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Fortschritt durch Austragen der Kontroversen Ungelöst sind der Stellenwert der präoperativen Chemotherapie, die Indikation der intraoperativen Strahlentherapie; die Möglichkeiten der Prognoseverbesserung durch adjuvante Chemo(-radio)therapie, das Ausmaß und die Indikations- stellung zur palliativen Gastrektomie bzw. multiviszeralen Resektion. Inwieweit generelle Empfehlungen überhaupt abgegeben werden können, ist skeptisch einzuschätzen, da sicher auch die Individualität des Krank- heitsfalles und hiermit verbundene Vorstellungen zur Lebensqualität mit berücksichtigt werden müssen. Zur Meßbarkeit der Lebensqualität werden zunehmende Anstrengungen unternommen, ohne daß hierzu bisher befriedigende und allgemein akzep- tierte Instrumentarien entwickelt werden konnten. Aufgrund der nach wie vor be- schränkten Wirksamkeit unter- schiedlicher Zytostatika und Zyto- statikakombinationen muß deren palliativer Effekt beim Magenkarzinom sorgfältig gegenüber den induzierten Die aktuelle epidemiologische und klinische Situationsanalyse ergibt eine Abnahme der Inzidenz des Magenantrumkarzinoms; eine deutliche Zunahme der Karzinome am ösophago-kardialen Übergang; eine relative Konstanz in der Erkennung von Frühformen der Erkrankung. Kontroversen in der operativen Therapie im Hinblick auf die in der Regel zu favorisierende Gastrektomie gegenüber der Magenteilresektion (v. a. bei Tumorsitz im mittleren und oberen Drittel) sind ausdiskutiert. Offen bleibt der Stellenwert der erweiterten Lymphonodektomie (Kompartmente D2 und D3), die Bedeutung der Splenek- tomie und das geeignetste Rekonstruk- tionsverfahren nach Gastrektomie. Nach wie vor wird ein nicht unbeträcht- licher Anteil von Patienten mit Magenkarzinom im lokal fort- geschrittenen Tumorstadium dia- gnostiziert. Nachdem hinreichend belegt ist, daß ein Patient prognostisch nur von einer R 0 -Resektion profitiert, ist ein optimales Behandlungskonzept für diese lokal weit fortgeschrittenen Tumoren noch nicht definitiert. Der Onkologe 4·98 | 289 Editorial Onkologe 1998 · 4: 289–290 © Springer-Verlag 1998

Fortschritt durch Austragen der Kontroversen

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Fortschritt durch Austragender Kontroversen

Ungelöst sind

◗ der Stellenwert der präoperativenChemotherapie,

◗ die Indikation der intraoperativenStrahlentherapie;

◗ die Möglichkeiten derPrognoseverbesserung durchadjuvante Chemo(-radio)therapie,

◗ das Ausmaß und die Indikations-stellung zur palliativen Gastrektomiebzw. multiviszeralen Resektion.

Inwieweit generelle Empfehlungenüberhaupt abgegeben werden können,ist skeptisch einzuschätzen, da sicherauch die Individualität des Krank-heitsfalles und hiermit verbundeneVorstellungen zur Lebensqualität mitberücksichtigt werden müssen.

Zur Meßbarkeit der Lebensqualitätwerden zunehmende Anstrengungenunternommen, ohne daß hierzu bisherbefriedigende und allgemein akzep-tierte Instrumentarien entwickeltwerden konnten.

Aufgrund der nach wie vor be-schränkten Wirksamkeit unter-schiedlicher Zytostatika und Zyto-statikakombinationen muß derenpalliativer Effekt beim Magenkarzinomsorgfältig gegenüber den induzierten

Die aktuelle epidemiologische undklinische Situationsanalyse ergibt

◗ eine Abnahme der Inzidenz desMagenantrumkarzinoms;

◗ eine deutliche Zunahme derKarzinome am ösophago-kardialenÜbergang;

◗ eine relative Konstanz in derErkennung von Frühformen derErkrankung.

Kontroversen in der operativenTherapie im Hinblick auf die in derRegel zu favorisierende Gastrektomiegegenüber der Magenteilresektion (v. a.bei Tumorsitz im mittleren und oberenDrittel) sind ausdiskutiert. Offen bleibtder Stellenwert der erweitertenLymphonodektomie (Kompartmente D2und D3), die Bedeutung der Splenek-tomie und das geeignetste Rekonstruk-tionsverfahren nach Gastrektomie.

Nach wie vor wird ein nicht unbeträcht-licher Anteil von Patienten mitMagenkarzinom im lokal fort-geschrittenen Tumorstadium dia-gnostiziert. Nachdem hinreichendbelegt ist, daß ein Patient prognostischnur von einer R0-Resektion profitiert,ist ein optimales Behandlungskonzeptfür diese lokal weit fortgeschrittenenTumoren noch nicht definitiert.

Der Onkologe 4·98 | 289

EditorialOnkologe 1998 · 4: 289–290 © Springer-Verlag 1998

Im vorliegenden Heft wird zu deneinzelnen Problemkreisen undKontroversen ausführlich Stellungbezogen und dem Leser eineabgewogene Bestandsaufnahme undAnleitung zu aktuellen Diagnose- undTherapiekonzeptionen an die Handgegeben.

Wir hoffen somit, daß dieses Themen-heft für in Klinik und Praxis tätigeKollegen in gleicher Weise informativund hilfreich ist.

Prof. Dr. P. M. Schlagfür die Herausgeber

Prof. Dr. A. H. Hölscherfür die Themenheftherausgeber

diverkennung bleibt beim Magen-karzinom jedoch nach wie vor unklar,solange die Effektivität einer frühzeitigeingeleiteten Sekundärtherapie nichthinreichend geklärt ist. Ungeachtetdessen sind Nachsorgeprogramme, diediätetisch unterstützend und psycho-sozial rehabilitativ sind, sinnvoll undwichtig. Trotz zahlreicher, nach wie vorungelöster Probleme soll durch eineStandardisierung der therapeutischenGrundprinzipien beim Magenkarzinomund durch eine bessere Patientenselek-tion die jeweils geeignetste Behand-lungsmethode eingesetzt werden.

Hierzu dienen

◗ die Endosonographie zur exakterenAbschätzung der Magenwand-infiltration

◗ die Staging-Laparoskopie zur validenEingruppierung von Patienten,welche am meisten von einerpräoperativen Therapie profitieren,

◗ die Charakterisierung von Hoch-risikopatienten, welche von neoad-juvanten, adjuvanten und additivenBehandlungskonzepten profitierenkönnten, durch molekularbiologischeAnalyse von Invasions- und Metas-tasierungsmolekülen und denNachweis von Zytostatika-Targetstrukturen.

| Der Onkologe 4·98

Editorial

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Nebenwirkungen und Spätfolgenabgewogen werden.Prinzipiell wünschenswert ist, daß

◗ möglichst viele Patienten im Rahmenkontrollierter Studien behandeltwerden,

◗ eine Analyse des Ansprechens inAbhängigkeit vom Metastasierungs-muster und histologischen Tumortypvorgenommen und

◗ die Wertigkeit unterschiedlicherApplikationsformen (i.v., intra-peritoneal) weiter untersucht wird.

Inwieweit der Nachweis sogenannterMikrometastasen in Knochenmark oderPeritonealhöhle über ein diagnostischesSurrogat hinaus auch für thera-peutische Entscheidungen heran-gezogen werden soll, bleibt kontrovers.

Es besteht aber kein Zweifel, daß fürPatienten mit einem Magenkarzinomder beste Behandlungsplan nur imRahmen einer interdisziplinärenAbstimmung zwischen Chirurgie,Medizinischer Onkologie, Radio-therapie und allen in der Vor- undNachsorge engagierten Ärzten erfolgenkann. Die Wertigkeit einer Nachsorgeim Hinblick auf eine frühzeitige Rezi-