mentioned earlier in this paper,cases such as Enron and WorldComshowed that leaders/executives donot always act ethical. Those execu-tives, who were also the leaders with-in the organization, exploited their po-sition and did not act in the faith and

good of the organization, but rather ina self interest to increase personalwealth and value. Within the transfor-mational leadership theory there is al-ways the concern that the leadersmight act immorally and might trans-form their perspective onto their fol-lowers for their own self interest andnot for the interest of the organiza-tion. It can be argued that transforma-tional leaders change the values of theemployees of an organization so theywill adopt them as their own.

This process "fundamentally violatesthe democratic and humanistic va-lues" of Organizational Development.

The values of Organizational Develop-ment might conflict with the organiza-tional values of productivity and effi-ciency. If such conflicts occur, the exe-cutive who is implementing transfor-mational leadership might manipulatethe followers (employees) to focus onorganizational efficiency instead of theemployees’ more important needs forsecurity and income. In these casestransformational leadership is seenas unfair, immoral, and unethical. Em-ployees set aside their own personalobjectives for the good of the orga-nization and there is no ethical andmoral reason why the CEO’s visionshould become the employee’s vision.

Also, no participative leadership wouldbe implemented and that plays into

“Leadership is one of the most observed and least understood

phenomena on earth.“

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63UNTERNEHMENSPRAXIS

the criticism of experts who state thattransformational leadership does notstrive for the “fair settlement of valuesconflicts" (Stephens, D'Intino & Victor,1995), thus violating the ethical normsof Organizational Development.

It gets even more complicated whenglobalization and the multicultural as-pect within companies becomes rele-vant. In nowadays business worldmultinational companies are predomi-nant and therefore, different culturesmeeting each other in one organiza-tion. As literature has already establish-ed, values and morals are differentfrom culture to culture. There are nospecific and straight forward defini-tions and rules applicable to every si-tuation and organizational structurethat can consistently determine whatis moral and what is not. Transforma-tional leadership does not define whatis considered to be moral across variouscultures and what values a leadershould have. “The theory of transfor-mational leadership underestimatesthe complexity of the moral psycho-logy of leadership. First, such theoriesmiss the fact that the threats to ethicalleadership cannot be reduced to ego-ism. Secondly, they ignore a peculiarcognitive challenge that leadershipbrings with it: Leadership can induceand maintain a leader’s belief thathe/she is somehow accepted frommoral requirements that apply moregenerally to the rest of us.” (Price,2000)

The theory “misses the fact that leaderssometimes behave immorally precise-ly because they are blinded by theirown values. In the end, we can expectthat this kind of blindness will come tobear importantly on the moral psycho-logy of leadership and, in some cases,encourage transformational leaders to

believe that they are justified in mak-ing exceptions of themselves on thegrounds that their leadership behavioris authentic”. An example would bethe recent Gulf War and the involve-ment of US troops sent by George W.Bush. His reasoning was the protec-tion of democracy and destruction ofterrorism, as well as the objective tofree Iraqis from years of dictatorshipand save future lives of civilians andsoldiers. However, his action causedthe death of thousands of innocent ci-vilians. Did the leadership fail? – Hardto tell, because there is nothing suchas perfect transformational leader-ship. “Leaders are failable learners likethe rest of us. Their vision may be bas-ed on faulty reasoning and incompleteinformation and they are not in a po-sition to claim privileged knowledgein virtue of their formal position, al-though they may well be more know-ledgeable in some respects.” (Lakom-ski, 1995)

4. Leadership in the future

Looking back at all the shortcomingslisted above, Gronn was right whenhe said that until “proper account istaken of [the different] varieties ofleadership contexts, providing full anddetailed case studies of leaders lead-ing and followers following, then anyargument about for the uniqueness,superiority and effectiveness of the TFleader has to remain substantially un-proven”. It is only right to concludewith a quote by James MacGregorBurns who said: “Leadership is one ofthe most observed and least under-stood phenomena on earth.“ �

References

Bass, B.M. (1998): TransformationalLeadership: Industrial, Military, andEducational Impact, Mawah.

Burns, J. M. (2003): TransformingLeadership: The Pursuit of Happi-ness, New York.

Doherty, A.J., Danylchuk, K.E.(1996): Transformational and trans-actional leadership in interuniver-sity athletics management, in: Jour-nal of Sport Management, 10(3),pp. 292-309.

Gronn, P. (Ed.) (2003):Distributed Organizational Leader-ship, Greenwich.

Lakomski, G. (1995): Leading andLearning: From TransformationalLeadership to Organizational Learn-ing, in: Leading and Managing 1(3), pp. 211-225.

Price, T.L. (2000): Explaining ethicalfailures of leadership, in: Leader-ship & Organizational DevelopmentJournal, 21, pp. 177-184.

Price, T.L. (2003):The ethics of authentic transforma-tional leadership, in: The Leader-ship Quarterly, Volume 14, Issue 1,pp. 67-81.

Stevens, C.U., D'Intino, R.S., Vic-tor, B. (1995): The Moral Quan-dary of Transformational Leader-ship: Change for Whom?, in: Re-search in Organizational Changeand Development, 8, pp. 123-143.

Yukl, G. (2001): Leadership in Or-ganizations, 5th edition, New York.

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UNTERNEHMENSPROFILE64

1. Die Arbeit einer Agentur

Im Vorfeld des Weltjugendtages derkatholischen Jugendorganisationen inKöln wurde in Speyer eine Kampagnegeplant, um regional für den Weltju-gendtag zu mobilisieren. Teil dieserKampagne war ein Event für Jugendli-che in Speyer unter dem Motto „Wirmöchten Jesus sehen“. Für diese Kam-pagne wurde ein Motiv gesucht undein Weg das Motto Jugendlichen zuvermitteln.

Ein international engagierter Automo-bilzulieferer suchte für eine begrenzteZielgruppe ein Medium, um das ThemaInnovation am Beispiel einer neuenProduktreihe von Dichtungsringen zukommunizieren.

Eine Stiftung suchte eine technischeund gestalterische Lösung für eineWebsite, die Schnittstelle sein solltezwischen Leitung, Mitgliedern undKunden – mit einer umfassenden Dar-stellung der Stiftungsstruktur, -themenund landesweiter Seminarangebote.Die redaktionelle Betreuung soll dabeidurch die Stiftung selbst erfolgen kön-nen und die Website sollte möglichstkostengünstig zu realisieren sein.

Drei Aufgaben, die unterschiedlicherkaum sein könnten und dabei beispiel-haft die Arbeit unserer Agentur illus-trieren.

Grafikbüro Ehlers + KaplanJÜRGEN EHLERS

Staatsexamen in Kunst- und Werkerziehung,10 Jahre Lehrtätigkeit an verschiedenen Schul-formen, seit 1991 selbständig als Grafiker tätig

E-Mail: [email protected]

Jürgen Ehlers

anderen als den ursprünglich geplantenLösungen und zu anderen strategi-schen Maßnahmen führen.

Wenn Produkt und Ziel klar und schlüs-sig definiert sind, muss eine angemes-sene Gestaltung gefunden werden.Nicht immer muss und kann das „gute“Gestaltung sein. Nicht künstlerischeLösungen sind gefragt, sondern Lösun-gen, die der jeweiligen Aufgabe ge-recht werden. Wesentlicher sind krea-tive, innovative Ideen, prägnante undauf das Wesentliche reduzierte Bild-botschaften und das richtige Verhält-nis von Aufwand und Ergebnis. Abernatürlich ist es jedes Mal neu unser Ziel,gestalterische Lösungen zu finden, dieauch unseren ästhetischen Maßstäbengerecht werden.

Die Unterschiedlichkeit der Themenbringt es dabei mit sich, dass wir unspermanent auf neue Aufgabenstellun-gen einlassen müssen und keinerleiLangeweile aufkommt. Mit dem sichwandelnden politischen und kulturellenZeitgeist wechseln auch unsere The-menstellungen: Rechtsradikalismus,Gender Mainstreaming, Qualitätssiche-rung, technologische Innovation, Eh-renamtlichkeit und aktuell die alterndeGesellschaft. Immer werden Motive,Slogans und Medien gesucht, die dieThemen einem ohnehin gesättigtenPublikum nahe bringen. Gerade dieBandbreite der Themen und Produkteermöglicht es aber auch vielfältigeQuerverbindungen und Assoziationenzuzulassen und mit der Vermischungder unterschiedlichen visuellen Zei-chensysteme von Kultur, Sozialem undBusiness zu experimentieren.

So sehr sich die beschriebenen Aufga-benstellungen auch unterscheiden,gemeinsam ist allen, dass von Marke-ting und Grafik-Design Lösungen ver-langt werden, die eine Verbindungzwischen Produkt und Markt herstellen– oder zwischen einer Idee und ihrerZielgruppe. Es ist unsere Aufgabe, Bil-der, Symbole und Texte zu entwickelnund zu kommunizieren, die auf Seitendes Kunden die gemeinte Idee sicht-bar und erlebbar werden lässt. In die-sem Dialog zwischen Sender und Emp-fänger muss die Botschaft argumenta-tiv, emotional und ästhetisch so aufbe-reitet werden, dass sie in der allgemei-nen Text- und Bilderflut nicht nur wahr-genommen, sondern vor allem auchernst genommen wird.

Das setzt eine in sich schlüssige Wer-bebotschaft voraus – scheinbar eineBanalität, aber nicht selten stellen wirin unserer Arbeit fest, dass nicht jedervom Kunden gewünschte Medienein-satz durchdacht und sinnvoll geplantist. Meist sind wir in der Agentur danndie ersten, die die Botschaft oder dasProduktplacement auf ihre Schwach-stellen hin überprüfen und mit der er-warteten und gewünschten Kunden-reaktion abgleichen. Diese Analyse desoftmals über lange Zeit gewachsenenMarketingkonzepts kann dann zu ganz

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65UNTERNEHMENSPROFILE

Unsere Stärke ist es, Ideen zu verkau-fen. Wir gestalten Ideen und bringensie in eine Form, die gesehen, gelesenund wahrgenommen wird. In diesemSinne verstehen wir uns als Dienstleis-ter und FullService-Agentur.

2. Die Agentur selbst

Traditionell liegen Kundenschwerpunktund Kernkompetenz unserer Agenturim Social Design. Werbung und Mar-keting für Stiftungen, Kirchen, Gewerk-schaften, Bildungseinrichtungen, staat-liche und städtische Institutionen undHochschulen machen den größten Teilunseres Geschäftsvolumens aus; dane-ben haben sich in den letzten Jahrenzunehmend die Bereiche Kultur undBusiness etabliert.

Im Gegensatz zu vielen anderen Agen-turen, die von wenigen Großkundenabhängig sind, haben wir einen breitgefächerten Stamm an mittleren undkleinen Kunden. Dieses Kundenspek-trum hat sich gerade in konjunktur-schwachen Zeiten bewährt. Wo vieleAgenturen in den letzten Jahren auf-geben mussten, konnten wir uns umeine weitere fest angestellte Grafikerinverstärken. Auch die Strategie, beitemporärem Auftragsüberhang oderSpezialaufgaben auf ein eingespieltesTeam von Freelancern zurückzugreifenund das Team an festen Mitarbeiternrealistisch zu halten, sichert uns be-triebswirtschaftliche Stabilität.

� Unternehmen auf einen Blick

Grafikbüro Ehlers + Kaplan GbR

Full-Service Agentur für Marketing,Grafik-Design und Fotografie3 MitarbeiterInnenGründungsjahr 1991

www.grafikbuero.com

So wie die Kampagne mit dem Slogan„Wir möchten Jesus sehen“, derenBotschaft für Jugendliche, die skaten,im Internet surfen oder gegen Globali-sierung demonstrieren, zunächst aneinen Kulturschock grenzt.

Dennoch beschlossen wir den Slogannicht zu verstecken sondern offensivund demonstrativ mit einem Plakat zubewerben – mit Jugendlichen, die zudieser Idee stehen, sich nicht scheuen,damit identifiziert zu werden, gleich-zeitig aber vom Qutfit her ´in` und vomAusdruck her authentisch sind. Fürdas Fotoshooting wurde der Slogan aufT-Shirts produziert und von Jugend-lichen getragen, die die Jugendszeneverkörpern und sich zur Identifikationeignen.

Das Plakat hatte einen solch durch-schlagenden Erfolg, dass im Anschlussan die Plakataktion die T-Shirts in Mas-se produziert wurden. Es war uns ge-lungen Emotionen zu wecken und dieZielgruppe zu mobilisieren. �

Wir sind ein Team aus drei Kreativenmit ganz unterschiedlichen Arbeits-schwerpunkten, die eine große Band-breite an gestalterischen Aufgabenstel-lungen abdecken. Neben dem klassi-schen Layout, Repro und Text bietenwir unseren Kunden Illustration, Web-design und Fotografie.

Nahezu alle vom Kunden gewünschtenfotografischen Bildlösungen lassen sichmit unserem fototechnischen Equip-ment – hochauflösender Digitalkamera,Mittelformatkamera und Studioblitz-anlage – in unserer Agentur realisieren.Zumeist werden die einzelnen Projekteindividuell erarbeitet, um dann im re-gen Austausch miteinander die eigenePerspektive durch Anregungen undKritik zu erweitern. Der intensive undkreative Erfahrungsaustausch birgt denweiteren Vorteil, dass der einzelne Mit-arbeiter nicht auf spezielle Kunden fest-gelegt ist, sondern je nach Auslastungauch parallel an mehreren Projekten füreinen Kunden gearbeitet werden kann.

Am Anfang eines jeden Projektes stehteine intensive Beratung, um möglichstalle Aspekte eines Auftrags im Vorauszu kennen, auch wenn nicht immeralle berücksichtigt werden können.Aber gerade bei der Entwicklung einesCorporate Designs für einen Kundenbeispielsweise zeigt es sich, wie wich-tig es ist, organisatorische Struktur desUnternehmens, Marketingkonzept, Zie-le und Zielgruppen, Medienvielfalt undEntwicklungsperspektiven schon vonAnfang an mitzudenken, denn letztlichsoll das in diesem Strukturgeflecht ent-wickelte Logo über lange Zeit alle As-pekte des Auftraggebers repräsentie-ren. Schließlich bauen alle Werbemaß-nahmen wie Geschäftspapiere, Faltblät-ter, Broschüren, Zeitschriften, Plakate,Screendesign auf den anfänglichengrundsätzlichen Überlegungen auf –und müssen jede einzeln auf ihre Funk-tionalität für die Zielgruppe hin konzi-piert werden.

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UNTERNEHMENSPROFILE66

Die PROCON Unternehmensgruppe – Von der Grundstückssuche über den Bau bis hin zur Betreibung eines Seniorenzentrums

ROGER KROG

1. Grundlagen

Alle Prognosen zur Bevölkerungsent-wicklung bestätigen: Ältere Menschensind eine zentrale Zielgruppe der Zu-kunft, auch für die Wohnungswirt-schaft. Und nachdem die klassischeGroßfamilie in den heutigen sozialenStrukturen kaum mehr vorkommt, rü-cken soziale Institutionen an ihren Platzund übernehmen die Integration undVersorgung von alten Menschen.

Als Reaktion auf diese Entwicklung sinddaher in den letzten Jahren eine Reihevon unterschiedlichen Wohnkonzep-ten entwickelt worden, die zum Teileine durchaus sinnvolle Alternative zustationären Pflegeeinrichtungen bieten– jedoch nur, solange die Seniorennoch relativ fit sind und sich zumindestteilweise selbst versorgen können.Hinzu kommt, dass die neuen Konzep-te für Bewohner oftmals sehr teuerund somit für die meisten Menschennicht zu bezahlen sind. Einen echtenErsatz für stationäre Unterbringungvon pflegebedürftigen alten Menschenwerden sie daher nie darstellen kön-nen, insbesondere da die Pflegeheimeangesichts des zunehmenden Anteilsan Hochbetagten in ihrer Funktion als

Einrichtungstyp für Schwer- undSchwerstpflegebedürftige in den letz-ten Jahren weiterhin auf eine gefestig-te Nachfrage gestoßen sind und sichdiese Entwicklung in Anbetracht derdemographischen Prognosen weiterfortsetzen wird.

Dabei sind es vor allem die bereits seitvielen Jahren am Markt tätigen Mar-kenunternehmen, die in den letzten

Jahren ihre Position festigen bzw. aus-bauen konnten. Eines dieser Unterneh-men ist die PROCON, die mit ihrenunterschiedlichen Gesellschaften alleTätigkeiten rund um die Seniorenim-mobilie abdeckt und ein komplettesService- und Dienstleistungspaket an-bietet, das sowohl die Immobilen- alsauch die Betreiberseite abdeckt undden schwierigen Spagat zwischen dersozialen und der wirtschaftlichen Kom-ponente bestens geschafft hat.

Dies ist nicht zuletzt auch ein Ergebnisder langjährigen Erfahrung des Unter-nehmens auf dem Segment der Senio-renimmobilien. Aus dem Immobilien-bereich kommend, wurde die PROCONImmobilien AG bereits 1980 gegründetund ist heute Muttergesellschaft einesBetreibers für Senioreneinrichtungen,eines ambulanten Dienstes und einerCatering- und Reinigungsfirma.

ist als Assistent des Vorstands bei der PROCONImmobilien AG tätig.

E-Mail: [email protected]

Diplom-Betriebswirt (FH), SportökonomRoger Krog

Abb. 1: Firmen der PROCON-Unternehmensgruppe

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Diese Firmenkonstellation basiert aufder Erkenntnis, dass ein zielgerichtetesEngagement im sozialen Bereich, daseine gesicherte Rendite erwirtschaftetund zudem die immer stärker wachsen-de Nachfrage nach seniorenspezifi-schen Wohn- und Lebensformen un-terstützt, einer Entwicklung von ganz-heitlichen Konzepten bedarf. DieseKonzepte müssen jeweils auf die Be-dürfnisse der Senioren, der Standorteund ihrer jeweiligen Bevölkerung ab-gestimmt sein.

2. Immobilienkonzept nach Maß

Als Muttergesellschaft deckt die PRO-CON Immobilien AG die Entwicklungneuer Standorte für neue Senioren-zentren (stationäre Pflegeeinrichtun-gen, teilweise in Kombination mit Be-treutem Wohnen) ab. Ihre Kernkom-petenz liegt in der Gundstücksakqui-se, dem Erstellen der Standortanaly-sen in der unternehmenseigenen Re-searchabteilung, der Projektentwick-lung und dem Bau bzw. der Baubetreu-ung. Darüber hinaus sieht das Konzeptaber auch den Verkauf der Immobilievor, um für zukünftige Objekte die Li-quidität, Vermögens- und Ertragslagezu gewährleisten. Hierzu werden Ob-jekte ganzheitlich, in Bereiche aufge-teilt oder im aufgeteilten Wohnungs-eigentum an Investoren (Institutionen,Banken, Fondsgesellschaften, Privat-personen etc.) verkauft und von derPROCON Seniorenzentren gemeinnüt-zige Gesellschaft mbH als solventemBetreiber im Rahmen eines langfristi-gen Mietvertrages wieder angemietetund betrieben. Somit ist gewährleis-tet, dass die Investoren von Anfang anin den Genuss eines renditestarkenAnlageobjektes kommen. Um den be-sonderen Anforderungen einer Sozial-immobilie gerecht zu werden, setzt

Abb. 2: Seniorenzentrum Annerod

die PROCON auf eine solide Bauweise,zeitgerechte und zukunftsorientierteWohnformen (nach neuesten wissen-schaftlichen Erkenntnissen) sowie denEinbau modernster Techniken.

Da die Seniorenzentren von einerTochter der PROCON Immobilien AG,der PROCON Seniorenzentren gGmbHbetrieben werden, können die Bedürf-nisse und Anforderungen des Betrei-bers an die Immobilie bereits bei derPlanung berücksichtigt werden, sodass das Ergebnis ein perfekt auf diespätere Nutzung abgestimmtes Ge-bäude ist, das nicht nur eine wirtschaft-liche Betreibung zulässt, sondern aufganz besondere Weise auch auf diespeziellen Ansprüche der Senioren zu-geschnitten ist. Denn genau hier liegteine der schwierigsten und wichtig-sten Aufgabenstellungen, da die Grup-pe der Senioren aufgrund der vielenindividuellen Lebenswege und Erfah-rungen äußerst inhomogen ist und je-der Mensch im Alter die unterschied-lichsten Ansprüche und Bedürfnissean sein Lebensumfeld hat, die es zuberücksichtigen und zu vereinen gilt.

3. Unternehmensgruppe

3.1 Betreibung von Senioreneinrichtungen

Der Wunsch nach Selbständigkeit undUnabhängigkeit, Sicherheit und Gebor-genheit ist jedoch allen gemein. Da-her ist es wichtig, durch umfassendeDienstleistungen und Serviceangebo-te, die auf die individuellen Vorstel-lungen vom Leben im Alter eingehen,genau dieses zu gewährleisten. Immerorientiert an den Bedürfnissen der äl-teren, pflegebedürftigen Menschenspiegelt die Philosophie unserer Be-treibergesellschaft, der PROCON Se-niorenzentren gGmbH, daher eine Ver-bindung von Kompetenz, Erfahrungund Menschlichkeit wider. Ganz be-wusst steht hier der Mensch im Mit-telpunkt unseres Denkens und Han-delns, richtet sich unser Augenmerkneben der pflegerischen Versorgungund dem Wohnen vor allem auf dasLeben und die Gesellschaft. Die Be-wohner sollen schließlich ein Zuhausefinden, in dem sie sich wohl fühlenund das ihnen Verständnis und Auf-

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merksamkeit entgegenbringt. Die denBedürfnissen angepasste Infrastrukturund die familiäre Atmosphäre lassendabei Platz für persönliche Freiheiten,denn gerade durch den Erhalt eigenerLebensgewohnheiten ist es möglich,dass sich der Bewohner ein positi-ves Selbstwertgefühl erhalten kann.Dazu gehört natürlich auch das Lebenin der sozialen Gemeinschaft, einemder grundlegenden Elemente in dermenschlichen Existenz. Aus diesemGrund fördert die PROCON in ihrenSeniorenzentren nicht nur die Kom-munikation der Bewohner untereinan-der, sondern auch nach außen. Ganzgezielt werden immer wieder Men-schen, Vereine, Kinder und auch Tierezu Aktivitäten und gemütlichem Bei-sammensein in die Häuser geholt. Zieldieser Arbeit ist es, dem Leben der äl-teren, pflegebedürftigen Menschentrotz teils schwerer Krankheit wiederSinn und Inhalt zu geben und ihnenzu helfen, mit der veränderten Situa-tion umzugehen und die Erwartungs-haltung auf das Machbare abzustim-men.

3.2 Kompetenz und Service – alles aus einer Hand

Neben der PROCON SeniorenzentrengGmbH komplettieren die beidenTochtergesellschaften PROCON Ser-vice GmbH und PROCON Metis GmbHdie Unternehmensgruppe und derenDienstleistungskonzept, denn geradein einer wirtschaftlich nicht einfachenZeit ist es wichtig, dass man sich inseinem Umfeld auf kompetente Part-ner verlassen kann.

Da gutes Essen in gemütlicher Atmos-phäre, serviert von freundlichem Per-sonal heute ebenso selbstverständlichzu einer modernen Senioreneinrich-tung dazugehört wie saubere und ge-pflegte Räumlichkeiten, wollten wirhier nichts dem Zufall überlassen undhaben diese Aufgaben in die Händeder PROCON Service GmbH gelegt.Da insbesondere die Mahlzeiten mit

� Unternehmen auf einen Blick

Die Kernkompetenz der PROCONUnternehmensgruppe liegt im Bauund der der Betreibung von Senio-reneinrichtungen – bundesweit.

Investoren bietet die PROCON einelukrative Kapitalanlage mit sozialemEngagement.

Komplettiert wird die Dienstleistungdurch einen ambulanten Dienst so-wie eine Gesellschaft für Catering-und Reinigungsdienstleistungen.

Rund 450 Mitarbeiter sorgen jedenTag für das Wohl von pflegebedürf-tigen älteren Menschen und setzensich dafür ein, dass sie sich bei unswohl fühlen.

Kontaktadresse:PROCON UnternehmensgruppeWasserrolle 1665201 Wiesbaden

Tel.: 0611/9 28 57-0Fax: 0611/9 28 57-21Internet: www.procon-gruppe.de

die wichtigsten Ereignisse im Tages-ablauf der Senioren sind, sind wir soin der Lage, innerhalb der Unterneh-mensgruppe einen perfekt auf die An-sprüche der Senioren abgestimmtenSpeiseplan zu gewährleisten und blei-ben sowohl beim Essen als auch beider Gebäudereinigung flexibel undkönnen die Leistungen individuell an-passen. Die Koordination überneh-men jeweils unsere hauswirtschaft-lichen Leiter in den Seniorenzentrenvor Ort und können durch ihre per-manente Anwesenheit im Haus ihreDienstleistungen individuell und zeit-nah anpassen.

Damit die Flexibilität auch im pflegeri-schen Bereich gewahrt bleibt, hat diePROCON die Pflegeleistungen mit ei-nem ambulanten Dienst komplettiert,der PROCON Metis GmbH. Ihr Ange-bot richtet sich an Menschen, die zu

Hause leben und einer medizinischenVersorgung bedürfen. Das können so-wohl alte, kranke oder behinderteMenschen sein, die dauerhaft pflege-bedürftig sind, aber auch Patienten, diezum Beispiel nach einem Krakenhaus-aufenthalt nur kurzzeitig Hilfe benöti-gen. Insbesondere älteren Menschenbleibt somit trotz körperlicher Beein-trächtigungen oftmals ein Umzug inein Pflegeheim erspart und das für diePsyche so wichtige Selbstwertgefühlerhalten.

4. Unternehmensgrundsätze

Als Konzeptionär und Betreiber vonSenioreneinrichtungen stehen wirdurch unseren Anspruch auf Individu-alität, Selbstverwirklichung und Le-bensqualität mehr als andere Unter-nehmen im Blickpunkt der Öffentlich-keit und sind uns unserer gesellschaft-lichen und sozialen Verpflichtung be-wusst. Mit einer wertschöpfungsorien-tierten Unternehmensführung strebenwir weiter ein gesundes quantitativesund qualitatives Wachstum an, ver-knüpft mit einer langfristigen Gewinn-orientierung und einer angemessenenVerzinsung des eingesetzten Kapitals,um eine nachhaltige und dennoch fle-xible Ertragskraft zu generieren.

Flexibilität, Innovation sowie Qualitätsind maßgebliche Werte für unser Un-ternehmen, welche wir als ständigeHerausforderung sehen und an denenwir uns mit unseren fast 450 Mitarbei-tern täglich messen lassen.

Durch die konsequente Umsetzungund Einhaltung unserer Konzepte wer-den wir unserem Grundsatz „Alles auseiner Hand – PROCON sorgt fürs Alter“gerecht und stehen unseren Kundenmit langjähriger Erfahrung und Kom-petenz als starker Partner zur Seite. �

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Kompetenz im Markenweingeschäft – Die Firma A. Racke in Bingen

1. Das Credo

„Racke sieht seine Zukunft beim Wein“,so lautet das Credo von Marcus Moller-Racke, dem Vorstandsvorsitzenden derUnternehmensgruppe Racke, „für Ver-braucher und Handel haben wir des-halb eine einzigartige Weinkompetenzaufgebaut, die von Weinen aus demKonsumbereich bis zu hochpreisigenSpitzenweinen reicht“.

2. Weintradition seit 150 Jahren

Mit dem Gründer Adam J. Racke be-gann 1855 die Erfolgsgeschichte desBinger Familienunternehmens, dasheute in fünfter Generation von Mar-cus Moller-Racke geführt wird. Mit ei-nem Umsatz von rund 203 Mio. Euround einer Absatzmenge von etwa 75Mio. Flaschen (Geschäftsjahr 2003/2004) gehört die Unternehmensgrup-pe zu den führenden Anbietern derBranche und ist umsatzstärkster Wein-anbieter für den deutschen Lebens-mittelhandel.

3. Wachsende Internationalisierung

Wichtiger Eckpfeiler der Unterneh-mensstrategie ist die Ausrichtung aufinternationale Märkte. In mittlerweile54 Ländern der Erde vertreibt Rackevor allem die internationalen Produkteseines Portfolios. Die Schwerpunkt-märkte liegen vorwiegend im benach-barten europäischen Ausland. ZurStärkung dieses Geschäftsbereicheswurden eigene Tochtergesellschaften(Racke Nederland, Racke Polska, Rac-ke-GIV Tschechien) gegründet. ImRacke-Vorstand wird dieser dynami-sche Bereich von Marian Kopp verant-wortet.

4. Künstler am POS

Das Unternehmen beschäftigt aktuellrund 370 Mitarbeiter, einen großenTeil davon in der zentralen Verwaltungin Bingen und am ProduktionsstandortRacke Weinkeller in Mainz-Hechts-heim. Die Vertriebsstärke des Unter-nehmens gründet sich auf dem Key-Account-Management und einem ei-genen schlagkräftigen Außendienst(Vertriebsvorstand: Eberhard Caden-bach). Alle Weinmarken des Hauses

ist Mitglied des Vorstandes der A. Racke GmbH + Co KG

E-Mail: [email protected]

Marian Kopp Racke werden ständig mit attraktivenAktionen am POS (Point of Sale) inden Mittelpunkt des Verbraucherinte-resses gestellt und geben damit auchdem Weinabsatz im LEH neue Impulse.

5. Zielgruppenorientierte Weinvermarktung

Führend ist das Unternehmen in derEntwicklung erfolgreicher Weinkon-zepte für die verschiedensten Zielgrup-pen. Solche Markenweine sind dieGesichter in der Menge, Fixpunkte imunüberschaubaren Angebot zahlloseraustauschbarer Weine. Aus dem RackePortfolio sind besonders Amselfelder,Blanchet, Bongeronde, Golden Kaan,Rebian’s, Sinn, Viala oder Vitae be-kannt.

6. Die Welt der Marke

Konstante und verlässlich hohe Qua-lität, ein adäquates Preis/Leistungs-verhältnis und eine breite Distributionsind die Versprechen einer Marke, dieauch Wein erfüllen kann. Aber darüberhinaus üben Marken aber eine hoheFaszination und Anziehung aus, diemit ihrer Ausstrahlung und ihrer Mar-kenwelt verknüpft sind. Alle Wein-marken des Hauses Racke haben des-halb eine eigene Produktwelt, die ihrejeweilige Zielgruppe genau anspricht.

7. Das Beispiel GOLDEN KAAN

Weite und Abenteuer, geheimnisvolleExotik, Wildnis und Luxus:. Mit Gol-den Kaan bietet Racke einen hoch-wertigen, südafrikanischen Wein an,der diese Träume in sich vereint. In-nerhalb von kurzer Zeit wurde GoldenKaan zum Marktführer bei den süd-

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afrikanischen Weinen. Aber nicht nurin Deutschland trifft Golden Kaan ge-nau die Wünsche der Verbraucher.Golden Kaan ist eine international kon-zipierte Weinmarke, die bereits in vie-len anderen Ländern erfolgreich ist.Diese Weinmarke wird von einem ei-genständigen internationalen Manage-ment- und Marketingteam geführt.

Marian Kopp, Geschäftsführer derGolden Kaan Ltd. dazu: „Das Weinge-schäft ist ein per se internationalesGeschäft, das jedoch in ganz beson-derer Weise mit großer Sensibilität undmit langfristiger Perspektive geführtwerden muss. Unsere Erfolge bei derEinführung von „Golden Kaan“, derMarke die so sehr für südafrikanischenWein steht, wie noch kaum eine zu-vor, gibt uns recht mit unserer Strate-gie.“

Infos unter www.golden-kaan.com.

8. Distribution hochwertiger Erzeugermarken

Aber auch mit hochwertigen Distribu-tionsmarken hat das Haus Racke inletzter Zeit seine Weinkompetenz er-höht. Die italienische Weinlinie LAM-BERTI Santepietre und die renommier-ten MELINI Weine aus der Chianti Re-gion ergänzen das eigene Portfolio.Aus Spanien vertreibt Racke seit Juli2004 die Weinlinie Raimat des katala-nischen Hauses Codorníu wie auch dieCavas.

9. Ausbau der Handelsmarken

Mit der Red Fox Wine Company GmbHgelingt es dem Haus Racke seit rundeinem Jahr, sich den großen Markt derHandels- und Eigenmarken verstärktzu erschließen. Angesichts der anhal-tenden starken Preisorientierung derVerbraucher sieht das Unternehmenim Bereich der Handelsmarken einenGeschäftszweig, der in seiner Bedeu-tung langfristig stabil bleiben wird. �

A. Racke GmbH + Co KGGaustraße 2055411 Bingen am Rhein

Branche: WeinGründungsjahr: 1855Umsatz: 203 Mio. ¤ (GJ 03/04)Absatz: 75 Mio. FlaschenMitarbeiter: 370

Tochtergesellschaften: Racke NederlandRacke PolskaRacke-GIV CR

Kontakt:Romy Zöller, Leiterin UnternehmenskommunikationTel.: 06721/18 82 01Fax: 06721/18 82 [email protected]

� Unternehmen auf einen Blick

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ISSN 1861-3152

Fachhochschule Mainz

Fachbereich III

Wirtschaftswissenschaften

An der Bruchspitze 50

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